Aktenzeichen AN 18 S 20.50301
AsylG § 29 Abs. 1 Nr. 1, § 34a
AufenthG § 60 Abs. 5, Abs. 7
Dublin III-VO Art. 17 Abs. 1
EMRK Art. 3
GRCh Art. 4
Leitsatz
1. Der Beginn der Wochenfrist des § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylG richtet sich allein nach der Bekanntgabe der Abschiebungsanordnung. Eine analoge Anwendung auf die Bekanntgabe des Widerrufs der Aussetzung der Vollziehung der Abschiebungsanordnung scheidet aus. (Rn. 21 – 23) (red. LS Clemens Kurzidem)
2. Hat ein Antragsteller in der Hauptsache fristgemäß Klage gegen die Abschiebungsanordnung erhoben, ohne jedoch innerhalb der Frist des § 34a Abs. 2 S. 1 AsylG einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung dieser Klage gestellt zu haben, kann er sich im Rahmen eines Antrags nach § 123 Abs. 1 VwGO hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der Abschiebungsanordnung grundsätzlich nur auf solche Änderungen der Sach- und Rechtslage berufen, die entweder nach Ablauf der Frist des § 34a Abs. 2 S. 1 AsylG eingetreten oder ihm ohne Verschulden erst später bekannt geworden sind. (Rn. 28) (red. LS Clemens Kurzidem)
3. Nach der aktuellen Auskunftslage ist davon auszugehen, dass eine psychisch erkrankte Asylbewerberin die benötigte medizinische und fachärztliche Behandlung in Polen erlangen kann und ihr eine solche dort auch tatsächlich zur Verfügung stehen wird. (Rn. 39 – 41) (red. LS Clemens Kurzidem)
4. Die Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO, bei dem es im Hinblick auf die Rechtsprechung des EuGH (BeckRS 2019, 332) ohnehin fraglich erscheint, ob sich das zugunsten der Mitgliedstaaten eröffnete Ermessen überhaupt zu einer Pflicht zum Selbsteintritt verdichten kann, erfordert jedenfalls besondere, die persönliche Situation des Antragstellers betreffende humanitäre Gründe, die jede andere Entscheidung unvertretbar erscheinen ließen. (Rn. 43) (red. LS Clemens Kurzidem)
5. Das polnische Asylverfahren und die dortigen Aufnahmebedingungen weisen keine systemischen Schwachstellen auf, die für Asylantragsteller mit der Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 GRCh, Art. 3 EMRK einhergingen. (Rn. 50 – 51) (red. LS Clemens Kurzidem)
Tenor
1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Gründe
I.
Die Antragsteller wenden sich im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gegen die Vollziehbarkeit einer Abschiebungsanordnung nach P. im Rahmen des sogenannten Dublin-Verfahrens.
Die Antragsteller, durch Reisepässe ausgewiesene weißrussische Staatsangehörige christlichen Glaubens, sind eine Familie, bestehend aus der Mutter, der Antragstellerin zu 1), einer minderjährigen Tochter, der … 2003 geborenen Antragstellerin zu 2), sowie zwei minderjährigen Söhnen, dem … 2006 geborenen Antragsteller zu 3) und dem* … 2013 geborenen Antragsteller zu 4). Sie reisten am 25. Januar 2019 und die Bundesrepublik Deutschland ein und äußerten Asylgesuche, von denen die Antragsgegnerin infolge schriftlicher behördlicher Mitteilung am 29. Januar 2019 Kenntnis erlangte. Am 13. Februar 2019 stellten die Antragsteller jeweils förmliche Asylanträge.
Eine von der Antragsgegnerin am 13. Februar 2019 eingeholte VIS-Auskunft ergab, dass sämtlichen Antragstellern am 12. Dezember 2018 polnische Kurzaufenthaltsvisa für den Schengen-Raum (Visum-Nrn. … bis …*) erteilt worden waren, die im Fall der Antragstellerinnen zu 1) und zu 2) sowie des Antragstellers zu 4) jeweils eine Gültigkeitsdauer vom 21. Dezember 2018 bis zum 20. Dezember 2020 bzw. im Fall des Antragstellers zu 3) eine Gültigkeitsdauer vom 21. Dezember 2018 bis zum 28. Februar 2020 besaßen. Mit Datum vom 15. Januar 2019 waren den Antragstellern außerdem deutsche Kurzaufenthaltsvisa für den Schengen-Raum (Visum-Nrn. … bis …*) mit einer Gültigkeitsdauer vom 25. Januar 2019 bis zum 29. Januar 2019 erteilt worden.
Im Rahmen einer Anhörung zur Zulässigkeit der Asylanträge am 18. Februar 2019 erhielt die Antragstellerin zu 1) Gelegenheit, solche Tatsachen und Umstände vorzubringen, die aus ihrer Sicht einer Abschiebung nach P. entgegenstünden. Sie gab dazu an, dass die Familie ihres Bruders in Deutschland lebe. Ihre älteste Tochter – die Antragstellerin zu 2) – leide außerdem an einem Adenom im Kleinhirn sowie an Schilddrüsenproblemen und befinde sich deswegen in ärztlicher Behandlung; eine Medikamenteneinnahme sei aktuell nicht erforderlich.
Daraufhin richtete die Antragsgegnerin am 25. Februar 2019 auf die Vorschrift des Art. 12 Abs. 2 und 3 Dublin III-VO gestützte Aufnahmegesuche an die polnische Dublin-Einheit. Die polnischen Behörden nahmen diese Gesuche mit Schreiben vom 28. Februar 2019 an und erklärten – unter Berufung auf Art. 12 Abs. 2 Dublin III-VO – ihre Zuständigkeit für die Prüfung der Asylanträge der Antragsteller.
Mit Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 4. März 2019 – Geschäftszeichen: …, welcher den Antragstellern am 7. März 2019 zugestellt wurde, lehnte die Antragsgegnerin die Asylanträge als unzulässig ab (Ziffer 1), stellte das Nichtvorliegen von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG fest (Ziffer 2) und ordnete die Abschiebung nach P. an (Ziffer 3). In Ziffer 4 des Bescheids wurde das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG auf sechs Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet. Zur Begründung wurde unter anderem auf eine Unzulässigkeit der Asylanträge nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG abgestellt, weil P. aufgrund der den Antragstellern ausgestellten Visa gemäß Art. 12 Abs. 2 Dublin III-VO für die Behandlung der Asylanträge zuständig sei.
