Aktenzeichen W 10 S 19.50012
AsylG § 29 Abs. 1, § 34a Abs. 1
GRCh Art. 4
EMRK Art. 3
Dublin III-VO Art. 3 Abs. 1 S. 2, Art. 12 Abs. 4, Art. 23, Art. 29
Leitsatz
1. Die Slowakische Republik ist als Mitgliedstaat der Europäischen Union zwar kein sicherer Drittstaat, aber an die europäischen Grundrechte sowie an die EMRK gebunden, weswegen zunächst die durch das Prinzip des gegenseitigen Vertrauens begründete Vermutung für die Zulässigkeit der Abschiebung in diesen Staat spricht. (Rn. 21) (redaktioneller Leitsatz)
2. Im Zeitpunkt der gerichtlichen Eilentscheidung wird nicht davon ausgegangen, dass das Asylverfahren in der Slowakischen Republik unionsrechtlichen Maßstäben widerspricht bzw. dort unzureichende Aufnahmebedingungen herrschen, die zu einer Verletzung in der GR-Charta gewährleisteten Rechte führen. (Rn. 23) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Gründe
I.
Der Antragsteller, nach eigenen Angaben ein am … 1999 in E. bzw. nach anderen Angaben Em., Nigeria, geborener nigerianischer Staatsangehöriger, beantragte am 26. Oktober 2018 beim Bundesamt für … (im Folgenden: Bundesamt) Asyl.
Bei der Antragstellung gab er im Wesentlichen an, mit einem am 3. Oktober 2018 von der Slowakischen Botschaft in Serbien ausgestellten Schengen-Visum am 21. Oktober 2018 in das Bundesgebiet eingereist zu sein. Sein Herkunftsland habe er am 3. Mai 2018 verlassen und sei sodann über Serbien und die Slowakei gereist. In der Slowakei habe er sich eine Woche und sechs Tage lange aufgehalten. Er habe dort keinen Asylantrag gestellt. Fingerabdrücke seien ihm nicht abgenommen worden. Vorher habe er sich fünf Monate lang in Serbien aufgehalten.
In der Anhörung zur Zulässigkeit des Asylantrags am 31. Oktober 2018 bestätigte der Antragsteller die bisherigen Angaben und teilte mit, dass er bei den Asylbehörden in der Slowakei keine Anhörung zu seinen Asylgründen gehabt habe. Er habe keine Probleme mit der Slowakei, habe aber Sicherheit in Deutschland gewollt. Er habe Schmerzen im rechten Knie und nehme nur schmerzlindernde Medikamente. Er habe die Knieschmerzen schon in Nigeria gehabt, seitdem er dort von einem Auto gesprungen sei. Er sei in Nigeria nicht ärztlich behandelt worden, weil er auf der Flucht gewesen sei. In Deutschland sei er deshalb noch nicht bei einem Arzt gewesen.
Da Anhaltspunkte für die Zuständigkeit eines anderen Mitgliedstaates nach der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des europäischen Parlaments und des Rates vom 26.Juni 2013 bestanden, ersuchte das Bundesamt am 2. November 2018 die slowakischen Behörden um Wiederaufnahme des Antragstellers. Diese erklärten am 20. Dezember 2018 die Aufnahme des Antragstellers aufgrund von Art. 12 Abs. 4 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013.
