Aktenzeichen W 8 S 20.50299
Leitsatz
Tenor
I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Gründe
I.
Der Antragsteller, algerischer Staatsangehöriger, reiste am 13. Oktober 2020 in die Bundesrepublik Deutschland ein und äußerte ein Asylgesuch, von dem die Antragsgegnerin am 13. Oktober 2020 Kenntnis erlangte.
Nach Erkenntnissen der Antragsgegnerin lagen Anhaltspunkte für die Zuständigkeit eines anderen Staates (Slowenien) gemäß der Verordnung Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (Dublin III-VO) vor. Auf ein Übernahmeersuchen vom 12. November 2020 erklärten die slowenischen Behörden mit Schreiben vom 23. November 2020 ihre Zuständigkeit für die Bearbeitung des Asylantrags des Antragstellers gemäß Art. 18 Abs. 1 Buchst. b Dublin III-VO.
Mit Bescheid vom 1. Dezember 2020 lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge den Asylantrag des Antragstellers als unzulässig ab (Nr. 1), stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG nicht vorliegen (Nr. 2) und ordnete die Abschiebung nach Slowenien an (Nr. 3). Das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG wurde angeordnet und auf 13 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet.
Am 9. Dezember 2020 erhob der Antragsteller zu Protokoll des Urkundsbeamten im Verfahren W 8 K 20.50298 Klage gegen den streitgegenständlichen Bescheid und beantragte im vorliegenden Verfahren:
Die aufschiebende Wirkung der Klage wird angeordnet.
Zur Begründung verwies der Antragsteller auf seine Anhörung beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge und brachte darüber hinaus weiter vor: In Slowenien habe die Polizei Fingerabdrücke von ihm nehmen wollen und ihm angedroht, er müsse ins Gefängnis, wenn er sich weigere.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte (einschließlich der Akte des Verfahrens W 8 K 20.50298) sowie die beigezogenen Behördenakten verwiesen.
II.
Der Antragsteller wendet sich bei verständiger Würdigung seines Begehrens (§ 88 VwGO i.V.m. § 122 VwGO) mit dem vorliegenden Sofortantrag gegen eine mögliche Abschiebung nach Slowenien und begehrt damit die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsanordnung nach Slowenien in Nr. 3 des Bundesamtsbescheides vom 1. Dezember 2020.
Der zulässige Antrag ist unbegründet.
Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 1. Dezember 2020 ist bei der im vorliegenden Verfahren gebotenen summarischen Prüfung im maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt (§ 77 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 AsylG) in Nr. 3 rechtmäßig und verletzt den Antragsteller nicht in seinen Rechten. Das öffentliche Vollzugsinteresse überwiegt das private Interesse des Antragstellers, vorläufig bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache noch im Bundesgebiet bleiben zu dürfen.
Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die zutreffenden Gründe des streitgegenständlichen Bescheides Bezug genommen (§ 77 Abs. 2 AsylG).
Zur Antragsbegründung brachte der Antragsteller lediglich vor, dass ihn die Polizei in Slowenien unter Androhung von Gefängnis bei einer Weigerung angehalten habe, Fingerabdrücke abzugeben. Sonstige Gründe, die gegen die Zuständigkeit Sloweniens und gegen eine Überstellung des Antragstellers nach Slowenien sprächen, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
Soweit sich aus Akte ergibt, dass der Antragsteller trotz unentschuldigten Fernbleibens – der Antragsteller gab laut Caritas erst drei Tage später an, dass es ihm angeblich nicht gut gegangen sei, ohne dies auch nur ansatzweise zu plausibilisieren oder gar zu substanziieren, geschweige denn mit Nachweisen zu belegen – einen neuen Anhörungstermin und gegebenenfalls einen Ergänzungsbescheid erhält, macht dieser Umstand den streitgegenständlichen Bescheid mit der Abschiebungsanordnung nach Slowenien weder unwirksam noch rechtswidrig.
Slowenien ist gemäß den Vorschriften der Dublin III-VO für die Durchführung des Asylverfahrens des Antragstellers zuständig (§§ 34a, 29 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a AsylG i.V.m. der Verordnung Nr. 604/2013/EU – Dublin III-VO). Die Zuständigkeit Sloweniens ergibt sich vorliegend aus Art. 18 Abs. 1 Buchst. b Dublin III-VO. Die slowenischen Behörden haben ihre Zuständigkeit mit Schreiben vom 23. November 2020 ausdrücklich erklärt.
Außergewöhnliche Umstände, die möglicherweise für ein Selbsteintrittsrecht gemäß Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO bzw. für eine entsprechende Pflicht der Antragsgegnerin nach Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO sprechen könnten, sind vorliegend nicht glaubhaft gemacht. Insbesondere ist nach derzeitigem Erkenntnisstand auch unter Berücksichtigung der hierzu einschlägigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (vgl. EuGH, U.v. 21.12.2011 – C-411/10 u.a. – NVwZ 2012, 417) nicht davon auszugehen, dass das slowenische Asylsystem an systemischen Mängeln leidet, aufgrund derer die dorthin rücküberstellten Asylbewerber einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 der Grundrechtecharta (GRCh) ausgesetzt wären.
Das gemeinsame Europäische Asylsystem beruht auf dem „Prinzip gegenseitigen Vertrauens“ bzw. dem „Konzept der normativen Vergewisserung“, dass alle daran beteiligten Mitgliedstaaten die Grundrechte sowie die Rechte beachten, die ihre Grundlage in der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK), dem Protokoll von 1967 und in der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) finden (vgl. EuGH, U.v. 21.12.2011 – C-411/10 – NVwZ 2012, 417 Rn. 79). Dies begründet die Vermutung, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem einzelnen Mitgliedstaat im Einklang mit den Erfordernissen der EU-Grundrechte-Charta sowie mit der Genfer Flüchtlingskonvention und der EMRK steht (vgl. EuGH, U.v. 21.12.2011 – C-411/10 – NVwZ 2012, 417 Rn. 80). Um das Prinzip gegenseitigen Vertrauens entkräften zu können, muss ernsthaft zu befürchten sein, dass dem Asylbewerber aufgrund genereller defizitärer Mängel im Asylsystem des eigentlich zuständigen Mitgliedstaats mit beachtlicher, d.h. mit überwiegender Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK bzw. Art. 4 der EU-Grundrechtecharta droht (vgl. BVerwG, B.v. 19.3.2014 – 10 B 6/14 – juris Rn. 6; EuGH, U.v. 21.12. 2011 – C-411/10 – NVwZ 2012, 417 Rn. 80; VGH BW, U.v. 16.4.2014 – A 11 S 1721/13 – juris Rn. 41). Erforderlich ist insoweit die real bestehende Gefahr, dass in dem Mitgliedstaat, in den überstellt werden soll, die grundlegende Ausstattung mit den notwendigen, zur Befriedigung menschlicher Grundbedürfnisse elementaren Mitteln so defizitär ist, dass der materielle Mindeststandard nicht erreicht wird und der betreffende Mitgliedstaat dieser Situation nicht mit geeigneten Maßnahmen, sondern mit Gleichgültigkeit begegnet (vgl. OVG Lüneburg, U.v. 29.1.2018 – 10 LB 82/17 – juris Rn. 34 m.w.N.). Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) kann allerdings die bloße schlechtere wirtschaftliche oder soziale Stellung der Person in dem zu überstellenden Mitgliedstaat nicht für die Annahme einer unmenschlichen Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK ausreichen (vgl. EGMR, B.v. 2.4.2013 – 27725/10 – ZAR 2013, 336, 70 f.). Der EGMR führt in seiner Entscheidung aus, dass Art. 3 EMRK keine allgemeine Verpflichtung der Vertragsparteien enthalte, jede Person innerhalb ihres Zuständigkeitsbereichs mit Obdach zu versorgen oder finanzielle Leistungen zu gewähren, um ihnen dadurch einen bestimmten Lebensstandard zu ermöglichen. Einer Überstellung im Rahmen des Dublin-Verfahrens stehen deshalb nur außergewöhnliche zwingende humanitäre Gründe entgegen.
Die Anforderungen an die Feststellung systemischer Mängel und eine daraus resultierende Widerlegung der Sicherheitsvermutung sind hoch. Konkretisierend hat der EuGH in seinem Urteil vom 19. März 2019 (C-163/17 – juris Rn. 91) ausgeführt, dass systemische Schwachstellen nur dann als Verstoß gegen Art. 4 EU-GR-Charta bzw. Art. 3 EMRK zu werten seien, wenn eine besonders hohe Schwelle der Erheblichkeit erreicht werde, die von sämtlichen Umständen des Falles abhänge. Diese Schwelle sei aber selbst in durch große Armut oder eine starke Verschlechterung der Lebensverhältnisse der betreffenden Person gekennzeichneten Situationen nicht erreicht, sofern sie nicht mit extremer materieller Not verbunden seien, aufgrund deren sich diese Person in einer solch schwerwiegenden Lage befinde, dass sie einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung gleichgestellt werden könne. Die Gleichgültigkeit der Behörden eines Mitgliedstaats müsse zur Folge haben, dass eine vollständig von öffentlicher Unterstützung abhängige Person sich unabhängig von ihrem Willen und ihren persönlichen Entscheidungen in einer Situation extremer materieller Not befinde, die es ihr nicht erlaube, ihre elementarsten Bedürfnisse zu befriedigen, wie insbesondere sich zu ernähren, sich zu waschen und eine Unterkunft zu finden („Brot, Seife, Bett“), und die ihre physische oder psychische Gesundheit beeinträchtigte oder sie in einen Zustand der Verelendung versetzte, der mit der Menschenwürde unvereinbar wäre (vgl. EuGH, U.v. 19.3.2019 – C-163/17 – juris Rn. 92 f.).
Ausgehend von vorstehenden Grundsätzen bestehen aufgrund der aktuellen Erkenntnislage des Gerichts keine Anhaltspunkte für das Vorliegen derartiger systemischer Mängel im slowenischen Asylsystem (vgl. zuletzt etwa VG Würzburg, B.v. 23.7.2020 – W 8 S 20.50194 – juris; B.v. 10.3.2020 – W 4 S 20.30289 – AuAS 2020, 128; VG Bremen, B.v. 14.1.2020 – 7 V 2702/19 – juris, jeweils m.w.N.), zumal der Antragsteller nichts Dahingehendes substanziiert vorgebracht hat. In Slowenien existiert ein rechtsstaatliches Asylverfahren mit gerichtlicher Beschwerdemöglichkeit. Dublin-Rückkehrer haben Zugang zum Asylverfahren. Anträge von Dublin-Rückkehrern werden wie jeder andere Asylantrag behandelt. Es besteht die Möglichkeit, einen Asylfolgeantrag zu stellen. Dublin-Rückkehrer haben Zugang zu materieller Versorgung wie Unterkunft, Verpflegung, medizinische Versorgung, Kleidung. Außerdem haben Asylbewerber Zugang zum Arbeitsmarkt, wenn über ihren Asylantrag nicht innerhalb vom neun Monaten entschieden ist. In Slowenien haben erwachsene Asylbewerber weiter ein Recht auf die notwendige medizinische Versorgung, einschließlich medizinischer Notfallversorgung und Rettungsdienste, zahnärztlicher und gynäkologischer Notfallbehandlungen. Vulnerable mit speziellen Bedürfnissen haben Anspruch auf zusätzliche Gesundheitsleistungen, einschließlich psychotherapeutischer Hilfe. In Slowenien ist davon auszugehen, dass medizinische Behandlungsmöglichkeiten wie generell in der EU in ausreichendem Maße verfügbar sind (siehe BFA, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Slowenien vom 25.9.2020 m.w.N.).
Dem Antragsteller ist zumutbar, sich den Anforderungen des slowenischen Asyl- und Aufnahmeverfahrens zu unterwerfen und die ihm dort gebotenen Möglichkeiten, gegebenenfalls auch Rechtsschutzmöglichkeiten, sowie erforderlichenfalls Hilfemöglichkeiten durch Private zu ergreifen und so durch eigenes Zutun und eigene Mitwirkung einer eventuell drohenden Gefahr unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung bzw. einer existenziellen Gefahr zu begegnen. Eine etwa erforderliche Eigeninitiative, wie etwa bei der Registrierung bei der zuständigen Stelle, ist zumutbar.
Vorstehendes gilt auch im Falle einer eventuellen Anerkennung eines internationalen Schutzstatus in Slowenien (siehe schon VG Würzburg, B.v. 23.7.2020 – W 8 S 20.50194 – juris; B.v. 10.3.2020 – W 4 S 20.30289 – AuAS 2020, 128 m.w.N.). Schutzberechtigte erhalten einen unbefristeten Aufenthaltstitel. Ihnen wird ein Integrationsberater zugeteilt. Sie haben Zugang zum Gesundheitswesen, zu Sozialleistungen, Bildung, Arbeitsmarkt und Wohnbeihilfe wie slowenische Bürger. Sie unterfallen der obligatorischen Krankenversicherung. Sie müssen zwar das Aufnahmezentrum verlassen, haben aber Anspruch auf finanzielle Unterstützung bis zu 18 Monaten und gegebenenfalls noch weiteren 18 Monaten, wenn sie sich keine Unterkunft leisten können. Des Weiteren besteht auch die Möglichkeit der Schutzgewährung durch Zur-Verfügung-Stellung einer kostenlosen Unterkunft (siehe BFA, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Slowenien vom 25.9.2020, S. 14 ff.).
Auch eine Ablehnung des Asylantrags des Antragstellers in Slowenien, verbunden mit einer ihm möglicherweise drohenden Abschiebung in das Heimatland, führt nicht zu einer Zuständigkeit der Antragsgegnerin verbunden mit einer (nochmaligen) Prüfung des Schutzbegehrens in Deutschland. Dem Antragsteller steht es frei, in Slowenien gegebenenfalls um Rechtschutz nachzusuchen bzw. dort einen Folgeantrag zu stellen. Dass bestandskräftig abgelehnte Asylbewerber mit ihrer Abschiebung in ihr Herkunftsland zu rechnen haben, ist kein hier relevanter Mangel des Asylverfahrens und auch im Übrigen nicht menschenrechtswidrig. Vielmehr ist – wie ausgeführt – davon auszugehen, dass in Slowenien ein rechtstaatliches Erst- und gegebenenfalls auch Folgeverfahren durchgeführt wird. Der Asylbewerber hat nach der Systematik sowie dem Sinn und Zweck der Dublin-Regelungen insbesondere kein Wahlrecht, sich den Mitgliedsstaat auszusuchen, in dem er sich bessere Chancen oder angenehmere Aufenthaltsbedingungen erhofft oder nach Ablehnung eines Asylantrags in einem Mitgliedsstaat in einen anderen Mitgliedsstaat weiterzureisen, um eine weitere Prüfung seines Asylantrags mit einen für ihn günstigen Ergebnis zu erreichen. Relevant sind allein die Regelungen zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedsstaates nach der Dublin III-VO.
Eine andere Beurteilung der Rechtmäßigkeit des streitgegenständlichen Bescheides ist insbesondere auch nicht vor dem Hintergrund der zwischenzeitlichen Entwicklung im Zuge der Covid-19-Pandemie (Corona-Krise) angezeigt (vgl. auch schon VG Würzburg, B.v. 23.7.2020 – W 8 S 20.50194 – juris).
Das Gericht geht nicht davon aus, dass der Rechtmäßigkeit der Unzulässigkeitsentscheidung im streitgegenständlichen Bescheid die Verhältnisse in Slowenien im Blick auf das „Coronavirus“ entgegenstehen. Dies wäre nur dann der Fall, wenn der Antragsteller in Slowenien aufgrund der voraussichtlichen Lebensverhältnisse in eine Lage extremer Not geraten würde. Dies gilt aber wegen des oben näher erläuterten Grundsatzes des gegenseitigen Vertrauens nur in Extremfällen (vgl. Günther in Kluth/Heusch, BeckOK Ausländerrecht, 27. Edition Stand: 1.7.2020, § 29 AsylG Rn. 22 – 24). Das Gericht hat – auf der Basis des Grundsatzes des gegenseitigen Vertrauens und auch angesichts der in Slowenien getroffenen Maßnahmen – keine substanziierten Erkenntnisse, die die Annahme eines solchen Extremfalles in der Person des Antragstellers oder allgemein das Vorliegen systemischer Mängel in Slowenien begründen könnten. Im System des gegenseitigen Vertrauens ist für Slowenien vielmehr weiter von einem die Grundrechte sowie die Rechte, die ihre Grundlage in der Genfer Flüchtlingskonvention und in der EMRK finden, wahrenden Asylsystem auszugehen.
Denn auch unter den Auswirkungen der Corona-Pandemie ist der slowenische Staat nicht tatenlos geblieben. Unter anderem werden Testungen sowie Hygiene- und Quarantänemaßnahmen durchgeführt. Weiter sind Ausgangssperrungen, Kontaktbeschränkungen, Abstandsregelungen, die Tragung eines Mund-Nasen-Schutzes sowie die Schließung von Geschäften, Restaurants und Hotels usw. angeordnet (vgl. Reiseinformationen des österreichischen Bundesministeriums für europäische und internationale Angelegenheiten zu Slowenien, https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/slowenien/; Auswärtiges Amt, Slowenien: Reise- und Sicherheitshinweise, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/slowenien-node/sloweniensicherheit/210644#content_0; BFA, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Kurzinformation der Staatendokumentation, ausgewählte Dublin-Länder, Balkan und Ukraine, aktuelle Lage in Zusammenhang mit COVID-19 [Corona-Pandemie], vom 18.5.2020, S. 2 und vom 17.7.2020, S. 2 f.).
Beim Antragsteller liegen zum jetzigen maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt (§ 77 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 AsylG) des Weiteren keine Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 bzw. 7 Satz 1 AufenthG vor.
Insbesondere führt die COVID-19 (sog. Corona-)Pandemie in Slowenien nicht zur Feststellung eines solchen zielstaatbezogenen Abschiebungsverbots. Nach der Regelung des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Gemäß § 60 Abs. 7 Satz 6 AufenthG sind Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG zu berücksichtigen. Nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG kann die oberste Landesbehörde aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein oder in bestimmte Staaten für längsten drei Monate ausgesetzt wird.
Nur wenn eine politische Leitentscheidung nach § 60a Abs. 1 Satz 2 AufenthG fehlt, kann der Antragsteller in verfassungskonformer Anwendung des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG ausnahmsweise Abschiebungsschutz beanspruchen, wenn er bei Überstellung aufgrund der herrschenden Bedingungen mit hoher Wahrscheinlichkeit einer extremen Gefahrenlage ausgesetzt wäre. Denn nur dann gebieten es die Grundrechte aus Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG, ihm trotz einer fehlenden politischen Leitentscheidung nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG zu gewähren. Diese Voraussetzungen liegen beim Antragsteller nicht vor, weil es an einer extremen Gefahrenlage fehlt.
Denn nur, wenn im Einzelfall die drohenden Gefahren nach Art, Ausmaß und Intensität von einem solchen Gewicht sind, dass sich daraus bei objektiver Betrachtung für den Ausländer die begründete Furcht ableiten lässt, selbst in erheblicher Weise ein Opfer der extremen allgemeinen Gefahrenlage zu werden, etwa wenn das Fehlen eines Abschiebungsstopps dazu führen würde, dass ein Ausländer im Zielstaat der Abschiebung sehenden Auges dem Tod oder schwersten Verletzungen überantwortet würde, wird die Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 Satz 6 AufenthG durchbrochen und es ist ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG festzustellen (vgl. Koch in Kluth/Heusch, BeckOK Ausländerrecht, 27. Edition Stand: 1.7.2020, § 60 Rn. 45 m.w.N.).
Eine derartige Extremgefahr kann für den Antragsteller im Falle ihrer Rückkehr nach Slowenien indes nicht angenommen werden. Es ist zum einen nicht ersichtlich, dass der Antragsteller, der unter keinen erheblichen Vorerkrankungen leidet, in Slowenien gleichsam sehenden Auges dem Tod oder schwersten Gesundheitsschäden ausgeliefert wären. Selbst unter Berücksichtigung der Entwicklung der Covid-19-Pandemie in Slowenien besteht nach dem oben genannten Maßstab – selbst bei unterstellter (nicht zwangsläufiger) Infektion mit „Coronavirus“ SARS-CoV 2 – keine hohe Wahrscheinlichkeit eines schweren oder tödlichen Verlaufs der Erkrankung für die Personengruppe, welcher der Antragsteller angehört.
Der Antragsteller gehört offensichtlich nicht zu einer Personengruppe für einen schweren, möglicherweise lebensbedrohlichen Verlauf der Covid-19-Erkrankung.
Im Übrigen genügt nicht die allgemeine Behauptung mit dem Hinweis auf die Corona-Pandemie für die Annahme, dass eine ernsthafte Gefahr der Ansteckung und Erkrankung bestünde. Denn für die Beurteilung ist auf die tatsächlichen Umstände des konkreten Einzelfalls abzustellen, zu der auch eine eventuelle – beim Antragsteller aber nicht gegebene – Zugehörigkeit zu einer Risikogruppe gehört. Erforderlich ist die Benennung bestimmter begründeter Informationen, um zumindest eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür aufzuzeigen, dass der Betreffende nachweislich etwa zu einer Risikogruppe gehört und in seinem speziellen Einzelfall mit einer Ansteckung, einschließlich eines schweren Verlaufs, zu rechnen ist. Abzustellen ist auf die aktuelle Lage zur Ausbreitung von COVID-19 in Slowenien, konkret in der Region bzw. an den Orten, an denen sich der Antragsteller voraussichtlich aufhält, wie viel Menschen sich dort mit dem zugrundeliegenden Krankheitserreger SARS-CoV 2 infiziert haben, hierdurch schwer erkrankt oder gar verstorben sind, von wie vielen Ansteckungsverdächtigen derzeit auszugehen ist und welche Schutzmaßnahmen mit welcher Effektivität der slowenische Staat zur Eindämmung der Pandemie ergriffen hat, um beurteilen zu können, ob und welche Wahrscheinlichkeit für eine möglicherweise befürchtete Ansteckung mit Covid 19 sowie eines schweren Verlaufs im Fall einer Rückkehr für den Antragsteller besteht (OVG NRW, B.v. 23.6.2020 – 6 A 844/20.A – juris).
An einem dahingehenden entsprechend substanziierten Vorbringen des Antragstellers fehlt es.
Für das Vorliegen einer extremen allgemeinen Gefahrenlage bestehen für das Gericht im Übrigen auch aufgrund der in Slowenien getroffenen Maßnahmen keine greifbaren Anhaltspunkte.
Denn Slowenien ist nicht tatenlos geblieben, sondern hat zahlreiche Maßnahmen zur Bekämpfung des Corona-Virus und zur Eindämmung der Pandemie getroffen. In Slowenien wurde etwa die Schließung von Gaststätten, Hotels, Geschäften, Sport- und Kultureinrichtungen sowie Kindergärten, Schulen, Universitäten veranlasst. Die getroffenen Anordnungen betreffen des Weiteren etwa die Einhaltung von Abstandsregeln (mindestens 1,5 m), Kontaktbeschränkungen, Hygieneregeln, Desinfektionsmaßnahmen sowie Mund-Nasen-Schutz auch im Freien. Weiter gilt eine nächtliche Ausgangssperre landesweit. Versammlungen mit mehr als sechs Personen sind grundsätzlich verboten. Geöffnet sind die für die Versorgung der Bevölkerung notwendigen Geschäfte, wie Lebensmittelgeschäfte, Drogerien, Apotheken, Tankstellen, Geschäfte mit medizinischen Produkten, Banken, Post, Mobilfunkanbieter, Kfz-Werkstätten und Lieferdienste. Weiter wurden in Slowenien unter dem Eindruck wieder steigender Corona-Fälle die Einreisevorschriften verschärft. Einreisende haben sich verpflichtend einer 10-tägigen Quarantäne zu unterwerfen bzw. müssen einen negativen Covid-19-Test vorweisen (siehe Reiseinformationen des österreichischen Bundesministeriums für europäische und internationale Angelegenheiten zu Slowenien, https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/slowenien; Auswärtiges Amt, Slowenien: Reise- und Sicherheitshinweise, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/slowenien-node/sloweniensicherheit/210644#content_0).
Darüber hinaus ist darauf hinzuweisen, dass der Antragsteller zusätzlich zu den vorstehend genannten Maßnahmen gehalten ist, das Risiko einer Ansteckung durch eigenes Verhalten zu minimieren, in dem er von individuellen Schutzmöglichkeiten Gebrauch macht, wie das Tragen einer Gesichtsmaske, die Einhaltung von Hygieneregeln (z.B. Händewaschen) oder das Wahren von Abstand zu anderen Personen. Gegebenenfalls könnten ihm – soweit erforderlich – für eine Übergangszeit etwa auch entsprechende Masken sowie Desinfektionsmittel mitgegeben werden.
Des Weiteren ist die Versorgungslage für die Bevölkerung in Slowenien – einschließlich international Schutzsuchender bzw. Schutzberechtigter – auch unter Berücksichtigung gewisser Einschränkungen nicht derart desolater Art, dass auch nur annähernd von einer allgemeinen Gefahrenlage i.S.d. § 60a Abs. 1 AufenthG gesprochen werden könnte.
Das Gericht geht schließlich nicht davon aus, dass eine Dublin-Überstellung in den zuständigen Mitgliedstaat sonst längerfristig aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht möglich wäre. Insbesondere ist nichts dafür ersichtlich, dass es binnen der regelmäßigen sechsmonatigen Überstellungsfrist nicht tatsächlich zu einer Überstellung des Antragstellers nach Slowenien kommen kann.
Nach alledem ist die Abschiebung des Antragstellers nach Slowenien weiterhin rechtlich zulässig und möglich.
Der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz war daher nach alledem abzulehnen.
Die Kostenfolge ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylG.