Aktenzeichen AN 3 S 16.50175
Dublin III-VO Dublin III-VO Art. 3 Abs. 2, Art. 9 Abs. 5, Art. 17 Abs. 1, Art. 18 Abs. 1, Art.23 Abs. 2, Art. 29 Abs. 1
EMRK EMRK Art. 3
Leitsatz
Asylverfahren und Aufnahmebedingungen in Ungarn weisen keine systemischen Mängel auf. Asylbewerbern droht dort keine unmenschliche oder erniedrigender Behandlung. (redaktioneller Leitsatz)
Weder die mögliche Anwendung von Asylhaft noch die Verkürzung des Asylverfahren oder die Erklärung von Serbien zum sicheren Drittstaat begründen systemische Mängel. (redaktioneller Leitsatz)
In Ungarn wird auf die speziellen Belangen von Familien mit Kindern Rücksicht genommen. Hausärztliche Betreuung ist möglich. (redaktioneller Leitsatz)
Das Einreise- und Aufenthaltsverbot gilt nur im Falle der Abschiebung. Ein Eilantrag gegen die Befristung hindert die Abschiebung nicht und kann auch vom Abschiebezielstaat aus geführt werden. (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
1. Die Anträge werden abgelehnt.
2. Die Antragsteller haben die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.
3. Der Gegenstandswert beträgt 3.500,00 EUR.
Gründe
I.
Die Antragsteller sind irakische Staatsangehörige und yezidischer Religionszugehörigkeit. Die Antragstellerin zu 1) ist die Mutter der im Jahre 2000 geborenen Antragstellerin zu 2) und des im Jahre 2004 geborenen Antragstellers zu 3).
Nach eigenen Angaben reisten die Antragsteller am 13. August 2015 auf dem Landweg in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellten am 19. November 2015 auf § 3 Abs. 1 AsylG beschränkte Asylanträge.
Den Erkenntnissen des Bundesamtes zufolge (EURODAC-Treffer vom 19. November 2015) lagen Anhaltspunkte für die Zuständigkeit eines anderen Staates gemäß der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (Dublin-III-Verordnung) hinsichtlich Ungarn vor.
Am 3. Dezember 2015 wurde ein Übernahmeersuchen nach der Dublin III-VO an Ungarn gerichtet. Mit Schreiben vom 17. Dezember 2015 erklärte das ungarische „Office of Immigration and Nationality“, dass es die Antragsteller mangels Identifizierung nicht übernehmen könne, da die Antragstellerin zu 1) in Ungarn am 7. August 2015 Asyl beantragt habe, und zwar für sich und drei ihrer Kinder, die in Ungarn unter den Namen …bekannt seien. Mit Schreiben des Bundesamts vom 12. Januar 2016 erklärte das Bundesamt, dass es sich bei den in Ungarn registrierten Bewerbern … um die Antragsteller zu 2) und 3) handelte. Das in Ungarn registrierte dritte Kind der Antragstellerin zu 1) werde in Deutschland aufgrund seines Alters unter einem eigenen Aktenzeichen geführt.
Daraufhin erklärten die ungarischen Behörden am 13. Januar 2016 ihre Bereitschaft zur Wiederaufnahme der Antragsteller nach Art. 18 Abs. 1 lit.b) Dublin III-VO.
In ihrer Befragung zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates am 11. Januar 2016 gab die Antragstellerin zu 1) an, dass weitere, volljährige Kinder von ihr in Deutschland lebten. Auf deren Unterstützung sei sie nicht angewiesen. Sie und ihre Familie seien in Ungarn eingesperrt gewesen und schlecht behandelt worden; sie hätten nichts zu essen bekommen.
Mit Schreiben vom 2. Februar 2016 legte der Prozessbevollmächtige der Antragsteller ein ärztliches Attest für die Antragstellerin zu 1) vom 26. Januar 2016 vor. Ausgestellt wurde dieses vom praktischen Arzt Dr. …. Danach leide die Antragstellerin zu 1) unter schwerer Depression mit Unruhe, Panikattacken und Angstzuständen. Die Diagnose sei eine schwere Depression und Kriegsopfer mit schweren posttraumatischen Beschwerden. Regelmäßige hausärztliche Betreuung werde benötigt. Die Dauer der Erkrankung werde bis 6 Monate andauern, die diesbezügliche Reisefähigkeit der Antragsteller insgesamt sei nicht gegeben.
Auf den Inhalt des Attests wird Bezug genommen.
Mit Bescheid vom 24. Mai 2016, als Einschreiben am 25. Mai 2016 zur Post gegeben, lehnte die Antragsgegnerin die Asylanträge der Antragsteller als unzulässig ab (Ziffer 1), ordnete ihre Abschiebung nach Ungarn an (Ziffer 2) und befristete das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 Abs. 1 AufenthG auf sechs Monate ab dem Tag der Abschiebung (Ziffer 3).
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, in Ungarn lägen keine systemischen Mängel im Asylverfahren und in den Aufnahmebedingungen vor. Bei den von der Antragstellerin zu 1) genannten, in Deutschland lebenden Verwandten handle es sich nicht um Familienangehörige nach Art. 2 lit.g) Dublin III-VO. Das eingereichte ärztliche Attest sei nicht von einem Facharzt für Psychologie oder ähnlicher Qualifikation ausgestellt worden. Für eine weitere Verkürzung der Wiedereinreisefrist bestünden keine Anhaltspunkte.