Mit Bescheid vom 27. Dezember 2018 lehnte das Bundesamt den Antrag als unzulässig ab (Ziffer 1 des Bescheides), stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Ziffer 2), ordnete die Abschiebung in die Slowakische Republik an (Ziffer 3) und befristete das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot auf drei Monate ab dem Tag der Abschiebung (Ziffer 4). Der Asylantrag sei gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG unzulässig, da die Slowakische Republik aufgrund des erteilten und weniger als sechs Monate abgelaufenen Visums gemäß Art. 12 Abs. 4 Dublin III-VO für die Behandlung des Asylantrages zuständig sei. Sollte sich herausstellen, dass der Antragsteller entgegen der bisherigen Erkenntnislage bereits in einem anderen europäischen Staat internationalen Schutz erhalten habe und deshalb die Dublin III-VO keine Anwendung finden könne, bleibe es gleichwohl bei der Unzulässigkeit des Asylantrags gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG. Die weitere Unzulässigkeit des Asylantrags könne auch auf dem erfolglosen Abschluss des früheren Asylverfahrens beruhen, wenn die Voraussetzungen für ein Wiederaufgreifen des Verfahrens nicht vorlägen (mit Verweis auf § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG). Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG lägen nach Erkenntnissen des Bundesamtes nicht vor. Die derzeitigen humanitären Bedingungen in der Slowakischen Republik führten nicht zu der Annahme, dass bei Abschiebung des Antragstellers eine Verletzung des Art. 3 EMRK vorliege. Die hierfür vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte geforderten hohen Anforderungen an den Gefahrenmaßstab seien nicht erfüllt. Ebenso fehlten Gründe für die Annahme, dass bei Abschiebung des Antragstellers eine Verletzung des Art. 4 der EU-Grundrechte Charta vorliege. Der Antragsteller habe keine Probleme mit der Slowakei vorgetragen und lediglich ausgeführt, er wolle Sicherheit in Deutschland. Etwaige persönliche Befindlichkeiten des Antragstellers bzw. der geäußerte Wunsch, in einem bestimmten Land im Hinblick auf die Prüfung des Asylantrages bleiben zu wollen, blieben im Rahmen der Anwendung des Dublin-Verfahrens jedoch außer Betracht und stellten keinen schutzwürden Belang dar. Es seien keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass in der Slowakischen Republik rechtsstaatliche Defizite, Menschenrechtsverletzungen oder grobe systemische Mängel im Asylverfahren vorlägen. Demzufolge sei nicht ersichtlich, dass dem Antragsteller durch eine Überstellung in die Slowakische Republik eine erhebliche und konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit drohe. Bezüglich der vorgetragenen gesundheitlichen Beschwerden infolge einer Knieverletzung sei der Antragsteller im Bedarfsfall auf das slowakische Gesundheitssystem zu verweisen. Er habe in keiner Weise darlegen können, inwiefern die angegebenen gesundheitlichen Beschwerden eine erhebliche konkrete Gefahr für ihn darstellt. Darüber hinaus befinde sich der Antragsteller nach Kenntnis des Bundesamtes in keiner längerfristigen ärztlichen Behandlung im Bundesgebiet. Die vorgetragenen medizinischen Beschwerden seien somit als nicht lebensbedrohlich und nicht so schwerwiegend zu beurteilen. Eine Reiseunfähigkeit liege ebenfalls nicht vor. Es sei zu erwarten, dass bei dem Antragsteller durch eine Abschiebung in die slowakische Republik keine wesentliche Verschlechterung seines Gesundheitszustandes eintreten werde und dass es ihm möglich sein werde, dort eine eventuell notwendige medizinische Behandlung zu erhalten, da es keinerlei Anhaltspunkte dafür gebe, dass der Antragsteller von einer derartigen medizinischen Versorgung in der Slowakischen Republik grundsätzlich ausgeschlossen wäre. Außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Antragsgegnerin veranlassen könnte, ihr Selbsteintrittsrecht auszuüben, sei nicht ersichtlich. Mangels entsprechender Anhaltspunkte seien auch keine inlandsbezogenen Abschiebungshindernisse ersichtlich. Wegen der weiteren Gründe wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf den Bescheid Bezug genommen (§ 77 Abs. 2 AsylG).
Gegen diesen ihm am 2. Januar 2019 ausgehändigten Bescheid erhob der Antragsteller am 9. Januar 2019 Klage (Az: W 10 K 19.50011), über die noch nicht entschieden ist.
