Aktenzeichen Z3-3-3194-1-52-10/17
VOL/A § 16 Abs. 3
Leitsatz
1. Eine im Angebot abgegebene Erklärung eines Bieters, alle Mindestanforderungen der Auftragsunterlagen zu erfüllen, ist nicht bedeutungslos. Enthält das Angebot trotz dieser Erklärung Abweichungen von Mindestanforderungen ist es auszulegen und ggf. wegen seiner Widersprüchlichkeit aufzuklären. (Rn. 110)
2. Bei Zweifeln oder Widersprüchen ist das Angebot – als empfangsbedürftige Willenserklärung – zunächst in entsprechender Anwendung der §§ 133, 157 BGB aus der Sicht eines objektiven Erklärungsempfängers auszulegen. Dabei auch die Begleitumstände und die Interessenlage des Erklärenden zu berücksichtigen. (Rn. 112)
3. Kann auch eine Aufklärung die Widersprüchlichkeit des Angebotes nicht beseitigen, ist das Angebot zwingend auszuschließen. (Rn. 111 und 115)
4. Aufklärungsmaßnahmen dürfen nur zur Abklärung bestehender Zweifelsfragen, niemals aber zur Abänderung des Angebots führen dürfen, weil sonst der Gleichbehandlungsgrundsatz nicht gewahrt werden würde. (Rn. 121)
5. Vorliegende, aber inhaltlich unvollständige oder fehlerhafte Unterlagen dürfen grds. nicht gem. § 16 Abs. 2 Satz 1 VOL/A nachgefordert werden. (Rn. 122 – 123)
Tenor
1.Der Nachprüfungsantrag wird zurückgewiesen.
2.Die Antragstellerin trägt die Kosten (Gebühren und Auslagen) des Verfahrens sowie die zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Antragsgegnerin zu 1. Die Gebühr wird auf … € festgesetzt.
3.Die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten durch die Antragsgegnerin zu 1 war notwendig.
Gründe
I.
Die Antragsgegner schrieben Verkehrsleistungen im Schienenpersonennahverkehr „Dieselnetz U.“ europaweit aus. Eine entsprechende Veröffentlichung erfolgte am 09.04.2016 im Rahmen einer EU-weiten Bekanntmachung im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften. Die Antragsgegner beabsichtigen, die Verkehrsleistungen im SPNV auf den Strecken
– U.. – M… (–B…)
– U… – W…
– (U..-) G… – M…
für die Zeit vom 13.12.2020 bis zum 11.12.2032 (lt. Berichtigung der Bekanntmachung) neu zu vergeben. Nach Ziffer II.2.2 der Berichtigung der Bekanntmachung sind Optionen zugelassen. Die Angebotsaufforderung und § 2 Abs. 2 des Verkehrsdurchführungsvertrags regelt, dass eine einmalige Verlängerung um drei weitere Fahrplanjahre möglich ist.
Eine Losvergabe war nicht vorgesehen. Nebenangebote waren nicht zugelassen. Nach Ziffer VI.3 der Bekanntmachung kommen gemäß § 4 Abs. 2 Nr. 2 der VgV die Regelungen des Abschnitts 1 der VOL/A mit Ausnahme von § 7 sowie die §§ 8 EG, 15 EG Abs. 10 und 23 EG VOL/A zur Anwendung. Die Antragsgegnerin zu 1 fungiert als Vergabestelle.
Nach Ziffer IV.3.4 der 2. Berichtigung der Bekanntmachung wurde der Schlusstermin für den Eingang der Angebote auf den 26.06.2017 (12:00 Uhr) festgelegt.
In der Aufforderung zur Angebotsabgabe (Seite 3) wurde Folgendes mitgeteilt:
„Die Angebote müssen vollständig sein. Angebote, die nicht die geforderten oder nachgeforderten Erklärungen und Nachweise enthalten, werden vom Vergabeverfahren ausgeschlossen.
Angebote die die Mindestbedingungen der Vergabeunterlagen nicht erfüllen, werden zwingend ausgeschlossen. Unter den Mindestbedingungen sind alle zwingend formulierten Anforderungen („muss“, „hat“, „ist zu“ etc.) in den Vergabeunterlagen zu verstehen.
Mit der Angebotsabgabe akzeptiert der Bieter alle in den Vergabeunterlagen formulierten Anforderungen“.
Gemäß Anlage C der Aufforderung zur Angebotsabgabe (Nachweisliste nach § 8 Abs. 3 VOL/A) wird mit Verweis auf das Betriebskonzept sowie auf Ziffer 3.7 der Leistungsbeschreibung u. a. die Angabe des geplanten Umlaufs der Fahrzeuge nach den verschiedenen Wochentagen und ggf. getrennt nach Schul- und Ferientagen verlangt.
Unter Ziffer 3.7 Leistungsbeschreibung wird gefordert:
„Im Rahmen des zu erstellenden Betriebskonzeptes ist ein Betriebsprogramm für beide Betriebsstufen vorzulegen. Dabei sind die vorgesehenen Fahrten je Strecke nach Verkehrstagen und Richtung in einem grafischen Bildfahrplan und einer 24-Stunden-Fahrplantabelle mit den Unterwegshalten aufzulisten.
… Ergänzend ist der geplante Umlauf für alle Fahrzeuge nach den verschiedenen Wochentagen und ggf. getrennt nach Schul- und Ferientagen vorzulegen. Auch die Reservefahrzeuge sind in den Umlaufplänen als Leerzeile einzeln darzustellen.
Die hier genannten Unterlagen sind den Auftraggebern bei Fortschreibungen im Angebotskonzept, in der Regel jährlich im Rahmen der EIB-V-Trassenanmeldung, in aktualisierter Form zur Verfügung zu stellen.“
Nach § 1 Abs. 2 des Verkehrsdurchführungsvertrags gilt bei Widersprüchen im Vertrag nacheinander,
– „der Wortlaut dieses Vertrages,
– die Leistungsbeschreibung der Auftraggeber nebst Anlagen (Anlage 1),
– die Informationsschreiben der Auftraggeber an die Bewerber (bei Widersprüchen gehen die späteren Schreiben vor),
– das Angebot des Verkehrsunternehmens (Anlage 2)
– die Allgemeinen Vertragsbedingungen für die Ausführung von Leistungen (VOL) – ausgenommen Bauleistungen -, Teil B (Ausgabe 2003), Allgemeine Vertragsbedingungen für die Ausführung der Leistungen (VOL/B).“
Es gingen zahlreiche Bieteranfragen ein, u.a. zu möglichen An- und Abfahrtszeiten und zur Gleisbelegung an Bahnhöfen. Mit der Bewerberinformation Nr. 43 vom 26.06.2017 wurden verschiedene Ergänzungen von Vorgaben der Leistungsbeschreibung vorgenommen, u.a. in Ziffer 3.4 der Leistungsbeschreibung:
„Wenden von Zügen mit einer Wendezeit von unter 8 Minuten ist in U.. Hbf und M.. nicht erlaubt.“
In der Bewerberinformation wurde auf die Änderungen hingewiesen und zugleich um Austausch der als Anlage der Bieterinformation Nr. 43 beigefügten korrigierten Seite 12 der Leistungsbeschreibung gebeten. Die Änderungen wurden dabei gelb markiert.
Nach den Ausschreibungsunterlagen wurde die Frist bis zur Abgabe der Angebote bis 16.08.2017, 12.00 Uhr verlängert.
4 Bieter reichten bis zum 16.08.2017, 12.00 Uhr, Angebote ein, darunter die Antragstellerin und die Beigeladene.
Kapitel 5 der Angebotsunterlagen der Antragstellerin enthält in der Vorbemerkung zu den Konzepten u. a. folgenden Wortlaut:
„Vorbemerkung:
… Unser Angebot berücksichtigt alle gestellten Mindestanforderungen des Auftraggebers. Entsprechend den Vorgaben des Verkehrsvertrages und seiner Anlagen garantieren wir, alle gestellten Mindestanforderungen zu erfüllen. Wenn Mindestanforderungen – auch im Rahmen der Wiedergabe von Aufzählungen oder von Listen – nicht im Angebotstext wiederholt werden, so bedeutet dies nicht, dass wir die Erfüllung der nicht erwähnten Mindestanforderung nicht zusagen. …“
Mit Schreiben vom 24.08.2017 wurde die Antragstellerin aufgefordert, ihr als ungewöhnlich niedrig eingestuftes Angebot im Sinne des § 16 Abs. 6 S. 1 VOL/A zu erläutern.
Mit Schreiben vom 05.10.2017 informierte die Antragsgegnerin zu 1 die Antragstellerin, dass ihr Angebot nicht berücksichtigt werden könne, da die zwingend vorgeschriebenen Mindestwendezeit von acht Minuten für U.. Hbf gemäß Ziffer 3.4 in insgesamt elf Fällen unterschritten wurde. Wegen dieser unzulässigen Änderung der Vergabeunterlagen, sei das Angebot der Antragstellerin auszuschließen.
Mit Schreiben vom 06.10.2017 rügte die Antragstellerin den Ausschluss ihres Angebots. Weiter wurde mitgeteilt, dass die Antragstellerin die Mindestwendezeiten und alle übrigen Anforderungen bei der Vertragsdurchführung einhalten werde und es sich bei der mit dem Angebot eingereichten Umlaufplanung um einen vorläufigen Arbeitsstand handle und nicht um die finale Fassung. Diese Unterlage im vorläufigen Arbeitsstand sei versehentlich beigefügt worden. Tatsächlich sei zum Zeitpunkt der Angebotsabgabe jedoch eine Umlaufplanung unter Einhaltung der Vorgaben für die Mindestwendezeit erstellt worden und diese Annahmen dem Angebot zugrunde gelegt worden. Die Antragstellerin legte ihrer Rüge ferner eine neue Umlaufplanung bei und wies auf die Konformitätserklärung in der Vorbemerkung zu Kapitel 5 ihres Angebots hin. Auch rügte die Antragstellerin, dass die Antragsgegnerin dies nicht aufgeklärt habe. Zudem liege ein Verstoß über die Mindestvorgaben hinsichtlich § 101a GWB vor.
Mit Schreiben vom 09.10.2017 ergänzte die Antragstellerin ihre Rüge hinsichtlich des Ausschlusses. Die Vergabestelle sei ihrer Verpflichtung zur ordnungsgemäßen Auslegung des Angebots der Antragstellerin nicht nachgekommen und habe ihre Pflicht zur Aufklärung nicht eingehalten.
Die von der Antragsgegnerin zu 1 bevollmächtigten Rechtsanwälte halfen mit Schreiben vom 09.10.2017 den Rügen nicht ab, mit Ausnahme der Rüge wegen Verstoßes gegen § 101a GWB. Die Antragstellerin wurde informiert, dass beabsichtigt sei, den Zuschlag frühestens am 20.10.2017 auf das Angebot der Beigeladenen zu erteilen. Hinsichtlich der Gründe für die Nichtberücksichtigung des Angebots der Antragstellerin wurde auf das Schreiben vom 05.10.2017 verwiesen.
Mit Schreiben vom 10.10.2017 rügte die Antragstellerin ferner gegenüber der Antragsgegnerin zu 1, dass diese die Vorgaben zu den Wendezeiten am Hbf. U.. zu spät und zudem in missverständlicher Weise in das Vergabeverfahren eingebracht habe.
Die Antragsgegnerin zu 1 half mit Schreiben vom 11.10.2017 auch diesen Rügen nicht ab.
Weil überwiegend die Rügen zurückgewiesen wurden, stellte die Antragstellerin am 19.10.2017 einen Nachprüfungsantrag und beantragte,
1.Die Antragsgegner zu verpflichten, das Vergabeverfahren bei fortbestehender Beschaffungsabsicht in den Stand der Wertung der Angebote zurückzuversetzen und das Angebot der Antragstellerin unter Beachtung der Rechtsauffassung der Vergabekammer im Rahmen der Angebotswertung zu berücksichtigen,
2.der Antragstellerin Akteneinsicht zu gewähren,
3.dem Antragsgegner die Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung der Antragstellerin aufzuerlegen,
4.die Hinzuziehung eines anwaltlichen Bevollmächtigten durch die Antragstellerin für notwendig zu erklären.
Die Antragstellerin führte aus, dass vorliegend die Vergabekammer zuständig sei und der Nachprüfungsantrag zulässig sei. Insbesondere wies die Antragstellerin darauf hin, dass sie antragsbefugt sei und keine Rügepräklusion vorliege, da sie nachdem sie am 05.10.2017 vom Ausschluss ihres Angebots erfahren habe, den fehlerhaften Ausschluss bereits am 06.10.2017 gerügt habe. Außerdem sei die 15-Tagefrist nach § 107 Abs. 3 Nr. 4 GWB eingehalten worden, da der Nachprüfungsantrag am 19.10.2017 gestellt worden sei, nachdem die Antragsgegnerin zu 1 den Rügen erstmals mit Schreiben vom 09.10.2017 nicht abgeholfen habe.
Weiter wurde erläutert, dass der Nachprüfungsantrag begründet sei, da der Ausschluss des Angebots der Antragstellerin vergaberechtswidrig sei und die Antragstellerin dadurch in ihren Rechten gem. §§ 97 ff. GWB verletzt sei. Das Angebot sei nicht gem. § 16 Abs. 3 lit. d VOL/A von der Wertung auszuschließen.
Zunächst ergebe sich aus der Wendezeitregelung in Ziffer 3.4 der geänderten Leistungsbeschreibung nicht mit hinreichender Klarheit, dass es sich hierbei um Anforderungen handle, die ausdrücklich im Rahmen der Umlaufpläne zu berücksichtigen seien und dass jede Abweichung zwingend zum Ausschluss des Angebots führe. Denn die Anforderungen an das Betriebsprogramm seien in Ziffer 3.7 der Leistungsbeschreibung definiert. Dort finde sich kein Hinweis darauf, dass die Angaben unter Ziffer 3.4 als Mindestanforderungen für das Betriebsprogramm gelten und es lasse sich den Ausführungen in Ziffer 3.7 nicht entnehmen, welcher Grad an Verbindlichkeit dem Betriebsprogramm und seinen Bestandteilen im Kontext des Gesamtangebots zukomme. Wenn im letzten Absatz der Ziffer 3.7 der Leistungsbeschreibung mitgeteilt wird, dass die genannten Unterlagen den Auftraggebern bei Fortschreibungen im Angebotskonzept, in der Regel jährlich in aktualisierter Form zur Verfügung zu stellen ist, so spreche dies nicht für eine statische, sondern für eine dynamische Interpretation des Betriebsprogramms, welches während der gesamten Vertragsdauer flexibel an die sich ändernden betrieblichen Rahmenbedingungen anzupassen sei. Diese Sichtweise stütze u.a. auch Ziffer 3.9 der Leistungsbeschreibung, in der im Wesentlichen ausgeführt wird, dass im Laufe der Vertragsdauer verschiedene Veränderungen Anpassungen des Betriebskonzeptes erfordern.
Auch seien in Kapitel 4 der Leistungsbeschreibung Anforderungen an das Fahrzeugkonzept eindeutig als „Mindestanforderungen“ bezeichnet und einzeln aufgelistet, während eine solche Bezeichnung im Kapitel 3, insbesondere in Ziffer 3.7, vollständig fehle.
Hinzu komme, dass die für die Betriebsplanung wesentliche Bieterfrage Nr. 8 zur Bahnsteigbelegung und zum Wenden im Hauptbahnhof U.. durch die Bewerberinformation Nr. 43 unter Hinweis auf eine überholte Datenbasis unbeantwortet geblieben sei. Wenn aber zu wesentlichen Aspekten der Betriebsplanung seitens der Antragsgegner keine konkrete Aussage getroffen werden könne, wie aus der Antwort zu Bieterfrage Nr. 8 hervorgehe, dann könne dem von den Bietern zu erstellenden Betriebsprogramm auch keine abschließende, verbindliche Bedeutung im Verhältnis zu den sonstigen Angebotserklärungen zugemessen werden. Vor diesem Hintergrund könne die nachträglich eingeführte Wendezeitregelung zwar als eine vom Auftragnehmer einzuhaltende Vertragsverpflichtung angesehen werden, nicht jedoch als K.O.-Kriterium für die zu erstellenden Umlaufpläne.
Zudem sei im Rahmen der Auslegung zu berücksichtigen, dass nach der Intention der VOL/A (2009) Angebotsausschlüsse aus lediglich formalen Gründen nach Möglichkeit vermieden werden sollten. Vor diesem Hintergrund dürfe der öffentliche Auftraggeber Angebote, etwa wegen widersprüchlicher Angaben, nicht ohne vorherige Aufklärung mit dem Bieter über den Inhalt des Angebots ausschließen. Gemessen an den Auslegungsgrundsätzen sei der bestehende vordergründige Widerspruch zwischen der Vorbemerkung zu Kapitel 5 des Angebots und den Umlaufplänen dahingehend aufzulösen, dass sämtliche Mindestanforderungen, einschl. der Mindestwendezeiten am Hbf. U.., durch das Angebot der Antragstellerin eingehalten werden und die Abweichungen im Umlaufplan vor Betriebsbeginn der Form halber kostenneutral zu korrigieren sei. Denn die in Vorbemerkung zu Kapitel 5 des Angebots abgegebene Garantie der Einhaltung aller gestellten Mindestanforderungen umfasse auch die Mindestwendezeiten und gehe somit den Angaben in den Umlaufplänen vor. Dies ergebe sich bereits aus der systematischen Stellung der Vorbemerkung.
Ferner sei die Konformitätserklärung in der Vorbemerkung zu Kapitel 5 des Angebots erkennbar von der Intention getragen unbeabsichtigte Fehler, wie vorliegend, zu vermeiden um Klarheit bezüglich der vorbehaltlosen Erfüllungsbereitschaft der Antragstellerin zu schaffen. Dies habe für die Auslegung des Angebots zur Folge, dass sämtliche Mindestanforderungen der Vergabeunterlagen als Bestandteile des Angebots anzusehen seien und hiervon abweichende Aussagen in den übrigen Angebotsteilen unbeachtlich seien. Dazu verwies die Antragstellerin auf die Entscheidung des OLG Düsseldorf vom 27.09.2006, Verg 36/6. Angesichts der von der Antragstellerin abgegebenen Konformitätserklärung hätte die Antragsgegnerin zu 1 erkennen müssen, dass die Abweichungen in den nachrangigen Umlaufplänen auf einem offensichtlichen Irrtum der Antragstellerin beruhen und gerade keinen Vorbehalt gegenüber den Anforderungen der Leistungsbeschreibung zum Ausdruck bringen sollten. Hinzukomme, dass im zweiten Satz der Konformitätserklärung ausdrücklich darauf hingewiesen wurde, dass die Mindestanforderungen von der Antragstellerin auch dann eingehalten werden, wenn sie im Text des Angebots nicht ausdrücklich erwähnt werden. Auch diese, von der Antragstellerin vorgegebene Rangfolge, führe zu dem Ergebnis, dass die Aussagen des Umlaufplans keinen von den Mindestanforderungen der Leistungsbeschreibung abweichenden Erklärungsgehalt haben können.
Auch werde das Auslegungsergebnis durch die Regelung auf Seite 3 der Angebotsaufforderung bestätigt, wonach der Bieter mit Angebotsabgabe alle in den Vergabeunterlagen formulierten Anforderungen akzeptiere sowie durch die damit übereinstimmende Regelung in § 1 Abs. 2 des Verkehrsdurchführungsvertrags, wonach die Leistungsbeschreibung und die Informationsschreiben der Auftraggeber dem Angebot des Verkehrsunternehmens im Falle von Widersprüchen vorgehen. Auch diese Regelungen stünden einer Interpretation des Angebots der Antragstellerin, die mit den Mindestanforderungen der Vergabeunterlagen unvereinbar wäre, entgegen.
Insgesamt habe eine Auslegung des Angebots der Antragstellerin zu dem Ergebnis kommen müssen, dass die Antragstellerin den Auftrag erhalten wolle und aus diesem Grund sämtliche für die Zuschlagserteilung erforderlichen Mindestanforderungen bereit war zu akzeptieren.
Im Übrigen hätten die vermeintlichen Widersprüche zwischen der Konformitätserklärung in der Vorbemerkung zu Kapitel 5 des Angebots und den Umlaufplänen von der Antragsgegnerin zu 1 im Wege der Angebotsaufklärung ausgeräumt werden können. Auf die weiteren Ausführungen im Nachprüfungsantrag wird verwiesen.
Die Vergabekammer informierte die Antragsgegner über den Nachprüfungsantrag mit Schreiben vom 19.10.2017. Die Antragsgegnerin zu 1 legte am 24.10.2017 die Vergabeunterlagen vor.
Die Antragsgegnerin zu 1 beantragte in ihrer Erwiderung mit Schreiben vom 01.11.2017,
1.den Nachprüfungsantrag zurückzuweisen,
2.der Antragstellerin die Akteneinsicht in die Vergabeakte zu verweigern, soweit diese über Kapitel 14.2. des Vergabevermerks hinausgeht,
3.der Antragstellerin die Kosten des Nachprüfungsverfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen der Antragsgegnerin zu 1 aufzuerlegen,
4.die Hinzuziehung der Bevollmächtigten durch die Antragsgegnerin zu 1 für erforderlich zu erklären.
Die Antragsgegnerin zu 1 führte aus, dass sie bei der Prüfung der Vollständigkeit, fachlichen und rechnerischen Richtigkeit sowie mit Blick auf das Vorliegen von Ausschlussgründen des Angebots der Antragstellerin in Bezug auf die zwingend einzuhaltenden Wendezeiten für U.. Hbf Anhaltspunkte für bestehende Abweichungen bei drei Zugverbindungen der Betriebsstufe 2 der mit dem Angebot vorgelegten Umlaufpläne festgestellt habe. Deshalb habe sie eine gutachterliche Prüfung durch einen Sachverständigen veranlasst. Dieser habe im Ergebnis seiner Prüfung festgestellt, dass neben den von der Antragsgegnerin gefundenen Abweichungen in den Umlaufplänen der Antragstellerin, acht weitere Abweichungen von der einzuhaltenden Mindestwendezeit für U.. Hbf bestanden. Nachdem die Antragsgegnerin zu 1 dieses Ergebnis noch einmal geprüft habe, sei die Antragstellerin über ihren Ausschluss informiert worden.
Der Nachprüfungsantrag sei unbegründet, da das Angebot der Antragstellerin von den eindeutig und wirksam in den Vertragsunterlagen geforderten Mindestanforderungen abgewichen sei und daher zwingend gemäß § 16 Abs. 3 lit. d VOL/A vom weiteren Wettbewerb auszuschließen sei.
Die Mindestwendezeit für U.. Hbf sei mit der Bieterinformation Nr. 43 vom 26.06.2017 als zwingend zu berücksichtigende Leistungsvorgabe in die Leistungsbeschreibung aufgenommen worden. Diese Vorgabe sei eindeutig und unmissverständlich formuliert. Dass in Folge jeder Nichtberücksichtigung einer Mindestvorgabe das betreffende Angebot von der Wertung auszuschließen sei, sei für die Bieter aus der gebotenen Gesamtschau der Vertragsunterlagen ebenfalls unmissverständlich erkennbar gewesen.
Die Vergabeunterlagen seien hinsichtlich des wirklichen und erkennbaren Willens der Auftraggeber aus der objektiven Sicht eines verständigen und fachkundigen Bieters, der mit der Erbringung der ausgeschriebenen Leistung vertraut ist, auszulegen. Nach diesem Maßstab habe es sich bei dem in Kapitel 3.4 der Leistungsbeschreibung enthaltenen Verbot der Unterschreitung einer Mindestwendezeit von 8 Minuten für U.. Hbf nur um eine zwingend zu berücksichtigende Anforderung handeln können.
Ausdrücklich sei in der Aufforderung zur Angebotsabgabe Seite 3 besonders hervorgehoben worden, welche der Angaben der Unterlagen als zwingend einzuhaltende Mindestangaben gelten. Unter den Mindestbedingungen seien alle zwingend formulierten Anforderungen („muss“, „hat“, „ist zu“ etc.) in den Vergabeunterlagen zu verstehen. Die in Kapitel 3.4 der Leistungsbeschreibung aufgestellte Vorgabe zu den einzuhaltenden Mindestwendezeiten für U.. Hbf. laute wörtlich: „Das Wenden von Zügen mit eine Wendezeit von unter 8 Minuten ist für U.. Hbf und M.. nicht erlaubt“. Bereits aus dieser sprachlichen Abfassung sei eindeutig erkennbar, dass es sich um eine zwingend einzuhaltende Vorgabe handelt.
Etwas anderes ergebe sich auch nicht dadurch, dass nicht der Begriff „Mindestanforderung“ vorangestellt worden sei und aus der Beantwortung der Frage Nr. 8 im Rahmen der Bewerberinformation Nr. 43.
Dies habe die Antragstellerin auch selbst erkannt, wie aus ihrer eigenen Aussage im Rügeschreiben vom 06.10.2017 zu entnehmen sei, in dem sie Folgendes ausgeführt habe:
„Die Unterlage im vorläufigen Arbeitsstand hatten wir versehentlich dem Angebot beigefügt. Tatsächlich hatten wir zum Zeitpunkt der Angebotsabgabe jedoch unsere Umlaufplanung unter Einhaltung der Vorgaben für die Mindestwendezeiten erstellt und diese Annahmen unserem Angebot zugrunde gelegt.“
Damit habe die Antragstellerin dokumentiert, dass es sich bei der Vorgabe an die Mindestwendezeit in U.. Hbf auch nach ihrem Verständnis um eine Mindestanforderung handle.
Dadurch dass die Antragstellerin unstreitig Angaben in ihren Umlaufplänen gemacht habe, aus denen sich ergibt, dass die Vorgaben an die Mindestwendezeiten für U.. Hbf nicht vollständig eingehalten werden, habe sich aus Sicht der Antragsgegner ergeben, dass die Antragstellerin die einzuhaltende Vertragsverpflichtung gerade nicht einhalten würde, da sie teilweise abweichende Wendezeiten für U.. Hbf vorsah.
Die von der Antragstellerin mit ihrem Angebot vom 14.08.2017 vorgelegten Umlaufpläne weichen in elf Fällen, von der für U.. Hbf zwingend einzuhaltenden Mindestwendezeit ab. Bei Erteilung des Zuschlags auf das Angebot der Antragstellerin vom 14.08.2017 wäre der Verkehrsdurchführungsvertrag hinsichtlich der Einhaltung der Mindestwendezeit für U.. Hbf in den nachgewiesenen elf Fällen zu anderen als den von den Antragsgegnern nach dem objektiven Erklärungswert ihrer Vertragsunterlagen geforderten Bedingungen zustande gekommen.
Die Antragsgegner seien indes aufgrund der von ihnen hinsichtlich der Wendezeitregelung für U.. Hbf eindeutig und wirksam aufgestellten Mindestanforderung an diese gebunden und hätten aufgrund der im Angebot der Antragstellerin enthaltenen Abweichungen diese zwingend gemäß § 16 Abs. 3 lit d VOL/A vom weiteren Wettbewerb ausschließen müssen.
Jede andere Vorgehensweise der Antragsgegner wäre einer unzulässigen Nachverhandlung im Sinne des § 15 S. 2 VOL/A gleichgekommen.
Entgegen der Auffassung der Antragstellerin habe für die Antragsgegner keine Möglichkeit bestanden, den vermeintlich widersprüchlichen Inhalt des Angebots der Antragstellerin in zulässiger Weise gemäß § 15 VOL/A aufzuklären. Eine Aufklärung setze zunächst einen Zweifel über das Angebot voraus. Ein solcher habe bereits nicht vorgelegen. Denn aus der Perspektive eines objektiven Empfängers habe das Angebot der Antragstellerin nur so verstanden werden können, dass hinsichtlich der in U.. Hbf vorgesehenen Wendezeiten nicht die allgemein gehaltene Erklärung aus ihrer „Konformitätsgarantie“ gelten sollte, sondern die deutlich konkreteren Angaben aus ihren Umlaufplänen. Wenn die Antragsgegner es der Antragstellerin gestattet hätten, diese Angaben zu den von ihr vorgesehenen Wendezeiten in U.. Hbf nachträglich zu korrigieren, hätte sie die Grenze des nach § 15 VOL/A Zulässigen überschritten, denn der öffentliche Auftraggeber dürfe einem Bieter nicht gestatten, eine inhaltliche Änderung oder Ergänzung seines Angebots vorzunehmen.
An der vorstehend dargelegten vergaberechtlichen Einordnung ändere auch die in dem Nachprüfungsantrag der Antragstellerin enthaltenen Ausführungen zu den allgemein anerkannten zu berücksichtigenden Auslegungsgrundsätzen nichts. Keiner der von der Antragstellerin behaupteten Verstöße der Antragsgegner gegen allgemeine Auslegungsgrundsätze liege vor. Vielmehr könne unter Wahrung der Auslegungsgrundsätze ausschließlich das Vorliegen von Änderungen an den Vertragsunterlagen gemäß § 16 Abs. 3 lit. d VOL/A festgestellt werden.
Die Vorstellung der Antragstellerin der Vorbemerkung in Kapitel 5 den Bedeutungsgehalt zukommen zu lassen, dass diese Klausel den konkreten Angaben ihres Angebots grundsätzlich vorgehe und damit in letzter Konsequenz jede Abweichung von Vertragsunterlagen heilen könnte, müsse fehlgehen. Angebote von Bietern in einem Vergabeverfahren stellen Willenserklärungen dar. Diese seien nach den §§ 133, 157 BGB nach den allgemeinen Grundsätzen auszulegen. Das bedeute, dass ausgehend von dem Wortlaut der abgegebenen Erklärung auf den objektiven Empfängerhorizont abzustellen sei. Ausgehend von diesem Beurteilungsmaßstab habe das Angebot der Antragstellerin nur so verstanden werden können, dass die aus den Umlaufplänen hervorgehenden Wendezeiten maßgeblich seien. Dieser Erklärungsgehalt könne durch die allgemein gehaltene Zusicherung, sämtliche Mindestanforderungen erfüllen zu wollen, nicht in Frage gestellt werden. Denn aus Sicht eines objektiven Empfängers ergebe sich, dass eine konkrete, auf einen bestimmten Sachverhalt bezogene Erklärung einer allgemeinen Erklärung, vorgehe. Folglich hätten die Antragsgegner hier nicht davon ausgehen können, dass die Antragstellerin, trotz der sehr konkreten Angaben in den von ihr vorgelegten Umlaufplänen, tatsächlich Wendezeiten für U.. Hbf vorsehen würde, mit denen die hierzu aufgestellten Mindestanforderungen eingehalten würden.
Weiter gehe die Entscheidung des OLG Düsseldorf vom 27.09.2006, Verg 36/06, von einer anderen Sachlage aus. Dies wurde noch näher erläutert. Auf die weiteren Ausführungen in diesem Schriftsatz wird verwiesen.
Mit Schreiben vom 09.11.2017 äußerte die Antragstellerin noch, dass der Vortrag der Antragsgegnerin zu 1 die Rangfolgeregelung des § 1 Abs. 2 Verkehrsdurchführungsvertrag verkenne, der für den Fall eines Widerspruchs der Leistungsbeschreibung und des Angebots eindeutig den Vorrang der Leistungsbeschreibung anordne. Demzufolge sei im Falle eines Zuschlags auf das Angebot der Antragstellerin der Verkehrsdurchführungsvertrag mit dem Inhalt der zuletzt geänderten Leistungsbeschreibung zustande gekommen, so dass die Mindestwendezeiten am Hbf U.. einzuhalten seien und der Umlaufplan entsprechend zu aktualisieren sei. Darin läge auch keine unzulässige Änderung des Angebots oder des Vertrags, sondern nur eine formelle Bereinigung von irrtumsbedingten Fehlern. Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin zu 1 hätte sie durchaus den Inhalt des Angebots ohne Verstoß gegen § 15 VOL/A aufklären und so den Fehler hinsichtlich der Mindestwendezeiten am Hbf U.. bereinigen können.
Weiter machte die Antragstellerin noch Ausführungen zu der allgemeinen Konformitätserklärung in der Vorbemerkung zu Kapitel 5 und legte zudem dar, weshalb aus ihrer Sicht augenfällige Parallelen des vom OLG Düsseldorf entschiedenen Falles zu der hier entscheidungsrelevanten Konstellation bestünden. Die Antragstellerin blieb weiter bei ihrer Ansicht, dass ihr Angebot zu werten sei und die Voraussetzungen für einen Ausschluss nicht vorlägen.
Die ehrenamtliche Beisitzerin hat die Entscheidung über die Beiladung, den Umfang der Akteneinsicht sowie im Falle eines Rücknahmebeschlusses auf den Vorsitzenden und die hauptamtliche Beisitzerin mit Schreiben vom 13.11.2017 übertragen.
Die Antragsgegnerin zu 1 erwiderte mit Schriftsatz vom 15.11.2017, dass die Rangfolgenregelung von § 1 Abs. 2 des Verkehrsdurchführungsvertrags eine Auslegungsregel für den Fall bei Auftreten von Widersprüchen bei der Durchführung des späteren, nach Zuschlagserteilung bestehenden Vertragsverhältnisses beinhalte. Mit der Rangfolgenregelung sei jedoch keine Rangfolge im Sinne einer größeren oder geringeren Wichtigkeit der in § 1 Abs. 2 des Verkehrsdurchführungsvertrags aufgeführten Unterlagen verbunden. Diese Regelung erlange vielmehr erst mit Zuschlagserteilung Wirksamkeit und gelte ab diesem Zeitpunkt als Auslegungsregel für nach Zuschlagserteilung gegebenenfalls bekannt werdende Widersprüche. Die vertragliche Regelung habe damit entgegen der Auffassung der Antragstellerin nicht zur Folge, dass Abweichungen im Angebot von den Vorgaben der Vergabeunterlagen unbeachtlich wären. Vielmehr könne sie nur zur Anwendung kommen, wenn zwar Widersprüche zwischen der Leistungsbeschreibung und dem Angebot bestehen, die aber zugleich keine Abweichung von den in den Vergabeunterlagen enthaltenen Mindestanforderungen darstellen. Ein solcher Fall liege hier nicht vor.
In Bezug auf die Umlaufpläne wurde geäußert, dass allein der Umstand, dass Inhalte einem Angebot körperlich in Form einer Anlage beigefügt werden, nichts über ihre etwaige Vor- oder Nachrangigkeit aussagen. Auch sei es unzutreffend, dass hinsichtlich der Mindestwendezeit in den Umlaufplänen für U.. Hbf enthaltenen Fehler rein formelle Fehler darstellten. Vielmehr handle es sich bei den Umlaufplänen um leistungsbezogene Unterlagen, die den Inhalt der angebotenen Leistung beschreiben. Hätten die Antragsgegner eine Korrektur dieser Angaben der Antragstellerin ermöglicht, hätte dies zu einer Änderung von Angebotsinhalten geführt.
Entgegen der Ansicht der Antragstellerin, werde auch in der Vertragsauslegung der allgemeine Rechtsgrundsatz der lex-specialis-Regel aufgegriffen, indem individuelle oder spezielle Vertragsabreden Vorrang vor allgemeinen Vertragsabreden zukämen. Dieser Grundsatz werde auch gerade in den Rangfolgeregelungen des § 1 Abs. 2 VOL/B und VOB/B aufgegriffen.
Auch wurde ausgeführt, dass die Antragsgegner im Rahmen der Angebotswertung unter Berücksichtigung aller Umstände den Erklärungsgehalt der durch die Antragstellerin in den Umlaufplänen getätigten Angaben im Rahmen ordnungsgemäßer Auslegung ermittelt hätten. Diesbezüglich wurde auf die Ausführungen der Antragsgegnerin zu 1, insbesondere auf Seite 13 ihres Schriftsatzes vom 01.11.2017, verwiesen. Die Antragsgegnerin zu 1 machte noch Ausführungen zu der Entscheidung des OLG Düsseldorf vom 27.09.2006, Az: Verg 36/06. Zudem verwies sie auf den Beschluss der VK Sachsen vom 13.05.2016, Az.: 1/SVK/004-16. Die Antragsgegnerin zu 1 hielt daran fest, dass sie das Angebot der Antragstellerin wegen darin vorgenommener Änderungen an Vergabeunterlagen gemäß § 16 Abs. 3 lit d VOL/A von der Wertung ausschließen musste.
Der Antragstellerin wurde mit Beschluss vom 16.11.2017 Einsicht in die geschwärzte Ziffer 14.2 des Vergabevermerks der Vergabestelle gem. § 8 Abs. 2 VgV, die Anl. 18 a des Vergabevermerks (Aufstellung der Abweichungen der Mindestwendezeit beim Hbf. U.. der Antragstellerin), den geschwärzten Vermerk vom 21.09.2017 betreffend der Mindestwendezeiten und die geschwärzte Auswertungstabelle Betriebskonzept der Antragstellerin, gewährt.
Mit Schreiben vom 20.11.2017 wurde die für den Zuschlag vorgesehene Bieterin beigeladen.
Mit Verfügung vom 20.11.2017 wurde die Frist zur Entscheidung der Vergabekammer gem. § 167 Abs. 1 S. 2 GWB bis zum 19.01.2017 verlängert.
Mit Schreiben vom 21.11.2017 teilte die Antragstellerin noch mit, dass entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin zu 1 die Rangfolgenregelung des § 1 Abs. 2 Verkehrsdurchführungsvertrages auch für sämtliche Widersprüche zwischen den Vergabeunterlagen und dem Angebot gelte (auch die Abweichungen von den in den Vergabeunterlagen enthaltenen Mindestanforderungen darstellen) und begründete ihre Ansicht. Zudem verwies sie auf ihre Schriftsätze vom 19.10. und 09.11.2017. Entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin zu 1 entspreche vorliegend die unbedingte Einhaltung sämtlicher Mindestwendezeiten dem Willen der Antragstellerin und damit dem tatsächlichen Erklärungswillen der Antragstellerin. Die Antragsgegner seien zur Aufklärung verpflichtet gewesen. Auf die weiteren Ausführungen in diesem Schriftsatz wird verwiesen.
Die Vergabekammer hat mit Schreiben vom 23.11.2017 die Beteiligten zur mündlichen Verhandlung am 14.12.2017 um 10.30 Uhr geladen.
Mit Schreiben vom 27.11.2017 beantragte die Beigeladene Akteneinsicht.
Die Antragsgegnerin zu 1 teilte mit Schreiben vom 29.11.2017 noch mit, dass die Rangfolgeregelung des § 1 Abs. 2 des Verkehrsdurchführungsvertrages nicht bezwecke die Bestimmung in § 16 Abs. 3 lit d) VOL/A zu negieren. Denn dies sei dann die Folge, wenn Abweichungen von den Vorgaben der Vergabeunterlagen in einem Angebot wegen einer Rangfolgeregelung unbeachtlich wären. Wenn derartige abweichende Angebote nicht wegen der vertraglichen Rangfolgenregelung ausgeschlossen werden dürften, würde dies dazu führen, dass die Angebote nicht mehr vergleichbar miteinander seien und sich gegebenenfalls auf völlig unterschiedliche Leistungen beziehen, was nicht Sinn der vertraglichen Regelungen sein könne.
Falls die Antragstellerin meine, aus Kapitel 14.2 des Vergabevermerks die Auslegung des Angebots durch die Antragsgegner im Hinblick auf die fehlende Berücksichtigung der allgemeinen Konformitätsklausel feststellen zu können, übersehe sie, dass die Antragsgegner nach rechtlicher Prüfung im Rahmen der Beantwortung der Rügen mit Schreiben vom 09.10.2017 der Antragstellerin mitgeteilt haben, dass kein aufklärungsfähiger Zweifel vorlag. Dieses Schreiben sei als Anhang auch Bestandteil der Vergabedokumentation. Im Vorfeld der Rüge habe die Antragsgegnerin zu 1 auch keinen Widerspruch zwischen den vorrangigen Angaben der Antragstellerin in den Umlaufplänen und der allgemeinen Konformitätsklausel gesehen und deshalb keine Veranlassung gesehen Ausführungen in Kapitel 14.2 des Vergabevermerkes aufzunehmen.
Zudem nahm die Antragsgegnerin zu 1 noch Stellung zu den Äußerungen der Antragstellerin zu dem Urteil des OLG Düsseldorf vom 02.08.2017, VII-Verg 17/17.
Ferner wurde ausgeführt, dass für die Antragsgegner aus den Angebotsunterlagen nicht erkennbar gewesen sei, welche Wendezeiten die Antragstellerin in ihrem Angebot, statt der diesbezüglich geforderten Angaben im Leistungsverzeichnis, vorsehe. Denn die „richtigen Angaben“ ließen sich gerade nicht im Wege der Auslegung ableiten. Die von der Antragstellerin verwendete allgemeine Konformitätsklausel sei nicht geeignet, den teilweisen fehlerhalten Inhalt der Umlaufpläne, der aus Sicht eines objektiven Empfängers eindeutig gewesen sei, zu korrigieren.
Eine allgemeine Konformitätserklärung in einem Angebot könne nicht dazu führen, dass dem Bieter eine Möglichkeit der Korrektur seines Angebots eröffnet werde. Die festgestellten Abweichungen könne der Antragsgegner schon aus Gleichbehandlungsgrundsätzen den anderen Bietern gegenüber nicht durch die Akzeptanz des Konformitätsversprechens als geheilt ansehen. Das Angebot der Antragstellerin sei zu Recht ausgeschlossen worden.
Die Beigeladene nahm mit Schreiben vom 29.11.2017 zu den bislang gewechselten Schriftsätzen Stellung und teilte im Wesentlichen mit, dass der Ausschluss des Angebots der Antragstellerin zu Recht erfolgt sei.
Die Abweichungen der Antragstellerin von der zwingenden Vorgabe nach Abschnitt 3.4 der Leistungsbeschreibung führe zwingend zum Ausschluss, da aus Sicht eines verständigen und fachkundigen Bieters die Festlegung, dass eine Wendezeit unter 8 Minuten in U.. und M.. nicht erlaubt sei, nur so verstanden werden könne, dass dies eine Mindestanforderung darstelle. Dies habe zur Folge, dass hiervon abweichende Angebote von der Wertung auszuschließen seien.
Das Angebot der Antragstellerin sei auch nicht dahingehend auszulegen, dass die Antragstellerin rechtsverbindlich die Einhaltung der Mindestwendezeiten in U.. anbieten wollte. Die Berufung der Antragstellerin auf die Konformitätserklärung könne vorliegend nicht herangezogen werden. Diese Ansicht wurde näher erläutert.
Das Angebot der Antragstellerin sei auch im Hinblick auf die Unterschreitung der durch die Leistungsbeschreibung vorgegebenen Mindestwendezeit für U.. und M.. eindeutig. Eine anders lautende Auslegung des Angebots sei weder angezeigt noch vor dem Hintergrund der von der Antragstellerin bemühten Auslegungsgrundsätze möglich.
Die Antragsgegner seien auch nicht berechtigt gewesen, von der Antragstellerin Aufklärung ihres Angebots nach § 15 VOL/A zu verlangen. Im Ergebnis hätte dies die von § 15 VOL/A gerade nicht bezweckte Möglichkeit für die Antragstellerin eröffnet, ihr Angebot zu ändern.
Die Antragstellerin weise auf S. 17 der Antragsschrift vom 19.10.2017 darauf hin, dass es durch eine nachträgliche „Korrektur“ der Umlaufplanung es weder zu preislichen noch inhaltlichen Änderungen des Angebots gekommen sei. Diese Aussage sei falsch. Zumindest im Hinblick auf die Wendezeiten in U.. liege eine inhaltliche Änderung des Angebots vor. Deshalb sei es den Antragsgegner verwehrt das Angebot mit dem Ziel aufzuklären, die Angaben zur Mindestwendezeit in den Umlaufplänen anzupassen. Verhandlungen über die Leistungsinhalte seien verboten. Es sei auch nicht nur ein Ausschluss aus formalen Gründen, wie die Antragstellerin erklärt habe, sondern das Angebot der Antragstellerin halte eine eindeutig leistungsbezogene Vorgabe der Leistungsbeschreibung nicht ein.
Selbst wenn man zu Gunsten der Antragstellerin unterstelle, ihr Angebot sei widersprüchlich und aufklärungsbedürftig, könne nicht sichergestellt werden, dass dem Bieter keine Manipulationsmöglichkeit damit eröffnet werde.
Die vorliegende Abweichung des Angebots der Antragstellerin von der Festlegung der Vergabeunterlagen sei auch leistungsbezogen. Nach der Entscheidung des OLG München vom 21.04.2017, Verg 1/17, sei es nicht relevant, ob die Abweichungen zwischen nachgefragten und angebotenen Leistungen eine wettbewerbliche Relevanz ausweisen. Der Angebotsausschluss sei hier vielmehr zwingend, da leistungsbezogene Anforderungen der Vergabeunterlagen vorliegend nicht umgesetzt wurden. Das Angebot der Antragstellerin sei zwingend auszuschließen, da diese bei 11 der angebotenen Zugleistungen für U.. die vorgesehene Wendezeit unterschritten habe.
Die Beigeladene gehe zudem davon aus, dass das Angebot der Antragstellerin gem. § 16 Abs. 6 VOL/A von der Wertung auszuschließen sei, da ein ungewöhnlich niedriger Preis vorliege. Angesichts der im SPNV-Markt derzeit erzielten Renditen und der geringen Kalkulationsräume, lasse sich ein großer Preisabstand des Angebots der Antragstellerin durch sachliche oder wettbewerbliche Gründe nicht erklären.
Mit Schreiben vom 29.11.2017 wurde der Beigeladenen entsprechend dem Beschluss der Vergabekammer vom 29.11.2017 Akteneinsicht in die geschwärzte Ziffer 14.2 des Vergabevermerks und die Mitteilung über den Ausschluss des Angebots der Antragstellerin gewährt.
Die Antragstellerin nahm mit Schreiben vom 07.12.2017 noch zu dem Schreiben der Antragsgegnerin zu 1 Stellung und vertritt weiterhin ihre Ansicht, dass eine am objektiven Erklärungsinhalt und den besonderen Umständen des vorliegenden Falles berücksichtigende Auslegung zu dem Ergebnis führe, dass das Angebot der Antragstellerin den Mindestvorgaben der Ausschreibung entspreche. Insoweit sei aus dem Angebot ohne Weiteres zu entnehmen, dass von den Mindestwendezeiten abweichende Aussagen des Umlaufplans im Widerspruch zu der Konformitätsgarantie des Kapitels 5 des Angebots gestanden seien. Entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin könne dieser Widerspruch nicht zugunsten der vermeintlich konkreteren Angaben im Umlaufplan aufgelöst werden. Die Konformitätsgarantie habe Vorrang. Da Umlaufpläne der Antragstellerin ausschließlich von den nachträglich eingeführten Mindestwendezeiten abwichen, sei es für die Antragsgegner offensichtlich, dass ein Irrtum vorliegen musste.
Der Konformitätsgarantie komme im vorliegenden Fall, in dem die Antragstellerin für den Auftraggeber erkennbar irrtumsbedingt und unbeabsichtigt von den Vergabeunterlagen abgewichen sei, entscheidendes Gewicht zu. In diesen Fällen sei eine formal den Vergabeunterlagen widersprechende Erklärung unter Berücksichtigung der Konformitätsklausel zu interpretieren. Der Ausschlussgrund des § 16 Abs. 3 lit. d VOL/A werde somit nicht bedeutungslos, da es entscheidend darauf ankomme, wie die Erklärung des Bieters im Einzelfall unter Berücksichtigung der konkreten Umstände zu verstehen sei. Dass die Antragstellerin hier bewusst von den Mindestwendezeiten in U.. Hbf. abgewichen und darauf spekuliert habe, dass diese Abweichungen unbemerkt bleiben, könne die Antragsgegnerin zu 1 nicht ernsthaft behaupten. Der Ausschluss der Antragstellerin sei rechtswidrig, da im vorliegenden Fall aus Sicht eines objektiven Erklärungsempfängers in der Situation der Antragsgegner sämtliche Anhaltspunkte dafür sprechen, dass die Antragstellerin sich mit den Mindestwendezeiten einverstanden erklären wollte. Auf die weiteren Ausführungen wird verwiesen.
Die mündliche Verhandlung fand am 14.12.2017 im Dienstgebäude der Regierung von Oberbayern, Raum BZ 1, statt. Die Sach- und Rechtslage wurde erörtert. Die Verfahrensbeteiligten hatten Gelegenheit zum Vortrag. Der Vorsitzende der Vergabekammer teilte den Beteiligten mit, dass ausweislich des Vergabeaktes die Konformitätsklauseln, die jedem Angebot in unterschiedlicher Form beigefügt waren, bei der Wertung der Angebote durch die Vergabestelle durchaus beachtet worden seien. Weiter wurde darauf hingewiesen, dass ausweislich des Vergabeaktes die Vergabestelle bei der Beigeladenen Aufklärung bezüglich ihres Angebots gefordert habe. Dieses Aufklärungsverlangen wurde teilweise verlesen.
Die Antragstellerin hielt ihre Anträge vom 19.10.2017 aufrecht und beantragte erweiterte Akteneinsicht. Die Antragsgegnerin zu 1 hielt ihre Anträge vom 01.11.2017 aufrecht. Die Beigeladene beantragte den Nachprüfungsantrag abzuweisen.
Die Vergabekammer informierte die Anwesenden darüber, dass sie nach Anhörung der Antragsgegner und der Beigeladenen über den Umfang der beantragten ergänzenden Akteneinsicht entscheiden werde. Die Antragstellerin werde noch eine Äußerungsfrist zur ergänzenden Akteneinsicht erhalten. Anschließend werde die Vergabekammer entscheiden, ob ein weiterer Termin zur mündlichen Verhandlung erforderlich werden würde.
Die Frist bis zur Entscheidung der Vergabekammer wurde gem. § 167 Abs. 1 S. 2 GWB bis zum 22.02.2018 verlängert. Im Übrigen wird auf die Ausführungen im Protokoll verwiesen.
Die Antragsgegnerin zu 1 teilte mit Schreiben vom 20.12.2017 mit, dass die ergänzende Akteneinsicht nicht zu gewähren sei. Zwar seien in den zur Akteneinsicht vorgesehenen Unterlagen keine Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse enthalten, der Antragstellerin sei aber gleichwohl keine Akteneinsicht in dem beabsichtigten Umfang zu gewähren, da das Recht auf Akteneinsicht nur in dem Umfang bestehe, in dem es zur Durchsetzung des subjektiven Rechts des betroffenen Beteiligten auch erforderlich sei. Dies sei für die Antragstellerin nicht erforderlich, da diese mit ihrem Nachprüfungsantrag vor allem das Ziel verfolge, den Ausschluss ihres Angebots rückgängig zu machen. Aus der Offenlegung der nun beabsichtigten Unterlagen, lasse sich keinerlei Kenntnis hinsichtlich der Prüfung des Angebots der Antragstellerin und deren Ausschluss entnehmen. Überdies sei im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 14.12.2017 zum Ausdruck gekommen, dass das Angebot der Antragstellerin inhaltlich hätte geändert werden müssen, wenn man den von ihr korrigierten Umlaufplan hätte berücksichtigen wollen. Eine solche nachträgliche Angebotsänderung sei unzulässig.
Von Relevanz könnten die zur Akteneinsicht vorgesehenen Unterlagen nur sein, wenn die Antragstellerin vortragen würde, dass alle Angebote auszuschließen seien. Auch unter diesem Gesichtspunkt bestehe aber kein Akteneinsichtsrecht, da die Antragstellerin bisher weder vorgetragen habe noch ersichtlich sei, dass für alle Angebote Ausschlussgründe vorliegen. Insbesondere folgen aus den Aufklärungen, die die Antragsgegner im Hinblick auf das Angebot der Beigeladenen vorgenommen haben, keine Ausschlussgründe für das Angebot der Beigeladenen. Denn diese Aufklärungen haben nicht zu einer Änderung des Angebotsinhalts geführt. Auch ergäben sich aus den Unterlagen keine Anhaltspunkte für etwaige Ausschlussgründe von Angeboten weiterer Bieter.
Auch diene das Akteneinsichtsrecht nicht der Aufdeckung hypothetischer Vergaberechtsmängel. Deshalb wäre ein entsprechender Antrag der Antragstellerin abzulehnen. Gleiches gelte, wenn die Vergabekammer von Amts wegen meine, weitere Akteneinsicht gewähren zu müssen.
Die Beigeladene beantragte mit Schreiben vom 20.12.2017 noch weitere zusätzliche Schwärzungen vorzunehmen und war ebenfalls der Ansicht, dass eine weitere Offenlegung von Unterlagen nicht erforderlich sei.
Der Antragsgegner zu 2 äußerte sich nicht zur vorgesehenen ergänzenden Akteneinsicht.
Mit Beschluss vom 21.12.2017 wurde der Antragstellerin noch ergänzende Akteneinsicht in die geschwärzte Ziffer 13 des Vergabevermerks der Vergabestelle, den geschwärzten Vermerk vom 15.09.2017, das geschwärzte Aufklärungsschreiben an die Beigeladene vom 18.09.2017 und die geschwärzte Antwort der Beigeladenen ohne Anlagen vom 22.09.2017 gewährt.
Nach Fristverlängerung beantragte die Antragstellerin mit Schreiben vom 08.01.2018 aufgrund der ihr gewährten erweiterten Akteneinsicht, hilfsweise zu Ziffer 1 des im Nachprüfungsantrag vom 19.10.2017 gestellten Antrags,
„den Antragsgegnern zu untersagen, den Zuschlag in dem streitgegenständlichen Vergabeverfahren zu erteilen und die Antragsgegner bei fortbestehender Vergabeabsicht zu verpflichten, das Vergabeverfahren in den Stand vor Aufforderung zur Angebotsabgabe zurückzuversetzen.“
Des Weiteren wurde beantragt,
Die Akteneinsicht auf solche Vorgänge zu erweitern, die Aufschluss über die Wertung der Angebote der weiteren am Vergabeverfahren beteiligten Bieter geben, insbesondere bezüglich der festgestellten Abweichungen jener Angebote von den Vergabeunterlagen und bezüglich sonstiger Ausschlussgründe.
Weiter wurde ausgeführt, dass die Antragstellerin an dem Antrag auf Neubewertung des Angebots der Antragstellerin als Hauptantrag festhalte, da die mündliche Verhandlung vom 14.12.2017 sowie die erweiterte Akteneinsicht nochmals bestätigt hätten, dass dieser Antrag begründet sei. Die Vergabekammer sehe das Angebot der Antragstellerin aber als unvollständig an, da sich aus dem Umlaufplan des Angebots nicht entnehmen lasse, welche Wendezeiten tatsächlich vorgesehen seien. Ausgehend von dieser Rechtsauffassung ändere das Angebot der Antragstellerin bei verständiger Auslegung nicht die Vergabeunterlagen ab, sondern erweise sich allenfalls als unvollständig i. S. v. § 16 Abs. 1 lit. a VOL/A, da die tatsächlich geplanten Wendezeiten dem Angebot nicht zu entnehmen seien. Bei unvollständigen Angeboten sehe allerdings § 16 Abs. 2 VOL/A die Möglichkeit vor, fehlende Erklärungen nachzufordern. Vorliegend sei der geforderte Umlaufplan hinsichtlich der Wendezeiten in U.. Hbf. unter Berücksichtigung der geäußerten Rechtsauffassung der Vergabekammer unvollständig, da sich im Wege der Auslegung des Angebots ergebe, dass die Antragstellerin die Mindestwendezeiten einhalten wollte, die tatsächlich vorgesehenen Wendezeiten aber in dem ursprünglich eingereichten Umlaufplan nicht ersichtlich seien.
Die Nachforderung fehlender Erklärungen liege zwar im Ermessen der Vergabestelle, jedoch habe sich die Antragsgegnerin zu 1 selbst gebunden, indem sie die Beigeladene zur Vervollständigung und Klarstellung ihres Angebots und zur Einreichung fehlender sowie zur Korrektur fehlerhafter Nachweise und Erklärungen aufgefordert habe. So habe die Beigeladene in der Anlage 4.4a ihres Angebots in der Darstellung der Einstiegsverhältnisse die niedrigste Bahnsteighöhe der bedienten Strecke (B…, 34 cm) nicht berücksichtigt, was aber in Ziffer 4.3 der Leistungsbeschreibung gefordert gewesen sei. Diese Angaben stünden in einem untrennbaren Verhältnis zu den in Ziffer 4.3 der Leistungsbeschreibung definierten materiellen Mindestanforderungen an die Einstiegsverhältnisse. Denn diese Mindestanforderungen könnten nur überprüft werden, wenn die Einstiegsverhältnisse an der niedrigsten im Netz zu bedienenden Bahnsteighöhe dargestellt werden. Des Weiteren habe die Antragsgegnerin zu 1 der Beigeladenen gestattet, Widersprüche im Angebot hinsichtlich der Bahnsteigüberstände auszuräumen.
Wie sich aus der zwischen der Antragsgegnerin zu 1 und der Beigeladenen geführten Korrespondenz ergebe, seien die mit dem Angebot der Beigeladenen eingereichten Testate der … Netz AG unrichtig gewesen, da die Beigeladene offenbar unzutreffende Fahrzeuglängen angefragt hatte. Weiter lasse sich entnehmen, dass die Beigeladene die fehlerhaften Testate der … Netz AG durch fehlerfreie ersetzt habe. Durch diese Handhabung habe die Antragsgegnerin zu 1 einen Maßstab geschaffen, von dem sie nicht willkürlich abweichen dürfe, ohne den Gleichbehandlungsgrundsatz zu Lasten der Antragstellerin zu verletzen. Die Antragstellerin habe aufgrund dieses Grundsatzes auch einen Anspruch darauf, dass ihr mit Schreiben vom 06.10.2017 nachgereichter Umlaufplan bei der Angebotswertung berücksichtigt werde. Ergänzend wurde darauf hingewiesen, dass die Antragsgegnerin zu 1 der Beigeladenen auch die Möglichkeit eingeräumt habe, eine Vielzahl von inhaltlichen Widersprüchen hinsichtlich der Zugbildung in den Anlagen 3.4 und 3.6 aufzuklären. Hierzu könne den zur Akteneinsicht freigegebenen Unterlagen trotz der Schwärzungen entnommen werden, dass die Angaben der Beigeladenen in der Anlage 3.6 zu der Regelzugbildung an den verschiedenen Wochentagen und Streckenabschnitten in einer Vielzahl von Fällen unrichtig gewesen seien. Folglich müsse davon ausgegangen werden, dass die Anlage 3.6 im Ergebnis nicht mehr als Nachweis geeignet gewesen sei, ob die in der Leistungsbeschreibung geforderten Mindestsitzkapazitäten erfüllt waren. Die Beigeladene habe daraufhin die Möglichkeit erhalten, diese Angaben nachträglich zu korrigieren. Infolge der Vorgehensweise stelle die willkürlich unterschiedliche Behandlung der Angebote der Antragstellerin und der Beigeladenen bei der Angebotsaufklärung und Nachforderung fehlender Angaben und Erklärungen einen Ermessensfehlgebrauch dar, der im Wege der Neubewertung der Angebote zu korrigieren sei. Die Antragsgegnerin zu 1 sei verpflichtet gewesen, der Antragstellerin zu ermöglichen den Umlaufplan zu vervollständigen und den von der Antragstellerin nachgereichten Umlaufplan zu berücksichtigen.
Zum Hilfsantrag auf Untersagung des Zuschlags führte die Antragstellerin aus, wenn man hingegen unterstelle – was nicht der Fall sei -, dass das Angebot der Antragstellerin nicht auszulegen und daher auszuschließen sei, sei jedenfalls der Hilfsantrag begründet, da sämtliche Angebote auszuschließen seien, mit der Folge, dass die Antragstellerin im Rahmen einer erneuten Angebotsaufforderung eine zweite Chance erhielte, sich mit einem fehlerfreien Angebot zu bewerben.
Nach der zitierten Rechtsprechung zwinge das Gleichheitsbehandlungsgebot den öffentlichen Auftraggeber, die Entscheidung, wem er den Auftrag erteilt und die hierzu nötige Wertung nach einem einheitlichen Maßstab zu treffen. Wenn man nämlich den gleichen strengen Prüfungsmaßstab, der zum Ausschluss des Angebots der Antragstellerin geführt hat, auf das Angebot der Beigeladenen übertrage, ergebe sich als zwingende Folge, dass dieses auch auszuschließen sei. Denn ausweislich der erweiterten Akteneinsicht weise das Angebot der Beigeladenen eine Vielzahl inhaltlicher Widersprüche hinsichtlich der Zugbildung der Fahrzeugüberstände auf, die dann ebenfalls nicht aufgeklärt werden dürften. Nach der Rechtsprechung dürfe auf ein widersprüchliches Angebot der Zuschlag nicht erteilt werden, weil in diesem Fall nicht abschließend geprüft werden könne, ob das Angebot die Verdingungsunterlagen abändere.
Nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung gehe die Antragstellerin davon aus, dass auch die Angebote der weiteren an dem streitgegenständlichen Vergabeverfahren beteiligten Bieter an zwingenden Ausschlussgründen leiden und daher von der Wertung auszuschließen seien. Die Vergabekammer habe in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, dass ein Bieter in seinem Notfall- und Störungskonzept von den verbindlichen Reaktionszeiten abgewichen sei. Während in den Vergabeunterlagen eine maximale Reaktionszeit von drei Minuten vorgesehen gewesen sei, habe der Bieter eine Reaktionszeit von lediglich von fünf Minuten angeboten. Diese Abweichung sei von den Antragsgegnern aufgrund der in dem Angebot enthaltenen Konformitätsklausel für nicht ausschlussrelevant erachtet worden.
Zudem habe die Vergabekammer mitgeteilt, dass mehrere Bieter in der Anl. 15.6 (Betriebskonzept) die Erklärung über ihre Bereitschaft zur Fahrplananpassung nicht abgegeben hätten. Auch dies sei von den Antragsgegnern mit Blick auf die in den Angeboten abgegebenen Konformitätsklauseln für unschädlich angesehen worden, so dass auf einen Ausschluss verzichtet wurde. In diesem Zusammenhang habe die Vergabekammer ausgeführt, dass alle beteiligten Bieter allgemeine Konformitätserklärungen abgegeben hätten. Im Gegensatz zur Behandlung des Angebots der Antragstellerin hätten die Antragsgegner die Konformitätserklärungen anderer Bieter berücksichtigt, in der Weise, dass von einem Ausschluss der Angebote trotz Abweichungen von materiellen Mindestanforderungen abgesehen worden sei. Die beiden Fälle belegen, dass die Antragsgegner hinsichtlich der Frage, ob eine unzulässige Änderung der Vergabeunterlagen vorliege und welche Bedeutung dabei den abgegebenen allgemeinen Konformitätsklauseln zukomme, unterschiedliche Maßstäbe angelegt habe. Darin liege eine Ungleichbehandlung.
Da die Antragstellerin nach den bisher zur Akteneinsicht freigegebenen Unterlagen zu der Frage, ob alle übrigen Angebote mit ausschlussrelevanten Fehlern behaftet sind, nicht abschließend Stellung nehmen könne, jedoch sich aus den in der mündlichen Verhandlung zitierten Auszügen aus dem Vergabeakt Anhaltspunkte hierfür ergeben würden, sei ihr Antrag auf erweiterte Akteneinsicht zur Wahrung eines effektiven Rechtsschutzes begründet.
Die Beteiligten wurden durch den Austausch der jeweiligen Schriftsätze informiert. Auf die ausgetauschten Schriftsätze, die Verfahrensakte der Vergabekammer sowie auf die Vergabeakten, soweit sie der Vergabekammer vorgelegt wurden, wird ergänzend Bezug genommen.
Auf die Ausführungen in dem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 10.01.2018, bei der Vergabekammer eingegangen am 22.01.2018, wird verwiesen. Von einer Weiterleitung an die Antragstellerin und die Antragsgegner wurde abgesehen.
II.
Gemäß § 186 Abs. 2 GWB werden Vergabeverfahren, die vor dem 18.04.2016 begonnen haben, einschließlich der sich an diese anschließenden Nachprüfungsverfahren sowie am 18.04.2016 anhängige Nachprüfungsverfahren nach dem Recht zu Ende geführt, das zum Zeitpunkt der Einleitung des Verfahrens galt. Da das Vergabeverfahren vor dem 18.04.2016 begonnen wurde, ist die alte Fassung des GWB anzuwenden. Auf eine gesonderte Nomenklatur „a. F.“ wird in diesem Beschluss jedoch verzichtet.
Die Vergabekammer Südbayern ist für die Überprüfung des streitgegenständlichen Vergabeverfahrens zuständig.
Die sachliche Zuständigkeit der Vergabekammer Südbayern ergibt sich aus § 104 Abs. 1 GWB, § 1 Abs. 1 und 2 BayNpV. Die Vergabekammer Südbayern ist nach § 2 Abs. 2 Satz 1 BayNpV örtlich zuständig, da die Vergabestelle ihren Sitz im Regierungsbezirk Oberbayern hat.
Gegenstand der Vergabe ist ein Dienstleistungsauftrag (Verkehrsvertrag) i. S. d. § 99 Abs. 4 GWB. Die Antragsgegnerin zu 1 ist öffentlicher Auftraggeber gemäß § 98 Abs. 2 GWB, der Antragsgegner zu 2 ist öffentlicher Auftraggeber gemäß § 98 Abs. 1 GWB.
Der Anwendungsbereich des vierten Teil des GWB und der BayNpV ist nur eröffnet, wenn der geschätzte Auftragswert den Schwellenwert erreicht oder übersteigt (§ 100 Abs. 1 GWB i.V. m. § 1 Abs. 1 Satz 2 BayNpV). Der geschätzte Auftragswert für die Leistungen aus dem Verkehrsvertrag liegt weit oberhalb des nach § 2 Abs. 2 VgV erforderlichen Schwellenwertes.
Eine Ausnahmebestimmung des § 100 Abs. 2 GWB liegt nicht vor.
1. Zulässigkeit des Nachprüfungsantrags
Der Nachprüfungsantrag ist unproblematisch zulässig.
Insbesondere ist die Antragstellerin antragsbefugt. Gemäß § 107 Abs. 2 GWB ist ein Unternehmen antragsbefugt, wenn es ein Interesse am Auftrag hat, eine Verletzung in seinen Rechten nach § 97 Abs. 7 GWB und zumindest einen drohenden Schaden darlegt. Die Antragstellerin hat ihr Interesse am Auftrag durch die Abgabe eines Angebotes nachgewiesen. Es ist nicht erkennbar, dass sie mit diesem Nachprüfungsantrag einen anderen Zweck verfolgt, als den, den strittigen Auftrag zu erhalten. Da ihr der Zuschlag nicht erteilt werden soll, droht ihr ein finanzieller Schaden.
Auch ist die Antragstellerin ihrer Rügeobliegenheit nach § 107 Abs. 3 S.1 Nr.1 GWB nachgekommen, da sie nachdem sie am 05.10.2017 vom Ausschluss ihres Angebots erfahren hat, den Ausschluss am 06.10.2017 gerügt hat. Außerdem hat sie die 15-Tagefrist nach § 107 Abs. 3 S.1 Nr. 4 GWB eingehalten, da die Antragsgegnerin zu 1 den Rügen erstmals mit Schreiben vom 09.10.2017 nicht abgeholfen hat und der Nachprüfungsantrag am 19.10.2017 gestellt wurde.
2. Begründetheit des Nachprüfungsantrags
2.1 Der Nachprüfungsantrag ist jedoch unbegründet, da das Angebot der Antragstellerin zu Recht ausgeschlossen wurde. Entgegen der Ansicht der Antragsgegner ist das Angebot der Antragstellerin jedoch nicht nach § 16 Abs. 3 lit.c VOL/A wegen Änderungen oder Ergänzungen an den Vergabeunterlagen auszuschließen, sondern nach § 16 Abs. 3 lit.a VOL/A wegen fehlender Erklärungen. Der von der Antragstellerin mit dem Angebot vorgelegte Umlaufplan ist nämlich inhaltlich unzureichend bzw. unvollständig und eine Nachforderung ist in diesem Fall nicht möglich.
Die Antragstellerin hat mit ihrem Angebot Umlaufpläne vorgelegt. Diese enthalten Darstellungen, denen zu entnehmen ist, dass in 11 Fällen die nach Ziffer 3.4 der Leistungsbeschreibung festgelegte Mindestwendezeit von acht Minuten in U.. Hbf und M.. unterschritten wird. Die Vergabestelle sah hierin eine Änderung der Vergabeunterlagen, wobei sie das Angebot weder auslegte noch die Antragstellerin um Aufklärung bat. Beides wäre hier jedoch veranlasst gewesen. Die Antragstellerin hatte nämlich in der Vorbemerkung zu Kapitel 5 ihres Angebots erklärt, dass sie entsprechend den Vorgaben des Verkehrsvertrages und seiner Anlagen garantiere, alle gestellten Mindestanforderungen zu erfüllen (nachfolgend: Konformitätserklärung). Damit bestand zunächst einmal ein Widerspruch zwischen der Erklärung, alle Mindestanforderungen einhalten zu wollen, und den Darstellungen in den Umlaufplänen. Die Vergabestelle hätte deshalb das Angebot zunächst auslegen müssen und wenn die Auslegung zu keinem widerspruchsfreien Ergebnis geführt hätte, das Angebot aufklären müssen. Erst wenn die Aufklärung ebenfalls gescheitert wäre, hätte die Vergabestelle das Angebot der Antragstellerin ausschließen dürfen.
Ein Angebot ist nämlich erst dann zwingend auszuschließen, wenn eine Auslegung zu keinem zweifelsfreien Ergebnis geführt hat und eine sich gegebenenfalls daran anschließende Aufklärung gescheitert ist (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 27.09.2006, Verg 36/06).