Auf den Inhalt des Bescheides wird vollumfänglich Bezug genommen.
Mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten, der am 30. Mai per Telefax 2016 beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach einging, ließen die Antragsteller Klage gegen den genannten Bescheid erheben (AN 3 K 16.50176) und beantragten gleichzeitig,
die aufschiebende Wirkung der Klagen anzuordnen.
Zur Begründung wird im Wesentlichen vorgetragen, dass in Ungarn systemische Mängel im Asylverfahren bestünden.
Mit Schriftsatz vom 2. Juni 2016 beantragt die Antragsgegnerin,
den Antrag abzulehnen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der beigezogenen Behörden- und Gerichtsakten Bezug genommen.
II.
Die Anträge gemäß § 80 Abs. 5 VwGO, die aufschiebende Wirkung der Klagen gegen den Bescheid des Bundesamtes vom 24. Mai 2016 anzuordnen, sind zulässig, aber unbegründet.
Die Klagen gegen den streitgegenständlichen Bescheid des Bundesamtes haben gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i. V. m. § 75 Abs. 1 AsylG keine aufschiebende Wirkung. Jedoch kann das Gericht gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen, wenn das Interesse auf Aussetzung des Vollzugs das öffentliche Interesse an der Vollziehung des Bescheids überwiegt. Hierbei sind im Wesentlichen auch die Erfolgsaussichten der Klagen in der Hauptsache zu berücksichtigen. Die Klagen der Antragsteller werden mit hoher Wahrscheinlichkeit keinen Erfolg haben. Die angefochtene Abschiebungsanordnung erweist sich unter Berücksichtigung der maßgebenden tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zum Zeitpunkt der Entscheidung (§ 77 Abs. 1 AsylG) aller Voraussicht nach als rechtmäßig (1.).
Dies gilt auch hinsichtlich der in Ziffer 3 des Bescheides verfügten Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots (2.).
1.
Rechtsgrundlage für die Anordnung der Abschiebung ist § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG. Danach ordnet das Bundesamt die Abschiebung in den für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann.
a)
Die Antragsgegnerin ist zutreffend davon ausgegangen, dass Ungarn nach Art. 18 Abs. 1b Dublin III-VO für die Bearbeitung des Antrages auf internationalen Schutz und für die Wiederaufnahme der Antragsteller zuständig ist. Ungarn hat mit Schreiben vom 13. Januar 2016 erklärt, die Antragsteller aufzunehmen.
Die Frist von zwei Monaten, die Art. 23 Abs. 2 Dublin III-VO der Bundesrepublik Deutschland für die Stellung eines Wiederaufnahmegesuchs einräumt, beginnt mit der EURODAC-Treffermeldung nach Art. 9 Abs. 5 der Dublin III-VO zu laufen. Diese erfolgte hier am 19. November 2015 und diese Frist lief demzufolge am 19. Januar 2015 ab, §§ 31 VwVfG, 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 BGB. Das Ersuchen der ungarischen Behörden um Wiederaufnahme vom 3. Dezember 2015 geschah fristgemäß.
Damit ist Ungarn gemäß Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin III-Verordnung verpflichtet, die Antragsteller innerhalb einer Frist von sechs Monaten, nachdem es die Wiederaufnahme akzeptiert hat bzw. innerhalb von sechs Monaten nach der Entscheidung über den Rechtsbehelf, wenn dieser aufschiebende Wirkung hat, wieder aufzunehmen. Diese Frist ist vorliegend noch nicht abgelaufen und die Überstellung kann erfolgen. Die Frist für die Überstellung begann am 14. Januar 2016 und endet am 13. Juli 2016, § 31 VwVfG, §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 BGB.
b)
Die Antragsteller können nicht mit Erfolg geltend machen, sie hätten in Ungarn keinen Antrag auf Zuerkennung internationalen Schutzes gestellt. Denn bei den Vorschriften der Dublin III-Verordnung handelt es sich überwiegend um Normen, die die Zuständigkeit für die Durchführung des Asylverfahrens regeln und dem Antragsteller gerade kein subjektives Recht darauf einräumen, dass sein Asylverfahren in einem bestimmten Mitgliedsstaat durchgeführt wird (vgl. Beck´scher Online-Kommentar AuslR, Kluth/Heusch, Stand 1.5.2015, Rn. 29 und 30 zu § 27a AsylVfG). Entscheidend ist, dass Ungarn aufgrund der der o.g. Regelungen der Dublin III-Verordnung für die Durchführung des Verfahrens der Antragsteller zuständig geworden ist.
c)
Besondere Umstände, die die Zuständigkeit der Antragsgegnerin nach Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO begründen oder zur Ausübung ihres Selbsteintrittsrechts nach Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO führen würden, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
Denn es bestehen keine wesentlichen Gründe für die Annahme, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen in Ungarn für die Antragsteller systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 der EU-Grundrechtecharta mit sich bringen, so dass die Überstellung nach Ungarn möglich ist.