Gegen diesen Bescheid erhoben die Antragsteller am 12. März 2019 Klage vor dem Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach (AN 18 K 19.50292) und beantragten außerdem die Anordnung der aufschiebenden Wirkung dieser Klage, soweit damit die Abschiebungsanordnung angegriffen wurde (AN 18 S 19.50291). Zur Begründung wird ausgeführt, die Antragsteller hätten ihre Pässe mit den polnischen Visa verloren und daher ein deutsches Visum beantragt, mit welchem sie über den Luftweg direkt nach Deutschland eingereist seien. Der Ehemann und Vater der Kinder, welcher als LKW-Fahrer bei einer litauischen Firma beschäftigt sei, komme berufsbedingt regelmäßig nach Deutschland und könne bei dieser Gelegenheit die Antragsteller besuchen. In ihrem Heimatland Weißrussland sei die Antragstellerin zu 1) bedroht worden und befürchte daher, dass diese Personen sie auch in P. bedrohen könnten, da dieses unmittelbar an Weißrussland angrenze.
Mit Schriftsatz vom 2. April 2020 erklärte die Antragsgegnerin gegenüber den Antragstellern die Aussetzung der Vollziehung der Abschiebungsanordnung gemäß § 80 Abs. 4 VwGO i.V.m. Art. 27 Abs. 4 Dublin III-VO, da im Hinblick auf die Entwicklung der Corona-Krise Dublin-Überstellungen derzeit nicht zu vertreten seien. Sie schloss sich darin außerdem einer etwaigen Erledigungserklärung für das Eilverfahren AN 18 S 19.50291 im Voraus an, woraufhin die Antragsteller dieses mit Schriftsatz vom 21. April 2020 für erledigt erklärten und das Verfahren durch Beschluss des zuständigen Einzelrichters vom 19. August 2020 eingestellt wurde.
Am 2. Juli 2020 legte die Antragstellerseite dem Gericht eine ärztliche Bescheinigung des Gesundheitsamts … vom 18. Juni 2020 vor. Diese gelangt bei der Antragstellerin zu 1) – unter anderem bedingt durch den Verlust eines ungeborenen Kindes im Mai 2019 -zur Diagnose einer rezidivierenden depressiven Störung, gegenwärtig schwere Episode ohne psychotische Symptome, einer abnormen Trauerreaktion sowie des Verdachts auf dissoziativen Stupor. Neben einer medikamentösen Behandlung der Klägerin mit Sertralin 100 mg/Tag, Quetiapin 25 mg/Tag und einer Bedarfsmedikation mit Tapor 0,5 mg sei die Klägerin bis auf weiteres auf regelmäßige psychiatrische Konsultationen angewiesen. Sie befinde sich derzeit in einem labilen psychischen Zustand mit wiederkehrenden depressiven Episoden und Suizidgedanken.
Mit Schriftsatz vom 30. Juli 2020 erklärte die Antragsgegnerin den Widerruf der Aussetzung der Vollziehung der Abschiebungsanordnung gemäß § 80 Abs. 4 VwGO i.V.m. Art. 27 Abs. 4 Dublin III-VO. Im Hinblick auf die Entwicklung der Corona-Krise seien Überstellungen nach P. wieder zu vertreten.
Daraufhin haben die Antragsteller das Bayerische Verwaltungsgericht Ansbach am 18. August 2020 erneut um die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ersucht.
Zur Begründung wird ausgeführt, es bestehe im Hinblick auf die Erklärung der Antragsgegnerin vom 30. Juli 2020 das Risiko, dass die Antragsteller nach P. abgeschoben würden. Eine Abschiebung der Familie nach P. sei nicht mehr möglich, da sich diese in Deutschland hervorragend integriert habe. Hierzu wurden verschiedene Nachweise über die schulischen Leistungen der Antragstellerin zu 2) und des Antragstellers zu 3) sowie eine Bestätigung über die Schulanmeldung der Antragstellerin zu 1) für die Klasse der einjährigen Erweiterung der Pflegehelferausbildung vorgelegt.
Die Antragsteller beantragen daher, im Wege des § 80 Abs. 7 VwGO die Antragsgegnerin zu verpflichten, keine aufenthaltsbeendenden Maßnahmen gegen die Antragsteller zu ergreifen, also die aufschiebende Wirkung der Klage vom 12. März 2019 anzuordnen,
hilfsweise, im Wege der einstweiligen Anordnung der Antragsgegnerin aufzugeben, gegen die Antragsteller keine aufenthaltsbeendenden Maßnahmen zu ergreifen,
bzw. hilfsweise, im Wege der einstweiligen Anordnung der Antragsgegnerin aufzugeben, der zuständigen Ausländerbehörde mitzuteilen, dass vor einem Ende des Hauptsacheverfahrens keine Abschiebung der Antragsteller erfolgen darf.
Die Antragsgegnerin beantragt sinngemäß,
den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung wird ausgeführt, die sechsmonatige Überstellungsfrist sei noch nicht abgelaufen, da diese durch die Aussetzung der Vollziehung der Abschiebungsanordnung unterbrochen worden und durch den Widerruf der Aussetzungsentscheidung von Neuem angelaufen sei. Im Übrigen sei auch die ursprüngliche Überstellungsfrist noch nicht verstrichen, denn die die Erledigungserklärung der Antragstellerseite in dem Verfahren AN 18 S 19.50291 sei erst am 21. April 2020 erfolgt, so dass auch ein entsprechender gerichtlicher Einstellungsbeschluss frühestens zu diesem Zeitpunkt habe erfolgen können.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte in diesem Verfahren und in den Verfahren AN 18 S 19.50291 und AN 18 K 19.50292 sowie auf die in elektronischer Form vorgelegte Behördenakte verwiesen.
II.
Der zulässige Antrag, zu dessen Entscheidung nach § 76 Abs. 4 Satz 1 AsylG der Einzelrichter berufen ist, führt nicht zum Erfolg. Er ist nach Maßgabe von § 122 Abs. 1, § 88 VwGO dahingehend auszulegen, dass die Antragsteller die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der in dem Verfahren AN 18 K 19.50292 erhobenen Klage gegen die in Ziffer 3 des Bescheids getroffene Abschiebungsanordnung begehren.
1. Der Antrag ist zulässig.
a) Er ist statthaft als Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO mit dem Ziel der gerichtlichen Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Anfechtungsklage in dem Verfahren AN 18 K 19.50292 gegen die von der Antragsgegnerin erlassene Abschiebungsanordnung. Insbesondere fehlt es unter Berücksichtigung der Besonderheiten der hier zu entscheidenden Fallkonstellation an einer Statthaftigkeit der gemäß § 123 Abs. 5 VwGO grundsätzlich vorrangigen Verfahren nach § 80 Abs. 5 bzw. Abs. 7 VwGO.
Die von der Antragstellerseite hierzu gestellten Haupt- und Hilfsanträge legt das Gericht mit Blick auf das darin erkennbar zum Ausdruck gebrachte Rechtsbegehren nach Maßgabe von § 122 Abs. 1, § 88 VwGO somit einheitlich dahingehend aus, dass damit der Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO mit dem Ziel der gerichtlichen Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Anfechtungsklage in dem Verfahren AN 18 K 19.50292 beantragt wird. Dieses Rechtsschutzziel tritt in den Ausführungen der Antragstellerseite deutlich hervor („Es wird also beantragt, die aufschiebende Wirkung der Klage vom 12.3.2019 anzuordnen.“). Vor diesem Hintergrund ist das Gericht nicht an die wörtliche Formulierung der Anträge gebunden, sondern ist vielmehr dazu angehalten, dem darin zum Ausdruck gebrachten Antragsbegehren durch Auslegung bzw. Umdeutung Geltung zu verleihen. Insoweit ist es insbesondere unerheblich, dass in dem Hauptantrag fälschlicherweise auf die Bestimmung des § 80 Abs. 7 VwGO Bezug abgestellt wird.
(1) Ein Vorgehen im Wege des – im Regelfall einschlägigen – Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO muss hier deshalb ausscheiden, weil ein solcher nach § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylG nur innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe der Abschiebungsanordnung gestellt werden kann. Die erstmalige Bekanntgabe der Abschiebungsanordnung ist hier aber bereits mit der am 7. März 2019 erfolgten Zustellung des Bescheids an die Antragsteller erfolgt. Zwar hatten die Antragsteller am 12. März 2019 zusammen mit ihrer Klage einen fristgemäßen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO gestellt, diesen jedoch auf die Erklärung der Antragsgegnerin, die Vollziehung der Abschiebungsanordnung gemäß § 80 Abs. 4 VwGO i.V.m. Art. 27 Abs. 4 Dublin III-VO auszusetzen, mit deren Einverständnis für erledigt erklärt, wodurch das Verfahren ipso iure beendet worden ist.
Auch wenn man in solchen Fällen – wie gelegentlich in der Rechtsprechung (z.B. VG Gießen, B.v. 8.4.2020 – 6 L 1015/20.GI.A – juris Rn. 6) angenommen – von der Statthaftigkeit eines analog § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylG binnen Wochenfrist nach Bekanntgabe des Widerrufs der Aussetzung der Vollziehung der Abschiebungsanordnung zu erhebenden Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO ausgehen sollte, bliebe eine solche Vorgehensweise den hiesigen Antragstellern jedenfalls deshalb verschlossen, weil der am 18. August 2020 bei Gericht eingegangene Antrag auf die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes verfristet wäre. Der mit der Antragsschrift vorgelegten Kopie des Schriftsatzes der Antragsgegnerin vom 30. Juli 2020, in dem diese die Aussetzung der Vollziehung der Abschiebungsanordnung widerrufen hat, ist ausweislich des darauf durch die bevollmächtigte Kanzlei angebrachten Eingangsstempels zu entnehmen, dass diese Erklärung dort am 6. August 2020 eingegangen ist. Selbst wenn die Antragsgegnerin den betreffenden Schriftsatz erst an diesem Tag zur Post aufgegeben hätte, wäre damit entsprechend der Drei-Tages-Fiktion des § 41 Abs. 2 Satz 1 VwVfG eine Bekanntgabe jedenfalls am 9. August 2020 erfolgt. Die Wochenfrist wäre damit gemäß § 31 Abs. 1, Abs. 3 Satz 1 VwVfG, § 188 Abs. 2 Alt. 1 BGB spätestens mit Ablauf des 17. August 2020 verstrichen gewesen.
Dessen ungeachtet sprechen zudem erhebliche gesetzessystematische Bedenken gegen eine derartige teleologische Reduktion der Fristenregelung des § 34a Abs. 2 AsylG. Nach dem insoweit eindeutigen Gesetzeswortlaut ist für den Beginn der Wochenfrist alleine die Bekanntgabe der Abschiebungsanordnung maßgeblich. Vor diesem Hintergrund vermag auch die in der obengenannten Rechtsprechung erfolgte Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (U.v. 1.3.2012 – 9 VR 7.11 – juris Rn. 8) zu § 5 Abs. 2 Satz 3 VerkPBG und § 17e Abs. 4 FStrG nur bedingt zu überzeugen. Anders als § 34a Abs. 2 AsylG gehen diese Bestimmungen nämlich beim Eintritt neuer Tatsachen explizit von einem erneuten Anlauf der dort für die Stellung eines Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO vorgesehenen Fristen aus. Überdies fehlt es an einem Bedürfnis für eine teleologische Reduktion des § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylG, weil der Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG in Fällen wie dem vorliegenden durch die Möglichkeit der Stellung eines nicht fristgebundenen Antrags nach § 123 Abs. 1 VwGO genüge getan ist.
(2) Ebenso wenig kommt in der vorliegenden Fallkonstellation ein Vorgehen im Wege des Antrags nach § 80 Abs. 7 VwGO in Betracht.
Gemäß § 80 Abs. 7 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache Beschlüsse über Anträge nach § 80 Abs. 5 VwGO jederzeit ändern oder aufheben; nach § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO haben auch die Beteiligten die Möglichkeit, wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände eine solche Änderung oder Aufhebung zu beantragen. Damit knüpft der Antrag nach § 80 Abs. 7 VwGO bereits nach dem Gesetzeswortlaut an eine vorangegangene gerichtliche Entscheidung in einem Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO an. Die Existenz des § 80 Abs. 7 VwGO ist somit darauf zurückzuführen, dass Beschlüssen nach § 80 Abs. 5 VwGO in der Sache eine – wenn auch beschränkte – Bindungswirkung zukommt, auf deren Beseitigung die dort vorgesehene gerichtliche Änderungsbefugnis abzielt (Schoch/Schneider/Bier/Schoch, Werkstand: 38. EL Januar 2020, VwGO, § 80 Rn. 529). Die Statthaftigkeit des Antrags nach § 80 Abs. 7 VwGO setzt damit – in anderen Worten ausgedrückt – das Ergehen einer Sachentscheidung in einem vorangegangenen Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO voraus, deren sachliche Bindungswirkung auf diese Weise durchbrochen werden soll.
Hier jedoch ist in dem vorherigen Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO (AN 18 S 19.50291) gerade keine gerichtliche Sachentscheidung ergangen, deren Bindungswirkung nunmehr im Wege des § 80 Abs. 7 VwGO zu durchbrechen wäre. Vielmehr ist die Rechtshängigkeit dieses Verfahrens konstitutiv durch die übereinstimmende Erledigungserklärung der Beteiligten entfallen; dem gerichtlichen Einstellungsbeschluss vom 19. August 2020 kommt insoweit eine rein deklaratorische Bedeutung zu (vgl. NK-VwGO/Neumann/Schaks, 5. Aufl. 2018, § 161 Rn. 66 f.).
(3) Statthaft ist in der hier zu entscheidenden Fallkonstellation mithin alleine ein Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO.
Um aber die durch § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylG für den Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO vorgesehene Wochenfrist und den in § 123 Abs. 5 VwGO geregelten Vorrang der Verfahren nach § 80 Abs. 5 und 7 VwGO vor dem Verfahren nach § 123 Abs. 1 VwGO nicht zu unterlaufen, kann ein solcher Rechtsbehelf nur unter engen Voraussetzungen in Betracht kommen. Hat ein Antragsteller also in der Hauptsache fristgemäß Klage gegen die Abschiebungsanordnung erhoben, ohne jedoch innerhalb der Frist des § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylG einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung dieser Klage gestellt zu haben, kann er sich im Rahmen eines Antrags nach § 123 Abs. 1 VwGO hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der Abschiebungsanordnung grundsätzlich nur auf solche Änderungen der Sach- oder Rechtslage berufen, die entweder nach dem Ablauf der Frist des § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylG eingetreten oder ihm ohne Verschulden erst später bekannt geworden sind (BeckOK-AuslR/Pietzsch, 25. Ed. 1.3.2020, AsylG, § 34a Rn. 33b).
Die hier zu entscheidende Fallkonstellation ist zwar insofern anders gelagert, als die Antragsteller in dem Verfahren AN 18 S 19.50291 zunächst einen fristgemäßen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO gestellt hatten; als Reaktion auf die im Schreiben der Antragsgegnerin vom 2. April 2020 enthaltene Erklärung, die Vollziehung der Abschiebungsanordnung auszusetzen, haben sie dieses Verfahren jedoch im Einvernehmen mit der Antragsgegnerin für erledigt erklärt und sich damit willentlich einer gerichtlichen Entscheidung über die Aussetzung des gesetzlich angeordneten Sofortvollzugs der Abschiebungsanordnung begeben. Eine Unterwanderung der Antragsfrist des § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylG bzw. des durch § 123 Abs. 5 VwGO angeordneten Konkurrenzverhältnisses droht damit in gleicher Weise, wie wenn die Antragsteller von vorneherein von einer fristgemäßen Stellung des Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO abgesehen hätten. Zur Gewährleistung des durch Art. 19 Abs. 4 GG garantierten effektiven Rechtsschutzes muss es den Antragstellern jedoch hier wie dort möglich sein, solche Umstände mit Bedeutung für die Rechtmäßigkeit der Abschiebungsanordnung geltend zu machen, die in dem eigentlich statthaften Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO keine Berücksichtigung hätten finden können, weil sie erst nachträglich eingetreten bzw. den Rechtsschutzsuchenden ohne eigenes Verschulden erst nachträglich bekannt geworden sind. Während dies im Fall der gänzlich unterbliebenen Antragstellung – wie bereits dargelegt – für jene Umstände gilt, die erst nach dem Ablauf der Wochenfrist des § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylG eingetreten bzw. den Antragstellern schuldlos erst zu diesem Zeitpunkt bekannt geworden sind, muss dies im Fall der hier einschlägigen Erledigungserklärung konsequenterweise für solche Änderungen der Sach- oder Rechtslage Geltung beanspruchen, die entweder erst nach deren Eingang bei Gericht neu hinzugetreten oder den Antragstellern ohne eigenes Verschulden erst nach diesem Zeitpunkt bekannt geworden sind.
Hier haben die Antragsteller derart „neue“, d.h. erst nach Abgabe der Erledigungserklärung in dem ursprünglichen Verfahren AN 18 S 19.50291 eingetretene, und damit in dem Verfahren nach § 123 Abs. 1 VwGO berücksichtigungsfähige Umstände vorgebracht. Dies betrifft zunächst das ärztliche Attest des Gesundheitsamts der Stadt … vom 18. Juni 2020, welches erst nach der Erledigungserklärung vom 21. April 2020 erstellt wurde und demnach in dem vorangegangenen Verfahren AN 18 S 19.50291 nicht mehr berücksichtigt werden konnte. Als in diesem Sinne „neu“ erweisen sich außerdem die als Anlage zur Antragsschrift in dem hiesigen Verfahren AN 18 S 20.50301 vorgelegten Nachweise über die schulischen Leistungen der Antragstellerin zu 2) und des Antragstellers zu 3), welche jeweils auf den 24. Juli 2020 datieren sowie die Bestätigung über die Schulanmeldung der Antragstellerin zu 1) für die Klasse der einjährigen Erweiterung der Pflegehelferausbildung vom 16. Juli 2020.
b) Die Antragsteller verfügen ferner über das notwendige Rechtsschutzbedürfnis. Dieses ergibt sich daraus, dass der am 12. März 2019 erhobenen Klage (AN 18 K 19.50292) gegen die in Ziffer 3 des Bundesamtsbescheids enthaltene Abschiebungsanordnung entgegen dem allgemein Grundsatz des § 80 Abs. 1 VwGO gemäß § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 75 Abs. 1 AsylG keine aufschiebende Wirkung zukommt und die Antragsteller – da der in solchen Fällen eigentlich vorgesehene Rechtsbehelf nach § 80 Abs. 5 VwGO hier ausnahmsweise nicht (mehr) zur Verfügung steht – ohne den Erlass einer einstweiligen Anordnung der Gefahr einer jederzeitigen Abschiebung nach P. ausgesetzt sind.
2. In der Sache jedoch erweist sich der Antrag als unbegründet.
Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Dasselbe gilt gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis, wenn eine solche zur Abwendung wesentlicher Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus sonstigen Gründen nötig erscheint. Der Antragsteller hat dabei sowohl das Bestehen eines Anordnungsanspruchs als auch eines Anordnungsgrundes im Sinne einer besonderen Dringlichkeit glaubhaft zu machen, § 123 Abs. 3 VwGO, § 920 Abs. 2, § 294 ZPO.
Diese Anforderungen sind hier nicht erfüllt. Mit Blick auf die Besonderheiten der vorliegenden Fallkonstellation, in der das Rechtsschutzbegehren der Antragsteller im Ergebnis auf die gerichtliche Anordnung der aufschiebenden Wirkung der in dem Verfahren AN 18 K 19.50292 erhobenen Klage abzielt, müssen für das Bestehen eines Anordnungsanspruchs dieselben Grundsätze gelten wie für die Prüfung der Begründetheit im Rahmen eines entsprechenden Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO. Berücksichtigungsfähig sind dabei jedoch – wie oben dargelegt – nur solche Umstände, die erst nach der übereinstimmenden Erledigungserklärung in dem vorangegangenen Verfahren AN 18 S 19.50291 vorgebracht werden konnten. Ein Anordnungsanspruch setzt demnach voraus, dass das Gericht auf Grundlage „neuer“ Umstände im Rahmen einer eigenständigen und originären Interessenabwägung zu einem Überwiegen des Aussetzungsinteresses der Antragsteller gegenüber dem Vollzugsinteresse der Antragsgegnerin gelangt.
