Europarecht

Erfolgloser Eilantrag gegen Überstellung nach Italien im Rahmen des Dublin-Verfahrens

Aktenzeichen  M 11 S 18.51160

Datum:
5.6.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 15961
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 80 Abs. 5
AsylG § 25, § 29 Abs. 1, § 34a, § 75
Dublin III-VO Art. 3 Abs. 2, Art. 13 Abs. 1, Art. 18 Abs. 1
AufenthG § 60 Abs. 5, Abs. 7
GRCh Art. 4
EMRK Art. 3

 

Leitsatz

1 Es bestehen keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass ein nigerianischer Asylbewerber im Falle seiner Abschiebung nach Italien infolge systemischer Schwachstellen des dortigen Asylverfahrens oder der dortigen Aufnahmebedingungen einer hinreichend wahrscheinlichen Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung iSv Art. 4 GRCh ausgesetzt wäre (vgl. OVG Lüneburg BeckRS 2018, 6547). (Rn. 20) (red. LS Clemens Kurzidem)
2 Leidet ein Asylbewerber an Hepatitis-B, liegen keine Gründe vor, die ausnahmsweise zur Annahme einer individuellen Gefahr führen könnten, in Italien einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt zu werden. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass Italien über eine umfassende Gesundheitsfürsorge verfügt, die italienischen Staatsbürgern sowie Flüchtlingen, Asylbewerbern und unter humanitärem Schutz stehenden Personen gleichermaßen zugänglich ist. (Rn. 26) (red. LS Clemens Kurzidem)

