Aktenzeichen 3 HK O 2275/18
FinVermV § 11
BGB § 307, § 309
Leitsatz
1. Ein Unternehmen, das Forderungen aus Versicherungsverträgen im Wege des Forderungskauf erwirbt, und eine Versicherungsgesellschaft stehen in keinem konkreten Wettbewerbsverhältnis. (Rn. 19 – 33) (redaktioneller Leitsatz)
2. Es stellt kein unlauteres Ausnutzen eines Vertragsbruchs dar, wenn ein Unternehmen mit Kunden, die durch Finanzanlagevermittler an sie vermittelt wurden, Verträge über den Kauf von Forderung aus Versicherungsverträgen abschließt und an diese Vermittler 1 % des an die Kunden zu zahlenden Kaufpreises ausbezahlt. (Rn. 38 – 40) (redaktioneller Leitsatz)
3. Ein solches Geschäft begründet auch keinen Verstoß gegen § 3a UWG in Verbindung mit der Marktverhaltensregelung des § 11 FinVermV. (Rn. 41 – 43) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
III. Das Urteil ist für die Beklagte gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 50.000,00 € festgesetzt.
Gründe
Die Klage ist zwar zulässig, aber insgesamt unbegründet.
I. Die Mitbewerbereigenschaft der Klägerin, §§ 2 Abs. 1 Nr. 3, 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG, ist zu verneinen.
Die Anspruchsberechtigung der Klägerin besteht nur dann, wenn sie mit der Beklagten als Anbieter von Waren oder Dienstleistungen in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis steht; ein solches ist immer dann gegeben, wenn beide Parteien gleichartige Waren oder Dienstleistungen innerhalb desselben Endverbraucherkreises abzusetzen versuchen und daher das Wettbewerbsverhalten des einen den anderen beeinträchtigen, d.h. im Absatz behindern oder stören kann, und wenn sich die beteiligten Unternehmen auf demselben sachlich, räumlich und zeitlich relevanten Markt betätigen, ohne dass sich der Kundenkreis und das Angebot der Waren oder Dienstleistungen vollständig decken müssen (BGH WRP 2012, 77, WRP 2014, 552 – Werbung für Fremdprodukte). Da die Frage des konkreten Wettbewerbsverhältnisses unter Anknüpfung an die konkrete geschäftliche Handlung je nach dem jeweiligen Schutzzweck der Norm nach unterschiedlichen Kriterien zu beantworten ist, besteht kein einheitlicher, sondern ein dualer Mitbewerberbegriff (Köhler/Bornkamm/Feddersen § 2 Rdnr. 93, 107 ff., BGH WRP 2014, 1307 – nickelfrei)
1. Die Parteien stehen nicht in einem Substitutionswettbewerb.
Substitutionswettbewerb setzt einen Absatz gleichartiger Waren oder Dienstleistungen innerhalb desselben Endabnehmerkreises und eine Substituierbarkeit der von den beteiligten Unternehmen angebotenen Produkte aus der Sicht des Verbrauchers voraus.
Die Auffassung des OLG … dass zwischen einer Versicherungsgesellschaft und einem auf dem Zweitmarkt tätigen Unternehmen Substitutionswettbewerb bestünde, weil sie auf demselben sachlich, räumlich und zeitlich relevanten Markt tätig seien, überzeugt nicht, da Substitutionswettbewerb definitionsgemäß nur vorliegt, wenn substituierbare, also aus der Sicht der angesprochenen Verkehrskreise vergleichbaren Produkte angeboten werden. Das Geschäftsmodell der Klägerin besteht im Abschluss von Versicherungsverträgen – und nicht … in der Verschaffung von Rückkaufansprüchen -, das der Beklagten aus dem Abschluss von Kaufverträgen über die Forderungen von Versicherungsnehmern aus bestehenden Versicherungsverträgen. Eine Gleichartigkeit und Austauschbarkeit der angebotenen Produkte ist zu verneinen, weil die Beklagte keine mit einer Lebens- oder Rentenversicherung vergleichbare, auf eine Versorgung in der Zukunft gerichtete Geldanlage anbietet, sondern den Versicherungskunden die sofortige Auszahlung des im Rahmen eines Lebens- oder Rentenversicherungsvertrags angesparten Kapitals anbietet und gerade keine Kapitalanlage.
