Europarecht

Fehlender Rechtsbestand eines Verfügungszertifikats

Aktenzeichen  7 O 11152/17

Datum:
17.8.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
GRUR-RS – 2017, 126085
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
München I
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
PatG § 84
AM-VO Art. 1 lit. b, Art. 3 lit. a, Art. 13 Abs. 1
VO (EWG) Nr. 2309(93) Art. 3
EPÜ Art. 69 Abs. 1
TRIPS Art. 50 Abs. 1

 

Leitsatz

1. Für eine erfolgreiche Fortführung des Verfügungsverfahrens trotz erstinstanzlicher Nichtigerklärung des Verfügungspatents bzw. des Verfügungszertifikats bedarf es der Diagnose, dass das Urteil des Bundespatentgerichts evident unrichtig ist, und der Prognose, dass das Verfügungspatent bzw. das Verfügungszertifikat vom Bundesgerichtshof im verfügungsgegenständlichen Umfang mit Sicherheit aufrechterhalten werden wird. Im Fall des Vorliegens eines ausführlich begründeten qualifizierten Hinweises nach § 84 PatG gilt nichts anders. (Rn. 56)
2. Zur Beantwortung der Frage, ob eine Wirkstoffzusammensetzung gem. Art. 3a der AM-VO durch ein in Kraft befindliches Grundpatent geschützt ist sind zwei Teilfragen zu beantworten:  Erste Teilfrage: Ist die Wirkstoffzusammensetzung erfindungsgegenständlich im Sinne von EuGH „Actavis“? Zweite Teilfrage: Sind die Anforderungen an die strukturelle (explizite) bzw. funktionelle (implizite) Erwähnung im Anspruch im Sinne von EuGH „Medeva“ und „Eli Lilly“ erfüllt?  (Rn. 59 – 62 und 112)
3. Die erste Teilfrage ist bei Wirkstoffzusammensetzungen dann zu bejahen, wenn ein Anspruch des bestellenden Patents die Zusammensetzung nicht nur gestattet sondern gebietet.  (Rn. 124)
4. Die zweite Teilfrage ist bei einem Funktions-Formelanspruch dann zu bejahen, wenn sich dieser stillschweigend, aber notwendigerweise und in spezifischer Art und Weise auf den Wirkstoff oder die Wirkstoffzusammensetzung, für den/die ein Schutzzertifikat beantragt ist, bezieht, so dass diese Anspruchskategorie im Ergebnis einem Strukturformel-Anspruch gleichkommt. Ob diesem Erfordernis genüge getan ist, hat das nationale Gericht zu beurteilen. Dabei hat das nationale Gericht auch das EPÜ bzw. das nationale Patentrecht zu beachten. Bei einem Kombinationsanspruch, der nur einen Wirkstoff benennt, den Kombinationspartner aber offen lässt („andere therapeutische Bestandteile”), kann ein Schutzzertifikat auf eine bestimmte Kombination nur dann erteilt werden, wenn die Auslegung des Anspruchs ergibt, dass neben dem zweiten Wirkstoff keine weiteren Wirkstoffe als Kombinationspartner in Betracht kommen. (Rn. 117)

Tenor

1. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wird zurückgewiesen.
2. Die Klagepartei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klagepartei kann die Vollstreckung der beklagten Partei durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die beklagte Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Gründe

Die Anträge auf Erlass einer einstweiligen Verfügung waren mangels Verfügungsgrundes zurückzuweisen. Der Rechtsbestand des Verfügungszertifikats ist nicht hinreichend gesichert. Das Bundespatentgericht geht in seinem qualifizierten Hinweis vom 9.8.2017 davon aus, dass das Verfügungszertifikat nicht rechtsbeständig sein wird (vgl. C). Die Kammer vermochte nicht die Wertung zu treffen, dass die in diesem Hinweis vertretene vorläufige Rechtsaufassung offensichtlich unrichtig ist (vgl. D.).
A. Erteilungsgeschichte und Gegenstand des Verfügungszertifikats
I. Erteilungsgeschichte des Verfügungszertifikats
Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des ergänzenden Schutzzertifikats 12 2005 000 041.8 (Streitzertifikat), welches mit Beschluss des Bundespatentgerichts vom 12. Mai 2011, 15 W (pat) 24/07 (TM7, IB7) unter Aufhebung des Beschlusses der Patentabteilung 1.43 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 20. September 2007 im Beschwerdeverfahren erteilt worden ist für
„Tenofovir Disoproxil und die Salze, insbesondere das Fumarat, Hydrate, Tautomere und Solvate davon in Kombination mit Emtricitabine”, mit einer Laufzeit bis zum 21. Februar 2020 (Streitzertifikat).
Das Streitzertifikat (NIK1.2, TM1, NK4, IB1) ist von der Klagepartei am 5. Juli 2005 als Inhaberin des mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents EP 0 915 894 B1 (Grundpatent) (NIK1, TM2, NK1, IB3) für das Erzeugnis „Tenofovir Disoproxil und die Salze, insbesondere das Fumarat, Hydrate, Tautomere und Solvate davon in Kombination mit weiteren therapeutischen Bestandteilen, insbesondere Emtricitabine“ angemeldet worden. Als Zeitpunkt der ersten Genehmigung für das Inverkehrbringen des Erzeugnisses in der Europäischen Gemeinschaft hat sie den 21. Februar 2005 genannt. Mit diesem Datum hat die Europäischen Kommission dem Erzeugnis „Truvada – Emtricitabine / Tenofovir Disoproxil“ die arzneimittelrechtliche Zulassung für das Inverkehrbringen in der Gemeinschaft nach Art. 3 der Verordnung (EWG) Nr. 2309/93 erteilt. Diese Zulassung besteht fort.
Die Patentabteilung 1.43 des Deutschen Patent- und Markenamts hatte mit Beschluss vom 20. September 2007 den Antrag zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, zwar sei die Wirkstoffkomponente „Tenofovir Disoproxil und die Salze, insbesondere das Fumarat, Hydrate, Tautomere und Solvate davon“ durch den Patentanspruch 1 mit der allgemeinen Formel 1a des Grundpatents geschützt, nicht dagegen die Wirkstoffkomponente „Emtricitabine“. Der Fachmann finde in der gesamten Anspruchsfassung des Grundpatents keinerlei Anzeichen, die gegebenenfalls unter Heranziehung der Beschreibung auf den Wirkstoff „Emtricitabine“ hinweisen könnten. Im Anspruch 27 werde eine pharmazeutische Zusammensetzung offenbart, die eine Verbindung nach irgendeinem der Ansprüche 1 bis 25 zusammen mit einem pharmazeutisch verträglichen Träger und gegebenenfalls anderen therapeutischen Bestandteilen enthalte. Während Erstere in der Beschreibung ausführlich dargestellt würden, fände sich für die „anderen therapeutischen Bestandteile“ keine einzige Bemerkung, obwohl zum Prioritätstag zahlreiche antivirale Wirkstoffe bekannt gewesen seien. Damit gebe Anspruch 27 dem Fachmann keinen Hinweis auf „Emtricitabine“ als mögliche weitere Wirkstoffkomponente. Dieser Wirkstoff sei also vom Grundpatent nicht geschützt und die essentielle Voraussetzung des Art. 3 (a) der Verordnung (EWG) Nr. 1768/92 (nunmehr Verordnung (EG) Nr. 469/2009), wonach das Erzeugnis durch ein in Kraft befindliches Grundpatent geschützt sein muss, läge nicht vor.
Im Beschwerdeverfahren vor dem BPatG hat der 15. Senat den Beschluss des DPMA vom 20. September 2007 aufgehoben und das Streitzertifikat nach Art. 10 der Verordnung (EG) Nr. 469/2009 (folgend AM-VO genannt) mit der Begründung erteilt, dass Schutzgegenstand des Schutzzertifikates nach Art. 4 der AM-VO weder die arzneimittel-rechtliche Zulassung noch die patentierte Erfindung selbst sei, sondern ausschließlich das Erzeugnis im Sinne des Art. 1 (b) AM-VO, also der Wirkstoff oder die Wirkstoffzusammensetzung eines Arzneimittels in den Grenzen des nach Art. 3 (a) AM-VO zum Zeitpunkt der Anmeldung das Erzeugnisses durch das Grundpatent gewährten Schutzes, mithin des gesamten Schutzbereichs des Grundpatents (EuGH C-392/97 GRUR Int. 2000, 69 – Farmitalia). Bei der Prüfung sei deshalb auf Art. 69 Abs. 1 EPÜ abzustellen und nicht allein auf den Schutzgegenstand des Grundpatents wie auch die Frage einer hinreichenden Offenbarung des Erzeugnisses im Grundpatent unerheblich sei. Denn der Umstand, dass das Grundpatent möglicherweise nicht auf den Wirkstoff beschränkt werden könne, hindere die Erteilung des Zertifikates nicht, solange der Wirkstoff in den Schutzbereich des Patents falle (BGH GRUR 2002, 415 – Sumatriptan).