Daran fehlt es hier; insbesondere ergeben sich unter Zugrundelegung der von den Antragstellern vorgebrachten „neuen“ Umstände bei summarischer Prüfung keine durchgreifenden Zweifel an der Rechtmäßigkeit der in Ziffer 3 des Bescheids vom 4. März 2019 getroffenen Abschiebungsanordnung, die zu einem Überwiegen des Aussetzungsinteresses der Antragsteller gegenüber dem Vollzugsinteresse der Antragsgegnerin führen könnten. Die Abschiebungsanordnung hat ihre rechtliche Grundlage in § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG. Danach ordnet das Bundesamt die Abschiebung in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG) an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann, also eine entsprechende Abschiebung nicht in rechtlicher Hinsicht unzulässig oder in tatsächliche Hinsicht unmöglich ist. Diese Voraussetzungen sind auch unter Berücksichtigung der im hiesigen Verfahren zu prüfenden „neuen“ Umstände erfüllt; namentlich führen diese nicht zu einer rechtlichen Unzulässigkeit einer Abschiebung der Antragsteller nach P..
a) Bedenken gegen die rechtliche Zulässigkeit einer Abschiebung der Antragsteller nach P. ergeben sich zunächst nicht unter Berücksichtigung des ärztlichen Attests des Gesundheitsamts der Stadt … vom 18. Juni 2020 über den psychischen Gesundheitszustand der Antragstellerin zu 1). Insbesondere folgt daraus bei summarischer Prüfung weder ein inlandsbezogenes Abschiebungshindernis noch ein zielstaatsbezogenes Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG.
(1) Inlandsbezogene Abschiebungshindernisse sind nicht zu ersehen. Zwar ist in der ärztlichen Bescheinigung vom 18. Juni 2020 zu lesen, die Antragstellerin zu 1) befinde sich derzeit in einem labilen psychischen Zustand mit wiederkehrenden depressiven Episoden und Suizidgedanken. Dass hiermit zugleich eine Beeinträchtigung ihrer Reise- bzw. Transportunfähigkeit einherginge, kann der ärztlichen Stellungnahme aber nicht entnommen werden.
(2) Ebenfalls ausscheiden muss ein zielstaatsbezogenes Abschiebungsverbot aus § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG; danach soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht, wobei vor allem existenzielle Gefahren durch Tötung, Folter, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung sowie insbesondere Krankheit erfasst werden, die dem Ausländer aufgrund seiner persönlichen Situation drohen. Wie sich aus § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG ergibt, besteht eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen nur bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlimmern würden. Erforderlich, aber auch ausreichend für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG ist damit in Krankheitsfällen, dass sich die vorhandene Erkrankung des Ausländers aufgrund zielstaatsbezogener Umstände in einer Weise verschlimmert, die zu einer erheblichen konkreten Gefahr für Leib oder Leben führt, d.h. dass eine wesentliche Verschlimmerung der Erkrankung alsbald nach der Rückkehr des Ausländers droht (BVerwG, B.v. 17.8.2011 – 10 B 13.11 – juris Rn. 3).
Dass eine Abschiebung nach P. für die Antragstellerin zu 1) mit einer derart erheblichen und existenzbedrohenden Verschlechterung ihres psychischen Gesundheitszustands einherginge, vermag der erkennende Einzelrichter indessen bei summarischer Prüfung nicht zu erkennen. Zwar ist der Antragstellerin zu 1) im Hinblick auf die ärztliche Bescheinigung des Gesundheitsamts der Stadt … vom 18. Juni 2020 die glaubhafte Darlegung einer – unter anderem auf den Verlust eines ungeborenen Kindes im Mai 2019 zurückzuführenden – erheblichen psychischen Erkrankung, konkret einer rezidivierenden depressiven Störung, gegenwärtig schwere Episode ohne psychotische Symptome, sowie einer abnormen Trauerreaktion mit Verdacht auf dissoziativen Stupor, gelungen. Ebenso wird darin in nachvollziehbarer Weise das Erfordernis einer medikamentösen Behandlung – unter anderem mit Sertralin 100 mg pro Tag, Quetiapin 25 mg pro Tag und im Bedarfsfall mit Tavor 0,5 mg – sowie einer regelmäßigen psychiatrischen Anbindung dargelegt. Unter Berücksichtigung der aktuellen Auskunftsklage ist jedoch davon auszugehen, dass die Antragstellerin zu 1) die benötigte medizinische und fachärztliche Behandlung auch in P. erhalten kann und ihr eine solche dort auch tatsächlich zur Verfügung stehen wird.
Für Ausländer, die im Wege des Dublin-Verfahrens nach P. zurückkehren, stellt sich die medizinische Versorgungslage wie folgt dar: Im Anschluss an die Überstellung nach P. wird der Gesundheitszustand eines Rückkehrers zunächst durch das medizinische Personal der Grenzwache beurteilt, wobei insbesondere die Möglichkeiten der Anpassung der Aufenthaltsverhältnisse in P. an die gesundheitliche Situation des Antragstellers sowie die eventuelle Notwendigkeit einer Unterbringung in einer (fachlichen) medizinischen Einrichtung abgesprochen werden. Sollte der Rückkehrer einer sofortigen Hospitalisierung bedürfen, wird außerdem der Transport in eine entsprechende medizinische Einrichtung sichergestellt. Während des Asylverfahrens ist die medizinische Versorgung im selben Umfang wie für versicherte polnische Staatsbürger garantiert; diese besteht auch dann fort, wenn die materielle Versorgung – gleich aus welchen Gründen – reduziert werden sollte. Die medizinische Versorgung von Asylbewerbern wird dabei im Auftrag der polnischen Asylbehörde von der Firma … … erbracht und umfasst die medizinische Basisversorgung, Spezialbehandlungen, Zahnbehandlungen, die Versorgung mit Medikamenten sowie psychologische Betreuung. Im Rahmen letzterer stehen unter anderem psychologische Unterstützungsleistungen, Bildungsaktivitäten sowie das Angebot einer Psychotherapie in Form einer kognitiven Verhaltenstherapie und Krisenintervention zur Verfügung. Die betreffenden Maßnahmen basieren auf den Standards der Polnischen Psychologischen Vereinigung. Ergibt sich die Notwendigkeit einer fachärztlichen Behandlung, kann der Patient außerdem an einen Psychiater oder – entsprechend seines Alters – in eine Klinik für psychische Gesundheit für Kinder oder Erwachsene überwiesen werden (vgl. zum Ganzen: Republik Österreich – BFA, Länderinformationsblatt P., Gesamtaktualisierung 27.6.2019, S. 7 und 12 f.).