Da nach h.M. bei der von der Beklagten gewählten Vertragsgestaltung von einem Forderungskauf und nicht von einer Rechtsdienstleistung gegenüber Dritten wie bei einem basisfactoring oder einer Inkassozession auszugehen ist … und keine vertragliche Verbindung des Forderungskaufs mit einem Kapitalanlagegeschäft zwischen der Beklagten bzw. einem anderen Unternehmen und dem Versicherungsnehmer i.S. eines verbundenen Geschäfts besteht, steht die Beklagte bei Liquidation des angesparten Rückkaufswerts auf Seiten des Versicherungsnehmers, des Vertragspartners der Klägerin, und nicht im Lager von mit der Klägerin konkurrierenden Kapitalanlageanbietern. Im Rahmen ihrer eigenen Tätigkeit bietet die Beklagte weder Lebens- und Rentenversicherungen noch Kapitalanlagen an; ein Angebot gleichartiger Waren oder Dienstleistungen liegt daher nicht vor (vgl. (Köhler/Bornkamm/Feddersen UWG, 2018, § 2 Rdnr. 99, 102, 108 …). Irrelevant ist entgegen der Auffassung der Klägerin, dass der Versicherungsnehmer sowohl bei eigener Kündigung Geld in Form des Rückkaufswerts als auch beim Forderungsverkauf an die Beklagte Geld in Form des Kaufpreises erlangt, da die zu vergleichenden Produkte der Forderungskauf und der Versicherungsvertrag und nicht der Forderungskauf und die Rechtsfolgen einer zunächst von den Parteien des Versicherungsvertrags nicht angestrebten Beendigung dieses Vertrags sind.
Entgegen der Auffassung der Klägerin kann ein anderes Ergebnis nicht auf die Geschäftsverbindung der Beklagten mit für die Versicherungsnehmer tätigen Finanzanlagevermittlern und der Bank … gestützt werden.
Ausreichend für eine Anspruchsberechtigung der Klägerin ist zwar auch das Vorliegen eines mittelbares Wettbewerbsverhältnis, das dann bejaht wird, wenn ein konkretes Wettbewerbsverhältnis mit einem dritten Unternehmen besteht, das durch die geschäftliche Handlung des beklagten Unternehmens gefördert wird (Köhler/Bornkamm/Feddersen § 8 Rdnr. 3.27, § 2 Rdnr. 102, 105, § 2 Rdnr. 105, BGH WRP 2012, 77, WRP 2014, 552). Eine Förderung eines Drittunternehmens liegt jedoch nicht vor, wenn kein wirtschaftliches Interesse des beklagten Unternehmens hinsichtlich des Waren- oder Dienstleistungsabsatzes des Drittunternehmens besteht, die günstige Wirkung der geschäftlichen Handlung auf den Absatz des fremden Unternehmens also nicht Zweck dieser Handlung ist, sondern nur Reflex. Ebenso wenig reicht aus, dass sich eine geschäftliche Handlung negativ auf die Vermögenslage des Unternehmens auswirken kann ….
Vorliegend ist eine Förderung fremden Wettbewerbs zu verneinen. Irrelevant ist, dass sich die streitgegenständliche Handlung mittelbar negativ auf die Vermögenslage der Klägerin auswirkt, weil die Beklagte – anders als andere auf dem Policenzweitmarkt tätige Unternehmen – den Versicherungsvertrag, hinsichtlich dessen ihr die Rechte und Forderungen vom Versicherungsnehmer übertragen wurden, nicht weiterführt, sondern kündigt oder ein Widerspruchsrecht gem. EuGH Urt.v. 19.12.2013 zu § 5a Abs. 2 S. 4 VVG a.F. ausübt … Auch die von der Klägerin behauptete Tätigkeit der Beklagten als sog. Umdeckungsgehilfe … stellt keine Förderung fremden Wettbewerbs dar, da die Gehilfenstellung der Beklagten nur in Beziehung auf den Versicherungsnehmer, und nicht in Bezug auf einen anderen Kapitalanlagenanbieter besteht. Die von der Klägerin beanstandeten geschäftlichen Handlungen der Beklagten führen allenfalls mittelbar zu Vorteilen dieser Unternehmen, indem dem Versicherungsnehmer die Anlage des von der Beklagten vereinnahmten Kaufpreises bei Drittunternehmen ermöglicht wird; das vorrangige Ziel des Forderungsankaufs und der Realisierung des Rückkaufswerts durch die Beklagte besteht allein in der Erzielung eigenen Gewinns und nicht in der Förderung des Wettbewerbs … oder der von den Versicherungsnehmern beauftragten Finanzanlagevermittler. Wirtschaftliche Vorteile im Sinn von Einnahmen erlangt die Beklagte ausschließlich durch die Verträge mit den Versicherungsnehmern und nicht durch Vergütungs- oder Provisionsvereinbarungen mit Kapitalanlageanbietern oder Finanzanlagevermittlern.