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gründe

I.
Der Antragsteller, nach eigenen Angaben nigerianischer Staatsangehöriger, reiste am 3. Februar 2018 in die Bundesrepublik Deutschland ein, äußerte am 4. Februar 2018 ein Asylgesuch, von dem das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) durch behördliche Mitteilung am 4. Februar 2018 schriftlich Kenntnis erlangte und stellte am 7. März 2018 einen förmlichen Asylantrag.
Eine EURODAC-Recherche ergab einen Treffer der Kategorie 1 für Italien (IT1…, Antragstellung 07.01.2016 in Pescara, s. Bl. 3 der Behördenakte). Am 13. März 2018 wurde vom Bundesamt ein Übernahmeersuchen an Italien gerichtet, das nicht beantwortet wurde. Mit E-Mail vom 13. März 2018 wurde der Erhalt des Übernahmeersuchens durch Italien bestätigt (vgl. Bl. 71 ff. der Behördenakte).
Bei der Erstbefragung durch die Regierung … am 6. März 2018 gab der Antragsteller an, er sei nicht verheiratet und habe keine Kinder. In Deutschland oder anderswo in Europa habe er auch keine anderen Verwandten.
Bei der Anhörung vor dem Bundesamt zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates und zur Zulässigkeit des Asylantrags am 7. März 2018 gab der Antragsteller an, er sei am 6. Dezember 2015 von Libyen nach Italien eingereist, habe dort über zwei Jahre gelebt und bei der Einreise internationalen Schutz beantragt. Er sei dann am 3. Februar 2018 nach Deutschland gereist. Er habe keine Familienangehörigen in Deutschland oder einem anderen Mitgliedstaat.
Bei den Anhörungen zur Zulässigkeit des Asylantrags und nach § 25 AsylG am 3. April 2018 gab der Antragsteller an, dass sein Asylantrag in Italien abgelehnt worden sei. Weiterhin gab er an, dass er wegen Hepatitis B in ärztlicher Behandlung sei. Sämtliche Atteste, die er besitze, habe er vorgelegt. Welche Medikamente erforderlich seien, wisse er nicht. Er möchte in Deutschland bleiben, er habe jedoch keine Probleme mit anderen Ländern. Er habe keine Familienangehörigen in Deutschland.
Mit Bescheid vom 20. April 2018 lehnte das Bundesamt den Asylantrag als unzulässig ab (Nr. 1), stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Nr. 2) und ordnete die Abschiebung nach Italien an (Nr. 3). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG wurde auf sechs Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Nr. 4).
Der Bescheid wurde am 23. April 2018 zur Post gegeben (vgl. Bl. 141 der Behördenakte).
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Asylantrag sei gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG unzulässig, da Italien auf Grund des dort gestellten Asylantrags gemäß Art. 18 Abs. 1 Buchst. b Dublin III-VO für die Behandlung des Asylantrags zuständig sei. Sollte sich zu einem späteren Zeitpunkt herausstellen, dass der Antragsteller entgegen der bisherigen Erkenntnislage bereits in einem anderen europäischen Staat internationalen Schutz erhalten habe und deshalb die Dublin-III-Verordnung keine Anwendung finden könne, bleibe es gleichwohl bei der Unzulässigkeit des Asylantrags. Die weitere Unzulässigkeit könne auch auf dem erfolglosen Abschluss des früheren Asylverfahrens beruhen, wenn die Voraussetzungen für ein Wiederaufgreifen des Verfahrens nicht vorlägen. Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG lägen nicht vor. Die derzeitigen humanitären Bedingungen in Italien würden nicht zu der Annahme führen, dass bei Abschiebung des Antragstellers eine Verletzung des Art. 3 EMRK oder Art. 4 EUGrundrechtscharta vorliege. Im Folgenden wurde detailliert näher dargelegt, warum im italienischen Asylsystem keine systemischen Mängel bestünden. Hinsichtlich der angegebenen medizinischen Beschwerden, nämlich Hepatitis B, habe der Antragsteller in seinem Vortrag nicht darlegen können, inwiefern die angegebene gesundheitliche Beschwerde eine konkrete Gefahr für ihn darstelle. Bezüglich der medizinischen Beschwerden sei der Antragsteller im Bedarfsfall auf das italienische Gesundheitssystem zu verweisen. Die Gesundheitsversorgung sei in ausreichendem Umfang auch für schwere Erkrankungen gegeben. Die Versorgung bei chronischen Erkrankungen schließe sowohl den Krankenhausaufenthalt als auch den Erhalt der erforderlichen Medikamente ein. Die