Aktenzeichen 2 K 671/13
Leitsatz
Tenor
1. Unter Änderung des Umsatzsteuerbescheids für 2011 vom 21. Oktober 2013 und der Einspruchsentscheidung vom 5. Februar 2013 wird die Umsatzsteuer für 2011 auf 7.125,45 € festgesetzt. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens tragen die Klägerin und der Beklagte je zur Hälfte.
3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Klägerin vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Klägerin die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
1.
Gründe
I.
Streitig ist, ob von der Klägerin beauftragte Dachdeckerarbeiten im Zusammenhang mit der Installation einer Photovoltaikanlage (PV-Anlage) auf dem Dach ihres Ehemanns als Werklieferung an ihren Ehemann der Umsatzsteuer zu unterwerfen sind sowie der Vorsteuerabzug aus diesen Dachdeckeraufwendungen.
Die Klägerin betreibt eine PV-Anlage auf dem Dach des von ihr mit ihrem Ehemann bewohnten privaten Anwesens. Eigentümer des Anwesens ist ihr Ehemann. Bei dem Anwesen handelt es sich um einen Einfirsthof, bei dem das ausschließlich privat genutzte Wohnhaus und die Scheune sich unter einem Dach befinden.
Die mit Wasseranschluss versehene und teilweise betonierte Scheune wurde im Streitjahr privat als Werkstatt und Stellplatz für drei Pferde genutzt. Sie hat eine Grundfläche von 100 m2, wobei das Heulager im Obergeschoss nur über das Wohnhaus erreichbar ist. Eine Rampe zum Scheunentor des Obergeschosses ist nicht vorhanden.
Vor der Installation der PV-Anlage wurden im April 2011 im Auftrag und auf Kosten der Klägerin Dachdeckerarbeiten am Dach vorgenommen. Diese umfassten für die gesamte Dachfläche (470 m2) u.a. die Abnahme der Ziegel und Dachlattung, das Anbringen einer bitumier-ten Dachschalungsbahn, sowie neuer Konterlatten und Dachlatten, die Dacheindeckung mit den vorhandenen Dachziegeln und die Montage neuer Schneestoppnasen. Auf einer Teilfläche von 258 rr)2 wurde das Dach mit einer Rauhschalung versehen. Außerdem wurden Spenglerarbeiten (u.a. Dachrinnenmontage, Windbrettverkleidung) durchgeführt. Für das Vorhalten des Gerüsts für die Arbeiten an der PV-Anlage (unabhängig von der Baustelleneinrichtung für die Dachdeckerarbeiten) wurden 1.153,01 € zzgl. MwSt berechnet. Insgesamt rechnete die Zimmerei gegenüber der Klägerin mit Rechnung vom 19. April 2011 Dachdeckerleistungen i.H.v. 20.615,15 € zzgl. 3.916,29 € MwSt ab. Davon entfielen insgesamt 10.748,42 € zzgl. 2.042,20 € MwSt der Kosten auf die Arbeiten am Scheunendach (inkl. Gerüst für die Arbeiten an der PV-Anlage).
Aufgrund der Fremdfinanzierung der PV-Anlage wurde auf Betreiben der Bank am 30. Juni 2016 schriftlich zwischen der Klägerin und ihrem Ehemann vereinbart, dass der Ehemann die Installation einer PV-Anlage auf 158,5 m2 seiner Dachfläche gegen Zahlung eines Nutzungsentgelts von jährlich 237,75 € zzgl. 19% MwSt gestattet. Für das Rumpfjahr der erstmaligen Installation sollte dieses Entgelt nicht erhoben werden (§ 3 des Vertrags).
Der Vertrag wurde mit einer Laufzeit von min. 20 Jahren abgeschlossen. Danach verpflichtete sich die Klägerin die PV-Anlage, die in ihrem Eigentum bleiben und nicht Bestandteil des Gebäudes werden sollte (§ 1 Nr. 6 und § 2 Nr. 1 des Vertrags), abzubauen (§ 5 Nr. 2 des Vertrags).
Kosten des Einbaus, der Instandhaltung, der Instandsetzung, des Betriebs und des Abbaus waren danach von der Klägerin zu tragen (§ 1 Nr. 4 des Vertrags). Die Klägerin war verpflichtet, die Stand- und Tragfähigkeit des Daches vor Installation der Anlage überprüfen zu lassen (§ 2 Nr. 3 des Vertrags), sowie u.a. für die technischen Voraussetzungen der Errichtung der PV-Anlage einzustehen (§ 4 Nr. 1 des Vertrags).
Im August 2011 wurden PV-Module mit einer Gesamtleistung von 22,08 kWp auf der Dachfläche der Scheune (Ost- und Westseite) installiert.
Das Dach der Scheune wurde durch einen Brand im April 2012 zerstört. Deswegen vereinbarten die Klägerin und ihr Ehemann am 26. Mai 2012, dass das jährliche Nutzungsentgelt bis Ende 2016 gestundet werde.
In der Umsatzsteuervoranmeldung für Juni 2011 machte die Klägerin 90% der Vorsteuerbeträge aus der Rechnung der Zimmerei geltend. Im Bescheid über die Festsetzung der Umsatzsteuervorauszahlung für Juni 2011 vom 29. Juli 2011 berücksichtigte der Beklagte (das Finanzamt -FA-) die Vorsteuerbeträge aus dieser Rechnung nicht.
Der dagegen eingelegte Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom 5. Februar 2013 als unbegründet zurückgewiesen.
Mit Änderungsbescheid vom 21. Oktober 2013 setzte das FA die Umsatzsteuer für 2011 schließlich ohne Ansatz der Vorsteuer aus den Dachdeckerarbeiten auf 9.060,21 € fest.
Mit ihrer Klage macht die Klägerin im Wesentlichen geltend, dass kein tauschähnlicher Umsatz vorliege, da die Klägerin, unabhängig von dem Gestattungsvertrag, bereits aus der Ehe heraus ein Recht auf Nutzung und Mitbesitz der Scheune ableiten könne. Außerdem habe allein die Installation der PV-Anlage die statische Ertüchtigung des Daches erfordert. Vor Installation der PV-Anlage habe sichergestellt werden müssen, dass das Dach bezüglich Statik und Regenwassersicherheit so gestaltet werde, dass für den voraussichtlichen Zeitraum der Nutzung der PV-Anlage (ca. 20-30 Jahre) keine Schäden für das Gebäude zu erwarten seien, z.B. durch das Zusatzgewicht der PV-Anlage sowie damit gegebenenfalls zu erwartende Schindelbrüche unter den Kollektoren.
Ursprünglich sei das Scheunendach (ausgenommen das angebaute Schleppdach) ohne Dachschalung errichtet worden, so dass eine Aussteifung der Dachkonstruktion erforderlich gewesen sei, um das zusätzliche Gewicht der PV-Anlage zu tragen. Dass die Dachdeckerarbeiten statischen Zwecken gedient hätten, ergebe sich aus den Schreiben der Zimmerei (Rechnungssteller) und u.a. eines Ingenieurbüros, in denen die im Vorfeld der Maßnahme abgegebene Einschätzung bestätigt werde, sowie daraus, dass sogar die bereits vorhandenen Dachpfannen wiederverwendet worden seien.
Bei einer Aufteilung nach fiktiven Vermietungsumsätzen sei nur die fiktive Miete für die Scheune zu Grunde zu legen, da die PV-Anlage nur auf der Scheune installiert sei. Die Scheune könne nur über das privatgenutzte Wohnhaus betreten werden.
In der Scheune seien lediglich 3 Pferdeboxen vorhanden, die – wenn überhaupt – aufgrund fehlender Reithalle und Außenreit Platz für maximal 165 €/Monat vermietet werden könnten. Allerdings sei auch noch zu berücksichtigen, dass die Klägerin weder Futter noch die tägliche Versorgung von Pferden wirtschaftlich zur Verfügung stellen könne, so dass eine Vermietung als Pferdestall im Ergebnis nicht möglich sei.
Anzusetzen sei allenfalls eine Stellplatzmiete für vier Stellplätze zu je 30 €/Monat (also. insgesamt max. 120 €/Monat).