Nach alledem ist die notwendige medikamentöse und fachärztliche Behandlung der Antragstellerin zu 1) auch in P. gewährleistet. Insbesondere ist sowohl von einer Verfügbarkeit der von der Antragstellerin zu 1) eingenommenen Medikamente als auch von einer Erreichbarkeit der benötigen psychiatrischen Anbindung auszugehen. So steht namentlich das medizinische Personal von MedCOI (Medical Country of Origin Information) auf dem Standpunkt, dass medizinische Behandlungsmöglichkeiten in der Europäischen Union generell in ausreichendem Maße verfügbar sind (vgl. Republik Österreich – BFA, Länderinformationsblatt P., Gesamtaktualisierung 27.6.2019, S. 12). Dabei ist es nach § 60 Abs. 7 Satz 4 AufenthG nicht erforderlich, dass die in P. zur Verfügung stehende medizinische Versorgung mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Sollte konkret die von der Antragstellerin benötigte psychiatrische Anbindung ggf. nur in größerer Entfernung zu ihrem künftigen Wohnsitz zur Verfügung stehen, wäre dies ebenfalls unerheblich. Nach § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG liegt eine ausreichende medizinische Versorgung regelmäßig schon dann vor, wenn diese nur in einem Teil des Abschiebungszielstaats gewährleistet ist. Im Übrigen kann alleine deshalb auch nicht von einer fehlenden Erreichbarkeit einer solchen Behandlung für die Antragstellerin zu 1) ausgegangen werden, zumal das polnische Fremdenamt allen Schutzsuchenden den Transport zu fachärztlichen Untersuchungen, Rehabilitationsmaßnahmen und ärztlichen Terminen in medizinischen Einrichtungen garantiert (vgl. Republik Österreich – BFA, Länderinformationsblatt P., Gesamtaktualisierung 27.6.2019, S. 7). Soweit in der ärztlichen Bescheinigung des Gesundheitsamts außerdem von besonderen Anforderungen an die Unterbringung ausgegangen wird, kann bei einer Rückkehr nach P. auch diesem Bedürfnis der Antragstellerin zu 1) Rechnung getragen werden. Für vulnerable Antragsteller, zu denen unter anderem alleinerziehende Frauen und psychisch beeinträchtigte Personen zählen, sind in P. besondere, auf ihre Bedürfnisse angepasste Unterbringungsmöglichkeiten vorgesehen. So besteht etwa in Warschau ein Zentrum für die Unterbringung alleinstehender Frauen mit Kindern. Für Personen mit psychischen Beeinträchtigungen besteht zudem die Möglichkeit der Unterbringung in einer auf psychosoziale Betreuung spezialisierten Einrichtung (vgl. Republik Österreich – BFA, Länderinformationsblatt P., Gesamtaktualisierung 27.6.2019, S. 8).
b) Ebenso wenig vermögen die mit der Antragsschrift vorgelegten Bescheinigungen über die schulischen Leistungen der Antragstellerin zu 2) und des Antragstellers zu 3) sowie die Bestätigung über die Schulanmeldung der Antragstellerin zu 1) für die Klasse der einjährigen Erweiterung der Pflegehelferausbildung die Rechtmäßigkeit der mit Bescheid vom 4. März 2019 erlassenen Abschiebungsanordnung in Frage zu stellen. Insbesondere ist die Antragsgegnerin deshalb noch nicht zu einer Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO angehalten.
Abgesehen davon, dass es im Hinblick auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (U.v. 23.1.2019 – C-661/17 – juris Rn. 53 ff.) zu Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO ohnehin fraglich erscheint, ob sich das in dieser Vorschrift zugunsten der Mitgliedstaaten normierte Ermessen überhaupt zum einer Pflicht zum Selbsteintritt verdichten kann, bedürfte es hierfür jedenfalls besonderer, die persönliche Situation der Antragsteller betreffender humanitärer Gründe, die jede andere Entscheidung unvertretbar erscheinen ließen. Alleine die Tatsache, dass die Antragsteller während ihres Aufenthalts in Deutschland eine schulische bzw. berufliche Ausbildung absolvieren bzw. die Aufnahme einer solchen beabsichtigen, stellt indessen noch keinen derart zwingenden humanitären Grund dar.
Dies gilt zunächst mit Blick auf die schulische Ausbildung der Antragstellerin zu 2) und des Antragstellers zu 3). Der bloße Schulbesuch stellt für sich genommen keinerlei Besonderheit dar; im Gegenteil absolviert gerade die weit überwiegende Mehrheit der minderjährigen Schutzsuchenden, die sich im Zuge eines Dublin-Verfahrens in der Bundesrepublik aufhalten, eine solche schulische Ausbildung. Nichts anderes gilt unter Berücksichtigung der dabei von der Antragstellerin zu 2) und dem Antragsteller zu 3) erzielten überdurchschnittlichen Leistungen. Zwar mögen diese durchaus lobenswert erscheinen, in der Sache stellen sie jedoch ebenfalls keine Besonderheit dar. So wird es sich bei der Antragstellerin zu 2) und dem Antragsteller zu 3) bei weitem nicht um die einzigen Schüler mit Migrationshintergrund handeln, denen die Erzielung überdurchschnittlicher schulischer Leistungen gelungen ist. Aus denselben Gründen erweist sich in diesem Zusammenhang der von der Antragstellerin zu 1) beabsichtigte Besuch der Klasse der einjährigen Erweiterung der Pflegehelferausbildung als unerheblich. Dies gilt umso mehr, als die Antragstellerin zu 1) diese berufliche Fortbildungsmaßnahme im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung noch überhaupt nicht begonnen hat.
3. Lediglich ergänzend merkt das Gericht an, dass die von den Antragstellern angegriffene Abschiebungsanordnung selbst dann nicht zu beanstanden wäre, wenn entgegen der hier vertretenen Ansicht auch im Rahmen des Verfahrens nach § 123 Abs. 1 VwGO eine nochmalige Überprüfung sämtlicher für deren Rechtmäßigkeit maßgeblicher Umstände zu erfolgen hätte. Insoweit soll daher noch auf folgendes hingewiesen werden:
a) Die Antragsgegnerin ist zutreffend von einer Zuständigkeit P.s für die Bearbeitung der Asylgesuche der Antragsteller nach Art. 3 Abs. 1 Satz 2, Art. 7-15 Dublin III-VO ausgegangen. Konkret ergibt sich diese hier aus Art. 12 Abs. 2 und 3 Buchst. a Alt. 1 Dublin III-VO.
