Aktenzeichen W 8 K 20.1839
Art. 2 VO (EG) Nr. 178/2002
VO (EG) 178/2002 Art. 10
VO (EG) 178/2002 Art. 14
VO (EG) 2017/625 Art. 138
Leitsatz
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.
Gründe
Die Anfechtungsklage ist zulässig, aber unbegründet.
Die Klage ist als Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 1. Alt VwGO) gegen den lebensmittelrechtlichen Bescheid vom 24. November 2020 statthaft und auch sonst zulässig. Insbesondere ist keine Erledigung eingetreten, da das Verbot des Inverkehrbringens einen Dauerverwaltungsakt darstellt. Außerdem ist das – unveränderte – Produkt bei den Abnehmern bzw. Wiederverkäufern offenbar noch mit dem alten Etikett auf Lager bzw. im Handel (siehe im Internet etwa: https://em-king.de/de/zeolith-fuer-tyrannosaurus.html).
Zur Klarstellung weist das Gericht darauf hin, dass die Klägerin selbst Zeolith als Nahrungsmittel vertreibt (ohne Bezug auf Tyrannosaurus). Der streitgegenständliche Bescheid bezieht sich indes nur auf das konkrete Produkt mit der beanstandeten Aufmachung des Etiketts. Weder aus der Formulierung des Bescheids noch aus dessen Begründung noch aus der beigezogenen Behördenakte oder aus dem Vorbringen des Beklagten im gerichtlichen Verfahren ist zu entnehmen, dass dieser eine generelle Untersagung des Inverkehrbringens des Produktes unabhängig von der Etikettierung anordnen wollte bzw. angeordnet hat (vgl. auch VG Würzburg, B.v. 7.5.2021 – W 8 S 21.477 – juris Rn. 42 und 61).
Die Klage ist unbegründet.
Der streitgegenständliche Bescheid des Landratsamtes Würzburg vom 24. November 2020 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Der Beklagte hat in seinem Bescheid vom 24. November 2020, auf dessen Gründe, die sich das Gericht zu eigen macht, zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird (§ 117 Abs. 5 VwGO), zutreffend begründet, dass die Voraussetzungen der einzelnen lebensmittelrechtlichen Anordnungen im vorliegenden Fall gegeben sind.
Die Kammer hat im Sofortverfahren (siehe VG Würzburg, B.v. 16.12.2020 – W 8 S 20.1841 – LRE 81, 399 – juris Rn. 26 bis 61 = BA S. 20 bis 36; siehe ferner dazu SBS Legal, Märchenstunde by R* … …: T-Rex verschluckt sich an Zeolith https://www. …*) die Rechtmäßigkeit des streitgegenständlichen Bescheids schon umfassend geprüft und bejaht. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat die von Klägerseite dagegen eingelegte Beschwerde mit Beschluss vom 25. Oktober 2021 (20 CS 20.3147 – unveröffentlicht) zurückgewiesen.
Das Verwaltungsgericht Würzburg hat in seinem Beschluss vom 16. Dezember 2020 im Sofortverfahren Folgendes ausgeführt:
„Soweit die Antragstellerseite einen Anhörungsmangel geltend macht, ist festzuhalten, dass eine Anhörung gemäß Art. 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 BayVwVfG noch bis zum Schluss der letzten Tatsacheninstanz eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und damit zum Abschluss des gegenwärtig noch anhängigen Hauptsacheverfahrens nachgeholt werden könnte (vgl. BayVGH, B.v. 6.7.2020 – 23 CS 20.383 – juris). Abgesehen davon hat die Antragstellerseite trotz der von ihr als zu kurz bemessene Frist schon im Behördenverfahren Stellung genommen und im vorliegenden Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO vertieft. Die Antragsgegnerseite hat zum Vorbringen der Antragstellerin sowohl im streitgegenständlichen Bescheid als auch in dem Antragserwiderungsschreiben jeweils auch unter Bezugnahme auf das LGL Stellung genommen.
Vorliegend handelt es sich bei dem streitgegenständlichen Produkt „Zeolith für Tyrannosaurus“ um ein Lebensmittel nach Art. 2 Abs. 1 VO (EG) 178/2002. Danach sind Lebensmittel alle Stoffe, die dazu bestimmt sind oder von denen nach vernünftigem Ermessen erwartet werden kann, dass sie in verarbeitetem, teilweise verarbeitetem oder unverarbeitetem Zustand von Menschen aufgenommen werden. Der Begriff des Lebensmittels ist dem Schutzzweck des Gesetzes entsprechend weit auszulegen. Erfasst werden alle Stoffe, die dazu bestimmt sind, verzehrt zu werden, auch wenn daneben noch ein anderer Verwendungszweck möglich ist. Ein generell zum Verzehr bestimmter Stoff hört erst dann auf, Lebensmittel zu sein, wenn ein anderer Verwendungszweck eindeutig feststeht und erkennbar ist. Eine bloß abweichende Bezeichnung genügt dafür nicht (vgl. Rohnfelder/Freytag in Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Werkstand 232. EL August 2020, § 2 LFBG Rn. 7 ff.). Die primär subjektive Zweckbestimmung durch den verantwortlichen Lebensmittelunternehmer wird durch die nach objektiver Auffassung zu bestimmende Frage, ob die Aufnahme des betroffenen Stoffes vernünftigerweise erwartet werden kann, korrigiert (vgl. Meisterernst, Lebensmittelrecht, 1. Aufl. 2019, § 4 Rn. 5). An die Erkennbarkeit einer Zweckänderung sind strenge Anforderungen zu stellen. Zwar sind Spielwaren sowie Scherzartikel zunächst keine Lebensmittel (vgl. § 2 Abs. 6 Nr. 5 LFGB). Etwas anderes gilt, wenn ihre Verzehrbestimmung – Verzehr durch Menschen – nicht aufgehoben ist, wie etwa bei Scherzpralinen (mit Essig gefüllt), mit Senf gefüllte Krapfen an Fasching, Schokoladenzigaretten sowie Schokoladentäfelchen, Zuckerwaren, Backwaren, Süßigkeiten in Wein- und Spirituosenfläschchen, die für den Spielzeugkaufladen vertrieben werden. Derartige Produkte haben neben ihrer Funktion als Scherzartikel oder Spielwaren gleichzeitig die Lebensmitteleigenschaft. Sie haben eine Doppelfunktion (vgl. zum Ganzen Rathke in Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, 176. EL März 2020, § 2 Basisverordnung Rn. 23 f., 26 f., Boch, LFGB, 8. Online-Auflage 2019, § 2 Rn. 3 f.).
Allein die Bezeichnung als „Scherzartikel“ durch die Antragstellerseite im behördlichen und gerichtlichen Verfahren (nicht jedoch im Vertrieb als Nahrungsergänzungsmittel) hebt die Lebensmitteleigenschaft nicht auf. In den Stellungnahmen des LGL vom 18. und 26. November 2020 sowie vom 8. Dezember 2020 ist plausibel und zutreffend ausgeführt, dass das Produkt trotz der Bezeichnung als Nahrungsergänzungsmittel „für Tyrannosaurus“ jedenfalls auch den lebensmittelrechtlichen Vorschriften unterfällt, um dem hohen Schutzniveau des Lebensmittelrechts gerecht zu werden.
Entsprechend der Definition des Lebensmittels ist davon auszugehen, dass das streitgegenständliche Produkt nach vernünftigem Ermessen erwartungsgemäß von Menschen aufgenommen wird und dass der Verzehr und die Aufnahme durch andere Menschen auch weiterhin von der Antragstellerin intendiert ist. Denn das Produkt wurde (zunächst) weiterhin unter der Rubrik „Nahrungsergänzungsmittel“ und mit dieser Bezeichnung, also als Lebensmitteln vertrieben. Der Begriff „Nahrungsergänzungsmittel“ bezieht sich nach § 1 Abs. 1 NemV ausdrücklich auf Lebensmittel. Die Verzehrempfehlung („einmal täglich 1 Messlöffel = 2 g in Wasser“) richtet sich offenkundig auch an einen Menschen, selbst wenn sie formal auf einen Tyrannosaurus Bezug nimmt. Für ein Lebensmittel spricht weiter die ausdrückliche Nennung des Inhaltsstoffes „Zeolith“ (mit dem Hauptbestandteil Klinoptilolith), die bei einem reinen „Scherzartikel“ keinen Sinn machen würde, sondern weiterhin auf die menschlichen Konsumenten abzielt. Letzteres gilt insbesondere auch für die weitere Angabe „Zur Entgiftung“. Anders als theoretisch denkbare reine Fantasiehinweise die offensichtlich keinerlei Bezug zu Menschen haben könnten, sind diese Angaben auf dem Produkt auf einen Menschen und dessen Konsum bezogen. Auch der durchschnittliche Verbraucher wird – zumal das Produkt unter der Rubrik Nahrungsergänzungsmittel verkauft wurde – nicht davon ausgehen, dass es nicht zur Einnahme für einen Menschen bestimmt ist. Wie schon erwähnt, enthält die Beschriftung lebensmitteltypische Kennzeichnungselemente. Das LGL hat weiter darauf hingewiesen, dass demgegenüber – zwar nicht zwingende – aber typische Elemente für Spielwaren oder einen Scherzartikel fehlen. Ergänzend wird insoweit auf parallele gerichtsbekannte und auch der Antragstellerin bzw. ihrem Bevollmächtigten bekannte Fälle mit Fantasiebezeichnungen wie für „Weihnachtsmänner“ (VG Würzburg, B.v. 8.10.2020 – W 8 S 20.1371 – juris) oder „Gartenzwerge“ (VG Würzburg, B.v. 28.10.2020 – W 8 S 20.1494 – juris) verwiesen.
Dem Gericht drängt sich der Eindruck auf, dass die Antragstellerin durch den Aufdruck „für Tyrannosaurus“ primär die lebensmittelrechtlichen Vorschriften umgehen will bzw. dies versuchen will. Des Weiteren könnte diese unrealistische Zweckbestimmung für Tyrannosaurus auch eine absatzfördernde Maßnahme sein. Eine Umwidmung in einen Scherzartikel ist grundsätzlich möglich, aber ein zum Verzehr durch Menschen bestimmter Stoff hört erst dann auf, ein Lebensmittel zu sein, wenn eindeutig erkennbar und zweifelsfrei feststeht, dass der Stoff nicht (mehr) zum menschlichen Verzehr bestimmt ist. Die Möglichkeit, den Stoff noch zum Essen oder Trinken zu verwenden, muss – anders als hier – ausgeschlossen sein. Im Gegensatz zu der von der Antragstellerseite mit Bezug auf arzneimittelrechtliche Konstellationen angeführten unsachgemäßen Verwendung eines Arzneimittels ist festzuhalten, dass die Lebensmitteleigenschaft bestehen bleibt, bis positiv feststeht, dass es nicht als Lebensmittel genutzt wird (vgl. Boch, LFGB, 8. Online-Auflage 2019, § 2 Rn. 3 f.). Das LGL hat weiter angemerkt, dass ein durchschnittlicher vernünftiger Verbraucher aufgrund der Bezeichnung als Nahrungsergänzungsmittel – auch angesichts der konkreten Aufmachung in Schriftbild und -farbe – trotz des Zusatzes „für Tyrannosaurus“ erkennt, dass das Produkt so, wie auch dessen Verwendung beschrieben ist, zur Verwendung für einen ausgestorbenen Dinosaurier völlig ungeeignet ist und somit allein eine Verwendung als Lebensmittel durch den Menschen in Betracht kommt. So, wie das Produkt angepriesen und beworben wurde, spricht gesamtbetrachtet weiterhin alles für ein Lebensmittel. Die Formulierung „für Tyrannosaurus“ und die Bezeichnung als „Scherzartikel“ vermögen an der Lebensmitteleigenschaft nichts zu ändern.
Unter der Gesamtbetrachtung der Zweckbestimmung der Kennzeichnung, Aufmachung, Vermarktung und Werbung und augenscheinlich auch der Intention der Antragstellerin soll das Produkt offenkundig weiterhin von Menschen erworben und aufgenommen werden, so dass die Lebensmitteleigenschaft zu bejahen ist.
Das Gericht merkt an, dass es nicht ausgeschlossen ist, dass bei entsprechender Veränderung der Aufmachung des Produkts die Lebensmitteleigenschaft verloren geht. So könnte etwa eindeutig sichergestellt werden, dass es keinesfalls durch den Menschen verzehrt werden soll und wird, etwa durch Weglassen der Bezeichnung des konkreten Inhaltsstoffes und durch Weglassen verwendungsbezogener Angaben und der Verzehrempfehlung für Menschen sowie weiterer lebensmitteltypischer Kennzeichnungselemente (gegebenenfalls ersetzt durch andere Elemente und unter Beachtung weiterer Erfordernisse für ein Kosmetikprodukt oder einen Scherzartikel). Vorliegend braucht aber nicht abschließend entschieden zu werden, wann dieser Punkt erreicht wird, wann also eindeutig und zweifelsfrei feststeht, dass der Stoff nicht zum menschlichen Verzehr bestimmt ist und die Möglichkeit, dass ein Mensch den Stoff doch zum Essen oder Trinken verwendet, ausgeschlossen ist.
Vorliegend hat das Gericht jedenfalls bei summarischer Prüfung keine Zweifel, dass es sich bei dem von der Antragstellerin vertriebenen „Scherzartikel“ eindeutig – zumindest auch – um ein Lebensmittel handelt und dass es trotz der Formulierung „für Tyrannosaurus“ weiter als Lebensmittel zu behandeln ist.
Ergänzend wird noch angemerkt, dass es sich vorliegend nicht um ein Arzneimittel, sondern um ein Lebensmittel handelt. Aus den vorliegenden Gutachten und auch aus dem Vorbringen der Antragstellerseite ergibt sich nicht, dass Arzneimittelwirkstoffe festgestellt werden konnten. Das streitgegenständliche Produkt hat vielmehr keine pharmakologischen Eigenschaften bzw. keine pharmakologische Wirkung. Ein Erzeugnis ist jedenfalls dann nicht als Arzneimittel einzustufen, wenn die durch die empfohlene oder wahrscheinliche Dosierung erzielten Wirkungen nicht über Wirkungen hinausgehen, die auch durch den normalen Verzehr eines Lebensmittels erzielt werden können. Eine Einstufung als Arzneimittel erfordert hingegen stets den positiven wissenschaftlichen Beleg einer darüber hinausgehenden Wirkung, einer pharmakologischen Wirkung (vgl. Hagenmeyer/Teufer in Dauses/Ludwigs, Handbuch des EU-Wirtschaftsrechts, Werkstand 50. EL März 2020 C. IV. Lebensmittelrecht Rn. 103).
Das Gericht hat des Weiteren keine rechtlichen Bedenken, dass die Tatbestandsvoraussetzungen des Art. 138 Abs. 1 und 2 Buchst. d der Kontrollverordnung sowie des § 39 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 Nr. 3 LFGB erfüllt sind, wobei die europarechtliche Vorschrift des Art. 138 VO (EU) 2017/625 in ihrem Anwendungsbereich Vorrang genießt (vgl. VGH BW, B.v. 17.9.2020 – 9 S 2343/20 – juris; zur Vorgängerregelung schon VG Würzburg, B.v. 27.7.2018 – W 8 S 18.904 – LMuR 2018, 261, m.w.N.).
Das Gericht hat zunächst keine Bedenken, dass das Landratsamt W. als zuständige Behörde selbst einen Verstoß gegen lebensmittelrechtliche Vorschriften festgestellt hat, auch wenn es dabei direkt oder indirekt die Argumentation des LGL übernimmt und das LGL zitiert. Nicht erforderlich ist, dass das Landratsamt nochmals ausdrücklich feststellt, dass es sich diese Argumentation zu eigen macht. Die Übernahme der Argumentation des LGL in die eigene Begründung des Landratsamtes wird aus dem Bescheid klar, in dem es sich ausdrücklich auf die Argumente bezieht, diese teils wiederholt, teils zitiert und sich darauf stützt.
Im Lebensmittelrecht ist es zulässig und üblich, sich auf Gutachten der jeweiligen Fachstelle zu stützen. Es ist nicht nur möglich, sich auf Fachgutachten zu stützen, sondern dies ist ausdrücklich vorgesehen (vgl. auch BayVGH, B.v. 13.11.2014 – 20 CS 14.2022 – juris). Das LGL ist die zentrale Fachbehörde des Freistaats Bayern für Lebensmittelsicherheit, Gesundheit, Veterinärwesen sowie Arbeitsschutz und Produktsicherheit (vgl. Art. 5 GDVG i.V.m. § 1 Abs. 3 Nr. 2 GesVesV); insoweit ist es zuständige Behörde nach Art. 37 VO (EU) 2017/625. Das in Bayern für Lebensmittelkontrollen zuständige LGL beschäftigt unter anderem Ärzte, Tierärzte, Lebensmittelchemiker, Apotheker, Juristen und Fachkontrolleure. Das LGL führt primär wissenschaftliche Untersuchungen durch und erstattet für die Kreisverwaltungsbehörden Gutachten (vgl. Streinz/Lamers in Streinz/Kraus, Lebensmittelrecht-Handbuch, Werkstand 41. EL Juli 2020, IV. Aufbau, Vollzug und Praxis, Lebensmittelüberwachung, Rn. 30). Die Landesuntersuchungsämter unterstützen dabei nicht nur die lokale Lebensmittelüberwachung vor Ort. Sie untersuchen die vorgelegten Proben und begutachten die ihnen von den lokalen Behörden unterbreiteten Sachverhalte sowohl rechtlich als auch tatsächlich, z.B. durch analytische Untersuchung oder Prüfung der ordnungsgemäßen Kennzeichnung (Meisterernst, Lebensmittelrecht, 1. Aufl. 2019, § 6 Rn. 44).
Das Gericht hat im Ergebnis des Weiteren keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken, dass das streitgegenständliche Produkt „Zeolith für Tyrannosaurus“ gemäß Art. 14 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Buchst. a VO (EG) 178/2002 nicht in Verkehr gebracht werden darf, weil es nicht sicher ist, da davon auszugehen ist, dass es unter Berücksichtigung von Art. 14 Abs. 3 und 4 VO (EG) 871/2002 gesundheitsschädlich ist.
Bei der Prüfung, ob ein Lebensmittel gesundheitsschädlich ist, müssen nach Art. 14 Abs. 3 Nr. 1 VO (EG) 178/2002 die normalen Bedingungen seiner Verwendung berücksichtigt werden. Gesundheitsschäden, die bei Verwendung in vollständig unüblicher Weise entstehen, bleiben außer Betracht. Für die Bewertung eines Lebensmittels als gesundheitsschädlich genügt es, wenn dieses die Eignung zur Gesundheitsschädigung aufweist, wobei diese Eignung nicht aus abstrakten Erwägungen begründet werden darf, sondern sich aus feststellbaren Eigenschaften eines Stoffes ergeben muss. Grundsätzlich ist der Begriff „gesundheitsschädlich“ weit auszulegen, wobei für die Eintrittswahrscheinlichkeit einer Gesundheitsschädigung eine nur theoretische Möglichkeit nicht ausreicht. Erforderlich ist insofern eine gewisse Eintrittswahrscheinlichkeit, die allerdings nicht zahlenmäßig festzustellen ist (VG München, B.v. 28.8.2014 – M 18 S 14.2801 – juris). Nach Art. 14 Abs. 4 Buchst. a und b VO (EG) 178/2002 ist bei der Entscheidung der Frage, ob ein Lebensmittel gesundheitsschädlich ist, zu berücksichtigen, dass die wahrscheinlichen sofortigen und/oder kurzfristigen und/oder langfristigen Auswirkungen des Lebensmittels nicht nur auf die Gesundheit des Verbrauchers, sondern auch auf nachfolgende Generationen sowie die wahrscheinlich kumulativen toxischen Auswirkungen und nach Buchst. c die besondere gesundheitliche Empfindlichkeit einer bestimmten Verbrauchergruppe, falls das Lebensmittel für diese Gruppe von Verbrauchern bestimmt ist (vgl. auch Rohnfelder/Freytag in Erbs/Kohlhass, Strafrechtliche Nebengesetze, Werkstand 232. EL August 2020, § 5 LFGB Rn. 2 ff.).
Der Antragstellerseite ist zuzugestehen, dass für die Einstufung als gesundheitsschädlich nur auf die normalen Bedingungen der Verwendung abzustellen sind und nicht ein etwaiger unüblicher Gebrauch oder einen Verbrauch im Übermaß sowie ein Fehlgebrauch in Betracht zu ziehen sind, wobei bei den normalen Bedingungen allerdings von dem Schutzzweck der Vorschrift auszugehen ist. Dabei ist in Anlehnung an die Definition des Begriffs Lebensmittel (welches von der Antragstellerseite aber in Abrede gestellt wird) von einer Verwendung nach den normalen Bedingungen auszugehen, wie sie nach vernünftigen Ermessen erwartet werden kann (Rathke in Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, Werkstand 126. EL März 2020, Art. 14 Basisverordnung Rn. 14 f.; Boch, LFGB, 8. Online-Auflage 2019, § 5 LFGB Rn. 12).
Wie schon oben bei der Einstufung des streitgegenständlichen Produkts als Lebensmittel ausgeführt ist, hat das Gericht keine Zweifel, dass es auch zum Verzehr durch den Menschen bestimmt ist und damit die orale Aufnahme durch den Menschen der normalen Bedingungen seiner Verwendung nach vernünftigen Ermessen entspricht.
Soweit ein Lebensmittel sich konkret auf eine bestimmte Verbrauchergruppe bezieht bzw. eine bestimmte Verbrauchergruppe ausgenommen sein soll (vgl. Art. 14 Abs. 4 Buchst. c VO (EG) 178/2002), muss sich dies konkret aus der Zweckbestimmung ergeben, insbesondere aus der Etikettierung oder anderweitig aus der Angebotsweise. Werden aber Lebensmittel – wie hier – ohne Bezugnahme auf eine bestimmte Verbrauchergruppe angeboten, greift der Tatbestand des Buchstabens c nicht ein (Rathke in Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, Werkstand 176. EL März 2020, Art. 14 Basisverordnung Rn. 53 f.)
Dies vorausgeschickt, ist festzuhalten, dass sich aus der Aufmachung der Etikettierung des streitgegenständlichen Produkts keine Anhaltspunkte ergeben, dass das „Zeolith für Tyrannosaurus“ nur für Erwachsene bestimmt wäre bzw. nur zu erwarten wäre, dass Erwachsene dies konsumierten. Vielmehr ist jedenfalls auch ein Verzehr durch Kinder in die Beurteilung miteinzubeziehen, ohne dass noch näher darauf einzugehen ist, ob die Aufmachung mit einem Dinosaurier das Produkt vielleicht für Kinder besonders attraktiv macht. Zu den durchschnittlichen, normalen und gesunden Verbrauchern zählen jedenfalls auch Kleinkinder, Kinder und Jugendliche oder Senioren (Wehlau, LFGB, Kommentar 2010, § 5 Rn. 29). Auch Schwangere sind nicht ausgenommen.
Bei den Kriterien des Art. 14 Abs. 4 VO (EG) 178/2002 handelt es sich des Weiteren um Auslegungshilfen und nicht um eine abschließende Erläuterung des Begriffs gesundheitsschädlich. Gesundheitsschädlich setzt nicht voraus, dass eine Krankheit im medizinischen Sinne besteht. Gesundheitsschädlich ist ein Lebensmittel auch dann, wenn es eine nicht nur vorübergehende Störung des Nervensystems, der normalen geistigen und seelischen Funktionen oder des allgemeinen körperlichen Wohlbefindens verursacht. Art. 14 VO (EG) 178/2002 greift nicht erst dann, wenn tatsächlich eine Schädigung der Gesundheit eingetreten ist. Zum Zeitpunkt des Inverkehrbringens ist vielmehr auf die Eignung zur Gesundheitsschädigung abzustellen. Diese Eignung soll allerdings tatsächlich und konkret bestehen. Der Stoff muss bestimmt feststellbare Eigenschaften aufweisen, die eine Gesundheitsschädigung verursachen können. Von der Feststellung konkreter Tatsachen zu unterscheiden ist die Feststellung der Kausalität dieser Tatsachen für Gesundheitsschäden. Dafür reicht, dass solche Schäden wahrscheinlich sind, wie in Art. 14 Abs. 4 Buchst. a VO (EG) 178/2002 ausdrücklich normiert ist. Dabei genügen die wahrscheinlichen Auswirkungen auch im Hinblick auf das Vorsorgeprinzip. Damit ist zunächst konkret die Beschaffenheit eines Lebensmittels festzustellen. Das Tatbestandsmerkmal „wahrscheinlich“ beschränkt sich auf die Prognose, ob die festgestellte Beschaffenheit eines bestimmten Lebensmittels gesundheitsschädliche Auswirkungen haben kann. Ob solche Auswirkungen eintreten können, kann in der Regel nur wissenschaftlich beurteilt werden. Allerdings greift das Verbot nicht schon ein, wenn eine wissenschaftliche Unsicherheit besteht. Die gesundheitlichen Auswirkungen müssen vielmehr wahrscheinlich sein. Dazu reicht eine reine Möglichkeit gesundheitsschädliche Auswirkungen nicht. Vielmehr ist ein höherer Grad an Wahrscheinlichkeit erforderlich. In Anlehnung an den allgemeinen Sprachgebrauch wird von der Wahrscheinlichkeit gesundheitsschädlicher Auswirkungen auszugehen sein, wenn die wissenschaftlichen Auffassungen, die solche Auswirkungen erwarten, überwiegen. Erforderlich ist eine Gewichtung. Dabei ist auch die Schwere der Auswirkungen zu berücksichtigen. Ohne Belang ist hingegen, ob die gesundheitsbeeinträchtigenden Auswirkungen erst langfristig eintreten (Rathke in Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, Werkstand 176. EL März 2020, Art. 14 Basisverordnung Rn. 37 ff.; Boch, LFGB, 8. Online-Auflage 2019, § 5 Rn. 14 ff.). Die zuständigen nationalen Stellen haben die Beweislast für die Gesundheitsschädlichkeit eines Stoffes (Meyer in Meyer/Streinz, LFGB – Basisverordnung, 2. Aufl. 2012, Art. 14 Basisverordnung Rn. 18).
Das Gericht hat keine Bedenken gegen die durch das LGL als die dazu berufene Fachstelle in Bayern vorgenommene auf wissenschaftlicher Basis beruhender Ermittlung des Aluminiumgehalts des streitgegenständlichen Produkts. Das LGL hat seine Untersuchung wiederholt erläutert. Die Diskussion, ob zwei unabhängige Untersuchungen erforderlich sind oder nicht, ist für den vorliegenden Zusammenhang ohne Belang, weil sie von Rechts wegen nur bei einer beabsichtigten Veröffentlichung nach § 40 LFGB vorgeschrieben ist. Die Untersuchung und die Untersuchungsergebnisse, wie sie im Befund/Gutachten des LGL vom 18. November 2020 dargelegt und in der Stellungnahme vom 8. Dezember 2020 weiter erläutert sind, sind von Antragstellerseite nicht substantiiert angegriffen, geschweige denn erschüttert worden. Schlichte gegenteilige Behauptungen reichen dafür nicht aus. Danach wurde im streitgegenständlichen Produkt ein Gehalt von 52,8 g/kg (nicht: mg/kg) Aluminium bestimmt. Migrationsuntersuchungen in Magensäuresimulanz (verdünnte Salzsäure) ergaben zudem, dass von dem enthaltenen Aluminium 6.673 mg/kg freigesetzt werden (Mittelwert aus vier Migrationsansätzen). Damit ist der Aluminiumgehalt des streitgegenständlichen Produkts wissenschaftlich festgestellt.
Die Antragstellerseite kritisiert primär die toxikologische Beurteilung des Aluminiumgehalts durch das LGL und dem folgend durch das Landratsamt. Das LGL bezieht sich – ebenso wie das BfR, in dem von Antragstellerseite vorgelegten Dokument vom 20. Juli 2020 – bei seiner Beurteilung auf Studien der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) und des Gemeinsamen Sachverständigenausschusses für Lebensmittelzusatzstoffe der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation (FAO) und der Weltgesundheitsorganisation (WHO) der Vereinten Nationen (JEFCA). Die Studien hat das LGL in seiner Stellungnahme vom 8. Dezember 2020 näher konkretisiert und weiter dazu überzeugend ausgeführt, dass es sich bei diesen Organisationen um national anerkannte Organisationen handelt, die Risikobewertungen im Bereich der Lebensmittel vornehmen. Grundsätzlich fassen beide Organisationen in ihren Stellungnahmen jeweils den aktuellen Wissensstand zusammen und werten dabei alle verfügbaren Studien aus. Dies gilt auch konkret für die beiden herangezogenen Stellungnahmen bezüglich der Risikobewertung von Aluminium in Lebensmitteln. Damit werden wissenschaftlich gesicherte Erkenntnisse dargestellt. Das Gutachten des LGL basiert auf einer objektiv erkennbaren wissenschaftlichen Grundlage.
Des Weiteren ist anzufügen, dass zu einer fundierten Bewertung der Toxizität von Stoffen regelmäßige Expositionsberechnungen beruhend auf Verzehrdaten, Verwendungsmengen bzw. Gehalten des toxischen Stoffes sowie toxikologische Studien gehören. Ein Beispiel für Sicherheitsbewertungen lassen sich gerade den wissenschaftlichen Stellungnahmen der EFSA und des JECFA – die vom LGL sowie ebenso vom BfR zitiert und herangezogen worden sind – entnehmen (Meisterernst, Lebensmittelrecht, 1. Aufl. 2019, § 8 Rn. 11). Wie schon ausgeführt durfte das Landratsamt auf das LGL als Fachbehörde und dessen Sachverstand zurückgreifen.
Die EFSA-Studie leitet – laut LG (ebenso BfR) – unter Bezug auf Neurotoxizität, Schädigung der Hoden, embryotoxische Effekte und Schädigungen des sich entwickelnden Nervensystems als kritische Effekte (auf der Basis einer Studie zu Entwicklungsstörungen an jungen Ratten) eine tolerierbare wöchentliche Aufnahme von 1 mg/kg KG ab; während die zweite Studie des JECFA aufgrund beobachteter Nierenschäden (ebenfalls auf der Basis einer Studie zu Entwicklungsstörungen an jungen Ratten) einen Wert von 2 mg/kg KG pro Woche ableitet. Ausgehend von den beim streitgegenständlichen Produkt ermittelten Aluminiumgehalten kommt das LGL dazu, dass die wöchentliche Aufnahmemenge bei Erwachsenen bei 1,33 mg/kg KG in der Woche liegt, während es bei Kleinkindern 5,76 mg/kg KG in der Woche sind. Das LGL kommt daraufhin zu dem Schluss, dass bei Erwachsenen die wöchentliche Aufnahme noch gesundheitlich akzeptabel ist, während bei Kleinkindern von einem zusätzlichen Gesundheitsrisiko auszugehen ist. Weiter kommt es unter Einbeziehung gerade der Kriterien des Art. 14 Abs. 3 und 4 VO (EG) 178/2002 zum Schluss auf die Gesundheitsschädlichkeit, weil es sich hier bei der Gesundheitsschädlichkeit um eine Wirkung handelt, die nur bei langandauerndem Konsum des Produkts auftreten kann.
Auch soweit die Antragstellerseite sich auf Ausführungen des BfR bezieht, sind diese nicht geeignet grundsätzliche Zweifel an der – nachvollziehbar erläuterten – Bewertung des LGL herbeizuführen. Im Gegenteil legt das BfR in dem vom Antragstellerseite vorgelegten Dokument vom 20. Juli 2020 ausdrücklich die vom LGL herangezogenen Studien von EFSA und JECFA und deren Ergebnisse seiner Antwort auf die Frage, welche Aufnahmemengen von Aluminium gesundheitlich unbedenklich seien, zugrunde und bestätigt so vielmehr die Annahmen des LGL. Das LGL gesteht in seiner Stellungnahme vom 8. Dezember 2020 zwar ein, dass es durchaus noch Forschungsbedarf hinsichtlich der Bewertung der gesundheitlichen Risiken gibt. Dies hindert jedoch nicht die gesundheitsschädliche Wirkung durch Aluminium festzustellen. Denn das BfR-Dokument hat einen anderen Schwerpunkt. Es bezieht sich primär allgemein auf Daten zum Vorkommen von Aluminium in Lebensmitteln. Vorliegend ist jedoch das Vorkommen von Aluminium im streitgegenständlichen Produkt durch die Untersuchungen des LGL konkret festgestellt. Das LGL verweist weiter auf die Ausführungen des BfR, das bei der Betrachtung des Gefährdungspotentials von Aluminium die Wirkungen auf das Nervensystem, auf die geistigen und motorischen Entwicklungen von Nachkommen sowie negative Effekte auf Nieren und Knochen im Vordergrund stehen. Des Weiteren weist das LGL nachvollziehbar darauf hin, dass es im Gegensatz zu den BfR nicht allgemein auf die Aluminiumkonzentration in einzelnen Lebensmitteln abstellt und diese als gesundheitsschädlich bewertet, sondern vielmehr wissenschaftlich ermittelt hat, von welcher Aufnahmemenge durch den Verbraucher bei der empfohlenen oralen Aufnahme des streitgegenständlichen Produkts auszugehen ist, und hat diese wiederum mit dem toxikologischen Beurteilungswerten verglichen. Das LGL ist aufgrund dessen zu einer sehr deutlichen Überschreitung der tolerierbaren wöchentlichen Aufnahmemenge gekommen und hat das Produkt daher als gesundheitsschädliches Lebensmittel eingestuft. Das LGL hat einleuchtend darauf hingewiesen, dass in der vorliegenden Probe ein Gesamtgehalt von Aluminium von 52,8 g/kg (also nicht: mg/kg) bestimmt worden ist und dass dieser Aluminiumgehalt nicht im Bereich der von der Antragstellerin eingeführten Gehalte von üblichen Lebensmittel liegt, sondern diese um ein Vielfaches übersteigt. Weiter hat das LGL noch ausdrücklich festgehalten, dass auf die langandauernde Wirkung abzustellen ist und die akute Toxizität tatsächlich von untergeordneter Bedeutung ist, d.h. nach einmaligen Verzehr bzw. dem Verzehr innerhalb eines einzelnen Tages treten in der Regel keine relevanten Wirkungen auf. Dagegen können jedoch bei regelmäßigem – nach allgemeinem Sprachgebrauch nicht nur sporadischem, sondern wiederkehrendem – Verzehr über einen gewissen Zeitraum hoch relevante Wirkungen auftreten, z.B. auf das Nervensystem, auf die geistige und motorische Entwicklung von Nachkommen sowie negative Effekte auf Nieren und Knochen. Weiter hat es dargelegt, dass insbesondere bei Nahrungsergänzungsmitteln wie dem vorliegenden Produkt nicht von einem einmaligen, sondern von einem regelmäßigen Konsum auszugehen ist. Aufgrund der Überschreitung der tolerierbaren wöchentlichen Aufnahmewerte hat das LGL das Produkt plausibel als gesundheitsschädlich bewertet.
Der Antragstellerseite ist zuzugestehen, dass die Formulierung in dem Gutachten des LGL vom 18. November 2020 – zumindest für den wissenschaftlichen Laien – beim ersten Durchlesen nicht gleich eingängig ist, jedoch ist zwischen den einzelnen Aussagen, die auf den ersten Blick widersprüchlich wirken mögen, zu unterscheiden, ob sie sich auf eine wöchentliche Einnahme beziehen oder von einer langandauernden Wirkung im Sinne von langfristigen Auswirkungen des Lebensmittels auf die Gesundheit des Verbrauchers, auch auf nachfolgende Generationen (Art. 14 Abs. 4 Buchst. a VO (EG) 178/20029) beziehen. Gerade diese Berücksichtigung des langandauernden Konsums entsprechend der europarechtlichen Vorgabe führt laut LGL zur Einstufung als gesundheitsschädlich.
Auch wenn nach dem allgemeinen Sprachgebrauch das Wort „wahrscheinlich“ in Bezug auf die Auswirkungen einen höheren Grad der Wahrscheinlichkeit als der Faktor der Funktion des Art. 3 Nr. 9 VO (EG) 178/2002 definierten Risikos erfordert (vgl. Rathke in Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, Werkstand 176. EL März 2020, Art. 14 Basisverordnung Rn. 47), ist vom jeweiligen systematischen Zusammenhang und der Zielrichtung der Vorschrift auszugehen. Jedenfalls reicht für die Annahme wahrscheinlicher gesundheitsschädlicher Auswirkungen, dass die überwiegenden wissenschaftlichen Auffassungen solche Auswirkungen erwarten. Dabei darf die Prognose auch toxische Wirkungen durch Summation und Wechselwirkung mit anderen Lebensmitteln umfassen, weil nach Art. 14 Abs. 4 Buchst. b VO (EG) 178/2002 die wahrscheinlich kumulativen toxischen Auswirkungen zu berücksichtigen sind (vgl. Rathke in Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, Werkstand 176. EL März 2020, Art. 14 Basisverordnung Rn. 51).
Soweit das LGL weiter ausführt, dass die langandauernde Wirkung beim Endverbraucher durch die vorliegende haushaltsübliche Menge des Produkts nicht hervorgerufen werden kann, ist laut Antragsgegnerseite insofern auf eine Packung abzustellen. Daher geht laut LGL von dem Produkt kein relevantes Risiko im Sinne des Art. 10 VO (EG) 178/2002 aus, welches Voraussetzung für eine Information der Öffentlichkeit wäre.
Ob möglichweise auch ein relevantes Risiko im Sinne des Art. 10 VO (EG) 178/2002 hätte bejaht werden können, ist nicht entscheidungserheblich. Jedenfalls macht die verneinende Aussage des LGL zum Risiko mit Blick auf eine Information der Öffentlichkeit die hier streitgegenständliche und allein relevante Feststellung der Gesundheitsschädlichkeit wegen eines vermeintlichen Widerspruchs nicht fehlerhaft oder unverwertbar.
Bei der Frage der Regelung des Art. 10 VO (EG) 178/2002 geht es gerade darum, dass die zuständigen Behörden geeignete Maßnahmen ergreifen, um die Öffentlichkeit über ein wahrscheinliches Gesundheitsrisiko aufzuklären. Dabei sind Art, Schwere und Ausmaß der Gefahr zu berücksichtigen (vgl. Schnall in Streinz/Kraus, Lebensmittelrecht-Handbuch, Werkstand 41. EL Juli 2020, IV. Schwerpunkte des Lebensmittelrechts, Art. 10 Basisverordnung Rn. 223). Insofern fließen bei dieser Risikobewertung mit der Folge der Veröffentlichung weitere Aspekte mit ein. Dass bei der Begriffsdefinition des Risikos verwendete Merkmal der Funktion der Wahrscheinlichkeit ist von weiteren Größen abhängig. Der erforderliche Grad der Wahrscheinlichkeit einer die Gesundheit beeinträchtigenden Wirkung und ihrer Schwere muss sich hingegen aus der Realisierung einer Gefahr im Sinne Art. 3 Nr. 14 VO (EG) 178/2002 ergeben. Es muss nach der Wahrscheinlichkeit einer Gesundheitsbeeinträchtigung und ihrer Schwere, z.B. als Folge des Verzehrs des Lebensmittels, gefragt werden. Je größer die Gefahr und je schwerer der zu drohende Schaden ist, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit einer Gesundheitsgefährdung, die eine amtliche Information der Öffentlichkeit rechtfertigt (vgl. Boch, LFGB, 8. Online-Auflage 2019, § 40 Rn. 6). Die deutliche höhere Eingriffsintensität einer zusätzlichen Information der Öffentlichkeit über ein Vertriebsverbot hinaus im Vergleich zur streitgegenständlichen Untersagung belegt, dass die Risikoeinschätzung im Rahmen des Art. 10 VO (EG) 178/2002 und die Feststellung der Gesundheitsschädlichkeit nach Art. 14 VO (EG) 178/2002 nicht gleichzusetzen sind, sondern der Weg an die Öffentlichkeit mehr verlangt, sodass die Bewertungen im jeweiligen systematischen Zusammenhang unterschiedlich ausfallen können.
Zusammengefasst sieht das Gericht keine durchgreifenden Zweifel an der Expertise des LGL und seiner Einschätzung, die auch in den streitgegenständlichen Bescheid eingeflossen ist. Das Gericht hat keine Zweifel, dass die in der LGL-Untersuchung festgestellten Aluminiumgehalte im streitgegenständlichen Produkt tatsächlich vorhanden sind bzw. waren und dass diese bezogen auf die zu erwartende wöchentliche Verzehrmenge und unter Berücksichtigung eines langandauernden – also nicht einmaligen oder nur gelegentlichen, sondern regelmäßigen, immer wiederkehrenden – Konsums mit der Folge der langfristigen Auswirkungen des Lebensmittels auf die Gesundheit, auch auf nachfolgenden Generationen, den Schluss auf eine Gesundheitsschädlichkeit rechtfertigen.
Das Bestreiten der Antragstellerseite reicht nicht, um diese gutachterlichen, auf wissenschaftlichen Studien anerkannter Stellen (und nicht „irgendwelcher“ Studien) und Methoden beruhenden Feststellungen zu erschüttern. Die Antragstellerseite hat bezogen auf das konkrete Produkt, keine Untersuchungen vorgelegt, die einen niedrigeren Aluminiumgehalt ausweisen. Genauso wenig hat sie Studien oder Erkenntnisse benannt, die konkret auf die Aluminiumgehalte einen niedrigeren Wert der tolerierbaren wöchentlichen Aufnahmemenge als die vom LGL herangezogenen Studien wissenschaftlich belegen. Erst recht hat die Antragstellerin – bezogen auf die regelmäßige wöchentliche Aufnahmemenge anhand der auf dem Produkt ausgewiesenen Verzehrmenge – nicht anhand einschlägiger wissenschaftlicher Quellen dargelegt, dass auch unter Berücksichtigung der langfristigen Auswirkungen eine Gesundheitsschädlichkeit nicht wahrscheinlich sei. Letztlich hat die Antragstellerseite, wenn auch sehr ausführlich, gegenläufige Behauptungen aufgestellt und Aussagen des LGL bestritten. Dies reicht aber für sich nicht aus, um die Feststellungen und Aussagen des LGL – zumal im vorliegenden Sofortverfahren – mit dem Resultat der Gesundheitsschädlichkeit des konkreten Produkts „Zeolith für Tyrannosaurus“ unverwertbar zu machen.
Die streitgegenständlichen Anordnungen sind des Weiteren nicht ermessensfehlerhaft. Sie sind insbesondere nicht unverhältnismäßig. Konkret sind keine milderen Mittel ersichtlich. Insbesondere würde die ausdrückliche Bezeichnung des streitgegenständlichen Nahrungsergänzungsmittels als Scherzartikel nicht ausreichen, weil dadurch die Lebensmitteleigenschaft nicht aufgehoben würde. Wie ausgeführt käme einem Produkt dann allenfalls explizit eine Doppelfunktion als Lebensmittel und gleichzeitig Scherzartikel zu. Es bliebe aber in der Gesamtschau zumindest auch ein Lebensmittel (vgl. im Einzelnen dazu auch: VG Würzburg, B.v. 8.10.2020 – W 8 S 20.1371 zu einem Nahrungsergänzungsmittel für „Weihnachtsmänner“; VG Würzburg, B.v. 20.10.2020 – W 8 S 20.1494 – juris zu einem Nahrungsergänzungsmittel für „Gartenzwerge“).
Auch eine Umdeklarierung etwa mit einem Hinweis, dass das Produkt für Kinder und Schwangere nicht verzehrtauglich wäre, erscheint nicht geeignet, weil die Antragstellerin generell die Lebensmitteleigenschaft des streitgegenständlichen Produkts verneint und zudem Chargen dies Produktes ohne eine solche Einschränkung in Umlauf sind. Zudem wären allein mit diesem Hinweis nicht weitere lebensmittelrechtlich relevante Bedenken ausgeräumt, da offenkundig noch weitere lebensmittelrechtliche Verstöße und Mängel vorliegen, auf die sich der Antragsgegner jedoch nicht gestützt hat.
Soweit die Antragstellerseite § 40 LFGB als milderes Mittel angesprochen hat, hat der Antragsgegner in seiner Antragserwiderung schon plausibel und nachvollziehbar ausgeführt, dass die Voraussetzungen für eine Veröffentlichung nach § 40 Abs. 1 LFGB bzw. § 40 Abs. 1a LFGB überhaupt nicht vorliegen, weil zum einen das LGL keine dahingehende Risikoeinschätzung abgegeben hat und zum anderen keine Bußgelderwartung von 350,00 EUR im Raum steht, da eine Abgabe an die Staatsanwaltschaft geplant ist.
Abgesehen davon leuchtet es dem Gericht nicht ein, inwiefern eine Information der Öffentlichkeit nach § 39 Abs. 2 Satz 2 Nr. 9 i.V.m. § 40 LFGB ein milderes und für die Antragstellerin weniger einschneidendes Mittel sein sollte. Denn dann würden nicht nur Abnehmer und Wiederverkäufer informiert werden, sondern die Öffentlichkeit einschließlich der Endverbraucher wird über die lebensmittelrechtlichen Verstöße der Antragstellerin in Kenntnis gesetzt, was nach Auffassung des Gerichts größere und nachhaltigere Nachteile für die Antragstellerin mit sich brächte.
Letztlich hat das Gericht gegen die unter Nr. 1.1 und 1.2 des streitgegenständlichen Bescheides getroffenen Regelungen bei summarischer Prüfung keine rechtlichen Bedenken. Das Gleiche gilt im Ergebnis hinsichtlich der Zwangsgeldandrohungen und der Bescheidskosten. Insofern hat die Antragstellerseite nichts Konkretes vorgebracht, so dass auf die Ausführungen im streitgegenständlichen Bescheid Bezug genommen werden kann.“
Das Verwaltungsgericht Würzburg hält an seiner Beurteilung, die sich im Ergebnis mit den Ausführungen im streitgegenständlichen Bescheid, den der Bayerische Verwaltungsgerichtshof ebenfalls für rechtmäßig erachtet hat, deckt, nach erneuter Überprüfung fest.
Der streitgegenständliche Bescheid ist formell rechtmäßig, insbesondere leidet er nicht an Anhörungsmängeln oder formellen Begründungsmängeln.
Dass letztlich kein Anhörungsmangel vorliegt, ist schon im Sofortverfahren dargelegt (siehe VG Würzburg, B.v. 16.12.2020 – W 8 S 20.1841 – LRE 81, 399 – juris Rn. 26 = BA S. 20).
Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat zudem einen Verstoß gegen die formelle Begründungspflicht gemäß Art. 39 BayVwVfG bzw. Art. 138 Abs. 3 Buchst. a VO (EU) 2017/625 ausdrücklich verneint (siehe BayVGH, B.v. 25.10.2021 – 20 CS 20.3147 – BA S. 3/4 Rn. 4). Darauf wird im Einzelnen verwiesen.
Der streitgegenständliche Bescheid ist auch materiell rechtmäßig.
Die Lebensmitteleigenschaft des von Klägerseite als „Scherzartikel“ bezeichneten Artikels „Zeolith für Tyrannosaurus“ ist weiterhin zu bejahen.
Die gegenläufige Argumentation der Klägerin deckt sich mit den Ausführungen in einer ganzen Reihe von weiteren Produkten, insbesondere Nahrungsergänzungsmitteln, mit Fantasie-, Fabel-, Tier- oder sonstigen Scherzbezeichnungen (siehe nur VG Würzburg, B.v. 7.5.2021 – W 8 S 21.477 – juris „Vitamin D 3 Tropfen für Gürteltiere“; B.v. 10.2.2021 – W 8 S 21.117 – juris „CBD Hanföl für Kamele“; B.v. 20.10.2020 – W 8 S 20.1494 – juris „Vitamin B-Komplex für Nervenfunktion, Herz & Energiestoffwechsel bei Gartenzwergen“; VG Würzburg, B.v. 8.10.2020 – W 8 S 20.1371 – LMuR 2021, 55 – juris – L-Arginin + L-Citrullin für Weihnachtsmänner).
Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat im Beschwerdeverfahren die Ausführungen des VG Würzburg zur Einstufung des streitgegenständlichen Produkts als Lebensmittel ausdrücklich als zutreffend bezeichnet (BayVGH, B.v. 25.10.2021 – 20 CS 20.3147 – BA S. 4/5 Rn. 5; vgl. auch B.v. 12.8.2021 – 20 CS 21.688 – juris Rn. 6 sowie B.v. 3.2.2022 – 20 CE 21.2082 – unveröffentlicht Rn. 3 jeweils zu „Hanföl für Kamele“). Er hat explizit angemerkt:
„Soweit die Antragstellerin mit ihrer Beschwerde weiter rügt, das streitgegenständliche Produkt sei bereits kein Lebensmittel i.S.d. Art. 2 Abs. 1 VO (EG) Nr. 178/2002, teilt der Senat diese Auffassung nicht; auf die zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts (vgl. S. 20 ff. BA) wird insofern zunächst umfassend Bezug genommen (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Der Beschwerdevortrag der Antragstellerin, mit dem sie erneut geltend macht, es handle sich bei dem streitgegenständlichen Produkt aufgrund der ausdrücklich an eine Dinosaurierspezies (hier: Tyrannosaurus) gerichteten Verzehrempfehlung um einen Scherzartikel und kein Lebensmittel, geht an der Sache vorbei. Zum einen ist schon der behauptete „scherzhafte“ Charakter des Produkts weder ersichtlich noch von der Antragstellerin nachvollziehbar dargelegt worden. Allein der Umstand, dass sich ein ausdrücklich als „Nahrungsergänzungsmittel“ bezeichnetes und in Vertriebseinheiten von je 500g in den Verkehr gebrachtes Produkt in Pulverform der Beschreibung nach ausschließlich an eine ausgestorbene Dinosaurierspezies richtet, ergibt aus Sicht des Senats keine (zumindest auch) scherzhafte Zweckbestimmung. Insbesondere ist weder erkennbar noch auch nur ansatzweise vorgetragen worden, aus welchem anderen Grund und mit welchem anderen – „scherzhaften“ – Verwendungsziel ein Verbraucher das streitgegenständliche Produkt in der angebotenen Menge erwerben sollte, wenn nicht letztlich zum Verzehr durch Menschen. Zum anderen trifft auch die von der Antragstellerin postulierte Annahme, ein Scherzartikel sei kraft Gesetzes kein Lebensmittel, nicht zu. Auch wenn der deutsche Gesetzgeber in § 2 Abs. 6 Nr. 5 LFGB „Spielwaren und Scherzartikel“ als Bedarfsgegenstände definiert, ergibt sich der hier allein maßgebliche Inhalt des Lebensmittelbegriffs abschließend aus Art. 2 Abs. 1 VO (EG) Nr. 178/2002 (vgl. Rathke in Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, Stand 11/2019, Art. 2 VO (EG) 178/2002 Rn. 5). Lebensmittel sind danach „alle Stoffe oder Erzeugnisse, die dazu bestimmt sind oder von denen nach vernünftigem Ermessen erwartet werden kann, dass sie in verarbeitetem, teilweise verarbeitetem oder unverarbeitetem Zustand von Menschen aufgenommen werden“. Selbst wenn also für das streitgegenständliche Produkt (auch) eine „scherzhafte“ Zweckbestimmung erkennbar wäre, änderte diese nichts an der Lebensmitteleigenschaft, soweit und solange nach vernünftigem Ermessen erwartet werden kann, dass das Produkt von Menschen aufgenommen wird (vgl. auch Rathke in Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, Stand 11/2019, Art. 2 VO (EG) 178/2002 Rn. 31 f.). Dass dies angesichts der Vertriebsform, der Beschreibung und der optischen Aufmachung des Produkts hier der Fall ist, hat das Verwaltungsgericht umfassend und zutreffend begründet (vgl. S. 21 ff. BA); der Senat macht sich dessen Ausführungen zu Eigen.“
Des Weiteren spricht der parallele Vertrieb von „Zeolith“ durch die Klägerin ausdrücklich als Nahrungsergänzungsmittel ohne Bezug auf einen „Tyrannosaurus“ zusätzlich für die Lebensmitteleigenschaft.
Darüber hinaus hat das Landratsamt mit Schriftsätzen vom 18. Oktober 2021 und 30. November 2021 im Verfahren W 8 K 20.1370 sowie in der mündlichen Verhandlung am 14. Februar 2022 und in einem allgemeinen Hinweis auf Videos des Geschäftsführers der Klägerin im Schriftsatz vom 18. Januar 2022 in diesem Verfahren darauf hingewiesen, dass der Geschäftsführer der Klägerin in einem Youtube-Video am 8. Oktober 2021 erklärt habe: „Ich hab jetzt vier, fünf Jahre für Tiere gemacht. Die Menschen haben den Gag verstanden, die Gerichte mehr oder weniger. Meine Produkte waren von Anfang an bis jetzt immer dieselben Produkte. Dieselbe Qualität. Was sagt R* … … jetzt (…) mache ich jetzt meine ganzen Produkte wieder für Menschen“. (Min. 2:51 bis 3:11).
Danach geht die Klägerin bzw. deren Geschäftsführer offenbar selbst von der Lebensmitteleigenschaft aus.
Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat zudem die Berücksichtigung von Aussagen des Geschäftsführers Robert Franz in einem Video – zu krankheitsbezogenen Informationen und Werbeaussagen – und dessen Verständnis aus Sicht eines aufmerksamen, unterrichteten und verständigen Verbrauchers ausdrücklich gebilligt (BayVGH, B.v. 3.1.2022 – 20 CE 21.2848 – unveröffentlicht mit Bezug auf zu VG Würzburg, B.v. 29.10.2021 – W 8 E 21.1346 – juris „Vitamin C Pulver für Ungeimpfte“).
Dem Gericht drängt sich weiterhin der Eindruck auf, dass die Klägerin durch den Aufdruck „für Tyrannosaurus“ primär die lebensmittelrechtlichen Vorschriften umgehen will bzw. dies versuchen will. Des Weiteren könnte diese unrealistische Zweckbestimmung für Tyrannosaurus auch eine absatzfördernde Maßnahme sein. Eine Umwidmung eines Lebensmittels in einen Scherzartikel oder Fantasieartikel usw. ist grundsätzlich möglich, aber ein zum Verzehr durch Menschen bestimmter Stoff hört erst dann auf, ein Lebensmittel zu sein, wenn eindeutig erkennbar und zweifelsfrei feststeht, dass der Stoff nicht (mehr) zum menschlichen Verzehr bestimmt ist. Die Möglichkeit, den Stoff noch zum Essen oder Trinken zu verwenden, muss – anders als hier – ausgeschlossen sein. Im Gegensatz zu der von der Klägerseite mit Bezug auf arzneimittelrechtliche Konstellationen angeführten unsachgemäßen Verwendung eines Arzneimittels ist festzuhalten, dass die Lebensmitteleigenschaft bestehen bleibt, bis positiv feststeht, dass es nicht als Lebensmittel genutzt wird (vgl. Boch, LFGB, 8. Online-Auflage 2019, § 2 Rn. 3 f.; VG Würzburg, B.v. 7.5.2021 – W 8 S 21.477 – juris Rn. 48).
Abgesehen davon sind eventuelle theoretische Änderungen oder Ergänzungen des Produkts nicht Streitgegenstand. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat im Beschwerdeverfahren dazu ausdrücklich angemerkt: „Ob und – wenn ja – mit welchen Angaben das Inverkehrbringen eines mit dem streitgegenständlichen inhaltlich identischen Produkt als Lebensmittel zulässig wäre, ist hier nicht Verfahrensgegenstand und bedarf keiner Entscheidung“ (BayVGH, B.v. 25.10.2021 – 20 CS 20.3147 – BA S. 7 Rn. 9).
Soweit die Klägerseite in ihrem Schriftsatz vom 11. Januar 2022 nunmehr ausführt,
Aus der Bezeichnung „Nahrungsergänzungsmittel für Tyrannosaurus“ ergebe sich der scherzhafte Charakter, da die Zweckbestimmung nicht ernst gemeint sein könne. Gegenstand der Beurteilung sei immer die Gesamtaufmachung des Lebensmittels. Auch der BayVGH habe im Eilverfahren ausgeführt, dass die angegebene Verzehrmenge ausdrücklich nur an eine Dinosaurierspezies gerichtet sei. Nahrungsergänzungsmittel für Tyrannosaurus ergäben keinen Sinn. Der Verbraucher solle sich an dem Unsinn erfreuen, erschließt sich daraus nicht ansatzweise, dass die Lebensmitteleigenschaft nunmehr deshalb zu verneinen wäre. Abgesehen davon, dass diese Begründung wie eine wenig überzeugende und nicht nachvollziehbare Schutzbehauptung wirkt, geht selbst bei einer Doppelfunktion als Scherzartikel und zugleich Lebensmittel (dual use) die Lebensmitteleigenschaft nicht verloren. Im Gegenteil drängt sich weiter auf, dass Hauptzweck des Produkts der Verzehr durch Mensch als Nahrungsergänzungsmittel ist. Die scherzhafte Aufmachung eines Produkts, auch eines Lebensmittels, als Blickfang zur werbenden Abhebung von der Konkurrenz vermag den Erwerb und Verzehr durch Menschen nicht auszuschließen, sondern soll ihn gerade fördern.
Das Merkmal (Aufnahme durch Menschen „nach vernünftigem Ermessen erwartet werden kann“) spielt in den Fällen eine Rolle, in denen die subjektive Zweckbestimmung durch den Inverkehrbringer einer objektivierten Korrektur bedarf. Denn wenn aus objektivierter Sicht die Aufnahme durch den Menschen zu erwarten ist, kann der Stoff oder das Erzeugnis nicht durch eine abweichende subjektive Zweckbestimmung des Herstellers dem Lebensmittelbegriff und somit der Anwendbarkeit des Lebensmittelrechts entzogen werden (Meisterernst in Streinz/Meisterernst, BasisVO/LFGB, 1. Aufl. 2021, Art. 2 Basis-VO Rn. 6 mit ausdrücklichem Bezug auf VG Würzburg, B.v. 8.10.2020 – W 8 S 20.1371 – juris „L-Arginin + L-Citrullin für Weihnachtsmänner“; ähnlich Reinhart, Anmerkung zu OVG Hamburg, B.v. 19.8.2021 – 5 Bs 56/21 in LMuR 2022, 43, S. 52 ff. mit Fußnote 21).
Nach Auffassung des Gerichts ist weiterhin nicht sichergestellt, dass es keinesfalls zum Verzehr durch den Menschen kommt, etwa durch Weglassen verwendungsbezogener Angaben, einer für Menschen geeigneten Verzehrempfehlung sowie weiterer lebensmitteltypischer Kennzeichnungselemente und durch andere eindeutige Maßnahmen, um den Lebensmittelcharakter zweifelsohne auszuschließen. Dies kann etwa durch äußere Umstände (z.B. Darreichung in Futtereimern) oder durch stoffliche Veränderung (z.B. Vergällen, Beizen) geschehen. Entscheidend ist, dass ein Unbeteiligter den Charakter als Lebensmittel, insbesondere auch als Nahrungsergänzungsmittel, unschwer ausscheiden kann. Ein zum Verzehr durch Menschen bestimmter Stoff hört erst dann auf, ein Lebensmittel zu sein, wenn eindeutig erkennbar und zweifelsfrei feststeht, dass der Stoff nicht (mehr) zum menschlichen Verzehr bestimmt ist. Die Möglichkeit, den Stoff noch zum Essen oder Trinken zu verwenden, muss – anders als hier – ausgeschlossen sein (Wehlau, LFGB, 2010, § 5 Rn. 56; VG Würzburg, B.v. 10.3.2021 – W 8 S 21.258 – BeckRS 2021, 6987 Rn. 38; B.v. 10.2.2021 – W 8 S 21.117- juris Rn. 33).
Des Weiteren ist wie auch schon im Sofortverfahren aufgrund der festgestellten Gesundheitsschädlichkeit von einem gravierenden Verstoß gegen das Lebensmittelrecht auszugehen.
Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat im Beschwerdeverfahren die Einstufung des streitgegenständlichen Produkts als „gesundheitsschädlich“ gemäß Art. 14 VO (EG) Nr. 178/2002 unter Berücksichtigung der dort genannten Parameter mit eingehender Begründung ausdrücklich bejaht (BayVGH, B.v. 25.10.2021 – 20 CS 20.3147 – BA S. 5 bis 7 Rn. 7 bis 9). Er hat explizit ausgeführt:
„Soweit mit der Beschwerde schließlich in Abrede gestellt wird, dass das streitgegenständliche Produkt unter Berücksichtigung der Kriterien aus Art. 14 Abs. 3 und 4 VO (EG) Nr. 178/2002 als „gesundheitsschädlich“ i.S.d. Art. 14 Abs. 2 Buchst. a VO (EG) Nr. 178/2002 zu beurteilen sei, verfängt auch dieser Ansatz im Ergebnis nicht. Dabei hält der Senat die vom Verwaltungsgericht und von den Beteiligten im Beschwerdeverfahren umfassend erörterte Frage, für welchen Adressatenkreis, ab welcher Dosierung und welcher Einnahmedauer eine Gesundheitsgefahr aufgrund des freigesetzten Aluminiums besteht, insoweit für nachrangig, als die auf dem Produkt angegebene empfohlene Verzehrmenge (2g täglich) ausdrücklich nur an eine Dinosaurierspezies gerichtet („dem Tyrannosaurus geben“) und aufgrund dessen von vorneherein als unbeachtlich anzusehen ist.
Nach den dem angegriffenen Bescheid zugrundeliegenden und von der Antragstellerin insoweit auch nicht in Zweifel gezogenen Feststellungen des LGL weist das in Vertriebseinheiten von je 500g angebotene streitgegenständliche Produkt einen Aluminiumgehalt von 52,8g/kg auf, wovon – beim Verzehr des Produkts – im Mittel 6,673g/kg freigesetzt werden. Damit geht der Aluminiumgehalt weit über den in Lebensmitteln sonst vorkommenden Wert von durchschnittlich weniger als 5mg/kg (vgl. Bundesinstitut für Risikobewertung, FAQ vom 20.7.2020, abrufbar unter https://mobil.bfr.bund.de/cm/343/fragen-und-antworten-zu-aluminium-in-lebensmitteln-und-verbrauchernahen-produkten.pdf) hinaus. Dass Aluminium jedenfalls bei längerfristigem Verzehr und in höheren Dosierungen gesundheitsschädliche Wirkungen für den Menschen hat, wird im angegriffenen Bescheid nachvollziehbar dargelegt und von der – selbst ausdrücklich den „Die Dosis macht das Gift“-Satz des Paracelsus zitierende – Antragstellerin nicht substantiiert bestritten. Für die Frage, welche Dosierung und welche Einnahmedauer des streitgegenständlichen Produkts der Gefährdungsbeurteilung nach Art. 14 Abs. 3 und 4 VO (EG) Nr. 178/2002 zugrunde zu legen ist, haben sich der Antragsgegner und das Verwaltungsgericht im Ergebnis an der auf dem Produkt angebrachten Verzehrempfehlung von 2g täglich orientiert und diese – (wohl) in der Annahme eines solchen Verbraucherverständnisses – auf Menschen (ohne Altersbeschränkung) bezogen, obwohl sie ausdrücklich nur an einen Tyrannosaurus gerichtet ist. Damit haben sie eine aussagekräftige und auf Menschen bezogene Verzehrempfehlung unterstellt, die der Verpackungshinweis „1x täglich 1 Messlöffel (=2g) in Wasser einrühren und dem Tyrannosaurus geben“ aber offenkundig nicht darstellt und nach dem Vorbringen der Antragstellerin – die eine Bestimmung des Produkts zum Verzehr durch Menschen ja gerade bestreitet – auch nicht sein soll. Nach Auffassung des Senats ist die auf dem Produkt anbegrachte Verzehrempfehlung für die Risikobeurteilung nach Art. 14 Abs. 3 und 4 VO (EG) Nr. 178/2002 daher von vornherein unbeachtlich und das Produkt so zu behandeln, als fehlte jeglicher Dosierungshinweis. Da das optische Erscheinungsbild des Produkts, das durch die Bezeichnung als „Nahrungsergänzungsmittel“, die Zweckbestimmung „Zur Entgiftung“ und das Fehlen jeglicher Vorsichts- oder Warnhinweise geprägt ist, die vollständige Unbedenklichkeit eines Verzehrs durch Menschen suggeriert und zudem die nicht unbeträchtliche Größe der Vertriebseinheit von 500g sowie die Vertriebsform als loses, nicht portioniertes Pulver auch keine besondere Vorsicht und Zurückhaltung bei der Dosierung nahelegt, ist die Frage nach der Sicherheit des Lebensmittels auf Grundlage der Annahme zu beantworten, dass mit einer Einnahme des Produkts in unbeschränkter Menge über einen nicht begrenzten Zeitraum zu rechnen ist (Art. 14 Abs. 3 VO (EG) Nr. 178/2002). Der ausdrückliche Hinweis „Zur Entgiftung“ erhöht im Übrigen zusätzlich die Wahrscheinlichkeit einer langfristigen Einnahme in hohen Dosen, da aus Verbrauchersicht der Eindruck erweckt wird, das Produkt sei der Gesundheit in besonderem Maße zuträglich, indem es dem Körper „Gifte“ entziehe – und damit gerade keine potentiell schädlichen Stoffe zuführe, sondern diese vielmehr eliminiere. Die durch die Beschreibung nahegelegte und aus Verbrauchersicht möglicherweise erhoffte „entgiftende“ Wirkung ist in besonderer Weise geeignet, zu einem dauerhaften Verzehr auch in hoher Dosierung anzuregen.
Das im streitgegenständlichen Produkt enthaltene und beim Verzehr freigesetzte Aluminium kann jedenfalls bei langfristiger und hochdosierter Einnahme gesundheitsschädlich sein (vgl. nur Scientific Opinion of the Panel on Food Additives, Flavourings, Processing Aids an Food Contact Materials on a request from European Commission on Safety of aluminium from dietary intake, The EFSA Journal (2008) 754, S. 28 ff., abrufbar unter https://efsa.onlinelibrary.wiley.com/doi/pdf/10.2903/j.efsa. 2008. 754).
Auch die Antragstellerin stellt lediglich die vom Antragsgegner zugrunde gelegten Grenzwerte und die Annahme eines Verzehrs durch Kleinkinder in Frage, nicht aber die – in dieser Allgemeinheit auch unstrittige – Annahme der potentiellen Gesundheitsschädlichkeit von Aluminium jedenfalls bei langfristiger und hochdosierter Einnahme. Insofern kommt es auf die von Beteiligten im Beschwerdeverfahren erörterten Fragen, auf welche Altersgruppe bei der Risikobeurteilung abzustellen und welche Grenzwerte anzulegen sind, hier schon nicht an.
Der Antragsgegner hat damit jedenfalls im Ergebnis zutreffend festgestellt, dass das streitgegenständliche Produkt ein gesundheitsschädliches und damit nicht sichereres Lebensmittel darstellt, das insofern einem Verkerhrsverbot unterliegt (Art. 14 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Buchst. a der VO (EG) Nr. 178/2002).“
Daran ist festzuhalten.
Soweit der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in einem anderen Verfahren (BayVGH, B.v. 12.8.2021 – 20 CS 21.688 – juris Rn. 9 ff. „Hanföl für Kamele“) kurz zuvor die dortigen Feststellungen des Beklagten zur Gesundheitsschädlichkeit bemängelt hat, treffen diese Einwände auch und gerade aus Sicht des Bayerisches Verwaltungsgerichtshofs vorliegend nicht zu. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hatte in dem anderen Verfahren die Risikoanalyse und die Prognose des Beklagten bemängelt, weil sie nicht anhand der Kriterien des Art. 14 Abs. 4 VO (EG) Nr. 178/2002 erfolgt sind. Er hat dazu ausgeführt, dass bei der Risikobewertung auf die Wahrscheinlichkeit der Realisierung der Gefahr und der Schwere dieser Wirkung als Folge der Realisierung der festgestellten Gefahr abzustellen ist. Von der Gesundheitsschädlichkeit eines Lebensmittels ist dann auszugehen, wenn sich diese aus der Wahrscheinlichkeit des Eintritts einer gesundheitsschädigenden Wirkung oder wegen der Schwere der zu befürchtenden Gesundheitsschäden oder einer Kombination hieraus ergibt. Bei Vorliegen einer potentiell schweren Wirkung ist auch bei geringer Wahrscheinlichkeit Handeln geboten, während bei geringfügigen Wirkungen unter Umständen eine höhere Wahrscheinlichkeit hingenommen werden muss (BayVGH, B.v. 12.8.2021 – 20 CS 21.688 – juris Rn. 10). Wie aber vorstehend zitiert, geht der Bayerische Verwaltungsgerichtshof im vorliegenden Fall von einer „unstrittigen“ Gesundheitsschädlichkeit jedenfalls bei einer anzunehmenden langfristigen und hochdosierten Einnahme aus.
Auch das weitere Vorbringen der Klägerseite in den Schriftsätzen vom 24. November 2021 und vom 11. Januar 2022 sowie in der mündlichen Verhandlung am 14. Februar 2022 rechtfertigt keine andere Beurteilung.
Soweit die Klägerin vorbringt, der Bayerische Verwaltungsgerichtshof argumentiere widersprüchlich, weil er einerseits die Lebensmitteleigenschaft bejahe und andererseits bei der Beurteilung der Gesundheitsgefahr darauf abstelle, dass sich die Klägerin mit dem Produkt an eine Dinosaurierspezies wende, verfängt dieser Einwand nicht. Denn die „Widersprüchlichkeit“ rührt aus dem streitgegenständlichen Produkt, das einerseits kein Lebensmittel sein und keine lebensmittelrechtlichen Vorgaben einhalten will und andererseits gleichwohl den Verzehr durch Menschen offensichtlich bezweckt. Das Risiko einer fehlerhaften oder in sich unschlüssigen und widersprüchlichen Deklaration trägt aber der Lebensmittelunternehmer; es lässt sich nicht auf die zuständige Behörde abwälzen (BayVGH, B.v. 25.10.2021 – 20 CS 20.3147 – BA S. 7 Rn. 9). Die Klägerin muss sich an ihrer Deklaration festhalten lassen. Im Übrigen hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof weiter klargestellt, dass jedenfalls bei einer langfristigen und hochdosierten Einnahme, die anhand der Aufmachung des Produkts und der Aussagen auf dem Etikett gerade nicht ausgeschlossen ist, von einer Gesundheitsschädlichkeit auszugehen ist.
Soweit die Klägerin kritisiert, dass keine zwei voneinander unabhängige Untersuchungen vorlägen, ist dem entgegenzuhalten, dass im vorliegenden Zusammenhang – anders als im Rahmen des § 40 LFGB (Umkehrschluss) – keine zwei solchen Untersuchungen von Rechts wegen vorgeschrieben sind und im Übrigen ordnungsgemäße Untersuchungen erfolgten, die von Klägerseite nicht substanziiert angegriffen oder gar erschüttert wurden. Auf die betreffenden Ausführungen im Sofortverfahren kann Bezug genommen werden (siehe VG Würzburg, B.v. 16.12.2020 – W 8 S 20.1841 – LRE 81, 399 – juris Rn. 45 = BA S. 28/29). Das LGL hat in der mündlichen Verhandlung am 14. Februar 2022 zudem – wie schon zuvor in seinen schriftlichen Stellungnahmen – erneut ausdrücklich erklärt, dass vier gesonderte Untersuchungen stattgefunden hätten und zwar von anderen Personen als die, die dann das Gutachten des LGL erstellt hätten.
Anhaltspunkte dafür, dass das LGL ungeeignete Untersuchungsverfahren oder Methoden angewandt oder die Untersuchungen nicht ordnungsgemäß durchgeführt hätte, sind weder vorgebracht noch sonst ersichtlich (vgl. auch § 64 LFGB zur Veröffentlichung einer amtlichen Sammlung von Verfahren durch das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit). Ebenso ist nicht ersichtlich, dass gegen europäisches Recht verstoßen sein sollte (vgl. Art. 34 VO (EU) 2017/625).
Der weitere klägerische Kritikpunkt, dass keine validen wissenschaftlichen Grundlagen vorlägen und noch Forschungsbedarf hinsichtlich der Bewertung der gesundheitlichen Risiken bestehe, greift ebenfalls nicht (siehe dazu ebenfalls schon VG Würzburg, B.v. 16.12.2020 – W 8 S 20.1841 – LRE 81, 399 – juris Rn. 46 bis 56 = BA S. 29 bis 35). Das streitgegenständliche Produkt weist laut LGL einen Aluminiumgehalt von insgesamt 52,8 g/kg [= 52.800,00 mg/kg] auf, wovon – beim Verzehr des Produkts – im Mittel 6,673 g/kg [= 6.673,00 mg/kg] freigesetzt werden. Damit geht der Aluminiumgehalt weit über den in Lebensmitteln sonst vorkommenden Wert von durchschnittlich weniger als 5 mg/kg hinaus. Der sonst in Lebensmitteln durchschnittlich vorkommende Aluminiumgehalt – gerade auch nach dem Vorbringen der Klägerseite – wird um das Zehntausendfache überschritten.
Die Vertreter des LGL haben in der mündlichen Verhandlung dargelegt, dass jedoch entscheidend die Menge sei, die durch die Aufnahme über den Magen im menschlichen Körper freigesetzt werde, also die 6.673,00 mg/kg.
In der auch von Klägerseite vorgelegten Aussage des BfR (Bundesinstitut für Risikobewertung, FAQ vom 20.7.2020) ist – unter Bezugnahme auf EFSA (Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit) und JECFA (Gemeinsamer Sachverständigenausschusses für Lebensmittelzusatzstoffe der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation [FAO] und der Weltgesundheitsorganisation [WHO] der Vereinten Nationen) – von einer gesundheitlich unbedenklichen wöchentlichen Aufnahmemenge von 1 bzw. 2 mg/kg Aluminium die Rede. Laut LGL ist beim streitgegenständlichen Produkt – unter Berücksichtigung der Verzehrempfehlung für Tyrannosaurus auch bei Menschen – von einer Aufnahmemenge bei Erwachsenen von 1,33 mg/kg, bei Kindern von 5,76 mg/kg auszugehen. Diese begrenzende Verzehrempfehlung hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof – wie oben zitiert – jedoch ausdrücklich als unbeachtlich verworfen.
Soweit die Klägerin vorbringt, es gehe nicht um den Aluminiumgehalt, sondern um die Aluminiumaufnahmemenge, ist dagegen einzuwenden, dass die wöchentliche Aufnahmemenge, die Aufnahmehäufigkeit und Aufnahmedauer durch die konkreten Angaben auf dem Produkt – bezogen auf Menschen oder gar auf Kinder – gerade nicht begrenzt worden ist. Dabei gehen auch hier Unklarheiten des Etiketts zulasten der Klägerin. Dies gilt gerade auch hinsichtlich der weiteren – von der Klägerin für das Produkt gerade aber nicht gemachten – Beschränkungen des Adressatenkreises, des Zeitraums der Aufnahme und der Aufnahmemenge in diesem Zeitraum. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat vielmehr zu Recht darauf hingewiesen, dass die durch die Beschreibung nahegelegte und aus Verbrauchersicht möglicherweise erhoffte „entgiftende“ Wirkung in besonderer Weise geeignet ist, einen dauerhaften Verzehr auch in hoher Dosierung anzuregen.
Zu den gesundheitlichen Risiken der Aufnahme von Aluminium schreibt das BfR (FAQ S. 1), auf die sich die Klägerseite in ihren Schriftsätzen wiederholt ausdrücklich bezieht (siehe etwa deren Anlage CF2): Bei der Betrachtung des Gefährdungspotenzials von Aluminium stehen Wirkungen auf das Nervensystem, auf die geistige und motorische Entwicklung von Nachkommen sowie negative Effekte auf Nieren und Knochen im Vordergrund. Bei gesunden Menschen wird der größte Teil des aufgenommenen Aluminiums über die Nieren ausgeschieden. Bei Menschen mit Nierenerkrankungen, insbesondere chronischer Niereninsuffizienz, funktioniert dieser Ausscheidungsweg jedoch nicht ausreichend, sodass es zu Anreicherungen im Körper kommen kann. Aber auch bei gesunden Menschen kann sich das Leichtmetall bei häufiger und regelmäßiger Aufnahme im Körper, vor allem im Skelettsystem, den Muskeln, der Niere, Leber und im Gehirn, anreichern. Das einmal im Körper „eingelagerte“ Aluminium wird nur sehr langsam wieder ausgeschieden.
Das LGL hat nach Auffassung des Gerichts die Kriterien des Art. 14 Abs. 3 und 4 der VO (EG) 178/2002 hinreichend beachtet. Es ist dabei sogar – zugunsten der Klägerin – von den normalen Bedingungen seiner Verwendung entsprechend der Verzehrempfehlung (zugunsten des Tyrannosaurus) ausgegangen und hat auch des Weiteren die vermittelten Informationen, wie „Zur Entgiftung“, berücksichtigt. Des Weiteren hat es entsprechend des Absatzes 4 des Art. 14 VO (EG) 178/2002 gerade auch die wahrscheinlichen langfristigen Auswirkungen berücksichtigt und auch die besondere gesundheitliche Empfindlichkeit einer bestimmten Verbrauchergruppe. In der mündlichen Verhandlung hat der Vertreter des LGL dazu – wie auch schon in seinen schriftlichen Stellungnahmen – erläutert, dass maßgeblich für die Annahme der Gesundheitsschädlichkeit die Aufnahmemenge bei den Kindern gewesen sei. Die Aufnahmemenge bei den Erwachsenen sei nach ihrer Meinung nicht hinreichend, um eine Gesundheitsschädlichkeit bejahen zu können. Die herangezogenen Werte der beiden Institute mit 1 bzw. 2 mg/kg Aluminium seien gängig und fänden sich auch in anderen Studien. Im streitgegenständlichen Fall sei bei Kindern von einer deutlichen Überschreitung der gesundheitlichen unbedenklichen Menge auszugehen. Die Risikoabschätzung zur Gesundheitsschädlichkeit sei nach der Gesamtlage erfolgt. Relevant sei insbesondere auch, dass Kinder in der Wachstumsphase betroffen seien. Etwa das Nervensystem könne beeinträchtigt werden.
Soweit der Klägerbevollmächtigte eingewendet hat, der TWI-Wert beziehe sich auf eine lebenslängliche Aufnahme; es sei nicht geklärt, was für kürzere Aufnahmezeiten gelte; Kinder würden das Produkt als solche nur bis zum Alter von 18 Jahren nehmen; dann seien es Erwachsene; es fehle an der Begründung der Wahrscheinlichkeit der Gesundheitsschädlichkeit, ist dem entgegenzuhalten, dass TWI (Tolerable Weekly Intake) die zulässige wöchentliche Aufnahmemenge beschreibt. Dies ist die Menge eines beliebigen Stoffes, der über die gesamte Lebenszeit pro Woche aufgenommen werden kann, ohne spürbare Auswirkungen auf die Gesundheit der Verbraucher zu haben. Die beiden Stellen (die europäische Behörde EFSA und der gemeinsame Sachverständigenausschuss JECFA) geben mit 1 mg bzw. 2 mg/kg gerade die Grenze an, welche Aufnahmemengen gesundheitlich unbedenklich sind. Bei größeren Aufnahmemengen kann nicht mehr von einer gesundheitlichen Unbedenklichkeit ausgegangen und eine Gefahr für die menschliche Gesundheit nicht ausgeschlossen werden. Wann die erforderliche Wahrscheinlichkeit einer Gesundheitsschädlichkeit zu bejahen ist, lässt sich dabei nicht allein zahlenmäßig bestimmen, zumal im TWI-Wert ein Sicherheitsfaktor enthalten sein dürfte, sondern bedarf einer Bewertung im Einzelfall, wann unter Berücksichtigung wissenschaftlicher Auffassungen eine Gesundheitsgefährdung wahrscheinlich eintritt (vgl. VGH BW, B.v. 17.9.2020 – 9 S. 2343 – juris Rn. 14 u. 18 f. mit Anmerkung Schigulski in LMuR 2021, 50, 53 f. zum ADI-Wert). Bezogen auf die Aufnahmemenge bei Kindern pro Woche hat das LGL 5,76 mg/kg, also mehr als das Fünffache des Wertes der EFSA von 1 mg/kg bzw. mehr als das Zweieinhalbfache des Wertes des JECFA von 2 mg/kg ermittelt und damit eine deutliche Überschreitung der gesundheitlich unbedenklichen Dosis. Das LGL hat aber nicht allein aus der schlichten Überschreitung des TWI-Wertes die Gesundheitsschädlichkeit bejaht, sondern eine Einzelfallbewertung nach der Gesamtlage vorgenommen. Unter anderem in seiner Stellungnahme vom 8. Dezember 2020 hat das LGL ausgeführt, dass entsprechend den Grundprinzipien der toxikologischen Risikobewertung aus der Aluminiumkonzentration im Lebensmittel die entsprechende Aufnahmemenge berechnet und diese wiederum mit den toxikologischen Beurteilungswerten verglichen worden sei. Da hier eine sehr deutliche Überschreitung der TWI-Werte vorliege, sei das Produkt als gesundheitsschädliches Lebensmittel einzustufen. Bei dieser Feststellung seien insbesondere auch die Anforderungen des Art. 14 Abs. 3 und 4 VO (EG) 178/2002 berücksichtigt worden. Hinsichtlich der Gesundheitsschädlichkeit bei lang andauerndem Konsum sei festzustellen, dass bei der Aufnahme von Aluminium die akute Toxizität tatsächlich von untergeordneter Bedeutung sei, d.h. nach einmaligem Verzehr bzw. dem Verzehr innerhalb eines einzelnen Tages träten in der Regel keine relevanten Wirkungen auf. Dagegen könne jedoch bei regelmäßigen Verzehr über einen gewissen Zeitraum hochrelevante Wirkungen auftreten, z.B. die bereits genannten Wirkungen auf das Nervensystem, auf geistige und motorische Entwicklung von Nachkommen sowie negative Effekte auf Nieren und Knochen. Insbesondere bei einem Nahrungsergänzungsmittel, wie dem vorliegenden Produkt, sei nicht nur von einer einmaligen Aufnahme, sondern vielmehr von einem regelmäßigen Konsum auszugehen. Aufgrund der hohen Überschreitung der TWI-Werte sei daher das vorliegende Produkt als gesundheitsschädlich zu bewerten.
Die Begründung des LGL zur Herleitung der Gesundheitsschädlichkeit auf der Basis der vorliegenden wissenschaftlichen Erkenntnisse ist plausibel. Ergänzend ist weiter festzuhalten, dass auf dem streitgegenständlichen Produkt keine zeitliche Begrenzung der Aufnahme oder eine sonstige Einschränkung, etwa „bei Bedarf“ enthalten ist. Auch der Vermerk „Zur Entgiftung“ ist aus Verbrauchersicht nicht so zu verstehen, dass nur eine einmalige Aufnahme in einen bestimmten Zeitraum zur Entgiftung erfolgen soll, sondern dass vielmehr auch eine dauerhafte Aufnahme zur fortwährenden Entgiftung unbedenklich sein soll und darüber hinaus ein Dinosaurier auf dem Etikett gerade Kinder besonders ansprechen mag. Selbst wenn man zugunsten der Klägerin die Verzehrempfehlung für den Tyrannosaurus heranzieht, ist eine wahrscheinlich eintretende Gesundheitsschädlichkeit zu bejahen, zumal realitätsnah davon auszugehen ist, dass die Aufnahme von Aluminium aus anderen Quellen kumulativ die schädliche Wirkung noch weiter verstärken kann (vgl. Art. 14 Abs. 4 Buchst. b VO (EG) 178/2002). Vorstehendes gilt erst recht, wenn man mit dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof – wie zitiert – davon ausgeht, dass nach der Aufmachung des Produkts darüber hinaus sogar von einer langfristigen und hochdosierten Aufnahme ausgegangen werden muss, sodass erst recht auch unter Berücksichtigung der Kriterien des Art. 14 Abs. 3 und 4 VO (EG) 178/2002 von einer Gesundheitsschädlichkeit auszugehen ist und nicht nur bei Kindern.
Des Weiteren hat die zuständige Behörde die nach Art. 138 Abs. 1 Buchst. b VO (EU) Nr. 2017/625 erforderlichen Maßnahmen zu treffen („ergreifen … geeignete Maßnahmen, …“), wenn sie wie hier einen Verstoß gegen lebensmittelrechtliche Vorschriften feststellt. Dies bedeutet, dass dem Beklagten bei der Feststellung von Verstößen grundsätzlich kein Entschließungsermessen hinsichtlich der Frage des „Ob“ des Einschreitens zusteht. Er ist gehalten zu handeln. Lediglich bei der Frage des „Wie“ des Einschreitens steht ihm ein Ermessen zu, wobei er insoweit die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit zu beachten und insbesondere die Erforderlichkeit und Geeignetheit der zu treffenden Maßnahmen in den Blick zu nehmen hat (vgl. nur VG Regensburg, B.v. 28.9.2021 – RN 5 S 21.1615 – juris Rn. 38).
Ermessensfehler oder einen Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz sind vorliegend nicht zu erkennen.
Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat im Beschwerdeverfahren sowohl einen Ermessensfehler als auch die Möglichkeit einer Um-Etikettierung als milderes Mittel verneint (BayVGH, B.v. 25.10.2021 – 20 CS 20.3147 – BA S. 7 Rn. 9). Er hat dazu ausgeführt:
„Ein justiziabler Ermessensfehler des Antragsgegners im Hinblick auf die getroffenen Anordnungen ist nicht erkennbar; auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts (vgl. S. 35 f. BA) wird insofern verwiesen. Der mit der Beschwerde wiederholte Vortrag der Antragstellerin, wonach eine Um-Etikettierung des Produkts gegenüber dem ausgesprochenen Vertriebsverbot als milderes Mittel anzusehen wäre, greift nicht durch. Insbesondere kommt ein Ausschluss der Gesundheitsschädlichkeit durch Informationen i.S.d. Art. 14 Abs. 3 Buchst. b der VO (EG) Nr. 178/2002 hier schon deshalb nicht als milderes Mittel in Betracht, weil die Antragstellerin das Vorliegen eines Lebensmittels gerade bestreitet und deshalb meint, an die für Lebensmittel geltenden Hinweis- und Deklarationspflichten nicht gebunden zu sein. Insbesondere widerspräche ein Hinweis zur Gesundheitsschädlichkeit für Kleinkinder – wie die Antragstellerin selbst unter Bezugnahme auf eine Kommentierung (Rathke in Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, Stand 03/2020, Art. 14 VO (EG) 178/2002 Rn. 41) vorschlägt – ihrer mit der Produktbeschreibung und -aufmachung im Übrigen deutlich zum Ausdruck gebrachten Intention, ein gerade nicht zum Verzehr durch Menschen bestimmtes Produkt in den Verkehr zu bringen. Eine dergestalt in sich widersprüchliche Produktbeschreibung wäre zur Gefahrenabwehr von vornherein ungeeignet. Ob und – wenn ja – mit welchen Angaben das Inverkehrbringen eines mit dem streitgegenständlichen inhaltlich identischen Produkt als Lebensmittel zulässig wäre, ist hier nicht Verfahrensgegenstand und bedarf daher keiner Entscheidung. Das Risiko einer fehlerhaften oder in sich unschlüssigen Deklaration trägt jedoch der Unternehmer; es lässt sich nicht unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit auf die zuständigen Behörden abwälzen.“
Infolgedessen ist es weder Aufgabe des Beklagten noch des Gerichts, im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung die konkrete Grenze zu bestimmen, wann ein Lebensmittel seine Eigenschaft als solches verliert und nunmehr nur noch als reiner Scherzartikel zu qualifizieren ist bzw. welche Änderungen vorzunehmen wären, um – ausgehend von einem Lebensmittel – die Gesundheitsschädlichkeit zu beseitigen. Abgesehen davon würden die weiteren lebensmittelrechtlichen Verstöße, die die Beklagtenseite aufgelistet hat, wie etwa auch ein Verstoß gegen die Novel-Food-Verordnung dadurch nicht ausgeräumt und blieben weiterhin beachtlich.
Im Übrigen wäre es zwangsläufig ausgeschlossen, ein mit dem streitgegenständlichen Produkt inhaltlich identisches Produkt als Scherzartikel in den Verkehr zu bringen. Welche weiteren Änderungen vorzunehmen wären, um ein Aliud (reiner Scherzartikel statt Lebensmittel) zu erhalten, ist nicht Streitgegenstand.
Des Weiteren ist entgegen dem Vorbringen der Klägerseite ein Grundrechtsverstoß im Ergebnis zu verneinen. Zwar greifen die lebensmittelrechtlichen Anordnungen des Beklagten in Grundrechte der Klägerin ein, jedoch sind diese angesichts der zweifelsfrei festgestellten lebensmittelrechtlichen Verstöße gerechtfertigt. Denn den Freiheitsrechten der Klägerin sind die Grundrechte und der Schutz der Verbraucher entgegenzuhalten. Der Verbraucher erwartet gerade aufgrund der Aufmachung des streitgegenständlichen Produkts – ohne weitere Warnhinweise und dergleichen -, ein gesundheitlich unbedenkliches Nahrungsergänzungsmittel zu erhalten. Das ist aber vorliegend nicht der Fall.
Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat im Beschwerdeverfahren – im Rahmen der Folgenabwägung – ausdrücklich einen Grundrechtsverstoß verneint (BayVGH, B.v. 25.10.2021 – 20 CS 20.3147 – BA S. 8 Rn. 10). Er hat ausdrücklich ausgeführt:
„Unabhängig vom Vorstehenden ginge selbst bei Annahme offener Erfolgsaussichten der Klage eine allgemeine Interessenabwägung zu Lasten der Antragstellerin aus. Auch unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Interessen der Antragstellerin an einem weiteren Vertrieb ihres Produkts bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens aus Art. 12 Abs. 1 GG setzt sich das öffentliche Vollzugsinteresse durch. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die durch ein gesundheitsschädliches und damit nicht sicheres Lebensmittel (Art. 14 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Buchst. a VO (EG) Nr. 178/2002) begründeten Gefahren für Leben und Gesundheit nach der Wertung des Gesetzgebers schon im Regelfall die wirtschaftlichen Interessen des betroffenen Unternehmens überwiegen (vgl. § 39 Abs. 7 Nr. 1 LFGB). Vorliegend tritt hinzu, dass die Gesundheitsgefahren durch langfristige und hochdosierte Einnahme des Produkts aufgrund der irreführenden Deklaration des Produkts, der Größe der Vertriebseinheiten und der Zweckbestimmung „Zur Entgiftung“ als erheblich einzuschätzen sind.“
Selbst wenn die Gesundheitsschädlichkeit zu verneinen wäre – wovon das Gericht ausdrücklich nicht ausgeht -, blieben beachtliche weitere lebensmittelrechtliche Verstöße, wie bereits im Sofortverfahren wie folgt ausgeführt (siehe VG Würzburg, B.v. 16.12.2020 – W 8 S 20.1841 – LRE 81, 399 – juris Rn. 63 = BA S. 37/38):
„Ergänzend wird noch angemerkt, dass es auf die weiteren aktenkundigen lebensmittelrechtlichen Verstöße, die das LGL in seinen nachgereichten Gutachten vom 19. Oktober 2020 und 26. November 2020 noch vorgebracht hat, wie die Überschreitung des zulässigen Höchstgehaltes an Blei, die Verwendung unzulässiger gesundheitsbezogener Angaben, die fehlenden Kennzeichnungselemente sowie das unzulässige Inverkehrbringen eines neuartigen Lebensmittels, nicht ankommt (vgl. zu teils ähnlichen Verstößen bei derselben Antragstellerin bzw. demselben Geschäftsführer zuletzt VG Würzburg, B.v. 8.10.2020 – W 8 S 20.1371 – juris zu einem Nahrungsergänzungsmittel für „Weihnachtsmänner“ bzw. VG Würzburg, B.v. 20.10.2020 – W 8 S 20.1494 – juris zu einem Nahrungsergänzungsmittel für „Gartenzwerge“). Des Weiteren hat der EuGH schon mit Urteil vom 9. November 2016 (C-448/14 – ZLR 2017, 328) – auf Vorlage des BayVGH mit Beschluss vom 15. September 2014 (20 BV 14.1138 – LRE 69, 65) betreffend eine Entscheidung des VG Würzburg (U.v. 23.04.2014 – W 6 K 13.596 – LMRR 2014, 8; siehe auch schon VG Würzburg, B.v. 8.8.2013 – W 6 S 13.597 und dazu BayVGH, B.v. 30.1.2014 – 20 CS 13.1769 – LMuR 2014, 109) – zum Hauptbestandteil des streitgegenständlichen Zeoliths von 90 bis 95% Klinoptilolith entschieden, dass dies ein neuartiges Lebensmittel ist und unter die Novel-Food-Verordnung fällt (damals VO (EG) Nr. 258/97, die sich insoweit aber nicht von der aktuell geltenden Nachfolgeregelung der VO (EG) Nr. 2015/2283 unterscheidet).“
In der mündlichen Verhandlung am 14. Februar 2022 hat das LGL ausdrücklich betont, dass der Bleigehalt des streitgegenständlichen Produkts zu hoch sei und dass weiter von einem neuartigen Lebensmittel auszugehen sei, das nicht zugelassen sei. Das Landratsamt erklärte, sie hätten Informationen über den Bleigehalt und über Novel Food nach Bescheidserlass am 27. November 2020 erhalten. Auch die Vertreterin des LGL erklärte, sie hätten den Bleigehalt schon vorher zusammen mit dem Aluminiumgehalt bestimmt gehabt. Auch die Novel-Food-Eigenschaft sei bei dem Produkt schon zuvor bekannt gegeben. Die Begutachtung sei aber erst am 26. November 2020 erfolgt. Entsprechend ist schon dem Zwischenbefund/Gutachten des LGL vom 19. Oktober 2020 das Untersuchungsergebnis zu Blei enthalten mit einem Wert von 13,1 mg/kg. Dazu ist ausgeführt, dass dieser Wert unter Berücksichtigung der Messunsicherheit (plus/minus 2,7 mg/kg) deutlich über den gemäß Anhang Abschnitt 3 Nr. 3.1.22 VO (EG) 1881/2006 – gemäß der bei Bescheidserlass gültigen Fassung; in der aktuellen Version der Verordnung findet sich der gleiche Wert unter Nr. 3.1.24 – gültigen Höchstgehalt für Blei in Nahrungsergänzungsmitteln von 3,0 mg/kg liegt. Gemäß Art. 1 Abs. 1 VO (EG) 1881/2006 dürfen die im Anhang angeführten Lebensmittel nicht in den Verkehr gebracht werden, wenn sie einem der im Anhang aufgeführten Kontaminanten in einer Menge enthalten, die dem im Anhang festgelegten Höchstgehalt überschreitet. In der Stellungnahme des LGL vom 26. November 2020 an das Landratsamt ist erneut auf die Überschreitung des rechtlich zulässigen Höchstgehaltes für Blei hingewiesen. Des Weiteren ist ausführlich dargelegt, dass es sich bei dem Produkt Zeolith um ein neuartiges Lebensmittel im Sinne Art. 3 Abs. 2 Buchst. a Ziffer iii) VO (EU) 2015/2283 handelt. Das Produkt ist damit nicht für den menschlichen Verzehr als Lebensmittel zugelassen und darf als Lebensmittel nicht in Verkehr gebracht und verwendet werden. Des Weiteren ist die Angabe „Zur Entgiftung“ eine gesundheitsbezogene Angabe, die gemäß Art. 10 Abs. 1 VO (EG) 1924/2006 verboten ist, weil für Zeolith keine derartige Angabe im Sinne von Art. 13 Abs. 1 Buchst. a VO (EG) Nr. 1924/2006 zugelassen ist. Des Weiteren fehlen Pflichthinweise gemäß § 4 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und § 4 Abs. 3 Satz 1 NemV für Nahrungsergänzungsmittel.
Zu diesen Aspekten haben sich weder die Klägerin – der die betreffenden Gutachten des LGL übersandt worden waren (vgl. Schriftsatz des Beklagten vom 1.12.2020 im Sofortverfahren W 8 S 20.1841 sowie vom 14.12.2021 im vorliegenden Klageverfahren) – noch der Bayerische Verwaltungsgerichtshof weiter geäußert (vgl. aber BayVGH, B.v. 12.8.2021 – 20 CS 21.688 – juris Rn. 7 zu „Hanföl für Kamele“, wo der BayVGH ein Verkehrsverbot nach der Novel-Food-Verordnung als naheliegend bezeichnet, das die Behörde jedoch nicht erlassen habe). Gleichwohl wäre gegebenenfalls ein Austausch der Rechtsgrundlage zu erwägen, zumal die Befugnisnorm des Art. 138 Abs. 1 und 2 Buchst. d VO (EU) 2017/625 gleichbliebe und Befugnisrahmen, Zielrichtung und Rechtsfolgen gleichlaufend wären. Nach Art. 6 Abs. 2 der Novel-Food-Verordnung (VO (EU) 2015/2283) dürfen nur zugelassene und gelistete neuartige Lebensmittel in den Verkehr gebracht werden. Nach der Feststellung eines Verstoßes gegen die Novel-Food-Verordnung ist die zuständige Behörde unionsrechtlich zum Einschreiten verpflichtet (vgl. VG Würzburg, U.v. 13.7.2020 – W 8 K 20.164 – juris Rn. 18 f. und 42; B.v. 27.7.2018 – W 8 S 18.904 – juris Rn. 51 sowie VG München, B.v. 6.10.2021 – M 26a S 21.4118 – juris Rn. 64).
Diese weiteren lebensmittelrechtlichen Verstöße sind für sich geeignet, die streitgegenständlichen lebensmittelrechtlichen Anordnungen selbst alleine zu tragen. Dieser Aspekt braucht jedoch wegen der schon festgestellten Gesundheitsschädlichkeit nicht weiter vertieft zu werden.
Die Zwangsgeldandrohung ist nicht zu beanstanden. Insofern kann auf den Beschluss im Sofortverfahren (siehe VG Würzburg, B.v. 16.12.2020 – W 8 S 20.1841 – LRE 81, 399 – juris Rn. 61 = BA S. 36) sowie auf den streitgegenständlichen Bescheid Bezug genommen werden.
Die Erhebung der Bescheidskosten in Höhe von 111,64 EUR (nur Gebühr, keine Auslagen) sind ebenfalls rechtmäßig. Die laufende Nummer 7.IX.11/Tarifstelle 5.7 des Kostenverzeichnisses (KVz) „Anordnung oder Maßnahme nach Art. 138 [VO (EU) 2017/625] oder § 39 Abs. 2 LFGB“ sieht einen Rahmen von 25,00 EUR bis 10.000,00 EUR vor. Die erhobene Gebühr befindet sich am unteren Ende dieses Gebührenrahmens.
Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.