Die Klägerin beantragt nunmehr,
unter Änderung des Umsatzsteuerbescheids vom 21. Oktober 2013 und der Einspruchsentscheidung vom 5. Februar 2013 die Umsatzsteuer für 2011 auf 7.018,01 € festzusetzen, hilfsweise die Revision zuzulassen.
Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen, hilfsweise die Revision zuzulassen.
Das FA trägt im Wesentlichen vor, dass – abweichend von der Einspruchsentscheidung -die Dachflächen von Wohnteil und Scheune auch getrennt betrachtet werden könnten. Ein Vorsteuerabzug hinsichtlich der auf den Wohnteil entfallenen Dachdeckeraufwendungen scheide aus.
Die Renovierung des Scheunendachteils stelle eine Werklieferung der Klägerin an den Ehemann dar. Dafür gestatte dieser ihr die Nutzung des Daches, so dass ein tauschähnlicher Umsatz vorliege. Hinsichtlich der Aufwendungen für den Scheunenteil könne sie den Vor steuerabzug geltend machen. Gleichzeitig habe sie die Werklieferung an den Ehemann im Streitjahr in Höhe des Nettobetrags der Dachdeckeraufwendungen zu besteuern. Eine unentgeltliche Wertabgabe über einen zehnjährigen Korrekturzeitraum sei nicht anzusetzen.
Sollte eine Vorsteueraufteilung notwendig sein, seien als fiktive Vermietungsumsätze hinsichtlich des Scheunenteils 4.200 €/Jahr zu berücksichtigten. Dies ergebe sich bei Ansatz einer fiktiven Stallmiete für fünf Pferdestellplätze bzw. 3 Pferdestellplätze und Werkstatt von 350 €/Monat. Für die reine Unterstellung von Pferden im Landkreis könne eine monatliche Miete von 80 € bis 120 € erreicht werden.
Hinsichtlich einer fiktiven Scheunenmiete sei vor allem auf die Größe des Gebäudeteils abzustellen. Ein Vergleich mit benachbarten Pferdeställen gehe auch insofern fehl, als die Kosten für die Versorgung der Pferde unbeachtlich seien.
Auf die Aufklärungsanordnung vom 15. Oktober 2015 sowie die Niederschrift über die mündliche Verhandlung wird Bezug genommen.
II.
Die Klage ist begründet, soweit der Vorsteuerabzug aus den Kosten für den Vorhalt eines Gerüsts und aus den auf das Scheunendach entfallenden Dachaufwendungen versagt wurde, wobei jedoch steuererhöhend eine unentgeltliche Wertabgabe hinsichtlich der Privatnutzung der auf den Scheunenteil entfallenden Dacharbeiten zu berücksichtigen ist. Im Übrigen ist die Klage unbegründet.
1. Gegenstand des Verfahrens ist der Umsatzsteuerjahresbescheid vom 21. Oktober 2013, weil er den ursprünglich angefochtenen Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheid für Juni 2011 gemäß § 68 Satz 1 Finanzgerichtsordnung (FGO) ersetzt hat (vgl. Beschluss des Bundesfinanzhof -BFH- vom 22. Oktober 2003 V B 103/02, BFH/NV 2004, 502).
2. Die Klägerin hat keine steuerbare Dachsanierungsleistung an ihren Ehemann gegen Gestattung des Betriebs einer PV-Anlage auf dem Scheunendach erbracht.
Der Umsatzsteuer unterliegen die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 des Umsatzsteuergesetz – UStG -).
Eine Leistung gegen Entgelt setzt voraus, dass zwischen dem Unternehmer und dem Leistungsempfänger ein Rechtsverhältnis besteht, das einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen Leistung und Entgelt begründet, so dass das Entgelt als Gegenwert für die Leistung anzusehen ist (BFH-Urteil vom 4. Juli 2013 V R 33/11, BStBl II 2013, 937, mit zahlreichen Nachweisen). Bei Leistungen aufgrund eines gegenseitigen Vertrages liegt regelmäßig ein Leistungsaustausch vor (vgl. BFH-Urteil vom 16. Januar 2014 V R 22/13, BFH/NV 2014, 736; Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union – EuGH – vom 26. September 2013 C-283/12, Serebryannay vek, ECLI:EU:C:2013:599, 476, Rn. 37, m.w.N.).
