Bankrecht

Berufung, Darlehensvertrag, Widerrufsrecht, Widerrufsfrist, Auslegung, Darlehen, Pflichtangaben, Aufhebung, Revision, Kreditvertrag, Aussetzung, Anordnung, Erteilung, Verbraucher, Die Fortbildung des Rechts, richtlinienkonforme Auslegung, Fortbildung des Rechts

Aktenzeichen  19 U 7491/19

Datum:
9.9.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 50180
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Verfahrensgang

21 O 1263/19 2019-11-15 Endurteil LGLANDSHUT LG Landshut

Tenor

1. Hinweis:
Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Landshut vom 15.11.2019, Az. 21 O 1263/19, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.

Gründe

I.
Der Senat ist einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat. Die Entscheidung des Landgerichts, die Klage abzuweisen, erweist sich als zutreffend. Der Widerruf des Klägers ist verfristet. Die Rügen des Klägers, ihm seien Pflichtinformationen nicht bzw. fehlerhaft erteilt worden, greifen nicht.
Dem Kläger stand zwar beim Abschluss des Darlehensvertrags vom 30.12.2015 gemäß § 495 Abs. 1 BGB (in der vom 13.06.2014 bis 20.03.2016 geltenden Fassung, nachfolgend a.F.) in Verbindung mit § 355 BGB (in der ab 13.06.2014 geltenden Fassung) ein Widerrufsrecht zu, bei dem die Widerrufsfrist nicht begann, bevor der Kläger die Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB (in der vom 13.06.2014 bis 20.03.2016 geltenden Fassung, nachfolgend a.F.) erhalten hatte. Zu diesen Pflichtangaben gehörte nach § 492 Abs. 2 BGB a.F. in Verbindung mit Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 1 und 2 EGBGB (in der zwischen dem 13.06.2014 bis 20.03.2016 geltenden Fassung, nachfolgend a.F.) auch die Erteilung einer wirksamen Widerrufsinformation.
1. Dem Kläger wurden jedoch die von ihm als fehlend bzw. als fehlerhaft gerügten Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB a.F. im streitgegenständlichen Darlehensvertrag zutreffend und in hinreichend klarer und verständlicher bzw. prägnanter Form erteilt, so dass sich sein Widerruf vom 27.12.2018 als verfristet erweist. Entgegen der Auffassung der Berufung hat die Beklagte ihre aus § 492 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 1 und 2 EGBGB aF. resultierende Verpflichtung, über das nach § 495 Abs. 1 BGB bestehende Widerrufsrecht zu informieren, erfüllt.
a.) Insoweit kann sich die Beklagte auf die Gesetzlichkeitsfiktion des Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 3 EGBGB aF. berufen, weil die in dem Darlehensvertrag in hervorgehobener und deutlich gestalteter Form enthaltene Widerrufsinformation dem Muster in Anlage 7 zu Art. 247 § 6 Abs. 2 und § 12 Abs. 1 EGBGB aF. entspricht. In den fortlaufend paginierten und dem Kläger zur Verfügung gestellten Vertragsunterlagen wird er auf Seite 2 deutlich auf das ihm nach § 495 BGB zustehende Widerrufsrecht hingewiesen. Die Widerrufsinformation ist durch die Überschrift „Widerrufsinformation“ und weitere – in Fettdruck gehaltene – Zwischenüberschriften hervorgehoben und deutlich gestaltet. Verstärkt wird dies noch durch eine im Fettdruck gehaltene Umrahmung, welche die Widerrufsinformation zudem deutlich vom übrigen Vertragswerk abhebt. Sie entspricht, was der Senat durch einen Vergleich selbst feststellen kann (st. Rspr. des Bundesgerichtshofes, vgl. nur BGH, Urteil vom 11. Oktober 2016 – XI ZR 482/15, BGHZ 212, 207 Rn. 26), dem Muster in Anlage 7 zu Art. 247 § 6 Abs. 2 und § 12 Abs. 1 EGBGB aF.. Die vorgenommenen Abweichungen hinsichtlich Format und Schriftgröße sind zulässig (Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 5 EGBGB aF.). Dies gilt auch für die Anwendung der Gestaltungshinweise 2, 2a, 6, 6a, 6b, 6c, 6f und 6g. Dass es sich bei dem Darlehensvertrag und dem Kaufvertrag um verbundene Verträge nach § 358 BGB gehandelt hat, hat die Beklagte in der Widerrufsinformation durchgängig genau bezeichnet, so dass der Klammerzusatz in Gestaltungshinweis 2a nach dem zweiten Sternchenhinweis in dem Muster in Anlage 7 zu Art. 247 § 6 Abs. 2 und § 12 Abs. 1 EGBGB aF entbehrlich war. Die Berufung rügt auch nicht, dass die Beklagte den pro Tag zu zahlenden Zinsbetrag auf der Grundlage des Vertragszinses mit 4,18 € rechnerisch nicht richtig berechnet angegeben hätte (Gestaltungshinweis 3).