Gleichzeitig beantragte er im vorliegenden Verfahren,
die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Vorgelegt wurde ein Attest der Radiologie … vom 21. Januar 2019, welches Knieschmerzen rechts sowie ein Verdacht auf Gonarthrose feststellt und über eine durchgeführte Röntgenuntersuchung des rechten Knies des Antragstellers berichtet.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtssowie der vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.
II.
Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsanordnung unter Ziffer 3 sowie gegen die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbotes unter Ziffer 4 des Bescheids der Antragsgegnerin vom 27. Dezember 2018 ist zulässig, hat in der Sache aber keinen Erfolg.
1. Der Antrag ist zulässig.
Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage ist statthaft, soweit er sich gegen die Abschiebungsanordnung in Ziffer 3 sowie gegen die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbotes in Ziffer 4 des streitgegenständlichen Bescheides richtet (§ 88 VwGO). Das Gericht kann gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO unter anderem in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs anordnen. Eine Klage gegen die Abschiebungsanordnung sowie gegen die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbotes entfaltet von Gesetzes wegen nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO, § 75 Abs. 1 AsylG, § 84 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 AufenthG keine aufschiebende Wirkung. Der Antrag wurde auch innerhalb der Wochenfrist des § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylG gestellt.
2. Der Antrag ist jedoch unbegründet.
Das Gericht trifft im Rahmen des § 80 Abs. 5 VwGO eine eigene, originäre Entscheidung über die Anordnung bzw. die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung auf Grund der sich ihm im Zeitpunkt seiner Entscheidung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 AsylG) darbietenden Sach- und Rechtslage. Das Gericht hat dabei das Aussetzungsinteresse des Antragstellers und das öffentliche Interesse an einer sofortigen Vollziehung unter Berücksichtigung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache gegeneinander abzuwägen (Kopp/Schenke, VwGO, 23. Auflage 2017, § 80 Rn. 152; Eyermann/Hoppe, VwGO, 15. Auflage 2019, § 80 Rn. 89). Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ist in der Regel abzulehnen, wenn der Rechtsbehelf in der Hauptsache nach summarischer Prüfung voraussichtlich erfolglos bleiben wird; ergibt eine vorläufige Überprüfung der Klage in der Hauptsache dagegen, dass diese offensichtlich erfolgreich sein wird, so überwiegt regelmäßig das Aussetzungsinteresse des Antragstellers. Sind die Erfolgsaussichten offen, so ist eine reine Interessenabwägung vorzunehmen (vgl. Eyermann/Hoppe, VwGO, 15. Auflage 2019, § 80 Rn. 90 ff.).
Gemessen an diesen Grundsätzen fällt die vom Gericht anzustellende Interessenabwägung zu Lasten des Antragstellers aus. Nach der im vorliegenden Verfahren gebotenen summarischen Prüfung bestehen an der Rechtmäßigkeit der Ziffern 3 und 4 des angegriffenen Bescheids keine Zweifel. Bei der nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO vorzunehmenden Abwägung überwiegt daher das öffentliche Vollzugsinteresse das Interesse des Antragstellers an der Aussetzung der Vollziehung.
Um Wiederholungen zu vermeiden, wird auf die zutreffenden Gründe des streitgegenständlichen Bescheids verwiesen (§ 77 Abs. 2 AsylG). Das Vorbringen des Antragstellers in der Antragsbegründung führt zu keiner anderen Bewertung.
a) Rechtsgrundlage für die streitgegenständliche Abschiebungsanordnung ist § 34a Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 AsylG. Danach ordnet das Bundesamt die Abschiebung des Ausländers in einen für die Durchführung des Asylverfahrens nach § 29 Absatz 1 Nr. 1 AsylG zuständigen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a AsylG ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Mitgliedstaat für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist. Art. 3 Abs. 1 Satz 2 Dublin-III-VO sieht vor, dass Anträge auf internationalen Schutz von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft werden, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Staat bestimmt wird. Lässt sich anhand dieser Kriterien der zuständige Mitgliedstaat nicht bestimmen, so ist nach Art. 3 Abs. 2 UAbs. 1 Dublin III-VO der erste Mitgliedstaat, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, für dessen Prüfung zuständig. Der Antragsteller ist mit einem slowakischen Visum in das Gebiet der Dublin-Mitgliedstaaten eingereist, sodass gemäß Art. 12 Abs. 4 Dublin III-VO die Behörden der Slowakischen Republik für die Prüfung des Antrags zuständig sind.