Der Gegenwert kann bei Tausch und tauschähnlichen Umsätzen i.S. von § 3 Abs. 12 UStG durch eine tatsächlich erhaltene Gegenleistung erbracht werden, die nicht in Geld bestehen, aber in Geld ausdrückbar sein muss. § 3 Abs. 12 UStG erfasst auch den Fall, dass als Entgelt für eine Leistung eine Barzahlung mit einer Lieferung oder sonstigen Leistung verbunden wird (sog. tauschähnlicher Umsatz mit Baraufgabe). Voraussetzung für die Annahme einer tauschähnlichen Leistung ist, dass sich zwei entgeltliche Leistungen i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG gegenüberstehen, die lediglich durch die Modalität der Entgeltvereinbarung (Tausch) miteinander verknüpft sind.
Dementsprechend liegt bei Mietereinbauten und -umbauten eine entgeltliche Lieferung vor, wenn diese vom Vermieter gewünscht und vertraglich festgelegt waren, nicht jedoch bei Leistungen, die der Mieter ohne vertragliche Verpflichtung in eigenem betrieblichen Interesse tätigt (FG München, Urteil vom 28. April 2016 14 K 743/14, juris m.w.N.).
a) Der Betrieb der PV-Anlage durch die Klägerin erfüllt die Voraussetzungen einer unternehmerischen Tätigkeit, weil er als Nutzung eines Gegenstandes der nachhaltigen Erzielung von Einnahmen dient (vgl. FG München, Urteil vom 30. Juli 2013 2 K 3966/10, EFG 2013, 1971 m.w.N.). Insofern ist die Klägerin Unternehmerin.
b) Im vorliegenden Fall hat sie jedoch durch die Arbeiten am Dach ihres Ehemannes diesem keine Leistung erbracht.
Zwischen der Klägerin und ihrem Ehemann wurde weder die Durchführung der Dachdeckerarbeiten bzw. allgemein die Sanierung des Daches, noch ein Entgelt hierfür vereinbart und abgerechnet.
Nach dem Gestattungsvertrag war die Klägerin zwar verpflichtet, die Stand- und Tragfähigkeit des Daches vor Installation der Anlage überprüfen zu lassen (§ 2 Nr. 3 des Vertrags), sowie u.a. für die technischen Voraussetzungen der Errichtung der PV-Anlage, z.B. Tragfä higkeit der Statik, einzustehen (§ 4 Nr. 1 des Vertrags). Damit wurden jedoch lediglich das Kosten- und Haftungsrisiko auf die Klägerin verlagert. Eine Notwendigkeit zur Sanierung des Daches konnte sich für die Klägerin nur im Interesse einer Minimierung ihres Haftungsrisikos ergeben.
Dementsprechend bestand auch kein notwendiger Zusammenhang zwischen der Vermietung und den Dachdeckerarbeiten. Denn daraus, dass der Ehemann die Vorbereitungsmaßnahmen lediglich gestattete, die Klägerin aber nicht dazu verpflichtet war, ist zu schließen, dass diese nicht der Grund für die Vermietung waren. Ein akuter Sanierungsbedarf des Daches zum Zeitpunkt der Installation der PV-Anlage ist nicht ersichtlich. Im Übrigen spricht gegen einen tauschähnlichen Umsatz auch die Entgeltlichkeit des Gestat-tungsvertrags.
Anders als nach dem Sachverhalt des Urteils des FG München vom 23. September 2014 (2 K 3435/11, EFG 2015, 78) gab es im vorliegenden Fall keine Verpflichtung der Klägerin, das Dach zu sanieren.
Nicht von entscheidender Bedeutung ist, ob die durch die Dacharbeiten erstellten Dachteile gem. § 946 des Bürgerlichen Gesetzbuches Eigentum des Ehemanns wurden (FG München, Urteil vom 28. April 2016 14 K 743/14, juris m.w.N.).
3. Nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG kann der Unternehmer die gesetzlich geschuldete Steuer für Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen.
Somit ist die Klägerin als PV-Anlagenbetreiberin zum Vorsteuerabzug aus der Rechnung vom 19. April 2011 berechtigt, soweit darin Leistungen für ihr PV-Unternehmen abgerechnet worden sind.
Dies ist nicht der Fall hinsichtlich der mittlerweile von der Klägerin auch nicht mehr geltend gemachten Aufwendungen, die auf das private Wohnhaus entfallen. Die Dachdeckerleistungen für den Scheunenteil können jedoch dem PV-Unternehmen zugeordnet werden und berechtigen damit zum Vorsteuerabzug.
Dachdeckerarbeiten kommen – soweit sie nicht ausschließlich der Installation der PV-Anlage dienen – grundsätzlich dem gesamten Gebäude zugute (BFH-Urteil vom 14. März 2012 XI R 26/11, BFH/NV 2012, 1192 m.w.N.). Dem steht nicht entgegen, dass die Dacharbeiten womöglich ausschließlich durch die Errichtung und den Betrieb der PV-Anlage veranlasst wor den sind, da es in erster Linie auf den objektiven Inhalt der Dacharbeiten und nur indiziell auf den Veranlassungsgrund ankommt (Finanzgericht Schleswig-Holstein, Urteil vom 23. Oktober 2013 4 K 90/13, DStRE 2014, 1247).
a) Die Kosten i.H.v. 1.153,01 € für die Vorhaltung eines Gerüsts für die Arbeiten an der PV-Anlage (Pos. 1.11 der Rechnung vom 19. April 2011) stehen in unmittelbaren Zusammenhang mit der Installation der Anlage und haben keinen Zusammenhang mit den übrigen Dachdeckerarbeiten, für die in einer eigenen Position (1.1) über die erforderliche Baustelleneinrichtung inkl. Gerüst abgerechnet wurde. Die darauf entfallende Vorsteuer i.H.v. 219,07 € ist somit abzugsfähig.
b) Das Anbringen einer Dachschalung ist – auch ohne dass der Dachstuhl verstärkt wird -nicht offensichtlich ungeeignet, eine statische Verstärkung der Dachkonstruktion zu bewirken und damit die Voraussetzungen zur Anbringung einer PV-Anlage zu schaffen.
Allerdings dienen die Dachdeckerleistungen für die Scheune auch der Sanierung des Gebäudes und sind danach der Nutzung und der Funktion des gesamten Gebäudes zuzurechnen, also nicht nur dem Dach als Unterlage der PV-Anlage. Insoweit handelt es sich um gemischte Aufwendungen, nämlich Aufwendungen für die privat genutzte Scheune und zugleich für die unternehmerisch genutzte PV-Anlage.
aa) Für die Frage der Zuordnungsmöglichkeit der Dacharbeiten zum PV-Unternehmen ist nach § 15 Abs. 1 Satz 2 UStG der Umfang der Nutzung für das Unternehmen entscheidend (vgl. auch Abschn. 15.2c Abs. 8 Beispiel 2 UStAE), weil es sich bei der im vorliegenden Fall vorgenommenen Dacharbeiten nicht um eine sonstige Leistung (z.B. in der Form der Werkleistung gemäß § 3 Abs. 10 UStG), sondern um eine Werklieferung i.S. von § 3 Abs. 4 UStG handelt (so auch FG München, Urteil vom 23. September 2014 2 K 3435/11, EFG 2015, 78; BMF-Schreiben vom 2. Januar 2014, Ziff.I, 3. Beispiel 2); a.A. bezüglich der als Erhaltungsaufwand zu qualifizierenden Dachsanierungen: Janzen in: Lippross/Seibel, Basiskommentar Steuerrecht, § 15 UStG, Rn. 69).
Gemäß § 3 Abs. 4 UStG gilt: Hat der Unternehmer die Bearbeitung oder Verarbeitung eines Gegenstands übernommen und verwendet er hierbei Stoffe, die er selbst beschafft, so ist die Leistung als Lieferung anzusehen (Werklieferung), wenn es sich bei den Stoffen nicht nur um Zutaten oder sonstige Nebensachen handelt. Das gilt auch dann, wenn die Gegenstände mit dem Grund und Boden fest verbunden werden.