b.) Entgegen der Auffassung der Berufung (BB., S. 28 f.) steht der Anwendung der Gesetzlichkeitsfiktion das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 26. März 2020 (C-66/19, WM 2020, 688 – Kreissparkasse Saarlouis) nicht entgegen, in dem der Gerichtshof entschieden hat, Art. 10 Abs. 2 Buchst. p der RL 2008/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2008 über Verbraucherkreditverträge und zur Aufhebung der RL 87/102/EWG des Rates (ABl. 2008, L 133, S. 66, berichtigt in ABl. 2009, L 207, S. 14, ABl. 2010, L 199, S. 40, und ABl. 2011, L 234, S. 46; im Folgenden: Verbraucherkreditrichtlinie) sei dahin auszulegen, dass er dem entgegenstehe, dass ein Kreditvertrag hinsichtlich der in Art. 10 dieser Richtlinie genannten Angaben auf eine nationale Vorschrift verweise, die selbst auf weitere Rechtsvorschriften des betreffenden Mitgliedstaats verweise. Wie der BGH bereits mit Beschluss vom 31. März 2020 (XI ZR 198/19, WM 2020, 838) im Einzelnen begründet und damit auch die ständige Rechtsprechung des erkennenden Senates bestätigt hat, ist – 3 – es den deutschen Gerichten verwehrt, sich gegen die ausdrückliche Anordnung des Gesetzgebers in Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 3 EGBGB aF. zu stellen. Für eine richtlinienkonforme Auslegung ist kein Raum (BGH, Beschluss vom 31. März 2020, aaO Rn. 10 ff.; vgl. dazu auch BVerfG, GRUR 2020, 506 Rn. 114 ff.). Auf BGH, Urteil vom 28. Juli 2020 – XI ZR 288/19 -, Rn. 19, wird Bezug genommen.
Einer Vorlage an den Europäischen Gerichtshof bzw. einer Aussetzung bis zum Vorliegen einer Entscheidung des EuGH über anderweitige Vorlagen nach Art. 267 Abs. 3 AEUV bedarf es entgegen BB., S. 45 – 52 nicht. Die aufgeworfenen Fragen sind angesichts des Wortlauts, der Regelungssystematik und des Regelungszwecks der Verbraucherkreditrichtlinie derart offenkundig zu beantworten sind, dass für vernünftige Zweifel kein Raum bleibt („acte clair“; vgl. etwa BGH Beschluss vom 31.3.2020 – XI ZR 198/19, Rn. 15).
c.) Anders als die Berufung meint (BB., S. 16 – 19), ist es für den Erhalt der Gesetzlichkeitsfiktion unschädlich, dass die Beklagte in Nr. IX 5 der Darlehensbedingungen auf den nach der Widerrufsinformation pro Tag zu zahlenden Zinsbetrag verzichtet hat, wo es heißt:
„5. Widerruft der Darlehensnehmer seine Vertragserklärung innerhalb der Widerrufsfrist, so hat er für den Zeitraum zwischen Auszahlung und Rückzahlung des Darlehens keine Soll-Zinsen zu entrichten.“
Die Berufung stellt nicht infrage, dass die ADB der Beklagten Vertragsbestandteil geworden sind, die in den Darlehensvertrag auf Seite 9 von 9 einpaginert, auf die bereits auf Seite 1 des Darlehensvertrages hingewiesen und deren Erhalt der Kläger auf Seite 3 ausdrücklich unterschriftlich bestätigt hat.
