Baurecht

Anspruch auf Änderung eines Luftreinhalteplans

Aktenzeichen  M 19 K 16.1993

Datum:
12.10.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 149445
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 42 Abs. 2, § 82 Abs. 1 S. 2, § 91 Abs. 1
BImSchG § 47 Abs. 1
39. BImSchV § 1 Nr. 4, Nr. 9, Nr. 25, § 3 Abs. 2, §§ 11 ff., § 27 Abs. 1

 

Leitsatz

1. Ein Luftreinhalteplan ist ein allgemeiner Handlungsplan mit nur verwaltungsinterner Bindungswirkung, der weder für einzelne Bürger noch für Anlagenbetreiber Rechte und Pflichten begründet. Er ist damit kein Verwaltungsakt, der vorrangig im Wege einer Verpflichtungsklage durchzusetzen wäre. (Rn. 18) (redaktioneller Leitsatz)
2. Für die Annahme einer konkludenten Gebietserweiterung (§ 1 Nr. 9 der 39. BImSchV) ist zumindest erforderlich, dass diese als nach außen erkennbarer Akt deutlich wird.(Rn. 29) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die Mittelungswerte der 39. BImSchV sind regelmäßig auf ein Kalenderjahr bezogen.(Rn. 33) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kläger haben die Kosten des Verfahrens als Gesamtschuldner zu tragen. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die Klage ist im Hauptantrag zulässig, aber nicht begründet. Im Hilfsantrag ist die Klage bereits unzulässig. Die Kläger haben keinen Anspruch gegenüber den zuständigen Behörden des Beklagten auf Änderung des Luftreinhalteplans für die Stadt Starnberg.
Der Klageantrag, wie er zuletzt von den Klägerbevollmächtigten gestellt wurde, beinhaltet keine Klageänderung oder Klageerweiterung (§ 91 Abs. 1 VwGO). Denn Streitgegenstand ist seit Klageerhebung unverändert die Frage, ob die Kläger einen Anspruch gegen den Beklagten haben, dass dieser den Luftreinhalteplan München, Teilplan Starnberg, dahingehend ändert, dass dieser Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des Grenzwerts für NO2 enthält. Der Klageantrag, wie er zuletzt gestellt wurde, trägt lediglich der aktuellen Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte zu Luftreinhalteplänen Rechnung. Der Streitgegenstand wird dadurch weder inhaltlich verändert noch erweitert.
I.
Die Klage ist im Hauptantrag zulässig.
1. Sie ist als allgemeine Leistungsklage statthaft. Der Luftreinhalteplan, dessen Änderung die Kläger anstreben, ist ein allgemeiner Handlungsplan mit nur verwaltungsinterner Bindungswirkung, der weder für einzelne Bürger noch für Anlagenbetreiber Rechte und Pflichten begründet. Er ist damit kein Verwaltungsakt, der vorrangig im Wege einer Verpflichtungsklage durchzusetzen wäre (BVerwG, U.v. 5.9.2013 – 7 C 21/12 – juris Rn. 18; VG Hamburg, U.v. 5.11.2014 – 9 K 1280/13 – juris Rn. 20; VG München, U.v. 9.10.2012 – M 1 K 12.1046 – juris Rn. 18).
2. Der gestellte Klageantrag ist im Hauptantrag hinreichend bestimmt und genügt damit den Anforderungen des § 82 Abs. 1 Satz 2 VwGO. Dem Antrag ist zu entnehmen, dass die Kläger das Ziel verfolgen, die Änderung des Teilplans Starnberg dahingehend zu erwirken, dass die Einhaltung der Grenzwerte für NO2 schnellstmöglich erreicht wird.
3. Die Kläger sind klagebefugt. Die entsprechend § 42 Abs. 2 VwGO erforderliche Klagebefugnis ergibt sich für die Kläger daraus, dass sie als Mieter oder Eigentümer in der Hauptstraße in Starnberg wohnen oder dort einer beruflichen Tätigkeit nachgehen. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs müssen von Grenzwertüberschreitungen Betroffene die Möglichkeit haben, die zuständigen nationalen Behörden dazu zu bringen, einen Aktionsplan zu erstellen (EuGH, U.v. 25.7.2008 – C-237/07 – juris Rn. 38; BVerwG, U.v. 5.9.2013 – 7 C 21/12 – juris Rn. 41). Drittbetroffene Bürger können den Erlass eines Plans gerichtlich erzwingen, wenn sie in ihrer Gesundheit betroffen sein können (Jarass, BImSchG, 11. Aufl. 2015, § 47 Rn. 62). Das Gericht geht davon aus, dass zumindest die Möglichkeit besteht, dass die Kläger von der behaupteten Grenzwertüberschreitung in ihrer Gesundheit betroffen sein können. Ob das geltend gemachte Recht tatsächlich besteht, ist eine Frage der Begründetheit.
4. Den Klägern mangelt es nicht am Rechtsschutzbedürfnis. Daran fehlt es regelmäßig nur, wenn ein rechtlich anerkennenswertes Interesse an der erstrebten gerichtlichen Entscheidung unter keinem denkbaren Gesichtspunkt in Betracht kommt. Dabei ist ein strenger Maßstab anzustellen (Rennert in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, vor § 40 Rn. 11). Den Klägern kann nicht entgegengehalten werden, dass sie vor Klageerhebung keinen Antrag bei der zuständigen Behörde gestellt hätten. Zwar ist dem Beklagten insoweit zuzugeben, dass grundsätzlich vor der Erhebung einer Klage eine Antragstellung bei der Behörde erforderlich ist. Dies kann jedoch entfallen, wenn von vorneherein klar ist, dass die Behörde dem Antrag inhaltlich nicht entsprechen wird. Dies ist vorliegend der Fall. Aus dem vorgelegten umfangreichen Aktenmaterial ergibt sich für das Gericht, dass der Beklagte nicht an einer inhaltlichen Fortschreibung des Teilplans Starnberg interessiert war. Das Bestehen auf einem vorherigen Antrag wäre also reine Förmelei. Ein Antrag ist damit entbehrlich. Dem Begehren der Kläger, das sich auf die Erstellung eines Gesamtkonzepts zur Reduzierung der Immissionen richtet, ist auch nicht bereits vollständig durch die Baufreigabe des Bundesverkehrsministeriums für den B2-Entlastungstunnel Rechnung getragen. Durch den Beginn des Tunnelbaus ist das Rechtschutzbedürfnis für die vorliegende Klage nicht entfallen. Denn die Kläger berufen sich auf ihr Recht, die Änderung des Luftreinhalteplans, Teilplan Starnberg, und damit eine Verbesserung der Luftwerte zu erwirken. Die Klage ist nicht (allein) auf den Bau des B2-Entlastungstunnels gerichtet.
II.
Die Klage hat in der Sache keinen Erfolg. Den Klägern steht kein Anspruch auf Änderung des Luftreinhalteplans, Teilplan Starnberg, zu.
1. Da sich das Rechtsschutzbegehren der Kläger auf Änderung des bestehenden Luftreinhalteplans richtet und nicht auf die Durchsetzung des Baus des Tunnels an der B2 ist der Beklagte richtiger Klagegegner (§ 78 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Bisher war in Bayern für den Erlass und die Änderung von Luftreinhalteplänen das Bayerische Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz zuständig. Seit Änderung des Bayerischen Immissionsschutzgesetzes (BayImSchG) am 12. Juli 2017 sind gemäß Art. 8 BayImSchG die Regierungen zuständige Behörden. Der beklagte Freistaat Bayern ist damit jedenfalls als zuständiger Rechtsträger passivlegitimiert.
2. Anspruchsgrundlage für die Änderung eines Luftreinhalteplans ist § 47 Abs. 1 BImSchG. Nach dessen Satz 1 hat die zuständige Behörde, wenn die durch die 39. BImSchV festgelegten Immissionsgrenzwerte überschritten werden, einen Luftreinhalteplan aufzustellen, der die erforderlichen Maßnahmen zur dauerhaften Verminderung von Luftverunreinigungen festlegt und den Anforderungen der 39. BImSchV entspricht. Nach § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG müssen die Maßnahmen eines Luftreinhalteplans geeignet sein, den Zeitraum einer Überschreitung von bereits einzuhaltenden Immissionsgrenzwerten so kurz wie möglich zu halten. § 27 Abs. 1 der 39. BImSchV regelt, dass für bestimmte Gebiete oder Ballungsräume, in denen die Werte für Schadstoffe in der Luft einen Immissionsgrenzwert zuzüglich einer jeweils dafür geltenden Toleranzmarge überschreiten, Luftreinhaltepläne zu erstellen sind. §§ 11 ff. der 39. BImSchV legen ein Verfahren zur Beurteilung der Luftqualität fest: Danach sind zunächst Ballungsräume und Gebiete festzulegen (§ 11 der 39. BImSchV). Diese werden u.a. für Stickstoffdioxid anhand von besonderen Beurteilungsschwellen eingestuft (§ 12 der 39. BImSchV). Werden diese Beurteilungsschwellen überschritten, sind ortsfeste Messungen durchzuführen (§ 13 Abs. 2 Satz 1 der 39. BImSchV).