Da das Wiederaufnahmegesuch innerhalb der Frist des Art. 23 Abs. 2 Dublin III-VO an die Slowakische Republik gerichtet wurde, ist die Zuständigkeit auch nicht auf die Antragsgegnerin übergegangen. Auch auf Grundlage von Art. 29 Abs. 2 Satz 1 der Dublin III-VO ergibt sich keine Zuständigkeit der Antragsgegnerin.
b) Ein Zuständigkeitsübergang auf die Antragsgegnerin ergibt sich auch nicht aus der rechtlichen Unmöglichkeit der Überstellung in die Slowakische Republik. Nach Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO besteht ein Überstellungshindernis, wenn es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in dem an sich zuständigen Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, welche die Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 der EU – Grundrechtecharta (GR-Charta) mit sich bringen. Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO beruht auf der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, dass das in Art. 4 GR-Charta enthaltene Verbot unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung von fundamentaler Bedeutung ist und aufgrund der engen Verbindung zur Achtung der Würde des Menschen (Art. 1 GR-Charta) und seines daraus resultierenden absoluten Charakters auch bei Überstellungen von Asylbewerbern nach der Dublin – Verordnung vollumfänglich beachtet werden muss (vgl. EuGH, U.v. 21.12.2011 – C-411/10 – NVwZ 2012, 417; U.v. 5.4.2016 – C-404/15, C-659/15 – NJW 2016, 1709 Rn. 85, 86; U.v. 16.2.2017 – C-578/16 – NVwZ 2017, 691 Rn. 59).
Das Gemeinsame Europäische Asylsystem (GEAS) beruht auf dem „Prinzip gegenseitigen Vertrauens“, dass alle daran beteiligten Mitgliedstaaten die Grundrechte sowie die Rechte beachten, die ihre Grundlage in der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK), dem Protokoll von 1967 und in der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) finden (vgl. EuGH, U.v. 21.12.2011 – C-411/10 – NVwZ 2012, 417 Rn. 79). Dies begründet die Vermutung, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem einzelnen Mitgliedstaat im Einklang mit den Erfordernissen der EU-Grundrechtecharta sowie mit der Genfer Flüchtlingskonvention und der EMRK steht (vgl. EuGH, U.v. 21.12.2011, a.a.O., Rn. 80). Die Slowakische Republik ist als Mitgliedstaat der Europäischen Union zwar im Verhältnis zur Antragsgegnerin kein sicherer Drittstaat (BVerwG, U.v. 1.6.2017 – 1 C 9.17 – juris). Sie ist aber als Mitgliedstaat an die europäischen Grundrechte (Art. 51 Abs. 1 GR-Charta) sowie an die EMRK gebunden. Deshalb spricht zunächst die durch das Prinzip des gegenseitigen Vertrauens begründete Vermutung für die Zulässigkeit der Abschiebung in einen solchen Staat. Es ist in Ermangelung anderweitiger substanzieller Anhaltspunkte davon auszugehen, dass das Asylrecht und die Aufnahmebedingungen in der Slowakische Republik zumindest den internationalen und europäischen Mindeststandards entsprechen und jedenfalls elementare Bedürfnisse der Asylbewerber gedeckt werden können.