Das in Nr. IX 5 enthaltene – weil ihm günstig unbedenkliche – Angebot hat der Kläger durch Unterzeichnung des Darlehensvertrags angenommen. Nach § 361 Abs. 2 Satz 1 BGB darf von den halbzwingenden gesetzlichen Regelungen über die Widerrufsfolgen zu Gunsten des Verbrauchers abgewichen werden (BGH, Urteil vom 5. November 2019 – XI ZR 650/18, BGHZ 224, 1 Rn. 25). Diese Abweichung lässt sowohl die Ordnungsgemäßheit der Widerrufsinformation als auch die Gesetzlichkeitsfiktion nach Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 3 EGBGB aF. unberührt, weil sie den Verbraucher lediglich begünstigt und das vom Gesetzgeber mit der Gesetzlichkeitsfiktion verfolgte Ziel der Schaffung von Rechtsklarheit und Rechtssicherheit bei den Anwendern nicht beeinträchtigt (BGH, Urteil vom 28. Juli 2020 – XI ZR 288/19 -, Rn. 18, juris, BGH, Beschluss vom 31. März 2020 – XI ZR 198/19, WM 2020, 838 Rn. 9 mwN).
Entgegen BB., S. 19 – 26 trifft es nicht zu, dass der Tageszins vorliegend allein deshalb richtigerweise mit 0,00 € hätte angegeben werden müssen, da die Parteien vereinbart haben, dass das Darlehen unmittelbar und nur an den vermittelnden Händler ausgezahlt werden sollte. Die Annahme der Berufung, der Tageszins hätte vorliegend mit „0“ angegeben werden müssen, beruht auf einem Fehlverständnis der vom Bundesgerichtshof zu dieser Frage ergangenen Rechtsprechung. Der Bundesgerichtshof hat nicht entschieden, dass bei Darlehensverträgen, bei denen das Darlehen unmittelbar an den Verkäufer ausgekehrt wird, der Tageszins in der Widerrufsinformation immer mit „0“ anzugeben ist (etwa in BGH, Urteil vom 05.11.2019 – XI ZR 650/18, Rz. 20-25; BGH, Urteil vom 05.11.2019 – XI ZR 11/19, Rz. 18 – 23; BGH, Beschluss vom 31.03.2020 – XI ZR 198/19, Rz. 9). Vielmehr ergibt sich aus den Ausführungen des BGH deutlich, dass an dieser Stelle grundsätzlich entsprechend der vorgesehenen Information in Satz 1, wonach der Verbraucher im Falle des Widerrufs für den Zeitraum zwischen der Auszahlung und der Rückzahlung des Darlehens den vereinbarten Sollzins zu zahlen hat, der sich aus diesem vereinbarten Sollzins ergebende Tageszinsbetrag anzugeben ist; das Muster sieht gerade auch für den Fall von verbundenen Geschäften an dieser Stelle die Angabe des Tageszinsbetrages vor, der sich aus dem vereinbarten Sollzins ergibt – oder aber (vgl. etwa BGH, Urteil vom 05.11.2019 – XI ZR 650/18, Rz. 23 – 25) aus dem Abschluss eines Verzichtsvertrages.
d.) Die Ordnungsgemäßheit der Widerrufsinformation wird – was von der Berufung auch nicht (mehr) in Frage gestellt wird (BB., S. 27) – nicht durch die in Nummer IX 2 der Darlehensbedingungen der Beklagten enthaltene, nicht gesetzeskonforme Aufrechnungsbeschränkung berührt (vgl. BGH, Urteil vom 17. September 2019 – XI ZR 662/18, WM 2019, 2307 Rn. 31 mwN.; BGH, Urteil vom 28. Juli 2020 – XI ZR 288/19 -, Rn. 20, juris).
Die Voraussetzungen für den von der Berufung konstruierten Einwand des rechtsmissbräuchlichen Verhaltens, soweit sich die Beklagte auf die Gesetzlichkeitsfiktion berufen will, (BB., Seite 27 f.) liegen ersichtlich nicht vor; es trifft schon nicht zu, dass die Beklagte, welche das gesetzliche Muster für die Widerrufsinformation verwendet hat, den Kläger unrichtig über die Rechtsfolgen des Widerrufs informiert hat. Überdies blendet die Berufung aus, dass die Gesetzlichkeitsfiktion von Gesetzes wegen eintritt, Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 3 EGBGB a. F..
