Europarecht

Pflicht zur Angabe der Ursprungsländer auf Honig-Portionspackungen

Aktenzeichen  20 BV 16.1961

Datum:
3.5.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
ZLR – 2018, 825
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GRCh Art. 16
AEUV Art. 28
VO (EU) Nr. 1169/2011 Art. 2 Abs. 2 lit. d, lit. e, Art. 8 Abs. 7, Art. 12 Abs. 2, Art. 26
RL 2001/110/EG Art. 2 Nr. 4 lit. b
LMKV § 3
HonigV § 3
RL 2000/13/EG Art. 1, Art. 13, Art. 14

 

Leitsatz

Honig-Portionspackungen, deren größte Oberfläche mehr als 10 cm2 beträgt, sind auch dann mit der Angabe des Ursprungslandes bzw. der Ursprungsländer des Honigs nach der Richtlinie 2001/110/EG (Honigrichtlinie) in Verbindung mit der Verordnung (EU) Nr. 2269/2011 (Lebensmittelinformationsverordnung) zu kennzeichnen, wenn sie in einer mit den verpflichtenden Angaben versehenen Sammelpackung an Anbieter von Gemeinschaftsverpflegung abgegeben werden. (Rn. 37 – 42)

Verfahrensgang

M 18 K 13.259 2013-09-25 Urt VGMUENCHEN VG München

Tenor

I. Die Berufung wird zurückgewiesen.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu vollstreckenden Kosten abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

Die zulässige Berufung der Klägerin bleibt in der Sache ohne Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen, weil sie mit dem in der mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren gestellten Klageantrag zwar zulässig, aber nicht begründet ist.
Die Feststellungsklage ist zulässig (1.). Sie ist jedoch nicht begründet. Die hierfür maßgebliche Rechtslage ergibt sich aus der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 betreffend die Information der Verbraucher über Lebensmittel (ABl. L 266, S. 7; sog. Lebensmittelinformationsverordnung – LMIV) sowie der Richtlinie 2001/110/EG des Rates vom 20. Dezember 2001 über Honig (ABl. L 10, S. 47; sog. Honigrichtlinie) (2.). Nach diesen Rechtsvorschriften ist die Klägerin verpflichtet, auf den von ihr in den Verkehr gebrachten Honig-Portionsverpackungen das Ursprungsland bzw. die Ursprungsländer des Honigs anzugeben (3.). Diese Auslegung verstößt auch nicht gegen Grundrechte der Klägerin (4.) oder den unionsrechtlichen Grundsatz des freien Warenverkehrs (5.).
1. Die Feststellungsklage ist zulässig, insbesondere steht der Klägerin das erforderliche besondere Feststellungsinteresse zur Seite. Denn zum einen ist die begehrte Feststellung für die Klägerin, wie sie in der mündlichen Verhandlung erneut deutlich gemacht hat, im Hinblick auf ihr künftiges Verhalten, nämlich das Inverkehrbringen von Honig-Portionsverpackungen mit oder ohne Ursprungsangabe, und die damit verbundenen, nicht unerheblichen Dispositionen wesentlich (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, § 43 Rn. 25 m.w.N.). Zum anderen dürfte ein Verstoß gegen die Kennzeichnungspflichten den Tatbestand einer Ordnungswidrigkeit erfüllen (§§ 3 Abs. 4, 4 Nr. 3, 5 Abs. 3 HonigV in Verbindung mit §§ 1 Abs. 1 Nr. 1 b), Abs. 2, 5 Abs. 1 Nr. 9, 6 Abs. 4 Nr. 2 LMIDV), weshalb der Klägerin bei Zuwiderhandlung auch künftig Bußgelder drohen. Auch unter diesem Gesichtspunkt ergibt sich ein berechtigtes Feststellungsinteresse der Klägerin (Möstl in Posser/Wolff, Beck’scher Onlinekommentar zur VwGO, § 43 Rn. 19.2; Kopp/Schenke, VwGO, § 43 Rn. 24 m.w.N. zur Rspr. des BVerwG).
2. Die maßgebliche Rechtslage ergibt sich aus der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 (vgl. dort Art. 55), der zu ihrer Durchführung gemäß Art. 291 Abs. 1 AEUV in der Bundesrepublik Deutschland erlassenen Verordnung zur Anpassung nationaler Rechtsvorschriften an die VO (EU) Nr. 1169/2011 betreffend die Information über Lebensmittel vom 5. Juli 2017, in Kraft getreten am 13. Juli 2017 (Lebensmittelinformations-Durchführungsverordnung) sowie der Honigrichtlinie 2001/110/EG und der zu ihrer Umsetzung in der Bundesrepublik Deutschland erlassenen Honigverordnung vom 16. Januar 2004 (BGBl. I S. 92) in der Fassung der Verordnung vom 5. Juli 2017. Die Klägerin hat durch ihren in der mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren formulierten Antrag klargestellt, dass es ihr nicht (mehr) um eine Feststellung der Rechtslage für die Vergangenheit geht, soweit der Sachverhalt Gegenstand eines Bußgeldverfahrens war. Denn das Bußgeldverfahren gegen die Klägerin wurde inzwischen eingestellt. Die Klägerin begehrt somit lediglich die Feststellung der Rechtslage für die Gegenwart und die Zukunft auf der Grundlage der ab dem 13. Dezember 2014 geltenden Rechtsvorschriften. Eine Klageänderung im Sinne des § 91 Abs. 1 VwGO, die im Berufungsverfahren grundsätzlich zulässig ist (vgl. Rennert in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 91 Rn. 31; Ortloff/Riese in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 91 Rn. 93; Wolff in Posser/Wolff, Beck’scher Onlinekommentar zur VwGO, § 91 Rn. 20), ist in dieser Klarstellung des Klageantrags nicht zu sehen, weil in der Änderung der zugrunde liegenden Rechtsvorschriften bzw. der darauf bezogenen Anpassung des Klageantrags keine Änderung des Streitgegenstandes zu sehen ist. Der Streitgegenstand einer Feststellungsklage ist das konkret festzustellende Rechtsverhältnis, d.h. die sich aus einem konkreten Sachverhalt aufgrund einer Norm des öffentlichen Rechts ergebenden rechtlichen Beziehungen zwischen Personen, gegebenenfalls im Verhältnis zu einer Sache (Pietzcker in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 43 Rn. 5; Sodan in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 43 Rn. 7). Die Elemente des festzustellenden Rechtsverhältnisses sind demnach der zugrundeliegende Sachverhalt sowie die daraus resultierenden rechtlichen Beziehungen, d.h. hier die Berechtigung der Klägerin, die streitgegenständlichen Portionsverpackungen ohne Angabe des Ursprungslandes bzw. der Ursprungsländer in den Verkehr zu bringen. Nicht zum Streitgegenstand gehört dagegen die anzuwendende Rechtsnorm des öffentlichen Rechts, denn diese bildet gleichsam die Grundlage der begehrten Feststellung, ist aber nicht Gegenstand derselben.
3. Bei den von der Klägerin in den Verkehr gebrachten Honig-Portionspackungen handelt es sich um ein „vorverpacktes Lebensmittel“, auf welchem das Ursprungsland bzw. die Ursprungsländer anzugeben sind. Dies folgt aus Art. 6, 9 Abs. 1 i), 12 Abs. 2, 26 Abs. 1 und 53 Abs. 2 VO (EU) Nr. 1169/2011 (LMIV) in Verbindung mit Art. 2 Nr. 4 a) der Honigrichtlinie RL 2001/110/EG. Nach der Überzeugung des Senats lässt sich insoweit die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs im Vorabentscheidungsverfahren vom 22. September 2016 (Rechtssache C-113/15, juris) zur Rechtslage nach der Richtlinie 2000/13/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. März 2000 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Etikettierung und Aufmachung von Lebensmitteln sowie die Werbung hierfür (ABl. L 109, S. 29; sog. Lebensmitteletikettierungsrichtlinie) übertragen. Zwar wurde die Lebensmitteletikettierungsrichtlinie gemäß Art. 53 Abs. 1 VO (EU) Nr. 1169/2011 mit Wirkung vom 13. Dezember 2014 aufgehoben. Die maßgeblichen Vorschriften der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 entsprechen jedoch nach ihrem Wortlaut, systematischen Zusammenhang sowie Sinn und Zweck im Wesentlichen den vom Europäischen Gerichtshof ausgelegten Vorschriften der Richtlinie 2000/13/EG.
a) Dieses Ergebnis folgt für den Senat aus einer Auslegung der einschlägigen Vorschriften der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011, der aufgrund ihrer unmittelbaren Geltung in den Mitgliedstaaten gemäß Art. 288 Abs. 2 AEUV Anwendungsvorrang gegenüber nationalem Recht zukommt. Zu berücksichtigen ist dabei höherrangiges Recht, insbesondere die europäischen Grundrechte und die Grundfreiheiten des Binnenmarktes. Dagegen ist der Verwaltungsgerichtshof nicht an die Rechtsauffassungen gebunden, die in dem Dokument der von der Generaldirektion Gesundheit und Verbraucher der Europäischen Kommission eingesetzten Sachverständigengruppe „Fragen und Antworten zur Anwendung der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 betreffend die Information und Verbraucher über Lebensmittel“ vom 31. Januar 2013 einerseits sowie in dem Beschluss des ALTS vom 19./21. Juni 2017 andererseits geäußert werden. Aufgrund der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 22. September 2016 steht fest, dass dem Dokument der Sachverständigengruppe vom 31. Januar 2013 keinerlei Bindungswirkung zukommt (C-113/15, juris Rn. 78). Dasselbe gilt für den Beschluss des Arbeitskreises der auf dem Gebiet der Lebensmittelhygiene und der Lebensmittel tierischer Herkunft tätigen Sachverständigen (ALTS). Bei dem ALTS handelt es sich um ein Sachverständigengremium, das sich aus Vertretern der amtlichen Untersuchungseinrichtungen von Bund und Ländern, Gegenprobesachverständigen und Vertretern der Bundesforschungsanstalten und der Lehrstühle der Universitäten auf den Gebieten der vom Tier stammenden Lebensmittel, Lebensmittelhygiene und Mikrobiologie unter dem Vorsitz eines Vertreters der amtlichen Untersuchungseinrichtungen zusammensetzt. Die Geschäftsführung wird vom Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) wahrgenommen (https://www.bvl.bund.de/DE/01_Lebensmittel/01_Aufgaben/ 02_AmtlicheLebensmittelueberwachung/13_ALTS/lm_ALTS_node.html). Die Aufgabenstellung dieses Gremiums besteht damit im wissenschaftlichen Erfahrungs- und Meinungsaustausch. Ihm kommt beratende Funktion zu. Es kann daher schon von den Grundlagen seiner Errichtung, aber auch von seiner Zusammensetzung her lediglich Standpunkte und Empfehlungen aus fachlicher Sicht abgeben, denen als solchen jedoch kein rechtlich verbindlicher Charakter zukommt. Eine Bindung der behördlichen Vollzugspraxis an die Empfehlungen des ALTS bedürfte entsprechender Weisungen der zuständigen Rechts- und Fachaufsichtsbehörden an die nachgeordneten Behörden in der Form von Verwaltungsvorschriften. Derartige norminterpretierende oder normkonkretisierende Verwaltungsvorschriften liegen hier jedoch nicht vor. Norminterpretierende Verwaltungsvorschriften, welche der Verwaltung eine bestimmte Auslegung eines unbestimmten Rechtsbegriffs ohne Beurteilungsspielraum vorgeben, binden im Übrigen zwar die Behörden im Innenverhältnis, im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 GG aber nicht auch die Gerichte und können von ihnen daher grundsätzlich vollinhaltlich auf ihre Vereinbarkeit mit Gesetz und Verfassung überprüft werden (Schmitz in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 1 Rn. 213). Normkonkretisierenden Verwaltungsvorschriften kommt zwar eine Bindungswirkung auch für die Gerichte zu, wenn sie der Ausfüllung unbestimmter Rechtsbegriffe mit Beurteilungsspielraum dienen, weil der mit dem erforderlichen Fachwissen ausgestatteten und insoweit sachnäheren Verwaltung eine Einschätzungsprärogative eingeräumt und die richterliche Kontrolle im entsprechenden Umfang zurückgenommen wird (vgl. Schmitz a.a.O. Rn. 214). Die Beschlüsse des ALTS haben jedoch nach dem Vorstehenden auch nicht den Charakter von normkonkretisierenden Verwaltungsvorschriften. Dies folgt schon daraus, dass die maßgeblichen Rechtsvorschriften der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 und der Richtlinie 2001/110/EG keine unbestimmten Rechtsbegriffe mit Beurteilungsspielraum enthalten. Der Verweis der Klägerin auf eine Bindungswirkung des ALTS-Beschlusses aufgrund von Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit der Vollzugspraxis geht fehl. Eine Bindungswirkung im Hinblick auf den allgemeinen Gleichheitssatz gemäß Art. 3 Abs. 1 GG kommt einer Verwaltungspraxis dann zu, wenn die Verwaltung sich durch entsprechende ermessenslenkende Verwaltungsvorschriften oder Weisungen selbst auf eine bestimmte Handhabung gleichgelagerter Fälle festgelegt hat (Selbstbindung der Verwaltung, vgl. dazu Schmitz a.a.O., § 1 Rn. 215). Bei der Frage der Kennzeichnungspflicht von Honig-Portionspackungen ist der Verwaltung jedoch kein Ermessen eingeräumt. Schließlich ergibt sich auch aus dem Urteil des Verwaltungsgerichts Oldenburg vom 5. Dezember 2017 (Az. 7 A 4064/16, juris), welches die Klägerin zur Stützung ihrer Rechtsauffassung heranzieht, keine tragfähige Begründung für eine rechtliche Bindungswirkung von Beschlüssen des ALTS. Vielmehr hat das Verwaltungsgericht Oldenburg im genannten Fall einen ALTS-Beschluss als fachliche Bewertungsgrundlage für die Einschätzung herangezogen, ob in einem bestimmten Fall eine Irreführung des Verbrauchers vorliegt (VG Oldenburg, U.v. 5.12.2017 – 7 A 4064/16 – juris Rn. 29).
b) Die Pflicht zur Angabe des Ursprungslandes bzw. der Ursprungsländer des Honigs ist in Art. 2 Nr. 4 b) RL 2001/110/EG als Pflichtangabe gemäß Art. 3 RL 2000/13/EG geregelt. Ursprungsland ist beim Honig nach Art. 2 Nr. 4 a) RL 2001/110/EG das Land, in dem der Honig erzeugt wurde, d.h. wo die Bienen den Nektar oder Honigtau gesammelt haben, wobei der Begriff des „Landes“ den jeweiligen Mitgliedstaat der Europäischen Union bezeichnet (Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, C 350 HonigV, § 3 Rn. 12). Nach Art. 2 Nr. 4 b) RL 2001/110/EG handelt es sich bei der Angabe des Ursprungslandes bzw. der Ursprungsländer des Honigs somit um eine Pflichtangabe im Sinne des Art. 3 der (mittlerweile aufgehobenen) Richtlinie 2000/13/EG (EuGH, U.v. 22.9.2016 – C-113/15 – juris Rn. 42). Dies gilt ebenso für die Lebensmittelinformationsverordnung Nr. 1169/2011. Gemäß Art. 53 Abs. 2 VO (EU) Nr. 1169/2011 gelten Verweise auf die Etikettierungsrichtlinie 2000/13/EG nunmehr als Verweise auf die Lebensmittelinformationsverordnung (EU) Nr. 1169/2011. Es handelt sich somit bei der Angabe des Ursprungslandes bzw. der Ursprungsländer auch um eine Pflichtangabe im Sinne des Art. 9 Abs. 1 i) VO (EU) Nr. 1169/2011. Danach ist die Angabe des Ursprungslandes eines Lebensmittels nach Maßgabe der Artikel 10 bis 35 und vorbehaltlich der im Kapitel IV (Art. 9 bis 35) der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 vorgesehenen Ausnahmen dort verpflichtend, wo dies nach Art. 26 VO (EU) Nr. 1169/2011 vorgesehen ist. Offen bleiben kann, ob im vorliegenden Falle Absatz 1 oder Absatz 2 a) des Art. 26 VO (EU) Nr. 1169/2011 anzuwenden ist, weil die Anwendung beider Vorschriften zu demselben Ergebnis führt. Nach Art. 26 Abs. 1 lässt die Anwendung des Artikels 26 die Kennzeichnungsvorschriften bestimmter Rechtsvorschriften der Union, insbesondere der Verordnung (EG) Nr. 509/2006 des Rates vom 20. März 2006 über die garantiert traditionellen Spezialitäten bei Agrarerzeugnissen und Lebensmitteln und der Verordnung Nr. 510/2006 des Rates vom 20. März 2006 zum Schutz von geografischen Angaben und Ursprungsbezeichnungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel unberührt. Bei der Kennzeichnungspflicht nach Art. 2 Nr. 4 der Honigrichtlinie 2001/110/EG handelt es sich um eine Spezialvorschrift im Sinne des Art. 26 Abs. 1 VO (EU) Nr. 1169/2011. Es kommt somit nicht auf die Frage der Irreführung der Verbraucher an (Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, C 350 HonigV § 3 Rn. 11a). Denn nach Art. 1 Abs. 4 VO (EU) Nr. 1169/2011 geht Art. 2 Nr. 4 RL 2001/110/EG als sog. vertikale Regelung für Honig den für alle Lebensmittel geltenden, horizontalen Regelungen der Verordnung vor (vgl. Erwägungsgrund 5 der VO (EU) Nr. 1169/2011 sowie Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, Nr. C 113 LMIV Art. 1 Rn. 25 f.; Hagenmeyer, LMIV, Art. 1 Rn. 15 und Art. 26 Rn. 1a; ebenso – zum Verhältnis von Honigrichtlinie und Lebensmittel-Etikettierungsrichtlinie – EuGH, U.v. 22.9.2016 – C-113/15 – juris Rn. 40 f.). Dem gegenüber ist nach Art. 26 Abs. 2 a) VO (EU) Nr. 1169/2011 die Angabe des Ursprungslands oder des Herkunftsortes u.a. verpflichtend, falls ohne diese Angabe eine Irreführung der Verbraucher über das tatsächliche Ursprungsland des Lebensmittels möglich wäre, insbesondere wenn die dem Lebensmittel beigefügten Informationen oder das Etikett insgesamt sonst den Eindruck erwecken würden, das Lebensmittel komme aus einem anderen Ursprungsland oder Herkunftsort. Zu Art. 3 Nr. 8 RL 2000/13/EG hat der Europäische Gerichtshof festgestellt, dass das Fehlen der Angabe des Ursprungslandes oder der Ursprungsländer des Honigs geeignet ist, einen Irrtum des Verbrauchers über den tatsächlichen Ursprung oder die wahre Herkunft des Honigs hervorzurufen (EuGH, U.v. 22.9.2016 – C-113/15 juris Rn. 44; Hagenmeyer, LMIV, Art. 26 Rn. 4). Art. 26 Abs. 2 a) VO (EU) Nr. 1169/2011 ist insoweit im Wesentlichen inhaltsgleich mit Art. 3 Nr. 8 RL 2000/13/EG (Hagenmeyer, LMIV, Art. 26 Rn. 1a), er wurde lediglich um den Einschub erweitert, der mit dem Wort „insbesondere“ beginnt, welches aber nur eine nicht abschließende, beispielhafte Nennung oder Aufzählung bestimmter Tatbestände kennzeichnet. Die Pflicht zur Angabe des Ursprungslandes nach Art. 9 i) VO (EU) Nr. 1169/2011 lässt sich damit auch auf Art. 26 Abs. 2 a) VO (EU) Nr. 1169/2011 stützen.
c) Gemäß Art. 6 VO (EU) Nr. 1169/2011 sind jedem Lebensmittel, das für die Lieferung an Endverbraucher oder an Anbieter von Gemeinschaftsverpflegung bestimmt ist, Informationen nach Maßgabe dieser Verordnung beizufügen. Die von der Klägerin in den Verkehr gebrachten Honig-Portionspackungen sind für die Lieferung an Anbieter von Gemeinschaftsverpflegung bestimmt. Darunter sind gemäß der Begriffsbestimmung in Art. 2 Abs. 2 d) VO (EU) Nr. 1169/2011 „Einrichtungen jeder Art (darunter auch Fahrzeuge oder fest installierte oder mobile Stände) wie Restaurants, Kantinen, Schulen, Krankenhäuser oder Catering-Unternehmen, in denen im Rahmen einer gewerblichen Tätigkeit Lebensmittel für den unmittelbaren Verzehr durch den Endverbraucher zubereitet werden“ zu verstehen. Der Begriff des Anbieters von Gemeinschaftsverpflegung ist insoweit inhaltsgleich mit dem Begriff der „gemeinschaftlichen Einrichtungen“ nach Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 2000/13/EG. Demnach galt die Etikettierungsrichtlinie auch für Lebensmittel, die an „Krankenhäuser, Gaststätten, Kantinen und ähnliche gemeinschaftliche Einrichtungen („gemeinschaftliche Einrichtungen“ genannt) abgegeben werden sollen. Wie der Europäische Gerichtshof zu der vorgenannten Richtlinie festgestellt hat, gilt die Pflicht zur Angabe des Ursprungslandes des Honigs auf der Vorverpackung oder auf einem mit ihr verbundenen Etikett auch für Honig-Portionspackungen, die an solche gemeinschaftlichen Einrichtungen abgegeben werden (EuGH, U.v. 22.9.2016 – C-113/15 – juris Rn. 44 f.). Aus dem in der Begriffsbestimmung des Art. 2 Abs. 2 d) VO (EU) Nr. 1169/2011 enthaltenen Merkmal „für den unmittelbaren Verzehr durch den Verbraucher“, welches sich in Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 2000/13/EG nicht findet, folgt keine andere inhaltliche Betrachtungsweise. Wie aus dem Wortlaut in anderen Sprachfassungen („to be ready for consumption by the final consumer“, „pretes à etre consommées par le consommateur final“) deutlicher als aus dem deutschen Wortlaut hervorgeht, meint die Formulierung, dass das betreffende Lebensmittel gegebenenfalls so zubereitet wird, dass keine weitere Zubereitung vor dem Verzehr erforderlich ist, d.h. dass eine verzehrfertige Abgabe erfolgt (Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, C 113 LMIV, Art. 2 Rn. 58; zur Notwendigkeit des Vergleichs verschiedener Sprachfassungen bei der Auslegung EuGH, U.v. 22.9.2016 – C-113/15 – juris Rn. 58 m.w.N.). Dieses Merkmal ist sowohl bei einer Abgabe der Honig-Portionspackung in einer fertig zusammengestellten Mahlzeit als auch bei einem (unterstellten) Einzelverkauf derselben erfüllt.
d) Die Pflicht zur Angabe des Ursprungslandes bzw. der Ursprungsländer betrifft -unbeschadet der Kennzeichnungspflicht hinsichtlich des Sammelkartons, über die zwischen den Beteiligten Einigkeit besteht – auch die streitgegenständlichen Honig-Portionspackungen. Denn die verpflichtenden Informationen und damit auch die Angabe des Ursprungslandes bzw. der Ursprungsländer sind bei vorverpackten Lebensmitteln gemäß Art. 12 Abs. 2 VO (EU) Nr. 1169/2011 direkt auf der Verpackung oder auf einem an dieser befestigten Etikett anzubringen. Die streitgegenständlichen Honig-Portionspackungen stellen als solche, d.h. ohne den mehrere Portionspackungen umschließenden Sammelkarton, ein vorverpacktes Lebensmittel dar. Dies bedeutet, dass die entsprechenden Angaben auf den streitgegenständlichen Honig-Portionspackungen, denen kein Etikett beigefügt ist, anzugeben sind. Davon ist der Europäische Gerichtshof in seiner Entscheidung zu Art. 1 Abs. 3 Buchstabe b) RL 2000/13/EG ausgegangen (EuGH, U.v. 22.9.2016 – C-113/15 – juris Rn. 54 ff.). Danach ist für das Vorliegen eines vorverpackten Lebensmittels maßgeblich, dass „eine Situation vorliegt, in der die Portionspackungen dazu bestimmt sind, ohne weitere Verarbeitung dem Endverbraucher in einer Gemeinschaftseinrichtung feilgeboten zu werden“ (EuGH a.a.O., Rn. 80 m.V.a. Rn. 63, 64). Dies hat der Europäische Gerichtshof bejaht, soweit die Honig-Portionspackungen als Teil einer verzehrfertigen Mahlzeit – beispielsweise eines Frühstücks in einem Hotel – oder einzeln abgegeben werden (EuGH a.a.O., Rn. 62 ff.). Eine Unterscheidung, ob es sich bei dem Verkauf der Portionspackungen um Einzelverkauf handelt oder nicht, ist demnach nicht erforderlich (EuGH a.a.O., Rn. 81). Eine solche Unterscheidung wäre im Übrigen auch lebensfremd, da es letztlich von der individuellen Entscheidung des Verbrauchers abhängt und von dem Anbieter der Gemeinschaftsverpflegung nicht kontrollierbar ist, ob eine Portionspackung beispielsweise mit dem Frühstück verzehrt oder in verschlossenem Zustand mitgenommen wird. Die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zur Lebensmitteletikettierungsrichtlinie ist auch auf die hier anzuwendende Lebensmittelinformationsverordnung übertragbar, wenngleich sich der Gerichtshof zur letztgenannten Verordnung nicht geäußert hat (vgl. EuGH, U.v. 22.9.2016 – C-113/15 – juris Rn. 36). Der Senat teilt die Einschätzung der Generalanwältin beim Europäischen Gerichtshof im Verfahren Az. C-113/15, dass die Rechtslage nach der Lebensmitteletikettierungsrichtlinie (RL 2000/13/EG) und der Lebensmittelinformationsverordnung (VO (EU) Nr. 1169/2011) gleich zu beurteilen ist (Schlussantrag der Generalanwältin Sharpston v. 5.4.2016, C-113/15 – juris Rn. 68 ff.). Denn die einschlägigen Rechtsvorschriften der Lebensmittel-Informationsverordnung zur Kennzeichnungspflicht bei vorverpackten Lebensmitteln weichen zwar teilweise im Wortlaut, jedoch nicht in Inhalt, Systematik und Regelungszweck von den entsprechenden Vorschriften der Lebensmittel-Etikettierungsrichtlinie ab. Dies gilt zunächst für den Begriff des vorverpackten Lebensmittels. Darunter versteht die Begriffsbestimmung in Art. 2 Abs. 2 Buchstabe e) VO (EU) Nr. 1169/2011 jede Verkaufseinheit, die als solche an den Endverbraucher und an Anbieter von Gemeinschaftsverpflegung abgegeben werden soll und die aus einem Lebensmittel und der Verpackung besteht, in die das Lebensmittel vor dem Feilbieten verpackt worden ist, gleichviel, ob die Verpackung es ganz oder teilweise umschließt, jedoch auf solche Weise, dass der Inhalt nicht verändert werden kann, ohne dass die Verpackung geöffnet werden muss oder eine Veränderung erfährt. Entscheidend ist hierfür, dass der Inhalt der Honig-Portionsbecher nicht ohne Öffnen oder Verändern derselben verändert werden kann (vgl. Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, C 113 LMIV Art. 2 Rn. 66; Hagenmeyer, LMIV, Art. 2 Rn. 57). Der Wortlaut dieser Begriffsbestimmung ist nahezu identisch mit demjenigen in Art. 1 Abs. 3 Buchstabe b) RL 2000/13/EG. Auch aus der Entstehungsgeschichte der Lebensmittelinformationsverordnung ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass der Unionsgesetzgeber dem Begriff des vorverpackten Lebensmittels in der Verordnung eine andere Tragweite beimessen wollte als in der Lebensmitteletikettierungsrichtlinie. Vielmehr wurde der von der Europäischen Kommission anstelle des vorverpackten Lebensmittels vorgeschlagene Begriff des „fertig verpackten Lebensmittels“ (Art. 2 Abs. 2 Buchstabe e) des Kommissionsvorschlags v. 30.1.2008, KOM (2008) 40 endg.) vom Unionsgesetzgeber gerade nicht aufgegriffen. Vor diesem Hintergrund zeigt die Beibehaltung des Begriffs aus der Lebensmitteletikettierungsrichtlinie, dass an der ursprünglichen Terminologie bewusst festgehalten wurde, sodass unter dem Gesichtspunkt der historischen Auslegung nichts für einen anderen Bedeutungsgehalt des Begriffs des vorverpackten Lebensmittels in der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 gegenüber der Richtlinie 2000/13/EG spricht. Auch vermag unter systematischen Gesichtspunkten die Verpackung der Portionsbecher in Sammelkartons vor der Auslieferung an der Einstufung des einzelnen Portionsbechers als Vorverpackung nichts zu ändern, da eine Vorverpackung begrifflich wiederum aus einer Zusammenfassung mehrerer (Einzel-)Vorverpackungen bestehen kann, wie die Regelung in Art. 8 Abs. 2 Buchstabe c) RL 2000/13/EG zeigt. Des Weiteren unterstreichen Sinn und Zweck der genannten Verordnungsvorschriften dieses Auslegungsergebnis. Die Regelungszwecke der Lebensmittelinformationsverordnung und der Lebensmitteletikettierungsrichtlinie sind dieselben, wie aus den Erwägungsgründen 3, 17 und 22 sowie Art. 1 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 VO (EU) Nr. 1169/2011 hervorgeht (vgl. Schlussantrag der Generalanwältin v. 5.4.2016 – C-113/15 – juris Rn. 71). Danach dient die Bereitstellung von Informationen über Lebensmittel einem umfassenden Schutz der Gesundheit und Interessen der Verbraucher, indem Endverbrauchern eine Grundlage für eine sachkundige Wahl und die sichere Verwendung von Lebensmitteln unter besonderer Berücksichtigung von gesundheitlichen, wirtschaftlichen, umweltbezogenen, sozialen und ethischen Gesichtspunkten geboten wird (Art. 3 Abs. 1 VO (EU) Nr. 1169/2011). Diesem Schutzzweck wird aber nur dann genügt, wenn sich die Angabe des Ursprungslandes bzw. der Ursprungsländer des Honigs bereits auf der Portionspackung befindet. Anderenfalls müsste sich der Endverbraucher nämlich vor dem Erwerb der Honig-Portionspackung – ob in einer fertig zusammengestellten Mahlzeit oder, beispielsweise am Frühstücksbuffet, einzeln – bei dem Anbieter, beispielsweise dem Hotelier oder der Leitung des Krankenhauses bzw. Seniorenheimes bzw. deren Beauftragten nach dem Ursprungsland bzw. den Ursprungsländern erkundigen oder – etwa aus Zeitmangel – auf den Konsum des Honigs verzichten. Derlei Erschwernisse dienen ersichtlich nicht dem Ziel, den Verbrauchern eine sachkundige Entscheidung zu ermöglichen. Ferner greift vorliegend auch die Ausnahme nach Art. 16 Abs. 2 Satz 1 VO (EU) Nr. 1169/2011 nicht (vgl. zum inhaltsgleichen Art. 13 Abs. 4 RL 2000/13/EG EuGH, U.v. 22.9.2016 – C-113/15 – juris Rn. 74 f.), weil die größte Oberfläche der streitgegenständlichen Honig-Portionspackungen mehr als 10 cm2 beträgt, worüber zwischen den Beteiligten auch Übereinstimmung besteht.
e) Die Pflicht zur Angabe des Ursprungslandes bzw. der Ursprungsländer auf der Honig-Portionspackung trifft die Klägerin als Herstellerin und damit verantwortliche Lebensmittelunternehmerin im Sinne der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011. Verantwortlich für die Information über ein Lebensmittel ist gemäß Art. 8 Abs. 1 Alt. 1 VO (EU) Nr. 1169/2011 der Lebensmittelunternehmer, unter dessen Namen oder Firma das Lebensmittel vermarktet wird. Hinsichtlich des Begriffs des Lebensmittelunternehmers verweist Art. 2 Abs. 1 a) VO (EU) Nr. 1169/2011 auf die Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit (ABl. L 31, S. 1; sog. Lebensmittel-Basisverordnung; vgl. auch Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, C 113, Art: 8 Rn. 22). Dort sind in Art. 3 Nr. 3 VO (EG) Nr. 178/2002 als Lebensmittelunternehmer die natürlichen oder juristischen Personen definiert, die dafür verantwortlich sind, dass die Anforderungen des Lebensmittelrechts in dem ihrer Kontrolle unterstehenden Lebensmittelunternehmen erfüllt werden. Bei vorverpackten Lebensmitteln ist dies der in der Kennzeichnung gemäß Art. 9 Abs. 1 h), Art. 12 Abs. 2 VO (EU) Nr. 1169/2011 genannte Lebensmittelunternehmer (Zipfel/Rathke a.a.O., Art. 8 Rn. 25). Die Klägerin, unter deren auf die streitgegenständlichen Honig-Portionspackungen aufgedruckten Firma dieselben in den Verkehr gebracht werden, ist damit nach Art. 8 Abs. 1 VO (EU) Nr. 1169/2011 die für die Information primär verantwortliche Lebensmittelunternehmerin (vgl. Zipfel/Rathke a.a.O., Art. 8 Rn. 31 ff.). Als solche gewährleistet sie gemäß Art. 8 Abs. 2 VO (EU) Nr. 1169/2011 gemäß dem anwendbaren Lebensmittelinformationsrecht und den Anforderungen der einschlägigen einzelstaatlichen Rechtsvorschriften das Vorhandensein und die Richtigkeit der Informationen über das Lebensmittel. Sie muss folglich dafür einstehen, dass alle vorgeschriebenen Kennzeichnungselemente ordnungsgemäß und entsprechend Art. 12 Abs. 1 und 2 VO (EU) Nr. 1169/2011 bereitgestellt werden (Hagenmeyer, LMIV, Art. 8 Rn. 4). Damit trifft die Klägerin die primäre Verantwortlichkeit für das Vorhandensein und die Richtigkeit der Ursprungsbezeichnung auf den einzelnen Honig-Portionsverpackungen. Im Falle der Vermarktung über mehrere Stufen, wie hier durch die Lieferung an Anbieter von Gemeinschaftsverpflegung, trifft die Klägerin nach Art. 8 Abs. 7 VO (EU) Nr. 1169/2011 eine Pflicht zur Informationsweitergabe (Hagenmeyer a.a.O., Art. 8 Rn. 9). Ohne Erfolg beruft sie sich insoweit auf die Kennzeichnungserleichterung nach Art. 8 Abs. 7 UAbs. 1 a) oder b) VO (EU) Nr. 1169/2011. In den dort genannten Fällen stellen die Lebensmittelunternehmer in den ihrer Kontrolle unterstehenden Unternehmen sicher, dass die nach den Artikeln 9 und 10 verlangten verpflichtenden Angaben – darunter gemäß Art. 9 Abs. 1 i) VO (EU) Nr. 1169/2011 das Ursprungsland oder die Ursprungsländer – auf der Vorverpackung, auf einem mit ihr verbundenen Etikett oder auf Handelspapieren, die sich auf das Lebensmittel beziehen, erscheinen, sofern gewährleistet werden kann, dass diese Papiere entweder dem Lebensmittel beiliegen oder aber vor oder gleichzeitig mit der Lieferung versendet wurden. Da im vorliegenden Falle der Verkauf an Anbieter von Gemeinschaftsverpflegung erfolgt, greift Art. 8 Abs. 7 UAbs. 1 a) VO (EU) Nr. 1169/2011 nicht. Diese Vorschrift regelt den Fall, dass vorverpackte Lebensmittel für den Endverbraucher bestimmt sind, aber auf einer dem Verkauf an den Endverbraucher vorangehenden Stufe vermarktet werden, sofern auf dieser Stufe nicht der Verkauf an einen Anbieter von Gemeinschaftsverpflegung erfolgt (vgl. Zipfel/Rathke, C 113 LMIV, Art. 8 Rn. 63). Des Weiteren regelt Art. 8 Abs. 7 UAbs. 1 b) VO (EU) Nr. 1169/2011 die Fallvariante, dass vorverpackte Lebensmittel für die Abgabe an Anbieter von Gemeinschaftsverpflegung bestimmt sind, um dort zubereitet, verarbeitet, aufgeteilt oder geschnitten zu werden. Auch diese Ausnahme greift hier nicht, da die Honigportionsbecher unverändert weitergegeben werden (vgl. EuGH, U.v. 22.9.2016 – C-113/15 – juris Rn. 48 zu Art. 13 Abs. 1 b), 2. Spiegelstrich RL 2000/13/EG; Hagenmeyer, LMIV, Art. 8 Rn. 9; Zipfel/Rathke a.a.O., Rn. 65 f.). Ferner greift auch nicht die Ausnahme gemäß Art. 8 Abs. 7 UAbs. 2 VO (EU) Nr. 1169/2011, wonach ungeachtet des Unterabsatzes 1 Lebensmittelunternehmer sicherstellen, dass bestimmte in Art. 9 Abs. 1 VO (EU) Nr. 1169/2011 genannte Angaben auch auf der Außenverpackung erscheinen, in der die vorverpackten Lebensmittel vermarktet werden, denn diese Vorschrift bezieht sich auf die Außenbzw. Umverpackung, also den Sammelkarton (vgl. Hagenmeyer a.a.O., Rn. 11). Die Vorstellung der Klägerin, dass die Verantwortlichkeit hinsichtlich der ordnungsgemäßen Information des Verbrauchers über den Ursprung des Honigs dem Anbieter der Gemeinschaftsverpflegung, also beispielsweise dem Hotelier oder Betreiber eines Krankenhauses, Seniorenheimes etc. obliege, während ihre eigene Verantwortlichkeit mit der ordnungsgemäßen Angabe auf dem Sammelkarton ende, lässt sich somit weder aus dem Wortlaut noch aus der Systematik des Art. 8 VO (EU) Nr. 1169/2011 ableiten und trägt dem Schutzanliegen der Lebensmittelinformationsverordnung nicht genügend Rechnung. Es wäre lebensfremd anzunehmen, die Verbraucher würden durch die Anbieter der Gemeinschaftsverpflegung insoweit ausreichend informiert. Vielmehr wird der Verbraucher bei lebensnaher Betrachtung, wie bereits ausgeführt, mangels Angaben auf der Portionspackung, die er in den Händen hält, entweder die Unklarheit hinsichtlich des Ursprungs des Honigs in Kauf nehmen oder von dem Konsum desselben absehen. Dies wird jedoch nicht dem Anliegen einer informierten Verbraucherentscheidung gerecht.
f) Ein anderes Auslegungsergebnis folgt nicht aus dem Umstand, dass der Unionsgesetzgeber in Art. 24 Abs. 2 i.V.m. Anhang X Ziff. 2 Buchst. d der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 angeordnet hat, dass das Verbrauchsdatum „auf jeder vorverpackten Einzelportion angegeben“ werden muss. Zwar könnte diese Regelung, worauf auch die Klägerin hinweist, redundant sein, weil sich die Kennzeichnungspflicht für Einzelportionen bereits aus Art. 12 Abs. 2 der Verordnung ergibt. Dieser Umstand vermag jedoch für sich genommen keine Auslegung zu stützen, nach der Portions- bzw. Einzelpackungen keiner Kennzeichnungspflicht im Hinblick auf das Ursprungsland bzw. die Ursprungsländer unterlägen. Vielmehr erschließt sich aus der Systematik der Verordnung nicht klar, dass der Verordnungsgeber die Regelung zur Kennzeichnung des Verbrauchsdatums auf jeder vorverpackten Einzelportion in Art. 24 Abs. 2 i.V.m. Anhang X Ziff. 2 Buchst. d der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 bewusst konstitutiv, also Pflichten begründend, und nicht lediglich deklaratorisch, also klarstellend verstanden haben wollte. Auch der Hinweis der Klägerin auf das Gesetzgebungsverfahren gibt hierüber keinen weiteren Aufschluss. Soweit die Frage der Kennzeichnung des Verbrauchsdatums auf vorverpackten Einzelportionen streitig gewesen sein sollte, hätte nämlich auch Anlass für eine klarstellende, also deklaratorische Regelung bestanden.
4. Die Verpflichtung, auf jeder Honig-Portionspackung das Ursprungsland bzw. die Ursprungsländer anzugeben, verstößt nicht gegen Grundrechte der Klägerin. Da es vorliegend um die Auslegung von Rechtsvorschriften der Europäischen Union durch die Mitgliedstaaten geht, die dem deutschen (Bundes-)Gesetzgeber keinen Umsetzungs- oder Regelungsspielraum einräumen, sind die Grundrechte des europäischen Unionsrechts maßgeblich (Art. 51 Abs. 1 GR-Charta). Die Pflicht, bestimmte Hinweise auf einem Produkt bzw. auf dessen Verpackung anzubringen, wie hier die Angabe des Ursprungslandes bzw. der Ursprungsländer, greift in den Schutzbereich der unternehmerischen Freiheit nach Art. 16 GR-Charta ein (vgl. zu Art. 12 Abs. 1 GG Schemmer in Beck’scher Onlinekommentar zum Grundgesetz, Art. 5 Rn. 20; Bethge in Sachs, Grundgesetz, Art. 5 Rn. 28a; BVerfG, B.v. 22.1.1997 – 2 BvR 1915/91 – juris). Das Grundrecht nach Art. 16 GR-Charta umfasst die Freiheit zur Ausübung einer Wirtschafts- oder Geschäftstätigkeit, die Vertragsfreiheit und den freien Wettbewerb (EuGH, U.v. 30.6.2016 – C-134/15, Lidl/Freistaat Sachsen – juris Rn. 26; U.v. 22.1.2013 – C-283/11, Sky Österreich – juris Rn. 42) und geht dem Grundrecht der Berufsfreiheit nach Art. 15 GR-Charta vor, jedenfalls soweit produktbezogene Kennzeichnungspflichten als Modalitäten einer selbständigen Berufstätigkeit im Streit stehen (EuGH, U.v. 30.6.2016 – C-134/15, Lidl/Freistaat Sachsen -juris Rn. 26 ff.; vgl. auch Jarass, Charta der Grundrechte der EU, 3. Aufl. 2016, Art. 16 Rn. 4a). Der vorliegende Eingriff in die Freiheit der selbständigen Berufsausübung ist jedoch durch das legitime Gemeinwohlziel der Verbraucherinformation und den Schutz der Verbraucher vor Irreführung über die Herkunft des Honigs gedeckt (vgl. zum Verbraucherschutz als legitimem Allgemeinwohlziel EuGH, U.v. 30.6.2016 – C-134/15, Lidl/Freistaat Sachsen – juris Rn. 32). Die Pflicht zur Angabe des Ursprungslandes bzw. der Ursprungsländer dient einer umfassenden Information des Verbrauchers und damit seiner gleichberechtigten Teilhabe am Wirtschaftsleben, welcher ein hohes Gewicht beizumessen ist. Dem gegenüber ist der Klägerin der erhöhte Aufwand, der damit verbunden ist, die Portionsbecher mit den verlangten Angaben zu versehen, zumutbar. Eine entsprechende Kennzeichnung wäre auf den Portionsbechern nach der Überzeugung des Senats möglich, zumal sich entsprechend gekennzeichnete Portionsbecher von Konkurrenzprodukten im Verkehr befinden. Der Klägerin wird also insoweit nichts Unmögliches abverlangt. Der mit einer entsprechenden Angabe verbundene wirtschaftliche Aufwand ist der Klägerin auch zumutbar, zumal auf dem Deckel der einzelnen Portionspackung ohnehin verschiedene (Pflicht-)Angaben aufgedruckt sein müssen. Dagegen wendet die Klägerin ohne Erfolg ein, dass ein Inverkehrbringen der Honig-Portionspackungen mit entsprechender Ursprungsangabe in der jeweiligen Landessprache in kleineren Mitgliedstaaten der Europäischen Union wegen eines Missverhältnisses von Aufwand und zu erwartenden Umsätzen wirtschaftlich nicht mehr sinnvoll wäre. Denn dabei handelt es sich letztlich um eine unternehmerische Entscheidung der Klägerin, welche sie im Rahmen der geltenden Rechtsvorschriften zu treffen hat.
5. Die Pflicht zur Angabe des Ursprungslandes bzw. der Ursprungsländer des Honigs auf der Portionspackung verstößt entgegen der Auffassung der Klägerin auch nicht gegen den Grundsatz des freien Warenverkehrs. Der in Art. 28 ff. AEUV geregelte freie Warenverkehr zählt zu den Grundfreiheiten des Binnenmarktes im Sinne des Art. 26 Abs. 2 AEUV und steht damit im Rang des europäischen Primärrechts. Nach ständiger Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs gilt das Verbot von mengenmäßigen Beschränkungen sowie Maßnahmen gleicher Wirkung nicht nur für nationale Maßnahmen, sondern auch für Maßnahmen der Unionsorgane (EuGH, U.v. 12.7.2012 – C-59/11, Association Kokopelli – juris Rn. 80; U.v. 12.7.2005 – C-154/04 u. 155/04, Alliance for Natural Health – juris Rn. 47 ff.; U.v. 9.8.1994 – C-51/93, Meyhui – juris Rn. 11; U.v. 17.5.1984, Rs. 15/83, Denkavit – juris Rn. 15). Die Warenverkehrsfreiheit bildet deshalb einen Maßstab für die Auslegung des abgeleiteten Unionsrechts und damit auch der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 und der Richtlinie 2001/110/EG. Der Grundsatz des freien Warenverkehrs verbietet Hemmnisse für den Warenverkehr innerhalb der Union, die sich daraus ergeben, dass Waren bestimmten Vorschriften entsprechen müssen (wie etwa hinsichtlich ihrer Bezeichnung, ihrer Form, ihrer Abmessungen, ihres Gewichts, ihrer Zusammensetzung, ihrer Aufmachung, ihrer Etikettierung und ihrer Verpackung), selbst dann, wenn diese Vorschriften unterschiedslos für alle inländischen und eingeführten Erzeugnisse gelten (EuGH, U.v. 9.8.1994 – C-51/93, Meyhui – juris Rn. 10; U.v. 2.2.1994 – C-315/92, Clinique – juris Rn. 13; U.v. 24.11.1993 – C-267/91 u. C-268/91, Keck u. Mithouard – juris Rn. 15). Die Verpflichtung, ein Produkt in einer bestimmten Weise zu kennzeichnen, kann die grenzüberschreitende Vermarktung dieses Produktes erschweren, beispielsweise dann, wenn – wie hier – bestimmte Hinweise verlangt werden, welche einen erhöhten Herstellungs- bzw. Verpackungsaufwand erfordern, weil sie je nach dem Zielort des Exportes in verschiedenen Sprachfassungen aufgedruckt werden müssen (vgl. EuGH, U.v. 9.8.1994 – C-51/93, Meyhui – juris Rn. 13). Diese Beschränkung des freien Warenverkehrs ist jedoch gerechtfertigt, weil sie einem zwingenden Erfordernis des Allgemeininteresses dient und der Eingriff dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügt (vgl. EuGH, U.v. 22.9.2016 – C-525/14, Waarborg Holland – juris Rn. 35; U.v. 9.8.1994 – C-51/93, Meyhui – juris Rn. 10; U.v. 20.2.1979 – Rs. 120/78, Rewe Central – juris Rn. 8). Die korrekte Information des Verbrauchers über die lokale oder regionale Herkunft einer Ware und damit der Schutz vor einem Irrtum über diese Eigenschaft stellt ein vom europäischen Unionsrecht gebilligtes zwingendes Allgemeinwohlinteresse dar (EuGH, U.v. 9.8.1994 – C-51/93, Meyhui – juris Rn. 18 ff.). Fehlt die Ursprungsbezeichnung auf der einzelnen Portionspackung, so ist dies geeignet, einen Irrtum des Verbrauchers über den tatsächlichen Ursprung oder die wahre Herkunft des Honigs hervorzurufen (EuGH, U.v. 22.9.2016 – C-113/15 – juris Rn. 44; Hagenmeyer, LMIV, Art. 26 Rn. 4). Der mit der Pflicht zur Angabe des Ursprungslandes bzw. der Ursprungsländer auf den Honig-Portionspackungen verbundene erhöhte Aufwand der Klägerin ist im Hinblick auf das damit verfolgte Ziel der korrekten Verbraucherinformation und des Schutzes des Verbrauchers auch verhältnismäßig. Insoweit gelten die obigen Ausführungen zur Frage einer Grundrechtsverletzung (siehe oben 4.) entsprechend. Eine andere Sichtweise folgt nicht aus der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 16. Juli 2015 (Rechtssache C-95/14, UNIC/Rat – juris), auf welche die Klägerin Bezug nimmt, weil schon der Sachverhalt, der dieser Entscheidung zugrunde lag, mit dem vorliegenden nicht vergleichbar ist. Dort ging es um die Frage der Vereinbarkeit von nationalen Regelungen, welche für Schuhe und ähnliche Erzeugnisse eine bestimmte Herkunftsbezeichnung verlangen, mit der Warenverkehrsfreiheit wegen damit verbundener potentieller Benachteiligung von Produkten aus anderen Mitgliedstaaten.
6. Die Auslegung der einschlägigen Normen der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 lässt nach der Überzeugung des Senats keinen vernünftigen Zweifel an der Richtigkeit des Ergebnisses aufkommen. Eine erneute Vorlage an den Europäischen Gerichtshof gemäß Art. 267 Abs. 1 a) AEUV kommt deshalb nicht in Betracht (sog. acte clair, vgl. EuGH, U.v. 6.10.1982 – Rs. 283/81, CILFIT – juris Rn. 16).
7. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
8. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
9. Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.

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