Diese Anspruchsvoraussetzungen sind im vorliegenden Fall nicht erfüllt. Die Stadt Starnberg liegt weder in einem Ballungsraum noch in einem vom Beklagten festgesetzten Gebiet (dazu unter a)). Ferner liegen keine nach den Vorgaben der 39. BImSchV ermittelten Grenzwertüberschreitungen vor (dazu unter b)). Eine Ermessensreduzierung des Beklagten dahingehend, dass eine konkrete Maßnahme anzuordnen ist, liegt nicht vor (dazu unter c)).
a) Die Stadt Starnberg liegt nicht in einem nach § 1 Nr. 4 der 39. BImSchV beschriebenen Ballungsraum. Danach wird als „Ballungsraum“ ein städtisches Gebiet mit mehr als 250.000 Einwohnern und Einwohnerinnen definiert, das aus einer oder mehreren Gemeinden besteht, welche jeweils eine Einwohnerdichte von 1.000 Einwohnern und Einwohnerinnen je Quadratkilometer bezogen auf die Gemarkungsfläche haben und die zusammen mindestens eine Fläche von 100 Quadratkilometern haben. Starnberg hat nach Aktenlage 376 Einwohner pro km2 und ist damit kein eigener Ballungsraum.
Die Stadt Starnberg liegt ferner nicht in einem Gebiet nach § 1 Nr. 9 der 39. BImSchV. Danach ist „Gebiet“ ein von den zuständigen Behörden für die Beurteilung und Kontrolle der Luftqualität abgegrenzter Teil der Fläche eines Landes. Eine solche Abgrenzung hat vorliegend nicht stattgefunden. Der Beklagte hat das Stadtgebiet der Stadt Starnberg nicht ausdrücklich als Gebiet im Sinne der 39. BImSchV festgelegt. Zwar hatte das Staatsministerium für Umwelt und Gesundheit mit UMS vom 27. Oktober 2005 zunächst einer formalen Gebietserweiterung zugestimmt. Im Verlauf des Verfahrens zur 3. Fortschreibung und der dort erfolgten Beteiligung des Umlands sowie insbesondere aufgrund einer Stellungnahme des im Rahmen einer Ressortanhörung beteiligten Staatsministeriums des Innern wurde an dieser Entscheidung jedoch nicht festgehalten. Eine ausdrückliche Erweiterung des Plangebiets erfolgte daraufhin nicht.
Auch konkludent wurde das Gebiet der Stadt Starnberg nicht als Gebiet im Sinne der 39. BImSchV festgesetzt. Hierfür hat das Gericht die vorgelegten Behördenakten ausgewertet. Zwar sprechen durchaus einige Aspekte für eine Einstufung Starnbergs als Gebiet. Allem voran der Umstand, dass der Beklagte der Stadt angeboten hat, einen eigenen Luftreinhalteplan als „Plan im Plan“ zu erlassen. Denn – wie ausgeführt – sind Luftreinhaltepläne nur für Ballungsräume oder festgesetzte Gebiete aufzustellen. Auch aus dem Wortlaut der Bekanntmachung der 3. Fortschreibung könnte abgeleitet werden, dass der Beklagte Starnberg als Gebiet habe ausweisen wollen. Denn unter der Überschrift „2. Überplantes Gebiet“ findet sich folgender Text: „Das Plangebiet umfasst den Ballungsraum München sowie das Gebiet der Stadt Starnberg“. Auch aus dem Schreiben des Beklagten an den Klägerbevollmächtigten vom 18. Mai 2015, in dem die Bindung der Stadt Starnberg an den Luftreinhalteplan ausgeführt wurde, könnte man ableiten, dass eine Gebietsfestsetzung erfolgt sei.
Schwerer wiegen nach Auffassung des Gerichts jedoch die Anhaltspunkte, die gegen eine konkludente Gebietsfestsetzung sprechen. Im Rahmen der Auslegung ist zu beachten, dass es sich zwar beim Luftreinhalteplan nicht um einen Verwaltungsakt mit Außenwirkung handelt. Jedoch ist für die Annahme einer konkludenten Gebietserweiterung zumindest erforderlich, dass diese als nach außen erkennbarer Akt deutlich wird. Sie müsste sich deshalb zumindest aus der 3. Fortschreibung oder dem Teilplan selbst ergeben. Nicht (allein) ausreichend für die Annahme einer konkludenten Gebietsfestsetzung sind Aussagen des Beklagten im Rahmen interner Schreiben. Diese können jedoch allenfalls im Rahmen einer Gesamtabwägung mit herangezogen werden.
Schwerpunkt der Auslegung sind für das Gericht vor allem der Luftreinhalteplan für die Stadt München unter Beteiligung des Umlands in der 3. Fortschreibung sowie der Teilplan für die Stadt Starnberg selbst. Insbesondere die Entstehungsgeschichte der 3. Fortschreibung und des Teilplans Starnberg sprechen dagegen, dass der Beklagte eine Gebietserweiterung vornehmen wollte. Die 3. Fortschreibung führt an mehreren Stellen (u.a. Textteil Nr. 5.2.1, Nr. 6.) ausdrücklich aus, dass eine formale Gebietserweiterung nicht erfolgen sollte. Die Kooperation für gute Luft basiere auf Freiwilligkeit, eine Verpflichtung der Umlandgemeinden zur Teilnahme, zur Durchsetzung von Maßnahmen sowie zur verbindlichen Umsetzung der von einigen Umlandgemeinden eingebrachten Maßnahmen bestehe nicht. Der Beitrag des Umlandes an den Überschreitungen in München sei zu gering, eine Rechtsbasis für die Durchführung von verpflichtenden Maßnahmen sei somit nicht gegeben. Dieses grundsätzliche Modell der Freiwilligkeit der beteiligten Kommunen und Kreisverwaltungsbehörden und die fehlende Verbindlichkeit etwaiger Vorschläge zieht sich einem roten Faden gleich durch die gesamte 3. Fortschreibung.
Der Teilplan Starnberg führt aus, dass die Stadt Starnberg aufgrund der Grenzwertüberschreitungen bei NO2, die im Rahmen der orientierenden Messung in den Jahren 2006 und 2007 festgestellt worden waren, vom Angebot des Beklagten, die Problematik mittels eines Luftreinhalteplans Starnberg im Luftreinhalteplan München anzugehen, Gebrauch gemacht habe. Schon aus dieser Formulierung lässt sich ableiten, dass der Beklagte bereits zu diesem Zeitpunkt nicht davon ausging, dass ein Erfordernis zum Erlass eines Luftreinhalteplans für die Stadt Starnberg bestand. Die Kommune agierte somit eigenverantwortlich, indem sie freiwillig ein Angebot des Beklagten annahm. Eine Verpflichtung hierzu bestand nicht. Diese grundsätzliche Haltung des Beklagten kam bereits in einem Schreiben an den damaligen Bürgermeister der Stadt Starnberg vom 17. Dezember 2009 (Behördenakte (BA) Bl. 100 010) zum Ausdruck, in dem diesem mitgeteilt wurde, dass das Ergebnis der orientierenden Messung keine Verpflichtung zur Aufstellung eines Luftreinhalteplans auslöse. Ergänzend sind auch mehrere Vermerke des Beklagten (u.a. vom 5.3.2012 (BA Bl. 300 006), vom 9.5.2011 (BA Bl. 400 083)) dahingehend zu verstehen, dass zu keinem Zeitpunkt beabsichtigt war, eine förmliche Gebietserweiterung für Starnberg vorzunehmen.
Damit handelt es sich bei der Stadt Starnberg weder um einen „Ballungsraum“ noch um ein „Gebiet“ im Sinne von § 27 Abs. 1 der 39. BImSchV, für das im Falle von Grenzwertüberschreitungen ein Luftreinhalteplan aufzustellen wäre.
b) Des Weiteren liegt im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung keine festgestellte Überschreitung des Grenzwerts für NO2 im Sinne der 39. BImSchV vor. Die orientierende Messung der Dekra Umwelt GmbH entspricht nicht den Vorgaben der 39. BImSchV. Nach § 3 Abs. 2 der 39. BImSchV beträgt der über ein Kalenderjahr gemittelte Immissionsgrenzwert für NO2 40 µg/m³. Zwar hat die im Zeitraum 1. Juni 2006 bis 15. Juni 2007 durch die Dekra Umwelt GmbH durchgeführte orientierende Messung Grenzwertüberschreitungen für NO2 für den Bereich der Hauptstraße festgestellt. Hierbei handelt es sich jedoch um keine nach den Vorschriften der 39. BImSchV festgestellte Grenzwertüberschreitung. Denn nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift fehlt es bereits an Messungen, die über ein volles Kalenderjahr gemittelt wurden. Der Messzeitraum beträgt zwar gut ein Jahr, deckt aber keines der Kalenderjahre 2006 oder 2007 ab. Die Mittelungswerte der 39. BImSchV sind jedoch regelmäßig auf ein Kalenderjahr bezogen (VG München, U.v. 9.10.2012 – M 1 K 12.1046 – juris Rn. 28). Ferner hat die Dekra GmbH lediglich eine orientierende Messung durchgeführt. Nach der 39. BImSchV sind jedoch Ergebnisse einer ortsfesten Messung erforderlich. Eine „ortsfeste Messung“ nach § 1 Nr. 26 der 39. BImSchV ist kontinuierlich oder stichprobenartig an festen Orten durchzuführen. Eine „orientierende Messung“ muss weniger strenge Datenqualitätsziele erfüllen (§ 1 Nr. 25 der 39. BImSchV). In Starnberg befindet sich keine ortsfeste Messstelle des Lufthygienischen Landesüberwachungsssystems. Dies ist nicht zu beanstanden. Denn die Wahl der Standorte für die Immissionsmessung liegt – im Rahmen der rechtlichen Vorgaben (§ 14 der 39. BImSchV) – im Ermessen des Beklagten. Vorliegend sind – wie ausgeführt – die rechtlichen Erfordernisse für die Installation einer ortsfesten Messeinrichtung in Starnberg nicht gegeben. Andere als die Messergebnisse der Dekra GmbH aus den Jahren 2006 und 2007 liegen dem Gericht aktuell nicht vor. Damit mangelt es an einer nach den Vorschriften der 39. BImSchV festgestellten Grenzwertüberschreitung.
III.
Da die Klage im Hauptantrag erfolglos bleibt, ist über den Hilfsantrag, wie er zuletzt gestellt wurde, zu entscheiden. Insoweit beantragen die Kläger, eventuell vorhandene Mängel des Luftreinhalteplans Starnberg zu beheben. Die ist Klage im Hilfsantrag ebenfalls abzuweisen, da sie bereits unzulässig ist. Zum einen genügt der Antrag nicht dem Bestimmtheitserfordernis des § 82 Abs. 1 VwGO. Denn es bleibt offen, welche Mängel des Luftreinhalteplans Starnberg gemeint sind. Unklar ist insbesondere, ob die formellen Mängel, also z.B. die fehlende formelle Gebietsfestlegung nach § 11 der 39. BImSchV oder das Fehlen einer ortsfesten Messung nach § 13 Abs. 2 Satz 1 der 39. BImSchV, oder eventuelle materielle Mängel des Luftreinhalteplans Starnberg zu beheben wären. Aufgabe des Verwaltungsgerichts ist, behördliche Entscheidungen auf ihre Rechtmäßigkeit hin zu überprüfen bzw. Klägern zur Durchsetzung ihrer Ansprüche gegenüber der Verwaltung zu verhelfen, grundsätzlich nicht jedoch die aktive Behebung von eventuell im Verfahren aufgetretenen formellen oder materiellen Mängeln. Das Gericht ist nicht dazu berufen, eigenes planerisches Ermessen auszuüben. Insoweit fehlt es den Klägern jedenfalls auch am Rechtsschutzbedürfnis. Dies gilt hier auch vor dem Hintergrund, dass sie bisher keinen Antrag bei der zuständigen Behörde gestellt haben, einen Luftreinhalteplan, der den gesetzlichen Vorgaben, insbesondere der Anforderungen an das Verfahren der 39. BImSchV entspricht, zu erlassen.
IV.
Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Nachdem die Beigeladene keinen Antrag gestellt und sich damit auch keinem Kostenrisiko ausgesetzt hat, entspricht es der Billigkeit, dass sie ihre außergerichtlichen Kosten selbst trägt, § 162 Abs. 3 VwGO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. Zivilprozessordnung (ZPO).

Jetzt teilen:

Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen

IT- und Medienrecht

Abtretung, Mietobjekt, Vertragsschluss, Kaufpreis, Beendigung, Vermieter, Zeitpunkt, Frist, Glaubhaftmachung, betrug, Auskunftsanspruch, Vertragsurkunde, Auskunft, Anlage, Sinn und Zweck, Vorwegnahme der Hauptsache, kein Anspruch
Mehr lesen