e.) Zu dem Ergebnis, dass sich die Beklagte auf die Gesetzlichkeitsfiktion berufen kann, kam auch der Bundesgerichtshof in seinem Urteil in einem Parallelfall vom 28.07.2020 – XI ZR 288/19, bei dem er über eine (naturgemäß bis auf die Angabe des im Falle des Widerrufs für den Zeitraum zwischen Auszahlung und Rückzahlung des Darlehens pro Tag zu zahlenden Zinsbetrages) identische und wortgleiche Widerrufsinformation zu befinden hatte. Darauf wird verwiesen (BGH, Urteil vom 28. Juli 2020 – XI ZR 288/19 -, Rn. 16 – 17).
f.) Weil sich die Beklagte auf die Gesetzlichkeitsfiktion berufen kann, gehen die Ausführungen der Berufung zu vermeintlichen fehlerhaften Pflichtangaben zu den – 5 – Rechtsfolgen eines Widerrufs in der Widerrufsinformation (BB., Seite 29 f) von vornherein fehl.
2. Entgegen der Auffassung der Berufung (BB., S. 3) hat die Beklagte die erforderliche Pflichtangabe gemäß § 492 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr. 1, § 3 Abs. 1 Nr. 14 EGBGB aF. über das Recht des Darlehensnehmers, das Darlehen vorzeitig zurückzuzahlen, ordnungsgemäß erteilt.
Auf das dem Kläger nach § 500 Abs. 2 BGB in der hier maßgeblichen, vom 11. Juni 2010 bis 20. März 2016 geltenden Fassung zustehende Recht zur vorzeitigen Rückzahlung des Darlehens ist er auf Seite 1 des Darlehensvertrages klar und verständlich hingewiesen worden.
Dort heißt es rechts unten in einem eigenen Kasten:
„Vorzeitige Rückzahlung des Darlehens
Im Falle der vorzeitigen Rückzahlung kann der Darlehensgeber eine Vorfälligkeitsentschädigung verlangen. Die Vorfälligkeitsentschädigung beträgt 1 Prozent bzw., wenn der Zeitraum zwischen der vorzeitigen und der vereinbarten Rückzahlung geringer als ein Jahr ist, 0,5% des vorzeitig zurückgezahlten Betrages. Ist die so ermittelte Vorfälligkeitsentschädigung höher als die Summe der noch ausstehenden Zinsen, wird diese Summe als Vorfälligkeitsentschädigung berechnet.“
Ein normal informierter, angemessen aufmerksamer und verständiger Verbraucher versteht diese Angaben zur vorzeitigen Rückzahlung des Darlehens dahin, dass ihm ein solches Recht dem Grunde nach voraussetzungslos zusteht.
Weshalb die Beklagte – wie die Berufung meint – im Rahmen der Pflichtangaben gemäß Art. 247 § 7 Nr. 3 EGBGB aF. zur Berechnungsmethode einer evtl. Vorfälligkeitsentschädigung auch über eine Verminderung der Gesamtkosten bei vorzeitiger Erfüllung der Darlehensverbindlichkeiten nach § 501 BGB hätte informieren müssen, legt die Berufung nicht dar. Art. 247 § 7 Nr. 3 EGBGB aF. verlangt Angaben zur Berechnungsmethode des Anspruchs des Darlehensgebers auf Vorfälligkeitsentschädigung, soweit dieser beabsichtigt, einen solchen Anspruch im Falle vorzeitiger Rückzahlung geltend zu machen. § 501 BGB, der Art. 16 Abs. 1 S. 2 der RL 2008/48/EG (Verbraucherkreditrichtlinie) umsetzt, befasst sich dagegen mit einer Verminderung der Restschuld des Darlehensnehmers, soweit er seine Verbindlichkeiten vorzeitig erfüllt. Das Gesetz fordert keinen Hinweis auf die im Fall der vorzeitigen Rückzahlung eintretende Kostenermäßigung nach § 501 BGB. Das folgt aus dem klaren Wortlaut des Art. 247 § 3 Nr. 14 EGBGB aF. und systematisch auch daraus, dass im vergleichbaren Fall der Vorfälligkeitsentschädigung die Notwendigkeit eines Hinweises auf ihr Anfallen als Rechtsfolge des Widerrufs ausdrücklich gesetzlich angeordnet ist (vgl. OLG Stuttgart Urt. v. 15.10.2019 – 6 U 148/18, Rn. 33, beck-online).
3. Es kann dahin stehen, ob die Beklagte die nach § 492 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 247 § 7 Nr. 3 EGBGB aF. erforderlichen Angaben zur Berechnungsmethode des Anspruchs auf Vorfälligkeitsentschädigung ordnungsgemäß erteilt hat (BB., S. 9 – 16, 38 – 41). Ein Verstoß ließe entgegen BB., S. 15 f. das Anlaufen der 14-tägigen Widerrufsfrist nach § 495 Abs. 1 BGB i.V.m. § 355 Abs. 2, § 356b BGB aF. unberührt. Eine fehlerhafte Angabe zur Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung führte nach § 502 Abs. 2 Nr. 2 BGB lediglich zum Ausschluss des Anspruchs auf eine Vorfälligkeitsentschädigung, ohne das Anlaufen der 14-tägigen Widerrufsfrist nach § 495 Abs. 1 BGB i.V.m. § 355 Abs. 2, § 356b BGB aF zu berühren. Auf die Ausführungen des Bundesgerichtshofes in BGH, Urteil vom 28. Juli 2020 – XI ZR 288/19 -, Rn. 23 – 31, denen sich der Senat vollumfänglich anschließt, wird verwiesen.
Einer Vorlage an den Europäischen Gerichtshof bzw. einer Aussetzung bis zum Vorliegen einer Entscheidung des EuGH über anderweitige Vorlagen nach Art. 267 Abs. 3 AEUV bedarf es nicht. Die richtige Auslegung und die Reichweite des Unionsrechts sind angesichts des Wortlauts, der Regelungssystematik und des Regelungszwecks der Verbraucherkreditrichtlinie derart offenkundig zu beantworten, dass für vernünftige Zweifel kein Raum bleibt („acte clair“; vgl. dazu BGH, Urteil vom 28. Juli 2020 – XI ZR 288/19 -, Rn. 31).
4. Die Pflichtangaben zu den Auszahlungsbedingungen gemäß § 492 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr. 1, § 3 Abs. 1 Nr. 9 EGBGB aF. sind entgegen BB., S. 3 – 6, nicht zu beanstanden. Die erforderlichen Angaben finden sich bereits klar und verständlich auf Seite 1 des Vertragsformulars, indem hier unter der Überschrift „Auszahlungsbedingungen“ auf die Erforderlichkeit der Stellung von Sicherheiten und die Vorlage der im Rahmen der Selbstauskunft notwendigen Unterlagen, sowie unmittelbar daneben in den Erläuterungen zu den Vertragsdaten darauf hingewiesen wird, dass die Auszahlung des Darlehens an die Verkäuferin erfolge und wann das geschehen werde (so auch OLG Stuttgart Urt. v. 15.10.2019 – 6 U 148/18, Rn. 43, beckonline).
Auf Seite 1 des Darlehensvertrages heißt es in einem gesondert hervorgehobenen Kasten:
„Auszahlungsbedingungen
▪ Sicherungsübereignung des Finanzierungsobjektes gemäß Abschnitt II der Darlehensbedingungen der … AG
Abtretung von Ansprüchen aus Arbeitsentgelt und auf Versorgungsbezüge gemäß Abschnitt II der Darlehensbedingungen der … AG
▪ Vorlage der Unterlagen gemäß Selbstauskunft“
Im Kasten unmittelbar daneben heißt es bei den Erläuterungen zu den Vertragsdaten:
„(…)
Der Gesamtbetrag ist auszuzahlen an: … GmbH & Co. KG Der Gesamtbetrag ist auszuzahlen am: 15.03.2016
(…)“
Bereits unmittelbar auf Seite 1 des Darlehensvertrages wird also klar und verständlich dargelegt, wann, an wen (nämlich den Vertragspartner aus dem Fahrzeugkaufvertrag) und unter welchen Bedingungen die Auszahlung der Darlehensvaluta erfolgt. Ein normal informierter, angemessen aufmerksamer und verständiger Verbraucher versteht diese Angaben. Ihm wird auch klar, dass er mit Auskehrung der Darlehensvaluta an den Fahrzeugverkäufer von seine Verbindlichkeit zur Kaufpreiszahlung befreit wird, was schließlich von vorneherein der Zweck des Darlehensvertragsschlusses für ihn ist. Weshalb der (zusätzliche) Verweis auf die Darlehensbedingungen bei ihm zu Missverständnissen oder Verwirrungen führen könnte, ist weder ersichtlich noch von der Berufung aufgezeigt.
5. Soweit nach § 492 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr. 5 EGBGB aF. zu den vorgeschriebenen Pflichtangaben, von deren Erteilung der Beginn der Widerrufsfrist abhängt, auch das „einzuhaltende Verfahren bei der Kündigung des Vertrags“ gehört, bedurfte es dessen hier entgegen BB., S. 6 – 9 nicht. Zu diesen Angaben gehört, was der Bundesgerichtshof mit Urteilen vom 5. November 2019 (XI ZR 650/18, BGHZ 224, 1 Rn. 29 ff. und XI ZR 11/19, juris Rn. 27 ff.; siehe ferner BGH, Beschluss vom 11. Februar 2020 – XI ZR 648/18, juris Rn. 20 f.) bereits mit eingehender Begründung auch zur Frage der Notwendigkeit einer Vorlage zum EuGH – der sich der erkennende Senat vollumfänglich anschließt und auf die verwiesen wird – klargestellt hat, nicht die Information über das außerordentliche Kündigungsrecht nach § 314 BGB, sondern nur – soweit einschlägig – die Information über das Kündigungsrecht gemäß § 500 Abs. 1 BGB.
Davon abgesehen hat die Beklagte den Kläger in Nummer VI 2 der Darlehensbedingungen, auf die verwiesen wird, hinreichend deutlich über das Recht zur fristlosen Kündigung aus wichtigem Grund informiert (so ausdrücklich in einem Parallelfall auch: BGH, Urteil vom 28. Juli 2020 – XI ZR 288/19 -, Rn. 32, juris).
Einer Vorlage an den Europäischen Gerichtshof bzw. einer Aussetzung bis zum Vorliegen einer Entscheidung des EuGH über anderweitige Vorlagen nach Art. 267 Abs. 3 AEUV bedarf es entgegen BB., S. 41 – 45 auch in diesem Punkt nicht. Die richtige Auslegung und die Reichweite des Unionsrechts sind angesichts des Wortlauts, der – 8 – Regelungssystematik und des Regelungszwecks der Verbraucherkreditrichtlinie derart offenkundig zu beantworten, dass für vernünftige Zweifel kein Raum bleibt („acte clair“; vgl. dazu BGH, Urteil vom 28. Juli 2020 – XI ZR 288/19 -, Rn. 31).
6. Die Ansicht der Berufung, die Angaben zum Verzugszinssatz seien nicht hinreichend, insbesondere sei der Verzugszinssatz als absolute Zahl zu benennen (BB., S. 30, 35 – 38), teilt der Senat nicht. Die Beklagte hat dem Kläger die nach Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr. 1, § 3 Nr. 11 EGBGB a. F. erforderliche Pflichtangabe über den Verzugszinssatz und die Art und Weise seiner etwaigen Anpassung im Darlehensvertrag klar und verständlich erteilt. Der Darlehensvertrag enthält bereits auf Seite 1 in einem gesonderten Kasten und oberhalb der Vertragsunterschrift des Darlehensnehmers folgende Angaben:
„Ausbleibende Zahlungen
Ausbleibende Zahlungen können schwerwiegende Folgen für sie haben (z. B. Zwangsverkauft) und die Erlangung eines Kredits erschweren. Für ausbleibende Zahlungen wird Ihnen der gesetzliche Zinssatz für Verzugszinsen berechnet. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr 5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.“
Diese Ausführungen genügen den gesetzlichen Anforderungen.
Die Höhe der gesetzlichen Verzugszinsen und damit der anzugebende Zinssatz sowie dessen Änderungen aufgrund der Bindung an den jeweiligen Basiszinssatz ergeben sich unmittelbar aus § 288 Abs. 1 BGB. Deutlicher als der Gesetzgeber brauchte die Beklagte nicht zu sein.
Einer Angabe des zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden Prozentsatzes bedurfte es wegen der halbjährlichen Veränderbarkeit des Basiszinssatzes und der damit verbundenen Bedeutungslosigkeit des Verzugszinses bei Vertragsschluss nicht (BGH, Urteil vom 05.11.2019 – XI ZR 650/18).