2. Die Parteien sind auch nicht aufgrund eines Behinderungswettbewerbs als Mitbewerber einzustufen.
Behinderungswettbewerb setzt das Erfordernis der Wechselwirkung zwischen eigenen Vorteilen des Unternehmens und entsprechenden Nachteilen des Mitbewerbers, insbesondere der Beeinträchtigung des Absatzes, voraus (Köhler/Bornkamm/Feddersen § 2 Rdnr. 102, 108, OLG Hamm GRUR-RR 2014, 450, BGH WRP 2015, 1326; WRP 2016, 1354; WRP 2017, 1085 – Wettbewerbsbezug). Es genügt, wenn zwischen den Vorteilen, die jemand durch eine Maßnahme für sein Unternehmen oder das eines Dritten zu erreichen sucht, und den Nachteilen, die ein anderer dadurch erleidet, eine Wechselwirkung in dem Sinne besteht, dass der eigene Wettbewerb gefördert und der fremde Wettbewerb beeinträchtigt werden kann (Begründung zum Regierungsentwurf eines Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb, BT-Drucks. 15/1487, S. 16). Eine nur reflexartige Fernwirkung der geschäftlichen Handlung ist nicht geeignet, die Mitbewerbereigenschaft zu begründen (BGH GRUR 2014, 573 – Werbung für Fremdprodukte, OLG Köln WRP 2017, 1007, OLG Frankfurt WRP 2017, 338). Der Begriff der „verdichteten Wettbewerbsbeziehung“ (Bl. 24 d.A.) ist zur Definition der Wechselwirkung ungeeignet (Köhler/Bornkamm/Feddersen § 2 Rdnr. 109a).
Im Anwendungsbereich des § 4 Nr. 4 UWG kann bei Vorliegen einer gezielten Behinderung der Klägerin durch die Beklagte von einem Behinderungswettbewerb zwischen den Parteien ausgegangen werden. … da hier jedoch keine gezielte Mitbewerberbehinderung gem. § 4 UWG, sondern Verletzungshandlungen gem. §§ 3, 3 a UWG i.V.m. § 11 FinVermV und 3a UWG i.V.m. §§ 307 ff. BGB streitgegenständlich sind, kommt eine erweiterte Auslegung des Mitbewerberbegriffs gem. § 8 Abs. 3 UWG nicht in Betracht.
Außerdem ist auch nach dem Vortrag der Klägerin eine Wechselwirkung zwischen den Nachteilen des Versicherers und den Vorteilen der Beklagten als Folge der Kaufvertragsabschlüsse mit den Versicherungsnehmern der Klägerin zu verneinen … Selbst wenn dieser Vortrag später modifiziert wird … unter Hinweis auf BGH WRP 2014, 1307 – nickelfrei und OLG Hamm GRUR-RR 2014, 450), ist eine Wechselwirkung zwischen dem Abschluss von Forderungskaufverträgen mit von Finanzanlagevermittlern an die Beklagte vermittelten Versicherungsnehmern der Klägerin und einer Störung oder Behinderung des Absatzes der Klägerin zu verneinen, weil dieses Verhalten der Beklagten nicht geeignet ist, den Absatzerfolg der Klägerin zu beeinflussen, sondern erst im Nachgang zu bereits bestehenden Versicherungsverträgen zum Tragen kommt.
Dahingestellt bleiben kann, ob eine Wechselwirkung zwischen einem Wettbewerbsnachteil der Klägerin und Wettbewerbsvorteilen der Vermittler und der Anbieter der „grauen“ Kapitalanlageprodukte bestehen kann, da die Beklagte nicht auf der Seite der Kapitalanlageanbieter zur Absatzförderung tätig ist.
Die von der Klägerin behauptete Mitbewerbereigenschaft besteht nicht; die Klage ist hinsichtlich der Beklagten zu 1 wegen Nichtvorliegens der Anspruchsvoraussetzungen des § 8 Abs. 3 UWG unbegründet.
3. Auch die Klage gegen die Beklagten zu 2 und 3 ist aus demselben Grund abzuweisen. Nur soweit die Klägerin die Beklagte zu 1 als Mitbewerber in Anspruch nehmen kann, kommt in gleichem Umfang auch eine Haftung der Beklagten zu 2 als organschaftlicher Vertreterin der Beklagten zu 1 in Betracht (BGH WRP 2012, 194 – Branchenbuch Berg).
II. Hilfsweise sind die behaupteten Verstöße gegen §§ 3, 3 a UWG i.V.m. § 11 FinVermV und § 5 UWG zu verneinen.
1. Ein Verstoß der Beklagten gegen § 3 UWG und § 3a UWG i.V.m. § 11 FinVermV liegt nicht vor.
a) Ein gem. § 3 UWG unlauteres Verleiten zum Vertragsbruch liegt nur vor, wenn gezielt und bewusst darauf hingewirkt wird, dass ein anderer eine ihm obliegende Vertragspflicht verletzt; dass die Beklagte gezielt und bewusst auf Finanzanlagevermittler einwirken würde, damit diese ihre Treuepflichten gegenüber ihren Auftraggebern verletzen, trägt die Klägerin nicht vor.