Hierbei handelt es sich zwar um eine widerlegliche Vermutung. Die Anforderungen an die Feststellung systemischer Mängel und eine daraus resultierende Widerlegung der Sicherheitsvermutung sind allerdings hoch. Im Hinblick auf das Ziel der Dublin III-VO, zügig und effektiv den für das Asylverfahren zuständigen Staat zu bestimmen, können geringfügige Verstöße hierfür nicht ausreichen. Um das Prinzip gegenseitigen Vertrauens entkräften zu können, muss vielmehr ernsthaft zu befürchten sein, dass dem Asylbewerber aufgrund genereller defizitärer Mängel im Asylsystem des eigentlich zuständigen Mitgliedstaats mit beachtlicher, d.h. überwiegender Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK bzw. Art. 4 GR-Charta droht (vgl. BVerwG, B.v. 19.3.2014 – 10 B 6.14 – juris Rn. 6; EuGH, U.v. 21.12.2011, a.a.O., Rn. 80; VGH BW, U.v. 16.4.2014 – A 11 S 1721/13 – juris Rn. 41). Erforderlich ist insoweit die real bestehende Gefahr, dass in dem Mitgliedstaat, in den überstellt werden soll, die grundlegende Ausstattung mit den notwendigen, zur Befriedigung menschlicher Grundbedürfnisse elementaren Mitteln so defizitär ist, dass der materielle Mindeststandard nicht erreicht wird und der betreffende Mitgliedstaat dieser Situation nicht mit geeigneten Maßnahmen, sondern mit Gleichgültigkeit begegnet (vgl. OVG Lüneburg, U.v. 29.1.2018 – 10 LB 82/17 – juris Rn. 34 m.w.N.). Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) kann allerdings die bloße schlechtere wirtschaftliche oder soziale Stellung der Person in dem zu überstellenden Mitgliedstaat nicht für die Annahme einer unmenschlichen Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK ausreichen (vgl. EGMR, B.v. 2.4.2013 – 27725/10 – ZAR 2013, 336, 70 f.). Der EGMR führt in seiner Entscheidung aus, dass Art. 3 EMRK keine allgemeine Verpflichtung der Vertragsparteien enthalte, jede Person innerhalb ihres Zuständigkeitsbereichs mit Obdach zu versorgen oder finanzielle Leistungen zu gewähren, um ihnen dadurch einen bestimmten Lebensstandard zu ermöglichen. Einer Dublin-Überstellung stünden nur außergewöhnliche zwingende humanitäre Gründe entgegen.
Entsprechend den vorstehenden Ausführungen geht das Gericht auf Basis einer Gesamtwürdigung nach dem aktuellen Erkenntnisstand und im maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG) nicht davon aus, dass das Asylverfahren in der Slowakischen Republik unionsrechtlichen Maßstäben widerspricht bzw. dort unzureichende Aufnahmebedingungen herrschen, die zu einer Verletzung der durch Art. 4 GR-Charta gewährleisteten Rechte führen, wenngleich die Dokumentation zu diesem Dublin-Mitgliedstaat äußerst dürftig ist (so zu Recht VG Magdeburg, B.v. 8.9.2017 – 8 B 394/17 – juris). Es besteht ein rechtsstaatliches Asylverfahren mit Beschwerdemöglichkeiten (US Department Of State, Slovakia 2016 Human Rights Report; Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation – Slowakei, S. 6). Der Zugang zum Asylverfahren ist auch für sog. Dublin-Rückkehrer in rechtsstaatlicher Weise gewährleistet. Ein wegen Weiterreise unterbrochenes Asylverfahren wird wieder aufgenommen. Konnte eine ablehnende Entscheidung wegen Wegzugs des Betroffenen nicht zugestellt werden und sind die Rechtsmittelfristen abgelaufen, so wird diese Entscheidung bestandskräftig. Ein erneuter Asylantrag wird aber als Folgeantrag geprüft. Das Verbot des non-refoulement wird beachtet (Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl a.a.O., S. 7). Dem Bericht von ACCORD (ACCORD, Informationen zur Lage in Flüchtlingslagern; Allgemeine Informationen zum Asylverfahren in der Slowakei, 7.3.2014) ist zu entnehmen, dass Ausländern, die innerhalb des Dublin-Verfahrens überstellt werden (sog. Dublin-Rückkehrer), in der Slowakei Unterkunft, Nahrungsmittel und notwendige medizinische Dienste in den Einrichtungen des Migrationsamtes oder in den Hafteinrichtungen zugestanden werden (so auch Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl a.a.O., S. 6, 8). In der Slowakei besteht auch für Asylsuchende einschließlich Dublin-Rückkehrern ein hinreichender Zugang zur Gesundheitsversorgung (Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl a.a.O., S. 8; so auch VG des Saarlandes, B.v. 3.9.2018 – 5 L 1057/18 – juris Rn. 33 m.V.a. ACCORD, Bericht vom 7.3.2014, a.a.O.).