vorgetragene medizinische Beschwerde des Antragstellers sei somit als nicht lebensbedrohlich und nicht so schwerwiegend zu beurteilen. Eine Reiseunfähigkeit liege bei dem Antragsteller ebenfalls nicht vor. Es sei zu erwarten, dass durch die Abschiebung nach Italien keine wesentliche Verschlechterung seines Gesundheitszustands eintrete und dass es für ihn möglich sein werde, in Italien eine eventuell notwendige medizinische Behandlung zu erhalten, da es keinerlei Anhaltspunkte dafür gebe, dass der Antragsteller von einer derartigen medizinischen Versorgung in Italien grundsätzlich ausgeschlossen wäre. Der Abschiebung stünden auch keine weiteren inlandsbezogenen Abschiebungshindernisse entgegen. Außergewöhnliche humanitäre Gründe, die zur Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Art. 17 Abs. 1 Dublin-III-VO veranlassen könnten, seien nicht ersichtlich.
Der Antragsteller hat am 26. April 2018 Klage erhoben (M 11 K 18.51159) und gleichzeitig beantragt,
hinsichtlich der Abschiebungsanordnung unter Nr. 3 des Bescheids vom 20.04.2018, Az.: … die aufschiebende Wirkung anzuordnen.
Zur Begründung wurde im Wesentlichen vorgetragen, dass der Kläger hinsichtlich seiner Hepatitis B-Erkrankung in Italien nicht behandelt werden könne.
Das Bundesamt hat die Akten in elektronischer Form vorgelegt, sich inhaltlich jedoch nicht geäußert.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten in diesem und im zugehörigen Klageverfahren sowie die Behördenakte verwiesen.
II.
Der Antrag auf die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage hinsichtlich der nach § 75 AsylG kraft Gesetzes sofort vollziehbaren Abschiebungsanordnung ist zulässig aber unbegründet.
Entfaltet ein Rechtsbehelf von Gesetzes wegen keine aufschiebende Wirkung, kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO ganz oder teilweise anordnen. Das Gericht trifft dabei eine eigene Ermessensentscheidung, bei der es abzuwägen hat zwischen dem sich aus § 75 AsylG ergebenden öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung und dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfes. Dabei sind insbesondere die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens zu berücksichtigen. Ergibt die im Eilverfahren gebotene summarische Prüfung, dass die Klage voraussichtlich erfolglos sein wird, tritt das Interesse des Antragstellers regelmäßig zurück. Erweist sich dagegen der angefochtene Bescheid schon bei summarischer Prüfung als rechtswidrig, so besteht kein öffentliches Interesse an dessen sofortiger Vollziehung. Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens nicht hinreichend absehbar, verbleibt es bei einer allgemeinen Interessenabwägung.
Entsprechend diesem Maßstab ist die Anordnung der aufschiebenden Wirkung nicht veranlasst, da die Klage in der Hauptsache voraussichtlich keinen Erfolg haben wird. Der angefochtene Bescheid erweist sich nach Aktenlage voraussichtlich als rechtmäßig und verletzt den Antragsteller nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Nach § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG ordnet das Bundesamt die Abschiebung des Ausländers in einen sicheren Drittstaat oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat an (vgl. § 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG), sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann.
Die Zuständigkeit für die Durchführung des Asylverfahrens richtet sich vorliegend nach der VO 604/2013 (im Folgenden: Dublin III-VO). Art. 3 Abs. 1 Dublin-III-VO sieht vor, dass der Asylantrag von dem Mitgliedsstaat geprüft wird, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Mitgliedsstaat bestimmt wird. Die Kriterien finden in der in Kapitel III genannten Rangfolge (Art. 7 ff. Dublin-III-VO) Anwendung. Lässt sich anhand der Kriterien der Verordnung der zuständige Mitgliedstaat nicht bestimmen, so ist nach Art. 3 Abs. 2 Dublin-III-VO der erste Mitgliedstaat, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, für dessen Prüfung zuständig. Daneben bestimmt die Dublin-III-Verordnung in Kapitel V (Art. 18 ff. Dublin-III-Verordnung) Pflichten der zuständigen Mitgliedstaaten, deren Verletzung zu einem Übergang von Zuständigkeiten führen kann.
Der Antragsteller ist entsprechend seinem Vortrag von Libyen kommend nach Italien eingereist, so dass nach Art. 13 Abs. 1 Dublin-III-VO Italien für seinen dort ausweislich des erzielten EURODAC-Treffers am 7. Januar 2016 gestellten Asylantrag zuständig ist. Im Übrigen wurde dort jedenfalls der zeitlich frühere Asylantrag gestellt, so dass sich die Zuständigkeit Italiens auch aus Art. 3 Abs. 2 Dublin-III-VO ergeben würde. Zudem hat Italien das gemäß Art. 23 Abs. 2 Dublin III-VO rechtzeitig gestellte Wiederaufnahmegesuch nach Art. 23 Abs. 1 Dublin III-VO (nachträglicher Empfangsnachweis am 29.03.2018, vgl. Akte Bl. 194 ff.) nicht beantwortet und wäre somit auch im Hinblick auf die sekundären Zuständigkeitskriterien nach Art. 18 ff. Dublin-III-VO für die Prüfung des Antrags zuständig. Gemäß Art. 25 Abs. 2 der Dublin III-VO ist davon auszugehen, dass einem nicht fristgerecht beantworteten Wiederaufnahmegesuch stattgegeben wird, was nach Art. 18 Abs. 1 Buchst. b und Abs. 2 Dublin-III-Verordnung die Verpflichtung nach sich zieht, die betreffende Person wieder aufzunehmen und den gestellten Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen oder die Prüfung abzuschließen.
Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsteller in Italien internationalen Schutz erhalten hat, bestehen nicht. Vielmehr hat der Antragsteller sogar ausdrücklich angegeben, dass sein Asylantrag in Italien abgelehnt worden sei. Auf die Frage, ob die Gewährung internationalen Schutzes dem angefochtenen Dublin-Bescheid entgegenstehen würde, kommt es daher nicht an.
Die Zuständigkeit liegt auch nicht gemäß Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 und 3 Dublin III-VO bei der Antragsgegnerin (oder einem anderen Mitgliedsstaat), weil eine Überstellung an Italien als den zuständigen Mitgliedsstaat an Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO scheitern würde. Es sind keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Antragsteller im Falle einer Abschiebung nach Italien infolge systemischer Schwachstellen des dortigen Asylverfahrens oder der dortigen Aufnahmebedingungen einer hinreichend wahrscheinlichen Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GrCh) ausgesetzt wäre.
Nach dem Prinzip der normativen Vergewisserung (vgl. BVerfG, U.v. 14.5.1996 – 2 BvR 1938/93 und 2 BvR 2315/93 – juris) bzw. dem Prinzip des gegenseitigen Vertrauens (vgl. EuGH, U.v. 21.12.2011 – C-411/10 und C-493/10 – juris) gilt die Vermutung, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem einzelnen Mitgliedsstaat der Europäischen Union den Vorschriften der Genfer Flüchtlingskonvention, der Europäischen Konvention für Menschenrechte und der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entspricht. Allerdings ist diese Vermutung nicht unwiderleglich. Vielmehr obliegt den nationalen Gerichten die Prüfung, ob es im jeweiligen Mitgliedsstaat Anhaltspunkte für systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber gibt, welche zu einer Gefahr für den Antragsteller führen, bei Rückführung in den zuständigen Mitgliedsstaat einer unmenschlichen und erniedrigenden Behandlung i.S.v. Art. 4 GRCh ausgesetzt zu werden (vgl. EuGH, U.v. 21.12.2011 a.a.O.). Die Vermutung ist aber nicht schon bei einzelnen einschlägigen Regelverstößen der zuständigen Mitgliedsstaaten widerlegt. An die Feststellung systemischer Mängel sind vielmehr hohe Anforderungen zu stellen. Von systemischen Mängeln ist daher nur dann auszugehen, wenn das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber regelhaft so defizitär sind, dass zu erwarten ist, dass dem Asylbewerber im konkret zu entscheidenden Einzelfall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht (vgl. zur Dublin-II-VO BVerwG, B.v. 19.3.2014 – 10 B 6.14 – juris Ls. und Rn. 9).
Entsprechend diesem Maßstab ist nicht davon auszugehen, dass der Antragsteller in Italien aufgrund systemischer Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber tatsächlich Gefahr läuft, dort einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt zu sein noch. Das Gericht schließt sich zur Situation im Hinblick auf das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen in Italien der Bewertung des umfangreichen aktuellen Erkenntnismaterials durch verschiedene Obergerichte an (vgl. aktuell OVG SH, U.v. 4.4.2018 – 10 LB 96/17 – juris Rn. 39 ff.; OVG NW, U.v. 22.9.2016 – 13 A 2448/15.A – juris Rn. 72 ff.; OVG NW, U.v. 21.6.2016 – 13 A 1896/14.A – juris Rn. 47 ff.), die auch im Einklang mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte steht (vgl. EGMR, U.v. 13.1.2015 – Nr. 51428/10; U.v. 30.6.2015 – Nr. 39350/13).
Der Antragsteller hat keine individuelle Gefährdung substantiiert geltend gemacht.
Individuelle, außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Art. 17 Abs. 1 Dublin-III-VO notwendig machen, sind nicht ersichtlich.
Die Abschiebung nach Italien kann gemäß § 34a Abs. 1 AsylG auch durchgeführt werden. Inlands- oder zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse, die über die bereits im Hinblick auf die Zuständigkeit Italiens relevanten Umstände hinausgehen, sind nicht ersichtlich. Insofern wird zunächst gemäß § 77 Abs. 2 AsylG auf die Begründung des angefochtenen Bescheids verwiesen.
Ergänzend dazu wird klargestellt, dass auch in Anbetracht der beim Antragsteller diagnostizierten Hepatitis B sich keine Gründe ergeben, die ausnahmsweise zur Annahme einer individuellen Gefahr für ihn führen könnten, in Italien einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt zu sein. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass Italien über eine umfassende Gesundheitsfürsorge verfügt, die italienischen Staatsbürgern sowie Flüchtlingen, Asylbewerbern und unter humanitären Schutz stehenden Personen gleichermaßen zugänglich ist. Nach der bestehenden Auskunftslage funktioniert die notfallmedizinische Versorgung und der Zugang zu Hausärzten grundsätzlich ebenso wie das Angebot von psychologischer und psychiatrischer Behandlung (vgl. VG Ansbach, U. v. 11. 12. 2015 – AN 14 K 15.50316 – juris Rn. 26 m. w. N.). Die Anmeldung beim nationalen Gesundheitsdienst ermöglicht die Ausstellung eines Gesundheitsausweises, der zur Inanspruchnahme medizinischer Leistungen nicht nur im Rahmen der Notfallversorgung, sondern auch hinsichtlich der Behandlung bei Spezialisten berechtigt. Die Überweisungen an Spezialisten sind für Asylbewerber kostenfrei (VG Düsseldorf, B. v. 13. 07. 2015 – 13 K 6850/14.A – juris). Nach Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 21. Januar 2013 an das OVG Sachsen-Anhalt steht eine kostenfreie medizinische Versorgung auch Personen zu, die nicht in einer staatlichen Unterkunft untergebracht sind. Bei fehlendem Wohnsitz genügt die Angabe einer virtuellen Adresse bei einer Nichtregierungsorganisation. Insbesondere die Caritas bietet Sammeladressen auch für Personen an, die keinen festen Wohnsitz haben, diesen jedoch unter anderem für den Erhalt der Gesundheitskarte benötigen. Eine aktuelle Vereinbarung zwischen der italienischen Zentralregierung und den Regionen garantiert die Not- und Grundversorgung sogar von Personen, die sich illegal im Land aufhalten (VG Augsburg, B. v. 19.9.2015 – Au 7 S 15.50412 – juris). Die Notambulanz ist für alle Personen in Italien kostenfrei (VG München, B. v. 5.11. 2014 – M 18 S 14.50356 – juris). Daher ist davon auszugehen, dass der Antragsteller in Italien Zugang zu einer angemessenen medizinischen Versorgung hätte. Überdies ist darauf hinzuweisen, dass sich der Asylsuchende grundsätzlich auf den Behandlungs-, Therapie- und Medikationsstandard im Überstellungsstaat verweisen lassen muss, selbst wenn dieser – wofür vorliegend allerdings nichts spricht – dem hiesigen Niveau nicht entsprechen sollte (vgl. VG Köln, U. v. 11.05.2015 – 14 K 799/15.A – juris Rn. 37). Zudem trägt der Antragsteller auch nichts weiter vor, das für eine Reiseunfähigkeit oder eine Lebensgefahr sprechen würde. Er verweist meist schlicht, ohne weitere Ausführungen, auf die Diagnose Hepatitis B bzw. trug sogar selbst vor, bereits seit seiner Geburt unter der Krankheit zu leiden. Allein dies spricht dafür, dass eine Lebensgefahr oder eine Gefahr der wesentlichen Verschlechterung seines Gesundheitszustands aktuell nicht besteht und somit denknotwendig auch nicht durch eine Überstellung bzw. Abschiebung eintreten kann.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).

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