§ 3 Abs. 4 UStG findet im Unionsrecht keine Parallele und ist richtlinienkonform auszulegen (BFH-Urteil vom 25. Juni 2009 V R 25/07, BStBl II 2010, 239).
Ob bei einer einheitlichen Leistung, die sowohl Lieferungselemente als auch Elemente sonstiger Leistungen aufweist, der Umsatz als Lieferung von Gegenständen oder als Dienstleistung (sonstige Leistung) zu beurteilen ist, ist somit im Rahmen einer Gesamtbetrachtung nach dem Wesen des Vorganges zu ermitteln; maßgebend ist die Sicht des Durchschnittsverbrauchers.
Bei entsprechender richtlinienkonformer Auslegung sind unter „Zutaten“ und „sonstige Nebensachen“ i.S.d. § 3 Abs. 4 Satz 1 UStG daher Lieferungen zu verstehen, die bei einer Gesamtbetrachtung aus der Sicht eines Durchschnittsbetrachters nicht das Wesen des Umsatzes bestimmen (BFH-Urteil vom 9. Juni 2005 V R 50/02, BStBl II 2006, 98).
Eine Dienstleistung in Form einer Werkleistung liegt dann vor, wenn der Werkunternehmer zwar sämtliche für die Be- oder Verarbeitung notwendigen Stoffe selbst stellt, diese aber der gesamten werkvertraglichen Leistung nicht das Gepräge geben, da die Dienstleistungen überwiegen (vgl. EuGH-Urteil vom 17. Mai 2001 C-322/99, Fischer und Brandenstein, ECLI:EU:C:2001:280, Rn. 62; BFH-Urteil vom 21. Juni 2001 V R 80/99, BStBl. II 2003, 810).
Das Verhältnis zwischen dem Preis des Gegenstands und dem der Dienstleistungen kann für die Einstufung des Umsatzes zwar einen Anhaltspunkt darstellen, jedoch kommt den Kosten für Material und Arbeitsleistungen allein keine ausschlaggebende Bedeutung zu (EuGH-Urteil vom 29. März 2007 C-111/05, Aktiebolaget NN, ECLI:EU:C:2007:195).
Bei Reparaturleistungen wird grundsätzlich kein neuer Gegenstand hergestellt, die Reparaturleistung bewirkt lediglich die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes. Soweit hierfür Materialien erforderlich sind und vom Werkunternehmer verwendet werden, prägen sie – ungeachtet ihrer Beachtlichkeit – die Leistung als solche nicht. Verwendete technische Hilfsmittel, wie Schrauben, Knöpfe, Nägel, Klebe- oder Dichtungsmittel, Splinte, Isoliermaterial, Garne, Sicherungen, Kondensatoren oder Drähte etc. bleiben unbeachtet ihrer mangelnden Entbehrlichkeit bloße – nicht die Leistung bestimmende – Nebenstoffe (Zutaten). Die Reparaturleistung führt damit grundsätzlich zu einer einheitlichen Werkleistung. Nur ganz ausnahmsweise ist auch bei Reparaturleistungen eine Werklieferung denkbar, wenn das Reparaturmaterial das Wesen des Umsatzes ausmacht, also leistungsbestimmend und damit als Hauptstoff zu qualifizieren ist (Nieskens in Rau/Dürrwächter, UStG, § 3 UStG, Rn. 2910, 2916).
Mit der Lieferung der Baumaterialien (z.B. Rauhschalung, Dachschalungsbahn, Konterlatten, Dachlatten, Alu-Lochgitter, Schneestoppnasen, Traufblech und Windbrettverkleidung) einerseits sowie dem Freilegen des vorhandenen Dachstuhls, Anbringen der Dachschalung und -lattung sowie Eindeckung des Daches mit den vorhandenen Ziegeln andererseits hat das Dachdeckerunternehmen eine einheitliche Leistung erbracht, da eine Aufspaltung wirklichkeitsfremd wäre (BFH-Urteil vom 9. Juni 2005 V R 50/02, BStBl. II 2006, 98).
Diese einheitliche Leistung ist eine Werklieferung, da der Dachdecker die Bearbeitung des von der Klägerin gestellten Daches, übernommen und hierbei Baumaterialien verwendet hat, die er selbst beschafft hat. Das Preisverhältnis zwischen Lieferungs- und Leistungselementen stellt im vorliegenden Fall keinen Anhaltspunkt dar, da lt. der Aufteilung der Rechnungspositionen für den Scheunenteil die zuordenbaren Kosten für die neu gelieferten Materialien (ca. 4.800 €) nur geringfügig über den in Rechnung gestellten Arbeitsleistungen (ca. 4.000 €) liegen.
Bei diesen Baumaterialien – insbesondere denen für die Dachschalung – handelt es sich jedoch nicht nur um Zutaten oder sonstige Nebensachen, da nach der maßgebenden Verkehrsauffassung für die Herstellung des sanierten Dachs diese die wesensbestimmenden Hauptstoffe sind, die dem Dach eine neue Festigkeit und Belastbarkeit geben und dafür sorgen, dass es sich nicht lediglich um eine Dachausbesserung handelt.
Ebenso wenig bestimmen die Dienstleistungselemente der Dacharbeiten den Charakter der Leistung, vor allem da es der Beklagten darauf ankam, dass das Dach ihres Ehemanns gerade durch den Einbau einer Dachschalung eine neue – für ihre Zwecke als wesentlich erachtete – Steifigkeit erhielt.
bb) Zur Ermittlung des privaten Nutzungsanteils sind die Verwendungsverhältnisse des gesamten Gebäudes maßgeblich. Diese umfassen nicht nur die innere Nutzfläche des Gebäudes, wenn das Gebäude – teilweise – dadurch unternehmerisch genutzt wird, dass auf dessen Dach eine PV-Anlage installiert wird. Vielmehr muss die unternehmerische Nutzung des Daches mitberücksichtigt werden (vgl. BFH-Urteil vom 19. Juli 2011 XI R 29/09, BStBl II 2012, 430).
Die Ermittlung des privaten Nutzungsanteils ist entsprechend § 15 Abs. 4 UStG anhand eines Umsatzschlüssels als sachgerechter Schätzungsmethode vorzunehmen, da eine Aufteilung nach dem Verhältnis der Nutzflächen (§ 15 Abs. 4 Satz 3 UStG) aufgrund der fehlenden Vergleichbarkeit der Nutzflächen auf dem Dach und innerhalb des Gebäudes nicht in Betracht kommt (BFH-Urteil vom 19. Juli 2011 XI R 29/10, BStBl II 2012, 438).
Mangels einer entgeltlichen Nutzung des Inneren des Gebäudes im Streitfall ist zum einen auf das jährlich vereinbarte Nutzungsentgelt i.H.v. 237,75 € für den Betrieb der PV-Anlage auf der genutzten Dachfläche und auf fiktive Vermietungsumsätze für das Innere des Scheunenteils abzustellen (vgl. BFH-Urteil vom 14. März 2012 XI R 26/11, BFH/NV 2012, 1192).
Zur Ermittlung der fiktiven Scheunenmiete können Pferdestellplatzmieten nicht herangezogen werden, da eine Vermietung als Pferdestell Platz mangels Auslaufmöglichkeiten im Umgriff der Scheune nicht in Betracht kommt. Insofern sieht das Gericht es als sachgerecht an, auf eine Nutzung als Lager abzustellen, wobei lediglich von der Grundfläche der Scheune, d.h. von 100 m2 auszugehen ist, da das Obergeschoss nur durch den Wohnteil erreichbar ist. Lagerflächen werden im Landkreis zu Quadratmeterpreisen von 1 bis 7 €/Monat angeboten. Bei Berücksichtigung der Ausstattung des Scheunenteils und dessen Zugänglichkeit (kein großes Tor) geht das Gericht zur Ermittlung der fiktiven Scheunenmiete von einen Quadratmeterpreis am unteren Rand von 1,50 €/Monat aus. Damit ergeben sich fiktive Scheunen-mietumsätze von 1.800 € (150 €/Monat).
Die unternehmerische Nutzung des Scheunenteil beträgt somit 11,6% (von 2.037 €/Jahr Gesamtmiete).
Da die unternehmerische Nutzung der Dachdeckerleistungen somit mehr als 10% beträgt, steht § 15 Abs. 1 Satz 2 UStG der Zuordnung der PV-Anlage zum Unternehmen nicht entgegen.
cc) Die Klägerin kann die Dachdeckeraufwendungen für den Scheunenteil i.H.v. 9.595,41 € (8.964,16 € Dachdecker- und Zimmererarbeiten zzgl. 1.784,26 € Spenglerarbeiten, Bl. 70 FG-Akte) auch voll dem Unternehmen zuordnen und die darauf entfallende Vorsteuer i.H.v. 1.823,13 € sofort abziehen.
Zwar nutzt die Klägerin die Scheune nicht in vollem Umfang unternehmerisch. Jedoch liegt im Unterschied zur Entscheidung des BFH vom 19. Juli 2011 XI R 29/09 (BStBl. II 2012, 430, Tz. 31) keine „nichtwirtschaftliche Nutzung“ der Scheune vor („Ein Leerstand ist grundsätzlich keine tatsächliche Verwendung“, Textziffer 33), sondern eine teilweise private Nutzung als Pferdestall und Werkstatt.
dd) Ein nur anteiliger Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1b UStG kommt hier nicht in Betracht, da diese Regelung allein dem Unternehmen zugeordnete Grundstücke betrifft (Wagner in Sölch/Ringleb, UStG, § 15, Rn. 535 ff; Stadie in Rau/Dürrwächter, UStG, § 15 Rn. 998). Im Streitfall handelt es sich jedoch um ein Privatgrundstück.
4. Soweit die Dachdeckerleistungen der privaten Nutzung des Scheunenteils dienen, ist dies jedoch als unentgeltliche Wertabgabe i.H.v. 107,44 € zu besteuern.
Die unentgeltliche Erbringung einer sonstigen Leistung durch den Unternehmer für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen, ist nach § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG als unentgeltliche Wertabgabe der Besteuerung zu unterwerfen.
Als Bemessungsgrundlage sind dabei gemäß § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 UStG die bei der Ausführung dieser Umsätze entstandenen Ausgaben bzw. Kosten anzusetzen, soweit sie zum Vorsteuerabzug berechtigt haben. Nach § 10 Abs. 4 Nr. 2 Sätze 2 und 3 UStG gehören zu den Ausgaben auch die Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Wirtschaftsguts, soweit das Wirtschaftsgut dem Unternehmen zugeordnet ist und für die Erbringung der sonstigen Leistung verwendet wird. Betragen die Anschaffungs- oder Herstellungskosten mindestens 500 €, sind sie gleichmäßig auf einen Zeitraum zu verteilen, der dem für das Wirtschaftsgut maßgeblichen Berichtigungszeitraum nach § 15a UStG entspricht.
Die auf den Scheunenteil entfallenden Kosten für die Dacharbeiten i.H.v. 9.595,41 € sind somit gemäß § 15a Abs. 1 S. 2 UStG auf 10 Jahre zu verteilen und für das Streitjahr mit 8/12, also 639,69 € zu berücksichtigen.
Bei Berücksichtigung des privaten Nutzungsanteils i.H.v. 88,4% ist die Bemessungsgrundlage der unentgeltlichen Wertabgabe in Höhe von 565,49 € (639,69 € x 88,4%) anzusetzen, so dass sich eine Erhöhung der Umsatzsteuer in 2011 um 107,44 € ergibt.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO. Dabei war zu berücksichtigen, dass die Klägerin ihren ursprünglichen Klagantrag, der bis dahin auf Anerkennung des vollen Vorsteuerabzugs aus der Zimmerei-Rechnung zielte, erst in der mündlichen Verhandlung eingeschränkt hat.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit hinsichtlich der Kosten und über den Vollstreckungsschutz folgt aus § 151 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1, Abs. 3 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung.
6. Die Revision war nicht zuzulassen, da keiner der in § 115 Abs. 2 FGO aufgeführten Revisionsgründe vorliegt.