Gemäß Art. 12 Abs. 2 Satz 1 Dublin III-VO ist für die Prüfung von Asylanträgen solcher Personen, die im Besitz eines gültigen Visums sind, grundsätzlich derjenige Mitgliedstaat zuständig, der dieses Visum erteilt hat. Besitzt ein Antragsteller mehrere gültige Visa verschiedener Mitgliedstaaten, so bestimmt sich die Reihenfolge der Zuständigkeit für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz nach Art. 12 Abs. 3 Dublin III-VO. Dabei geht Art. 12 Abs. 3 Buchst. a Alt. 1 Dublin III-VO von einer vorrangigen Zuständigkeit desjenigen Mitgliedstaats aus, der den Aufenthaltstitel mit der längsten Gültigkeitsdauer erteilt hat. Hier ergab die seitens der Antragsgegnerin eingeholte VIS-Auskunft, dass sämtlichen Antragstellern am 12. Dezember 2018 polnische sowie am 15. Januar 2019 deutsche Kurzaufenthaltsvisa für den Schengen-Raum erteilt worden waren. Während die polnischen Visa jeweils über eine Gültigkeitsdauer vom 21. Dezember 2018 bis zum 20. Dezember 2020 (bzw. im Fall des Antragstellers zu 3) bis zum 28. Februar 2020) verfügten, war die die Gültigkeit der deutschen Visa auf die Zeit vom 25. Januar 2019 bis zum 29. Januar 2019 beschränkt. Zu dem nach Art. 7 Abs. 2 Dublin III-VO maßgeblichen Zeitpunkt der erstmaligen Stellung eines Antrags auf internationalen Schutz im Sinne des Art. 20 Abs. 2 Dublin III-VO, für welchen nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (U.v. 26.7.2017 – C-670/16 – juris Rn. 75 ff.) die – hier am 29. Januar 2019 erfolgte – erstmalige schriftliche Kenntniserlangung der Antragsgegnerin von den Asylgesuchen maßgeblich ist, waren die Antragsteller mithin im Besitz mehrerer gültiger Visa. Für die Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats kommt es damit gemäß Art. 12 Abs. 3 Buchst. a Alt. 1 Dublin III-VO auf die Länge der Gültigkeitsdauer dieser Visa an. Hiernach ist für die Prüfung der Asylgesuche der Antragsteller eine Zuständigkeit P.s gegeben, weil die polnischen Visa jeweils eine Gültigkeit von mehreren Monaten besaßen, wohingegen sich die Gültigkeitsdauer der deutschen Visa auf wenige Tage beschränkte. Nach alledem ist es schließlich unerheblich, dass die Antragsteller ihre Pässe mit den polnischen Visa verloren haben wollen. Zum einen wird die Existenz der entsprechen polnischen Visa durch die von der Antragsgegnerin eingeholte VIS-Auskunft hinreichend belegt; zum anderen haben die polnischen Behörden eine Übernahme der Antragsteller bereits schriftlich zugesichert.
Die Zuständigkeit P.s ist auch nicht infolge Zeitablaufs auf die Antragsgegnerin übergegangen. Insbesondere hat diese ihre Aufnahmegesuche vom 25. Februar 2019 innerhalb der dreimonatigen Frist des Art. 21 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin III-VO nach der – hier am 29. Januar 2019 erfolgten – Antragstellung (Art. 20 Abs. 2 Dublin III-VO) an die polnischen Behörden unterbreitet. Ein Übergang der Zuständigkeit nach Art. 21 Abs. 1 Unterabs. 3 Dublin III-VO ist damit nicht eingetreten. Die daraufhin mit Schreiben der polnischen Behörden vom 28. Februar 2019 erklärte Annahme der Aufnahmegesuche ist ebenfalls zu Recht erfolgt, weil eine entsprechende Zuständigkeit P.s aus Art. 12 Abs. 2 und 3 Buchst. a Alt. 1 Dublin III-VO tatsächlich gegeben ist, s.o.
Die Zuständigkeit für die Prüfung der Asylanträge ist schließlich nicht infolge eines Ablaufs der sechsmonatigen Überstellungsfrist des Art. 29 Abs. 2 Dublin III-VO auf die Antragsgegnerin übergegangen. Deren Lauf war hier zunächst durch den fristgemäß am 12. März 2020 gestellten Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO (AN 18 S 19.50291) unterbrochen worden und hat, nachdem dieses Verfahren als Folge der übereinstimmenden Erledigungserklärungen der Beteiligten beendet worden war, erneut zu laufen begonnen. Es kann insoweit dahinstehen, ob für den Abschluss dieses Verfahrens bereits der Eingang der zuletzt abgegebenen Erledigungserklärung bei Gericht oder aber erst der förmliche Einstellungsbeschluss maßgeblich ist. Zu dem für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung liegen nämlich weder der Eingang der Erledigungserklärung der Antragstellerseite am 21. April 2020 noch die Zustellung des daraufhin am 19. August 2020 ergangenen gerichtlichen Einstellungsbeschlusses länger als sechs Monate zurück. Auf die weitergehende Frage, inwieweit der Lauf der Überstellungsfrist des Art. 29 Abs. 2 Dublin III-VO daneben durch die mit Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 2. April 2020 auf Grundlage von § 80 Abs. 4 VwGO i.Vm. Art. 27 Abs. 4 Dublin III-VO erklärte Aussetzung der Vollziehung der Abschiebungsanordnung unterbrochen werden konnte, kommt es damit nicht mehr an.
b) Es besteht im Übrigen auch keine ausnahmsweise Zuständigkeit der Antragsgegnerin nach Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 und 3 Dublin III-VO. Das polnische Asylverfahren und die dortigen Aufnahmebedingungen weisen keine systemischen Schwachstellen auf, die für die Antragsteller mit der Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 GRC, Art. 3 EMRK einhergingen.
Nach dem System der normativen Vergewisserung (s. dazu BVerfG, U.v. 14.5.1996 – 2 BvR 1938/93 – juris Rn. 181 ff.) bzw. dem Prinzip des gegenseitigen Vertrauens (s. dazu EuGH, U.v. 21.12.2011 – C-411/10, C-493/10 – juris Rn. 75 ff.; U.v. 19.3.2019 – C-163/17 – juris Rn. 80 ff.) gilt die Vermutung, dass die Behandlung von Asylbewerbern in jedem Mitgliedstaat der Europäischen Union den Vorschriften der Genfer Flüchtlingskonvention, der Europäischen Menschenrechtskonvention sowie der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entspricht. Hierbei handelt es sich jedoch nicht um eine unwiderlegliche Vermutung; vielmehr obliegt es den Mitgliedstaaten einschließlich der nationalen Gerichte, einen Asylbewerber nicht an den zuständigen Mitgliedstaat zu überstellen, wenn ihnen nicht unbekannt sein kann, dass die systemischen Schwachstellen des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in diesem Mitgliedstaat ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass ein Antragsteller tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt zu werden (EuGH, U.v. 21.12.2011 – C-411/10, C-493/10 – juris Rn. 105 f.; U.v. 19.3.2019 – C-163/17 – juris Rn. 84 f.). Allerdings fallen solche Schwachstellen nur dann unter Art. 4 GRC, Art. 3 EMRK, wenn sie eine besonders hohe Schwelle der Erheblichkeit erreichen. Dies wird indessen erst dann anzunehmen sein, wenn die Gleichgültigkeit der Behörden eines Mitgliedstaats zur Folge hat, dass sich eine vollständig von öffentlicher Unterstützung abhängige Person unabhängig von ihrem Willen und ihren persönlichen Entscheidungen in einer Situation extremer materieller Not befindet, die es ihr nicht erlaubt, ihre elementarsten Bedürfnisse zu befriedigen, wie insbesondere, sich zu ernähren, sich zu waschen und eine Unterkunft zu finden, und die ihre physische oder psychische Gesundheit beeinträchtigt oder sie in einen Zustand der Verelendung versetzt, der mit der Menschenwürde unvereinbar ist (vgl. zum Ganzen: EuGH, U.v. 19.3.2018 – C-163/17 – juris Rn. 91 f.).