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus Art. 10 Abs. 2 lit l der Verbraucherkreditlinie. Die Beklagte hat vielmehr mit den oben dargestellten Ausführungen „die zum Zeitpunkt des Abschlusses des Kreditvertrages geltende Regelung“ zutreffend wiedergegeben. Eine Vorlage an den EuGH bzw. eine Aussetzung des Verfahrens bis zur Entscheidung über einen anderweitigen Vorlagebeschluss ist nicht geboten, da die Auslegung des Unionsrechts derart offenkundig ist, dass für einen vernünftigen Zweifel kein Raum bleibt. Auf die Ausführungen des Bundesgerichtshofs im Beschluss vom 11.02.2020 – XI ZR 648/18 – wird Bezug genommen.
7. Auf die „Rechtsfolgen bei einem wirksamen Widerruf“ (BB., S. 31 – 34) kommt es mangels eines solchen nicht an.
Soweit der Kläger pauschal auf das gesamte erstinstanzliche Vorbringen einschließlich der dortigen Beweisantritte Bezug nimmt (BB., S. 53), liegt schon keine zulässige Berufungsrüge vor. § 520 Abs. 3 Nr. 2 ZPO verlangt „die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt“. Diese Vorschrift dient dem Zweck, eine Klarstellung und Konzentration des Streitstoffs für die Berufungsinstanz zu erreichen. Es ist deshalb eine auf den Streitfall zugeschnittene und aus sich heraus verständliche Darlegung notwendig, welche bestimmten Punkte des angefochtenen Urteils der Berufungskläger bekämpft und welche tatsächlichen oder rechtlichen Gründe er ihnen im Einzelnen entgegensetzt (ständige Rechtsprechung des BGH, u. a. Beschluss vom 25.09.2018 – XI ZB 7/17 m.w.N.). Die Berufungsbegründung muss deshalb auf den zur Entscheidung stehenden Fall zugeschnitten sein und sich mit den rechtlichen oder tatsächlichen Argumenten des angefochtenen Urteils befassen, wenn es diese bekämpfen will. Für die erforderliche – 10 – Auseinandersetzung mit den Urteilsgründen der angefochtenen Entscheidung reicht es nicht aus, die tatsächliche oder rechtliche Würdigung durch den Erstrichter mit formelhaften Wendungen zu rügen, lediglich auf das erstinstanzliche Vorbringen zu verweisen oder dieses zu wiederholen (BGH, Beschluss vom 25.09.2018 – XI ZB 7/17; BGH, Beschluss vom 23.10.2012 – XI ZB 25/11; BGH, Beschluss vom 11.10.2016 – XI ZB 32/15). Es ist vielmehr klar anzugeben, gegen welche Ausführungen des Urteils der Angriff sich richtet und wie er begründet wird (BGH, Beschluss vom 25.09.2018 – XI ZB 7/17; BGH NJW-RR 2007, 1363).
II.
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision sind entgegen BB., S. 53 ersichtlich nicht gegeben. Es liegt weder eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache vor noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 und 3 ZPO). Auf die obigen Ausführungen und (nochmals) das Urteil des BGH vom 28.07.2020 – XI ZR 288/19 wird verwiesen.
Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung ist nicht geboten, § 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 ZPO.
III.
Bei dieser Sachlage wird schon aus Kostengründen empfohlen, die Berufung zurückzunehmen. Im Falle der Berufungsrücknahme vor Eingang der Berufungsbegründung bei Gericht ermäßigen sich die Gerichtsgebühren von 4,0 auf 1,0 Gebühren (vgl. Nr. 1221 des Kostenverzeichnisses zum GKG) und nach deren Eingang von 4,0 auf 2,0 Gebühren (vgl. Nr. 1222 des Kostenverzeichnisses zum GKG).
Zu diesen Hinweisen kann der Berufungsführer binnen 3 Wochen ab Zugang Stellung nehmen. Der Senat soll nach der gesetzlichen Regelung die Berufung unverzüglich durch Beschluss zurückweisen, wenn sich Änderungen nicht ergeben. Mit einer einmaligen Verlängerung dieser Frist um maximal weitere 3 Wochen ist daher nur bei Glaubhaftmachung konkreter, triftiger Gründe zu rechnen (vgl. OLG Rostock, OLGR 2004, 127 ff.). Eine Fristverlängerung um insgesamt mehr als einen Monat ist daneben entsprechend § 520 II 3 ZPO nur mit Zustimmung des Gegners möglich.

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