Europarecht

Dublin III-Verfahren, Abschiebungsanordnung nach Rumänien, Eilrechtsschutz gegen Abschiebungsanordnung (abgelehnt), Prozesskostenhilfe (abgelehnt)

Aktenzeichen  M 30 S 21.50058

Datum:
28.1.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 6794
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 80 Abs. 5
VwGO § 166
ZPO § 114 ff.
AsylG § 29 Abs. 1 Nr. 1
AsylG § 34a
Dublin III-VO

 

Leitsatz

Tenor

I. Die Anträge auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Verfahren M 30 K 21.50057 sowie das Verfahren im vorläufigen Rechtsschutz M 30 S 21.50058 werden abgelehnt.
II. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage wird abgelehnt.
III. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gründe

I.
Der Antragsteller begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen eine Abschiebungsanordnung nach Rumänien im Rahmen eines asylrechtlichen Dublin-Verfahrens sowie Prozesskostenhilfe für dieses Verfahren und ein Klageverfahren gegen den entsprechenden Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt).
Die Antragsteller, seinen Angaben zufolge syrischer Staatsangehöriger und geboren am … … 1990, reiste am 21. Dezember 2020 in die Bundesrepublik Deutschland ein und äußerte ein Asylgesuch, von dem das Bundesamt am 4. Januar 2021 schriftlich Kenntnis erlangte. Am 4. Januar 2021 stellte der Antragsteller einen förmlichen Asylantrag.
Aufgrund eines Eurodac-Treffers … vom 5. Dezember 2020 in … ersuchte das Bundesamt am 23. Dezember 2020 Rumänien um Wiederaufnahme des Antragstellers gemäß Art. 18 Abs. 1 Buchst. b) Dublin III-VO, dem Rumänien mit Schreiben vom 6. Januar 2021 zustimmte. Der Antragsteller habe am 7. Dezember 2020 in Rumänien einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt, über den noch nicht entschieden sei.
Der Bevollmächtigte des Antragstellers gab gegenüber dem Bundesamt mit Schreiben vom 28. Dezember 2020 an, der Antragsteller sei in Rumänien gezwungen worden, seine Fingerabdrücke abzugeben, einen Asylantrag habe er jedoch nicht gestellt. Derzeit herrschten schwere systemische Mängel im rumänischen Asylverfahren und werde der Antragsteller auch bei Anerkennung als Schutzberechtigten einer Verelendung und existentiellen Not ausgesetzt. Der Antragsteller selber erklärte bei seiner Befragung am 11. Januar 2021, an der Grenze von Rumänien angehalten und zur Polizeistation gebracht worden zu sein. Dort sei er drei Tage geblieben, anschließend sieben Tage in Quarantäne, bis sie wieder herausgedurft hätten. Eine Anhörung hätten sie nicht gehabt und sich insgesamt zehn Tage in Rumänien aufgehalten. In Deutschland habe er einen Onkel und ca. fünfundzwanzig Verwandte. Hier gebe es Sicherheit. In Rumänien seien sie schlecht behandelt worden und hätten im Müll schlafen müssen. Gegen Zwang habe er seine Fingerabdrücke abgeben müssen, sie hätten jedoch keinen Asylantrag stellen wollen.
Daraufhin lehnte das Bundesamt mit Bescheid vom 18. März 2019 – Gesch.Z.: 8312415-475 – den Asylantrag des Antragstellers als unzulässig ab (Nr. 1), verneinte das Vorliegen von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und 7 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) (Nr. 2) und ordnete die Abschiebung nach Rumänien an (Nr. 3). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot wurde auf neun Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Asylantrag gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 1 Asylgesetz (AsylG) unzulässig sei, da Rumänien aufgrund des dort gestellten Asylantrags gemäß Art. 18 Abs. 1 Buchst. b) Dublin III-VO für die Behandlung des Asylantrags zuständig sei. Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder 7 Satz 1 AufenthG lägen nicht vor. Soweit der Antragsteller auf Sicherheit und seine Familienangehörigen in Deutschland verwiesen habe sowie darauf, in Rumnänien keinen Asylantrag habe stellen zu wollen, sondern zur Abgabe der Fingerabdrücke gezwungen und leicht geschlagen worden zu sein, dass er dort schlecht behandelt worden sei und im Müll habe schlafen müssen, könne dies kein Abschiebungsverbot begründen. Ein zielstaatsbezogenes Überstellungshindernis käme überhaupt nur bei systemischen Mängeln im Asylsystem in Betracht. Es seien jedoch keinerlei Anhaltspunkte ersichtlich, dass in Rumänien rechtsstaatliche Defizite, Menschenrechtsverletzungen oder grobe systemische Mängel vorlägen. Hierzu wurde umfangreich ausgeführt, worauf gemäß § 77 Abs. 2 AsylG Bezug genommen wird. Die humanitären Bedingungen in Rumänien führten daher nicht zu der Annahme, dass bei der Abschiebung des Antragstellers eine Verletzung des Art. 3 EMRK oder des Art. 4 EU-Grundrechtecharta (Gr-Charta) vorläge. Dies gelte auch vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen und humanitären Auswirkungen der Corona-Pandemie. Gesundheitliche Beschwerden habe der Antragsteller nicht geltend gemacht. Solche seien auch nicht ersichtlich. Demnach drohe dem Antragsteller keine individuelle Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit, die zur Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 AufenthG führen würde. Auch inländische Abschiebungshindernisse lägen nicht vor. Außergewöhnliche Gründe für die Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO seien nicht ersichtlich. Insbesondere begründe der Aufenthalt der Großfamilie des Antragstellers in Deutschland kein Abschiebungsverbot. Im Übrigen wird auf die Bescheidsbegründung gemäß § 77 Abs. 2 AsylG Bezug genommen.
Am 21. Januar 2021 erhob der Antragsteller durch seinen Bevollmächtigten Klage zum Verwaltungsgericht München gegen den Bescheid vom 13. Januar 2021 (M 30 K 21.50057). Diese wird im Wesentlichen damit begründet, dass in Rumänien schwere systemische Mängel im Asylverfahren festzustellen seien. Hierzu wird auf den Bericht von ACCORD vom 16. März 2020 verwiesen. Seitdem habe sich die Situation in Rumänien noch einmal gravierend verschlechtert. Für den Fall der Schutzanerkennung sei die Erlangung eines Existenzminimums nicht sichergestellt, zumal die ohnehin prekäre Lage von Asylsuchenden sich in Rumänien in Folge der Corona-Pandemie noch einmal verschärft habe. Insofern verweist der Bevollmächtigte auf ein Urteil des Verwaltungsgerichts Aachen vom 3. Juli 2020 – 1 K 378/18.A -.
Der Antragsteller beantragt neben der Aufhebung des Bescheids vom 13. Januar 2021 im Klageverfahren M 30 K 21.50057:
Dem Kläger wird Prozesskostenhilfe für das Klagesowie das Eilverfahren unter Beiordnung von Rechtsanwalt … aus … bewilligt.
Gleichzeit wird im Rahmen vorläufigen Rechtsschutzes beantragt,
Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsanordnung (Ziffer 3) des Bescheids der Beklagten vom 13. Januar 2021 wird angeordnet.
Die Antragsgegnerin hat mit Schreiben vom 22. Januar 2021 auf die Ausführungen im Bescheid vom 13. Januar 2021 verwiesen und mitgeteilt, an der Rechtsauffassung festzuhalten. Ein Antrag wurde nicht gestellt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten M 30 K 21.50057 und M 30 S 21.50058 sowie die – in elektronischer Form – vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.
II.
1. Der gemäß § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylG i. V. m. § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO zulässige Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der erhobenen Klage gegen den Bescheid vom 13. Januar 2021 mit der nach § 75 AsylG kraft Gesetzes sofort vollziehbaren Abschiebungsanordnung in Nr. 3 des Bescheides ist unbegründet, da die in der Hauptsache erhobene Klage M 30 K 21.50057 voraussichtlich keinen Erfolg hat.
Entfaltet ein Rechtsbehelf von Gesetzes wegen keine aufschiebende Wirkung, kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO ganz oder teilweise anordnen. Das Gericht trifft dabei eine eigene Ermessensentscheidung, bei der es zwischen dem sich aus § 75 AsylG ergebenden öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung und dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfes abzuwägen hat. Insoweit sind insbesondere die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens zu berücksichtigen. Ergibt die im Eilverfahren gebotene summarische Prüfung, dass die Klage voraussichtlich erfolglos sein wird, tritt das Interesse des Antragstellers regelmäßig zurück. Erweist sich dagegen der angefochtene Bescheid schon bei summarischer Prüfung als rechtswidrig, so besteht kein öffentliches Interesse an dessen sofortiger Vollziehung. Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens nicht hinreichend absehbar, verbleibt es bei einer allgemeinen Interessenabwägung.
Unter Zugrundelegung dieses Maßstabs geht die Interessensabwägung vorliegend zu Lasten des Antragstellers aus, da für die erhobene Klage gegen den Bescheid vom 13. Januar 2021 keine Erfolgsaussichten erkennbar sind und sich die Abschiebungsanordnung des Antragstellers nach Rumänien gemäß § 34a AsylG im Hauptsacheverfahren voraussichtlich als rechtmäßig erweisen wird.
Nach § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG ordnet das Bundesamt die Abschiebung des Ausländers in einen sicheren Drittstaat oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat an (vgl. § 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG), sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann.
a) Vorliegend ist aufgrund der Erkenntnisse über eine Antragstellung auf internationalen Schutz in Rumänien am 7. Dezember 2020 der in der Bundesrepublik Deutschland gestellte Asylantrag – nach summarischer Prüfung im Eilverfahren – unzulässig i.S.v. § 29 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a) AsylG und vielmehr Rumänien gemäß Art. 18 Abs. 1 Buchst. b) Dublin III-VO i.V.m. Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 1 Dublin III-VO der zuständige Mitgliedstaat. Soweit der Bevollmächtigte gegenüber dem Bundesamt noch angab, der Antragsteller habe in Rumänien keinen Antrag gestellt, blieben die Angaben des Antragstellers insoweit vage und ungenau. Daher ist die Auskunft Rumäniens vom 6. Januar 2021 über einen Antrag auf internationalen Schutz am 7. Dezember 2020 in Verbindung mit dem positiven Eurodac-Treffer der Kategorie 1 auschlaggebend und auch hinreichend. Darauf, ob der Antragsteller in Rumänien einen Antrag stellen wollte oder nicht, kommt es insoweit nicht an. Insbesondere besteht kein Recht auf Wahl des für die Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutzes zuständigen Mitgliedstaats.
b) Die Zuständigkeit ist auch nicht auf Deutschland übergegangen. Die Antragsgegnerin hat das Wiederaufnahmegesuch rechtzeitig innerhalb der Frist des Art. 23 Abs. 2 Dublin III-VO gestellt. Rumänien ist auch aufnahmebereit, wie sich aus der Antwort vom 6. Januar 2021 ergibt. Die 6-monatige Überstellungsfrist des Art. 29 Abs. 1 Dublin III-VO war zum Zeitpunkt der Stellung des Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO noch nicht abgelaufen.
c) Die Zuständigkeit liegt auch nicht etwa deshalb bei der Bundesrepublik Deutschland, weil eine Überstellung nach Rumänien i.S.v. Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO scheitern würde.
Es sind keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Antragsteller im Falle einer Abschiebung nach Rumänien infolge systemischer Schwachstellen des dortigen Asylverfahrens oder der dortigen Aufnahmebedingungen einer hinreichend wahrscheinlichen Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 Gr-Charta oder Art. 3 EMRK ausgesetzt wäre.
(1) Nach dem Prinzip der normativen Vergewisserung (vgl. BVerfG, U.v. 14.5.1996 – 2 BvR 1938/93 und 2 BvR 2315/93 – juris) bzw. dem Prinzip des gegenseitigen Vertrauens (vgl. EuGH, U.v. 21.12.2011 – C-411/10 und C-493/10 – juris) gilt die Vermutung, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem einzelnen Mitgliedsstaat der Europäischen Union den Vorschriften der Genfer Flüchtlingskonvention, der Europäischen Konvention für Menschenrechte und der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entspricht. Zwar ist diese Vermutung nicht unwiderleglich. Die nationalen Behörden und Gerichte sind aber nur bei Vorliegen von Anhaltspunkten, die auf ein ernsthaftes Risiko von Verstößen gegen Art. 4 Gr-Charta hindeuten, verpflichtet, auf der Grundlage objektiver, zuverlässiger, genauer und gebührend aktualisierter Angaben und im Hinblick auf den durch das Unionsrecht gewährleisteten Schutzstandard der Grundrechte zu würdigen, ob entweder systemische oder allgemeine oder aber bestimmte Personengruppen betreffende Schwachstellen vorliegen. Diese müssen zudem eine besonders hohe Schwelle der Erheblichkeit erreichen, die nur vorliegt, wenn die Gleichgültigkeit der Behörden des Mitgliedstaats zur Folge hätte, dass einem Asylbewerber gerade aufgrund seiner besonderen Schutzbedürftigkeit und unabhängig von seinem Willen und seinen persönlichen Entscheidungen eine Situation extremer materieller Not drohen würde, die es ihm nicht erlauben würde, seine elementarsten Bedürfnisse zu befriedigen, wie insbesondere sich zu ernähren, sich zu waschen und eine Unterkunft zu finden, und die ihre physische oder psychische Gesundheit beeinträchtigen oder sie in einen Zustand der Verelendung versetzen würde (EuGH, U. v. 19.3.2019 – C-163/17 – juris Rn. 92, 95).
(2) Davon kann in Bezug auf Rumänien nach Auffassung des Gerichts in Übereinstimmung mit vielfacher verwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung nicht ausgegangen werden (vgl. bereits VG München, B.v. 4.2.2020 – M 30 S 19.50860 – n.v.; B.v. 26.1.2021 – M 30 S 21.50060 – noch nicht veröffentlicht; VG München, B.v. 27.11.2020 – M 1 S 20.50531 – juris Rn. 24 ff.; VG Würzburg, B.v. 11.3.2020 – W 4 S 20.50079 – juris Rn. 19 ff.; B.v. 7.10.2019 – W 8 S 19.50715 – juris Rn. 14; VG Ansbach, U.v. 17.4.2019 – AN 17 K 18.50614 – juris Rn 31 ff..; B.v. 28.11.2019 – AN 17 S 19.51025 – juris Rn. 23; VG Düsseldorf, U.v. 26.5.2020 – 22 K 17460/17.A – juris Rn. 38, 61; VG Lüneburg, U.v. 13.3.2019 – 8 B 51/19 – juris – Rn. 17 ff.). Insoweit folgt das Gericht nicht den antragstellerseits vorgelegten Urteilsgründen des Verwaltungsgerichts Aachen vom 3. Juli 2020 – 1 K 373/18.A. Ebenso wenig reicht der pauschale Verweis auf den Bericht von ACCORD vom 16. März 2020 zu Rumänien.
Es existiert in Rumänien ein rechtsstaatliches Asylverfahren u.a. mit gerichtlicher Beschwerdemöglichkeit (vgl. hierzu etwa BFA, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Rumänien, Gesamtaktualisierung vom 14.6.2019; VG München, B.v. 27.11.2020 – M 1 S 20.50531 – juris Rn. 26). Die Möglichkeit von Folgeanträgen ist gegeben (vgl. AIDA, von The Asylum Information Database, Analysebericht, update 2019, https://asylumineurope.org/wp-content/uploads/2020/04/report-download_
aida_ro_2019update.pdf – abgerufen am 28.1.2021, – AIDA Country Report: Romania – S. 76ff). Schutzsuchende, die über kein eigenes Auskommen verfügen, erhalten ab dem Zeitpunkt ihrer Absichtserklärung, Asyl zu beantragen, bis zum Abschluss des Verfahrens und ggf. bis zum Ende ihres Aufenthaltsrechts in Rumänien Anspruch auf Aufnahmeleistungen, insbesondere die Unterbringung in einem Aufnahmezentrum, finanzielle Beihilfe für Nahrung und Kleidung sowie Taschengeld (ACCORD, a.a.O.). Dass die Unterbringung in einem Aufnahmezentrum erst mit Registrierung des Asylantrags erfolgt, ist nicht zu beanstanden, zumal Rumänien trotz der Corona-Pandemie selbst während des ausgerufenen und bis zum 15. Mai 2020 andauernden Ausnahmezustandes die Registrierung neuer Asylanträge weiterbetrieben hat (vgl. BFA, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Kurzinformation der Staatendokumentation; Ausgewählte Dublin-Länder, Balkan und Ukraine aktuelle Lage im Zusammenhang mit COVID-19 (Corona-Pandemie) vom 18.05.2020, S. 4 sowie vom 17.07.2020, S. 4). Rumänien bringt Asylbewerber in einem seiner „Regionalen Unterbringungszentren“ unter, welche eine Gesamtkapazität von 900 Plätzen umfassen und Ende des Jahres 2018 mit 350 Plätzen, davon 229 Asylbewerbern und 121 Personen mit internationalem Schutz, belegt waren; hinzu kommen zwei weitere Unterbringungszentren der NGO „Ökumenische Vereinigung der Kirchen Rumäniens“ (ACCORD, a.a.O.). Anzeichen für Kapazitätsengpässe gibt es keine, zumal die problematische Personalknappheit aus dem Jahr 2018 auf Grund des starken Rückgangs an Asylbewerberzahlen sich ebenfalls entschärft hat (ACCORD, a.a.O.). Es ist auch nicht davon auszugehen, dass bereits registrierten Rückkehrern für die Dauer seines Asylverfahrens in Rumänien eine – längere – Unterbringung in einem Gefängnis droht. Die Inhaftierung des Antragstellers für drei Tage erfolgte augenscheinlich nach illegalem Grenzübertritt bis zur Registrierung und Asylantragstellung. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten zum Asylverfahren und den Bedingungen für Schutzsuchende in Rumänien wird auf die Ausführungen im Bescheid des Bundesamtes gemäß § 77 Abs. 2 AsylG Bezug genommen.
Auch wenn die wirtschaftliche Lage von Schutzsuchenden und schutzberechtigten Personen in Rumänien insgesamt schwierig ist, ist ihre Lage nicht so defizitär, dass von einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung i.S.v. Art. 4 Gr-Charta bzw. Art. 3 EMRK ausgegangen werden kann. Auch diesbezüglich wird auf die Ausführungen im Bescheid gemäß § 77 Abs. 2 AsylG Bezug genommen. Die Regierung Rumäniens kooperiert insoweit zudem mit UNHCR und anderen Organisationen, um Flüchtlingen, Asylwerbern, Staatenlosen u.a. Schutz und Unterstützung zukommen zu lassen (vgl. BFA, Länderinformationsblatt v. 14.6.2019, a.a.O., S. 6). Schließlich besteht für Asylbewerber der gleiche Zugang zum öffentlichen Gesundheitssystem wie für die rumänische Bevölkerung (vgl. ACCORD, Rumänien, Bericht vom 16.03.2020, abgerufen unter https://www.ecoi.net/de/dokument/2026995.html – Stand 28.01.2021). Das gilt auch unter Berücksichtigung der durch die aktuelle Corona-Krise bestehenden Situation. Die Bedingungen, denen sich Schutzberechtigte in Rumänien nach ihrer Anerkennung stellen müssen, begründen somit allgemein noch keinen Verstoß gegen Art. 3 EMRK bzw. Art. 4 Gr-Charta (vgl. auch die vorstehend zitierte Rechtsprechung).
(3) Dabei mag der Antragsteller für den Fall einer Anerkennung als Schutzberechtigten ggf. auf eigenverantwortliches, engagiertes Handeln angewiesen sein, um einer Gefahr extremen materiellen Notlage zu entgegen. Dies ist ihm vor dem Hintergrund der Rechtsprechung von EMGR, EuGH und BVerfG auch unter Berücksichtigung von Art. 3 EMRK zumutbar. Unter Berücksichtigung der individuellen Umstände des Antragstellers lässt sich nicht erkennen, dass er seine elementaren Bedürfnisse in eigenverantwortlicher und eigeninitiativer Anstrengung nicht zu decken vermag, sondern dem „real risk“ einer extremen materiellen Notlage ausgesetzt wäre. Der noch junge, seinen Angaben zufolge gesunde Antragsteller ist aufgrund seiner individuellen Umstände dabei nicht völlig von staatlicher Unterstützung abhängig und gehört insbesondere nicht dem vulnerablen Personenkreis an. Anhaltpunkte dafür, dass er nicht befähigt wäre, sich etwaig schwierigen Bedingungen zu stellen und durch entsprechende Eigeninitiative selbst für seine Unterbringung und seinen Lebensunterhalt zu sorgen (vgl. auch VG Ansbach, B.v. 14.9.2020 – AN 17 S 19.50793 – juris Rn.56), sind nicht ersichtlich. Eine Verpflichtung der Mitgliedstaaten, anerkannte Schutzberechtigte mit Unterkunft zu versorgen, lässt sich der Rechtsprechung des EGMR und EuGH gerade nicht entnehmen. Zudem können die Projekte der Nichtregierungsorganisationen (s.o.), die bei der Integration anerkannter Schutzberechtigter eine wichtige Rolle spielen und als Umsetzungspartner der internationalen, von der Europäischen Union finanzierten und vom Hohen Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen koordinierten Hilfsprojekte fungieren (VG Ansbach, a.a.O. m.w.N.) in ihrer Gesamtheit das etwaige Fehlen eines staatlichen Integrationsplans nach Auffassung des Gerichts zumindest in einer Übergangsphase für anerkannte Flüchtlinge, die keine Merkmale besonderer Schutzwürdigkeit aufweisen, kompensieren und sicherstellen, dass die elementaren Bedürfnisse von anerkannten Schutzberechtigten für die erste Zeit befriedigt werden können.
(4) Soweit der Bevollmächtigte des Antragstellers auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Aachen vom 3. Juli 2020 verweist, ist zu beachten, dass der Antragsteller in jenem Verfahren im Falle einer Rückkehr aufgrund einer abgelaufenen Frist keine besonderen staatlichen Hilfen für anerkannt Schutzberechtigte mehr beantragen konnte und nach Rückkehr nach Rumänien auf sich alleine gestellt wäre (vgl. auch VG München, B.v. 12.1.2021 – M 11 S 20.50670 – n.v.). Dem Antragsteller ist es im vorliegenden Verfahren im Falle eine Anerkennung in Rumänien dagegen ohne weiteres möglich, rechtzeitig staatliche Hilfen zu beantragen.
Vielmehr verweist das Verwaltungsgericht Aachen in seinen Ausführungen insbesondere ausdrücklich auf seine bisherige Rechtsprechung, dass in Rumänien nicht derart eklatante Missstände vorlägen, die den Schluss zuließen, Personen mit internationalem Schutzstatus würden einer erniedrigenden oder unmenschlichen Behandlung ausgesetzt, wenngleich die Lebensbedingungen für diese Personen durchaus prekär seien und ein hohes Maß an Eigeninitiative erforderlich sei. Als Grund dafür, diese Bewertung nicht mehr aufrecht zu erhalten, führt das Verwaltungsgericht Aachen (kurz) zur durch die Corona-Pandemie veränderten wirtschaftlichen Lage durch Einbruch der Wirtschaftsleistung um ca. 30% sowie Zunahme von Arbeitslosigkeit um ca. 250.000 Arbeitnehmer sowie ca. 1 Millionen ausgesetzter Arbeitsverträge aus. Diese Lage habe sich derart verfestigt, dass nicht davon auszugehen sei, dass eine wesentliche positive Änderung in naher Zukunft zu erwarten sei. Daher sei eine Änderung der bisherigen Rechtsprechung angezeigt.
Dieser Bewertung schließt sich das Gericht vorliegend nicht an. Dabei wird vorliegend zugrunde gelegt, dass der Antragsteller zunächst noch hinreichend während seines Asylverfahrens versorgt ist. Eine Prognose über die Entwicklung der rumänischen Wirtschaft und Arbeitsmöglichkeiten durch die Corona-Pandemie im Jahr 2021 zu treffen, die den Antragsteller erst mit einer Schutzanerkennung unmittelbar treffen wird, ist derzeit aus Sicht des Gerichts aber nicht valide möglich. Vielmehr ist die weitere wirtschaftliche und humanitäre Entwicklung Rumäniens durch die vorliegende Krise nicht absehbar, ebenso wenig wie finanzielle Hilfen der EU konkret zu würdigen, aber in gewisser Hinsicht zu erwarten sind. Der 7-Tage-Inzidentwert Rumäniens liegt derzeit bei knapp 200 (https://qap.ecdc.europa.eu/public/extensions/COVID-19/COVID-19.html#global-overview-tab) und ist rückläufig. Das vom Bevollmächtigten des Antragstellers vorgetragene Explodieren der Infiziertenzahlen vermag das Gericht insoweit aktuell nicht nachzuvollziehen. Die weitere Entwicklung der Pandemie ist nicht abzusehen.
Ist aber eine entsprechende Prognose über die wirtschaftliche und humanitäre Entwicklung nicht möglich – was nicht nur in Bezug auf Rumänien angesichts der weltweiten Pandemie gilt -, ist zur Überzeugung des Gerichts vor dem Hintergrund des dargestellten strengen Maßstabs im Rahmen der Dublin III-VO im Spannungsfeld mit Art. 3 EMRK und Art. 4 Gr-Charta noch nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit feststellbar, dass dieser erfüllt wäre. Dass Rumänien einer etwaig weiteren Verschlechterung der Existenzsicherungsmöglichkeiten anerkannt Schutzbedürftiger gleichgültig gegenüberstehen wird, Unterstützungsprogramme der EU nicht greifen und anerkannt Schutzbedürftige auch mit zumutbar hohem Maß an Eigeninitiative, Ausschöpfung rechtlicher Möglichkeiten und tatsächlicher Unterstützung durch NGOs etc. dem real risk extremer materieller Not ausgesetzt sein werden, vermag das Gericht daher nicht festzustellen. Insoweit ist auch nicht von offenen Erfolgsaussichten auszugehen, sondern sind solche zum derzeit maßgeblichen Zeitpunkt zu verneinen.
d) Anderweitige Gründe i.S.v. § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG, dass die Abschiebung nicht durchgeführt werden könnte, liegen derzeit ebenso wenig vor.
(1) Insbesondere ist die Ablehnung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK nach summarischer Prüfung rechtmäßig. Auf die vorstehenden Ausführungen wird Bezug genommen.
Das Gericht geht insbesondere im Hinblick auf die Corona-Pandemie nicht davon aus, dass einer Abschiebungsanordnung die Verhältnisse in Rumänien mit Blick hierauf entgegenstehen (vgl. obige Ausführungen sowie u.a. VG München, B.v. 27.11.2020 – M 1 S 20.50531 – juris Rn. 25 ff.).
(2) Die Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG sind ebenso nicht gegeben.
Ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG aus gesundheitlichen Gründen ergibt sich für den Antragsteller insbesondere nicht aus der Corona-Pandemie.
Unabhängig von der Regelung in § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG, wonach es bei allgemeinen Gefahren einer – vorliegend nicht bestehenden – Anordnung nach § 60a Abs. 1 AufenthG bedürfte, wäre der Antragsteller nicht über das allgemeine Risiko hinaus in besonderer Weise gefährdet, insbesondere nicht derart, dass er „gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder Verletzungen ausgeliefert würde“ (vgl. BayVGH, B.v. 24.7.2015 – 9 ZB 14.30457 – juris Rn. 11; OVG NRW, B.v. 17.12.2014 – 11 A 2468/14.A – juris Rn. 14).
Bei dem Großteil der Bevölkerung verläuft das Coronavirus in der Regel eher mild. Ein erhöhtes Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf haben ältere Personen und Personen mit Vorerkrankungen, auch wenn schwere Verläufe auch bei Personen ohne bekannte Vorerkrankung auftreten können und auch bei jüngeren Patienten beobachtet wurden (vgl. Steckbrief des RKI, Stand 29.5.2020, https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Steckbrief.html, Stand: 12.6.2020).
Auf die Ausführungen im Bescheid des Bundesamtes wird ergänzend gemäß § 77 Abs. 2 AsylG Bezug genommen.
(3) Die rumänischen Behörden haben auf das Wiederaufnahmegesuch positiv geantwortet. Insoweit ist die Abschiebung tatsächlich möglich.
Inlandsbezogene Vollstreckungshindernisse sind nicht ersichtlich. Insbesondere ist unbeachtlich, dass der Antragsteller in Deutschland einige Verwandte hat. Auf die Ausführungen des Bundesamtes hierzu wird Bezug genommen.
e) Ebenso wenig ist die Prüfung des Selbsteintrittsrechts nach Art. 17 Abs. 2 Dublin III-VO und entsprechende Ablehnung zu beanstanden.
Diesbezüglich sowie im Übrigen wird gemäß § 77 Abs. 2 AsylG auf die Bescheidsbegründung Bezug genommen und von einer weiteren Darstellung abgesehen.
Da die Klage in der Hauptsache hinsichtlich der streitgegenständlichen Nummer 3 des Bescheids vom 13. Januar 2021 somit voraussichtlich erfolglos bleiben wird, überwiegt das öffentliche Vollzugsinteresse das private Interesse des Antragstellers an der Aussetzung der Vollziehung des streitgegenständlichen Bescheides des Bundesamtes.
Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO ist daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Gerichtskosten werden nicht erhoben, § 83b AsylG.
2. Insofern sind auch die Anträge auf Prozesskostenhilfe für das Eilverfahren sowie das Klageverfahren abzulehnen.
Dabei verkennt das Gericht nicht den – mitunter abweichenden – maßgeblichen Zeitpunkt der Bewilligungsreife und insbesondere den Umstand, dass Prozesskostenhilfe auch dann zu gewähren ist, wenn die Klage lediglich in einer ex-ante-Perspektive hinreichende Erfolgsaussichten hat (vgl. BVerfG, B.v. 5.12.2018 – 2 BvR 2257/17 – juris Rn. 18 ff).
Dahinstehen kann auch, dass antragstellerseits bislang keine formularmäßige Aufstellung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vorgelegt wurde, vgl. § 117 Abs. 2 und Abs. 4 ZPO.
Die beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet nach den obigen Ausführungen jedenfalls keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, § 166 VwGO i.V.m. § 114 ZPO, sodass keine Prozesskostenhilfe zu bewilligen ist.
Der Beschluss ist unanfechtbar, § 80 AsylG. Dies gilt auch in Hinblick auf die Versagung von Prozesskostenhilfe (vgl. BayVGH, B.v. 25.09.1992 – 24 C 92.32498 – juris Rn. 2).

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