Aus diesen Gründen nimmt die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung – soweit ersichtlich – keine systemischen Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen in der Slowakei an (VG des Saarlandes, B.v. 3.9.2018 – 5 L 1057/18 – juris; VG Düsseldorf, U.v. 7.8.2015 – 13 K 6544/14.A – juris) beziehungsweise beschränkt die Annahme systemischer Mängel auf vulnerable Personengruppen wie Mütter mit Kleinkindern wegen mangelhafter Unterbringungsmöglichkeiten (VG Frankfurt, U.v. 11.5.2016 – 9 K 1085/14.F.A – juris; VG Magdeburg, B.v. 8.9.2017 – 8 B 394/17 – juris; siehe dazu aber auch Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation – Slowakei, S. 7).
Im Anschluss daran geht das erkennende Gericht davon aus, dass für den Antragsteller, der als alleinstehender junger Mann ohne gravierende gesundheitliche Beeinträchtigungen keinem vulnerablen Personenkreis zugeordnet werden kann, keine systemischen Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen in der Slowakei bestehen.
c) Weiterhin liegen auch keine außergewöhnlichen Umstände vor, die möglicherweise für ein Selbsteintrittsrecht bzw. eine Selbsteintrittspflicht der Antragsgegnerin nach Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO sprechen könnten.
d) Die Feststellung der Antragsgegnerin, dass im Fall des Antragstellers zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht bestehen, ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Soweit der Antragsteller zur Begründung eines zielstaatsbezogenen Abschiebungsverbotes wegen Erkrankung gemäß § 60 Abs. 7 Sätze 1, 2 AufenthG auf seine Kniebeschwerden verweist, ergibt sich daraus auch unter Berücksichtigung der vorgelegten ärztlichen Bescheinigung keine wesentliche Verschlimmerung einer schwerwiegenden oder lebensbedrohlichen Erkrankung alsbald nach seiner Rückkehr in die Slowakische Republik, wie sie zur Feststellung eines zielstaatsbezogenen Abschiebungsverbotes vorausgesetzt wird (vgl. Koch in Kluth/Heusch, Ausländerrecht, § 60 AufenthG Rn. 40 m.w.N.). Im Übrigen ist die Antragsgegnerin vor einer Überstellung gemäß Art. 31, 32 Dublin III-VO verpflichtet, den slowakischen Behörden etwaige gesundheitliche Probleme des Antragstellers mitzuteilen und diese mit den erforderlichen Informationen zu versorgen, um eine gegebenenfalls notwendige Weiterbehandlung zu gewährleisten.
Die Abschiebung des Antragstellers nach Italien ist somit sowohl tatsächlich möglich als auch rechtlich zulässig.
3. Die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbotes gemäß § 11 Abs. 3 Satz 1 AufenthG in Ziffer 4 des streitgegenständlichen Bescheides wird sich voraussichtlich ebenfalls als rechtmäßig erweisen. Bedenken gegen die festgesetzte Frist sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
4. Da die Klage in der Hauptsache voraussichtlich erfolglos bleiben wird, überwiegt das öffentliche Vollzugsinteresse das Interesse des Antragstellers an der Aussetzung der sofortigen Vollziehung. Der Antrag war daher abzulehnen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Absatz 1 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben, § 83b AsylG.