aa)
Eine systemisch begründete, ernsthafte Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 EU-GRCh bzw. Art. 3 EMRK muss im Sinne einer Selbstbetroffenheit speziell auch gerade für den jeweiligen Rechtsschutzsuchenden in seiner konkreten Situation bestehen. Sie liegt maßgeblich dann vor, wenn mit Blick auf das Gewicht und das Ausmaß einer drohenden Beeinträchtigung dieses Grundrechts mit einem beachtlichen Grad von Wahrscheinlichkeit die reale, nämlich durch eine hinreichend gesicherte Tatsachengrundlage belegte Gefahr besteht, dass dem Betroffenen in dem Mitgliedsstaat, in den er überstellt werden soll, entweder schon der Zugang zu einem Asylverfahren, welches nicht mit grundlegenden Mängeln behaftet ist, verwehrt oder massiv erschwert wird, das Asylverfahren an grundlegenden Mängeln leidet oder, dass es während der Dauer des Asylverfahrens wegen einer grundlegen defizitären Ausstattung mit den notwendigen Mitteln elementare Grundbedürfnisse des Menschen (wie z. B. Unterkunft, Nahrungsaufnahme und Hygienebedürfnisse) nicht in einer noch zumutbaren Weise befriedigen kann (vgl. OVG NRW, U. v. 7.3.2015 – 1 A 21/12.A -, DVBl 2014,709ff.).
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts muss sich der Tatrichter zur Widerlegung der auf dem Prinzip gegenseitigen Vertrauens unter den Mitgliedsstaaten gründenden Vermutung, die Behandlung der Asylbewerber stehe in jedem Mitgliedsstaat in Einklang mit den Erfordernissen der Grundrechte-Charta sowie mit der Genfer Flüchtlingskonvention und der EMRK, die Überzeugungsgewissheit (§ 108 Abs. 1 VwGO) verschaffen, dass der Asylbewerber wegen systemischer Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen in dem eigentlich zuständigen Mitgliedsstaat mit beachtlicher, d. h. überwiegender Wahrscheinlichkeit einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt wird. Die Widerlegung dieser Vermutung aufgrund systemischer Mängel setzt deshalb voraus, dass das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen im zuständigen Mitgliedsstaat aufgrund größerer Funktionsstörungen regelhaft so defizitär sind, dass anzunehmen ist, dass dort auch dem Asylbewerber im konkret zu entscheidenden Einzelfall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht (BVerwG, B. v. 6.6.2014 – 10 B 35/14, juris).
Maßgeblich für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage in dem zuständigen Mitgliedsstaat sind die regelmäßigen Berichte von internationalen Nichtregierungsorganisationen, Berichte der Kommission zur Bewertung des Dublin-Systems und Berichte des UNHCR zur Lage von Flüchtlingen und Migranten vor Ort. Den Berichten des UNHCR zur Lage von Flüchtlingen und Migranten vor Ort kommt bei der Beurteilung der Funktionsfähigkeit des Asylsystems in dem nach der Dublin III-Verordnung zuständigen Mitgliedsstaat besondere Relevanz zu.
bb)
Nach diesen Grundsätzen ist auf Grundlage des dem Gericht vorliegenden, aktuellen Erkenntnismaterials zur Situation von Asylbewerbern in Ungarn jedenfalls für die Antragsteller derzeit nicht ernsthaft zu befürchten, dass in Ungarn das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber systemische Mängel aufweisen, die einen Verstoß gegen die Genfer Flüchtlingskonvention oder eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne von Art. 4 EU-GRCh bzw. Art. 3 EMRK begründen könnten (vgl. Lagebericht zum Mitgliedstaat Ungarn des Liaisonmitarbeiters des Bundesamtes beim ungarischen Amt für Einwanderung und Staatsbürgerschaft vom 13. Januar 2016; Stellungnahme des Juristischen Dienstes der Europäischen Kommission vom 30. Oktober 2015 an das Verwaltungsgericht Köln; Human Rights Watch vom 1. Dezember 2015, Hungary: Locked Up for Seeking Asylum, abrufbar unter http://www.refworld.org/country,,,,HUN,,566a8a684,0.html; Bericht des Hungarian Helsinki Committee zu den Änderungen des ungarischen Asylrechts vom 7. August 2015, abrufbar unter http:/helsinki.hu/wpcontent/uploads/HHC-HU-asylumlawamendment-2015-Augustinfonote.pdf; Bericht des Hungarian Helsinki Committee zu Asylhaft und zu den Dublin-Verfahren in Ungarn, Stand Mai 2014; Stellungnahme des UNHCR vom 9.5.2014 an das VG Düsseldorf im Verfahren 13 L 172/14.A jeweils abrufbar unter https://milo.bamf.de; Ungarn Länderbericht des AIDA (Asylum Information Database), Stand November 2015, abrufbar unter http://www.refworld.org/country,,,,HUN,,56652db64,0.html; AIDA (Asylum Information Database), Crossing Boundaries, Oktober 2015, abrufbar unter http://ecre.org/component/downloads/downloads/1056; Bericht von bordermonitoring.eu, Stand Oktober 2013, abrufbar unter http://bordermonitoring.eu; Amnesty International Juli 2015: „Europe’s Borderlands – Violations against refugees and migrants in Macedonia, Serbia and Hungary“, abrufbar unter http://www.amnestyusa.org/research/reports/europesborderlandsviolationsagainstmigrantsandrefugeesinmacedoniaserbiaandhungary; Amnesty International zur Lage der Flüchtlinge in Ungarn Oktober 2015 :“Fenced out-Hungary’s violations of the rights of refugees and migrants“, abrufbar unter http://www.amnesty.org/en/documents/eur27/2614/2015/en/; UNHCR: „Europe’s refugee emergency response update #24, 19. – 25. Februar 2016, abrufbar unter http://www.refworld.org/country,,,,HUN,,56bd9f1a4,0.html; amnesty international: assessment oft the implimentation by states of previous upr recommendations, 2-13 may 2016; AIDA Country Report Serbia March 2016, abrufbar unter http://www.asylumineurope.org/reports/country/serbia; Auswärtiges Amt, Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Serbien als sicheres Herkunftsland im Sinne § 29a AsylVfG vom 23. November 2015, Auswärtiges Amt, Bericht über die asylund abschieberelevante Lage in der Republik Serbien vom 15. Dezember 2014), vgl. hierzu VG Ansbach, B. v. 17.2.2016 – AN 3 S 16.50035, juris; VG München, B. v. 17.3.2016 – M 1 S 16.50032 -, juris; VG Augsburg, B. v. 27.1.2016 – 4 S 16.50004 – ; VG Dresden, B. v. 30.12.2015 – 2 L 1378/15.A -, juris; VG Stade, B. v. 4.11.2015 – 1 B 1749/15 -, juris.
Die Verschärfung der gesetzlichen Regelungen in Ungarn, die zum 15. August 2015 in Kraft getreten sind und unter anderem regeln, dass Serbien (wieder) sicherer Drittstaat ist, Asylverfahren verkürzt und Anträge abgelehnt werden, wenn sich ein Asylbewerber unentschuldigt längere Zeit als 48 Stunden aus der ihm zugewiesenen Unterkunft entferne, führt nach Auffassung des Gerichts nicht dazu, dass von systemischen Mängel des ungarischen Asylsystems und der Aufnahmebedingungen für die Antragsteller im Dublin-Verfahren auszugehen wäre.
Dafür sprechen folgende Erwägungen:
Es zu konstatieren, dass der UNHCR – abgesehen von seiner Stellungnahme vom 9. Mai 2014 an das Verwaltungsgericht Düsseldorf – bislang keine generellen Feststellungen zum Asylverfahren und den Aufnahmebedingungen in Ungarn getroffen und auch keine generelle Empfehlung ausgesprochen hat, im Rahmen des Dublin-Verfahrens Asylbewerber nicht nach Ungarn zu überstellen (vgl. VG Würzburg, B. v. 25.8.2014 – W 6 S 14.50100 – juris). Unter Berücksichtigung der besonderen Relevanz des durch die Genfer Flüchtlingskonvention übertragenen Amtes des UNHCR für die Auslegung des unionsrechtlichen Asylverfahrens (vgl. EuGH, U. v. 30.5.2013 – C 528/11 – NVwZ-RR 2013, 660), kommt dem Fehlen einer solchen generellen Empfehlung des UNHCR besondere Bedeutung zu (so auch der Juristische Dienst der Europäischen Kommission, vgl. Stellungnahme des Juristischen Dienstes der Europäischen Kommission vom 30. Oktober 2015 an das Verwaltungsgericht Köln). Der Auffassung, die z. B. das Verwaltungsgericht des Saarlandes im Beschluss vom 7. August 2015 (3 L 672/15, juris Rn. 20) vertritt (so auch VG Köln, U. v. 11.9.2015 – 18 K 3279/15.A, juris und VG Bremen, B. v. 1.4.2015 – 3 V 145/15, juris), wonach Äußerungen der Pressesprecherin des UNHCR zu entnehmen sei, dass der UNHCR über die fremdenfeindliche Gesinnung der ungarischen Regierung besorgt sei und dass diese Äußerungen wegen der Rolle, die dem Amt des UNHCR durch die Genfer Flüchtlingskonvention übertragen worden sei, bei der Auslegung des unionsrechtlichen Asylverfahrens besonders zu beachten seien, schließt sich das Gericht nicht an. Abzustellen ist vielmehr auf Empfehlungen des UNHCR zur Beachtung der Aufnahme- und Verfahrensregelungen der Dublin-Verordnungen bei der Umsetzung in nationales Recht (so auch VG Stade, B. v. 4.11.2015 – 1 B 1749/15, juris). Diese gab der UNHCR erst jüngst z. B. zu den Verhältnissen für Asylsuchende in Tschechien ab (siehe hierzu FAZ vom 27.10.2015: UN werfen Tschechien menschenunwürdiges Verhalten vor; Tagesspiegel vom 22.10.2015: UN: Tschechien inhaftiert Flüchtlinge „systematisch“). An einer solchen Empfehlung zu Ungarn fehlt es bislang, wie auch das VG des Saarlandes (a. a. O.) selbst feststellt, obwohl Ungarn in den letzten Monaten in seiner Bedeutung als Transitland stark im Fokus der Öffentlichkeit stand. Dass der UNHCR sich mehrfach besorgt über den Umgang mit Flüchtlingen geäußert hat, spricht (noch) nicht gegen die Zumutbarkeit einer Überstellung nach Ungarn.
Auch die nach der Rechtslage in Ungarn mögliche Anwendung von Asylhaft bei Rückkehrern im Dublin-Verfahren führt nach Auffassung des Gerichts nach den oben dargelegten Maßstäben nicht zur Annahmen systemischer Mängel (vgl. VG München, U. v. 23.9.2014 – M 24 K 13.31329 -; VG Sigmaringen, B. v. 22.4.2014 – A 5 K 972/14 – juris; VG München, B. v. 26.6.2014 – M 24 S 14.50325; VG Düsseldorf, B. v. 27.8.2014 – 14 L 1786/14.A – VG Düsseldorf, B. v. 16.6.2014 – 13 L 141/14.A – jeweils juris; VG Münster, B. v. 7.7.2015 – 2 L 858/15.A; VG München, B. v. 5.3.2015 – M 15 S 15.50160 – juris; VG Berlin, B. v. 15.1.2015 – 23 L 899.14 A – juris; VG Bremen, B. v. 1.4.2015 – 3 V 145/15 – juris; VG Oldenburg, U. v. 2.11.2015 – 12 A 2572/15 – juris; VG Augsburg, B. v. 23.10.2015 – Au 5 S 15.50405 – bislang nicht veröffentlicht).
