Europarecht

Funktionsarzneimittel, Pharmakologische Wirkung, Verwendungsrisiken

Aktenzeichen  M 26 S 19.5534

Datum:
30.1.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 51636
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 80 Abs. 5
AMG § 69
AMG § 2 Abs. 1

 

Leitsatz

Tenor

I. Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid der Regierung von Oberbayern vom 30. Oktober 2019 wird wiederhergestellt.
II. Der Antragsgegner hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf EUR 25.000,– festgesetzt.

Gründe

I.
Die Antragstellerin vertreibt das Produkt „… … … …“. Es wird angeboten in einer Verpackung mit 10 Portionsticks zu je 2,35 g. Die Etikettierung des Produkts enthält den Hinweis „Zum Erhalt einer gesunden Blase“. Pro Portion enthält das Produkt 26 mg Proanthocyanidine und 2.000 mg D-Mannose. Das Produkt ist auf der Umverpackung als Nahrungsergänzungsmittel mit D-Mannose, Cranberry-Extrakt, Zink, Vitamin B2 und Biotin beschrieben. Verzehrsempfehlung ist, den Inhalt eines Portionssticks in 100 ml Wasser aufgelöst zu einer Mahlzeit zu trinken. Bei Bedarf könne die Menge auf 3 Portionsticks täglich erhöht werden. Die angegebene tägliche Verzehrsmenge dürfe nicht überschritten werden.
Das Produkt wurde 2018 im Rahmen der amtlichen Lebensmittelüberwachung durch den Freistaat Sachsen vom Landeslabor Berlin-Brandenburg untersucht und beurteilt. Dessen Prüfbericht vom 23. Oktober 2018 kommt zu dem Ergebnis, dass das Produkt anhand der verfügbaren Informationen aus sachverständiger Sicht zwar nicht als Präsentationsarzneimittel, aber als Funktionsarzneimittel zu qualifizieren sei.
Nach Eingang dieser Information bei der Regierung von Oberbayern am 7. Dezember 2018 und Erholung eines Gutachtens des Bayerischen Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit vom 11. Februar 2019, welches zu einer Einstufung des Produkts sowohl als Funktions- als auch als Präsentationsarzneimittel kommt, hörte die Regierung von Oberbayern mit Schreiben vom 11. März 2019 die Antragstellerin zum beabsichtigten Erlass einer Untersagungsanordnung nach § 69 Arzneimittelgesetz (AMG) an. Das Produkt sei als Funktionsarzneimittel einzustufen, verfüge jedoch nicht über die erforderliche Zulassung.
Mit Schriftsatz vom 12. April 2019 traten die Bevollmächtigten der Antragstellerin dem entgegen. Das Produkt weise keine pharmakologische Wirkung auf und sei daher kein zulassungspflichtiges Arzneimittel, sondern als Nahrungsergänzungsmittel frei verkehrsfähig. D-Mannose komme in vielen Nahrungsmitteln des täglichen Verzehrs vor. Wissenschaftlich valide Erkenntnisse zur pharmakologischen Wirkung und therapeutischen Wirksamkeit gebe es weder in Bezug auf den Inhaltsstoff DMannose noch bezüglich des Gesamtprodukts in seiner konkreten Zusammensetzung. Dass das Produkt positive Auswirkungen auf die Gesundheit habe, sei nicht ausreichend. Die Antragstellerin habe die strengen Anforderungen der Rechtsprechung an den von ihr zu führenden positiven Nachweis der Arzneimitteleigenschaft des Produkts verkannt.
Mit Bescheid vom 30. Oktober 2019 untersagte der Antragsgegner der Antragstellerin das Inverkehrbringen (Ziffer 1.) sowie die arzneiliche Bewerbung (Ziffer 2.) des Produkts. Die sofortige Vollziehung der Ziffern 1 und 2 des Bescheids wurde angeordnet.
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Untersagung des Inverkehrbringens stütze sich auf § 69 Abs. 1 Satz 1, Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AMG, die Untersagung der Bewerbung auf § 69 Abs. 1 Satz 1 AMG i.V.m. § 64 Abs. 3 AMG und § 3a Satz 1 Heilmittelwerbegesetz (HWG).
Unter Zitierung des Gutachtens des Landeslabors Berlin-Brandenburg zur Wirkungsweise von D-Mannose und zu Studien, die die therapeutische Wirksamkeit von D-Mannose zeigten, wurde ausgeführt, dass der nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts notwendige plausible Nachweis der pharmakologischen Wirkung und therapeutischen Wirksamkeit für D-Mannose in der vorliegend einschlägigen Tagesdosis von 2 g erbracht sei. Ob D-Mannose in der Natur vorkomme, sei ohne Relevanz. Ein wissenschaftlicher Nachweis bezüglich des Gesamtprodukts könne und müsse nicht erbracht werden. Es bestünden bezüglich des Produkts keine Zweifel an der Einordnung als Arzneimittel, sondern die Einstufung sei eindeutig. Auf die Begründung des Bescheids im Übrigen wird verwiesen. Hinsichtlich der Anordnung des Sofortvollzugs wurde ausgeführt, diese erfolge im öffentlichen Interesse des Gesundheitsschutzes und der Abwehr von Gefahren für Leib und Leben von Patienten. Es entspreche der Zielsetzung des Arzneimittelgesetzes, dass das generell mit dem Inverkehrbringen eines nicht zugelassenen Arzneimittels verbundene gesundheitliche Risiko bereits im Zeitpunkt des Erlasses der Eingriffsmaßnahmen unterbunden werden dürfe.
Mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 6. November 2019 ließ die Antragstellerin Klage gegen den Bescheid vom 30. Oktober 2019 erheben (M 26 K 19.5533) und gleichzeitig beantragen,
die aufschiebende Wirkung der Klage wiederherzustellen.
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, der streitgegenständliche Bescheid sei rechtswidrig, da es sich bei den fraglichen Produkten mangels pharmakologischer Wirkung nicht um zulassungspflichtige Arzneimittel gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 2 lit. a AMG handle. Insofern D-Mannose in natürlichen Lebensmitteln des Alltags vorkomme und von seiner Dosierung her auch im Rahmen einer angemessenen Ernährung aufgenommen werden könne, seien an Nachweis und Begründung der Arzneimitteleigenschaft besondere Anforderungen zu stellen, die hier nicht erfüllt seien. Außerdem sei eine mögliche Kombinationswirkung zu untersuchen, was der Antragsgegner hier ebenfalls unterlassen habe. Schließlich sei die Sofortvollzugsanordnung nicht ordnungsgemäß erfolgt, da die diesbezügliche Begründung keinerlei Einzelfallbezug erkennen lasse. Jedenfalls sei die Anordnung des Sofortvollzugs unverhältnismäßig, da dadurch erhebliche wirtschaftliche Beeinträchtigungen der Antragstellerin entstünden. Auf die Details der Antragsbegründung wird im Übrigen verwiesen.
Mit Schriftsatz vom 26. November 2019 beantragte der Antragsgegner,
den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die therapeutische und pharmakologische Wirkung des Produkts sei durch mehrere Studien nachgewiesen. Diese habe der Antragsteller nicht durch wissenschaftliche Erkenntnisse entkräftet. Nicht zuletzt sei die Gabe von D-Mannose bei Frauen mit häufig rezidivierender Zystitis als Empfehlung in der von der Deutschen Gesellschaft für Urologie herausgegebenen S3-Leitlinie enthalten. D-Mannose sei keine Nahrungsergänzung, da ernährunsphysiologisch kein täglicher Bedarf an D-Mannose bestehe. Im Übrigen könne die Tagesdosis an D-Mannose des Produkts nicht durch eine angemessene Verzehrmenge an Lebensmitteln erreicht werden.
Mit Schriftsätzen vom 27. November 2019, 6. Dezember 2019 und 8. Januar 2020 führten die Bevollmächtigten der Antragstellerin aus, dass der Aspekt möglicher Gesundheitsrisiken des Produkts in die Gesamtbetrachtung eingestellt werden müsse. Dies habe das Bundesverwaltungsgericht im Verfahren 3 C 19.18, bisher unveröffentlicht, festgestellt und entspreche im Übrigen der Rechtsprechung des EuGH. Dem Kriterium des Verwendungsrisikos des Produkts komme im Grenzbereich zwischen Nahrungsergänzungs- und Arzneimittel besonderes Gewicht zu. Da DMannose für den Menschen auch in hohen Dosen unschädlich sei und ihm eine gute Verträglichkeit attestiert werde, sei eine Einstufung des Produkts als Arzneimittel mangels Gesundheitsrisiken ausgeschlossen. Leichte gastrointestinale Unverträglichkeiten, wie sie vereinzelt bei Aufnahme von D-Mannose festgestellt worden seien, fielen nicht ins Gewicht.
Mit Schriftsatz vom 20. Dezember 2019 führte der Antragsgegner aus, dass der Aspekt möglicher Gesundheitsrisiken bei der Entscheidung berücksichtigt worden sei. Er sei nämlich davon ausgegangen, dass auch hohe Dosen von D-Mannose nicht mit einer schädlichen Wirkung auf den menschlichen Stoffwechsel verbunden seien. Es sei jedoch keine Voraussetzung für die Einstufung eines Produkts als Arzneimittel, dass eine Gesundheitsgefahr vorliege. Das Kriterium des Gesundheitsrisikos sei nur eines von mehreren heranzuziehenden Kriterien. Es sei offensichtlich nach derzeitigem Wissensstand nicht abschließend geklärt, welche und ob tatsächlich eine Gesundheitsgefahr von D-Mannose ausgehe. Eine solche Klärung sei aber nicht einmal für das Zulassungsverfahren erforderlich. Aus der Pressemitteilung des Bundesverwaltungsgerichts zum Verfahren 3 C 19.18 ergebe sich im Übrigen, dass der Nachweis einer therapeutischen Wirksamkeit für die Annahme der Arzneimitteleigenschaft eines Produkts nicht erforderlich sei; diese Anforderung gelte erst für die Zulassung eines Arzneimittels.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten, auch auf die des Hauptsacheverfahrens M 26 K 19.5533, sowie auf die vorgelegten Behördenakten verwiesen.
II.
Der Antrag ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg.
Die Sofortvollzugsanordnung begegnet in formeller Hinsicht zwar keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Die im Rahmen im Verfahren des einstweiligen Rechtschutzes nur mögliche summarische Prüfung ergibt aber, dass eine abschließende Einschätzung der materiellen Rechtmäßigkeit des streitgegenständlichen Bescheides nicht möglich ist, so dass auf eine Interessenabwägung abzustellen ist, die ergibt, dass die aufschiebende Wirkung der erhobenen Anfechtungsklage nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO wiederherzustellen ist.
1. Die formellen Voraussetzungen für den Erlass einer Sofortvollzugsanordnung nach § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO sind erfüllt. Insbesondere ist dem Begründungserfordernis des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO (noch) Genüge getan. Nach dieser Vorschrift ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen.
An das Begründungserfordernis dürfen keine zu hohen Anforderungen gestellt werden (BayVGH vom 10.07.2008 Az. 19 CS 08.1231, 19 CS 08.1741 – juris, Rn. 5). Nicht ausreichend ist es jedoch, die sofortige Vollziehbarkeit lediglich formelhaft zu begründen. Vielmehr müssen die besonderen, auf den konkreten Fall bezogenen Gründe angegeben werden, die die Behörde dazu bewogen haben, den Suspensiveffekt auszuschließen (BayVGH vom 26.03.2008 Az. 20 CS 08.421 – juris, Rn. 20).
Die Sofortvollzugsbegründung in dem angefochtenen Bescheid wird diesen Anforderungen (noch) gerecht.
Zwar ist der Antragstellerin zuzugeben, dass die Begründung der Sofortvollzugsanordnung in Ziffer 3. der Entscheidungsgründe des angefochtenen Bescheids insgesamt recht knapp ausfällt und sehr allgemein gehalten ist. Es wurde aber maßgeblich auf das „generell mit dem Inverkehrbringen eines nicht zugelassenen Arzneimittels verbundene gesundheitliche Risiko“ abgestellt, das „bereits im Zeitpunkt des Erlasses der Eingriffsmaßnahme unterbunden werden darf, ohne das Ergebnis eines meist langwierigen Rechtsmittelverfahrens abzuwarten.“ Es ist also durchaus zu erkennen, dass die Behörde hier einzelfallbezogene Erwägungen vorgenommen hat und dass sie sich des Ausnahmecharakters der Sofortvollzugsanordnung bewusst war. Ob diese Begründung die Anordnung des Sofortvollzugs materiell trägt, ist dabei nicht im Rahmen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO zu prüfen (BayVGH vom 10.07.2008, a.a.O.).
2. Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung im Fall des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO ganz oder teilweise wiederherstellen. Das Gericht trifft dabei eine originäre Ermessensentscheidung. Es hat bei der Entscheidung über die Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung abzuwägen zwischen dem von der Behörde geltend gemachten Interesse an der sofortigen Vollziehung ihres Bescheids und dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs. Bei dieser Abwägung sind insbesondere die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens zu berücksichtigen. Ergibt die im Rahmen des Verfahrens nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO allein mögliche, aber auch ausreichende summarische Prüfung, dass der Rechtsbehelf offensichtlich erfolglos sein wird, tritt das Interesse des Antragstellers regelmäßig zurück. Erweist sich dagegen der angefochtene Bescheid schon bei summarischer Prüfung als offensichtlich rechtswidrig, besteht kein öffentliches Interesse an dessen sofortiger Vollziehung. Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens dagegen nicht hinreichend absehbar, verbleibt es bei einer Interessensabwägung.
Unter Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall war die aufschiebende Wirkung der Klage wiederherzustellen, weil der Ausgang des Hauptsacheverfahrens zum Entscheidungszeitpunkt nicht hinreichend absehbar ist. Nach derzeitigem Kenntnisstand bestehen Zweifel an der Arzneimitteleigenschaft des streitgegenständlichen Produktes, die eine weitere Sachaufklärung erforderlich machen. Eine Abwägung ergibt ein Überwiegen des Suspensivinteresses der Antragstellerin gegenüber dem Vollziehungsinteresse des Antragsgegners.
Rechtsgrundlage für die Untersagungsverfügung des Antragstellers in Nr. 1 des angefochtenen Bescheids ist § 69 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Nummer 1 Arzneimittelgesetz (AMG). Nach § 69 Abs. 1 Satz 1 AMG treffen die zuständigen Behörden die zur Beseitigung festgestellter Verstöße und die zur Verhütung künftiger Verstöße notwendigen Anordnungen. Nach § 69 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AMG können sie insbesondere das Inverkehrbringen von Arzneimitteln oder Wirkstoffen untersagen, deren Rückruf anordnen und diese sicherstellen, wenn die erforderliche Zulassung oder Registrierung für das Arzneimittel nicht vorliegt oder deren Ruhen angeordnet ist. Eine Zulassungspflicht nach § 21 Abs. 1 Satz 1 AMG setzt dabei das Vorliegen eines Arzneimittels im Sinn des § 2 Abs. 1 oder Abs. 2 Nr. 1 AMG voraus.
Grundlage für die Untersagung arzneilicher Bewerbung in Nr. 2 des Bescheids ist § 69 Abs. 1 Satz 1 AMG i.V.m. § 64 Abs. 3 AMG und § 3a Abs. 1 Heilmittelwerbegesetz. Nach § 64 Abs. 3 Satz 1 AMG hat sich die zuständige Behörde davon zu überzeugen, dass die Vorschriften über Arzneimittel, Wirkstoffe und andere zur Arzneimittelherstellung bestimmte Stoffe, über die Werbung auf dem Gebiete des Heilwesens, des zweiten Abschnitts des Transfusionsgesetzes, der Abschnitte 2, 3 und 3a des Transplantationsgesetzes und über das Apothekenwesen beachtet werden. Nach § 3a HWG ist eine Werbung für Arzneimittel, die der Pflicht zur Zulassung unterliegen und die nicht nach den arzneimittelrechtlichen Vorschriften zugelassen sind oder als zugelassen gelten, unzulässig.
Sowohl die streitgegenständliche Untersagung des Inverkehrbringens als auch die Untersagung der Bewerbung der streitgegenständlichen Produkte setzt also das Vorliegen eines Arzneimittels im Sinn von § 2 Abs. 1 AMG voraus.
Nach § 2 Abs. 1 AMG sind Arzneimittelstoffe oder Zubereitungen aus Stoffen,
1. die zur Anwendung im oder am menschlichen oder tierischen Körper be stimmt sind und als Mittel mit Eigenschaften zur Heilung oder Linderung oder zur Verhütung menschlicher oder tierischer Krankheiten oder krankhafter Beschwerden bestimmt sind oder
2. die im oder am menschlichen oder tierischen Körper angewendet oder ei nem Menschen oder einem Tier verabreicht werden können, um entweder
a) die physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immuno logische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen oder
b) eine medizinische Diagnose zu stellen.
Der Arzneimittelbegriff des § 2 Abs. 1 AMG geht zurück auf die Umsetzung des europarechtlichen Arzneimittelbegriffs aus Art. 1 Nr. 2 der RL 2001/83/EG in der Fassung durch die RL 2004/27/EG und ist damit richtlinienkonform und unter Beachtung der Rechtsprechung des EuGH auszulegen.
2.1 Bei dem streitgegenständlichen Produkt der Antragstellerin handelt es sich nicht um ein Präsentationsarzneimittel im Sinn von § 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG .
Unter den Begriff des Präsentationsarzneimittels fallen Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen, die zur Anwendung im oder am menschlichen Körper und als Mittel mit Eigenschaften zur Heilung oder Linderung oder zur Verhütung menschlicher Krankheiten oder krankhafter Beschwerden bestimmt sind. Ein Erzeugnis erfüllt diese Merkmale, wenn es entweder ausdrücklich als Mittel mit Eigenschaften zur Heilung, Linderung oder Verhütung menschlicher Krankheiten bezeichnet oder empfohlen wird oder wenn sonst bei einem durchschnittlich informierten Verbraucher auch nur schlüssig, aber mit Gewissheit der Eindruck entsteht, dass das Produkt in Anbetracht seiner Aufmachung die betreffenden Eigenschaften haben müsse (BVerwG vom 20.11.2014 Az. 3 C 25/13 – juris, Rn. 14, m.w.N.). Dies ist bei dem vorliegenden Produkt unstreitig nicht gegeben.
2.2 Ob das Produkt die zwischen den Beteiligten streitigen Voraussetzungen eines Funktionsarzneimittels nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 lit. a) AMG erfüllt, kann im summarischen Verfahren nicht abschließend beurteilt werden, sondern bedarf weiterer Sachaufklärung.
Ob ein Erzeugnis unter diese Begriffsbestimmung fällt, bedarf nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts einer Einzelfallprüfung, bei der alle Merkmale des Erzeugnisses zu berücksichtigen sind. Hierbei sind die pharmakologischen Eigenschaften das wesentliche Kriterium, auf dessen Grundlage, ausgehend von den Wirkungsmöglichkeiten des Erzeugnisses, zu beurteilen ist, ob ein Funktionsarzneimittel vorliegt. Kann ein Erzeugnis bei bestimmungsgemäßer Anwendung die physiologischen Funktionen nicht nachweisbar und in nennenswerter Weise durch eine pharmakologische (oder immunologische oder metabolische) Wirkung wiederherstellen, korrigieren oder beeinflussen, kommt eine Einstufung als Funktionsarzneimittel nicht in Betracht. Danach ist die pharmakologische Wirkung zwar ein notwendiges, aber kein hinreichendes Kriterium für die Entscheidung, ob ein Erzeugnis unter die Definition des Arzneimittels fällt (vgl. zuletzt BVerwG, U.v. 17.8.2017 – 3 C 18/15, juris Rn. 12 mit umfangreichen weiteren Nachweisen).
Auch nach ständiger Rechtsprechung des EuGH (z.B. U.v. 15.1.2009 – C 140/07, juris) ist die Entscheidung, ob ein Erzeugnis unter die Definition eines Funktionsarzneimittels fällt, von Fall zu Fall zu treffen. Dabei sind alle Merkmale des Erzeugnisses zu berücksichtigen, insbesondere seine Zusammensetzung, seine pharmakologischen, immunologischen und metabolischen Eigenschaften, die Modalitäten seines Gebrauchs, der Umfang seiner Verbreitung, seine Bekanntheit bei den Verbrauchern und die Risiken seiner Verwendung.
Nicht erfasst vom Begriff des Funktionsarzneimittels sind Stoffe oder Stoffzusammensetzungen, deren Wirkungen sich auf eine schlichte Beeinflussung der physiologischen Funktionen beschränken, ohne dass sie geeignet wären, der Gesundheit unmittelbar oder mittelbar zuträglich zu sein (BVerwG, U.v. 20.11.2014 – 3 C 25/13, juris Rn. 19 m.w.N.). Schließlich genügt es nicht, dass das fragliche Erzeugnis Eigenschaften besitzt, die der Gesundheit im Allgemeinen förderlich sind, oder dass es einen Stoff enthält, der für therapeutische Zwecke verwendet werden kann. Ihm muss vielmehr tatsächlich die Funktion der Heilung, Linderung oder Verhütung von Krankheiten oder krankhaften Beschwerden zukommen. Das Produkt muss objektiv geeignet sein, für therapeutische Zwecke eingesetzt zu werden (BVerwG, U.v. 20.11.2014 – a.a.O., Rn. 19).
Des Weiteren folgt aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes, dass pharmakologische oder metabolische Wirkungen eines Stoffes nur dann die Zuordnung eines Stoffes zu den Arzneimitteln rechtfertigen können, wenn sie nennenswert auf den Stoffwechsel auswirken und somit dessen Funktionsbedingungen wirklich beeinflussen, folglich die Erheblichkeitsschwelle überschreiten. Eingriffe in die Körperfunktionen, die völlig unerheblich sind, können dagegen die Zuordnung zu den Arzneimitteln nicht rechtfertigen (BVerwG, U.v. 16.5.2007 – 3 C 34/06, juris Rn. 29 m.w.N.).
Ein Erzeugnis, dessen Auswirkungen auf die physiologischen Funktionen nicht über die Wirkungen hinausgehen, die ein in angemessener Menge verzehrtes Lebensmittel auf diese Funktionen haben kann, besitzt keine nennenswerten Auswirkungen auf den Stoffwechsel und kann damit nicht als ein Erzeugnis eingestuft werden, das die physiologischen Funktionen wiederherstellen, bessern oder beeinflussen könnte (EuGH U.v. 15.11.2007 – C-319/05, juris Rn. 68).
Die erhebliche Beeinflussung der Funktionsbedingungen des menschlichen Körpers und das Vorliegen erheblicher pharmakologischer Wirkungen müssen durch belastbare wissenschaftliche Erkenntnisse belegt sein (BVerwG, U.v. 25.7.2007 – 3 C 23/06, juris Rn. 22). Die Arzneimitteleigenschaft muss wissenschaftlich nachgewiesen und festgestellt sein (EuGH, U. vom 15.1.2009, a.a.O. Rn. 26-29). Den plausiblen Nachweis einer pharmakologischen Wirkung schuldet der Beklagte, wenn er die Behauptung eines (Funktions-)Arzneimittels aufstellt (BVerwG, U.v. 26.5.2009 – 3 C 5/09, juris Rn. 17).
Mögliche Gesundheitsrisiken sind in die Gesamtbetrachtung anlässlich der Einstufung eines Produkts als Arzneimittel einzustellen. Liegen die Auswirkungen eines Produkts auf die physiologischen Funktionen im Grenzbereich zwischen Nahrungsergänzungsmittel- und Arzneimittel, kommt dem Merkmal der Verwendungsrisiken besonderes Gewicht zu. Eine Einstufung als Arzneimittel ist insoweit nur gerechtfertigt, wenn dies zum Schutze der menschlichen Gesundheit erforderlich ist (Pressemitteilung des BVerwG Nr. 81/2019 v. 8.11.2019).
Gemessen an diesen Vorgaben kann nach derzeitigem Sachstand nicht abschließend beurteilt werden, ob es sich bei dem streitgegenständlichen Präparat der Antragstellerin um ein Funktionsarzneimittel handelt.
2.2.1 Im Ausgangspunkt ist zunächst mit dem Antragsgegner entgegen der Auffassung der Antragstellerin anzunehmen, dass eine – erhebliche – pharmakologische Wirkung des streitgegenständlichen Produkts auf die physiologischen Funktionen durch belastbare wissenschaftliche Erkenntnisse belegt ist.
Das Landeslabor B.-B., auf dessen Erkenntnisse sich der Antragsgegner stützt, hat in seinem Prüfbericht vom 23. Oktober 2018 nachvollziehbar und plausibel unter Angabe von entsprechenden wissenschaftlichen Studien dargelegt, dass der Hauptbestandteil des streitgegenständlichen Produkts, der Zucker D-Mannose, bei Harnwegsinfektionen eine signifikante therapeutische Wirksamkeit hat. Die pharmakologische Wirkungsweise besteht darin, dass D-Mannose durch seine spezifische Struktur an die Rezeptoren der Fimbrien der Escherichiacoli-Bakterien bindet und dadurch deren Anheften an und Eindringen in Urothelzellen der Blase verhindert, wodurch die Bakterien, ohne Schaden anzurichten, mit dem Harn ausgeschwemmt und im Ergebnis Entzündungen der Blase durch E. coli-Bakterien verhindert werden.
Die therapeutische Wirksamkeit, die sich aufgrund dieser pharmakologischen Wirkungsweise ergibt, wurde, so das Landeslabor Berlin-Brandenburg weiter, in vitro und durch Versuche an Ratten mit Bakteriurie nachgewiesen und auch in – allerdings nicht sehr zahlreichen – Studien am Menschen gezeigt. Der Prüfbericht führt insoweit drei wohl unterschiedlich aussagekräftige Studien auf, die jedenfalls im Ergebnis übereinstimmend von einem signifikant geringeren Risiko der mit D-Mannose behandelten Patientinnen für eine Wiedererkrankung an Harnwegsinfekten gegenüber den nicht oder mit Antibiotika behandelten Patientinnen berichten.
Dass diese Studien, worauf der Antragsteller hinweist, jeweils nicht das nachgewiesen beste Studiendesign aufweisen, mag zwar zutreffen, ist aber nicht von Belang, denn belastbare wissenschaftliche Erkenntnisse im Sinne der oben genannten Rechtsprechung sind ihnen gleichwohl zu entnehmen. Dafür, dass diese keineswegs veralteten Studien in Methodik, Darstellung oder Ergebnis wissenschaftlichen Ansprüchen nicht im Ansatz genügen würden und nicht verwertbar wären, bestehen jedenfalls keine Anhaltspunkte.
2.2.2 Auch ist dem Antragsgegner zuzugeben, dass es zu hohe Anforderungen an den Nachweis der pharmakologischen Wirkung eines Produkts stellen hieße, wenn der Nachweis der pharmakologischen Wirkung jeweils für das Produkt in seiner konkreten Zusammensetzung geführt werden müsste. Unstreitig liegen für das streitgegenständliche Produkt in seiner konkreten Zusammensetzung keine wissenschaftlichen Untersuchungen vor. Dies ist aber jedenfalls im vorliegenden Fall nicht Voraussetzung für die Einstufung des Gesamtprodukts als Arzneimittel, da der untersuchte Stoff D-Mannose mit 85,2% neben Cranberry-Extrakt mit 5,1% Hauptbestandteil des Gesamtprodukts ist und eine Beeinflussung seiner pharmakologischen Wirksamkeit durch die anderen im Produkt enthaltenen Bestandteile nach den überzeugenden Ausführungen des Antragsgegners nicht wahrscheinlich ist. Entscheidend für die Verwertbarkeit der vorliegenden Studien ist mithin, dass die in den Studien verwendeten Dosierungen im Bereich der Dosierung liegen, die die Antragstellerin als empfohlene Tagesdosis angegeben hat.
2.2.3 Das streitgegenständliche Erzeugnis hat wohl auch Auswirkungen auf die physiologischen Funktionen, die über die Wirkungen hinausgehen, die ein in angemessener Menge verzehrtes Lebensmittel auf diese Funktionen haben kann. Die Antragstellerin macht ohne Erfolg geltend, dass eine der empfohlene Tagesdosis entsprechende Menge an D-Mannose auch durch den Verzehr einer angemessenen Menge von Lebensmitteln erreicht werden könne. Sie führt insoweit an, dass 2 g D-Mannose beispielsweise schon durch den Verzehr von 150 g Jujube-Früchten aufgenommen werden könnten; ferner seien in 250 g Eiklar oder in zwei Proteinshakes 677,50 mg D-Mannose enthalten, in einem halben Liter Cranberrysaft 505 mg Mannose, in 60 g Litschis 474 mg Mannose. An diesen Beispielen wird aber deutlich, dass schon die empfohlene Tagesdosis von 2 g D-Mannose nicht durch den Verzehr einer dieser Dosis entsprechenden angemessenen Menge von normalen Lebensmitteln erreicht werden kann. Denn der Genuss von beispielsweise 2 Litern Cranberrysaft pro Tag oder drei Proteinshakes täglich stellt offenbar keinen Verzehr dieser Nahrungsmittel in angemessener Menge mehr dar. Erst recht gilt dies für die erhöhte maximale von der Antragstellerin angegebene Tagesdosis von 6 g D-Mannose.
D-Mannose ist demnach zwar ein in natürlichen Lebensmitteln vorkommender Stoff, der aber in Dosen, wie sie in dem streitgegenständlichen Produkt enthalten sind, nicht durch eine angemessene tägliche Ernährung aufgenommen werden kann.
2.2.4 Der Antragsgegner hat aber bisher nicht in ausreichender Weise die Verwendungsrisiken des streitgegenständlichen Produkts untersucht bzw. dargelegt, dass und inwiefern solche möglicherweise bestehen könnten. Liegen die Auswirkungen eines Produkts auf die physiologischen Funktionen im Grenzbereich zwischen Nahrungsergänzungsmittel- und Arzneimittel, kommt dem Merkmal der Verwendungsrisiken bei der im Rahmen der behördlichen Entscheidung über die Einstufung als Arzneimittel vorzunehmenden Gesamtbetrachtung besonderes Gewicht zu (Pressemitteilung des Bundesverwaltungsgerichts zur Entscheidung im Verfahren 3 C 19.18). Eine Einstufung als Arzneimittel ist demnach insoweit nur gerechtfertigt, wenn dies zum Schutze der menschlichen Gesundheit erforderlich ist.
Dies steht im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Europäischen Gerichtshofs. Hiernach sind neben dem Hauptkriterium der pharmakologischen Wirksamkeit die vom europäischen Gerichtshof entwickelten weiteren Kriterien der Modalitäten des Gebrauchs eines Produktes, des Umfangs seiner Verbreitung, der Bekanntheit bei den Verbrauchern und der Verwendungsrisiken von Relevanz und sind ergänzend, „gleichsam als Korrektiv“, heranzuziehen, wenn eine pharmakologische Wirkung positiv festgestellt worden ist (BVerwG v. 26.5.2009 – a.a.O., juris Rn. 18 unter Hinweis auf das Urteil des EuGH vom 15.1.2009, a.a.O.). Das Vorliegen von Gesundheitsrisiken allein spricht nach dieser Rechtsprechung weder zwingend für noch zwingend gegen die Einstufung eines Produkts als Arzneimittel.
Das erkennende Gericht geht aber davon aus, dass dem Kriterium der Verwendungsrisiken eines Produkts unter den oben genannten Kriterien besonderes Gewicht zukommt, da Zweck des Arzneimittelrechts insbesondere der wirksame Schutz der öffentlichen Gesundheit ist (vgl. § 1 AMG , Erwägungsgrund 2 der RL 2001/83/EG), woraus sich ergibt, dass die Frage, ob und inwieweit von einem Produkt ein Risiko bei der Verwendung für den Verbraucher ausgehen kann, für die Einstufung als Arzneimittel nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft jedenfalls zu untersuchen und soweit wie möglich aufzuklären ist.
Die Aussagen des Bundesverwaltungsgerichts sind auch im vorliegenden Fall einschlägig, weil die Auswirkungen der hier streitgegenständlichen Substanz DMannose auf die physiologischen Funktionen im Grenzbereich zwischen Nahrungsergänzungs- und Arzneimittel liegen, weil und insofern D-Mannose als natürlicher körpereigener Stoff einerseits neben der pharmakologischen Wirksamkeit bei rezidivierender Zystitis auch sonst eine wichtige Rolle im Stoffwechsel des Körpers (bei der Glykolisierung von bestimmten Proteinen) spielt und andererseits die Bindung von uropathogenen E.- coli-Bakterien im Normalfall bei gesunden Menschen durch andere körpereigene Stoffe gewährleistet wird (vgl. Gutachten des Landeslabors Berlin-Brandenburg vom 23.10.2018, S. 9).
Aussagen zu den Verwendungsrisiken hat der Antragsgegner bisher nur spärlich getroffen. Der Antragsgegner zitiert aus dem Prüfbericht des Landeslabors B.B., dass auch hohe Dosen von D-Mannose nicht mit schädlichen Wirkungen auf den menschlichen Stoffwechsel verbunden seien, was wiederum aus einer Pilotstudie von Domenici et al. aus dem Jahr 2016 zitiert ist. Aus dem vom Antragsteller zitierten Gutachten von Frau Dr. S* … vom 13. November 2019 ergibt sich, dass ein Teil der vorliegenden wissenschaftlichen Studien bezüglich D-Mannose keine Nebenwirkungen dieses Stoffes feststellen, ein anderer Teil unerwünschte Nebenwirkungen in Form von leichten gastrointestinalen Unverträglichkeiten (Durchfall etc.). Daraus folgert der Antragsgegner selbst, dass es offensichtlich nach derzeitigem Wissensstand nicht abschließend geklärt sei, ob und welche Gesundheitsgefahren von D-Mannose ausgehen. Dass, wie er weiter ausführt, eine vollständige Klärung für die Frage, ob die Arzneimitteleigenschaft eines Produkts vorliege, nicht erforderlich sei, sondern dies nicht einmal im Zulassungsverfahren geklärt werden müsse, mag zwar zutreffen. Dies ändert aber nichts daran, dass eine Prüfung des Verwendungsrisikos des streitgegenständlichen Produkts und eine sich daran anschließende Prüfung der (Rechts) Frage, ob eine Einstufung des Produkts als Arzneimittel zum Schutz der menschlichen Gesundheit in concreto erforderlich ist, vorliegend noch nicht stattgefunden hat.
Da somit (noch) nicht nachgewiesen ist, dass es sich bei dem streitgegenständlichen Produkt um ein Arzneimittel handelt, dies nach derzeitigem Kenntnisstand aber auch nicht ausgeschlossen werden kann, sondern nach dem soeben Gesagten weiterer Aufklärung der Gesundheits- und Verwendungsrisiken des Produkts bedarf, ist eine abschließende Beurteilung der Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheids im vorliegenden summarischen Verfahren nicht möglich.
Eine demnach vorzunehmende Abwägung des Suspensivinteresses der Antragstellerin mit dem Vollziehungsinteresse des Antragsgegners ergibt auch unter Berücksichtigung ihrer Grundrechtsposition aus Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz ein Überwiegen des Interesses der Antragstellerin an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage, da nach derzeitigem Kenntnisstand nennenswerte konkrete gesundheitliche Risiken in Bezug auf die Einnahme von D-Mannose in der mit dem streitgegenständlichen Produkt verabreichten Dosis nicht ersichtlich sind. Das generell mit dem Inverkehrbringen eines nicht zugelassenen Arzneimittels verbundene gesundheitliche Risiko, worauf der Antragsgegner abstellt, reicht in Anbetracht der bisher allenfalls konkret bekannten leichten gastrointestinalen Unverträglichkeiten jedenfalls nicht aus, den angeordneten Sofortvollzug materiell zu tragen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nummer 2, 52 Abs. 1 GKG.

Jetzt teilen:

Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen

IT- und Medienrecht

Abtretung, Mietobjekt, Vertragsschluss, Kaufpreis, Beendigung, Vermieter, Zeitpunkt, Frist, Glaubhaftmachung, betrug, Auskunftsanspruch, Vertragsurkunde, Auskunft, Anlage, Sinn und Zweck, Vorwegnahme der Hauptsache, kein Anspruch
Mehr lesen