Ausgehend von den vorstehend dargestellten Grundsätzen sind für das Gericht unter Berücksichtigung der aktuellen Erkenntnislage keinerlei Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass den Antragstellern bei einer Überstellung nach P. wegen dort bestehender systemischer Schwachstellen im Asylverfahren oder in den Aufnahmebedingungen eine menschenunwürdige oder erniedrigende Behandlung im Sinne von Art. 3 EMRK, Art. 4 GRC drohen würde. Es wird insoweit gemäß § 77 Abs. 2 AsylG auf die Gründe des Bescheids vom 4. März 2019 Bezug genommen, welche sich in vertiefter Weise mit dem Nichtvorliegen systemischer Mängel im polnischen Asylverfahren auseinandersetzen. Auch in der deutschen Verwaltungsgerichtsbarkeit wird diese Einschätzung überwiegend geteilt (aus neuerer Zeit etwa: VG Düsseldorf, U.v. 21.7.2020 – 22 K 8762/18.A – juris Rn. 149 ff.; U.v. 25.7.2019 – 12 K 8342/18.A – juris Rn. 19 ff.; VG Regensburg, B.v. 5.2.2020 – RO 12 S 20.50020 – juris Rn. 45 ff.; VG Würzburg, B.v. 3.1.2020 – W 8 S 19.50825 – juris Rn. 15 f.; VG Ansbach, B.v. 3.6.2019 – AN 18 S 18.50559 – juris Rn. 31 ff.; VG Augsburg, B.v. 21.5.2019 – Au 6 S 19.50444 – juris Rn. 30 ff.; VG Cottbus. B.v. 30.11.2018 – 5 L 601/18.A – juris Rn. 11 ff.; VG Aachen, B.v. 12.10.2018 – 6 L 1206/18.A – juris Rn. 16 ff.).
c) Des Weiteren stellen die geltend gemachten familiären Beziehungen der Antragsteller keinen Umstand dar, der die Antragsgegnerin zu einer Ausübung der Selbsteintrittsbefugnis des Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO verpflichten würde.
Soweit die Antragstellerin zu 1) angegeben hat, ihr Bruder und dessen Familie würden in Deutschland leben, ist dieser Umstand grundsätzlich unerheblich. Weder handelt es sich bei dem Bruder um einen Familienangehörigen im Sinne der Definition des Art. 2 Buchst. g Dublin III-VO, noch ist dieser der Kernfamilie der Antragsteller zuzurechnen. Im Übrigen ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass die Antragsteller in besonderem Maße auf die Unterstützung des Bruders bzw. Onkels angewiesen wären.
Nichts anderes gilt hinsichtlich des Vorbringens, der Ehemann bzw. Vater der Antragsteller, welcher als LKW-Fahrer bei einer litauischen Firma angestellt sei, halte sich berufsbedingt regelmäßig in Deutschland auf und könne bei dieser Gelegenheit die Antragsteller besuchen. Zum einen handelt es sich hierbei gerade nicht um einen dauerhaften und gefestigten Aufenthalt des Ehemannes bzw. Vaters in der Bundesrepublik, der dazu geeignet wäre, eine nachhaltige Wiederherstellung der familiären Lebensgemeinschaft zu ermöglichen. Zum anderen würden etwaige Besuche des Ehemannes bzw. Vaters bei den Antragstellern durch eine Abschiebung nach P. keineswegs ausgeschlossen. Vielmehr ist davon auszugehen, dass der Vater auf beruflichen Fahrten vom Ort seiner Arbeitsstätte in Litauen nach Deutschland regelmäßig das dazwischenliegende polnische Staatsgebiet durchqueren und dabei die Möglichkeit haben wird, die Antragsteller zu besuchen.
d) Zuletzt ergeben sich aus dem sonstigen Vorbringen der Antragsteller auch keine zielstaatsbezogenen Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG.
Soweit die Antragstellerin zu 1) befürchtet, diejenigen Personen, die sie in ihrem Heimatland Weißrussland bedroht hätten, könnten sie aufgrund der gemeinsamen Landesgrenze auch in P. bedrohen, ergibt sich daraus noch nicht die beachtlich wahrscheinliche Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne des § 60 Abs. 5 AufentG i.V.m. Art. 3 EMRK. Es ist bereits nicht ersichtlich, auf welcher tatsächlichen Grundlage die Antragstellerin zu 1) zu dieser Annahme gelangt sein will; stichhaltige Gründe, die eine solche Gefährdung beachtlich wahrscheinlich erscheinen ließen, sind im Übrigen weder vorgetragen noch ersichtlich. Dessen ungeachtet wäre es der Antragstellerin zu 1) zumutbar, die polnischen Sicherheitsbehörden um Schutz zu ersuchen; es ist insbesondere davon auszugehen, dass diese sowohl dazu bereit als auch in der Lage wären, die Antragstellerin zu 1) vor derartigen Gefahren zu beschützen.
Ebenso wenig folgt aus den geltend gemachten gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Antragstellerin zu 2) (ein Adenom im Kleinhirn und Schilddrüsenprobleme) ein Abschiebungsverbot aus § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Abgesehen davon, dass der diesbezügliche Sachvortrag nicht nach Maßgabe von § 60 Abs. 7 Satz 2 i.V.m. § 60a Abs. 2c Satz 2 und 3 AufenthG durch die Vorlage einer qualifizierten ärztlichen Bescheinigung glaubhaft gemacht wurde, wäre eine deshalb gegebenenfalls erforderliche medizinische Behandlung der Antragstellerin zu 2) nach gegenwärtiger Erkenntnislage in P. gleichermaßen gewährleistet, s.o.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Gerichtskostenfreiheit ergibt sich aus § 83b AsylG.
Dieser Beschluss ist gemäß § 80 AsylG unanfechtbar.
Statthaftigkeit eines Antrags nach § 123 Abs. 1 VwGO mit dem Ziel der gerichtlichen Anordnung der aufschiebenden Wirkung einer Klage gegen eine Abschiebungsanordnung nach § 34a AsylG nach Abschluss eines vorangegangenen Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO durch übereinstimmende Erledigungserklärung Keine Statthaftigkeit des Antrags nach § 80 Abs. 7 VwGO, wenn das Gericht in einem vorangegangenen Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO keine Entscheidung in der Sache getroffen hat (hier: deklaratorischer Einstellungsbeschluss nach übereinstimmender Erledigungserklärung)
Beschränkung des Prüfungsumfangs in einem derartigen Verfahren nach § 123 Abs. 1 VwGO auf „neue“ Umstände, die entweder erst nach dem Abschluss des vorangegangenen Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO eingetreten sind oder in diesem von den Antragstellern schuldlos nicht geltend gemacht werden konnten Kein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG bei einer im Abschiebungszielstaat (hier P.) gleichermaßen behandlungsfähigen psychischen Erkrankung eines Antragstellers Keine Verpflichtung zum Selbsteintritt nach Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO aufgrund überdurchschnittlicher schulischer Leistungen der Antragsteller in Deutschland Leitsätze: