Aktenzeichen W 8 S 17.50346
Leitsatz
1. Derzeit ist nicht davon auszugehen, dass das tschechische Asylsystem an systemischen Mängeln leidet, aufgrund derer die dorthin rücküberstellten Asylbewerber einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt wären- (Rn. 12) (redaktioneller Leitsatz)
2. Asylsuchenden wird in Tschechien nach aktueller Erkenntnislage die notwendige medizinische Versorgung zugänglich gemacht. Die wesentlichen Medikamente sind erhältlich. (Rn. 15) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage wird abgelehnt.
II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Gründe
I.
Die Antragstellerin ist armenische Staatsangehörige. Sie reiste am 25. März 2017 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 11. April 2017 einen Asylantrag.
Nach den Erkenntnissen der Antragsgegnerin lagen Anhaltspunkte für die Zuständigkeit eines anderen Mitgliedstaats gemäß der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 (Dublin III-VO) vor. Auf ein Übernahmeersuchen vom 13. April 2017 reagierten die syrischen Behörden bislang nicht.
Mit Bescheid vom 14. Juni 2017 lehnte die Antragsgegnerin den Antrag als unzulässig ab (Nr. 1) und stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Nr. 2). Die Abschiebung in die tschechische Republik wurde angeordnet (Nr. 3). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG wurde auf sechs Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Nr. 4).
Am 22. Juni 2017 ließ die Antragstellerin im Verfahren W 8 K 17.50345 Klage erheben und im vorliegenden Verfahren beantragen,
die aufschiebende Wirkung der beiliegenden Klage wird wieder hergestellt.
Zur Begründung ließ die Antragstellerin im Wesentlichen vorbringen: Eine vorzeitige Abschiebung würde der Antragstellerin einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bescheren. Die Antragstellerin sei lebensbedrohlich erkrankt und benötige durchgehend eine medizinische Behandlung und häusliche Betreuung. Nach den Erfahrungen des Prozessbevollmächtigten werde eine Einreise nach Tschechien von den tschechischen Behörden aufgrund des lebensbedrohlichen Zustandes der Antragstellerin abgelehnt werden. Sie leide an einem fortgeschrittenen Unterleibskrebs. Am 21. Juni 2017 habe eine Chemotherapie begonnen. Die Krankheit sei lebensbedrohlich. Sie könne sich nicht selbst versorgen. Sie brauche insbesondere Hilfe im Haushalt, beim Kochen und der Körperpflege und diese leiste derzeit der Sohn.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte (einschließlich der Akte des Klageverfahrens W 8 K 17.50345) und die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.
II.
Bei verständiger Würdigung des Vorbringens der Antragstellerin ist der Antrag dahingehend auszulegen, dass sie die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen die Abschiebungsanordnung in Nr. 3 des Bundesamtsbescheides vom 14. Juni 2017 begehrt, zumal ein Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO betreffend die übrigen Nummern des streitgegenständlichen Bescheides unzulässig wäre.
Der Antrag gemäß § 80 Abs. 5 VwGO – betreffend die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsanordnung unter Nr. 3 des streitgegenständlichen Bescheids – ist zulässig, aber unbegründet.
Der angefochtene Bescheid des Bundesamts vom 14. Juni 2017 ist bei der im vorliegenden Verfahren gebotenen summarischen Prüfung in Nr. 3 rechtmäßig und verletzt die Antragstellerin nicht in ihren Rechten, so dass das öffentliche Vollzugsinteresse das private Interesse der Antragstellerin, vorläufig bis zur Entscheidung in der Hauptsache noch im Bundesgebiet verbleiben zu dürfen, überwiegt.
Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die zutreffenden Gründe des streitgegenständlichen Bescheides verwiesen (§ 77 Abs. 2 AsylG). Das Vorbringen in der Antragsbegründung führt zu keiner anderen Beurteilung.
Tschechien ist für die Durchführung des Asylverfahrens gemäß den Vorschriften der Dublin III-VO zuständig (§§ 34a, 29 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a AsylG i.V.m. der Dublin III-VO). Die Zuständigkeit Tschechiens ergibt sich vorliegend aus Art. 12 Abs. 2 und Art. 22 Abs. 7 Dublin III-VO.
Außergewöhnliche Umstände, die möglicherweise für ein Selbsteintrittsrecht gemäß Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO bzw. für eine entsprechende Pflicht der Antragsgegnerin nach Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO sprechen könnten, sind vorliegend nicht glaubhaft gemacht. Insbesondere ist nach derzeitigem Erkenntnisstand und unter Berücksichtigung der hierzu einschlägigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (vgl. EuGH, U.v. 21.12.2011 – C-411/10 u.a. – NVwZ 2012, 417) nicht davon auszugehen, dass das tschechische Asylsystem an systemischen Mängeln leidet, aufgrund derer die dorthin rücküberstellten Asylbewerber einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 der Grundrechtscharta (GRCharta) ausgesetzt wären. Nach den dem Gericht vorliegenden Erkenntnissen bestehen keine Anhaltspunkte für das Vorliegen solcher Mängel im tschechischen Asylsystem (vgl. BayVGH, B.v. 17.8.2015 – 11 B 15.50111 – juris sowie etwa VG Düsseldorf, B.v. 29.05.2017 – 12 L 1477/17.A – juris, jeweils m.w.N.), zumal die Antragstellerin nichts Dahingehendes vorgebracht hat. Vielmehr existiert in der Tschechischen Republik ein rechtsstaatliches Asylverfahren mit gerichtlicher Beschwerdemöglichkeit. Dublinrückkehrer haben Zugang zum Asylverfahren (vgl. nur BFA, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Tschechische Republik vom 16.08.2016, S. 6 und 7 m.w.N.).
Ferner ist nicht ersichtlich, dass die Antragsgegnerin ermessensfehlerhaft keinen Gebrauch von ihrem Selbsteintrittsrecht nach Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO gemacht hat.
Konkret sind keine gewichtigen Erkrankungen ersichtlich – vorgebracht wurde insbesondere: Fortgeschrittener Unterleibskrebs, Chemotherapie -, die in der Tschechischen Republik nicht behandelt bzw. weiterbehandelt werden könnten. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist (vgl. § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG).
Aufgrund der aktuellen Erkenntnislage ist davon auszugehen, dass Asylsuchenden in Tschechien die notwendige medizinische Versorgung zugänglich gemacht wird und die wesentlichen Medikamente erhältlich sind (vgl. insbesondere BayVGH, B.v. 17.8.2015 – 11 B 15.50111 – juris Rn. 25: „In den Unterbringungseinrichtungen sind die medizinische Versorgung, Freizeitmöglichkeiten, Schulbildung und Kontakt mit Rechtsanwälten gewährleistet (Synthesis Report -Detention: Annex 3 Detention conditions and other quality criteria, Table A3.B)“). Nach Auskunft des tschechischen Innenministeriums haben Dublin-Rückkehrer denselben Zugang zu kostenloser Gesundheitsversorgung und Unterbringung wie andere Antragsteller. In Tschechien erfolgt nach Einreise/Überstellung eine medizinische Untersuchung (vgl. BFA, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Tschechische Republik vom 16.8.2016, S. 7, 8 und 9).
Weiter ist zu den für die Antragstellerin geltend gemachten Erkrankungen anzumerken, dass diese Erkrankungen grundsätzlich nicht die Annahme einer Gefahrenlage im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG rechtfertigen. Der Gesetzgeber hat mittlerweile ausdrücklich klargestellt, dass eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen nur bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen vorliegt, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundes-republik Deutschland gleichwertig ist (vgl. § 60 Abs. 7 Sätze 2 und 3 AufenthG). Neben diesen materiellen Kriterien für die Gesundheitsgefahren, die im Übrigen auf eine bestehende Rechtsprechungslinie aufbauen, hat der Gesetzgeber zudem in § 60a Abs. 2c AufenthG – ebenfalls angelehnt an entsprechende Rechtsprechung – ausdrücklich auch prozedurale Vorgaben für ärztliche Atteste zur hinreichenden Substanziierung des betreffenden Vorbringens aufgestellt (vgl. Kluth, ZAR 2016, 121; Thym, NVwZ 2016, 409 jeweils mit Nachweisen zur Rechtsprechung). Der Ausländer muss eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen. Daran fehlt es hier.
Dem vorgelegten Krankenbericht der Uniklinik Würzburg (Tumorboard Frauenklinik) vom 9. Juni 2017 ist neben der Diagnose (fortgeschrittener Unterleibskrebs) zu entnehmen, dass eine Strahlentherapie nicht möglich sei und am 21. Juni 2017 eine Chemotherapie begonnen habe, wie ein handschriftlichen Zusatz belegt.
Weitere ärztliche Aussagen bzw. sonstige Atteste wurden indes nicht vorgelegt, geschweige denn solche, denen zu entnehmen wäre, dass die Behandlung bzw. Weiterbehandlung der Antragstellerin gerade und nur in der Bundesrepublik Deutschland erfolgen könnte und nicht auch in Tschechien möglich wäre. Entgegen der gesetzlichen Vorgaben in § 60a Abs. 2c Satz 3 AufenthG enthält die vorliegende ärztliche Stellungnahme gerade keine Aussage über die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben.
Ausgehend von dieser Rechtslage ist gerade im Hinblick auf die geltend gemachten Erkrankungen der Antragstellerin festzustellen, dass – wie bereits oben ausgeführt – entsprechende Behandlungsmöglichkeiten auch in Tschechien existieren. Die Antragstellerin ist von Rechts wegen gehalten, alsbald und mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohenden wesentlichen bzw. lebensbedrohlichen Gesundheitsverschlechterungen im Rahmen des zur Verfügung stehenden tschechischen Gesundheitssystems zu begegnen und die dortigen Möglichkeiten auszuschöpfen, um eventuelle Gesundheitsgefahren zu vermeiden bzw. jedenfalls zu minimieren und ihnen die Spitze zu nehmen.
Zudem liegt nach § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen nur bei lebensbedrohlichen und schwerwiegenden Erkrankungen vor, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Konkret ist die durch eine Krankheit verursachte Gefahr, wenn die gravierende Verschlechterung des Gesundheitszustandes alsbald nach Abschiebung in den Zielstaat eintreten würde, weil eine adäquate Behandlung dort nicht möglich ist (BVerwG, U.v. 17.10.2006 – 1 C 18/05 – BVerwGE 127, 33). Für die Annahme einer solchen Gefahr fehlen greifbare Anhaltspunkte, insbesondere Fehlen diesbezüglicher qualifizierte ärztliche Aussagen. Nach den vorliegenden Erkenntnissen ist, wie bereits ausgeführt, die Behandlung von psychischen und sonstigen Erkrankungen in Tschechien hinreichend gewährleistet.
Das Gericht geht weiter davon aus, dass die mit der Rückführung befassten deutschen Behörden im vorliegenden Einzelfall – soweit erforderlich – geeignete Vorkehrungen zum Schutz der Antragstellerin treffen werden. Auf die Verpflichtung aus Art. 29 Abs. 1 UA 2 Dublin III-VO wird hingewiesen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts kann es in Einzelfällen geboten sein, vor einer Rückverbringung mit den im Zielstaat zuständigen Behörden Kontakt aufzunehmen, den Sachverhalt zu klären und gegebenenfalls zum Schutz des Ausländers Vorkehrungen zu treffen (vgl. BVerfG, B.v. 17.9.2014 – 2 BvR 1795/14 – Asylmagazin 2014, 341m.w.N.). Die der zuständigen Behörde obliegende Pflicht, gegebenenfalls durch eine entsprechende Gestaltung der Abschiebung die notwendigen Vorkehrungen zu treffen, damit eine Abschiebung verantwortet werden kann, kann es in Einzelfällen gebieten, sicherzustellen, dass erforderliche Hilfen rechtzeitig nach der Ankunft im Zielstaat zur Verfügung stehen, wobei der Ausländer regelmäßig auf den dort allgemein üblichen Standard zu verweisen ist (vgl. dazu OVG LSA, B.v. 20.6.2011 – 2 M 38/11 – InfAuslR 2011, 390, 392).
So liegt es auch im vorliegenden Fall. Das zuständige Bundesamt hat in Abstimmung mit den Behörden des Zielstaats sicherzustellen, dass die Antragstellerin bei der Übergabe an diese – soweit medizinisch erforderlich – eine Weiterbehandlung sowie hinreichende ärztliche Versorgung erhält, um erhebliche konkrete Gesundheitsgefahren auszuschließen.
Des Weiteren ist die Antragsgegnerin nach Art. 32 Abs. 1 Satz 1 Dublin III-VO bei der Überstellung gehalten, dem zuständigen Mitgliedsstaat Informationen über die besonderen Bedürfnisse bezüglich der Gesundheit der zu überstellenden Person zu übermitteln, um es den zuständigen Behörden im zuständigen Mitgliedsstaat gemäß den innerstaatlichen Recht zu ermöglichen, diese Person in geeigneter Weise zu unterstützen – unter anderem die unmittelbar notwendige medizinische Versorgung zu leisten – und um die Kontinuität des Schutzes und der Rechte sicherzustellen, die die Dublin III-VO und andere einschlägige Bestimmungen des Asylrechts gebieten. Dem Zielstaat wird daher im Vorfeld der Rückführung bei Vereinbarung eines Überstellungstermins mitgeteilt, wenn eine Person unmittelbar nach der Ankunft in ärztliche Hände übergeben werden soll. Soweit dieser Informationsaustausch erfolgt, genügt der überstellende Staat grundsätzlich den Vorgaben der Europäischen Menschenrechtskonvention, so dass selbst bei Überstellung von besonders schutzbedürftigen Personen, wie etwa psychisch Kranken, keine grundlegenden Einwände bestehen (vgl. Thym, ZAR 2013, 331 mit Verweis auf die Rechtsprechung des EGMR sowie etwa VG München, U.v. 6.5.2016 – M 12 K 15.50793 – juris; VG Würzburg, B.v. 5.3.2014 – W 6 S. 14.30235 – juris).
Schließlich sind auch inlandsbezogene Abschiebungshindernisse, die die Antragsgegnerin selbst zu berücksichtigen hätte, nicht ersichtlich. Eine Reise- oder Transportunfähigkeit wurde von der Antragstellerin nicht substanziiert geltend gemacht und ist auch sonst nicht ersichtlich, insbesondere liegen dazu keine ärztlichen Belege vor. Mögliche krankheitsbedingten Gefahren kann und muss – wie schon ausgeführt – gegebenenfalls durch geeignete Maßnahmen sowohl bei der Überstellung als auch bei der Ankunft in Tschechien Rechnung getragen werden (vgl. auch VG München, U.v. 6.5.2016 – M 12 K 15.50793 – juris). Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass eine ärztliche Bescheinigung ohne Aussagen zur Reisefähigkeit bzw. zur Reiseunfähigkeit des Betreffenden nicht die Anforderungen an eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung nach § 60a Abs. 2c Satz 3 AufenthG erfüllt (BayVGH, B.v. 9.5.2017 – 10 CE 17.750 – juris).
Soweit der Antragstellerbevollmächtigte – allerdings ohne weitere Plausibilisierung – vorbringt, dass nach seinen Erfahrungen die tschechischen Behörden aufgrund des lebensbedrohlichen Zustands der Antragstellerin die Einreise ablehnen würden, ist dem entgegenzuhalten, dass Tschechien rechtlich zur Übernahme verpflichtet ist und dem Gericht keine greifbaren Erkenntnisse vorliegen, dass die Tschechische Republik ihren Verpflichtungen aus der Dublin III-VO tatsächlich nicht nachkommen würde, zumal sie einer Übernahme der Antragstellerin trotz Anfrage (Übernahmeersuchen vom 13.4.2017) nicht widersprochen hat.
Auch der Umstand, dass die Antragstellerin zusammen mit ihrem Sohn eingereist ist, der sie unterstützt, führt, nicht zu einem anderen Ergebnis. Denn der Sohn ist volljährig, so dass der Antragstellerin die Vorschrift des § 43 Abs. 3 i.V.m. § 26 Abs. 1 bis 3 AsylG nicht zugutekommt. Eine (vorübergehende) Trennung von Mutter und volljährigem Sohn ist zumutbar und von Rechts wegen nicht ausgeschlossen. Auch Art. 2 Buchst. g Dublin III-VO definiert volljährige Kinder nicht als Familienangehörige; eine schützenswerte Familieneinheit liegt demnach nicht vor.
Des Weiteren besteht auch kein Anspruch auf Selbsteintritt gemäß Art. 16 Dublin III-VO. Zweck des Art. 16 Abs. 1 Dublin III-VO ist es wegen einer aktuellen Hilfsbedürftigkeit Hilfeleistung, Unterstützung und familiäre Fürsorge, etwa auch durch ein volljährigen Kindes, zu ermöglichen; eine Trennung soll vermieden werden. Voraussetzung für die Anwendung des § 16 Abs. 1 Dublin III-VO ist, dass anhand von Attesten glaubhaft ist, dass der Betreffende an einer schweren Krankheit leidet, aufgrund der er zwingend auf die Unterstützung angewiesen wäre. Dabei ist das die Zuständigkeit begründete Abhängigkeitsverhältnis auf Ausnahmesituationen besonderer Hilfsbedürftigkeit beschränkt. Allein das Vorhandensein – auch einer schweren Erkrankung – begründet noch keinen Anspruch auf die Ausübung des Selbsteintrittsrechts, wenn diese wie hier regelmäßig auch im zuständigen Mitgliedsstaat behandelbar ist (VG München, U.v. 6.5.2016 – M 12 K 15.50793 – juris).
Die Voraussetzungen des Art. 16 Abs. 1 Dublin III-VO liegen danach nicht vor. Erforderlich ist nämlich eine besondere Hilfsbedürftigkeit, die sich zum gegenwärtigen Entscheidungszeitpunkt nicht feststellen lässt. Es fehlen qualifizierende ärztliche Atteste, denen entnommen werden könnte, dass insofern eine mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohende Gefahr des Eintritts gravierender gesundheitliche Folgen im Fall der Trennung besteht, denen nicht anders begegnet werden könnte, als mit einer gemeinsamen Anwesenheit in Deutschland. Insbesondere enthält der vorliegende Krankenhausbericht vom 9. Juni 2017 keine Aussage zur konkreten Hilfsbedürftigkeit der Antragstellerin und der möglicherweise erforderlichen Unterstützung durch ihren Sohn.
Des Weiteren befindet sich volljährige Sohn selbst im Dublin-Verfahren und hält sich nicht rechtmäßig in Deutschland auf. Denn die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts des Sohnes im Sinne von Art. 16 Abs. 1 Dublin III-VO setzt voraus, dass dieser durch einer exekutiven oder legislativen Akt legalisiert wurde. Eine Gestattung nach § 55 Abs. 1 AsylG stellt keine derartige Legalisierung dar (vgl. VG München, B.v. 30.12.2015 – M 12 S. 15.50773 – juris). § 55 Abs. 1 AsylG vermittelt nur ein vorübergehendes verfahrensbegleitendes Aufenthaltsrecht, aber keinen dauerhaft rechtmäßigen Aufenthalt im Sinne des Art. 16 Dublin III-VO (VG Berlin, B.v. 20.8.2015 – 33 L 244.15 A – juris). Außerdem wurde der Antrag des Sohnes der Antragstellerin von der Antragsgegnerin ebenfalls mit Bescheid vom 14. Juni 2017 abgelehnt und die Abschiebung auch des Sohnes nach Tschechien angeordnet. Ein dagegen gestellter Sofortantrag wurde abgelehnt (vgl. VG Würzburg, B.v. 28.06.2017 – W 8 S. 17.50344).
Abgesehen davon, dass selbst bei einer getrennten Überstellung der Antragstellerin von ihrem volljährigen Sohn eine (vorübergehende) Trennung zumutbar erscheint, ist weiter nicht ersichtlich, dass die von der Antragstellerin seitens ihres Sohnes benötigte Hilfe in Tschechien bzw. in Deutschland nicht auch anderweitig gewährt werden könnte.
Im Ergebnis hat die Antragstellerin keinen Anspruch, dass die Vollziehbarkeit der Abschiebungsanordnung mit Rücksicht auf ihrem Sohn vorläufig ausgesetzt wird.
Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage war daher abzulehnen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben, § 83b AsylG.