Aktenzeichen Au 7 S 17.50041
Leitsatz
1. Italien verfügt über ein im Wesentlichen ordnungsgemäßes, richtlinienkonformes Asyl- und Aufnahmeverfahren, das trotz einzelner Mängel prinzipiell funktionsfähig ist und dabei insbesondere sicherstellt, dass rücküberstellte Asylbewerber im Normalfall nicht mit schwerwiegenden Verstößen und Rechtsbeeinträchtigungen rechnen müssen. Auch die Lage der Personen, denen dort ein internationaler Schutzstatus zuerkannt wurde, begründet keine systemischen Mängel. (Rn. 40 und 48) (redaktioneller Leitsatz)
2. Es besteht kein subjektives Recht auf Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO durch die Bundesrepublik Deutschland. (Rn. 49) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung von Frau Rechtsanwältin … wird für dieses Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes sowie für das Klageverfahren (Az.: Au 7 K 17.50040) abgelehnt.
II. Der Antrag nach § 80 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung wird abgelehnt
III. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Gründe
I.
Der Antragsteller begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen seine Abschiebung nach Italien.
1. Der im Jahr 1992 geborene Antragsteller, ein nigerianischer Staatsangehöriger, Volkszugehörigkeit Esan, christlicher Religionszugehörigkeit, ledig und kinderlos, wurde am 9. August 2015 bei der Regierung von, Aufnahmeeinrichtung für Asylbewerber, registriert (s. Aufnahmeschein, „White Paper“, Bundesamtsakte Bl. 57). Am 14. August 2015 wurde ihm von dieser Behörde die „Bescheinigung über die Meldung als Asylsuchender“ ausgestellt. (Bundesamtsakte Bl. 53).
Am 22. August 2016 stellte der Antragsteller beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (nachfolgend: Bundesamt) einen Asylantrag.
Am 12. September 2016 wurde der Antragsteller beim Bundesamt gemäß § 25 Asylgesetz (AsylG) persönlich angehört. Der Antragsteller gab u.a. an, seine letzte offizielle Adresse in Nigeria sei in, Stadt, Dorf, gewesen. Von dort sei er ausgereist. Er habe Nigeria am 21. März 2014 verlassen. Er sei zuerst nach Libyen, wo er sich ca. einen Monat aufgehalten habe, und dann weiter nach Italien gereist, wo er sich ca. ein Jahr aufgehalten habe. Er habe in Italien einen Asylantrag gestellt, der abgelehnt worden sei. Er habe einen Monat Zeit gehabt, dagegen Widerspruch einzulegen, was er auch gemacht habe. Er habe nicht gewollt, dass man ihn nach Nigeria zurückschicke. Innerhalb dieses Monats habe er am Bahnhof … um Geld gebettelt, um weiter reisen zu können. Was aus seinem Widerspruch geworden sei, wisse er nicht, da er dann bereits nach Deutschland weitergereist sei. Er habe niemals in Italien bleiben wollen, sondern habe schon immer nach Deutschland gewollt. In Italien habe er dieselben Gründe angeführt, die er hier in Deutschland für seinen Asylantrag nennen wolle. Was die Reise ab Nigeria gekostet habe, könne er nicht genau sagen, da ihm ein Mann namens Mr. … geholfen und die Reise bis nach Italien bezahlt habe. Mr. … habe er getroffen, nachdem ihn ein Freund, der nicht in seine Geschichte verwickelt werden wollte, rausgeschmissen habe. Als er damals auf der Straße gestanden sei und geweint habe, habe er Mr. … und zwei Männer getroffen. Mr. … habe gemeint, er habe auch schon einmal Schwierigkeiten gehabt und er, der Antragsteller brauche keine Angst zu haben, er wolle ihm helfen. Er habe in Nigeria weder einen Pass noch einen Personalausweis besessen, könne aber eine Kopie seiner Geburtsurkunde vorlegen, die er hier in Deutschland bei sich habe.
In der Folgezeit legte der Antragsteller ein Dokument „Certificate of Indentification/Origin“ vor, ausgestellt von „… Local Government Area“ unter dem Datum 20. Oktober 2014 (Bundesamtsakte Bl.39).
Aufgrund eines EURODAC-Treffers der Kategorie 1 für Italien, abgefragt am 22. August 2016, stellte das Bundesamt unter dem 10. Oktober 2016 ein Wiederaufnahmegesuch an Italien. Die italienischen Behörden haben auf dieses Ersuchen nicht reagiert.
Über seinen Bevollmächtigten wurde der Antragsteller mit Schreiben des Bundesamts vom 15. November 2016, zugestellt am 17. November 2016, zur Dublin-Zweitbefragung geladen. Der Antragsteller ist zu diesem Termin unentschuldigt nicht erschienen.
2. Mit Bescheid vom 20. Februar 2017 lehnte das Bundesamt den Asylantrag als unzulässig ab (Nr. 1.) und stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes nicht vorliegen (Nr. 2.). Die Abschiebung nach Italien wurde angeordnet (Nr. 3). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot wurde auf 6 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Nr. 4).
Der Bescheid wurde am 21. Februar 2017 zur Post gegeben.
3. Der Antragsteller ließ am 2. März 2017 Klage erheben und beantragen, den Bescheid des Bundesamtes vom 20. Februar 2017 aufzuheben sowie die Beklagte zu verpflichten, bezüglich des Klägers ein Asylverfahren durchzuführen und den Asylantrag materiell rechtlich zu verbescheiden. Die Klage wird unter dem Aktenzeichen Au 7 K 17.50040 geführt; über die Klage ist noch nicht entschieden.
Gleichzeitig wurde (sinngemäß) beantragt,
die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die mit Bescheid des Bundesamts verbundene Abschiebungsanordnung sowie das Einreise- und Aufenthaltsverbot anzuordnen.
Zudem wurde beantragt,
dem Antragsteller Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seiner Bevollmächtigten zu bewilligen.
Zur Begründung der Klage und des Antrags auf vorläufigen Rechtsschutz wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Antragsteller habe bereits mit der Einreise in die Bundesrepublik Deutschland einen Asylantrag gestellt und werde bereits seit August 2015 als Asylsuchender geführt. Der Asylantrag des Antragstellers datiere daher bereits vom August 2015, so dass die im Bescheid erwähnten Fristen nach der Dublin III-VO nicht eingehalten worden seien und die Beklagte damit für das Asylverfahren des Antragstellers zuständig sei.
Es bestünden auch Abschiebungshindernisse in Form von gesundheitlichen Gründen. Der Antragsteller leide unter einem massiven posttraumatischen Belastungssyndrom und sei akut suizidgefährdet. Diesbezüglich sei der Antragsteller bereits für einige Zeit im Bezirkskrankenhaus … aufgrund richterlicher Unterbringung in Behandlung gewesen. Im Laufe des Jahres 2016 habe sich der gesundheitliche Zustand des Antragstellers auch wieder erheblich verschlechtert, insbesondere nach Erhalt der Einladung für das Gespräch im Dublin-Verfahren vom 15. November 2016. Hierzu wurde auf die beigefügten ärztlichen Berichte des Bezirkskrankenhauses … (BKH) vom 16. Februar 2016 (Bl. 69 bis 71 der Gerichtsakte) und der Kliniken … vom 16. März 2016 (Bl. 67/68 der Gerichtsakte) verwiesen.
Aus dem o.g. Bericht des BKH … vom 16. Februar 2016 ergibt sich, dass der Antragsteller sich dort im Zeitraum 6. Februar 2016 bis 15. Februar 2016 zum ersten Mal in stationär psychiatrischer Behandlung befunden hat. Als Diagnose wird eine akute Belastungsreaktion (ICD 10 F 43.0) genannt und zur „aktuellen Vorgeschichte“ unter anderem ausgeführt, dass der Antragsteller von der Polizei unterkühlt auf einer Wiese aufgefunden worden sei und während der Fahrt im Krankenwagen versucht habe, sich mit dem Anschnallgurt und später mit dem EKG-Kabel zu strangulieren. Unter dem Punkt „Soziobiographische Anamnese“ wird ausgeführt, dass der Antragsteller nur brockenweise widersprüchliche Angaben gemacht habe. Einerseits habe er behauptet, dass seine Familie in Nigeria lebe und wohlhabend sei, dann wiederum, dass seine Familie tot sei. Sein Vater sei ein angesehener Geschäftsmann, dann wieder, dass dieser an einer kriminellen Vereinigung beteiligt sei. Zum „Psychopathologischen Aufnahmebefund“ wird unter anderem ausgeführt, dass der Antragteller keine Krankheitseinsicht und kein Krankheitsgefühl gezeigt habe. Er sei bewusstseinsklar und in allen vier Qualitäten orientiert gewesen. Der Antragsteller sei akut suizidgefährdet gewesen, Z. n. Suizidversuch. Unter dem Punkt „Therapie und Verlauf“ wird unter anderem ausgeführt, dass am 7. Februar 2016 nach richterlicher Anhörung eine sechswöchige Unterbringung angeordnet worden sei. Am 15. Februar 2016 sei der Antragsteller in deutlich verbessertem psychischen und physischen Zustand in Begleitung von Frau H. (Lebenshilfe) ins Asylheim entlassen worden.
Im o.g. Bericht der Kliniken … vom 16. März 2016 wird unter dem Punkt „Diagnose“ angegeben „Unterkühlung“. Unter dem Punkt „Befund“ wird u.a. ein unauffälliger altersentsprechender Herz-Lungen-Befund attestiert. Der Antragsteller sei eingehend anamnestiziert worden. Er sei vor einiger Zeit im BKH wegen Suizidgedanken gewesen. Aktuell distanziere er sich davon. Schließlich habe der Patient angegeben, sein größtes Problem sei ein vorzeitiger Samenerguss.
Mit Schriftsatz vom 16. März 2017 übersandte die Klägerbevollmächtigte die ärztliche Bescheinigung des Prof. Dr. med., Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, vom 16. März 2017, in der unter anderem ausgeführt wird, dass der Antragsteller an einer Posttraumatischen Belastungsstörung leide, aus der sich eine manifeste depressive Störung (ICD-10 F.32.2) entwickelt habe. Aus fachärztlicher Sicht sei bei einer Ausweisung nach Nigeria oder Italien mit einer schweren Exacerbation seiner depressiven Symptomatik und der damit einhergehenden Suizidimpulse zu rechnen. Es würden damit auch die bisher erfolgreichen therapeutischen und integrativen Bemühungen beendet, wissend, dass weder in Nigeria noch in Italien, wie der unterzeichnende Facharzt aus eigenen Kenntnissen wisse, praktisch therapeutische Hilfe zur Verfügung stünden.
4. Das Bundesamt übermittelte unter dem 14. März 2017 auf elektronischem Weg die Behördenakten, äußerte sich sonst jedoch nicht.
5. Wegen der weiteren Einzelheiten und des Vortrags der Beteiligten im Übrigen wird auf die Gerichts- und vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.
II.
Der Antrag hat keinen Erfolg.
Der Antrag ist zulässig, insbesondere ist er fristgerecht gestellt, § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylG i.V.m. § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO.
Der Antrag ist jedoch unbegründet, denn die Hauptsacheklage hat voraussichtlich keinen Erfolg.
Der Bescheid der Antragsgegnerin vom 20. Februar 2017, auf den im Sinne von § 77 Abs. 2 AsylG Bezug genommen wird, ist aller Voraussicht nach rechtmäßig.
Gemäß § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG ordnet das Bundesamt die Abschiebung in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat an, sobald feststeht, dass die Abschiebung durchgeführt werden kann.
1. Italien ist für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig.
a) Die Zuständigkeit für die Durchführung des Asylverfahrens richtet sich vorliegend nach der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaates, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (Dublin III-VO). Die Zuständigkeitskriterien der Dublin III-VO finden nach Art. 49 Abs. 2 dieser Verordnung auf Asylanträge, die – wie hier – nach dem 1. Januar 2014 gestellt worden sind, Anwendung.
b) Art. 3 Abs. 1 Dublin III-VO sieht vor, dass der Asylantrag von dem Mitgliedstaat geprüft wird, der nach den Kriterien des Kapitels III der Dublin III-VO als zuständiger Staat bestimmt wird. Gemäß Art. 13 Abs. 1 Satz 1 Dublin III-VO ist derjenige Mitgliedstaat für die Prüfung des Asylantrags zuständig, über dessen Grenze der Asylbewerber aus einem Drittstaat illegal eingereist ist. Das ist auch nach dem eigenen Vortrag des Antragstellers Italien. Dieser hat dort auch einen Asylantrag gestellt. Der Umstand der Asylantragstellung in Italien wird belegt durch den für den Antragsteller erzielten Eurodac-Treffer mit der Kennzeichnung „IT1“. Die Ziffer „1“ steht für einen Antrag auf internationalen Schutz (Art. 24 Abs. 4 i.V.m. Art. 9 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 vom 26.6.2013 – EURODAC-VO).
c) Die Antragsgegnerin ist auch nicht nach Art. 23 Abs. 3 Dublin III-VO zuständig geworden. Nach dieser Vorschrift ist der Mitgliedstaat, in dem der neue Antrag gestellt wurde, für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig, wenn ein Wiederaufnahmegesuch nicht innerhalb der in Art. 23 Abs. 2 Dublin III-VO festgesetzten Frist erfolgt. Tatsächliche Umstände für einen solchen Fristverstoß sind nicht glaubhaft gemacht.
aa) Die Frist des Art. 23 Abs. 2 Unterabsatz 1 Dublin-III-VO ist eingehalten.
Danach ist das Wiederaufnahmegesuch so bald wie möglich, auf jeden Fall aber innerhalb von zwei Monaten nach der Eurodac-Treffermeldung im Sinne von Art. 9 Abs. 5 der Eurodac-VO zu stellen. Die Antragsgegnerin hat die Fristen des Art. 23 Abs. 2 Unterabsatz 1 Dublin III-VO nicht versäumt. Die Meldung der Eurodac-Nr. … erfolgte am 22. August 2016 (Bundesamtsakte Bl. 26/27). Das Wiederaufnahmegesuch wurde innerhalb der Frist von zwei Monaten, nämlich am 10. Oktober 2016 an Italien gerichtet (Bundesamtsakte Bl. 43 bis 50).
bb) Soweit die die Antragstellerseite sinngemäß (entsprechend ihrem Vorbringen im Schriftsatz vom 2.3.2017) die Auffassung vertritt, dass infolge der Frist des Art. 23 Abs. 2 Unterabsatz 2 Dublin-III-VO drei Monate nach dem Antrag auf internationalen Schutz im Sinne von Art. 20 Abs. 2 Dublin-III-VO nicht nur ein Wiederaufnahmegesuch mit sonstigen Beweismitteln, sondern jedes Wiederaufnahmegesuch verspätet sei (so z.B. VG Köln, B.v. 16.8.2016 – 20 L 1609/16.A – juris, Rn. 9 f. vgl. auch zu Art. 21 Abs. 1 Dublin III-VO VG Minden, B.v. 22.12.2016 – 10 K 5476/16.A – juris, Rn. 87 ff), widerspreche dies dem Wortlaut der Vorschrift, die die 3-Monatsfrist nur für den Fall des Bestehens sonstiger Beweismittel anordnet (vgl. auch BVerwG, B.v. 27.4.2016 – 1 C 22.15 – juris.; vgl. auch den zu Art. 23 Abs. 2 Dublin III-VO abweichenden Wortlaut des Art. 21 Abs. 1). Dies ist aber für die hier allein zu treffende Entscheidung unerheblich. Denn die Antragsgegnerin hat die Frist des Art. 23 Abs. 2 Unterabsatz 2 Dublin-III-VO offensichtlich auch dann nicht versäumt, wenn drei Monate nach dem Antrag auf internationalen Schutz kein Wiederaufnahmegesuch mehr zulässig wäre.
Die Auffassung der Antragstellerseite, dass für den Beginn dieser Frist auf den Zeitpunkt der Ausstellung der „Bescheinigung über die Meldung als Asylsuchender“ vom 14. August 2015 (Bundesamtsakte Bl. 53) abzustellen sei, folgt das Gericht nicht. Ein Antrag auf internationalen Schutz gilt nach Art. 20 Abs. 2 Dublin-III-VO als gestellt, wenn den zuständigen Behörden des betreffenden Mitgliedstaats ein vom Antragsteller eingereichtes Formblatt oder ein behördliches Protokoll zugegangen ist. Die zuständige (Asyl-)Behörde ist das Bundesamt, was sich bereits aus dem zwischen der „zuständigen Behörde“ und sonstigen Behörden („behördliches Protokoll“) differenzierenden Wortlaut des Art. 20 Abs. 2 Dublin III-VO ergibt (vgl. VG Gelsenkirchen, B.v. 23.11.2016 – 6a L 2587/16.A – juris, Rn. 17). Der von der Zentralen Aufnahmeeinrichtung der Regierung von … bereits am 9. August 2015 und damit knapp ein Jahr vor dem Asylantrag ausgestellte Aufnahmeschein, „White Paper“, (Bundesamtsakte Bl. 57) und die von dieser Behörde am 14. August 2015 ausgestellte „Bescheinigung über die Meldung als Asylsuchender“ (Bundesamtsakte Bl. 53) sind demzufolge nicht als Antrag auf internationalen Schutz im Sinne des Art. 20 Abs. 2 Dublin III-VO zu werten. Denn die Zentrale Aufnahmeeinrichtung der Regierung von … ist/war nicht Teilorganisation des zuständigen Bundesamts; sie ist/war nicht einmal eine sonstige Dienststelle der Antragsgegnerin. Die Auffassung, dass die „Bescheinigung über die Meldung als Asylsuchender“ ein Protokoll und die für die Erstellung dieses Protokolls zuständige Zentrale Aufnahmeeinrichtung der Regierung von … die zuständige Behörde im Sinn des Art. 20 Abs. 2 Dublin III-VO sei widerspricht dem Wortlaut der Vorschrift.
Der Antragsteller hat beim Bundesamt damit erstmals am 22. August 2016 einen Asylantrag bzw. Antrag auf internationalen Schutz gestellt und das Formblatt über den förmlichen Asylantrag am 22. August 2016 unterschrieben (Bundesamtsakte Bl. 4). Der Antrag auf internationalen Schutz im Sinn des Art. 20 Abs. 2 Dublin III-VO ist damit am 22. August 2016 und somit nicht mehr als drei Monate vor dem Wiederaufnahmegesuch vom 10. Oktober 2016 gestellt worden.
d) Da die italienischen Behörden auf das Wiederaufnahmeersuchen der Antragsgegnerin nicht reagiert haben, ist gemäß Art. 25 Abs. 2 Dublin III-VO davon auszugehen, dass dem Wiederaufnahmegesuch stattgegeben wird, was die Verpflichtung nach sich zieht, die betreffende Person wieder aufzunehmen und angemessene Vorkehrungen für die Ankunft zu treffen (Art. 18 Abs. 1 Dublin III-VO).
2. Die Abschiebung nach Italien kann gemäß § 34a Abs. 1 AsylG auch durchgeführt werden.
a) Die Zuständigkeit ist nicht gem. Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 3 Dublin III-VO auf die Antragsgegnerin übergegangen, weil eine Überstellung an Italien als den zuständigen Mitgliedstaat an Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO scheitern würde. Es sind keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Antragsteller im Falle einer Abschiebung nach Italien infolge systemischer Schwachstellen des dortigen Asylverfahrens oder der dortigen Aufnahmebedingungen einer hinreichend wahrscheinlichen Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union ausgesetzt wäre.
Nach dem Prinzip der normativen Vergewisserung (vgl. BVerfG, U.v. 14.5.1996 – 2 BvR 1938/93, 2 BvR 2315/93 – juris) bzw. dem Prinzip des gegenseitigen Vertrauens (vgl. EuGH, U.v. 21.12.2011 – C-411/10 und C-493/10 – juris) gilt die Vermutung, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem einzelnen Mitgliedstaat der Europäischen Union den Vorschriften der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK), der Europäischen Konvention für Menschenrechte (EMRK) und der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (Grundrechtscharta) entspricht. Allerdings ist diese Vermutung nicht unwiderleglich. Vielmehr obliegt den nationalen Gerichten die Prüfung, ob es im jeweiligen Mitgliedstaat Anhaltspunkte für systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber gibt, welche zu einer Gefahr für den Antragsteller führen, bei Rückführung in den zuständigen Mitgliedstaat einer unmenschlichen und erniedrigenden Behandlung i.S.v. Art. 4 Grundrechtscharta ausgesetzt zu werden (vgl. EuGH, U.v. 21.12.2011 a.a.O.). Die Vermutung ist aber nicht schon bei einzelnen einschlägigen Regelverstößen der zuständigen Mitgliedstaaten widerlegt. An die Feststellung systemischer Mängel sind vielmehr hohe Anforderungen zu stellen. Von systemischen Mängeln ist daher nur dann auszugehen, wenn das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber regelhaft so defizitär sind, dass zu erwarten ist, dass dem Asylbewerber im konkret zu entscheidenden Einzelfall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht (vgl. BVerwG, B.v. 19.3.2014 – 10 B 6.14 – juris).
Ausgehend von diesen Maßstäben und im Einklang mit der aktuellen obergerichtlichen Rechtsprechung ist im gegenwärtigen Zeitpunkt nicht davon auszugehen, dass der Antragsteller in Italien aufgrund systemischer Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber tatsächlich Gefahr läuft, dort einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt zu sein (vgl. BayVGH, U.v. 28.2.2014 – 13a B 13.30295 – juris; OVG NRW, U.v. 22.9.2016 – 13 A 2248/15.A – juris Rn. 72 ff.; U.v. 18.7.2016 – 13 A 1859/14.A – juris Rn. 54 ff.; U.v. 24.4.2015 – 14 A 2356/12.A – juris; U.v. 7.3.2014 – 1 A 21/12.A – juris; VGH BW, U.v. 16.4.2014 – A 11 S 1721/13 – juris; OVG Rh-Pf, U.v. 21.2.2014 – 10 A 10656/13.OVG – juris; OVG LSA, U.v. 2.10.2013 – 3 L 645/12 – juris; OVG Berlin-Bbg, B.v. 17.6.2013 – OVG 7 S. 33.13 – juris; NdsOVG, B.v. 30.1.2014 – 4 LA 167/13 – juris; U.v. 25.6.2015 – 11 LB 248/14 – juris; vgl. auch BVerfG, Kammerb.v. 17.9.2014 – 2 BvR 732/14 – juris). Danach verfügt Italien unter Berücksichtigung der Verwaltungspraxis über ein im Wesentlichen ordnungsgemäßes, richtlinienkonformes Asyl- und Aufnahmeverfahren, welches trotz einzelner Mängel nicht nur abstrakt, sondern gerade auch unter Würdigung der vor Ort tatsächlich anzutreffenden Rahmenbedingungen prinzipiell funktionsfähig ist und dabei insbesondere sicherstellt, dass der rücküberstellte Asylbewerber im Normalfall nicht mit schwerwiegenden Verstößen und Rechtsbeeinträchtigungen rechnen muss. Obwohl sich in Teilbereichen der tatsächlichen Aufnahmebedingungen durchaus erhebliche Mängel und Defizite feststellen lassen, werden diese, weder für sich genommen noch insgesamt, als so gravierend bewertet, dass ein grundlegendes, systemisches Versagen des Mitgliedstaates vorläge, welches für einen Dublin-Rückkehrer nach dem Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit Rechtsverletzungen im Schutzbereich von Art. 4 EUGRCh bzw. Art. 3 EMRK mit dem dafür notwendigen Schweregrad impliziert (vgl. OVG NRW, U.v. 7.3.2014, a.a.O, Rn 132; OVG Rh-Pf, U.v. 21.2.2014, a.a.O, Rn 45 f.).
Das Gericht schließt sich damit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte an (vgl. EGMR, B.v. 2.4.2013 – Hussein u.a../.Niederlande und Italien, Nr. 27725/10 –, ZAR 2013, 336; B.v. 18.6.2013 – Halimi./.Österreich und Italien, Nr. 53852/11 –, ZAR 2013, 338). Unter Berücksichtigung der Berichte von Regierungs- und Nichtregierungsinstitutionen und -organisationen über die Aufnahmeprogramme für Asylbewerber in Italien kam der Gerichtshof zu dem Schluss, dass die allgemeine Situation und die Lebensbedingungen in Italien für Asylbewerber, anerkannte Flüchtlinge und Ausländer, die aus Gründen des internationalen Schutzes oder zu humanitären Zwecken eine Aufenthaltserlaubnis erhalten hätten, zwar einige Mängel aufweisen mögen, dass die vorliegenden Materialien jedoch kein systemisches Versagen der Hilfs- und Unterstützungsmaßnahmen für Asylbewerber als Mitglieder einer besonders schutzbedürftigen Personengruppe aufzeigen würden. Berichte des UNHCR und des Menschenrechtskommissars wiesen auf jüngste Verbesserungen der Situation hin mit dem Ziel der Mängelbeseitigung; alle Berichte zeigten übereinstimmend und ausführlich die Existenz ausgearbeiteter Strukturen von Einrichtungen und Hilfsmaßnahmen, die auf die Bedürfnisse der Asylbewerber zugeschnitten seien. Diese Rechtsauffassung hat der EGMR, dessen Rechtsprechung für die Auslegung der EMRK auch über den jeweilig entschiedenen Fall hinaus eine Orientierungs- und Leitfunktion hat (BVerfG, U.v. 4.5.2011 – 2 BvR 2333/08 – juris), durch seine Entscheidung vom 10. September 2013 (Nr. 2314/10 – HUDOC) ausdrücklich bestätigt.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Urteil des EGMR vom 4. November 2014 im Verfahren Tarakhel ./. Schweiz (Az. 29217/12, NVwZ 2015, 127 ff.). Der EGMR hat hier lediglich entschieden, dass die Schweizer Behörden die Abschiebung einer Familie nach Italien nicht vornehmen dürfen, ohne vorher individuelle Garantien von den italienischen Behörden erhalten zu haben, dass die Antragsteller in Italien in einer dem Alter der Kinder adäquaten Art und Weise behandelt werden und die Familie zusammen bleiben darf. Das Urteil beinhaltet damit keine Aussage zu eventuellen systemischen Mängeln in Italien, sondern lediglich eine Einschränkung für die Abschiebung von Familien nach Italien. Zudem hat der EGMR in seiner Entscheidung vom 5. Februar 2015 im Verfahren A.M.E. ./. Niederlande (Az. 51428/10) entschieden, dass die Struktur und die Gesamtsituation des italienischen Flüchtlings- und Asylbewerberaufnahmesystems kein genereller Grund sind, eine Überstellung im Zuge des sog. Dublin-Verfahrens zu verbieten. Unabhängig davon sind die Umstände des streitgegenständlichen Falles des Antragstellers mit denjenigen in der Entscheidung des EGMR nicht vergleichbar.
Auch aus neueren Erkenntnismitteln können keine Hinweise auf systemische Mängel entnommen werden. In dem vom Europäischen Rat für Flüchtlinge und im Exil lebende Personen (ECRE) für das Projekt AIDA – Asylum Information Database erstellten Länderbericht zu Italien vom Dezember 2015 (abrufbar unter http://www.asylumineurope.org/reports/country/italy) wird zwar ausgeführt (vgl. S. 62 ff. des Berichts), dass dort zumindest in der Vergangenheit nicht für alle Asylbewerber adäquate Aufnahmeeinrichtungen zur Verfügung gestanden haben und die Zahl von Unterbringungsplätzen nur unzureichend war. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass der italienische Staat hiergegen erfolgsversprechende Gegenmaßnahmen ergreift. Zum einen werden die Kapazitäten der Aufnahmeeinrichtungen dem vorgenannten Bericht zufolge seit 2013 deutlich erhöht. UNHCR und Nichtregierungsorganisationen beraten die staatlichen Stellen bei der Verbesserung der Aufnahmebedingungen. Speziell für Dublin-Rückkehrer wurden zum anderen Zentren zur übergangsweisen Unterbringung eingerichtet (vgl. S. 63f. des Berichts). Ein systemisches Versagen der Hilfs- und Unterstützungsmaßnahmen lässt sich dem AIDA-Bericht nicht entnehmen. Ein systemischer Mangel der Aufnahmebedingungen kann daher auch für die Personengruppe, der der Antragsteller angehört, nicht angenommen werden.
Auch aus dem Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe von August 2016 (vgl. Schweizerischen Flüchtlingshilfe (https://www.fluechtlingshilfe.ch/…/160815-sfh-bericht-italien-aufnahmebedingungen) ergibt sich nichts anderes. Denn erstens handelt es sich hierbei nicht um das einzig richtige bzw. einzig maßgebliche Erkenntnismittel, vielmehr ergibt eine Berücksichtigung dieses Erkenntnismittels in der Zusammenschau mit den zahlreichen anderen vorhandenen Erkenntnismitteln eben im Ergebnis, dass systemische Mängel im italienischen Asylverfahren nicht vorliegen. Zweitens wäre die Schwelle zur unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung durch Italien erst dann überschritten, wenn absehbar wäre, dass auf die erhöhte Zahl von Einwanderern keinerlei Maßnahmen zur Bewältigung des Problems ergriffen würden. Dafür gibt es auch nach dem aktuellen Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe aus dem August 2016 keine Hinweise (vgl. VG Schwerin, U.v. 26.9.2016 – 16 A 1757/15 As SN – juris Rn. 122), auch ansonsten ist das nicht der Fall (vgl. z.B. OVG NRW, U.v. 18.7.2016 – 13 A 1859/14.A – juris Rn. 103ff.).
Die gegenwärtig hohe Zahl von Einwanderern nach Italien stellt keinen Umstand dar, der eine andere Beurteilung rechtfertigen könnte. Die Schwelle zur unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung durch Italien würde erst dann überschritten, wenn auf die erhöhte Zahl von Einwanderern hin keinerlei Maßnahmen zur Bewältigung der damit verbundenen Probleme ergriffen würden. Davon kann jedoch nicht ausgegangen werden (vgl. OVG NRW, U.v. 24.4.2015 a.a.O.).
Auch der Umstand, dass sich die Situation des Antragstellers in Italien u.U. deutlich schlechter als im Bundesgebiet darstellt, begründet keinen systemischen Mangel des Asylverfahrens (vgl. EGMR, B.v. 2.4.2013 – a.a.O.).
Auch im Hinblick auf medizinische Betreuung und Versorgung ergibt sich keine Verpflichtung der Antragsgegnerin, das Asylverfahren durchzuführen (vgl. EGMR, U.v. 30.6.2015 – 39350/13 – A.S. gegen Schweiz), da Italien über eine umfassende Gesundheitsfürsorge verfügt, die italienischen Staatsbürgern sowie Flüchtlingen, Asylbewerbern und unter humanitären Schutz stehenden Personen gleichermaßen zugänglich ist. Nach der bestehenden Auskunftslage funktioniert die notfallmedizinische Versorgung und der Zugang zu Hausärzten grundsätzlich ebenso wie das Angebot von psychologischer und psychiatrischer Behandlung (vgl. VG Ansbach, U.v. 11.12.2015 – AN 14 K 15.50316 – juris Rn. 26 m.w.N.). Auch der bereits erwähnte Bericht von AIDA bestätigt die Gleichstellung von Asylsuchenden und international Schutzberechtigten mit italienischen Staatsangehörigen hinsichtlich der gesundheitlichen Versorgung (vgl. dort S. 84). Nach Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 21. Januar 2013 an das OVG Sachsen-Anhalt steht eine kostenfreie medizinische Versorgung auch Personen zu, die nicht in einer staatlichen Unterkunft untergebracht sind. Eine aktuelle Vereinbarung zwischen der italienischen Zentralregierung und den Regionen garantiert dabei die Not- und Grundversorgung auch von Personen, die sich illegal im Land aufhalten (VG Augsburg, B.v. 19.9.2015 – Au 7 S. 15.50412 – juris). Die Notambulanz ist für alle Personen in Italien kostenfrei (VG München, B.v. 5.11.2014 – M 18 S. 14.50356 – juris). Auch bei Überstellung von kranken Personen, deren Asylverfahren in Italien negativ abgeschlossen ist, besteht damit die Möglichkeit der Behandlung. Es ist daher davon auszugehen, dass der Antragsteller in Italien Zugang zu einer angemessenen medizinischen Versorgung hat.
Schließlich begründet auch die Lage der Personen, die in Italien einen internationalen Schutzstatus zuerkannt bekommen haben, keine systemischen Mängel. Dies gilt auch in Ansehung des Umstands, dass Italien kein mit dem in der Bundesrepublik bestehenden Sozialleistungssystem vergleichbares, landesweites Recht auf Fürsorgeleistungen kennt und hier nur im originären Kompetenzbereich der Regionen und Kommunen ein sehr unterschiedliches und in weiten Teilen von der jeweiligen Finanzkraft abhängiges Leistungsniveau besteht (VGH BW, U.v. 16.4.2014 – A 11 S 1721/13 – juris).
b) Individuelle, außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Art. 17 Abs. 1 Dublin-III-VO notwendig machen, liegen nicht vor. Zwar kann gemäß Artikel 17 Absatz 1 Dublin III-VO jeder Mitgliedstaat einen von einem Drittstaatsangehörigen eingereichten Asylantrag prüfen, auch wenn er nach den in der Dublin III-VO festgesetzten Kriterien nicht für die Prüfung zuständig ist. Indes besteht kein subjektives Recht auf Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Artikel 17 Absatz 1 Dublin III-VO durch die Bundesrepublik Deutschland vgl. VG Düsseldorf, U.v. 25.8.2015 – 13 K 1723/15.A – juris Rn. 42f. m.w.N. aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Europäischen Gerichtshofs). Die Dublin III-Verordnung sieht ein nach objektiven Kriterien ausgerichtetes Verfahren der Zuständigkeitsverteilung zwischen den Mitgliedstaaten vor. Die Zuständigkeitsvorschriften der Dublin III-VO begründen – wie die der früheren Dublin II VO – zum Zwecke der sachgerechten Verteilung der Asylbewerber vor allem subjektive Rechte der Mitgliedstaaten untereinander. Die Unmöglichkeit der Überstellung eines Asylbewerbers an einen bestimmten Staat hindert daher nur die Überstellung dorthin; sie begründet grundsätzlich kein subjektives Recht auf Ausübung des Selbsteintrittsrechts gegenüber der Antragsgegnerin.
c) Schließlich liegen auch keine inlandsbezogenen Abschiebungshindernisse vor.
Das gilt insbesondere hinsichtlich des Schreibens des Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie Dr.med. … vom 10. März 2017. Die dort diagnostizierte Posttraumatische Belastungsstörung, aus der sich eine manifeste depressive Störung (ICD-10 F32.2) entwickelt habe, führt nicht zu einem inlandsbezogenen Vollstreckungshindernis, weil dadurch keine Reiseunfähigkeit, weder im engeren noch im weiteren Sinne, begründet wird.
Bei der Beurteilung ist von dem rechtlichen Rahmen auszugehen, den § 60a Abs. 2c AufenthG absteckt.
Nach dem mit Wirkung zum 17. März 2016 (Art. 2 Nr. 2 des Gesetzes zur Einführung beschleunigter Asylverfahren vom 11.3.2016 – BGBl I S. 390 –) eingeführten § 60a Abs. 2c Satz 1 AufenthG wird gesetzlich vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen, wenn nicht der Ausländer eine im Rahmen der Abschiebung beachtliche Erkrankung durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft macht. Diese ärztliche Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, enthalten. Insofern hat der Gesetzgeber im Wesentlichen die obergerichtliche Rechtsprechung (vgl. u.a. BVerwG, U.v. 11.9.2007 – 10 C 8.07 – BVerwGE 129, 251; U.v. 11.9.2007 – 10 C 17.07 – juris Rn. 15) nachvollzogen, wonach zur Substantiierung des Vorbringens einer Erkrankung regelmäßig die Vorlage eines gewissen Mindestanforderungen genügenden fachärztlichen Attestes gehört. Wird die geltend gemachte Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen soll, nicht durch eine qualifizierte Bescheinigung im Sinne von § 60a Abs. 2c AufenthG belegt, so wird auch die gesetzliche Vermutung für die Reisefähigkeit nicht widerlegt.
Dies in den Blick nehmend ergeben sich aus dem Vortrag des Antragstellers, insbesondere aus den von ihm vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen, keine inlandsbezogenen Abschiebungshindernisse.
Die zuletzt vorgelegte fachärztliche Bescheinigung des Herrn Prof. Dr. … vom 16. März 2017 kann die gesetzliche Vermutung der Reisefähigkeit (§ 60a Abs. 2c Satz 1 AufenthG) des Antragstellers nicht widerlegen bzw. ein inlandsbezogenes Vollstreckungshindernis nicht belegen.
Die Bescheinigung erfüllt bereits im Hinblick auf die gestellte Diagnose „Posttraumatische Belastungsstörung“ nicht die o.g. qualitativen Anforderungen. Denn die Bescheinigung lässt schon nicht erkennen, auf welcher Grundlage der Facharzt diese Diagnose gestellt hat; insbesondere lässt sich die Methode der Tatsachenerhebung nicht erkennen (vgl. § 60 Abs. 2c Satz 3 AufenthG). Im Hinblick auf das Herkunftsland Nigeria werden überhaupt keine konkreten traumaauslösenden Ereignisse genannt, sondern es wird lediglich ausgeführt, dass die Rückkehr dorthin beim Antragsteller glaubhaft mit einer unmittelbaren Lebensbedrohung verbunden sei.
Im Hinblick auf den (hier maßgeblichen) Abschiebezielstaat Italien wird ausgeführt, dass die Abschiebung dorthin mit einer absoluten Hoffnungslosigkeit verbunden sei Erläuternd wird vorgetragen, der Antragsteller habe 13 Monate in Italien verbracht, 7 Monate in einem Lager und 6 Monate obdachlos in der Umgebung eines Bahnhofs gelebt, ausgesetzt körperlichen und sexuellen Übergriffen.
Hierzu ist festzustellen, dass sich diese Aussagen nicht mit den Angaben des Antragstellers in Übereinstimmung bringen lassen, die er am 12. September 2016 im Rahmen seiner Anhörung beim Bundesamt gemacht hat. Dort hat der Antragsteller nicht geltend gemacht, dass er in Italien obdachlos gewesen wäre, geschweige denn dass er eine längere, Monate andauernde Obdachlosigkeit vorgetragen hätte. Vielmehr hat er angegeben, er habe in Italien nach der Ablehnung seines Asylantrags einen Monat Zeit gehabt, um dagegen Widerspruch einzulegen. Das habe er auch getan. Innerhalb dieses Monats habe er am Bahnhof … um Geld gebettelt, um weiterreisen zu können. Was aus seinem Widerspruch geworden sei, wisse er nicht, da er dann bereits nach Deutschland weitergereist sei. Er habe niemals in Italien bleiben wollen, sondern habe schon immer nach Deutschland gewollt.
Aus diesem Vortrag des Antragstellers ergibt sich, dass er bis zu seiner Weiterreise nach Deutschland eine feste Unterkunft und Adresse in Italien hatte. Denn ansonsten hätte ihn die ablehnende Asylentscheidung der italienischen Behörden nicht erreichen können und er wäre nicht in der Lage gewesen, rechtzeitig Widerspruch einzulegen. Das Betteln am Bahnhof erstreckte sich nach diesem Vortrag auch nur auf ca. einen Monat vor der Ausreise und diente nach dem Vortrag des Antragstellers auch nicht etwa dazu, sich z.B. lebensnotwendige Nahrung zu erbetteln, sondern um Geld für die Zugreise nach Deutschland zu erhalten. Die Angaben des Antragstellers zeigen zudem, dass er sich augenscheinlich auch in Italien zurechtfinden konnte, seine Rechte wahrzunehmen wusste (z.B. Widerspruchseinlegung) und auch seinen Plan, nach Deutschland zu gelangen, umsetzen konnte. Auch seine dem Bundesamt vorgelegte Geburtsbescheinigung („Certificate of Indentification/Origin“) bekräftigt dies. Denn dieses Dokument wurde am 20. Oktober 2014 in … ausgestellt, also zu einem Zeitpunkt, als sich der Antragsteller bereits in Italien befunden hatte. Dies wiederum zeigt, dass der Antragsteller in Italien in der Lage war, jemanden in Nigeria zu beauftragen, der sich um die Ausstellung dieses Dokuments und dessen Übermittlung an den Antragsteller kümmerte.
An der Diagnose einer Posttraumatischen Belastungsstörung bestehen daher durchgreifende Zweifel.
Das Gericht unterstellt aber, auch unter Berücksichtigung des Aufenthalts des Antragstellers im BKH … vom 6. Februar 2016 bis 15. Februar 2016 (ärztlicher Bericht des BKH vom 16.2.2016, Bl. 69 bis 71 der Gerichtsakte), dass die weitere Diagnose in der fachärztlichen Bescheinigung des Herrn Prof. Dr. … vom 16. März 2017, nämlich eine depressive Störung (ICD-10 F32.2) zutrifft.
Die fachärztliche Bescheinigung kann aber im Hinblick auf diese Erkrankung eine Reise- bzw. Transportunfähigkeit in Bezug auf Italien (Reisefähigkeit im engeren Sinne) nicht belegen. Die getroffene Feststellung, dass im Falle der Abschiebung, sei es nach Nigeria, sei es nach Italien, mit einer schweren Exacerbation seiner depressiven Symptomatik und der damit einhergehenden Suizidimpulse zu rechnen sei, legt nicht dar, dass der Antragsteller gerade deshalb reiseunfähig ist und welche hinreichend konkreten Gründe eine Reise im KFZ oder im Flugzeug nicht ohne Weiteres zulassen. Nach der Begründung des Gesetzentwurfs zu § 60a Abs. 2c Satz 1 AufenthG (BT-Drs. 18/7538, S. 19) wäre aber eine Aussage dazu erforderlich.
Aber selbst bei Annahme einer nicht völlig auszuschließenden Suizidgefahr liegt nicht zwangsläufig ein krankheitsbedingtes Abschiebungshindernis vor; vielmehr ist die Abschiebung von der Ausländerbehörde dann ggf. so zu gestalten, dass einer Suizidgefahr wirksam begegnet werden kann (BayVGH, B.v. 23. 8.2016 – 10 CE 15.2784 – juris; B.v. 9.4.2003 – 10 CE 03.484 – juris Rn. 9; BVerfG, B.v. 16.4.2002 – 2 BvR 553/02 – juris; B.v. 26.2.1998 – 2 BvR 1985/98 – juris Rn. 4).
Es ist auch nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit zu befürchten, dass sich der Gesundheitszustand als unmittelbare Folge der Abschiebung erheblich ver-schlechtern wird (Reisefähigkeit im weiteren Sinne). Für diese Befürchtung wäre nur Raum, wenn nicht sichergestellt wäre, dass im Zielstaat eine (Anschluss-) Behandlungsmöglichkeit zur Verfügung steht; das ist jedoch hinsichtlich Italien sichergestellt. Denn es bestehen insbesondere unter Berücksichtigung des oben auf S. 12 bis 14 Gesagten keine Zweifel daran, dass auch insofern eine Behandlung in Italien durchgeführt wird.
Wie bereits oben dargelegt, bestehen zudem an den Behauptungen des Antragstellers hinsichtlich einer monatelangen Obdachlosigkeit, verbunden mit körperlichen und sexuellen Übergriffen, die er augenscheinlich gegenüber dem Facharzt angegeben hat, durchgreifende Zweifel. Die im ärztlichen Attest vom 16. März 2017 getroffene Prognose, dass im Falle der Abschiebung des Antragstellers (auch) nach Italien mit einer schweren Exacerbation seiner depressiven Symptomatik und der damit einhergehenden Suizidimpulse zu rechnen sei, wird aber gerade auch auf diesen Sachverhalt gestützt. Ein Attest wie das vom 16. März 2017, dem nicht zu entnehmen ist, welche Methode der Tatsachenerhebung der prognostischen Diagnose zugrunde liegt, ist daher nicht geeignet, das Vorliegen eines Abschiebungsverbots wegen Reiseunfähigkeit zu begründen (vgl. § 60a Abs. 2c Satz 3 AufenthG).
In diesem Zusammenhang ist bezüglich der Überstellung auch auf die Übermittlungspflichten gemäß Art. 31 Dublin III-VO hinzuweisen.
d) Es liegen auch keine zielstaatsbezogenen Abschiebungshindernisse i.S.v. § 60 Absatz 7 Satz 1 AufenthG vor. Es sind keine Umstände ersichtlich, die einen Anhaltspunkt dafür geben könnten, dass eine erforderliche Behandlung gerade nur in der Bundesrepublik Deutschland erfolgen kann und nicht auch in Italien möglich ist. Das Gericht weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die Behandlung einer psychischen Erkrankung des Klägers auch in Italien in ausreichendem Umfang gewährleistet ist. Nach der bestehenden Auskunftslage sind Asylbewerber in Fragen der Gesundheitsversorgung den italienischen Staatsbürgern gleichgestellt. Die Anmeldung beim nationalen Gesundheitsdienst ermöglicht die Ausstellung eines Gesundheitsausweises, der zur Inanspruchnahme medizinischer Leistungen nicht nur im Rahmen der Notfallversorgung, sondern auch hinsichtlich der Behandlung bei Spezialisten, etc. berechtigt. Die Überweisungen an Spezialisten sind zudem für Asylbewerber kostenfrei. Darüber hinaus besteht gerade für Asylbewerber die Möglichkeit, an Projekten von Nichtregierungsorganisationen oder anderen privaten Trägern, deren Mitarbeiter speziell auf die Behandlung psychischer Krankheiten von Flüchtlingen ausgebildet sind, teilzunehmen (vgl. VG Düsseldorf, U.v. 25.8.2015 – 13 K 1723/15.A – juris Rn. 98 ff.).
3. Auch gegen die Rechtmäßigkeit der Entscheidungen in der Nummer 2 (siehe dazu schon soeben auf S. 15 – 19) und der Nummer 4 des streitgegenständlichen Bescheids bestehen keine Bedenken.
4. Der Antrag ist daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Das Verfahren ist nach § 83b AsylG gerichtskostenfrei.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).
III.
Der zulässige Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist nicht begründet.
Nach § 166 VwGO i.V.m. § 114 Satz 1 ZPO erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
Entsprechend den obigen Ausführungen unter II. liegen hier die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nicht vor, da der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO unbegründet ist und die Klage keine hinreichenden Erfolgsaussichten hat.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).