II. Gegenstand des Verfügungszertifikats (SPC)
Das in englischer Verfahrenssprache erteilte Grundpatent nimmt die Priorität aus der US-Patentanmeldung 686838 vom 26. Juli 1996 in Anspruch und wird vom Deutschen Patent- und Markenamt unter der Nummer 697 22 004.4 geführt. In der deutschen Übersetzung trägt es die Bezeichnung: „Nukleotidanaloga“. Es umfasst 33 Patentansprüche. Die für die Beurteilung der Bestandsfähigkeit des Streitzertifikats wesentlichen Patentansprüche 1, 25 und 27 lauten wie folgt:
„Anspruch 1 des Grundpatents lautet:
Verbindung mit der Formel (1a) A-O-CH2-P(O)(-OC(R2)2OC(O)X(R)a)(Z) (1 a) worin Z -OC(R2)2OC(O)X(R)a, ein Ester, ein Amidat oder -OH ist, A der Rest eines antiviralen Phosphonomethoxynukleotid-Analogons ist, X N oder O ist, R2 unabhängig -H, C1-C12-Alkyl, C5-C12-Aryl, C2-C12-Alkenyl, C2-C12-Alkinyl, C7-C12-Alkenylaryl, C7-C12-Alkinylaryl oder C6-C12-Alkaryl ist, wobei jedes unsubstituiert oder mit 1 oder 2 Halogen, Cyano, Azido, Nitro oder -OR3, worin R3 C1-C12-Alkyl, C2-C12-Alkenyl, C2-C12-Alkinyl oder C5-C12-Aryl ist, substituiert ist, R unabhängig -H, C1-C12-Alkyl, C5-C12-Aryl, C2-C12-Alkenyl, C2-C12-Alkinyl, C7-C12-Alkenylaryl, C7-C12-Alkinylaryl oder C6-C12-Alkaryl ist, wobei jedes unsubstituiert oder mit 1 oder 2 Halogen, Cyano, Azido, Nitro, -N(R4)2 oder -OR3 substituiert ist, worin R4 unabhängig -H oder C1-C8-Alkyl ist, mit der Maßgabe, dass mindestens ein R nicht H ist, und a 1 ist, wenn X O ist, oder 1 oder 2 ist, wenn X N ist, mit der Maßgabe, dass, wenn a 2 ist und X N ist, (a) zwei N-verknüpfte R-Gruppen zusammengenommen werden können, um einen Heterocyclus, der Stickstoff enthält, oder einen Heterocyclus, der Stickstoff und Sauerstoff enthält, zu bilden, (b) ein N-verknüpftes R zusätzlich -OR3 sein kann oder (c) beide N-verknüpften R-Gruppen -H sein können,und die Salze, Hydrate, Tautomere und Solvate davon.“
Anspruch 25 des Grundpatents lautet:
Bis(isopropyloxymethylcarbonat) von (R)-9-[2-(Phosphonomethoxy) propyl]adenin = Bis(POC)PMPA.
Anspruch 27 des Grundpatents lautet:
Pharmazeutische Zusammensetzung umfassend eine Verbindung nach irgendeinem der Ansprüche 1 bis 25 zusammen mit einem pharmazeutisch verträglichen Träger und gegebenenfalls anderen therapeutischen Bestandteilen.
Die Bezeichnung des SPC im Erteilungsbeschluss 15 W (pat) 24/07 und im Patentregister lautet:
„Tenofovir Disoproxil und die Salze, insbesondere das Fumarat, Hydrate, Tautomere und Solvate davon in Kombination mit Emtricitabine“
Durch das SPC wird danach die Wirkstoffzusammensetzung Tenofovir Disoproxil mit Emtricitabin (TD+FTC) geschützt.
Tenofovir ist nach dem unstreitigen Vorbringen der Klagepartei ein Virostatikum (Chemotherapeutikum zur Hemmung der Virusproduktion), welches sowohl als Monosubstanz Tenofovir-Disoproxil (Viread®) als auch als Tenofovir-Disoproxil-Fumarat in Kombination mit Emtricitabin (Truvada®) zur Behandlung von HIV-Infektionen im Handel ist. Zudem gibt es eine Tripelkombination mit Emtricitabin und Efavirenz (Atripla®). Tenofovirdisoproxil ist ein Prodrug. Nach Resorption entsteht das mit Adenosinmonophosphat strukturell verwandte Nukleotid-Analogon Tenofovir, das in Virus-befallenen Zellen zum aktiven Tenofovirdiphosphat phosphoryliert wird. Dieses konkurriert in der Nukleinsäuresynthese mit dem natürlichen Substrat Desoxyadenosintriphosphat und inaktiviert in einem Suizid-Inhibition genannten Prozess für die Reproduktion wichtige virale Enzyme wie die Reverse Transkriptase des HI-Virus bzw. die DNA-Polymerase des Hepatitis-B-Virus (NtRTI). In die DNA eingebaute Nukleotide verhindern außerdem durch ihre chemische Struktur die Anknüpfung weiterer Nukleotide und es kommt zum Kettenabbruch. Emtricitabin ist ein Nukleosid-Analogon und zählt zu den Reverse-Transkriptase-Hemmern (NRTI).
Anspruch 25 benennt damit konkret den Wirkstoff Tenofovirdisoproxil mit einer seiner systematischen und einer seiner geläufigen Bezeichnungen. Der erste Wirkstoff des Erzeugnisses nach dem Verfügungszertifikat, nämlich „Tenofovirdisoproxil und die Salze, insbesondere das Fumarat, Hydrate, Tautomere und Solvate davon“ ist also in Anspruch 27 durch den Rückbezug auf Anspruch 1 und 25 enthalten.
Die Parteien streiten jedoch darüber, ob auch der zweite Wirkstoff des Erzeugnisses nach dem Verfügungszertifikat, nämlich „Emtricitabin“, im Sinne des Art. 3 a Buchst. a AMV-VO hinreichend als Erfindungsgegenstand und Bestandteil der pharmazeutischen Zusammensetzung nach Anspruch 27 des Grundpatents bestimmt ist.
B. rechtlicher Maßstab für den Erlass einer einstweiligen Verfügung in Patentsachen
I. Im Allgemeinen
Nach der Rechtsprechung des Oberlandesgericht München ist es grundsätzlich nicht notwendig, dass das Verfügungspatent bereits ein erstinstanzliches Einspruchs- oder Nichtigkeitsverfahren überstanden hat; für den Erlass einer einstweiligen Verfügung in Patentsachen ausreichend ist bereits vielmehrneben der Glaubhaftmachung einer Patentverletzung sowie der zeitlichen Dringlichkeit – ein mit hoher Wahrscheinlichkeit zu prognostizierender, d.h. hinreichend gesicherter, Rechtsbestand des Verfügungspatents (OLG München, Urteil vom 26.7.2012 – 6 U 1260/12, BeckRS 2012, 16104, Urteilsumdruck S. 20; Urteil vom 18.05.2017 – 6 U 3039/16, BeckRS 2017, 118983, Rn. 100). Grund hierfür ist, dass anderenfalls für einen erheblichen Zeitraum ein einstweiliger Rechtsschutz aus einem erteilten Schutzrecht faktisch ausgeschlossen wäre. Den Interessen des (vermeintlichen) Verletzers, nicht aufgrund eines nicht hinreichend gesicherten Schutzrechtsbestandes im Rahmen eines summarischen Verfahrens mit eingeschränkten Erkenntnis- und Verteidigungsmöglichkeiten in Anspruch genommen zu werden, kann auch dadurch ausreichend Rechnung getragen werden, dass die Erfolgsaussichten eines Rechtsbehelfs gegen das Verfügungspatent in die erforderliche Interessenabwägung eingestellt werden und verbleibende Zweifel an der Rechtsbeständigkeit in der Regel zulasten des Antragstellers zur Zurückweisung des Verfügungsantrags führen werden. Auch wenn Nichtigkeitsangriffe in einem erheblichen Umfang zum Widerruf bzw. zur Nichtigerklärung bzw. Einschränkung von Schutzrechten führen, kann aufgrund dieser Erfolgsprognose in Bezug auf die Gesamtheit der Einspruchs- und Nichtigkeitsverfahren nicht auf eine Beurteilung der Erfolgsaussichten im konkreten Streitfall verzichtet werden (OLG München, Urteil vom 26.7.2012 – 6 U 1260/12, BeckRS 2012, 16104, Urteilsumdruck S. 20 f.). Daher ist grundsätzlich auch bei einer nur äquivalent begründeten Verletzung der Erlass einer einstweiligen Verfügung in Ansehung dessen, dass Art. 50 Abs. 1 TRIPS die gerichtliche Anordnung einstweiliger Maßnahmen ausdrücklich vorsieht, nicht ausgeschlossen, weil nicht die Benutzungskategorie über den Zugang zum vorläufigen Rechtsschutz entscheidet, sondern vielmehr die Frage, ob unter Zuhilfenahme der zulässigen Erkenntnismittel eine hinreichende Gewissheit über das Vorliegen einer Schutzrechtsverletzung erhalten werden kann. Dies ist eine Frage der hinreichenden Glaubhaftmachung des Verfügungsanspruchs (OLG München, Urteil vom 18.05.2017 – 6 U 3039/16, BeckRS 2017, 118983, Rn. 100) bzw. des Verfügungsgrundes.
Nach der Rechtsprechung der Düsseldorfer Gerichte kommt der Erlass einer einstweiligen Verfügung – insbesondere auf Unterlassung – in Patentsachen hingegen prinzipiell nur dann in Betracht, wenn sowohl die Frage der Patentverletzung als auch der Bestand des Verfügungsschutzrechts im Ergebnis so eindeutig zugunsten des Antragstellers zu beantworten sind, dass eine fehlerhafte, in einem etwa nachfolgenden Hauptsacheverfahren zu revidierende Entscheidung nicht ernstlich zu erwarten ist (InstGE 9, 140 – Olanzapin; InstGE 12, 114 – Harnkatheterset; GRUR-RR 2011, GRUR-RR Jahr 2011 Seite 81 – Gleitsattel-Scheibenbremse; Mitt 2012, 413 [LS] – Kreissägeblatt; Mitt 2012, 415 – Adapter für Tintenpatrone; Urteil vom 06.12.2012 – Aktenzeichen I2U4612 I-2 U 46/12; ebenso OLG Karlsruhe, InstGE 11, 143 – VA-LVD-Fernseher). Von einem hinreichend gesicherten Rechtsbestand kann danach grundsätzlich nur dann ausgegangen werden, wenn das Verfügungsschutzrecht bereits ein erstinstanzliches Einspruchs- oder Nichtigkeitsverfahren überstanden hat (InstGE 9, 140, 146 – Olanzapin; InstGE 112, 114, 121 – Harnkatheter; a.A. OLG Braunschweig, Mitt 2012, 410). Um ein Verfügungsschutzrecht für ein einstweiliges Verfügungsverfahren tauglich zu machen, bedarf es deshalb einer positiven Entscheidung der dafür zuständigen, mit technischer Sachkunde ausgestatteten Einspruchs- oder Nichtigkeitsinstanzen. Von dem Erfordernis einer dem Antragsteller günstigen kontradiktorischen Rechtsbestandsentscheidung kann allerdings in Sonderfällen abgesehen werden. Sie können – ohne Anspruch auf Vollständigkeit – vorliegen, wenn der Antragsgegner sich bereits mit eigenen Einwendungen am Erteilungsverfahren beteiligt hat, so dass die Patenterteilung sachlich der Entscheidung in einem zweiseitigen Einspruchsverfahren gleichsteht, wenn ein Rechtsbestandsverfahren deshalb nicht durchgeführt worden ist, weil das Verfügungsschutzrecht allgemein als schutzfähig anerkannt wird (was sich durch das Vorhandensein namhafter Lizenznehmer oder dergleichen widerspiegelt), wenn sich die Einwendungen gegen den Rechtsbestand des Verfügungsschutzrechts schon bei der dem vorläufigen Rechtsschutzverfahren eigenen summarischen Prüfung als haltlos erweisen oder wenn (z. B. mit Rücksicht auf die Marktsituation oder die aus der Schutzrechtsverletzung drohenden Nachteile) außergewöhnliche Umstände gegeben sind, die es für den Antragsteller ausnahmsweise unzumutbar machen, den Ausgang des Einspruchs- oder Nichtigkeitsverfahrens abzuwarten (InstGE 12, 114, 121 – Harnkatheterset).
Dieser Meinungsstreit kann aber vorliegend dahinstehen, denn auch das OLG Düsseldorf macht bei Vorliegen außergewöhnlichen Umstände eine Ausnahme zu dem Erfordernis des erfolgreichen Durchlaufens eines zweiseitigen Bestandsverfahrens (GRUR-RR 2013, GRUR-RR Jahr 2013 Seite 236 – Flupirtin-Maleat). Hiernach liegen „außergewöhnliche Umstände“ im vorgenannten Sinne regelmäßig vor, wenn Verletzungshandlungen durch Generikaunternehmen in Rede stehen. Während nämlich der von ihnen angerichtete Schaden im Falle einer späteren Aufrechterhaltung des Patents vielfach enorm und (mit Rücksicht auf den durch eine entsprechende Festsetzung von Festbeträgen verursachten Preisverfall) nicht wiedergutzumachen ist, hat eine (wegen späterer Vernichtung des Patents) unberechtigte Verfügung lediglich zur Folge, dass das Generikaunternehmen vorübergehend zu Unrecht vom Markt ferngehalten wird, was durch entsprechende Schadenersatzansprüche gegen den Patentinhaber vollständig ausgeglichen werden kann. Berücksichtigt man außerdem, dass das Generikaunternehmen für seine Marktpräsenz im Allgemeinen keine eigenen wirtschaftlichen Risiken eingeht (weil das Präparat dank des Patentinhabers medizinisch hinreichend erprobt und am Markt etabliert ist), hat eine Verbotsverfügung zu ergehen, auch wenn für das Verletzungsgericht wegen des Fehlens eines fachkundigen Votums zum Rechtsbestand keine endgültige Sicherheit über den Bestand des Verfügungsschutzrechts gewonnen werden kann. Erforderlich ist aber, dass das Verletzungsgericht die Überzeugung von der Rechtsbeständigkeit des Verfügungsschutzrechts gewonnen hat. Mit anderen Worten: Ausreichend, aber auch notwendig sind eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür und eine darauf gegründete subjektive Überzeugung des Verletzungsgerichts davon, dass das Verfügungsschutzrecht einen Angriff auf seinen Rechtsbestand unbeschadet überstehen wird.
II. Bei Vorliegen einer erstinstanzlichen Bestandsentscheidung Ist jedoch schon eine erstinstanzliche Entscheidung ergangen, die das Verfügungspatent bzw. das Verfügungszertifikat für nichtig erklärt hat, kann der Schutzrechtsinhaber Verletzer grundsätzlich nur noch dann im Wege der einstweiligen Verfügung auf Unterlassung in Anspruch nehmen, wenn er die zu seinen Ungunsten ergangene Entscheidung mit Erfolg zu Fall gebracht hat. Eine Ausnahme hiervon ist von Verfassungs wegen allerdings dort zwingend geboten, wo der Widerruf oder die Nichtigerklärung evident unrichtig ist und das Verletzungsgericht diese Unrichtigkeit verlässlich erkennen kann, weil ihm die auftretenden technischen Fragen zugänglich sind und von ihm auf der Grundlage ausreichender Erfahrung in der Beurteilung technischer und patentrechtlicher Sachverhalte abschließend beantwortet werden können (OLG Düsseldorf GRUR-RR 2008, 329 – Olanzapin; LG München I, Urteil vom 12.2.2015 – 7 O 9443/12, BeckRS 2015, 07460).
Für eine erfolgreiche Fortführung des Verfügungsverfahrens trotz erstinstanzlicher Nichtigerklärung des Verfügungspatents bzw. des Verfügungszertifikats bedarf es daher der Diagnose, dass das Urteil des Bundespatentgerichts evident unrichtig ist, und der Prognose, dass das Verfügungspatent bzw. das Verfügungszertifikat vom Bundesgerichtshof im verfügungsgegenständlichen Umfang mit Sicherheit aufrechterhalten werden wird (vgl. LG München I, Urteil vom 12.2.2015 – 7 O 9443/12, BeckRS 2015, 07460).
Im Fall des Vorliegens eines ausführlich begründeten qualifizierten Hinweises nach § 84 PatG gilt nichts anders.
C. Der qualifizierte Hinweis des Bundespatentgerichts vom 9.8.2017
Der 4. Senat des Bundespatentgerichts begründete seine vorläufige Wertung, wonach das Verfügungszertifikat nicht rechtsbeständig sei, wie folgt:
„Sämtliche Klägerinnen [die hiesigen Beklagten] machen ausschließlich geltend, dass das angegriffene Streitzertifikat nach Art. 15 Abs. 2; Abs. 1a EG-VO Art. Nr. 469/2009 (AM-VO) i.V.m. § 16a Abs. 2 PatG für nichtig zu erklären ist, weil es entgegen der Vorschrift des Art. 3 Buchst. a AM-VO erteilt worden ist, wonach das Erzeugnis im Zeitpunkt der Anmeldung des Zertifikats durch ein in Kraft befindliches Grundpatent geschützt sein muss (the product is protected by a basic patent in force).
I.
1. Aufgrund der im Einzelnen noch darzulegenden Rechtsprechung des EuGH seit der Entscheidung „Medeva“ (GRUR 2012, 257) kann an der früheren Rechtsprechung und Rechtsansicht des Bundesgerichtshofs, der auch die zur Erteilung des Zertifikats führende Entscheidung des BPatG vom 20. September 2007 zugrunde lag, nicht festgehalten werden, wonach für die Prüfung, ob das Erzeugnis durch ein in Kraft befindliches Grundpatent geschützt ist, allein der durch die Patentansprüche des Grundpatents nach Art. 69 EPÜ zu bestimmende Schutzumfang als maßgeblich angesehen worden war und folgerichtig die nunmehr im Fokus stehende Frage ausreichender Offenbarung des Erzeugnisses im Grundpatent unbeachtlich war (vgl. hierzu auch Hacker/Busse PatG, 8. Aufl. Anh. § 16a Rn. 39)
2. Insoweit sind nach Auffassung des Senats für die Beurteilung einer pharmazeutischen Zusammensetzung als „Wirkstoffzusammensetzung“ als maßgebliches, vom Grundpatent geschütztes Erzeugnis iSv. Art. 3 Buchst. a AM-VO, Art. 1 Buchst. b AM-VO unter Berücksichtigung der Rspr. des EuGH zwei unterschiedliche Fragestellungen zu beachten und zu beantworten:
 nämlich einerseits die in EUGH GRUR 2015, 658 – Actavis/Boehringer (Telmisartan) maßgebliche Frage, welche Voraussetzungen für eine pharmazeutische Zusammensetzung, deren Stoffe bzw. Wirkstoffe im Patentanspruch ausdrücklich genannt sind, im Hinblick auf den Kombinationsschutz durch ein Schutzzertifikat zu stellen sind, um als erfindungsgegenständlich und Bestandteil einer „Wirkstoffzusammensetzung“ durch das Grundpatent geschützt zu sein;
 weiterhin die vorstehend maßgebliche und in EuGH GRUR 2014, 163 – Eli Lilly behandelte Frage, welche Anforderungen an die ausreichend spezifische Benennung eines Wirkstoffs als Bestandteil der Wirkstoffzusammensetzung zu stellen sind und welche Bedeutung der Forderung zukommt, dass bei funktionellen Definitionen ein konkreter Wirkstoff nur dann als durch das Grundpatent geschützt anzusehen ist, wenn sich die Definition „stillschweigend, aber notwendigerweise auf den in Rede stehenden Wirkstoff bezieht, und zwar in spezifischer Art und Weise“.
Hierbei kann für die zweite Fragestellung dahinstehen, inwieweit bei ausdrücklicher Angabe eines Wirkstoffs im Patentanspruch des Grundpatents noch in Frage gestellt werden kann, diesen als durch das Grundpatent „geschützten „Gegenstand der Erfindung“ anzuerkennen und welche Beurteilung hierfür zugrunde zu legen ist, wenn – wie vorliegend – bereits die nach der Rspr. des EuGH „Eli Lilly“ geforderte konkretisierte Angabe des Wirkstoffs im Patentanspruch als Erfindungsgenstand nicht erfüllt ist.
Hierbei stellt nach Auffassung des Senats der EuGH für die Erteilungsvoraussetzungen des Schutzzertifikats zutreffend die Bedeutung des Schutzgegenstandes (subject matter) des Zertifikats nach Art. 4 AM-VO – nämlich des Erzeugnisses (vgl. auch Schell/Schulte PatG., 10. Aufl., 2017 § 16a Rn. 24), das nach Art. 1 Buchst. b AM-VO als Wirkstoff oder Wirkstoffzusammensetzung definiert wird – nur insoweit in den Kontext des Erfindungsgegenstands des Grundpatents, als dieser nach Art. 3 Buchst. a AM-VO den zulässigen Schutzgegenstand des Zertifikats einschränkt – wie der Gesetzestext „in den Grenzen des durch das Grundpatent gewährten Schutzes“ belegt (vgl. auch Hacker/Busse a.a.O. § 16a Rn. 29). Nur insoweit stellen sich für die Erteilungsvorrausetzungen eines Schutzzertifikats Fragen zum Schutz und Erfindungsgegenstand des Grundpatents, als nach Art. 69 EPÜ im Wege der Auslegung zur klären ist, ob das Erzeugnis im Grundpatent als Erfindungsgegenstand geschützt ist, nicht dagegen, ob es Erfindungsqualität besitzt. Dies stellt mit Ausnahme der den zulässigen Schutzgegenstand des Zertifikats einschränkenden Forderung auch einer ausreichenden Bestimmung des Erfindungsgegenstands im Grundpatent durch Benennung oder zumindest Konkretisierung des geschützten Wirkstoffs die sonstigen Anforderungen nach Art. 3 Buchst. a AM-VO nicht in Frage und erweitert diese auch nicht.
Wo die Abgrenzung schutzfähiger Wirkstoffe und Wirkstoffzusammensetzungen im Einzelnen zu suchen ist, insbesondere bei einer erforderlichen Abgrenzung nach Art. 3 Buchst. d AM-VO zu identischen Erzeugnissen und bereits erteilten Zertifikaten, kann vorliegend im Ergebnis ebenso offen bleiben wie eine letztliche Klärung des richtigen Verständnisses der erörterten Forderung des EuGH nach einem patent- bzw. erfindungsgegenständlichen Wirkstoff bzw. Erzeugnis. Denn nach Auffassung des Senats fehlt es vorliegend im Hinblick auf den Wirkstoff „Emtricitabine“ bereits an einer hinreichenden Bestimmung als Bestandteil der pharmazeutischen Zusammensetzung und damit als Erfindungsgegenstand der Ansprüche des Grundpatents
II.
1. Spezifizierung der Erzeugnisangabe im Patentanspruch
a. EUGH GRUR 2014, 163 – Eli Lilly
Nach der Rspr. des EuGH ist zu klären, ob im Grundpatent die Anforderungen an die Benennung bzw. Spezifizierung eines erfindungsgegenständlichen Erzeugnisses bzw. weiteren Wirkstoffs erfüllt sind, um durch das Grundpatent als eigenständige Wirkstoffzusammensetzung geschützt zu sein. Die Klärung der Frage nach dem „geschützten“ Erzeugnis hat der EuGH in der Entscheidung „Eli Lilly“ (GRUR 2014, 163) präzisiert. Danach kann der Wirkstoff auch nur funktionell in den Ansprüchen umschrieben sein, sofern diese sich stillschweigend, aber notwendigerweise auf den in Rede stehenden Wirkstoff beziehen, und zwar in spezifischer Art und Weise.
Für die in dieser Entscheidung in Rede stehende konkrete Frage, ob der in seinem Wortlaut auf einen „isolierte[n] Antikörper oder einen Teil davon, der […] ein vollständiges Neutrokin-α-Polypeptid […] oder die extrazelluläre Domäne des Neutrokin-α-Polypeptids […] bindet“ gerichtete Anspruch eine ausreichende Offenbarung für einen spezifischen, Neutrokin-α bindenen und nunmehr unter dem Namen Tabalumab bekannten Antikörper darstellt, wiederholte der EuGH, dass es nicht erforderlich ist, den Wirkstoff in den Ansprüchen des bestellenden Patents mit einer Strukturformel anzuführen und es für Art. 3 Buchst. a AM-VO ausreichend sein kann, wenn die Ansprüche, den Schluss zulassen, dass der Wirkstoff unter eine in den Ansprüchen eines vom EPA erteilten Patents enthaltene Funktionsformel fällt und die oben genannten weiteren Voraussetzungen erfüllt sind.
Der EuGH führte aus:
38. Es ist darauf hinzuweisen, dass ein Wirkstoff, der in den Ansprüchen eines Grundpatents nicht mit einer strukturellen Definition oder wenigstens mit einer funktionellen Definition angeführt wird, nach der in Randnr. 34 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung jedenfalls nicht als im Sinne von Art. 3 Buchst. a der Verordnung Nr. 469/2009 geschützt angesehen werden kann.
39. Zur Frage, ob die Verwendung einer funktionellen Definition für sich genommen ausreichen kann, ist festzustellen, dass Art. 3 Buchst. a der Verordnung Nr. 469/2009 grundsätzlich dem nicht entgegensteht, dass ein Wirkstoff, der einer in den Ansprüchen eines vom EPA erteilten Patents enthaltenen funktionellen Definition entspricht, als durch dieses Patent geschützt angesehen werden kann; dies gilt jedoch nur unter der Voraussetzung, dass diese Ansprüche, die nach Art. 69 EPÜ und dem Protokoll über die Auslegung des EPÜ u. a. im Licht der Beschreibung der Erfindung auszulegen sind, den Schluss zulassen, dass sie sich stillschweigend, aber notwendigerweise auf den in Rede stehenden Wirkstoff beziehen, und zwar in spezifischer Art und Weise.
b. Bedeutung der Forderung ausreichender Spezifizierung Diese Forderung versteht der Senatso, dass die funktionelle Umschreibung – wie durch einen weiten Oberbegriff, unter den eine Vielzahl von Wirkstoffen fallen – nur dann stillschweigend, aber notwendigerweise auf den in Rede stehenden, im Schutzzertifikat bezeichneten Wirkstoff – hier Emtricitabine – bezieht, wenn dieser einen unter den Oberbegriff fallenden Wirkstoff bildet, zugleich aber ausgeschlossen ist, dass auch andere Wirkstoffe derartige Repräsentanten des Oberbegriffs sein können, welche die spezifischen arzneilichen Eigenschaften des bezeichneten Wirkstoffs aber nicht teilen.
Damit nimmt mit zunehmender spezifischer arzneilicher Wirkung des bezeichneten Wirkstoffs die Möglichkeit ab, diesen durch einen weiten Oberbegriff als ausreichend funktionell umschrieben anzusehen: Anders formuliert, können im Wege späterer Konkretisierung eines Oberbegriffs durch einen speziellen Wirkstoff gerade nicht die hierdurch bedingten spezifischen arzneilichen Wirkungen eines konkreten Wirkstoffs als Erfindungsgegenstand eingebracht und geltend gemacht werden, die nicht bereits dem Fachmann durch die allgemeine funktionelle Umschreibung stillschweigend und notwendigerweise vermittelt werden. Alles andere würde aus Sicht des EuGH die Verlängerung des durch das Grundpatent vermittelten Erzeugnisschutzes dadurch ermöglichen, dass eine jegliche im Grundpatent geschützte pharmazeutische Zusammensetzung im Nachhinein die Voraussetzungen einer Wirkstoffzusammensetzung als weiteres Erzeugnisse erzeugen könnte, was der EuGH als vom Schutzzweck der AM-VO nicht gerechtfertigt ansieht.
Nicht maßgeblich sieht der Senatdagegen die Kriterien, welche an eine ausreichende Offenbarung einer Lehre im Rahmen möglicher Beschränkungen des erteilten Patents im Bestandsverfahren oder nach § 64 PatG, Art. 105a EPÜ zu stellen sind. Denn die dort geforderte unmittelbare und eindeutige sowie individualisierte Ursprungsoffenbarung für den Beschränkungsgegenstand erfolgt vor dem Hintergrund der Beurteilung der Patentfähigkeit der verteidigten Lehre und ihrer Zulässigkeit als eine notwendigerweise bereits im Anmelde- bzw. Prioritätszeitpunkt offenbarte technische Lehre; notwendig deshalb, weil ansonsten dem Patentinhaber im Nachhinein ermöglicht würde, die erforderliche Abgrenzung zum Stand der Technik zu schaffen. Hierauf kommt es aber im Rahmen der Erteilungsvoraussetzungen eines Schutzzertifikats nach Art. 3 AM-VO gerade nicht mehr an, weil dieses nur auf die Verlängerung des durch ein Patent bereits bestimmten Erzeugnisschutzes abstellt und nicht auf eine Neubestimmung des Patentschutzes, wie dieser eventuell bei einer Verlängerung eines Patentschutzes des Grundpatents diskutiert werden könnte (so aber Schulte/Schell PatG, 10. Aufl., 2017, § 16a Rn. 32 m.w.H.).
2. Pharmazeutische Zusammensetzung nach Anspruch 27 als maßgeblicher Erzeugnisanspruch i.S.v. Art. 3 Buchst. a AM-VO Für die vorliegend nach Art. 69 EPÜ zu treffende Feststellung, ob das für „Tenofovir Disoproxil und die Salze, insbesondere das Fumarat, Hydrate, Tautomere und Solvate davon in Kombination mit Emtricitabine”, erteilte Schutzzertifikat ein durch das Grundpatent geschütztes Erzeugnis i.S.v. Art. 3 Buchst. a AM-VO i.V.m. Art. 1 Buchst. b AM-VO ist, ist danach maßgeblich, auf welche Wirkstoffe für die beanspruchte Kombination als Erzeugnis im rechtlichen Sinn abzustellen ist, und wenn ja, ob diese als erfindungsgegenständlich offenbart sind.
a. „Pharmazeutische Zusammensetzung“ nach Patentanspruch 27
Insoweit ziehen beide Parteien übereinstimmend nicht in Zweifel, dass die Kombination der Wirkstoffe „Tenofovirdisoproxil“ mit „Emtricitabine“ ein gegenüber dem hier maßgeblichen Monowirkstoff Tenofovirdisoproxil aus arzneilicher Sicht eigenständiges Erzeugnis ist. Streitig ist nur, ob dieses auch im nebengeordneten Patentanspruch 27, der den Wirkstoff „Emtricitabine“ nicht und nur „therapeutische Bestandteile“ nennt, eine nach der Rspr. des EuGH ausreichende funktionelle Umschreibung findet, zumal der Wirkstoff „Emtricitabine“ auch an anderer Stelle im Streitpatent nicht erwähnt wird.
Auch der Senat geht davon aus, dass im Hinblick auf den Wirkstoffbegriff nach Art. 3 Buchst. a AM-VO für das Streitzertifikat nicht nur auf den Monowirkstoff Tenofovirdisoproxil als maßgebliches Erzeugnis abgestellt werden kann, da auch Emtricitabine unbestritten nicht nur einen Hilfsstoff bildet, sondern einen arzneilich wirksamen Bestandteil der gegenständlichen Wirkstoffkombination des Streitzertifikats.
Im Übrigen wäre nach anderer Sicht wegen der Identität mit dem Wirkstoff Tenofovirdisoproxil als Erzeugnis im patentrechtlichen Sinne die Erteilung des Streitzertifikats bereits nach Art. 3 Buchst. d AM-VO ausgeschlossen gewesen, da die Beklagte bereits am 5. Februar 2002 eine arzneimittelrechtliche Genehmigung für den Wirkstoff Tenofovirdisoproxil und das Erzeugnis Viread® erhalten hatte, mithin es sich wegen des identischen Erzeugnisses ungeachtet der abweichenden arzneimittelrechtlichen Zulassung nicht um die erste Genehmigung i.S.v. Art. 3 Buchst. b AM-VO gehandelt hätte (siehe auch Hacker a.a.O Rn 78 und Rn 83).
b. Spezifizierung der Wirkstoffkomponente „Emtricitabine“
Für die Beantwortung der vorstehenden Frage, ist nach vorgenannten Ausführungen unter Anwendung der nach Art. 69 EPÜ gebotenen Auslegung des Anspruchs zu untersuchen, ob die funktionelle Umschreibung „andere therapeutische Bestandteile“ als eine spezifische Umschreibung des Wirkstoffs „Emtricitabine“ verstanden werden kann und „Emtricitabine“ einen Repräsentanten bildet, auf den sich „therapeutische Bestandteile“ notwendigerweise in spezifischer Art und Weise beziehen.
aa. Insoweit findet sich im Grundpatent kein Hinweis darauf, dass der Begriff „therapeutischer Bestandteile“ im Lichte des Patents als eigenes Lexikon bereits einschränkend auszulegen ist und sich nur auf eine Wirkstoffkomponente bezieht, die durch den Wirkstoff „Emtricitabine“ in spezifischer Art und Weise repräsentiert wird. So findet sich der Wirkstoff „Emtricitabine“ weder im Wortlaut der Ansprüche 1 bis 33 des Grundpatents noch finden sich dort oder in der Beschreibung Hinweise auf diesen Wirkstoff oder ein einengendes Verständnis der Bezeichnung „therapeutische Bestandteile“.
Im Mittelanspruch 27 wird lediglich eine „pharmazeutische Zusammensetzung“ genannt, die eine Verbindung nach irgendeinem der Ansprüche 1 bis 25 zusammen mit einem pharmazeutisch verträglichen Träger und gegebenenfalls anderen therapeutischen Bestandteilen enthält (vgl. auch Grundpatent: [0047]). Während jedoch die „pharmazeutisch verträglichen Träger“ in der Beschreibung ausführlich dargestellt werden (vgl. auch Grundpatent: [0048]-[0061]), findet sich zu den „anderen therapeutischen Bestandteilen“ keine einzige Bemerkung, obwohl zum Prioritätstag des Grundpatents bereits zahlreiche antivirale Wirkstoffe bekannt waren. Somit gibt auch Anspruch 27 dem Fachmann keinen Hinweis auf „Emtricitabine“ als mögliche weitere Wirkstoffkomponente und bietet zudem auch keine strukturelle oder funktionelle Definition.
bb. Ist danach von einem fachüblichen Verständnis eines auf eine pharmazeutische Zusammensetzung gerichteten Patentanspruchs auszugehen, welcher außer auf den erfindungsgemäßen Monowirkstoff u.a. die Anspruchsformulierung enthält „mit einem pharmazeutisch verträglichen Träger und gegebenenfalls anderen therapeutischen Bestandteilen“, so steht die Annahme, hiermit sei „Emtricitabine“ als ein solch therapeutischer Bestandteil funktionell umschrieben und zwar in einer spezifischer Art und Weise, in augenscheinlichem Widerspruch zu der unbestrittenen arzneilichen Bedeutung und Wirkung von „Emtricitabine“. Denn dieser Wirkstoff bildet gegenüber dem Monowirkstoff „Tenofovirdisoproxil“ ein eigenständiges Nukleosid-Analogon für die antivirale Therapie, insbesondere auch die HIV-Therapie, das nach den Ausführungen der Beklagten als NRTI sogar eine gegenüber der Monotherapie vorteilhafte Kombinationstherapie begründen soll. Demgegenüber ist die funktionelle Bezeichnung „andere therapeutische Bestandteile“ als Umschreibung in höchstem Maße unspezifisch in Bezug auf alle hierunter fallenden und denkbaren Stoffe.
cc. Auch wenn der Senat nicht verkennt, dass der Fachmann im Lichte der Gesamtoffenbarung des Grundpatents den Begriff des „anderen therapeutischen Bestandteils“ einschränkend im Sinne eines eigenen Lexikons des Grundpatents versteht, kommt der Senat zu keinem anderen Ergebnis. Insoweit ist nämlich zu berücksichtigen, dass sich die Auslegung am technischen Sinngehalt der Merkmale des Patentanspruchs im Einzelnen und in ihrer Gesamtheit zu orientieren hat (st. Rspr., BGH GRUR 2011, 129 – Fentanyl-TTS; GRUR 2002, 515, – Schneidmesser I, m.w.N.) und im Lichte der Gesamtoffenbarung der Patentschrift (BGH GRUR 2012, 1124 – Polymerschaum I; GRUR 2015, 868 – Polymerschaum II). Der Fachmann orientiert sich nicht nur an dem Wortlaut der Unterlagen, sondern an dem mit der Erfindung im Hinblick auf die Nachteile des Stands der Technik verfolgten Zweck und an dem Lösungsvorschlag mit seinen Elementen (BGH GRUR 2008, 56 – Injizierbarer Mikroschaum). Es ist deshalb maßgeblich, was der angesprochene Fachmann – auch unter Einziehung seines Vorverständnisses (BGH GRUR 2008, 878 – Momentanpol II) – danach bei unbefangener Betrachtung den Patentansprüchen als Erfindungsgegenstand entnimmt. Insoweit kann die Patentschrift im Hinblick auf die gebrauchten Begriffe auch ihr eigenes Lexikon darstellen (BGH GRUR 1999, 909 – Spannschraube; Mitt. 2000, 105 – Extrusionskopf).
Danach mag der Fachmann auch unter Berücksichtigung seines Vorverständnisses und der Gesamtoffenbarung des Grundpatents den Begriff der „anderen therapeutischen Bestandteile“ im Prioritätszeitpunkt des Grundpatents zwar auf Verbindung zur Therapie oder Prophylaxe einer oder mehrerer viraler Infektionen bei Menschen oder Tieren (Grundpatent: [0044]) reduziert haben. Hierunter fallen aber eine Vielzahl von Wirkstoffen und Wirkstoffklassen. Damit beschränkt sich das Grundpatent nicht auf die Behandlung von HIV alleine. Selbst in Bezug auf die Behandlung von HIV war dem Fachmann zum Prioritätszeitpunkt eine Reihe von unterschiedlichen Wirkstoffzusammensetzungen mit unterschiedlichen Wirkmechanismen bekannt. Als da wären Kombinationen von zwei oder mehr Reversetranskriptase-Inhibitoren (NNRTI, NRTI) oder die Kombination mit Proteaseinhibitoren (PI) (vgl. Anlagenkonvolut B15, insbesondere B15/1: S. 17-21, Abschnitte 4.5 und 4.6).
Dies gilt entgegen der Argumentation der Beklagten [der hiesigen Klägerin] gerade auch im Hinblick auf den in den Absätzen [0044]-[0045] des Grundpatents gesetzten allgemeinen Fokus möglicher Verwendungen zur Therapie und Prophylaxe von viralen Infektionen bei Mensch und Tier, die HIV nur unter anderem erwähnt. Maßgeblich für das dem Anspruch 27 und dem Begriff des therapeutischen Bestandteils zugrunde zu legende Verständnis des Fachmanns ist aber das Grundpatent selbst und nicht, wie von der Beklagten [der hiesigen Klägerin]argumentiert, der Hintergrund der arzneimittelrechtlichen Zulassung, welche eine Verwendung eines HIV-Arzneimittel betrifft. Insoweit kann bereits dem Ansatz der Argumentation der Beklagten [der hiesigen Klägerin]zum Fachwissen des Fachmanns und seinem Vorverständnis nicht gefolgt werden, dass hier auf das Gebiet der HIV-Erkrankungen abzustellen sei, nämlich eine Kombinationstherapie zur Behandlung von HIV mit der Kombination von Wirkstoffen aus jeweils antiretroviralen Wirkstoffklassen, insbesondere anderen N(t) RTIs, bei der die Virusreplikation inhibiert wird. Sie behauptet damit selbst nicht, der Fachmann habe den Begriff der „anderen therapeutischen Bestandteile“ notwendigerweise und in spezifischer Art und Weise als NRTI verstehen müssen. Vielmehr können folglich nach ihrem Verständnis andere antiretrovirale Wirkstoffklassen (wie NNRT, PI) von dem Begriff des „anderen therapeutischen Bestandteils“ umfasst sein.
dd. Rechtlich unerheblich erscheint dem Senat insoweit allerdings das Argument, dass die Beklagte [die hieisige Klägerin] bereits am 5. Februar 2002 eine arzneimittelrechtliche Genehmigung für den Wirkstoff Tenofovirdisoproxil und das Erzeugnis Viread® erhalten hatte und dass insoweit im Hinblick auf das Monoprodukt ein Zertifikat wegen des zwischen Anmeldetag des Grundpatents am 25. Juli 1997 und Tag der Erstzulassung liegenden Zeitraums von weniger als 5 Jahren im Hinblick auf Art. 13 Abs. 1 AM-VO kein Zertifikat erhalten hätte. Denn der Ausschlusstatbestand des Art. 3 Buchst. c AM-VO setzt voraus, dass für ein identisches Erzeugnis bereits ein Zertifikat erteilt wurde. Nicht ausreichend ist, dass für ein anderes Erzeugnis (hier der Wirkstoff Tenofovirdisoproxil) bereits als Monopräparat eine erste Genehmigung nach Art. 3 Buchst. b AM-VO erteilt worden ist und ob insoweit die Voraussetzung für ein Schutzzertifikat vorlagen. Hypothetische und spekulative Betrachtungen, weshalb dies nicht erfolgte und weshalb eine Wirkstoffkombination Gegenstand der ersten arzneilichen Genehmigung in der EU und eines erteilten Schutzzertifikats sind, sind insofern unerheblich.
III. Ergebnis
Damit fehlt es nach vorläufiger Ansicht des Senats für den Wirkstoff „Emtricitabin“ an einer hinreichenden Bestimmung als Erfindungsgegenstand und Bestandteil der pharmazeutischen Zusammensetzung nach Anspruch 27 des Grundpatents, mithin an dem nach Art. 3 Buchst. a AM-VO vorausgesetzten Schutz des Erzeugnisses durch das Grundpatent. Der Senat sieht deshalb aufgrund seiner derzeitigen Bewertung der Sach- und Rechtslage die Klagen als erfolgreich an.“
D. Wertung der Kammer
Die Kammer vermochte nicht die Wertung zu treffen, dass die in diesem Hinweis des 4. Senats des Bundespatentgerichts vertretene vorläufige Rechtsaufassung offensichtlich unrichtig ist.
I. Vortrag der Klagepartei
Die Verfügungsklägerin hat hiergegen vorgebracht, dass sich die Offensichtlichkeit der Unrichtigkeit bereits daraus ergebe, dass das Bundespatentgericht seiner Prüfung einen unzutreffenden Obersatz zugrunde gelegt habe.
Prüfungsmaßstab für die Feststellung, ob ein Produkt durch ein Grundpatent gemäß Art. 3 a) der Verordnung über das ergänzende Schutzzertifikat für Arzneimittel (im Folgenden: “Verordnung”) geschützt ist, sei bei europäischen Patenten richtiger Weise allein Art. 69 EPÜ. Dies habe der EuGH in seiner Entscheidung „Eli Lilly“ (C-493/12 vom 12. Dezember 2013) bestätigt:
“31. Da es an einer Harmonisierung des auf das Ausgangsverfahren anwendbaren Patentrechts in der Union fehlt, ist der Schutzumfang des Grundpatents nur anhand der einschlägigen Vorschriften, die nicht zum Unionsrecht gehören, zu bestimmen (Medeva, Randnr. 23 und die dort angeführte Rechtsprechung).
32. Es ist darauf hinzuweisen, dass es sich bei diesen Vorschriften, die zur Bestimmung dessen dienen, was von dem Grundpatent im Sinne von Art. 3 Buchst. a der Verordnung Nr. 469/2009 geschützt ist, um jene handelt, die den Umfang der Erfindung betreffen, die Gegenstand eines solchen Patents ist, wie etwa im Ausgangsverfahren Section 125 des Patentgesetzes des Vereinigten Königreichs von 1977. Diese Vorschriften sind bei einem vom EPA gewährten Patent auch die Vorschriften aus dem EPÜ bzw. aus dem Protokoll über die Auslegung des Art. 69 dieses Übereinkommens.”
Richter Arnold habe diesen Maßstab als „Extent of Protection Rules“ bezeichnet, was die Klagepartei mit „Regeln zur Schutzbereichsbestimmung“ übersetzen möchten (siehe Anlage B 9, vorgelegt mit Anlagenkonvolut AST 8, Rz. 35). Im Kern stelle der EuGH klar, dass die Bestimmung des Schutzbereichs eines spezifischen Anspruchs sich nach nationalem Recht oder dem EPÜ richte. Die Anspruchsauslegung richte sich demnach bei einem europäischen Patent eindeutig nach Art. 69 EPÜ, und zwar ausschließlich nach Art. 69 EPÜ. Sie sei nicht Gegenstand der Prüfung durch den EuGH und der EuGH könne keinerlei Vorgaben dazu machen, wie Art. 69 EPÜ anzuwenden sei.
Demzufolge stelle der Wortlaut der Entscheidung Eli Lilly „dass sie [die Ansprüche] sich stillschweigend, aber notwendigerweise auf den in Rede stehenden Wirkstoff beziehen, und zwar in spezifischer Art und Weise.“ gerade keine durch den EuGH etablierte, gemeinschaftsrechtliche Voraussetzung dar. Es falle gerade nicht in die Kompetenz des EuGH, Vorgaben zu Fragen des nationalen Rechts oder des EPÜ zu machen. Die Regeln zur Schutzbereichsbestimmung dürften auch nicht mit dem sog. „Offenbarungstest“ oder den „Regeln zur Verletzungshandlung“ (siehe Arnold J, Anlage AST 8-B 9, Rz. 35 „Infringing Act Rules“) verwechselt werden. Bevor der EuGH sich in den verschiedenen Entscheidungen für die Anwendung der „Regeln zur Schutzbereichsbestimmung“ ausgesprochen hätte, seinen in einigen europäischen Ländern noch der Offenbarungstest angewandt worden. Nach diesen Entscheidungen sei er offensichtlich nicht mehr anwendbar. Die Frage sei demnach nicht, ob Emtricitabin irgendwo in der Beschreibung offenbart ist.
Die „Regeln zur Verletzungshandlung“ seien ebenfalls nicht mehr anwendbar. Die Verfügungsklägerin habe diesen Maßstab auch in ihren Antragsschriften nicht angewandt.
Schließlich sei die von den Verfügungsbeklagten behauptete Voraussetzung des “core inventive advance„, der “zentralen erfinderischen Tätigkeit”, eine zusätzliche Voraussetzung, die Gegenstand der Vorlagefrage von Richter Arnold in Bezug auf Art. 3 a) der Verordnung sei. Dies zeige bereits, dass die bisherige Rechtsprechung des EuGH für eine solche Voraussetzung keine Grundlage biete. Im vorliegenden Fall sei diese Voraussetzung demnach nicht relevant.
Die Verfügungsbeklagten wendeten die Regeln zur Schutzbereichsbestimmung nicht an. Sie hätten stattdessen den Wortlaut der Entscheidung Eli Lilly „dass sie [die Ansprüche] sich stillschweigend, aber notwendigerweise auf den in Rede stehenden Wirkstoff beziehen, und zwar in spezifischer Art und Weise“ derart interpretiert, dass Emtricitabin tatsächlich im Anspruch genannt sein müsse. Art. 69 EPÜ setze jedoch eine solche ausdrückliche Nennung nicht voraus. Auch das Bundespatentgericht beschränke sich auf die Prüfung des Anspruchs 27 im Hinblick auf diese Formulierung des EuGH und beachte die zu Art. 69 EPÜ entwickelten Maßstäbe unzureichend, obwohl der EuGH diese für allein maßgeblich halte.
Bei zutreffendem Verständnis der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union hätte das Bundespatentgericht daher vielmehr prüfen müssen, ob die Wirkstoffe in einem Anspruch des Grundpatents funktional beschrieben seien, was zu bejahen sei. Der Fachmann habe Anspruch 27 entnommen, dass auch eine Kombination zweier antiviraler Wirkstoffe beansprucht gewesen sei, weil zum Prioritätszeitpunkt (26.07.1996) die Kombination antiviraler Wirkstoffe und insbesondere von NRTI zu seinem Fachwissen gezählt hätten, wobei der Fachmann auch gewusst habe, dass Emtricitabin ein Beispiel für ein derartiges NRTI darstelle. Belegt werde die Tatsache, dass Kombinationstherapien mit verschiedenen NRTI zum Prioritätstag des Grundpatents eine hohe Bekanntheit genossen hätten, durch eine Reihe von Veröffentlichungen, die vor dem Prioritätstag datierten. Auch die Ziele der VO sprächen für die Erteilung eines ergänzenden Schutzzertifikats im vorliegenden Fall für beide Wirkstoffe Tenofovirdisoproxil und Emtricitabin, da ansonsten eine Weiterentwicklung von Arzneimitteln nicht möglich wäre (vgl. Erwägungsgrund 3 bis 6 der VO). Hierbei habe das Fachwissen des Fachmanns auf dem Gebiet der HIV sowohl die Inhibierung des HIV-Replikationszyklus als das vielversprechendste Therapiekonzept umfasst wie auch die antiretrovirale Kombinationstherapie, welche bereits seit Mitte der 90er Jahre Standard gewesen sei, ebenso wie die Kombinationstherapie mit zwei NRTIs seit 1996. Vor diesem Hintergrund habe der Fachmann Anspruch 27 gelesen. Dabei sei klar gewesen, dass sich Anspruch 27 auf eine Kombinationstherapie mit anderen antiviralen Mitteln, insbesondere anderen N(t) RTIs beziehe, bei der die Virusreplikation inhibiert werde.
II. Wertung der Kammer
1. Die Kammer vermochte diesem Vortrag der Klagepartei schon keinen Gesichtspunkt entnehmen, der die Wertung zuließe, dass die vorläufige Rechtsansicht des Bundespatentgerichts offensichtlich unrichtig ist.
Nur ergänzend ist in diesem Rahmen darauf hinzuweisen, dass die Klagepartei ihre Anträge zur unverzüglichen Auskunftserteilung durch die Beklagten, die ja das Vorliegen einer offensichtlichen Rechtsverletzung (§ 140b Abs. 7 PatG) erfordern, unter Aufrechterhaltung der übrigen Anträge zurückgenommen und damit dokumentiert hat, dass es auch aus ihrer Sicht am Erfordernis der Offensichtlichkeit (diesmal in Richtung auf die Bejahung einer Verletzung) fehlt.
Darüber hinaus ist festzustellen, dass der Londoner High Court of Justice (Justice Arnold) den englischen Parallelfall zum Anlass genommen hat, dem EuGH die Frage zur richtigen Auslegung des Art. 3a der AM-VO – erneut – vorzulegen (T20171 EWHC 13 (Pat) vom 13.1.2017).
Mithin kann weder in Richtung auf das Vorliegen einer Rechtsverletzung noch in Richtung auf das Nichtvorliegen einer Rechtsverletzung festgestellt werden, dass offensichtlich und für alle Instanzen das eine oder das andere vorliegt.
2. Unabhängig hiervon teilt die Kammer im Ergebnis die vorläufige Rechtsansicht des Bundespatentgerichts:
Streitentscheidend ist die richtige Auslegung von Art. 3a der AM-VO. Dieser bestimmt als eine der Voraussetzungen für die Erteilung eines SPC für einen Wirkstoff, dass der Wirkstoff bzw. das Erzeugnis, nicht das Arzneimittel (vgl. EuGH – Medeva, Rn. 37 aE), durch ein in Kraft befindliches Grundpatent geschützt ist“.
a. Diese Bestimmung ist nach dem EuGH unter Berücksichtigung der Erwägungsgründe 4, 7 und 8 der AM-VO dahingehend auszulegen, dass kein SPC für Wirkstoffe oder Erzeugnisse erteilt werden kann, welche in den Ansprüchen nicht genannt sind (EuGH – Medeva, Rn. 25, 28). Dieser Wertung liegt zugrunde, dass das Patentrecht noch nicht europaweit harmonisiert ist, durch die AM-VO aber eine einheitliche Lösung geschaffen werden sollte, um einer heterogenen Entwicklung vorzubeugen. Ferner ist zu berücksichtigen, dass in Nr. 20 II der Begründung des Vorschlags für die AM-VO und im 14. Erwägungsgrund der Pflanzenschutz-VO der Gegenstand von SPCs dahingehend beschrieben wird, dass sie „Gegenstand von Patenten sind, in denen sie besonders beansprucht werden“ (EuGH – Medeva, Rn. 27).
Hierfür ist, so der EuGH in der Entscheidung „Eli Lilly“, allerdings nicht erforderlich, dass der Wirkstoff in den Ansprüchen des bestellenden Patents mit einer Strukturformel (explizit) angeführt ist. Eine Funktionsformel (implizit) genügt, allerdings nur dann, wenn die Auslegung dieses Funktionsformel-Anspruchs den Schluss zulässt, dass er sich stillschweigend, aber notwendigerweise und in spezifischer Art und Weise auf den Wirkstoff bezieht. Die Prüfung, ob diesem Erfordernis Genüge getan ist, hat das nationale Gericht nach Art. 69 EPÜ und dem Protokoll vorzunehmen (EuGH – Eli Lilly, Rn. 37-40).
Gründe hierfür sind, dass die Erteilungsvoraussetzungen sowie der Schutzumfang des Grundpatents zwar nach dem EPÜ bzw. dem jeweiligen nationalen Recht zu bestimmen sind (EuGH – Eli Lilly, Rn. 31). Der Umstand aber, dass der Wirkstoff bzw. das Erzeugnis in den Schutzbereich des bestellenden Patents fällt und mithin ein positives Ergebnis eines Verletzungstests (würde die Vermarktung des Wirkstoffs eine Verletzung des Grundpatents darstellen?) festzustellen ist, lediglich eine notwendige aber keine hinreichende Voraussetzung für die Erteilung eines SPCs darstellt (EuGH – Eli Lilly, Rn. 37). Denn von dieser Frage zu unterscheiden ist die weitere Frage, ob ein Wirkstoff bzw. ein Erzeugnis im Sinne des Art. 3a der AM-VO durch ein in Kraft befindliches Grundpatent geschützt ist. Zur Beantwortung dieser zweiten Frage sind die autonome Regeln des EuGH und nicht das EPÜ und auch nicht das nationale Recht heranzuziehen (EuGH – Eli Lilly, Rn. 33). Jeder andere Ansatz würde den oben zitierten Zielen der AM-VO, insbesondere dem Ziel, einen einheitlichen europäischen Ansatz für die Schutzvoraussetzungen bereitzustellen, zuwiderlaufen (vgl. auch EuGH – Eli Lilly, Rn. 35). Die zweite Frage ist demnach zu verneinen, wenn der Wirkstoff in den Ansprüchen weder mit einer strukturellen Definition noch mit einer funktionellen Definition im oben genannten Sinne angeführt ist (EuGH – Eli Lilly, Rn. 38).
Der EuGH-Entscheidung „Actavis“ kann noch entnommen werden, dass es denkbar ist, dass auf dasselbe Grundpatent mehrere SPCs erteilte werden, wenn diese unterschiedlichen Erzeugnisse jeweils durch das Grundpatent „als solches“ (Art. 1 b, c AM-VO) geschützt sind. Dies ist dann der Fall, wenn alle (weiteren) Wirkstoffe /Wirkstoffkombinationen jeweils einen weitereren Gegenstand der von dem Patent geschützten Erfindung bilden (EuGH-Actavis 2015 Rn. 33, 38) und in den Ansprüchen jeweils explizit oder implizit im obigen Sinne angegeben sind. Denn grundsätzlich soll das sukzessive Inverkehrbringen immer neuer Kombinationen („Evergreening“) nicht zu einer Vielzahl von SPCs führen (EuGH–Actavis, Rn. 36). Andererseits ist die Erteilung mehrerer SPCs auf ein und dasselbe Grundpatent dann gerechtfertigt, wenn die weiteren Kombinationen auch Gegenstand der Erfindung nach dem Grundpatent sind (EuGH-Actavis, Rn. 37). Dem kann entnommen werden, dass weitere Voraussetzung für die Erteilung eines SPCs ist, dass der Wirkstoff oder die Wirkstoffkombination auch Gegenstand der Erfindung nach dem Grundpatent ist bzw. sind.
b. Mithin hat das Bundespatentgericht in seinem Hinweisbeschluss vom 9.8.2017 aus Sicht der Kammer zutreffend festgestellt, dass die Bestimmung des Schutzbereichs gem. Art. 69 EPÜ nur als negative Abgrenzung vorzunehmen ist. Der Wirkstoff muss in den Schutzbereich des Grundpatents fallen, ansonsten kann kein SPC erteilt werden. Ferner muss der Wirkstoff Gegenstand der Erfindung sein und in einem der Ansprüche des Grundpatents explizit oder implizit im obigen Sinne angegeben sein.
Bei Wirkstoffzusammensetzungen müssen demnach folgende zwei Voraussetzungen erfüllt sein:
1. Frage: Ist die Wirkstoffzusammensetzung erfindungsgegenständlich im Sinne von EuGH „Actavis“?
2. Frage: Sind die Anforderungen an die strukturelle (explizite) bzw. funktionelle (implizite) Erwähnung im Anspruch im Sinne von EuGH „Medeva“ und „Eli Lilly“ erfüllt? Mit dem Bundepatentgericht verneint die Kammer im vorliegenden Fall zunächst die zweite Frage:
Zunächst ist festzuhalten, dass dem Erfordernis durch eine (vorliegend hypothetische) spätere Konkretisierung des Anspruchswortlauts nicht genügt werden kann, weil die AM-VO auf die Verlängerung eines durch ein Patent bereits bestimmten Erzeugnisschutzes abstellt und nicht auf eine Neubestimmung des Patentschutzes.
Ferner ist aus Sicht der Kammer im konkreten Fall die zweite Frage – abweichend vom Bundespatentgericht – wie folgt zu formulieren:
„Ist Emtricitabine als „anderer therapeutische Bestandteil“ nach Anspruch 27 des Grundpatents anzusehen und wenn ja, ist zugleich ausgeschlossen, dass dies auch auf andere Wirkstoffe zutrifft?“
Denn der EuGH wollte in „Eli Lilly“ lediglich dem Umstand Rechnung tragen, dass nach dem EPÜ nicht nur Strukturformel-Ansprüche wie in „Medeva“ erteilungsfähig sind, sondern auch Funktionsformel-Ansprüche. Für letztere hat er aber, ohne sich mit den technischen Details des Einzelfalls auseinanderzusetzen, angeordnet, dass sich diese Funktions-Formelansprüche für die Zwecke der AM-VO stillschweigend, aber notwendigerweise und in spezifischer Art und Weise auf den Wirkstoff, für den ein SPC-Schutz beantragt ist, zu beziehen haben, so dass diese Anspruchskategorie im Ergebnis einem Strukturformel-Anspruch gleichkommt. Ob diesem Erfordernis genüge getan ist, so der EuGH, hat das nationale Gericht zu beurteilen. Dabei hat das nationale Gericht auch das EPÜ bzw. das nationale Patentrecht zu beachten.
Mithin ist diese zweite Frage im vorliegenden Fall dann zu verneinen, wenn neben Emtricitabine auch weitere Wirkstoffe als „andere therapeutische Bestandteile“ nach Anspruch 27 des Grundpatents in Betracht kommen. Denn ansonsten wäre durch diese Anspruchskategorie die Wirkstoffkombination nicht ebenso notwendigerweise und in spezifischer Art und Weise angeben wie durch ein explizit formulierten Strukturformel-Anspruch „FD und FTC“.
Die Kammer unterstellt dabei den Vortrag der Klagepartei als richtig, dass der Fachmann zum Prioritätszeitpunkt des Grundpatents Anspruch 27 so interpretiert habe, dass er zwei Inhibitorenklassen mit 18 Vertretern als Kombinationspartner für Tenofovirdisoproxil (TD) in Betracht gezogen hätte. Unter diesen 18 Kombinationspartnern habe sich auch Emtricitabine (FTC) befunden. Ferner sei dem Fachmann bewusst gewesen, dass der Wirkstoff TD einen hervorragenden Partner für eine Kombinationstherapie gegen HIV darstelle (vgl. Prot. vom 17.8.2017).
Mithin verweist der Funktionsformel-Teil des Anspruchs 27 „andere therapeutische Bestandteile“ auf mindestens 18 Kombinationspartner. Daher vermag die Kammer nicht festzustellen, dass die Kombination TD und FTC in Anspruch 27 im Sinne von EuGH „Eli Lilly“ notwendigerweise und in spezifischer Art und Weise benannt ist.
Die Kammer verneint im vorliegenden Fall aber auch die vom Bundespatentgericht offen gelassene erste Frage:
Denn der Anspruchswortlaut „Pharmazeutische Zusammensetzung umfassend eine Verbindung nach irgendeinem der Ansprüche 1 bis 25 zusammen mit einem pharmazeutisch verträglichen Träger und gegebenenfalls anderen therapeutischen Bestandteilen“ offenbart aus Sicht der Kammer lediglich, dass TD als Monopräparat bereitgestellt wird und dass es darüber hinaus nicht schädlich ist, TD mit einem anderen therapeutischen Bestandteil zu kombinieren. Nicht offenbart und damit nicht Gegenstand der Erfindung ist allerdings, dass man kombinieren soll, weil dies, wie sich später (vgl. das Jahre später angemeldete klägerische Patent EP 1 583 542) herausgestellt hat, vorteilhaft ist. Insbesondere offenbaren weder Anspruch noch Beschreibung dem Fachmann, und hier vereinigen sich beide Fragen wieder, dass er TD speziell mit FTC kombinieren soll. Für den hypothetischen Fall also, dass die Klägerin bereits ein SPC auf den Monowirkstoff TD erhalten hätte, wäre sie nach der Entscheidung EuGH – Actavis gehindert, ein zweites SPC bezogen auf die Kombination von FD und FTC zu erhalten. Für den vorliegenden Fall, dass die Klägerin auf den Monowirkstoff kein SPC erhalten hat, kann aber nach der Ratio von EuGH – Actavis nichts anderes gelten.
3. Die Kammer hat die vorgelegten ausländischen Parallelentscheidungen zur Kenntnis genommen. Diese gebieten jedoch keine andere Entscheidung.
a. In seinem Vorlagebeschluss scheint Justice Arnold einen ähnlichen Ansatz zur oben formulierten Frage 1 zu verfolgen wie die Kammer. Allerdings formuliert Arnold dies dahingehend, dass die Wirkstoffkombination den erfinderischen Fortschritt des Grundpatents darstellen muss. Dieser Ansatz scheint über das Erfordernis der Kammer, wonach der Patentanspruch die Wirkstoffkombination zu gebieten und nicht nur zu gestatten hat, hinauszugehen, weil zusätzlich zu prüfen ist, worin der erfinderische Fortschritt des Grundpatents zu sehen ist und ob die Wirtstoffkombination hiervon umfasst ist. Welcher Ansatz richtig ist, wird der Gerichtshof der Europäischen Union als Antwort auf die Vorlage beantworten. Im vorliegenden Verfahren wäre die Frage in beiden Formulierungsalternativen jeweils zu verneinen. Denn das Grundpatent beschäftigt sich ausschließlich mit TD als singulären Wirkstoff bzw. als Kombinationspartner mit anderen nicht genannten Wirkstoffen.
b. Soweit andere ausländische Entscheidungen (Schweden und Niederlande) das Vorliegen der Erteilungsvoraussetzungen verneint haben, bedarf dies im vorliegenden Verfahren keiner weiteren Erörterung.
c. Soweit der Oberste Gerichtshof Madrids mit Urteil vom 9.9.2016 (Nr. 639/2016) der Klagepartei unter Aufhebung der Vorinstanzen ein spanisches SPC für die Wirkstoffkombination FD und FTC erteilt hat, vermag die Kammer dem nicht zu folgen. Die spanischen Richter haben die oben zitierte Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union dahingehend interpretiert, dass es ausreichend sei, wenn die Verbindung FD und FTC von Anspruch 27 erfasst wird. Die spanischen Kollegen scheinen demnach den Schutzbereich gem. Art. 69 EPÜ bestimmt zu haben, was aber nach Meinung der Kammer nur eine notwenige aber keine hinreichende Voraussetzungen für die Erlangung eines SPCs darstellt.
E. Weitere Fragen können dahinstehen:
Mithin kann die Frage nach der positiven Prognose unbeantwortet bleiben. Das betrifft insbesondere die nachfolgenden beiden Fragen:
– Ist Anspruch 27 des Grundpatents nichtig, weil nicht über seine gesamte Breite ausführbar (vgl. Art. 15 c AM-VO)? – Das Bundespatentgericht hat diese Frage in seinem Hinweis vom 9.8.2017 offen gelassen.
– Schließt die arzneimittelrechtliche Zulassung vom 5.2.2002 für den Monowirkstoff Tenofovirdisoproxil (Viread ®) aufgrund des Anmeldedatums vom 25.7.1997 einen SPC-Schutz für das Kombinationspräparat aus, weil der zeitliche Verzug durch das Zulassungsverfahren weniger als fünf Jahre betragen hat? – Das Bundespatentgericht hat diese Frage in seinem Hinweis vom 9.8.2017 verneint.
Ferner kann offen bleiben, ob das Streitzertifikat durch irgendeine Handlung der beklagten Parteien verletzt wurde oder dies droht und ob die beiden beklagten Parteien im Verfahren 7 O 11155/17 passivlegitimiert sind.
F. Nebenentscheidungen
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 Abs. 1 ZPO. Im Verfahren 7 O 11155/17 waren der beklagten Partei jedoch gem. § 96 ZPO die ausscheidbaren Kosten des Zwischenstreits aufzuerlegen.
Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit und zur Abwendungsbefugnis folgt aus §§ 708 Nr. 6, 711 ZPO.
Im Verfahren 7 O 11156/17 war das Passivrubrum in Bezug auf die … Patentanwälte (nicht Rechtsanwälte) entsprechend dem Ersuchen vom 29.8.2017 zu berichtigen. Es handelt sich um ein offensichtliches Schreibversehen.

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