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR), dessen Rechtsprechung grundsätzlich über den jeweils entschiedenen Einzelfall hinaus eine Orientierungs- und Leitfunktion zukommt (vgl. BVerwG, U. v. 28.2.2013 – 2 C 3.12 – juris), hat mit Urteil vom 3. Juli 2014 im Ergebnis festgestellt, dass systemische Mängel hinsichtlich der Inhaftierungspraxis Ungarns nicht vorliegen und ein tatsächliches Risiko einer schwerwiegenden Beeinträchtigung im Sinne des Art. 3 EMRK bei einer Rückkehr nach Ungarn nicht bestehe (vgl. EGMR, U. v. 3.7.2014 – 71932/12). Auch der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat in zwei Entscheidungen ausgeführt, allein die Tatsache, dass das ungarische Asylrecht Inhaftierungsgründe für Asylbewerber enthalte und Ungarn auf dieser Grundlage Dublin-Rückkehrer inhaftiere, sei für sich genommen noch kein begründeter Anhaltspunkt für das Vorliegen systemischer Mängel des Asylsystems (so auch VG Dresden, B. v. 9.9. 2015 – 2 L 719/15.A). Er stützt sich weiterhin maßgeblich darauf, dass der UNHCR sich bisher nicht generell gegen Rücküberstellungen nach Ungarn ausgesprochen habe (BayVGH, B. v. 12.6.2015 – 13a ZB 15.50097 – juris; BayVGH, B. v. 27.4.2015 – 14 ZB 13.30076 – juris).
Zur Überzeugung des Gerichts ist für den hier vorliegenden Einzelfall nicht die Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung bei einer Rücküberstellung nach Ungarn zu befürchten. Zwar sind Dublin-Rückkehrer häufiger von Asylhaft betroffen als Ersteinreisende. Ausweislich einer Erklärung des Direktors des ungarischen Asyldirektorates gegenüber dem Liaisonmitarbeiter des Bundesamtes in Budapest im September 2013 wurden Asylantragsteller aus sogenannten anerkennungsträchtigen Herkunftsländern aber regelmäßig weder in Asylhaft noch in Abschiebehaft genommen (vgl. VG Düsseldorf, B. v. 2.9.2014 – 6 L 1235/14.A – juris).
Nach der Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 28. September 2015 an das Verwaltungsgericht Magdeburg gibt es zwar keine Regelung (mehr), wonach z. B. Dublin-Rückkehrer aus Syrien oder dem Nordirak generell von der Anwendung von Asylhaft ausgenommen sind. Dies geschah vor dem Hintergrund vermehrter Staatsangehörigkeitstäuschungen (vgl. Lagebericht zum Mitgliedstaat Ungarn des Liaisonmitarbeiters des Bundesamtes beim ungarischen Amt für Einwanderung und Staatsbürgerschaft vom 13. Januar 2016; Auskunft des Auswärtigen Amtes an das VG Regensburg vom 27. Januar 2016).
Die Zahlen lassen aber den Rückschluss darauf zu, dass Menschen aus anerkennungsträchtigen Herkunftsländern deutlich seltener mit der Anwendung von Asylhaft rechnen müssen. Im Zeitraum 1. Januar bis 30. Juni 2015 wurden nach den Angaben des Auswärtigen Amtes 492 Personen in Asylhaft genommen, das sind 0,7% aller Asylantragssteller. Asylhaft wird nur nach Einzelfallprüfung und dann angeordnet, wenn kein milderes Mittel möglich ist.
Familien mit minderjährigen Kindern müssen in separaten Gebäuden oder Gebäudeteilen getrennt von alleinstehenden Männern untergebracht werden. Zwar wird bei der Anwendung von Asylhaft nicht nach Dublin-Rückkehrern und sonstigen Asylbewerbern unterschieden. Jedoch erfolgt die Anordnung von Asylhaft im Einzelfall und bei Betroffenheit Minderjähriger unter Berücksichtigung des Kindeswohls, insgesamt wird von ihrer Anwendung aber nicht flächendeckend, sondern nur in begründeten Einzelfällen Gebrauch gemacht. Bei dem Besuch des Liaisonmitarbeiters des Bundesamtes in der Haftanstalt Bekescsaba am 10. Dezember 2015 befanden sich alleinstehende Männer und ein Ehepaar in der Einrichtung. (vgl. Lagebericht zum Mitgliedstaat Ungarn des Liaisonmitarbeiters des Bundesamtes beim ungarischen Amt für Einwanderung und Staatsbürgerschaft vom 13. Januar 2016; Auskunft des Auswärtigen Amtes an das VG Regensburg vom 27. Januar 2016).
Die Haftplätze waren im September 2015 nicht alle belegt, was trotz der hohen Flüchtlingszahlen für einen maßvollen Umgang der ungarischen Behörden mit dem Instrument der Asylhaft spricht. Nachdem die Flut der Asylbewerber durch die Schließung der Balkanroute weiter zurückgeht, ist nicht damit rechnen, dass sich die Haftbedingungen wesentlich verschlechtern werden. Entgegenstehende Erkenntnisse liegen derzeit nicht vor. Auch der UNHCR kann derzeit keine verlässlichen Angaben über den Umgang mit Asylantragstellern im Dublin-Verfahren in Ungarn machen.
Den dem Gericht vorliegenden Erkenntnisquellen lässt sich nicht entnehmen, dass die Haftbedingungen an sich menschenunwürdig im oben dargelegten Sinne wären und es dort systematisch zu Menschenrechtsverletzungen kommen würde. Darauf, ob es unterhalb der Schwelle systemischer Mängel in Einzelfällen zu einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 EU-GRCh bzw. des Art. 3 EMRK kommen kann und ob ein Antragsteller dem in der Vergangenheit schon einmal ausgesetzt war, kommt es im Zusammenhang mit Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO nicht an (BVerwG, B. v. 6.6.2014 a. a. O.). Tatsächlich bestehen in den Hafteinrichtungen, sollte es im Einzelfall zur Inhaftierung kommen, menschenwürdige Bedingungen. Beispielsweise findet regelmäßig eine medizinische Betreuung statt, teilweise arbeiten dort Sozialpädagogen und besteht die Möglichkeit der freien Bewegung sowie Sport zu betreiben (Lagebericht zum Mitgliedstaat Ungarn des Liaisonmitarbeiters des Bundesamtes beim ungarischen Amt für Einwanderung und Staatsbürgerschaft vom 13. Januar 2016).
Nachdem der UNHCR ungehindert Zugang zu den Unterbringungseinrichtungen hat, sich jedoch den Quellen nicht entnehmen lässt, dass der UNHCR derzeit von systemischen Mängeln des Asylverfahrens- und/oder der Aufnahmebedingungen in Ungarn ausgeht, besteht nicht die für die Annahme systemischer Mängel beachtliche konkrete Wahrscheinlichkeit, dass den Antragstellern für den Fall ihrer Rückkehr nach Ungarn eine menschenrechtswidrige Behandlung droht.
Die neueren Entscheidungen der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung stützen die Annahme systemischer Mängel häufig auf die Gefahr der Rückschiebung von Dublin-Rückkehrern nach Serbien und damit auf die Befürchtung eines Verstoßes Ungarns gegen das Prinzip des nonrefoulement, das in Art. 33 der Genfer Flüchtlingskonvention und in Art. 3 der UN-Antifolterkonvention festgelegt ist, da erhebliche Zweifel bestehen, dass Flüchtlinge in Serbien Zugang zu einem ordnungsgemäßen Asylverfahren haben. Serbien gilt in Ungarn seit der Gesetzesänderung zum 1. August 2015 wieder als sicherer Drittstaat, für Asylverfahren in der Bundesrepublik Deutschland ist Serbien mit Inkrafttreten dem Asylverfahrensbeschleunigungsgesetzes am 24. Oktober 2015 und der damit verbundenen Änderung der Anlage II zu § 29a AsylG ein sicheres Herkunftsland (BGBl. I S. 1722).
Dem Bericht des Auswärtigen Amtes vom 23. November 2015 zu Serbien (a. a. O., III.5.) ist zu entnehmen, dass es in Serbien ein Asylrecht gibt. Im Zeitraum Januar 2015 bis Mitte August 2015 seien 80.000 Flüchtlinge, v.a. Syrer, Afghanen und Iraker in Serbien registriert worden.
Da die meisten Flüchtlinge Richtung EU/Ungarn weiterreisen wollten, hätten nicht einmal 500 Menschen in Serbien Asyl beantragt (so auch amnesty international, „Fenced out“, Oktober 2015, S. 16). Das serbische Asylsystem sei bislang wenig tragfähig und personell teilweise unterbesetzt. Im Zuge des EU-Integrationsprozesses arbeite Serbien jedoch mit Unterstützung des UNHCR und NGOs an Reformen.
Sofern teilweise darauf abgestellt wird, es könne angesichts der neuen Gesetzeslage nicht ausgeschlossen werden, dass auch Dublin-Rückkehrer nach Serbien abgeschoben werden und darauf die Annahme systemischer Mängel in Ungarn für diese Personengruppe gestützt wird (VG Düsseldorf, B. v. 20.8.2015 – 15 L 2556/15.A-, juris; VG Oldenburg, U. v. 2.11.2015, a. a. O.; VG Augsburg, B. v. 23.10.2015 – Au 5 S 15.50405-, bislang unveröffentlicht; VG Arnsberg, B. v. 4. November 2015 – 6 L 1406/15.A, bislang unveröffentlicht und B. v. 4. November 2015 – 6 L 1171/15.A, juris; VG Frankfurt am Main, B. v. 9.3.2016 – 7 L 353/16.F.A, asylnet; VG Arnsberg, U. v. 2.3.2016 – 6 K 2176/15.A-, asylnet; VG Braunschweig, B. v. 3.3.2016 – 7 A 460/15 -, asylnet; VG Kassel, B. v.26.2.2016 – 5 L 2585/15.KS.A-, asylnet), folgt das Gericht dieser Auffassung nicht, da sich hierfür aus den Erkenntnisquellen keine Anhaltspunkte ergeben (so auch VG Stade, B. v. 4.11.2015 a. a. O.).
Dass den Antragstellern konkret eine Überstellung von Ungarn nach Serbien droht, kann den aktuellen Berichten nicht entnommen werden. Insbesondere schreibt das Auswärtige Amt in seiner Stellungnahme an das Verwaltungsgericht Regensburg:
„Serbien lehnt die Übernahme von Drittstaatsangehörigen aus Ungarn im Wege einer Einzelfallprüfung ab, wenn nicht nachgewiesen werden kann, dass die Antragsteller tatsächlich über Serbien nach Ungarn eingereist sind. Da Serbien in der Regel keine Registrierung der „durchreisenden“ Flüchtlinge vorgenommen hat und keine anderen Nachweise (z. B. serbische Bahnfahrkarten, Hotelbuchungen usw.) vorliegen, kann dieser Nachweis in der Regel nicht erbracht werden.
Die Asylbehörde ist in diesen Fällen von Gesetzes wegen verpflichtet, die Entscheidung aufzuheben und das Asylverfahren weiter zu betreiben (d. h. inhaltlich zu prüfen), wenn der sichere Drittstaat die Übernahme ablehnt.“
(Ebenso der Lagebericht zum Mitgliedstaat Ungarn des Liaisonmitarbeiters des Bundesamtes beim ungarischen Amt für Einwanderung und Staatsbürgerschaft vom 13. Januar 2016).
Die Überstellung der Antragsteller in einen Staat, dessen Asyl- und Ausnahmesystem möglicherweise nicht den europäischen Mindeststandards genügt, ist damit nicht hinreichend wahrscheinlich, zumal die Antragsteller nicht vorgetragen haben, über Serbien gereist zu sein.
Die theoretische Möglichkeit der Abschiebung nach Serbien begründet keinen systemischen Mangel des ungarischen Asylsystems (VG Stade, B. v. 4.11.2015, a. a. O.; VG München, B. v. 17.3.2016, a. a. O.; VG Augsburg, B. v. 27.1.2016, a. a. O.).
Auch die Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens (Art. 254 AEUV) gegenüber Ungarn durch die Europäische Kommission führt nicht per se zur Annahme des Bestehens systemischer Mängel im Asylsystem. Ein solches Vertragsverletzungsverfahren, das ausweislich einer Pressemitteilung der Europäischen Kommission vom 12. Dezember 2015 (http:/europa.eu/rapid/pressrelease_IP-15-6228_de.htm) wegen Unvereinbarkeit von Vorschriften des ungarischen Asylrechts mit EU-Recht (insbesondere mit der Neufassung der Asylverfahrensrichtlinie (Richtlinie 2013/32/EU) und mit der Richtlinie über das Recht auf Dolmetscherleistungen und Übersetzungen im Strafverfahren (Richtlinie 2010/64/EU) sowie mit Art. 47 der EUGr-Charta) initiiert wurde, findet seinen Abschluss erst in der gerichtlichen Feststellung durch den Europäischen Gerichtshof (Art. 260 Abs. 1, 2 AEUV), dass ein Verstoß gegen EU-Recht tatsächlich vorliegt, so dass vom Vorliegen eines solchen momentan nicht ausgegangen werden kann.
Aus dem Verhalten und den Äußerungen der Europäischen Kommission ergibt sich gerade nicht, dass die Asylrechts-Vollzugspraxis in Ungarn insgesamt systemische Mängel aufweist (VG Augsburg, B. v. 27.1.2016, a. a. O.).
Da wegen der zwischenzeitlich durch die ungarische Regierung ergriffenen Maßnahmen der unkontrollierte Zustrom von Flüchtlingen nach Ungarn nicht mehr anhält, dürften sich auch die durch Kapazitätsprobleme entstandenen Versorgungs- und Unterbringungsengpässe bei zurückkehrenden Asylbewerbern mittlerweile wieder entschärft haben.
Der Abschiebung nach Ungarn steht nicht entgegen, dass die Antragstellerin zu 1) weitere Kinder hat, die sich in Deutschland aufhalten. Da diese volljährig sind handelt es sich nicht um Familienangehörige im Sinne des Art. 2 lit.g) Dublin III-VO.
Dasselbe gilt für den Umstand, dass die Antragsteller zu 2) und 3) mit einem Alter von 15 bzw. 12 Jahren noch minderjährig sind und damit schutzbedürftig, vgl. Art. 21 der Verordnung 2013/33/EU. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass ein 12-jähriges Kind in der Lage ist, die Reise nach Ungarn auf sich zu nehmen. Im Einzelfall Entgegenstehendes wurde nicht vorgetragen und ist auch nicht erkennbar.
Selbst bei Unterstellung, dass die Antragsteller in Ungarn in Asylhaft kämen, ist nach dem oben Gesagten davon auszugehen, dass dies nicht zu einer erniedrigenden oder unmenschlichen Behandlung führt. Auch in Ungarn wird auf die speziellen Belange von Familien und Kindern Rücksicht genommen. In der Asylhafteinrichtung Bekescsaba beispielsweise werden alleinstehende Frauen und Familien mit minderjährigen Kindern in separaten Gebäuden oder Flügeln untergebracht, insbesondere getrennt von alleinstehenden Männern; der Anteil von inhaftierten Familien ist zudem äußerst gering (vgl. Bericht des Liaisonmitarbeiters des Bundesamtes beim Ungarischen Amt für Einwanderung und Staatsbürgerschaft vom 13. Januar 2016).
Auch die geltend gemachte gesundheitliche Situation der Antragstellerin zu 1) führt nicht zu der Annahme einer für sie zu befürchtenden unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung in Ungarn. Unabhängig davon, dass das vorgelegte ärztliche Attest vom 26. Januar 2016 nicht den vom Bundesverwaltungsgericht aufgestellten Mindestanforderungen an den Nachweis einer posttraumatischen Belastungsstörung genügt (vgl. z. B. BVerwG v. 11.9.2007 – 10 C 17.07), ist davon auszugehen, dass die Antragstellerin zu 1) die nach diesem Attest erforderliche hausärztliche Betreuung auch in Ungarn erhalten kann (vgl. z. B. aida-ASYLUM INFORMATION DATA BASE, Country Report Hungary, Update vom November 2015, S. 37 ff.; VG Stade vom 4.11.2015 – 1 B 1749.15).
Das Attest wurde zudem weder vom einem Facharzt ausgestellt noch wird ein konkretes Krankheitsbild erkennbar. Welcher konkreten Therapie die Antragstellerin zu 1) bedarf wird ebenfalls nicht deutlich.
Anhaltspunkte für das Bestehen von Seiten der Antragsgegnerin zu berücksichtigender inlandsbezogener Abschiebungshindernisse ergeben sich nicht aus dem vorgelegten Attest. Dort wird ohne jegliche Begründung festgestellt, dass die Erkrankung bis 6 Monate andauern könne und sich hieraus eine Reiseunfähigkeit für diesen Zeitraum ergebe.
Aufgrund der fehlenden Substantiierung wird nicht erkennbar, woraus sich die behauptete Reiseunfähigkeit konkret ergeben soll und worauf diese konkret gestützt wird. Dies gilt auch für den Umstand, dass die Reiseunfähigkeit auch für die Antragsteller zu 2) und 3) festgestellt wird in einem Attest, welches für die Antragstellerin zu 1) verfasst wurde.
Die Anordnung der Abschiebung nach § 34a AsylVfG erscheint somit rechtmäßig.
2.
Auch der Antrag gem. § 80 Abs. 5 VwGO auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klagen gegen Ziffer 3 des Bescheids vom 7. April 2016, mit der für die Antragsteller eine Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbotes gem. § 11 Abs. 1 AufenthG auf 6 Monate ausgesprochen wurde, hat keinen Erfolg.
Gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG darf ein Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, weder erneut in das Bundesgebiet einreisen, noch sich darin aufhalten, noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden (Einreise- und Aufenthaltsverbot). Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist gemäß § 11 Abs. 2 S. 1 AufenthG von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise (§ 11 Abs. 2 S. 2 AufenthG).
Das Bundesamt ist gemäß § 75 Nr. 12 AufenthG für die Entscheidung über die Befristung eines Einreise- und Aufenthaltsverbotes nach § 11 Abs. 2 AufenthG zuständig. Gemäß § 11 Abs. 3 AufenthG wird über die Länge der Frist nach Ermessen entschieden. Sie darf fünf Jahre nur überschreiten, wenn der Ausländer aufgrund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Diese Frist soll zehn Jahre nicht überschreiten.
Die Antragsgegnerin hat die Frist im Falle der Antragsteller auf sechs Monate ab dem Tag der Abschiebung gesetzt.
Es ergeben sich keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass dieser Entscheidung unzutreffende Erwägungen zugrunde gelegt oder Belange der Antragssteller nicht ausreichend berücksichtigt wurden.
Demnach erweist sich die Befristungsentscheidung bei summarischer Prüfung voraussichtlich als rechtmäßig.
Außerdem bliebe selbst bei einer hypothetischen Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klagen in diesem Punkt das Einreise- und Aufenthaltsverbot für die Antragsteller bestehen. Denn mit Inkrafttreten des Asylverfahrensbeschleunigungsgesetzes vom 20. Oktober 2015, BGBl. I, S. 1722, am 24. Oktober 2015 wurde § 36 Abs. 3 AsylVfG (nunmehr § 36 AsylG) um folgende Sätze ergänzt:
„Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots durch das Bundesamt nach § 11 Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes und die Anordnung und Befristung nach § 11 Absatz 7 des Aufenthaltsgesetzes sind ebenso innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Vollziehbarkeit der Abschiebungsandrohung bleibt hiervon unberührt.“
Die Antragsteller könnten also auch dann abgeschoben werden, wenn ihre Anträge, die aufschiebende Wirkung der Klagen gegen die Entscheidung des Bundesamtes über die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbotes anzuordnen, Erfolg hätte. Der Gesetzgeber geht somit ersichtlich davon aus, dass es den Betroffenen zumutbar ist, den Rechtsstreit zur Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Befristung nach § 11 Abs. 2 AufenthG vom Zielstaat der Abschiebung aus zu führen.
Die Antragsteller sind folglich unabhängig von der (späteren) gerichtlichen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Ziffer 3 des angefochtenen Bescheids des Bundesamtes zur Ausreise verpflichtet. Folgen sie dieser Pflicht, verhalten sie sich also rechtstreu, können die Antragsteller zudem selbst dafür sorgen, dass das Einreise- und Aufenthaltsverbot gem. § 11 Abs. 1 AufenthG nicht eintritt. Denn dieses gilt nur im Falle einer Abschiebung.
Im Übrigen wird auf die Begründung des angefochtenen Bescheides des Bundesamtes Bezug genommen, § 77 Abs. 2 AsylG.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Gerichtskostenfreiheit ergibt sich aus § 83 b AsylG.
Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 Abs. 1 RVG.
Dieser Beschluss ist gemäß § 80 AsylG unanfechtbar.