Das bloße Ausnutzen eines fremden Vertragsbruchs, ohne den vertraglich Gebundenen zu dem Vertragsbruch – vor allem gegenüber einem Mitbewerber – zu verleiten, ist grundsätzlich nur unlauter, wenn besondere, die Unlauterkeit begründende Umstände hinzutreten (BGH GRUR 2009, 173 – bundesligakarten.de, GRUR 2002, 795 – Titelexklusivität; BGHZ 171, 73 – Außendienstmitarbeiter, OLG Hamburg GRUR-RR 2015, 110, Köhler/Bornkamm/Feddersen § 4 UWG Rdnr. 4.47, 4.36b).
Vorliegend wird der behauptete Verstoß gegen § 3 UWG darauf gestützt, dass die Beklagte mit Kunden, die durch Finanzanlagevermittler an sie vermittelt wurden, Verträge abschließt und an diese Vermittler 1 % des an die Kunden zu zahlenden Kaufpreises ausbezahlt, und dass die Finanzanlagevermittler durch die Beratung der Kunden in Richtung einer Liquidation des Rückkaufswerts über die Beklagte und einer Neuanlage des Kaufpreises auf dem „Grauen Kapitalmarkt“ diesen gegenüber vertragsbrüchig werden. Dieser Vortrag enthält keine Tatsachenbehauptungen bezüglich besonderer, die Unlauterkeit begründender Umstände. Allein der Behauptung, dass die Finanzanlagevermittler ihnen obliegende Vertragspflichten verletzen und bei der Beratung die Kundeninteressen hinter ihre eigenen Provisionsinteressen zurückstellen, reicht nicht aus, um eine Unlauterkeit der Beklagten gem. § 3 UWG zu begründen. Zu berücksichtigen ist auch, dass keine bindende vertragliche Zahlungsempfängerbestimmung im Forderungskaufvertrag getroffen wird … sodass der Versicherungsnehmer in der Verwendung des Kaufpreises frei bleibt.
Auch ob überhaupt eine Schädigung der Auftraggeber der Finanzvermittler bejaht werden kann, ist fraglich. Bei einer Beauftragung z.B. eines Rechtsanwalts mit der Realisierung des Rückkaufwerts und der – manchmal erforderlichen – Interessenwahrnehmung des Versicherungsnehmers gegenüber dem Versicherungsunternehmen würden auch Kosten anfallen, die u.U. die von der Beklagten vereinnahmten 5 % des Rückkaufwerts, mindestens 175 €, übersteigen. Das Insolvenzrisiko, das der Forderungsverkäufer eingeht, ist bei zügiger Erteilung der Wertemitteilung durch das Versicherungsunternehmen infolge der Fälligkeitsklausel gem. § 2 Nr. 2 des Vertrags minimal. Die Auffassung der Klägerin, dass das Geschäftsmodel der Beklagten auf dem Umstand beruht, dass die betroffenen Versicherungsnehmer ihre Eigeninteressen nicht rational und kompetent wahrnehmen und von der Beklagten und den Finanzberatern geschädigt werden, wird von der Kammer – wie auch von einer Vielzahl der Obergerichte (s. OLG Hamm NJW-RR 2018, 92, OLG Frankfurt NJW-RR 2018, 1237, OLG München Beschl.v. 07.06.2017, 25 U 203/17, Beschl.v. 23.04.2018, Az: 25 U 4226/17, B 1) – nicht geteilt. Die Entscheidung eines Versicherungsnehmers zum Verkauf seiner Rechtsposition zur Vermeidung einer unmittelbaren Auseinandersetzung mit der Versicherungsgesellschaft – vor allem in Folge von Versuchen der an der Fortdauer ihrer Provisionszahlungen interessierten Versicherungsvertreter bzw. der an der Rücknahme der Kündigung interessierten Versicherungsgesellschaft, im Rahmen einer Beratung gem. § 6 Abs. 4 VVG einen Sinneswandel bei ihm herbeizuführen – unter Hinnahme einer verschmerzbaren finanziellen Einbuße, erscheint zumindest angesichts der umfangreichen, in Auseinandersetzungen zwischen Versicherungsnehmern und Versicherern ergangenen Rechtsprechung zur Berechnung des Rückkaufswerts und zur Wirksamkeit der in den allgemeinen Bedingungen der Versicherungsunternehmen enthaltenen einschlägigen Klauseln (BGHZ 194, 208, NJW 2013, 3240, NJW-RR 2018, 1368, ZIP 2018, 376) nachvollziehbar.
b) Auch ein Verstoß gegen § 3a UWG i.V.m. § 11 FinVermV ist zu verneinen.
Entgegen der von der Klägerin vertretenen Auffassung kann von kollusivem Zusammenwirken der Beklagten mit Finanzanlagevermittlern von Graumarktprodukten und vom Mitwirken am fremden Rechtsbruch nach § 11 FinVermV nicht ausgegangen werden. Allein durch die Zahlung einer Vermittlerprovision von 1 % an Finanzanlagenvermittler, die der Beklagten Kontakt zu Versicherungsnehmer der Klägerin als potentielle Vertragspartner verschaffen, beteiligt sich die Beklagte nicht an einem Verstoß gegen § 11 FinVermV.
§ 11 FinVermV richtet sich als berufsbezogene Marktverhaltensregel vorrangig an die Finanzanlagenvermittler als Normadressaten. Teilnehmer eines Verstoßes gegen § 11 FinVermV kann dabei auch jemand sein, der nicht die besonderen berufsbezogenen Voraussetzungen des Täters erfüllt, soweit seine vorsätzliche Mitwirkung am fremden Wettbewerbsverstoß feststeht (Köhler/Bornkamm/Feddersen § 3a UWG Rdnr. 1.50). Mangels nachgewiesener Schädigung des Versicherungsnehmers, Kenntnis der Beklagten von der Ausgestaltung des Vertragsverhältnisses zwischen Finanzanlageberater und Versicherungsnehmer und aktiver Beteiligung der Beklagten an Handlungen des Finanzanlageberaters kann nicht von einer vorsätzlichen Teilnahme der Beklagten an einem Verstoß gegen die FinVermV ausgegangen werden.
2. Ein Verstoß gegen § 3a UWG i.V.m. § 309 BGB ist ebenfalls abzulehnen.
a) Die Klausel zur unwiderruflichen Abtretung sämtlicher Rechte und Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag („Der Verkäufer veräußert und tritt unwiderruflich, mit Wirkung zum Zeitpunkt des Kaufvertragsabschlusses sämtliche Rechte und Ansprüche aus folgenden Verträgen an den Käufer ab“) ist nicht gem. §§ 307, 309 BGB unwirksam.
Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung, vor allem der in ihrer Begründung überzeugenden Urteile … in den Rechtsstreitigkeiten der Parteien, ist von einem wirksamen, weder sitten – noch gesetzwidrigen Forderungskauf und einer wirksamen Abtretung der Rechte aus dem Versicherungsvertrag durch die Versicherungsnehmer auszugehen, sodass die Abtretung als Erfüllung der Hauptpflicht des Kaufvertrags der Überprüfung entzogen ist; die Regelung des Leistungsinhalts und der Hauptleistungspflichten der Kaufvertragsparteien unterliegt zudem nicht der Inhaltskontrolle gem. §§ 307 ff. BGB (Ulmer/Brandner/Hensen AGB-Recht, 12. Aufl. Vor § 307 Rdnr. 5, § 307 Rdnr. 14 ff., MüKo BGB 7. Aufl. § 307 Rdnr. 12, Palandt BGB 77. Aufl. § 307 Rdnr. 41).
b) Die Klausel zur Fälligkeit des noch nicht der Höhe nach vereinbarten Kaufpreises erst nach Eingang der Abtretungsbestätigung und der Wertemitteilung durch den Versicherer sowie zur hinausgezögerte Fälligkeit des Kapitalertragssteueranteils („Der Kaufpreis wird innerhalb drei Werktagen fällig, nachdem der Käufer die Abtretungsbestätigung und Werteermittlung … durch die Versicherungsgesellschaft … erhalten hat…. Bei Versicherungsverträgen mit einer Laufzeit unter 12 Jahren zahlt der Käufer den Teil des Kaufpreises bestehend aus Kapitalertragssteuer und Solidaritätszuschlag erst zum 30.08. des folgenden Kalenderjahres an den Verkäufer aus“) ist nicht gem. §§ 3, 3 a UWG i.V.m. §§ 307, 309 BGB zu beanstanden.
Die §§ 307, 309 BGB sind zwar als Marktverhaltensregeln einzustufen (vgl. LG Leipzig VuR 2016, 109, OLG Dresden WM 2018, 1304, BGH GRUR 2010, 1117, Köhler/Bornkamm, UWG § 3 a Rdnr. 1.285, differenzierend BGH GRUR 2012, 949); entgegen der von der Klägerin vertretenen Auffassung ist die von der Beklagten verwendete Fälligkeitsklausel jedoch nicht unwirksam; der Forderungsverkäufer wird nicht unangemessen benachteiligt.
§ 309 Nr. 2 a BGB, wonach in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eine Bestimmung unwirksam ist, durch die das Leistungsverweigerungsrecht, das dem Vertragspartner des Verwenders nach § 320 BGB zusteht, ausgeschlossen oder eingeschränkt wird, findet auf eine in Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltene Vorleistungspflicht des Vertragspartners des Verwenders keine Anwendung (Palandt BGB § 309 Rdnr. 13, BGH NJW 2006, 3134, NJW 2010, 1449, NJW 2016, 2404).
Auch ein Verstoß gegen § 307 BGB scheidet im konkreten Fall aus. Beim echten Factoring erfolgt die Abtretung der Forderung gleichzeitig mit dem Abschluss des Factoringvertrags. Die durch die beanstandete Vertragsklausel hinausgezögerte Fälligkeit der Gegenleistung beruht vorliegend auf sachlichen Gründen. Da die Geltendmachung des auf die Erteilung der Wertemitteilung bezogenen Auskunftsanspruchs nur durch den Inhaber der aus dem Versicherungsvertrag abgeleiteten Rechtspositionen selbst erfolgen kann – andernfalls läge u.U., wovon die Klägerin ausgeht, ein Verstoß gegen das RDG vor – ist die Abtretung dieser Rechtsposition durch den Versicherungsnehmer an die Beklagte zwingend Voraussetzung für das Auskunftsersuchen der Forderungskäuferin und für die Erlangung der zur Errechnung des Kaufpreises unabdingbaren Wertemitteilung durch den Versicherer. Wenn – wie im vorliegenden Fall – die Höhe des Kaufpreises von der Berechnung der Forderungshöhe durch einen Dritten abhängt, wird der Verkäufer durch eine Fälligkeitsregelung, die eine Kaufpreiszahlung 3 Tage nach Erstellung dieser Berechnung und Eintritt der Bestimmbarkeit der Gegenleistung vorsieht, nicht unangemessen benachteiligt.
Gleiches gilt für die Fälligkeit des auf die Kapitalertragssteuer und Solidaritätszuschlag entfallenden Kaufpreisanteils; auch dieser Anteil hängt hinsichtlich Höhe und Zufluss bei der Beklagten von der Mitwirkung der Klägerin (hierzu unten) und des zuständigen Finanzamts ab, sodass die hinausgeschobene Fälligkeit den Forderungsverkäufer nicht unangemessen benachteiligt.
c) Die Klage ist auch unbegründet, soweit die Klägerin die Unterlassung der Klausel „Von dem … ermittelten Kaufpreis werden folgende Beträge abgezogen: eine Servicegebühr für jeden der oben genannten Versicherungsverträge bzw. Bausparverträge gesondert von … % des ermittelten Kaufpreises. Der Mindestabzug für die Servicegebühr beträgt jedoch 175,00 €. Da der Kaufvertrag aufgrund eines Vermittlers zustande kommt, wird zusätzlich für jeden der oben genannten Verträge eine Vermittlerprovision von … % vom Kaufpreis abgezogen“ begehrt.
Die Klausel enthält die Regelung des Leistungsinhalts und der Hauptleistungspflichten der Kaufvertragsparteien und unterliegt folglich nicht der Inhaltskontrolle gem. §§ 307 ff. BGB (Ulmer/Brandner/Hensen AGB-Recht § 307 Rdnr. 18, Palandt BGB § 307 Rdnr. 41). Die Kontrolle der Ausgestaltung und der Angemessenheit von Leistung und Gegenleistung ist auch beim Forderungskauf der gerichtlichen Kontrolle entzogen und bleibt den Steuerungsmechanismen des Marktes vorbehalten.
3. Ein Verstoß gegen § 5 UWG scheidet ebenfalls aus.
Die in der Klageerweiterung beanstandete Werbung mit den Aussagen „in vielen Fällen ist der Verkauf der Lebensversicherung gegenüber einer eigenen Kündigung (dem ‚Rückkauf‘) vorzuziehen. Zum Beispiel dann, wenn … die Police noch steuerpflichtig ist“, „Auch im gewerblichen Bereich wurden viele Lebensversicherungen geschlossen. Wichtig zu beachten ist, dass Policen, welche vor dem 01.01.2005 abgeschlossen wurden, auch nach Ablauf von 12 Jahren nicht steuerfrei werden. Gerade hier bringt der Verkauf an … deutliche Mehrerlöse“ und „Die Versicherungsgesellschaft … ist gesetzlich gezwungen, im Fall einer Kündigung Kapitalertragssteuer und Solidaritätszuschlag vom Rückkaufswert abzuziehen. … zahlt jedoch die anfallenden Steuern an den Verkäufer der Police aus. Somit kommt es zu einem Mehrerlös ….“ begründet keinen Unterlassungsanspruch der Klägerin; die Voraussetzungen des § 5 UWG sind nicht verwirklicht.
Wie in den Urteilen … zutreffend ausgeführt, sind gem. § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG Erträge aus Kapitalversicherungen Einkünfte aus Kapitalvermögen, von denen nach § 43 Abs. 1 S. 1 Nr. 4. EStG Kapitalertragsteuer erhoben wird. Hinsichtlich des Steuerschuldners ist in Rn. 53 des BMF-Schreibens vom 01.10.2009 – IV C 1 – S 2252/07/0001, BStBl. 2009 I S. 1172, geregelt, dass bei einer Abtretung des Anspruchs auf die Versicherungsleistung der Abtretungsempfänger (Zessionar) nur dann Steuerpflichtiger wird, wenn er und nicht der Abtretende (Zedent) die Erträge erzielt. Das Erzielen von Erträgen setzt voraus, dass nach den getroffenen Vereinbarungen die Versicherungsleistung das Vermögen des Zessionars und nicht das des Zedenten mehren soll. Vorliegend wurden die Ansprüche auf die Erträge an die Beklagte abgetreten, § 1 i.V.m. § 2 der Kauf- und Abtretungsverträge, denn Überschussbeteiligung und Depotguthaben sind Teil der Bemessungsgrundlage der Gegenleistung. Sie stehen also der Käuferin zu, die folglich gegen die Klägerin aus abgetretenem Recht einen Anspruch auf Ausstellung der Steuerbescheinigungen nach dem amtlichen vorgeschriebenen Muster II des Schreibens des Bundesfinanzministeriums vom 20.12.2012 (IV C 1 – S 2401/08/10001/008) mit den nach § 32d EStG erforderlichen Angaben zur bei Auszahlung des Rückkaufswerts einzubehaltenden Kapitalertragsteuer und des einzubehaltenden Solidaritätszuschlags gem. §§ 45a Abs. 2 S. 1 Nr. 1, 43 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 EStG hat.
Nachdem die Beklagte als Kapitalgesellschaft jedoch nicht gem. § 20 EStG einkommensteuerpflichtig, sondern körperschaftssteuerpflichtig ist, ist ihr der von dem Versicherungsunternehmen vom Rückkaufswert abgeführte Kapitalertragssteuer- und Solidaritätszuschlagsanteil bei Vorlage der o.g. Steuerbescheinigung vom Finanzamt zu erstatten; in dem vorliegenden Forderungskaufvertrag verpflichtet sich die Beklagte zur Abführung dieses Erstattungsbetrags als Kaufpreisanteil an den Versicherungsnehmer und Forderungsverkäufer. Dieser jedoch muss den Gewinn aus der Veräußerung von Ansprüchen auf eine Versicherungsleistung als Einkunft aus Kapitalvermögen gem. § 20 Abs. 2 Nr. 6 i.V.m. Abs. 1 Nr. 6 EStG versteuern, wobei das Versicherungsunternehmen verpflichtet ist, nach Kenntniserlangung von einer Veräußerung unverzüglich Mitteilung an das für den Steuerpflichtigen zuständige Finanzamt zu machen, zumindest wenn sich gem. § 52 a Abs. 10 Satz 5 EStG, jetzt § 52 Abs. 28 EStG, die Veräußerung auf einen nach dem 01.01.2005 abgeschlossenen Versicherungsvertrag bezieht oder die durch die Veräußerung der Ansprüche aus einem nach dem 01.01.2005 abgeschlossenen Versicherungsvertrag erzielten Erträge nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG a.F. steuerpflichtig wären (z.B. bei einem Verkauf vor Ablauf von 12 Jahren).
Bei der Berechnung des Gewinns ist nach § 20 Abs. 4 EStG der Unterschiedsbetrag zwischen dem Veräußerungspreis und den Veräußerungskosten sowie den Anschaffungskosten, nämlich den entrichteten Beiträgen i.S.v. § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG, maßgeblich, wobei der Veräußerungspreis der gesamte Kaufpreis, also der Rückkaufswert abzüglich des von der Beklagten einbehaltenen Anteils und zuzüglich des Kapitalertragssteuer- und Solidaritätszuschlagsanteil, ist.
Die von der Beklagten verwendeten Werbeaussagen, dass der Verkauf der Lebensversicherung in manchen Fällen einer eigenen Kündigung vorzuziehen sei, z.B. dann, wenn die Police noch steuerpflichtig ist, und dass die Beklagte die anfallenden Steuern an den Verkäufer der Police auszahlt, wodurch es zu einem Mehrerlös kommt, sind nicht unwahr und auch nicht irreführend i.S.v. § 5 UWG, da sich die Aussagen allein auf die Bemessung des Kaufpreises beziehen und der Versicherungsnehmer tatsächlich zunächst einen Mehrerlös in Form eines die im Fall einer Eigenkündigung vom Versicherer ausgezahlten Summe übersteigenden Betrages vereinnahmen kann. Dass auf den durch den Forderungsverkauf erzielten Gewinn keine Kapitalertragssteuer zur entrichten wäre, behauptet die Beklagte nicht; in § 5 des Vertrags wird der Versicherungsnehmer vielmehr ausdrücklich darauf hingewiesen, durch den Verkauf steuerpflichtige Erlöse entstehen.
Die Aussage „Auch im gewerblichen Bereich wurden viele Lebensversicherungen geschlossen. Wichtig zu beachten ist, dass Policen, welche vor dem 01.01.2005 abgeschlossen wurden, auch nach Ablauf von 12 Jahren nicht steuerfrei werden. Gerade hier bringt der Verkauf … deutliche Mehrerlöse“ richtet sich ausdrücklich nicht an Verbraucher, sondern an Gewerbetreibende, denen bekannt ist, dass Mehrerlöse steuerpflichtig sind, sodass auch hier eine Irreführung der angesprochenen Verkehrskreise ausscheidet.
4. Dahingestellt bleiben kann aufgrund der fehlenden Mitbewerbereigenschaft der Klägerin und des Nichtvorliegens wettbewerbswidrigen Handelns der Beklagten, ob der Klage auch insgesamt das Rechtschutzbedürfnis fehlt.
Das Rechtsschutzbedürfnis ist nach h.M. dann zu verneinen, wenn die Klage auf Unterlassung oder Beseitigung von Äußerungen gerichtet ist, die der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung in gerichtlichen Verfahren oder im Vorfeld von gerichtlichen Auseinandersetzung dienen, da der Ablauf und das Ergebnis eines rechtsstaatlich geregelten Verfahrens nicht dadurch beeinflusst werden soll, dass ein Verfahrensbeteiligter in seiner Freiheit, im Prozess inhaltlich vorzutragen, beeinträchtigt wird. Wahrheit und Erheblichkeit einer Äußerung sollen allein im Ausgangsverfahren geklärt werden (BGH GRUR 2013, 647; OLG Frankfurt GRUR-RR 2014, 391). Einer Unterlassungsklage kann das Rechtsschutzbedürfnis fehlen, wenn sie vorrangig dem Zweck dient, den Prozessgegner in seinen Möglichkeiten der Gestaltung des Sachvortrags in Parallelrechtsstreiten zu beschränken, z.B. wie hier, sich auf die Wirksamkeit des Forderungskaufvertrags und der in diesem enthaltene Klauseln zu berufen. Durch ein auf §§ 8, 3, 3a, 5 UWG gestütztes Verbot des den Streitigkeiten zwischen den Parteien zugrundeliegenden Geschäftsmodells der Beklagten würden dieser auf die Zulässigkeit und Wirksamkeit der von ihr mit den Versicherungsnehmern der Klägerin abgeschlossenen Verträge bezogene, privilegierte Äußerungen verboten (vgl. BGH, GRUR 2013, 305), was gegen die Zulässigkeit der streitgegenständlichen Unterlassungsbegehren und gegen das Vorliegen des Rechtsschutzbedürfnisses der Klägerin spricht.
III. Hinsichtlich des mit der zweiten Klageerweiterung geltend gemachten Auskunftsanspruchs ist die Klage unbegründet.
Voraussetzung eines Auskunftsanspruchs sind wettbewerbswidrige, gegen §§ 3, 7 UWG verstoßende geschäftliche Handlungen. Nachdem solche nicht vorliegen und auch keine Unterlassungs-, Beseitigungs- und Schadensersatzansprüche der Klägerin aufgrund der streitgegenständlichen Handlungen der Beklagten bestehen, ist die Klage auch insoweit unbegründet.
IV. Die Klage ist auch hinsichtlich Ziff. II 2 der Klageanträge unbegründet.
Soweit die Verurteilung der Beklagten zur Versendung von Informationsschreiben an Versicherungsnehmern der Klägerin mit dem Inhalt, dass die in den Kauf- und Abtretungsverträgen von Renten- und Lebensversicherungsverträgen bzw. Bausparverträgen einbezogene Klausel gem. Ziff. I 4 unwirksam ist, beantragt wird, kann ein solcher Beseitigungsanspruch nicht auf §§ 8, 9 UWG hergeleitet werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO.