Aktenzeichen XI ZR 354/19
Art 1 Abs 2 EWGRL 13/93
§ 355 Abs 2 S 3 BGB vom 02.12.2004
§ 543 Abs 2 S 1 Nr 1 ZPO
Verfahrensgang
vorgehend OLG Dresden, 25. Juni 2019, Az: 5 U 301/19vorgehend LG Dresden, 21. Dezember 2018, Az: 9 O 1582/17
Tenor
Die Nichtzulassungsbeschwerde der Kläger gegen den Beschluss des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 25. Juni 2019 wird zurückgewiesen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts sowie die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordern (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO).
Das gilt auch, soweit die Nichtzulassungsbeschwerde Grundsatzbedeutung unter dem Gesichtspunkt geltend macht, der Gerichtshof der Europäischen Union sei zu den Auswirkungen einer an anderer Stelle in den Vertrag eingefügten Klausel über die Voraussetzungen für das Zustandekommen eines Darlehensvertrags auf die Widerrufsbelehrung zu befragen. Es ist Sache des nationalen Gerichts, die allgemein geltenden Kriterien nach Maßgabe des nationalen Rechts auf eine bestimmte Klausel anzuwenden (vgl. nur EuGH, Urteile vom 15. März 2012 [“Pereničová und Perenič”] – C-453/10, WM 2012, 2046 Rn. 44 und 47, vom 16. Januar 2014 [“Constructora Principado”] – C-226/12, juris Rn. 20 und vom 3. Oktober 2019 [“Kiss und CIB Bank”] – C-621/17, juris Rn. 53). Dass ein an anderer Stelle enthaltener Zusatz die Wirksamkeit der für sich deutlichen Widerrufsbelehrung nicht berührt, entspricht ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung (Senatsurteile vom 10. Oktober 2017 – XI ZR 443/16, WM 2017, 2248 Rn. 25 und vom 26. November 2019 – XI ZR 307/18, WM 2020, 87 Rn. 22 mwN).
Das gilt unbeschadet des Umstands, dass im Anwendungsbereich der Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen (ABl. Nr. L 95 vom 21. April 1993, S. 29) bei der Beurteilung einer Klausel der kumulativen Wirkung in Zusammenschau mit weiteren Klauseln Rechnung zu tragen ist (EuGH, Urteile vom 3. Oktober 2019 [“Kiss und CIB Bank”] – C-621/17, juris Rn. 52 f. und vom 11. März 2020 [“Lintner”] – C-511/17, WM 2020, 684 Rn. 46 f.).
Nach dem 13. Erwägungsgrund der Richtlinie 93/13/EWG wird bei Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten, in denen direkt oder indirekt die Klauseln für Verbraucherverträge festgelegt werden, davon ausgegangen, dass sie keine missbräuchlichen Klauseln enthalten. Entsprechend unterliegen Vertragsklauseln, die auf bindenden Rechtsvorschriften beruhen, nach deren Art. 1 Abs. 2 nicht den Bestimmungen der Richtlinie 93/13/EWG, wobei nach dem 13. Erwägungsgrund der Begriff “bindende Rechtsvorschriften” in Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 93/13/EWG auch Regeln umfasst, die nach dem Gesetz zwischen den Vertragsparteien gelten, wenn nichts anderes vereinbart wurde. Der Gerichtshof hat die Kriterien für die Auslegung von Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 93/13/EWG herausgearbeitet; hieraus konkrete Konsequenzen zu ziehen, ist Sache des nationalen Gerichts (EuGH, Urteile vom 3. April 2019 [“Aqua Med”] – C-266/18, juris Rn. 32 und vom 26. März 2020 [“Mikrokasa und Revenue Niestandaryzowany Sekurytyzacyjny Fundusz Inwestycyjny Zamknięty w Warszawie”] – C-779/18, NJW 2020, 1349 Rn. 55). Eine Widerrufsbelehrung, die aus der bindenden Vorgabe des § 355 Abs. 2 Satz 3 BGB in der bis zum 10. Juni 2010 geltenden Fassung den gesetzlichen Begriff “Vertragsurkunde” übernimmt, ist keine “missbräuchliche Klausel” im Sinne der Richtlinie 93/13/EWG.
Klärungsbedürftige Fragen des Unionsrechts stellen sich nicht (vgl. Senatsbeschlüsse vom 12. November 2019 – XI ZR 74/19, juris und – XI ZR 88/19, juris sowie vom 4. Februar 2020 – XI ZR 175/19, juris).
Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 6 Satz 2 Halbsatz 2 ZPO abgesehen.
Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens (§ 97 Abs. 1 ZPO).
Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens beträgt bis 30.000 €.
Ellenberger
Joeres
Grüneberg
Matthias
Menges