Aktenzeichen 10 ZB 16.2281
AufenthG § 61 Abs. 2 S. 1
VwGO § 113 Abs. 1 S. 4
RL 2013/33/EU Art. 15
GRCh Art. 15 Abs. 1
Leitsatz
1. Unzulässigkeit einer Fortsetzungsfeststellungsklage wegen des Fehlens eines besonderen Fortsetzungsfeststellungsinteresses, das sich nicht aus der Präjudizwirkung der beantragten Feststellung für die vom Kläger erhobene Schadensersatzklage auf Ersatz des entgangenen Arbeitslohns ergibt, die er auf einen unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch wegen rechtswidriger Verweigerung der beantragten Beschäftigungserlaubnis stützt. (redaktioneller Leitsatz)
2. Weder ergibt sich aus Art. 15 RL 2013/33/EU, welcher durch den Gesetzgeber in § 61 Abs. 2 S. 1 AsylG umgesetzt wurde, ein unmittelbarer Rechtsanspruch des jeweiligen Asylbewerbers auf Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis, wenn die zuständige Behörde nicht nach neun Monaten über seinen Antrag auf Gewährung internationalen Schutzes entschieden hat, noch gewährt Art. 15 Abs. 1 GRCh ein einklagbares Recht auf Arbeitsmarktzugang. (redaktioneller Leitsatz)
3. Besteht sowohl für den Gesetzgeber bei der Umsetzung der Richtlinienbestimmung als auch für die vollziehende Behörde bei der Anwendung des nationalen Rechts ein gewisser Gestaltungsspielraum, so reicht die bloße Verletzung von Gemeinschaftsrecht für einen qualifizierten Verstoß gegen Unionsrecht, der ein Verschulden im untechnischen Sinn des handelnden Organs erfordert, als Voraussetzung für einen Haftungsanspruch nicht aus. (redaktioneller Leitsatz)
4. Die Frage, ob das IMS vom 31. März 2015 in seiner Nr. 2.1 gegen Art. 15 RL 2013/33/EU verstößt, kann nicht Gegenstand einer Vorlage an den EuGH nach Art. 267 AEUV sein, da es sich bei den Vollzugshinweisen des Bayerischen Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr um keine Rechtsvorschrift des nationalen Rechts handelt, sondern lediglich um Vorgaben zur Ausübung des in der nationalen Rechtsvorschrift eingeräumten Ermessens im Einzelfall, sodass die Frage nicht klärungsbedürftig ist. (redaktioneller Leitsatz)
Verfahrensgang
M 10 K 16.207 2016-10-11 GeB VGMUENCHEN VG München
Tenor
I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Zulassungsverfahrens.
Gründe
Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt der Kläger seine in erster Instanz erfolglose Klage auf Feststellung, dass die im Bescheid des Beklagten vom 15. Dezember 2015 ausgesprochene Versagung der beantragten Beschäftigungserlaubnis rechtswidrig gewesen sei, weiter. Die ursprünglich erhobene Verpflichtungsklage, den Beklagten unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids vom 15. Dezember 2015 zur Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis nach § 61 Abs. 2 Satz 1 AsylG zu verpflichten, hat der Kläger in eine Fortsetzungsfeststellungsklage umgestellt, nachdem er seinen Asylantrag zurückgenommen hatte. Die Fortsetzungsfeststellungsklage diene der Vorbereitung einer Schadensersatzklage aufgrund eines unionsrechtlichen Haftungsanspruchs. Das Bayerische Verwaltungsgericht München hat die Zulässigkeit der Fortsetzungsfeststellungsklage bejaht, sie aber als unbegründet abgewiesen.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG) ist abzulehnen, weil die vom Kläger als grundsätzlich klärungsbedürftig bezeichnete Rechtfrage für den Ausgang des Rechtsstreits nicht erheblich ist. Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist bereits unzulässig (1.). Selbst wenn die Klage zulässig wäre, wäre der Antrag auf Zulassung der Berufung abzulehnen, weil die aufgeworfene Rechtsfrage keine grundsätzliche Bedeutung hat bzw. nicht entscheidungserheblich ist (2.). Die Berufung ist auch nicht deshalb zuzulassen, weil die formulierte Rechtsfrage in einem Berufungsverfahren dem Gerichtshof der Europäischen Union vorzulegen wäre (3.).
1. Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist wegen des Fehlens eines besonderen Fortsetzungsfeststellungsinteresses bereits unzulässig. Es kommt daher auf die vom Kläger als grundsätzlich klärungsbedürftig bezeichnete Frage, ob er als Asylbewerber aus einem sicheren Herkunftsland entgegen der Vollzugshinweise des Bayerischen Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr vom 31. März 2015 (IMS IA2-2018-1-8) aufgrund unionsrechtlicher Vorschriften im maßgeblichen Zeitpunkt einen Anspruch auf Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis nach § 61 Abs. 2 Satz 1 AsylG hatte, nicht mehr an, so dass der Antrag auf Zulassung der Berufung bereits deshalb keinen Erfolg haben kann. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts erweist sich jedenfalls im Ergebnis als zutreffend (vgl. Seibert in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Auflage 2014; § 124 Rn. 149 und 154).
1.1. Das geltend gemachte Fortsetzungsfeststellungsinteresse ergibt sich nicht aus der Präjudizwirkung der beantragten Feststellung für die vom Kläger erhobene Schadensersatzklage auf Ersatz des entgangenen Arbeitslohns, die er auf einen unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch wegen rechtswidriger Verweigerung der beantragten Beschäftigungserlaubnis stützt.
Ein solches Feststellungsinteresseinteresse kann nur bestehen, wenn die beabsichtigte Geltendmachung von Staatshaftungsansprüchen nicht offensichtlich aussichtslos ist. Bei der Prüfung dieses Ausschlusskriteriums ist ein strenger Maßstab anzulegen. Die Wahrscheinlichkeit eines Misserfolgs im zivilgerichtlichen Haftungsprozess genügt nicht. Offensichtlich aussichtslos ist eine Staatshaftungsklage jedoch, wenn der geltend gemachte Anspruch unter keinem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt besteht und dies sich ohne eine ins Einzelne gehende Würdigung aufdrängt (BVerwG, U.v. 14.1.1980 – 7 C 92.79 – juris, U.v. 29.4.1992 – 4 C 29.90 – juris, U.v. 8.12.1995 – 8 C 37.93 – juris). Der Verwaltungsprozess muss nicht zur Klärung öffentlich-rechtlicher Vorfragen der Staatshaftung fortgeführt werden, wenn der Kläger daraus wegen offenkundigen Fehlens anderer Anspruchsvoraussetzungen keinen Nutzen ziehen könnte (BVerwG, U.v. 16.5.2013 – 8 C 40.12 – juris Rn. 42).
Hier drängt sich schon ohne eine detaillierte rechtliche Würdigung auf, dass dem Kläger kein unionsrechtlicher Haftungsanspruch zusteht, weil die Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen. Es fehlt an einem hinreichend qualifizierten Verstoß gegen Gemeinschaftsrecht (1.1.1), weil weder der Gesetzgeber noch die Ausländerbehörde in entsprechender Weise gegen unionsrechtliche Vorschriften verstoßen haben (1.1.2).
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der sich insoweit auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs stützt, kommt ein unionsrechtlicher Staatshaftungsanspruch in Betracht, wenn ein Mitgliedstaat gegen eine Gemeinschaftsrechtsnorm verstoßen hat, die bezweckt, dem Einzelnen Rechte zu verleihen, der Verstoß hinreichend qualifiziert ist und zwischen diesem Verstoß und dem dem Einzelnen entstandenen Schaden ein unmittelbarer Kausalzusammenhang besteht
(EuGH, U.v. 5.3.1996 – C-46/93, C-48/93, Brasserie du pêcheur -, U.v. 30.9.2003 – C-224/01, Köbler -; BGH, U.v. 20.1.2005 – III ZR 48/01 -, U.v. 22.1.2009 – III ZR 233/07 -, jeweils juris). Ob diese Voraussetzungen vorliegen, haben die nationalen Gerichte unter Beachtung der vom Gerichtshof der Europäischen Union entwickelten Leitlinien festzustellen.
Ein Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht ist nur dann hinreichend qualifiziert, wenn der betreffende Mitgliedstaat bei der Wahrnehmung seiner Rechtsetzungsbefugnis die Grenzen, die der Ausübung seiner Befugnisse gesetzt sind, offenkundig und erheblich überschritten hat (EuGH, U. v. 5.3.1996, a.a.O., juris Rn. 45, 55; BGH, U. v. 18.10.2012 – III ZR 196/11 – juris Rn. 16 m.w.N.)
Diesem restriktiven Haftungsmaßstab liegt die Erwägung zu Grunde, dass die Wahrnehmung gesetzgeberischer Tätigkeit, insbesondere bei wirtschaftspolitischen Entscheidungen, nicht jedes Mal durch die Möglichkeit von Schadensersatzklagen behindert werden darf, wenn Allgemeininteressen den Erlass von Maßnahmen gebieten, die die Interessen des Einzelnen beeinträchtigen können. Nur wenn der Mitgliedstaat zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung über einen erheblich verringerten oder gar auf Null reduzierten Gestaltungsspielraum verfügte, kann schon die bloße Verletzung des Gemeinschaftsrechts ausreichen, um einen hinreichend qualifizierten Verstoß anzunehmen. Um festzustellen, ob ein hinreichend qualifizierter Verstoß vorliegt, sind alle Gesichtspunkte des Einzelfalls zu berücksichtigen, die für den dem nationalen Gericht vorgelegten Sachverhalt kennzeichnend sind. Zu diesen Gesichtspunkten gehören insbesondere das Maß an Klarheit und Genauigkeit der verletzten Vorschrift, die Frage, ob der Verstoß oder der Schaden vorsätzlich begangen bzw. zugefügt wurde oder nicht, die Frage, ob ein etwaiger Rechtsirrtum entschuldbar ist oder nicht, und die Frage, ob möglicherweise das Verhalten eines Gemeinschaftsorgans dazu beigetragen hat, dass nationale Maßnahmen oder Praktiken in gemeinschaftsrechtswidriger Weise eingeführt oder aufrechterhalten wurden (OVG Berlin-Bbg, U.v. 30.6. 2016 – OVG 1 B 2.14 – juris Rn. 81; BGH, U.v. 22.1.2009 – III ZR 233/07 – juris Rn. 22). Die vom Gerichtshof entwickelten Grundsätze zur Haftung eines Mitgliedstaats für Verstöße gegen Gemeinschaftsrecht gelten dabei für alle Staatsgewalten unabhängig davon, ob der schadensverursachende Verstoß dem Gesetzgeber, den Gerichten oder der Verwaltung des Mitgliedstaats anzulasten ist (BGH, U.v 18.10.2012 – III ZR 196/11 – juris Rn. 18 unter Verweis auf EuGH, U.v. 30.9.2003, a.a.O., Rn. 31 f.).
1.1.1 Hieran gemessen ist offensichtlich, dass weder dem Gesetzgeber ein qualifizierter Rechtsverstoß im Sinne einer offensichtlichen und zugleich erheblichen Überschreitung seiner Rechtsetzungsbefugnis noch der Ausländerbehörde bei der Entscheidung über den Antrag auf Erteilung einer Arbeitserlaubnis ein hinreichend qualifizierter Verstoß gegen Unionsrecht anzulasten ist.
Entgegen der vom Kläger im Zulassungsverfahren vertretenen Rechtsauffassung ergibt sich aus Art. 15 RL 2013/33/EU kein unmittelbarer Rechtsanspruch des jeweiligen Asylbewerbers auf Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis, wenn die zuständige Behörde nicht nach neun Monaten über seinen Antrag auf Gewährung von internationalem Schutz entschieden hat.
Schon der Wortlaut der Richtlinienbestimmung trägt die Ansicht des Klägers, die Vorschrift vermittle einen individuellen Rechtsanspruch, nicht. Nach Art. 15 Abs. 1 RL 2013/33/EU haben lediglich die Mitgliedstaaten dafür Sorge zu tragen, dass der Antragsteller spätestens neun Monate nach Stellung des Antrags auf internationalen Schutz Zugang zum Arbeitsmarkt erhält. Ein unmittelbar den einzelnen Antragsteller begünstigender Anspruch auf Zugang zum Arbeitsmarkt neun Monate nach Antragstellung lässt sich aus dieser Formulierung nicht herleiten. Vielmehr sieht Art. 15 Abs. 2 RL 2013/33/EU ausdrücklich vor, dass die Mitgliedstaaten die Voraussetzungen für den Zugang zum Arbeitsmarkt regeln dürfen und räumt ihnen damit einen Gestaltungsspielraum bei der Umsetzung des durch die Richtlinienbestimmung vorgegebenen Ziels ein. Die Rechtssetzungsbefugnis der Mitgliedstaaten ist ausschließlich durch das – wenig konkrete – Erfordernis der Effektivität des Arbeitsmarktzugangs beschränkt. Art. 15 Abs. 2 RL 2013/33/EU verbietet weder die Berücksichtigung arbeitsmarktpolitischer noch migrationspolitischer Gesichtspunkte.
Aus Art. 15 Abs. 1 GRCh ergibt sich nichts anderes. Entgegen der Auffassung des Klägers gewährt Art. 15 Abs. 1 GRCh kein (einklagbares) Recht auf Arbeit, weil aus der Grunderechtecharta keine sozialen Grundrechte hergeleitet werden (Ruffert in Callies/Ruffert, EUV, AEUV, 5. Auflage 2016, Art. 15 GRCh Rn. 3, 6). Auch unterliegt die Anwendung des Art. 15 Abs. 1 GRCh der Vorschrift des Art. 52 GRCh, d.h. Einschränkungen der Rechte und Grundsätze der Charta dürfen unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit vorgenommen werden, wenn sie erforderlich sind und den von der Union anerkannten dem Gemeinwohl dienenden Zielsetzungen tatsächlich entsprechen. Das in den Erwägungen der RL 2013/33/EU zum Ausdruck kommende öffentliche Interesse an der Verhinderung von rechtsmissbräuchlichem Verhalten bei der Beantragung von internationalem Schutz (Erwägungsgrund 25) rechtfertigt es, bestimmte Gruppen von Schutzsuchenden vom Arbeitsmarktzugang auszuschließen (siehe auch VGH BW, U.v. 29.4.2015 – A 11 S 57/15 – juris Rn. 45 zum Dublin-Verfahren und Art. 6 GG), wenn aufgrund der Aussichtslosigkeit des Asylbegehrens der begründete Verdacht besteht, dass der Asylantrag nur zum Zweck der Arbeitsmigration gestellt wird.
Besteht demnach sowohl für den Gesetzgeber bei der Umsetzung der Richtlinienbestimmung als auch für die vollziehende Behörde bei der Anwendung des nationalen Rechts ein gewisser Gestaltungsspielraum, so reicht die bloße Verletzung von Gemeinschaftsrecht für einen qualifizierten Verstoß gegen Unionsrecht als Voraussetzung für einen Haftungsanspruch nicht aus.
1.1.2 Anhaltspunkte für eine offenkundige oder erhebliche Verletzung unionsrechtlicher Vorschriften durch den Gesetzgeber bei der Umsetzung von Art. 15 RL 2013/33/EU in § 61 Abs. 2 Satz 1 AsylG oder durch die Verwaltungsbehörde bei der richtlinienkonformen Anwendung der nationalen Regelung hat der Kläger nicht dargelegt; sie sind auch nicht ersichtlich. Die Rechtsprechung verlangt für einen qualifizierten Verstoß letztlich ein Verschulden (im untechnischen Sinn) des handelnden Organs (VGH BW, U. v. 20.5.2015 – 6 S 494/15 – juris Rn. 27 m.w.N.), das Unionsrecht bietet keine völlig verschuldensunabhängige, von einem hinreichend qualifizierten Rechtsverstoß losgelöste Haftung (BGH, U.v. 16.4.2015 – III ZR 333713 – juris Rn. 48 m.w.N.). Ein solcher Verstoß des Gesetzgebers bzw. der Ausländerbehörde bei der Umsetzung bzw. Anwendung von Unionsrecht ist bezüglich der hier maßgebenden Vorschrift des § 61 Abs. 2 Satz 1 AsylG nicht erkennbar. Die Umsetzung der Richtlinienbestimmung des Art. 15 RL 2013/33/EU durch den Gesetzgeber in § 61 Abs. 2 Satz 1 AsylG als Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über den Antrag auf Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis ist durch den Wortlaut der unionsrechtlichen Vorgabe nicht ausgeschlossen (s.o. 1.1.1; vgl. auch BayVGH, B.v. 29.11.2016 – 10 ZB 16.906 – juris Rn. 5; B.v. 7.12.2016 – 10 ZB 16.631 – juris Rn. 5). Diese Auffassung wird auch in der Kommentarliteratur (Hailbronner, AsylVfG, Stand: März 2015; § 61 Rn. 16; Schröder in Hofmann, Ausländerrecht, 2. Aufl. 2016; § 61 AsylVfG Rn. 9; Bergmann in Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 11. Aufl. 2016, § 61 AsylG Rn. 1) vertreten. Zudem darf die Ausländerbehörde bei der Ermessensausübung im Rahmen des § 61 Abs. 2 Satz 1 AufenthG aufenthalts- und asylrechtlich relevante Zwecke verfolgen. Insbesondere kann die bisherige und voraussichtliche Dauer des Asylverfahrens berücksichtigt werden (Schröder, a.a.O., Rn. 9). Die der Verweigerung der Beschäftigungserlaubnis für Asylbewerber aus sicheren Herkunftsstaaten zugrunde liegende Annahme der Ausländerbehörde, dass bei diesen Asylbewerbern das Asylverfahren in relativ kurzer Zeit (negativ) abgeschlossen sein wird und daher weder unter dem Gesichtspunkt der Entlastung der sozialen Sicherungssysteme noch einer möglichst raschen Integration ein Zugang zum Arbeitsmarkt eröffnet werden muss, steht in Einklang mit den gesetzgeberischen Erwägungen zur Reduzierung der öffentlichen Sozialleistungen für Asylbewerber (BT-Drs. 17/3556 S. 8) und dem zugleich verfolgten Ziel, einem Missbrauch des Asylverfahrens entgegenzuwirken (siehe auch Erwägungsgründe 23 und 25 der Richtlinie 2013/33/EU). Für Asylbewerber aus sicheren Herkunftsstaaten, deren Asylanträge in der Regel als offensichtlich unbegründet abgelehnt werden (§ 29a Abs. 1 AsylG), soll nicht wegen einer großzügigen Öffnung des Arbeitsmarktes ein Anreiz dafür geschaffen werden, das Asylverfahren alleine wegen der Möglichkeit des Arbeitsmarktzugangs durchzuführen (vgl. VG Augsburg, U.v. 15.12.2015 – Au 1 K 15.1455; B. v. 22.12. 2015 – Au 1 K 15.1686).
2. Selbst bei unterstelltem Vorliegen eines Fortsetzungsfeststellungsinteresses bliebe der Antrag auf Zulassung der Berufung nach § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG erfolglos.
2.1 Die grundsätzliche Bedeutung der vom Kläger aufgeworfenen Rechtsfrage, ob sich unmittelbar aus Art. 15 RL 2013/33/EU ein Anspruch des einzelnen Asylbewerbers auf Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis ergibt, ist schon nicht den Anforderungen des § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG entsprechend dargelegt. Ein unmittelbarer Anspruch des einzelnen Antragstellers bestünde nur dann, wenn der nationale Gesetzgeber die Richtlinie innerhalb der Umsetzungsfrist nicht oder nicht hinreichend umgesetzt hätte. Insoweit bringt der Kläger lediglich vor, dass das IMS vom 31. März 2015 der Richtlinienbestimmung des Art. 15 RL 2013/33/EU entgegenstehe. Dabei handelt es sich jedoch um keine Umsetzungsregelung des nationalen Gesetzgebers. § 61 Abs. 2 Satz 4 AsylG, der die Erteilung von Beschäftigungserlaubnissen an Asylbewerber aus sicheren Herkunftsstaaten ausschließt, ist auf den Kläger, der seinen Asylantrag vor dem 31. August 2015 gestellt hat, nicht anwendbar, so dass sich die Frage, ob eine solche Regelung mit Art. 15 RL 2013/33/EU vereinbar ist, nicht stellt.
2.1 Soweit der Kläger die Frage aufwirft, ob das IMS vom 31. März 2015 gegen Art. 15 RL 2013/33/EU verstößt, fehlt es an der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtsfrage. Aus § 61 Abs. 2 Satz 1 AsylG folgt nicht, dass Asylbewerbern aus sicheren Herkunftsstaaten keine Beschäftigungserlaubnis erteilt werden darf, vielmehr stellt der Gesetzgeber die Erteilung der Beschäftigungserlaubnis in das Ermessen der Ausländerbehörde. Bei Ermessensentscheidungen handelt es sich stets um einzelfallbezogene Entscheidungen, die nicht einer grundsätzlichen Klärung zugeführt werden können, selbst wenn vorliegend das Ermessen der Behörde durch die ermessensbindenden Vorgaben aus dem IMS vom 31. März 2015 eingeschränkt ist. Das IMS vom 31. März 2015 schließt die Erteilung von Beschäftigungserlaubnissen an Asylbewerber aus sicheren Herkunftsstaaten nur grundsätzlich aus und lässt Ausnahmen im Einzelfall zu. Maßgebliche Kriterien sind die Aussichtslosigkeit des Asylantrags, Vertrauensschutzgesichtspunkte, das Interesse des Arbeitgebers und migrationspolitische Erwägungen.
Zudem sind die Vorgaben aus dem IMS vom 31. März 2015 inzwischen durch die Vollzugshinweise des Bayerischen Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr vom 1. September 2016 ersetzt (IA2-2081-1-8-19) ersetzt worden, die für Asylbewerber aus sicheren Herkunftsstaaten, die vor dem 31. August 2015 einen Asylantrag gestellt haben, ähnliche, aber unter dem Gesichtspunkt des effektiven Arbeitsmarktzugangs und des Schutzes vor aussichtslosen Asylanträgen differenzierte Vorgaben zur Ermessensausübung machen. Daher kommt es auf die Frage, ob das IMS vom 31. März 2015 den Vorgaben des Art. 15 RL 2013/33/EU entspricht, für künftige Entscheidungen über Anträge von Asylbewerbern, die ihren Asylantrag vor dem 31. August 2015 gestellt haben, nicht mehr an.
3. Die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ergibt sich auch nicht aus einer etwaigen Vorlagepflicht an den Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 Abs. 3 AEUV in einem künftigen Berufungsverfahren. Die vom Kläger formulierten Grundsatzfragen bedürfen keiner Vorlage an den Gerichtshof (3.1) bzw. sind nicht vorlagefähig (3.2).
3.1 Als konkrete Grundsatzfrage hat der Kläger innerhalb der Frist des § 78 Abs. 4 AsylG zunächst formuliert, ob sich unmittelbar aus Art. 15 RL 2013/33/EU für jeden einzelnen Antragsteller – unabhängig vom Herkunftsstaat – ein Anspruch auf Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis neun Monate nach Stellung des Antrags auf internationalen Schutz ergibt. Zur Klärung dieser Rechtsfrage bedarf es keiner Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs (vgl. EuGH, U.v. 6.10.1982 – CILFIT, C-283/81 – juris Rn. 21; U.v. 17.5.2001 – TNT Traco, C-340/99 – juris Rn. 30 ff.; U.v. 9.9.2015 – João Filipe Ferreira da Silva e Brito u. a./Estado português, C-160/14 – juris Rn. 38 ff.) muss ein letztinstanzliches nationales Gericht seiner Vorlagepflicht nachkommen, wenn sich in einem bei ihm anhängigen Verfahren eine Frage des Unionsrechts stellt, es sei denn, dass die gestellte Frage nicht entscheidungserheblich ist, dass die betreffende unionsrechtliche Bestimmung bereits Gegenstand einer Auslegung durch den Gerichtshof war oder dass die richtige Anwendung des Unionsrechts derart offenkundig ist, dass für einen vernünftigen Zweifel keinerlei Raum bleibt (vgl. BVerfG, B.v. 15.12.2016 – 2 BvR 221/11 – juris Rn. 30). Da Art. 15 RL 2013/33/EU schon seinem Wortlaut nach offensichtlich keinen unmittelbaren Anspruch auf Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis für den einzelnen Antragsteller begründet, sondern lediglich die Mitgliedstaaten mit der Zielvorgabe in die Pflicht nimmt und diesen aber die Bestimmung der Voraussetzungen für den Zugang zum Arbeitsmarkt überlässt, bestehen keine Zweifel, dass sich aus Art. 15 RL 2013/33/EU kein unmittelbarer Rechtsanspruch des jeweiligen Asylbewerbers auf Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis ergibt, weil den Mitgliedstaaten ein gewisser Gestaltungsspielraum verbleibt.
3.2 Weiter hält der Kläger die Frage, ob das IMS vom 31. März 2015 in seiner Nr. 2.1 gegen Art. 15 RL 2013/33/EU verstößt, für klärungsbedürftig. Diese Frage kann jedoch nicht Gegenstand einer Vorlage an den Europäischen Gerichtshof nach Art. 267 AEUV sein. Der Gerichtshof entscheidet im Wege der Vorabentscheidung über die Auslegung der Verträge und über die Gültigkeit und Auslegung der Handlungen der Organe. Nationale Rechtsvorschriften können Gegenstand einer Vorlage sein, wenn es um ihre Vereinbarkeit mit unionsrechtlichen Vorgaben geht (Wegener in Callies/Ruffert, EUV/AEUV, 5. Auflage 2016, Art. 267 Rn. 6). Bei den Vollzugshinweisen des Bayerischen Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr handelt es sich aber um keine Rechtsvorschrift des nationalen Rechts, sondern lediglich um Vorgaben zur Ausübung des in der nationalen Rechtsvorschrift eingeräumten Ermessens (vgl. BayVGH, B.v. 29.11.2016 – 10 ZB 16.906 – juris Rn. 7). Die vom Kläger gestellte Grundsatzfrage ist daher nicht vorlagefähig. Soweit die Vereinbarkeit eines nationalen Rechtsaktes mit unionsrechtlichen Vorgaben in Frage stünde, beschränkte sich der Gerichtshof in seiner Antwort im Übrigen auf die Auslegung des Unionsrechts. Die Anwendung des ausgelegten Rechts auf den konkret zur Entscheidung stehenden Einzelfall wäre allein Aufgabe des innerstaatlichen Gerichts. Die Frage, welche Anforderungen sich aus Art. 15 RL 2013/33/EU für das im Rahmen des § 61 Abs. 2 Satz 1 AsylG im Einzelfall auszuübende Ermessen ergäben, wäre letztlich wieder vom innerstaatlichen Gericht zu entscheiden.
Nach Ablauf der Monatsfrist des § 78 Abs. 4 AsylG hat der Kläger als grundsätzlich zu klärend die Frage aufgeworfen, ob es gegen Art. 15 RL 2013/33/EU verstößt, wenn Asylbewerbern, die sich schon neun Monate ohne Entscheidung im Asylverfahren befinden, der Zugang zum Arbeitsmarkt allein aufgrund der Herkunft aus einem als sicher deklarierten Herkunftsstaat versagt wird. Eine solche Regelung trifft die für den Kläger allein maßgebliche nationale Rechtsvorschrift des § 61 Abs. 2 Satz 1 AsylG jedoch nicht, so dass die gestellte Frage für das innerstaatliche Gericht auch nicht entscheidungserheblich ist und damit nicht Gegenstand einer Vorlage an den Gerichtshof sein kann. Soweit der Kläger auch in diesem Zusammenhang wieder auf das IMS vom 31. März 2015 abstellt, wird auf die obigen diesbezüglichen Ausführungen verwiesen.
Die Kostenfolge ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO. Das Verfahren ist gemäß § 83b AsylG gerichtskostenfrei.
Da Gerichtskosten nicht erhoben werden, erübrigt sich die Festsetzung des Streitwerts.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG). Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 11. Oktober 2016 rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG).