Aktenzeichen B 7 K 17.741
LFGB § 39 Abs. 2
VwZVG Art. 29 Abs. 2 Nr. 1, Art. 31, Art. 36
HCVO Art. 10 Abs. 3 der, Art. 13 Abs. 1c
VwGO § 117 Abs. 3 S. 2, § 155, § 167
Leitsatz
Das Inverkehrbringen einer Grün-Schwarztee-Melange unter der Auslobung “Fit & Schlank” kann untersagt werden, wenn nicht klargestellt wird, dass sich diese gesundheitsbezogene Aussage nur auf den Inhaltsstoff Yerba Mate bezieht, dessen schlankheitsfördernde Wirkung wissenschaftlich belegt ist. Denn sonst entsteht bei dem Verbraucher der irreführende Eindruck, dass die schlankheitsfördernde Wirkung des Tees auf seiner spezielle Zusammensetzung beruht, was wissenschaftlich nicht belegt ist. (Rn. 48) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
1. Das Verfahren wird eingestellt, soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben.
2. Von den Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin 5/6 und der Beklagte 1/6.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch die Klägerin durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
A. In der mündlichen Verhandlung am 19.06.2019 hat der Vertreter des Beklagten den streitgegenständlichen Bescheid vom 17.08.2017 dahingehend abgeändert, dass Ziffer 2 des Bescheids des Landratsamts … (Zwangsgeldandrohung) aufgehoben wurde. Daraufhin wurde der Rechtsstreit im Hinblick auf diese Ziffer übereinstimmend für erledigt erklärt. Das Verfahren ist insoweit entsprechend § 92 Abs. 3 VwGO einzustellen.
B. Die Klage bleibt ohne Erfolg, da die allein streitgegenständlichen Ziffern 1, 3 und 4 des Bescheids vom 17.08.2017 rechtmäßig sind und die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzen (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
I. Ziffer 1 des Bescheids ist rechtmäßig und die Klage insofern unbegründet, da das Inverkehrbringen des Tees unter der bestehenden Auslobung „Fit und Schlank“ mangels Einhaltung der Anforderungen des LFGB einen Verstoß im Sinne des Art. 2 Satz 2 Nr. 10 VO (EG) 882/2004 darstellt. Die Voraussetzungen des § 39 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Satz 2 Ziffer 3 LFGB sowie Art. 54 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 lit. b) der VO (EG) 882/2004 (Lebensmittelüberwachungs-VO), nach denen das Inverkehrbringen eines Erzeugnisses verboten werden kann, liegen vor.
1. Die Klägerin ist Lebensmittelunternehmerin im Sinn des Art. 3 Nr. 3 der VO (EG) 178/2002 (Lebensmittel-Basis-VO). Die dem Bescheid vom 17.08.2017 zugrunde liegende Grün-Schwarztee-Melange stellt gemäß § 2 Abs. 2 LFGB i.V.m. Art. 2 VO (EG) 178/2002 ein Lebensmittel dar, da sie dazu bestimmt ist, mit Wasser überbrüht und anschließend vom Menschen „aufgenommen“ bzw. konsumiert zu werden.
2. Die Bezeichnung des Tees mit den Worten „Fit & Schlank“ ist eine gesundheitsbezogene Angabe gemäß Art. 2 Abs. 2 Nr. 5 HCVO.
a) Erfasst wird hiervon jeder Zusammenhang zwischen einem Lebensmittel und der Gesundheit, der zumindest die Erhaltung eines guten Gesundheitszustandes impliziert (EuGH, U.v. 6.9.2012 – Deutsches Weintor, C-544/10 – juris). Es ist bereits ausreichend, wenn mit der Angabe erklärt, suggeriert oder mittelbar zum Ausdruck gebracht wird, dass ein Zusammenhang zwischen einer Lebensmittelkategorie, einem Lebensmittel oder einem seiner Bestandteile einerseits und der Gesundheit andererseits besteht. Der Begriff des „Zusammenhangs“ ist weit zu verstehen, sodass es bereits ausreicht, dass negative oder schädliche Gesundheitsauswirkungen, die in anderen Fällen mit einem Verzehr des Lebensmittels einhergehen, fehlen oder geringer ausfallen, oder ein guter Gesundheitszustand bloß erhalten wird. Hierbei ist auf das Verständnis eines normal informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher abzustellen (BGH, U.v. 26.2.2014 – I ZR 178/12 – juris). Bei der Ermittlung ihres Sinngehalts dürfen einzelne Aussagen oder Wörter nicht für sich genommen betrachtet werden, sondern müssen im konkreten Zusammenhang ihrer Verwendung beurteilt werden (BGH, U.v. 17.5.2018 – I ZR 252/16 – juris), wobei die Gesamtaufmachung des Produkts sowie typische Vorkenntnisse und Erwartungen des Verbrauchers zu berücksichtigen sein können (BGH, U.v. 10.12.2015 – I ZR 222/13 – juris). Nicht erforderlich ist die ausdrückliche Behauptung einer Auswirkung auf den Gesundheitszustand – es reicht bereits aus, dass eine Angabe bei dem angesprochenen Verkehr einen solchen Eindruck hervorrufen kann (EuGH, U.v. 18.7.2013 – C-299/12 Green-Swan Pharmaceuticals – juris). Es ist des Weiteren ohne Belang, ob es sich lediglich um allgemeine, nichtspezifische Vorteile des Lebensmittels für die Gesundheit im Allgemeinen im Sinne des Art. 10 Abs. 3 HCVO, oder um solche im Sinn des Art. 10 Abs. 1 HCVO handelt (EuGH, U.v. 6.9.2012 – Deutsches Weintor, C-544/10- juris; BGH, U.v. 10.12.2015 – I ZR 222/13 – juris).
Unter Anwendung der dargestellten Grundsätze handelt es sich bei der Bezeichnung „Fit & Schlank“ um eine gesundheitsbezogene Angabe und gerade nicht nur um eine Produktbezeichnung bzw. zwei positiv besetzte Schlagworte. Sie ist geeignet beim angesprochenen Verkehr den Eindruck zu erwecken, der Tee unterstütze den Konsumenten dabei, seinen Körper in einen schlanken bzw. fitten Zustand zu versetzen bzw. in einem solchen Zustand zu erhalten. Der gesundheitliche Bezug wird durch die Gesamtumstände nahegelegt. Die gewählten Adjektive dienen – zumindest auch – der Beschreibung des Körpers von Menschen, nicht hingegen der Beschreibung von Getränken.
b) Darüber hinaus wird der Gesundheitsbezug auch kraft Zuordnung durch Art. 13 Abs. 1 lit. c) HCVO hergestellt. Der zu den Vorschriften für gesundheitsbezogene Angaben in Kapitel IV gehörende Art. 13 Abs. 1 lit. c) HCVO erfasst gerade auch Angaben zu schlankmachenden oder gewichtskontrollierenden Eigenschaften der Lebensmittel sowie zur Verringerung des Hungergefühls oder zu einem verstärkten Sättigungsgefühl. Das gilt aufgrund des mit Art. 13 Abs. 1 lit. c) HCVO ausgedrückten gesetzgeberischen Willens sogar auch dann, wenn solche Angaben keinen Zusammenhang mit der Gesundheit enthalten. Dass bei fehlendem Gesundheitsbezug die Zuordnung dieser Angaben zu der Definition gesundheitsbezogener Angaben des Art. 2 Abs. 2 Nr. 5 HCVO widersprüchlich erscheinen mag, kann im Hinblick darauf, dass sich der Gesetzgeber der Gemeinschaft nicht zwingend an seine eigenen Definitionen hält, keine Bedeutung haben. Maßgebend ist, dass diese Angaben durch die Aufnahme in die Regelungen des Art. 13 HCVO den Vorschriften für gesundheitsbezogene Angaben unterliegen (vgl. Rathke/Hahn in Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, Stand November 2018, Art. 2 HCVO Rn. 47).
3. Das Inverkehrbringen der Grün-Schwarztee-Melange unter der Auslobung „Fit & Schlank“ verstößt gegen Art. 3 Unterabs. 1 i.V.m. Art. 10 Abs. 3 HCVO.
a) Bei der Bezeichnung „Fit & Schlank“ handelt es sich um einen allgemeinen, nichtspezifischen Vorteil eines Lebensmittels für die Gesundheit im Allgemeinen im Sinne des Art. 10 Abs. 3 HCVO. Die Voraussetzungen für die Annahme einer spezifischen Gesundheitsangabe im Sinne des Art. 10 Abs. 1 HCVO sind dagegen nicht gegeben. Hierfür müsste neben der wissenschaftlichen Überprüfbarkeit der Aussage ein unmittelbarer Wirkungszusammenhang zwischen einem Bestandteil des beworbenen Lebensmittels und einer Funktion des menschlichen Organismus bestehen (BGH, U.v. 10.12.2015 – I ZR 222/13 – juris). Mangels Bezugnahme auf eine konkrete Körperfunktion bzw. auf ein konkretes Körperorgan, auf die sich der Konsum des Tees auswirken sollte, ist Art. 10 Abs. 1 HCVO im zugrunde liegenden Verfahren nicht einschlägig.
b) Solche, dem Art. 10 Abs. 3 HCVO unterfallende, nichtspezifische gesundheitsbezogene Angaben sind grundsätzlich nur zulässig, wenn ihnen eine in einer der Listen nach Art. 13 HCVO enthaltene spezielle gesundheitsbezogene Angabe beigefügt ist. Dies spiegelt auch Erwägungsgrund (22) der HCVO wider, nach dem gesundheitsbezogene Angaben für die Verwendung in der Gemeinschaft nur nach einer wissenschaftlichen Bewertung auf höchstem Niveau zugelassen werden sollten. Damit eine einheitliche wissenschaftliche Bewertung dieser Angaben gewährleistet ist, sollte die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit solche Bewertungen vornehmen.
Im streitgegenständlichen Tee befinden sich die Inhaltsstoffe Schwarzer Tee, Grüner Tee, Aroma, Mate grün, Brennnesselblätter, Mannastücke, Sonnenblumenblüten, Rote Johannisbeeren, Vitamin C, Guaranasamen und Schlehdornblüten. Keiner dieser Inhaltsstoffe steht mit einem Hinweis auf schlankheitsfördernde bzw. fitmachende Wirkung auf der Gemeinschaftsliste im Sinn des Art. 13 Abs. 3 HCVO.
aa) Allerdings ist zu beachten, dass es sich bei den Inhaltsstoffen um sogenannte „Botanicals“, also pflanzliche Stoffe, denen eine funktionelle Wirkung zugesprochen wird (Meisterernst, Möglichkeiten der Vermarktung von Botanicals aus Sicht des Lebensmittelrechts, GRUR 2018, 482), handelt. Zwar sind bereits detaillierte, wenn auch nicht abschließende Listen erstellt (z.B. VO (EU) 432/2012 – Lebensmittel-Gesundheitsangaben-VO). Diese beschäftigen sich jedoch nicht mit den „Botanicals“, wie auch anhand des Erwägungsgrundes (10) der VO (EU) 432/2012 deutlich wird. Letztere müssen von der Behörde erst noch wissenschaftlich bewertet werden, weshalb sich „claims“ derzeit „on-hold“ befinden, da die Kommission diese zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht abschließend bewerten kann. Solange die Listen im Hinblick auf „Botanicals“ noch nicht erstellt sind, kann Art. 10 Abs. 3 HCVO nicht vollzogen werden, das Koppelungsgebot muss also unangewendet bleiben (BGH, U.v. 17.1.2013 – I ZR 5/12 – juris; BGH, U.v. 12.3.2015 – I ZR 29/13 – juris).
bb) Gemäß Erwägungsgrund (11) der VO (EU) 432/2012 dürfen daher Angaben, deren Bewertung durch die Behörde oder deren Prüfung durch die Kommission noch nicht abgeschlossen ist, gemäß den Übergangsvorschriften Art. 28 Abs. 5 und 6 HCVO weiterverwendet werden. Zudem müssen die allgemeinen Anforderungen des Kap. II, insbesondere auch Art. 5 Abs. 1 lit. a) HCVO erfüllt, also die positive Wirkung der Botanicals wissenschaftlich belegt sein. Die in Kapitel II der HCVO aufgestellten allgemeinen Anforderungen gelten nämlich unabhängig von dem in Art. 10 Abs. 1 HCVO geregelten Verbot und sind damit auch für Angaben im Sinne von Art. 10 Abs. 3 HCVO zu beachten (BGH, B.v. 12.3.2015 – I ZR 29/13 – juris).
Da die Bezeichnung „Fit & Schlank“ unter Art. 13 Abs. 1 lit. c) HCVO fällt, ist die Übergangsvorschrift Art. 28 Abs. 6 HCVO einschlägig. Allerdings liegen deren Voraussetzungen nicht vor, da die Bezeichnung „Fit & Schlank“ auch vor Erlass der HCVO unter Beachtung der nationalen Rechtsvorschriften nicht hätte verwendet werden dürfen.
(1) Vor Erlass der HCVO bzw. bis 12.07.2017 – dem Datum des Außerkrafttretens der NKV – war in Deutschland gemäß § 6 Abs. 1 NKV verboten, im Verkehr mit Lebensmitteln oder in der Werbung für Lebensmittel Bezeichnungen, Angaben oder Aufmachungen zu verwenden, die darauf hindeuten, dass ein Lebensmittel schlankmachende, schlankheitsfördernde oder gewichtsverringernde Eigenschaften besitzt.
(2) Allerdings wurde § 6 NKV zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt vor Inkrafttreten der HCVO (vgl. Art. 28 Abs. 6 HCVO) als europarechtswidrig eingestuft und war demzufolge teleologisch zu reduzieren. Da Art. 2 Abs. 1a der RL 2000/13/EG (Lebensmitteletikettierungs-RL) ein konkretes Irreführungsverbot bezüglich Etikettierung und Aufmachung des Produkts und bezüglich einer Werbung im Hinblick auf die Warenverkehrsfreiheit nach Art. 28, 30 EG enthält, war § 6 NKV im Wege einer teleologischen Reduktion dahingehend einzuschränken, dass eine konkrete Gefahr einer Irreführung bestehen muss (EuGH, U.v. 15.7.2004 – C-239/02 – juris; KG Berlin, B.v. 20.5.2005 – 5 U 172/04 – juris; *OLG Frankfurt a.M., U.v. 16.4.2009 – 6 U 238/08 – juris). Eine Irreführung ist in derartigen Fällen grundsätzlich zu verneinen, wenn ein Erzeugnis tatsächlich und wissenschaftlich nachweisbar zum Schlankwerden beitragen kann. Wie das Landeslabors … mit Stellungnahme vom 02.02.2017 ausführt, existierten als Beleg für die Verwendbarkeit der Auslobung „Fit & Schlank“ nur in Bezug auf die Zutat Yerba Mate ausreichend wissenschaftliche Belege im Sinn des Art. 5 Abs. 1 lit. a) HCVO. Dies trifft jedoch jedenfalls nicht auf die übrigen Inhaltsstoffe des Tees zu.
Ein zudem in der Folge auf dem Produkt darzustellender Schlankheitsbezug liegt nur bei einer unmittelbaren Hervorhebung der schlankmachenden, schlankheitsfördernden oder gewichtsverringernden Eigenschaften des beworbenen Lebensmittels in Wort und Bild vor (Meyer/Reinhardt, Das neue Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch – eine Mogelpackung, WRP 2005, 1437, 1453). Auf die Substanz, die diese Wirkung erzielen soll, nämlich Mate, hätte damit konkret hingewiesen bzw. Bezug genommen werden müssen. Andernfalls könnten die Verbraucher zu dem Schluss kommen, dass die ausgelobte Wirkung durch die spezielle Zusammensetzung des Erzeugnisses hervorgerufen werde. Dies würde dem Erzeugnis unter Umständen ein Alleinstellungsmerkmal verleihen, das objektiv nicht begründbar wäre. Gesundheitsbezogene Angaben dürfen nur für den jeweiligen Nährstoff, die Substanz oder das Lebensmittel gemacht werden, für die sie zugelassen sind, nicht jedoch für das Lebensmittelprodukt, das diese enthält (OLG Bamberg, U.v. 12.2.2014 – 3 U 192/13 – juris). Da die Bezeichnung „Fit & Schlank“ dem Tee insgesamt eine schlankheitsfördernde Wirkung beimisst, obwohl jedenfalls für die übrigen Inhaltsstoffe diese Wirkung gerade nicht wissenschaftlich nachgewiesen ist, ist diese konkret irreführend. Offen bleiben kann im vorliegenden Verfahren, ob für eine schlankmachende Wirkung der Zutat Yerba Mate ausreichende wissenschaftliche Erkenntnisse vorliegen. Bei der konkret verwendeten Auslobung liegt nahe, dass die Verbraucher annehmen könnten, dass jeder einzelne Inhaltsstoff oder das Zusammenspiel der Inhaltsstoffe schlank bzw. fit machen würde. Die von der Klägerin angeführten italienischen Positivlisten erfüllen nicht die Anforderungen an wissenschaftliche Erkenntnisse und sind in diesem Verfahren ohne Belang. Darüber hinaus befindet sich auf dem Etikett auch keine Verzehrempfehlung, sodass der Verbraucher im Unklaren darüber gelassen wird, welche Menge des Tees er konsumieren müsste, um die gewünschte Wirkung zu erzielen.
Unter diesen Umständen kann sich die Klägerin auch unter dem Gesichtspunkt einer gebotenen einschränkenden Auslegung des § 6 Abs. 1 Satz 1 NKV nicht darauf berufen, sie dürfe mit einer schlankheitsfördernden Wirkung des Tees werben. Da die Bezeichnung „Fit & Schlank“ konkret irreführend ist, greift das Verbot des § 6 Abs. 1 NKV – trotz vorgenommener teleologischer Reduktion – in diesem Fall durch. Somit hätten die nationalen Rechtsvorschriften in der Folge vor Inkrafttreten der HCVO nicht zu einer Zulässigkeit des Inverkehrbringens des streitgegenständlichen Tees mit der konkreten Auslobung geführt, sodass die Anwendung des Art. 28 Abs. 6 HCVO nun auch nicht das Inverkehrbringens des streitgegenständlichen Tees legitimiert.
4. Der Bescheid ist in Bezug auf das Untersagen des Inverkehrbringens des Produkts mit der bestehenden Auslobung „Fit & Schlank“ auch verhältnismäßig und ermessensgerecht. Es handelt sich hierbei um einen Dauerverwaltungsakt, sodass für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung abgestellt wird. Gemäߧ 39 Abs. 2 LFGB treffen die Behörden die notwendigen Anordnungen, die zur Beseitigung festgestellter Verstöße erforderlich sind. Unabhängig von der Frage, ob zumindest dem Inhaltsstoff Yerba Mate – in welcher Konzentration auch immer – tatsächlich eine schlankheitsfördernde Wirkung zukommt, wäre die Bezeichnung des Tees als „Fit & Schlank“ in diesem Fall nur dann zulässig, wenn dem Tee der Zusatz beigefügt wäre, dass sich die schlankmachende Wirkung auf die Substanz Yerba Mate bezieht. Es ist belanglos, dass die Klägerin diesen Vorschlag der Behörde im Verwaltungsverfahren noch abgelehnt hat. Das Landratsamt … durfte den Bescheid dennoch mit dem streitgegenständlichen Inhalt erlassen. Dieser stellt nämlich keine generelle Untersagungsverfügung hinsichtlich der Teemischung dar, sondern verbietet ausweislich des Wortlauts in Ziffer 1) allein das Inverkehrbringen unter der bestehenden Auslobung „Fit & Schlank“. Ein milderes Mittel ist nicht ersichtlich, da die Behörde nicht die konkrete Auslobung vorgeben muss, sondern diese zur Disposition der Klägerin – natürlich innerhalb der gesetzlichen Grenzen – steht.
Zudem führt auch die Tatsache, dass die Untersagung des Inverkehrbringens ausweislich Ziffer 1) „ab sofort“ gilt, nicht zur Unverhältnismäßigkeit der Grundverfügung. Zum einen wurde die sofortige Vollziehbarkeit des Bescheids schon gar nicht angeordnet. Zum anderen ist die Angabe „ab sofort“ dahingehend auszulegen, dass diese nicht den Grundverwaltungsakt, sondern allein die Zwangsgeldandrohung betrifft, also eine Vollstreckungsfrist darstellt. Diese wurde fehlerhaft in der Grundverfügung verortet und hat sich durch die Erledigung der Ziffer 2) miterledigt.
Darüber hinaus finden sich im Bescheid auch ausreichend Ermessenserwägungen. Es wird ausgeführt, dass die Maßnahme die Klägerin weniger belaste als ein komplettes Verbot, das Produkt in den Verkehr zu bringen. Es erfolge lediglich ein Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit, der nicht mit schwerwiegenden wirtschaftlichen Verlusten verbunden sei und durch die Entfernung des Zusatzes „Schlank“ oder einen klarstellenden Hinweis bezüglich der Zutat Yerba Mate unter vertretbarem Aufwand „geheilt“ werden könne.
5. Der Bescheid ist des Weiteren hinreichend bestimmt, da aus diesem eindeutig hervorgeht, welches Label Streitgegenstand des Verfahrens ist. Dieses wurde der Klägerin als Anlage zum behördlichen Schreiben vom 14.10.2016 (Bl. 10 der Behördenakte) mitübersandt und auf dieses wurde in den Gründen des Bescheids vom 17.08.2017 Bezug genommen. Andere Labels waren nie Gegenstand des Verfahrens, sodass für alle Beteiligten von Anfang an klar war, welches Label streitgegenständlich und demzufolge mit dem entsprechenden Inhalt unzulässig ist.
Auch die Einschränkung, dass die Teemischung mit dem streitgegenständlichen Label unter der bestehenden Auslobung „Fit & Schlank“ nicht in den Verkehr gebracht werden darf, wird in den Gründen des Bescheids näher erläutert. Die Untersagung erfolgte deshalb, da dem Auslobungstext nicht entnommen werden könne, auf welche Zutat oder welche in einer Zutat enthaltene Substanz sich die Angabe beziehe. Es werde für notwendig gehalten, entweder für alle weiteren der vorhandenen Zutaten wissenschaftliche Belege über die Wirksamkeit beizubringen, oder es für den Verbraucher klar ersichtlich zu machen, dass die Wirkung durch die Zutat Yerba Mate erzielt werde. Für die Klägerin wird also klar ersichtlich, auf welche konkrete Gestaltung des Labels der Teemischung mit der dort aufgedruckten Auslobung sich die Verbotsverfügung bezieht.
II. Gegen die Kostenentscheidung des Bescheids sind Bedenken weder vorgetragen noch seitens des Gerichts ersichtlich.
C. In Rahmen der vorzunehmenden einheitlichen Kostenentscheidung hat die Klägerin 5/6 und der Beklagte 1/6 der Verfahrenskosten zu tragen (§ 155 Abs. 1 VwGO). Soweit das Verfahren in der mündlichen Verhandlung übereinstimmend für erledigt erklärt worden ist, war gemäß § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO zu berücksichtigten, dass die Klage diesbezüglich anfänglich begründet erschien. Da ein Zwangsgeld für jeden Fall der Zuwiderhandlung angedroht war, war die Zwangsgeldandrohung zu unbestimmt und verstieß gegen Art. 36 Abs. 6 Satz 2 Bayerisches Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetz (VwZVG). Zudem fehlte es – mangels sofortiger Vollziehbarkeit des Bescheids – an einer allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzung, Art. 19 Abs. 1 VwZVG. Soweit eine streitige Entscheidung ergangen ist, ist zu berücksichtigen, dass die Klägerin insoweit unterlegen ist (vgl. § 154 VwGO).
D. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 i.V.m. § 711 i.V.m. § 713 ZPO.