Aktenzeichen 14 ZB 16.1645
Leitsatz
1. Die Reichweite des Arbeitnehmerfreizügigkeitsrechts ist in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs grundsätzlich geklärt. (amtlicher Leitsatz)
2. Die Anrechnung einer Versorgung aus einer Verwendung bei der Europäischen Union auf die deutsche Beamten- bzw. Richterversorgung stellt im Grundsatz keine Beeinträchtigung des Arbeitnehmerfreizügigkeitsrechts dar. (amtlicher Leitsatz)
Verfahrensgang
Au 2 K 15.883 2016-06-30 Urt VGAUGSBURG VG Augsburg
Tenor
I.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II.
Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III.
Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 76.073,78 Euro festgesetzt.
Gründe
Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Die ausdrücklich bzw. sinngemäß geltend gemachten Zulassungsgründe nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 VwGO sind nicht in einer den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügenden Art und Weise dargelegt bzw. liegen jedenfalls nicht vor.
Das Verwaltungsgericht hat die Anfechtungsklage des zwischenzeitlich verstorbenen Klägers, die von seiner Ehefrau als Erbin fortgeführt wird, gegen den Bescheid vom 30. Dezember 2014 (i. d. F. des Widerspruchsbescheids vom 20.5.2015) als unbegründet abgewiesen. Mit diesem Bescheid hat die Beklagte die Versorgungsbezüge des Klägers, eines Bundesrichters, der von Januar 1995 bis Juli 2001 zur Wahrnehmung der Tätigkeit als Referent am Europäischen Gerichtshof (EuGH) beurlaubt worden war und am Ende dieser Tätigkeit als Versorgungsleistung einen Kapitalbetrag erhalten hatte, unter Anrechnung dieses Kapitalbetrags gemäß § 56 BeamtVG neu geregelt. Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht u. a. ausgeführt, die frühere Tätigkeit des Klägers beim Europäischen Gerichtshof stelle eine Verwendung im öffentlichen Dienst einer überstaatlichen Einrichtung dar und Versorgungsleistungen hieraus, wie der ihm ausbezahlte Kapitalbetrag, seien gemäß § 56 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 BeamtVG in der in der Vorschrift bestimmten Weise auf die nationale Versorgung anzurechnen. Dem Kläger könne nicht darin gefolgt werden, der Anwendung des § 56 BeamtVG stehe vorliegend Unionsrecht, insbesondere das Freizügigkeitsrecht gemäß Art. 45 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV), entgegen. Die Anrechnung des von der Europäischen Union erhaltenen Kapitalbetrags führe nicht zu einer das Freizügigkeitsrecht einschränkenden Benachteiligung des Klägers gegenüber einem Beamten, der sein gesamtes Arbeitsleben in der Bundesrepublik Deutschland verbleibe. Eine Schlechterstellung bei der Versorgung sei ausgeschlossen, da nach § 56 Abs. 6 Satz 1 BeamtVG der Ruhensbetrag die von der Europäischen Union gewährte Versorgung nicht übersteigen dürfe. Im Übrigen gelte dies auch im Hinblick darauf, dass die Beklagte die Dienstjahre während der Zeit der Tätigkeit am Europäischen Gerichtshof als ruhegehaltfähige Dienstzeiten des Klägers anerkannt habe.
Die hiergegen gerichteten Darlegungen der Klagepartei führen nicht zur begehrten Zulassung der Berufung.
1. Der von der Klagepartei ausdrücklich geltend gemachte Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO (grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache) liegt nicht vor.
Der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung erfordert, dass die im Zulassungsantrag dargelegte Rechts- oder Tatsachenfrage für die Entscheidung der Vorinstanz von Bedeutung war, auch für die Entscheidung im Berufungsverfahren erheblich ist, bisher höchstrichterlich oder – bei tatsächlichen Fragen oder nicht reversiblen Rechtsfragen – durch die Rechtsprechung des Berufungsgerichts nicht geklärt und über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus bedeutsam ist (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124 Rn. 36). Die dargelegte Frage muss ferner im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortentwicklung des Rechts berufungsgerichtlicher Klärung zugänglich sein (Klärungsfähigkeit, vgl. Happ, a. a. O., Rn. 37) und dieser Klärung auch bedürfen (Klärungsbedürftigkeit, vgl. Happ, a. a. O., Rn. 38).
a) Die Klagepartei meint, die Rechtssache werfe Fragen der Auslegung des Unionsrechts auf, derentwegen sich für ein letztinstanzliches Gericht voraussichtlich die Notwendigkeit ergeben würde, eine Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofs gemäß Art. 267 AEUV einzuholen. Die Frage, ob Art. 45 AEUV hier anwendbar sei und aufgrund des Vorrangs des Unionsrechts die nationale Vorschrift des § 56 BeamtVG verdränge, sei entscheidungserheblich und höchstrichterlich, insbesondere durch den Europäischen Gerichtshof, noch nicht geklärt. Die Arbeitnehmerfreizügigkeit verbiete nicht nur jede unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit, sondern auch nationale Regelungen, die, auch wenn sie unabhängig von der Staatsangehörigkeit der Arbeitnehmer anwendbar seien, deren Freizügigkeit unterbinden, behindern oder weniger attraktiv machen würden. Die Regelung des § 56 BeamtVG sei jedenfalls geeignet, einen Arbeitnehmer davon abzuhalten, von seinem Freizügigkeitsrecht Gebrauch zu machen und bei der Institution der Europäischen Union zu arbeiten. Denn dadurch werde der finanzielle Vorteil, den sich der Betreffende durch den Wechsel seiner Arbeitsstelle erhoffe, weitgehend wieder egalisiert. Derartige Beeinträchtigungen der Arbeitnehmerfreizügigkeit seien nur zulässig, wenn mit ihnen ein berechtigter, mit dem Vertrag vereinbarer Zweck verfolgt werde und sie aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt seien. Es sei offen und fraglich, ob es sich bei „Sinn und Zweck“ des § 56 BeamtVG, ein Beamter dürfe für ein Arbeitsleben nur eine Versorgung erhalten, um einen legitimen Zweck im Sinne des höherrangigen europäischen Rechts handele. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass § 56 BeamtVG mit der Personal- und Gehaltspolitik der Union kollidiere, wonach das Gesamtniveau der Dienstbezüge und Ruhegehälter der Beamten und sonstigen Bediensteten der Union so bemessen sein solle, dass der öffentliche Dienst der Union die besten Bewerber aus den Mitgliedstaaten anziehen und halten könne (vgl. VO des Rates Nr. 723/2004 Erwägungsgrund 34). Das Argument des Bundesverwaltungsgerichts, die von der NATO bezahlten höheren Gehälter beinhalteten aufgrund ihrer Höhe einen Eigenanteil für die Altersversorgung, könne nicht auf den Bereich der Union übertragen werden. Dies gelte angesichts des Art. 311 AEUV auch für das weitere Argument des Bundesverwaltungsgerichts, wonach der dem verstorbenen Kläger gewährte Kapitalbetrag mittelbar aus dem Haushalt der Beklagten bezahlt sei.
b) Diese Darlegungen führen nicht zur Zulassung der Berufung. Zwar ist eine Rechtssache im Hinblick auf unionsrechtliche Fragen dann von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn von § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, wenn dargelegt wird, dass die aufgeworfene Frage die Auslegung von Unionsrecht betrifft und sich für das letztinstanzliche Gericht deswegen voraussichtlich die Notwendigkeit ergeben würde, eine Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofs einzuholen (st. Rspr., vgl. z. B. BVerfG, B. v. 25.8.2008 – 2 BvR 2213/06 – BVerfGK 14, 148 m. w. N.). Der Grund liegt darin, dass das Unterlassen einer gebotenen Vorlage an den Europäischen Gerichtshof durch ein nationales Gericht die Gewährleistung des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) verletzt (vgl. BVerfG a. a. O.).
An der Voraussetzung, dass im weiteren Rechtsmittelverfahren voraussichtlich eine Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofs einzuholen ist, fehlt es jedoch, wenn hinreichende Gründe vorliegen, die die Einholung einer Vorabentscheidung entbehrlich erscheinen lassen, wenn also die betreffende unionsrechtliche Frage bereits Gegenstand einer Auslegung durch den Europäischen Gerichtshof war oder wenn die richtige Auslegung des Unionsrechts derart offenkundig ist, dass für einen vernünftigen Zweifel kein Raum bleibt (vgl. BayVGH, B. v. 25.4.2016 – 3 ZB 14.49 – juris Rn. 20 m. w. N.). Dies ist hier der Fall.
aa) Nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs bestimmt in Ermangelung einer Harmonisierung auf Unionsebene das Recht jedes Mitgliedstaats, unter welchen Voraussetzungen Leistungen der sozialen Sicherheit, etwa im Alter, gewährt werden; die Mitgliedstaaten müssen bei der Ausübung dieser Zuständigkeit allerdings das Unionsrecht beachten (vgl. z. B. EuGH, U. v. 7.3.2013 – van den Booren, C-127/11 – juris Rn. 42 m. w. N.). Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs sollen sämtliche Vertragsbestimmungen über die Freizügigkeit, also auch Art. 45 AEUV, den Bürgern der Europäischen Union die Ausübung beruflicher Tätigkeiten aller Art im Gebiet der Union erleichtern und stehen Maßnahmen entgegen, die die Unionsbürger benachteiligen könnten, wenn sie im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats als ihrem Herkunftsmitgliedstaat eine wirtschaftliche Tätigkeit ausüben wollen (st. Rspr., vgl. z. B. EuGH, U. v. 13.7.2016 – Pöpperl, C-187/15 – juris Rn. 23 m. w. N.). Folglich steht das Unionsrecht jeder nationalen Maßnahme entgegen, die, auch wenn sie ohne Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit anwendbar ist, geeignet ist, die Ausübung der durch den Vertrag garantierten Grundfreiheiten durch die Gemeinschaftsangehörigen zu behindern oder weniger attraktiv zu machen (st. Rspr., vgl. z. B. EuGH, U. v. 7.3.2013 a. a. O. Rn. 44 m. w. N.). Nationale Bestimmungen, die einen Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats daran hindern oder davon abhalten, sein Herkunftsland zu verlassen, um von seinem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch zu machen, stellen aber nur dann eine Beeinträchtigung dieser Freiheit dar, wenn sie den Zugang der Arbeitnehmer zum Arbeitsmarkt beeinflussen (EuGH, U. v. 27.1.2000 – Graf, C-190/98 – Slg. 2000, I-493 Rn. 23). Derartige Beeinträchtigungen können nur dann zugelassen werden, wenn mit ihnen ein im Allgemeininteresse liegendes Ziel verfolgt wird, wenn sie geeignet sind, dessen Erreichung zu gewährleisten, und wenn sie nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung des verfolgten Ziels erforderlich ist (EuGH, U. v. 13.7.2016 – Pöpperl, C-187/15 – juris Rn. 29 m. w. N.).
Für den Fall, dass die Anwendung einer nationalen Regelung im Bereich von Leistungen der sozialen Sicherheit, etwa im Alter, weniger vorteilhaft ist, ist sie nur mit Unionsrecht vereinbar, soweit u. a. diese nationale Regelung den betreffenden Erwerbstätigen im Vergleich zu Personen, die ihre gesamten Tätigkeiten in dem Mitgliedstaat ausüben, in dem diese Regelung gilt, nicht benachteiligt und nicht dazu führt, dass Beitragsleistungen erbracht werden, denen kein Anspruch auf Gegenleistungen gegenübersteht (vgl. z. B. EuGH, U. v. 13.7.2016 a. a. O. Rn. 24). Letztlich ist es Sache des nationalen Gerichts, die Unionsrechtskonformität einer fraglichen nationalen Regelung zu beurteilen, indem es prüft, ob die jeweilige nationale Regelung, die zwar unterschiedslos für die eigenen Staatsangehörigen und für die Staatsangehörigen der anderen Mitgliedstaaten gilt, in Wirklichkeit beim betreffenden Erwerbstätigen nicht zu einer ungünstigeren Situation führt als bei einer Person, die sich in einer Situation ohne grenzüberschreitenden Bezug befindet, und ob die betreffende nationale Regelung, sofern ein Nachteil festgestellt werden sollte, durch objektive Erwägungen gerechtfertigt ist und in einem angemessenen Verhältnis zu dem mit dem nationalen Recht legitimerweise verfolgten Zweck steht (EuGH, U. v. 7.3.2013 – van den Booren, C-127/11 – juris Rn. 46).
bb) Dies zugrunde gelegt ergibt sich, dass die vorliegend in Mitten stehende unionsrechtliche Frage der Reichweite des Art. 45 AEUV in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs bereits soweit geklärt ist, dass die Frage der Unionsrechtskonformität des § 56 BeamtVG ohne weiteres anhand dieser Rechtsprechung vom nationalen Gericht beurteilt werden kann (im Ergebnis ebenso BVerwG, U. v. 28.4.2011 – 2 C 39.09 – BVerwGE 139, 357 Rn. 25). Dies gilt auch für die damit in unmittelbarem Zusammenhang stehende Frage, inwieweit durch diese Vorschrift die Personal- und Gehaltspolitik der Union beeinträchtigt wird. Entsprechend liegt die von der Klagepartei geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung im Hinblick auf unionsrechtliche Fragen nicht vor.
2. Soweit die Klagepartei im Rahmen ihrer Darlegungen zum vorgenannten Zulassungsgrund das Ergebnis der Beurteilung der Unionsrechtskonformität des § 56 BeamtVG durch das Verwaltungsgericht bzw. einzelne weitere Ausführungen zu § 56 BeamtVG beanstandet, macht sie sinngemäß ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) geltend. Auch die diesbezüglichen Darlegungen führen nicht zur Zulassung der Berufung.
Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils sind anzunehmen, wenn in der Antragsbegründung ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt werden (vgl. etwa BVerfG, B. v. 10.9.2009 – 1 BvR 814/09 – NJW 2009, 3642) und die Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente auf das Ergebnis durchschlagen (BVerwG, B. v. 10.3.2004 – 7 AV 4.03 – DVBl 2004, 838/839). Schlüssige Gegenargumente in diesem Sinn liegen dann vor, wenn der Rechtsmittelführer substantiiert rechtliche oder tatsächliche Umstände aufzeigt, aus denen sich die gesicherte Möglichkeit ergibt, dass die erstinstanzliche Entscheidung im Ergebnis unrichtig ist (vgl. BVerfG, B. v. 20.12.2010 – 1 BvR 2011/10 – NVwZ 2011, 546/548).
Dies ist bezüglich der Darlegungen der Klagepartei nicht der Fall. Dabei hat der Senat von der Richtigkeit der Ausführungen des Verwaltungsgerichts auszugehen, soweit die Klagepartei diese – etwa hinsichtlich der einzelnen Modalitäten der Anrechnung – nicht infrage stellt (§ 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO).
a) Entgegen der Annahme der Klagepartei ist nicht ersichtlich, dass das Verwaltungsgericht die Arbeitnehmerfreizügigkeit ausschließlich als Diskriminierungsverbot begreift. Dessen Ausführungen, die Anrechnung des von der Union erhaltenen Kapitalbetrags auf sein deutsches Ruhegehalt führe nicht zu einer das Freizügigkeitsrecht einschränkenden Benachteiligung des (verstorbenen) Klägers gegenüber einem Beamten, der sein gesamtes Arbeitsleben in der Bundesrepublik Deutschland verbleibe (UA S. 22), deutet vielmehr darauf hin, dass das Verwaltungsgericht hier – ebenso wie der Europäische Gerichtshof im Rahmen der Prüfung einer mittelbaren Diskriminierung unabhängig von der Staatsangehörigkeit – in einem ersten Schritt geprüft hat, ob § 56 BeamtVG geeignet ist, eine Behinderung oder Beschränkung in der Ausübung der Arbeitnehmerfreizügigkeit tatsächlich zu bewirken. Es hat diese Frage verneint, so dass es der Prüfung der objektiven Rechtfertigung einer etwaigen Benachteiligung in einem zweiten Schritt nicht mehr bedurft hat.
Soweit die Klagepartei hiergegen einwendet, § 56 BeamtVG sei jedenfalls geeignet, einen Arbeitnehmer davon abzuhalten, von seinem Freizügigkeitsrecht Gebrauch zu machen und bei der Institution der Europäischen Union zu arbeiten, weil der finanzielle Vorteil, den sich der Betreffende durch den Wechsel seiner Arbeitsstelle erhoffe, weitgehend wieder egalisiert werde, ist ihr nicht zu folgen. Wie oben unter Nr. 1 b aa bereits ausgeführt, kann eine nationale Bestimmung nur dann eine Beeinträchtigung der Arbeitnehmerfreiheit darstellen, wenn sie den Zugang der Arbeitnehmer zum Arbeitsmarkt beeinflusst (EuGH, U. v. 27.1.2000 – Graf, C-190/98 – Slg. 2000, I-493 Rn. 23). Der Zugang zum Arbeitsmarkt eines anderen Mitgliedstaats bzw. der Europäischen Union wird aber durch eine Regelung wie § 56 BeamtVG nicht berührt; denn die Einkünfte bzw. die Versorgung hieraus bleiben von der Ruhensberechnung unberührt, nur die Versorgung aus dem deutschen Beamten- bzw. Richterverhältnis unterliegt dem Ruhen nach dieser Bestimmung (vgl. BVerwG, U. v. 28.4.2011 – 2 C 39.09 – BVerwGE 139, 357 Rn. 25 m. w. N.). Demnach könnte, da es bei der deutschen Versorgung nicht um Beitragsleistungen geht, eine das Freizügigkeitsrecht einschränkende Benachteiligung – im hier vorliegenden Bereich von Leistungen der sozialen Sicherheit – nur dann vorliegen, wenn § 56 BeamtVG den (verstorbenen) Kläger im Vergleich zu Personen, die ihre gesamte Tätigkeit in der Bundesrepublik Deutschland ausüben, benachteiligte (vgl. EuGH, U. v. 13.7.2016 – Pöpperl, C-187/15 – juris Rn. 24). Dies ist, wie das Verwaltungsgericht zu Recht ausgeführt hat, nicht der Fall.
Die Ruhensregelungen der §§ 54 ff. BeamtVG betreffen sämtliche Versorgungsbezüge und im Wesentlichen alle Altersgelder bzw. Renten, die zumindest mittelbar aus deutschen öffentlichen Kassen mitfinanziert werden, was hinsichtlich des Haushalts der Union der Fall ist (vgl. BVerwG, U. v. 22.2.1996 – 2 C 14.95 – ZBR 1996, 212). Der Hinweis der Klagepartei auf Art. 311 AEUV verfängt nicht, da die Eigenmittel der Union zu großen Teilen von den Mitgliedstaaten kommen, wobei die Bundesrepublik Deutschland den größten Anteil an diesen Mitteln zahlt (vgl. Inghelram in Lenz/Borchardt, EU-Verträge, Onlinekommentar, Stand 2013, Art. 311 AEUV Rn. 10). Diese Mittel werden auch für das Entgelt der dortigen Bediensteten eingesetzt; zudem haben die Mitgliedstaaten nach Art. 83 Abs. 1 Satz 2 des Statuts der Beamten der Europäischen Gemeinschaften die Zahlung von Versorgungsleistungen gemeinsam nach dem für die Finanzierung dieser Ausgaben festgelegten Aufbringungsschlüssel zu gewährleisten. Eine mittelbare Mitfinanzierung der Entgelte bzw. Versorgungsleistungen für EU-Beamte aus deutschen öffentlichen Kassen ist demnach nicht zweifelhaft. Sinn und Zweck der Ruhensvorschriften ist die Vermeidung einer Doppelalimentation unter dem Gesichtspunkt der Einheit der öffentlichen Kassen (vgl. BVerwG, U. v. 28.4.2011 – 2 C 39.09 – BVerwGE 139, 357 Rn. 17 f.); davon sind alle Beamten/Richter betroffen, auch wenn sie nur im Inland zusätzliche Versorgungsansprüche erworben haben. Wie das Verwaltungsgericht zu Recht ausgeführt hat, kann eine Schlechterstellung des (verstorbenen) Klägers bei der Versorgung nicht eintreten, da nach § 56 Abs. 6 Satz 1 BeamtVG der Ruhensbetrag die von der Union gewährte Versorgung nicht übersteigen darf und die Dienstjahre während seiner Tätigkeit am Europäischen Gerichtshof als ruhegehaltfähige Dienstzeiten bei der Berechnung des deutschen Ruhegehaltsatzes berücksichtigt wurden (vgl. § 6 Abs. 3 Nr. 4 BeamtVG). Demnach hat die Tätigkeit des (verstorbenen) Klägers beim Europäischen Gerichtshof auch seine deutsche Versorgung erhöht; insbesondere diesen Vorteil einer doppelten Versorgungsanwartschaft während ein und desselben Zeitraums aus vom Staat (mit-)finanzierten Kassen will § 56 BeamtVG abschöpfen, indem er, wie auch bei nur im Inland tätigen Beamten, die anderweitige Versorgung auf das deutsche Ruhegehalt anrechnet (vgl. BVerwG, U. v. 28.4.2011 a. a. O. Rn. 24). Mangels Vorliegens einer Benachteiligung kommt es auf das Vorliegen von Rechtfertigungsgründen für eine solche nicht an.
b) Auch mit den Einwänden, es sei zu berücksichtigen, dass § 56 BeamtVG mit der Personal- und Gehaltspolitik der Union kollidiere, und das Argument des Bundesverwaltungsgerichts, die von der NATO bezahlten höheren Gehälter beinhalteten aufgrund ihrer Höhe einen Eigenanteil für die Altersversorgung, könne nicht auf den Bereich der Union übertragen werden, kann die Klagepartei nicht durchdringen.
Die Beklagte hat in diesem Zusammenhang zu Recht auf das wesentlich höhere Grundgehalt von EU-Beamten – im konkreten Fall handelt es sich um einen Mehrbetrag von ca. 4.000 Euro monatlich – und deren Anspruch auf Gewährung von Familien- und Auslandszulagen sowie von Kostenerstattungen wegen Umzugs etc. (Art. 62 sowie Anhang VII des Statuts der Beamten der Europäischen Gemeinschaften) hingewiesen. Nachdem diese Vorteile dem EU-Beamten erhalten bleiben und auch die Versorgung hieraus von der Ruhensberechnung unberührt bleibt, weil nur die Versorgung aus dem deutschen Beamten- bzw. Richterverhältnis dem Ruhen nach § 56 BeamtVG unterliegt, ist nicht ersichtlich, inwieweit diese Vorschrift dem Erwägungsgrund 34 der Verordnung(EG) Nr. 723/2004, wonach das Gesamtniveau der Dienst- und Versorgungsbezüge der Beamten und sonstigen Bediensteten der Union so bemessen sein soll, dass der öffentliche Dienst der Union die besten Bewerber aus den Mitgliedstaaten anziehen und halten kann, zuwiderlaufen könnte.
Des Weiteren hat die Beklagte zu Recht auf Art. 83 Abs. 2 des Statuts der Beamten der Europäischen Gemeinschaften hingewiesen. Danach tragen die EU-Beamten zu einem Drittel zur Finanzierung ihrer Versorgung durch Einbehaltung eines bestimmten Prozentsatzes – derzeit 9,25% – des Grundgehalts bei. Daraus ergibt sich, dass die Europäische Union ebenso wie die NATO dem Beamten ein höheres Gehalt zahlt, als es der bloßen Alimentation entspricht, und ihn im Gegenzug verpflichtet, aus diesem Gehalt einen Teil für die Altersversorgung zu verwenden. Die aktiven Dienstbezüge, die dem (verstorbenen) Kläger während der Tätigkeit beim Europäischen Gerichtshof zugestanden haben, umfassten also bereits den von ihm abzuführenden Eigenanteil. Rechnerisch ist dies dasselbe, als wenn die Europäische Union ihm ein niedrigeres Gehalt gewährt und den überschießenden Betrag direkt an einen Pensionsfonds überwiesen hätte. In beiden Fällen wird die Altersversorgung letztlich voll aus Mitteln des Dienstherrn finanziert. Der „Eigenanteil“ ist lediglich ein zahlungstechnischer Umweg und für den (verstorbenen) Kläger ein Durchlaufposten (vgl. BVerwG, U. v. 27.3.2008 – 2 C 30.06 – BVerwGE 131, 29 Rn. 21 betreffend die Gehaltszahlungen der NATO). Gemäß Art. 12 Abs. 2 des Anhangs VIII des Statuts der Beamten der Europäischen Gemeinschaften sind dem (verstorbenen) Kläger diese Beträge im Rahmen des Abgangsgelds, dessen Betrag dem versicherungsmathematischen Gegenwert seiner Ruhegehaltsansprüche entspricht, die er aufgrund seiner Tätigkeit beim Europäischen Gerichtshof erworben hat, zurückerstattet worden. Wie bereits ausgeführt werden diese Beträge nicht angetastet.
3. Wie den vorstehenden Ausführungen zu entnehmen ist, liegt auch der von der Klagepartei ausdrücklich geltend gemachte, aber nicht näher begründete Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO (besondere rechtliche oder tatsächliche Schwierigkeiten der Rechtssache) nicht vor.
Kosten: § 154 Abs. 2 VwGO.
Streitwert: §§ 47, 52 Abs. 1 GKG (mangels anderer Anhaltspunkte wie Vorinstanz).