Denn bei Zweifeln oder Widersprüchen ist das Angebot – als empfangsbedürftige Willenserklärung – zunächst in entsprechender Anwendung der §§ 133, 157 BGB aus der Sicht eines objektiven Erklärungsempfängers auszulegen. Allerdings sind im Rahmen der Auslegung auch die Begleitumstände und die Interessenlage des Erklärenden zu berücksichtigen (VK Bund 15.01.2015 – VK 2-105; Ellenberger, in: Palandt, Kommentar zum BGB, 76. Aufl., § 133, Rn. 15 ff.). Führt die Auslegung zu einem eindeutigen Ergebnis, kommt eine Aufklärung nicht in Betracht, denn eindeutige Erklärungen würden dann nicht klargestellt, sondern geändert werden (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 02.08.2017, Verg 17/17). Führt die Auslegung zu keinem zweifelsfreien Ergebnis oder lässt sich der Widerspruch durch eine Auslegung der Erklärung nicht sicher beseitigen, kann das Angebot aufgeklärt werden (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 27.09.2006, Verg 36/06). Die Vornahme einer Aufklärung steht zwar im Ermessen des öffentlichen Auftraggebers, von dem wiederum unter strikter Gleichbehandlung – das bedeutet, dass vergleichbare Sachverhalte nicht unterschiedlich und unterschiedliche Sachverhalte nicht gleich behandelt werden, es sei denn, dass eine solche Behandlung objektiv gerechtfertigt ist – aller Bieter Gebrauch gemacht werden muss (EuGH, Urteil vom 10.10.2013, Rs. C-336/12). Entscheidet sich der öffentliche Auftraggeber zur Angebotsaufklärung, ist dieses Verlangen grundsätzlich in gleicher Weise an alle Bieter zu richten, die sich in derselben Situation befinden (EuGH, Urteil vom 29.03.2012, C-599/10). Das bestehende Aufklärungsermessen kann sich bei einem offensichtlichen Fehler, wie z.B. einem infolge einer Widersprüchlichkeit wahrscheinlichen Eintragungsfehler, zu einer Aufklärungspflicht reduzieren. Der Bieter ist vom öffentlichen Auftraggeber sodann zu einer Aufklärung des Angebots aufzufordern und ihm ist Gelegenheit zu geben, die Widersprüchlichkeit nachvollziehbar auszuräumen (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 02.08.2017, Verg 17/17; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 21.10.2015, Verg 35/15; KG, Beschluss vom 07.08.2015, Verg 1/15; VK Bund, Beschluss vom 18.02.2016, VK 1-2/16). Das bedeutet, dass die Aufklärung glaubhaft sein muss. Diese gebotene Aufklärung kann auch noch im Vergabenachprüfungsverfahren erfolgen (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 21.10.2015, Verg 35/15).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist hier Folgendes festzustellen:
2.1.1 Die Auslegung des Angebotes der Antragstellerin führt zu keinem eindeutigen Ergebnis.
Zunächst ist festzuhalten, dass die Konformitätserklärung keinesfalls bedeutungslos ist, wie sowohl von der Vergabestelle als auch von der Beigeladenen schriftsätzlich vorgetragen wurde. Entgegen ihren schriftsätzlichen Ausführungen hat die Vergabestelle der jeweiligen Konformitätserklärung, die jedem Angebot in unterschiedlichem Wortlaut aber inhaltlich identisch beigefügt war, nach dem Vergabevermerk sehr wohl Beachtung geschenkt. So wurde beispielsweise bei sämtlichen Bietern der Verzicht auf die Nachforderung einer bestimmten, bei allen Angeboten fehlenden Erklärung, mit Verweis auf die jeweils vorhandene Konformitätserklärung begründet.
Vielmehr ergibt die Auslegung des Angebotes der Antragstellerin, dass der Inhalt der Konformitätserklärung, also die Einhaltung der Mindestanforderungen und mithin auch die Beachtung der Mindestwendezeiten nach Ziffer 3.4 der Leistungsbeschreibung, und die Darstellungen in den Umlaufplänen, wonach die Mindestwendezeiten in 11 Fällen nicht eingehalten werden, sich widersprechen. Dieser Widerspruch lässt sich durch eine Auslegung der Erklärung in entsprechender Anwendung der §§ 133, 157 BGB nicht sicher beseitigen. Entgegen der Annahme der Vergabestelle ist die Konformitätserklärung nicht vorrangig so zu lesen, dass sich die Antragstellerin an die Mindestanforderungen der Leistungsbeschreibung, hier insbesondere der Vorgaben nach Ziffer 3.4, zwar grundsätzlich halten, die Vorgabe zur Einhaltung von Mindestwendezeiten hiervon aber ausnehmen wollte. Zu einem solchen Auslegungsergebnis ließe sich nur dann zuverlässig kommen, wenn die Antragstellerin hinsichtlich der Mindestwendezeiten eine inhaltliche Abgrenzung gegenüber der Konformitätserklärung formuliert hätte, zum Beispiel durch Formulierungen wie „abweichend hiervon“ oder „im Gegensatz dazu“ (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 02.08.2017, Verg 17/17). Würde man stets konkrete gegenüber allgemeine Regelungen als vorrangig betrachten, so wäre eine Konformitätserklärung ebenfalls stets bedeutungslos. Dies wird allerdings der Interessenlage sowohl der Bieter als auch der Vergabestelle nicht gerecht. Die Bieter müssen, wollen sie den Zuschlag auf ihr Angebot erhalten, sämtliche Vorgaben der Vergabeunterlagen einhalten, andernfalls droht ihnen der Ausschluss. Insbesondere bei komplexen Ausschreibungen, deren Verfahren möglicherweise Monate oder Jahre dauern und die mitunter zahlreiche Änderungen der Vergabeunterlagen während des Vergabeverfahrens seitens der Vergabestelle – so auch hier – mit sich bringen, besteht ein nachvollziehbares und berechtigtes Interesse an der Verwendung einer Konformitätserklärung. Zudem enthielt hier das Angebot eine von der Antragstellerin selbst formulierte und bewusst abgegebene Konformitätserklärung. Damit liegt nicht lediglich eine sich in den Vergabeunterlagen befindende Bestätigung, die Anforderungen der Vergabeunterlagen zu erfüllen, vor, wie sie sich vorliegend in der Aufforderung zur Angebotsabgabe („Mit der Angebotsabgabe akzeptiert der Bieter alle in den Vergabeunterlagen formulierten Anforderungen.“) befindet. Auch führt diese Sichtweise nicht dazu, dass Angebote, die derartige Konformitätserklärungen enthalten, nie wegen einer Änderung der Vergabeunterlagen ausgeschlossen werden könnten (vgl. VK Bund, Beschluss vom 03.05.2017, VK 2-38; VK Sachsen, Beschluss vom 13.05.2016, 1-SVK-004-16). Kann auch eine Aufklärung die Widersprüchlichkeit des Angebotes nicht beseitigen, ist das Angebot wegen Änderung der Vergabeunterlagen – oder auch wegen fehlender geforderter oder nachgeforderter Erklärungen oder Nachweisen – zwingend auszuschließen. Maßgeblich ist das Ergebnis der Auslegung und Aufklärung. Stellt dieses Ergebnis eine Änderung der Vergabeunterlagen dar, so ist es zwingend auszuschließen, unabhängig davon, ob das Angebot eine Konformitätserklärung enthält oder nicht.
Die zeitweise erfolgten Ausführungen der Antragstellerin, wonach es sich bei der Vorgabe der einzuhaltenden Mindestwendezeiten nach Ziffer 3.4 der Leistungsbeschreibung nicht um eine Mindestanforderung handele, sind verfehlt. Insoweit ist eindeutig, dass die Mindestwendezeiten von acht Minuten für U.. Hbf und M.. zwingend einzuhalten sind. Zu weiteren Ausführungen sieht sich die Vergabekammer deshalb nicht veranlasst.
2.1.2 Folglich hätte die Vergabestelle ihr Ermessen, ob sie die Antragstellerin zu einer Aufklärung ihres Angebots auffordern möchte, ausüben müssen. Vorliegend reduzierte sich das Ermessen zu einer Aufklärungspflicht. Denn zum einen lag hier aufgrund der mit der 43. Bewerberinformation vorgenommenen Änderung der Vergabeunterlagen hinsichtlich der Mindestwendezeiten nahe, dass der Antragstellerin ein Fehler unterlaufen ist, indem sie versehentlich eine nicht aktualisierte Version der Umlaufpläne ihrem Angebot beigefügt hatte. Diese Konstellation ist vergleichbar mit dem oben genannten Eintragungsfehler. Zum anderen hatte die Vergabestelle von der Beigeladenen eine Aufklärung bezüglich widersprüchlicher Angaben in ihrem Angebot verlangt. Es handelte sich somit um vergleichbare Sachverhalte, die die Vergabestelle wegen des Gebotes strikter Gleichbehandlung identisch hätte behandeln müssen. Ein sachlicher Grund der eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen würde ist nicht ersichtlich.
Einer Zurückversetzung des Verfahrens, um der Vergabestelle die Gelegenheit zu geben, die Aufklärung nachzuholen, bedarf es nicht. Diese gebotene Aufklärung kann auch noch im Vergabenachprüfungsverfahren erfolgen (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 21.10.2015, VII-Verg 35/15). Hier hat die Antragstellerin bereits mit ihrem Schreiben vom 06.10.2017 die Aufklärung – ohne Aufforderung der Vergabestelle – selbst vorgenommen. Darin erklärt sie nachvollziehbar, dass sie aufgrund eines Büroversehens nicht den letzten Bearbeitungsstand der Umlaufpläne, der die Vorgaben für die Mindestwendezeiten einhalte und dem Angebot zugrunde gelegt worden sei, sondern eine frühere Version derselben, die noch nicht vollständig an die Ziffer 3.4 der durch die 43. Bewerberinformation geänderte Leistungsbeschreibung angepasst war, ihrem Angebot beigefügt habe. Die Umlaufplanung hätte die Antragstellerin bereits Anfang Juni 2017 und damit vor der Bieterinformation Nr.43 vom 26.06.2017 abgeschlossen gehabt. Die Änderung sei zwar in die finale Umlaufplanung eingearbeitet worden, jedoch sei versehentlich der veraltete Datensatz in die Angebotsunterlagen eingebracht worden. Eine Mitarbeiterin aus der Betriebsplanung habe einen bereits ausgedruckten, jedoch nicht mehr dem tatsächlichen, aktuellen Bearbeitungsstand entsprechende Umlaufpläne beigefügt. Diese Erklärung erscheint aus Sicht der Vergabekammer auch glaubhaft. Vor der Änderung der Ziffer 3.4 der Leistungsbeschreibung durch die 43. Bewerberinformation haben die Umlaufpläne mit den Vergabeunterlagen übereingestimmt. Zudem werden die Umlaufpläne nach Ziff. 3.7 der Leistungsbeschreibung ohnehin fortlaufend aktualisiert und die Regelung bezüglich der Mindestwendezeiten in Ziffer 3.4 der Leistungsbeschreibung ist außerdem gegenüber den Umlaufplänen gemäß § 1 Abs. 2 Verkehrsdurchführungsvertrag vorrangig. Die Annahme, die Antragstellerin habe bewusst und gewollt falsche Umlaufpläne abgegeben, ist deshalb abwegig, da sie daraus keinen Vorteil hätte ziehen können. Vielmehr ergibt die Aufklärung, dass die 11 Darstellungen in den Umlaufplänen, die der Regelung bezüglich der Mindestwendezeiten in Ziffer 3.4 der Leistungsbeschreibung widersprechen, hinwegzudenken oder zu streichen sind.
Aufgrund dieser nach Angebotsabgabe erfolgten Erläuterung und der bereits im Angebot vorhandenen Konformitätserklärung ergibt sich das eindeutige Ergebnis, dass die Antragstellerin beabsichtigte, die Mindestwendezeiten nach Ziffer 3.4 der Leistungsbeschreibung entgegen den 11 Darstellungen in den Umlaufplänen einzuhalten. Eine unzulässige nachträgliche Berichtigung ist hierin nicht zu sehen, es kommt zu keiner Abänderung des Angebots der Antragstellerin. Damit hat sie auch keine Änderung an den Vergabeunterlagen vorgenommen.
Die Vergaberechtsprechung lässt unter Verweis auf ein diskriminierungsfreies und transparentes Vergabeverfahren nämlich ausnahmsweise bloße Klarstellungen und Angebotskorrekturen und diese nur unter der Voraussetzung zu, dass dies aus dem Angebot selbst heraus unschwer möglich ist und zu einem unzweifelhaften Ergebnis führt (EuGH, Urteile vom 10. Oktober 2013, Rs. C-336/12, und vom 29. März 2012, Rs. C-599/10; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 9. Juni 2010, VII-Verg 5/10 VK Bund, 18.02.2016 – VK 1-2/16). Ist eine Bezeichnung oder Angabe zwar falsch, aber eindeutig, so kommt eine Korrektur, wenn sich die richtige Angabe nicht an anderer Stelle aus dem Angebot im Wege der Auslegung ableiten lässt, nicht in Betracht (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 02.08.2017, Verg 17/17; Beschluss vom 22.03.2017, VII-Verg 54/16; OLG Celle, Beschluss vom 11.05.2016, 54 Verg 3/16). Eine absolute Grenze solcher nachträglicher Berichtigungen ist jedoch dann erreicht, wenn „in Wirklichkeit ein neues Angebot eingereicht wird“ (EuGH, Urteil vom 10. Oktober 2013, Rs. C-336/12).
Im Gegensatz zu dem Fall, den das OLG Düsseldorf zu entscheiden hatte (Beschluss vom 02.08.2017, Verg 17/17) genügt hier das bloße Hinwegdenken oder Streichen der falschen Bietererklärung oder das Abstellen auf die Konformitätserklärung nicht, um die Ausschreibungskonformität des Angebots der Antragstellerin feststellen zu können. Denn vorliegend fehlen die entsprechenden Angaben in den Umlaufplänen. Diese fehlenden Angaben können hier nicht mit der Konformitätserklärung „gefüllt“ werden. Die Aufklärungsmaßnahme darf nicht dazu dienen, dem Bieter eine inhaltliche Änderung oder Ergänzung seines Angebots zu ermöglichen. Als oberster Grundsatz für Aufklärungsmaßnahmen gilt, dass solche Maßnahmen nur zur Abklärung bestehender Zweifelsfragen, niemals aber zur Abänderung des Angebots führen dürfen, weil sonst der Gleichbehandlungsgrundsatz nicht gewahrt werden würde (OLG München, Beschluss vom 17.09.2015, Verg 3 / 15; OLG München, Beschluss vom 02.09.2010, Verg 17/10).
2.1.3 Vielmehr sind die Umlaufpläne als fehlend zu klassifizieren, da sie in 11 Fällen unvollständig sind. Da materiell unvollständige – und um solche handelt es sich hier – Erklärungen nicht nachgefordert werden können, ist das Angebot im Ergebnis trotzdem auszuschließen. Der Ausschluss richtet sich nach § 16 Abs. 3 lit.a VOL/A, da das Angebot nicht die geforderten Erklärungen enthält.
Erklärungen und Nachweise sind nämlich nicht nur dann „nicht enthalten“, wenn diese vollständig fehlen, sondern auch dann, wenn sie entweder gar nicht vorgelegt wurden oder unvollständig sind oder sonst nicht den wirksamen und eindeutigen Anforderungen des öffentlichen Auftraggebers entsprechen (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 17.03.2011, Verg 56/10; Dittmann, in: Kulartz/Marx/Portz/Prieß, § 16 VOB/A, Rdnr. 155). Erklärungen und Nachweise sind auch dann „nicht enthalten“, wenn sie zwar physisch vorhanden sind, aber aus formellen Gründen nicht ordnungsgemäß sind, wenn sie zum Beispiel nicht ordnungsgemäß unterschrieben oder signiert sind (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 09.05.2011, Verg 42/11; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 17.03.2011, Verg 56/10). Eine Nachforderung ist aber nur möglich, wenn die Erklärung oder der Nachweis fehlt oder formal unvollständig ist. Ist die Erklärung oder der Nachweis dagegen materiell unvollständig oder fehlerhaft, ist eine Nachforderung nicht möglich (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 17.06.2015, Verg 14/15). Denn der öffentliche Auftraggeber ist nicht aufgefordert, im Rahmen der Prüfung, ob die Angebote formal vollständig sind, eine materiell-rechtliche Prüfung der mit dem Angebot vorgelegten Unterlagen vorzunehmen. § 16 Abs. 2 VOL/A soll lediglich vermeiden, dass Bieter wegen vermeidbarer und geringfügiger formaler Fehler und Versäumnisse aus dem Wettbewerb ausgeschlossen werden (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 17.03.2011, Verg 56/10). Das Nachfordern von materiell unvollständigen Erklärungen oder Nachweisen würde aber zu einer Änderung des Angebots führen.
Die 11 fehlenden Darstellungen in den Umlaufplänen sind nicht als formal, sondern als materiell unvollständig zu qualifizieren. Es liegt kein bloßer Formfehler vor. Zwar liegt der Gedanke nahe, dass diese 11 fehlenden Darstellungen nachgefordert und die Lücke in diesen 11 Fällen damit ebenso geschlossen werden könnte wie bei einer kompletten Nachforderung der gesamten Umlaufpläne (wenn diese überhaupt nicht mit dem Angebot vorgelegen worden wären). Die mit Schreiben vom 06.10.2017 vorgelegten „richtigen“ Umlaufpläne zeigen jedoch, dass dies hier nicht der Fall ist. Denn diese Umlaufpläne enthalten nicht nur eine Ergänzung um die Darstellungen zu den 11 fehlenden Zeiten, sondern auch entsprechende Anpassungen bei anderen Zeiten und mithin Änderungen der Zugbildung gegenüber den mit dem Angebot vorgelegten Umlaufplänen. Würde man hier die Nachforderung für zulässig erklären, würde dies zu einer Änderung des Angebotes der Antragstellerin führen.
Auf die Wettbewerbs- und Wertungsrelevanz der Umlaufpläne oder die Geringfügigkeit der unvollständigen Unterlagen kommt es dabei nicht an (Soudry, in: Müller-Wrede, § 57 VgV, Rdnr.56). Denn vor dem Hintergrund des rein formalen Verständnisses des § 16 Abs. 3 lit.a VOL/A ist die Bedeutung der fehlenden Erklärung unbeachtlich. Insofern bedarf auch die Frage, ob die Umlaufpläne die Regelungen des Verkehrsdurchführungsvertrages oder der Leistungsbeschreibung überhaupt abändern konnten, zumal die Umlaufpläne ohnehin fortlaufend zu aktualisieren waren, keiner Klärung.
2.2 Der Antrag der Antragstellerin, die Akteneinsicht auf solche Vorgänge zu erweitern, die Aufschluss über die Wertung der Angebote der weiteren am Vergabeverfahren beteiligten Bieter geben, ist zu versagen. Auch eine erweiterte Einsicht in die Akten der Vergabestelle würde dem Nachprüfungsantrag nicht zum Erfolg verhelfen. Die Vergabestelle wird bei fortbestehender Beschaffungsabsicht noch einmal in die Prüfung und Wertung der verbleibenden Angebote einsteigen müssen. Dies macht es erforderlich, dass sie erneut die Information nach § 101a GWB an alle Bieter – auch die Antragstellerin – versenden werden muss. Dies gilt unabhängig davon, ob die erneute Wertung zu einem abweichenden Ergebnis führt oder nicht (vgl. Gnittke/Hattig, in: Müller-Wrede, GWB, Vergaberecht, Kommentar, § 134 GWB, Rdnr.34; Maimann, in: Kulartz/Kus/Portz/Prieß, Kommentar zum GWB-Vergaberecht, § 134 GWB, Rdnr.37). Damit ist dieser Antrag auch nicht zur Wahrung eines effektiven Rechtsschutzes erforderlich.
2.3 Die Vergabekammer Südbayern weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass nicht ausgeschlossen werden kann, dass das Angebot der Beigeladenen ausweislich des Vergabevermerks ebenfalls ausgeschlossen werden muss. Vieles deutet darauf hin. Die bloße Erklärung der Beigeladenen ihr sei ein „redaktioneller Fehler“ in Bezug auf die dem Angebot der Beigeladenen beigefügten Anlage 3.6 unterlaufen, dürfte kaum genügen, die Widersprüchlichkeit nachvollziehbar auszuräumen (vgl. insoweit: OLG Düsseldorf, Beschluss vom 02.08.2017, Verg 17/17; Beschluss vom 21.10.2015, VII Verg 35/15). Dies wird die Vergabestelle weiter aufzuklären haben. Die Vergabekammer hat weiter erhebliche Bedenken, ob die Vergabestelle eine „entsprechende Bestätigung der … AG“ zu den Fahrzeugüberständen/Bahnsteigüberständen nachfordern durfte, da die Beigeladene bereits mit dem Angebot eine – wohl wegen unzutreffender Zuglängen inhaltlich unzureichende – Bestätigung vorgelegt hatte.
Weiter kann nicht ausgeschlossen werden, dass auch das Angebot eines weiteren Bieters ausgeschlossen werden muss. Dieser Bieter hat ausweislich des Vergabevermerks unter „16.3 Vorlage eines Notfall- und Störungsmanagementkonzepts“ die Anlauffrist zur Erstinformation mit unter fünf Minuten angegeben. Die entsprechende Mindestanforderung beträgt allerdings maximal drei Minuten.
Die Vergabekammer muss dies gem. § 110 Abs. 1 S.2 und 3 GWB aber weder abschließend untersuchen, noch entscheiden. Die Antragstellerin hat nämlich selbst dann, wenn das Angebot der Beigeladenen und das Angebot des weiteren Bieters nach einer erneuten eigenverantwortlichen Prüfung der Antragsgegner (die aus Gründen der Gleichbehandlung mit der Antragstellerin erforderlich ist) auszuschließen wäre, keine Aussicht auf eine zweite Chance zur Angebotsabgabe, da noch ein weiteres Angebot vorliegt.
Soweit ersichtlich, wurden bis auf das Angebot der Beigeladenen und der Antragstellerin die Angebote der restlichen Bieter von den Antragsgegnern aber nicht detailliert geprüft, weil ihre Angebote bisher nicht in die engere Wahl kamen. Die Vergabestelle wird in dem o.g. möglichen Fall des Ausschlusses des Angebotes der Beigeladenen, die Angebote dieser weiteren Bieter prüfen, insbesondere vergleichbar mit den Angeboten der Antragstellerin und der Beigeladenen aufklären und werten müssen.
3. Kosten des Verfahrens
Die Kosten des Verfahrens vor der Vergabekammer hat gemäß § 128 Abs. 3 Satz 1 GWB derjenige zu tragen, der im Verfahren vor der Vergabekammer unterlegen ist. Dies ist hier die Antragstellerin.
Die Gebührenfestsetzung beruht auf § 128 Abs. 2 GWB. Diese Vorschrift bestimmt einen Gebührenrahmen zwischen 2.500 Euro und 25.000 Euro, der aus Gründen der Billigkeit auf ein Zehntel der Gebühr ermäßigt und im Einzelfall auf 50.000 Euro erhöht werden kann. Im Einzelfall kann, wenn der Aufwand oder die wirtschaftliche Bedeutung außergewöhnlich hoch sind, bis zu einem Betrag vom 100.000 Euro erhöht werden.
Die Höhe der Gebühr richtet sich nach dem personellen und sachlichen Aufwand der Vergabekammer unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Bedeutung des Gegenstands des Nachprüfungsverfahrens.
Von der Antragstellerin wurde bei Einleitung des Verfahrens ein Kostenvorschuss in Höhe von 2.500 Euro erhoben. Dieser Kostenvorschuss wird nach Bestandskraft verrechnet.
Die Zuziehung eines Bevollmächtigten der Antragsgegnerin zu 1 wird als notwendig angesehen.
Die Entscheidung über die Notwendigkeit der Zuziehung eines Rechtsanwalts durch die Antragsgegnerin zu 1 beruht auf § 128 Abs. 4 Satz 3 GWB i.V. m. Art. 80 Abs. 3 Satz 2 und Abs. 2 Satz 3 BayVwVfG.
Die anwaltliche Vertretung war erforderlich, da eine umfassende Rechtskenntnis und damit eine zweckentsprechende Rechtsverfolgung im Rahmen des Nachprüfungsverfahrens nach dem GWB von ihr nicht erwartet werden kann. Zur Durchsetzung ihrer Rechte war die Antragsgegnerin zu 1 hier aufgrund der komplexen Rechtsmaterie auf anwaltliche Vertretung angewiesen.