IT- und Medienrecht

Haftung eines Sharehosting-Dienstes als Gehilfe durch Unterlassen, hier: Schaffen einer Gefahrenquelle durch Anreize an Uploader

Aktenzeichen  37 O 6200/14

Datum:
18.3.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
MMR – 2017, 53
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
München I
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
UrhG UrhG § 97, § 105 Abs. 1
BGB BGB § 823 Abs. 1, § 830, § 1004
TMG TMG § 2 Nr. 1, 7 Abs. 2 S. 1
Lugano-Übereinkommen Lugano-Übereinkommen Art. 5 Nr. 3
DelVO DelVO § 2 Nr. 36
GZVJu GZVJu § 45 Abs. 2 Nr. 1

 

Leitsatz

Ein Sharehosting-Dienst, der durch besondere Anreize zur rechtswidrigen öffentlichen Zugänglichmachung von urheberrechtsverletzenden Dateien durch Dritte, wie zB dem Angebot von Premium-Accounts, einer Rückvergütung von Downloads und der Gewährung von Anonymität, eine Gefahrenquelle geschaffen hat, haftet als Gehilfe durch Unterlassen auf Schadensersatz für die über den Dienst begangenen Rechtsverletzungen, wenn er nach Inkenntnissetzung den ihm obliegenden Löschungs- bzw. Prüfpflichten nicht umfassend nachgekommen ist. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines Ordnungsgeldes von bis zu € 250.000,-, an dessen Stelle im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ordnungshaft bis zu 6 Monaten tritt, oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, Ordnungshaft jeweils zu vollstrecken am Verwaltungsrat der Beklagten,
zu unterlassen,
Dritten zu ermöglichen, die Werke Zeilen 1, 2, 4, 5 in der Anlage K 1a und Zeilen 1, 3, 4, 5 in der Anlage K 1b in der Bundesrepublik Deutschland öffentlich zugänglich zu machen, wie über den Dienst „uploaded“ unter uploaded.net, uploaded.to und ul to geschehen.
II.
Die Beklagte wird verurteilt, im Verhältnis zur Klägerin zu 1 über den Umfang der urheberrechtsverletzenden Nutzung der Werke in der Anlage K 1a, Zeilen 1, 2, 4 und 5, sowie im Verhältnis zur Klägerin zu 2 über den Umfang der urheberrechtsverletzenden Nutzung der Werke in Anlage K 1b, Zeilen 1, 3, 4 und 5 in der Bundesrepublik Deutschland im Rahmen des Dienstes „uploaded“ durch Vorlage eines geordneten Verzeichnisses Auskunft für den Zeitraum ab dem 28.01.2014 zu erteilen.
Die Auskunft hat insbesondere folgende Angaben zu enthalten:
– wie oft Dateien, die Werke Zeilen 1, 2, 4, 5 in der Anlage K 1a und Zeilen 1, 3, 4, 5 in der Anlage K 1b oder Teile davon enthalten, auf dem Dienst „uploaded“ gespeichert wurden, unter Angabe der jeweiligen uploaded-Links, der Namen der Dateien, die auf dem Dienst „uploaded zum Abruf bereit gehalten wurden;
– wie oft die Dateien, welche die Werke in der Anlage K 1a Zeilen 1, 2, 4, 5 bzw. Zeilen 1, 3, 4, 5 in der Anlage K 1b oder Teile davon enthalten, über den Dienst „uploaded“ abgerufen wurden;
– die Höhe der auf diese Nutzung zurückzuführenden Netto-Einnahmen (Brutto-Einnahmen abzüglich der geltenden Mehrwertsteuer), insbesondere den Netto-Endnutzerpreis für den Abruf der Werke Zeilen 1, 2, 4, 5 in der Anlage K 1a bzw. die Werke Zeilen 1, 3, 4, 5 in Anlage K 1b bzw. das Abonnement, d. h. das jeweils vom Endnutzer gezahlte Entgelt abzüglich der Mehrwertsteuer;
– die durch diese Nutzung erzielten Gewinne unter Angabe der Gesamtumsätze und sämtlicher Kostenfaktoren (aufgeschlüsselt nach Kostenart).
III.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, für den Zeitraum ab dem 28.01.2014
im Verhältnis zur Klägerin zu 1) Schadensersatz für die Nutzung der Werke in der Anlage K 1a, Zeilen 1, 2, 4 und 5 sowie
im Verhältnis zur Klägerin zu 2) Schadensersatz für die Nutzung der Werke in der Anlage K 1b, Zeilen 1, 3, 4 und 5
in der Bundesrepublik Deutschland im Rahmen des Dienstes „uploaded“ zu leisten.
IV.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
V.
Von den Gerichtskosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte 40% und die Klägerinnen zu 1 und 2 jeweils 30%. Die Parteien tragen ihre außergerichtlichen Kosten jeweils selbst.
VI.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, in Ziffern I und II gegen Sicherheitsleistung in Höhe von jeweils € 20.000,-, im Übrigen gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
und folgenden
Beschluss:
Der Streitwert für das Verfahren wird auf € 560.000,- festgesetzt.
Anlage K 1a
Anlage 1a: …
Nr.
Title
Authors
Publisher
1


Piper eBooks
2


Piper eBooks
3


Piper eBooks
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Piper eBooks
5


Piper eBooks
Anlage K 1b
Anlage 1b: …
Nr.
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Authors
Publisher
1


Ullstein
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Ullstein
3


Ullstein
4


Ullstein
5


Ullstein

Gründe

Die zulässige Klage war hinsichtlich des Hauptunterlassensantrages wegen Täterhaftung abzulehnen, im Übrigen war sie wegen der angenommenen Gehilfenhaftung der Beklagten überwiegend begründet.
A.
Die Klage ist zulässig.
Insbesondere ist das Landgericht München I zuständig.
Die internationale Zuständigkeit ergibt sich aus Art. 5 Nr. 3 des Lugano-Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 16. September 1988. Die Klageseite macht Ansprüche aus einer in Deutschland begangenen unerlaubten Handlung geltend, wonach im Rahmen des Onlinedienstes „uploaded“ der Beklagten die streitgegenständlichen Werke öffentlich zugänglich gemacht wurden. Der Dienst der Beklagten richtet sich bestimmungsgemäß auch an Nutzer aus Deutschland.
Die sachliche Zuständigkeit des Landgerichts folgt aus §§ 23 Nr. 1, 71 Abs. 1 GVG, § 1 ZPO, da der Streitwert 5.000,- € übersteigt.
Die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts München I beruht auf § 32 ZPO, da die streitgegenständlichen Werke bestimmungsgemäß auch von Nutzern des Onlinedienstes „uploaded“ aus dem Bezirk des OLG München heruntergeladen werden können. Hierzu besteht eine Zuständigkeitskonzentration auf das LG München I nach § 105 I UrhG i.V. mit § 2 Nr. 36 DelVO i.V. mit § 45 II Nr. 1 GZVJu.
B.
Betreffend des Hauptanspruchs auf Unterlassung gemäß Ziffer I war die Klage unbegründet, da eine Täterhaftung der Beklagten abzulehnen ist.
Die Frage, ob sich jemand als Täter oder Mittäter, in einer die zivilrechtliche Haftung begründenden Weise an einer deliktischen Handlung eines Dritten beteiligt hat, beurteilt sich nach den im Strafrecht entwickelten Rechtsgrundsätzen (BGH MMR 2011, 172, 173 – Kinderhochstühle im Internet I). Täter ist danach gemäß § 25 Abs. 1 StGB derjenige, der die Zuwiderhandlung selbst oder in mittelbarer Täterschaft begeht (OLG München, Allegro barbaro, Urteil vom 28.01.2016, Az: 29 U 2798/15, Rn. 40 m. w. N.). Für eine täterschaftlich begangene Urheberrechtsverletzung müssen die Merkmale eines der handlungsbezogenen Verletzungstatbestände des Urheberrechts erfüllt sein (BGH, Sommer des Lebens, Urteil vom 12.05.2010, Az: I ZR 121/08, NJW 2010, 2016 Rn. 13, OLG München, a. a. O., m. w. N.).
Täter einer Urheberrechtsverletzung ist in der vorliegenden Konstellation derjenige, der urheberrechtlich geschützte Inhalte durch Veröffentlichung der entsprechenden URL öffentlich zugänglich macht, mithin der Nutzer des File-Hosting-Dienstes, der das Werk hochgeladen und den Link hierzu veröffentlicht hat (OLG Hamburg, Beschluss vom 13.05.2013, 5 W 41/13, zitiert nach juris, Rn. 13).
Auch liegt keine Täterschaft durch Unterlassen vor. Ob – neben dem „uploadendenen“ Nutzer – eine solche in Form einer Nebentäterschaft überhaupt in Betracht kommt (vgl. Ablehnungen der mittelbaren Täterschaft und der Mittäterschaft, OLG München, Allegro barbaro, a. a. O., Rn. 65, 66), kann dahinstehen. Einen zur Begründung der Tatherrschaft erforderlichen Herrschaftswillen hätte die Beklagte insoweit allenfalls bezüglich der bei ihr konkret durch die Take – Down – Notice angezeigten Datei auf ihrem Speicherplatz und eben diese gemeldete Datei unter der URL auf ihrem Speicherplatz hat sie gelöscht. Auch bei Annahme einer entsprechenden Tatherrschaft kam daher eine täterschaftliche Urheberrechtsverletzung durch Unterlassen nicht in Betracht, da die Beklagte insoweit gerade nicht untätig geblieben ist. Sie hat vorgetragen, die gemeldeten Dateien unverzüglich gelöscht zu haben. Diesen Vortrag konnte die Klageseite betreffend der gemeldeten Dateien unter den URLs der Beklagten nicht widerlegen.
C.
Der als Hilfsantrag gestellte Unterlassungsanspruch aus Gehilfenhaftung ist begründet, der Auskunfts- und Schadensersatzanspruch ist ab dem Zeitpunkt der Take-Down-Mitteilungen für die jeweiligen Werke ebenfalls begründet.
I.
Der Unterlassungsanspruch gemäß dem Hilfsantrag in Ziffer I ist hinsichtlich der Werke Anlage K 1a, Zeile 1, 2, 4, 5 und Anlage K 1b, Zeile 1, 3, 4, 5 begründet. Die Beklagte haftet als Gehilfin für die Urheberrechtsverletzungen ihrer Nutzer an den Werken der Klageseite, soweit sie eine Take-Down-Mitteilung hierzu erhalten hat.
1. Die Klageseite ist aktivlegitimiert, da sie Inhaberin der exklusiven Nutzungsrechte an den streitgegenständlichen Werken ist, auch soweit die Beklagte dies bestreitet.
Insbesondere die Aktivlegitimation der Klägerin zu 2 bezüglich des in Anlage K 1b aufgeführten Werkes (§ 19 a UrhG) „…“ der Autorin … ist gegeben. Die Klägerin zu 2 hat ausweislich des Autorenvertrages vom 29.09.2011 das ausschließliche Nutzungsrecht nach § 19 a UrhG. Dies ergibt sich aus Ziff. § 2.1.c) des Autorenvertrages.
2. Die streitgegenständlichen Werke sind urheberrechtlich geschützt, da es sich bei allen in Anlage K 1a und K 1b aufgeführten, streitgegenständlichen Büchern um urheberrechtlich geschützte Werke i. S. d. § 2 Abs. 2 Nr. 1 UrhG handelt.
3. Öffentliche Zugänglichmachung der streitgegenständlichen Werke
Es liegt ein Eingriff in den urheberrechtlichen Schutzbereich vor, weil die in der Take-Down-Notice der Klägerinnen zu 1 und 2 genannten Bücher auf dem Onlinedienst „uploaded“ der Beklagten durch den Upload und die Zurverfügungstellung des Downloadlinks öffentlich zugänglich gemacht worden sind. Dies war rechtswidrig, weil keine Zustimmung dazu vorlag und keine urheberrechtlichen Schrankenregelungen zugunsten der Beklagten eingreifen.
Nach Überzeugung der Kammer steht aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme fest, dass die streitgegenständlichen Werke, die in den Take-Down-Mitteilungen der Klageseite vom 10.01.2014 (Anlagen K 40a und K 40b) benannt worden waren, in folgenden Zeiträumen öffentlich zugänglich, jeweils über den Dienst der Beklagten abrufbar waren und vollständig heruntergeladen werden konnten.
Zum einen wurde durch die Zeugin … belegt, dass die streitgegenständlichen Werke Zeile 1, 2, 4, 5 der Anlage K 1a) und Zeile 1, 3-5 der Anlage K 1b) bei ihrer ersten Recherche im Zeitraum vom 11.12.2013 bis zum 19.12.2013 (jeweils Anlage zum Schreiben vom 10.01.2014) bzw. in der Anlage zur eidesstattlichen Versicherung Anlage K 53 (Beweissicherung Anlage K 52), sowie bei ihren weiteren Recherchen vom 17.02.2014 bis 24.02.2014 und 12.03.2014 bis 24.03.2014, in den Anlagen K 39a, K 39 bzw. in der Anlage zur eidesstattlichen Versicherung K 55 (Beweissicherung Anlage K 54) genannten Linkressoucen gefunden und sämtlich auf dem Dienst der Beklagten kostenlos zum Download verfügbar waren und vollständig heruntergeladen werden konnten.
Nach Recherchen des Zeugen … waren alle streitgegenständlichen Werke im Zeitraum vom 23.03.2015 bis 02.04.2015 unter den in den Anlagen zur eidesstattlichen Versicherung K 69a, 69b (Beweissicherung Anlagen K 68a, 68b) genannten Linkressourcen auffindbar und vom Dienst der Beklagten abrufbar.
Des Weiteren konnten bei der Nachrecherche vom 16.07.2014 bis 04.08.2014, durch die Zeugin … weiterhin acht der streitgegenständlichen Werke, nämlich die Werke Zeile 2-5 der Anlage K 1a und Zeile 1, 2, 3, 5 der Anlage K 1b in den in der Anlage zur eidesstattlichen Versicherung K 58 (Beweissicherung Anlage K 57) genannten Linkressourcen gefunden und vollständig vom Dienst der Beklagten heruntergeladen werden.
Auch bei der weiteren Nachrecherche des Zeugen … am 09.12.2014 hat die Vernehmung des Zeugen … ergeben, dass zumindest noch zwei der streitgegenständlichen Werke, „… und …“ unter denselben Download-Links wie zwischen dem 16.07.2014 und dem 04.08.2014 auf dem Dienst der Beklagten verfügbar waren und heruntergeladen werden konnten.
Darüber hinaus waren, nach den Ausführungen der Zeugin … alle streitgegenständlichen Werke bei einer Recherche vom 05.12.2014 bis 11.12.2014 unter neuen Download-Links über Linkressourcen, die in der Anlage zur eidesstattlichen Versicherung K 62 benannt sind (Beweissicherung Anlage K 61), auffindbar und vom Dienst der Beklagten abrufbar. Sie konnten sämtlich vollständig heruntergeladen werden.
Die Kammer hat keinen Zweifel daran, dass sich die Zeugen jeweils ausreichend davon überzeugt haben, dass das jeweilige streitgegenständliche Werk zu den genannten Zeiten jeweils vollständig unter den entsprechenden Links kostenlos zum Download über Uploaded angeboten wurden.
Die Zeugen … haben sich auch davon überzeugt, dass es sich bei den von ihnen jeweils heruntergeladenen Werken um die streitgegenständlichen Werke gehandelt hat. Auch wenn ihnen diese nicht bekannt waren, haben sie durch Überprüfung des Titels, der Autorenangabe und Durchscrollen der Dateien hinreichend genau feststellen können, dass es sich um die Werke gehandelt hat.
Die Zeugin … war glaubwürdig und ihre Angaben glaubhaft. Auf Vorhalt der von ihr durchgeführten Recherchen und Beweissicherungen (sämtliche Anlagen ihrer eidesstattlichen Versicherungen) gab sie eine in sich schlüssige und nachvollziehbare, detailreiche und widerspruchsfreie Darstellung der Umstände der Beweissicherung. Die Zeugin … konnte in ihrer Vernehmung (scheinbare) Widersprüche erklären, gab Schwächen und einzelne Fehler in der umfangreichen Beweissicherung zu und konnte hierfür plausible Erklärungen finden, was die Glaubhaftigkeit ihrer Angaben und ihre Glaubwürdigkeit untermauerte, ebenso wie die Tatsache, dass sie unumwunden zugab, sich nicht mehr an jeden einzelnen Recherchevorgang zu erinnern.
Gleiches gilt für den Zeugen … der zur Überzeugung der Kammer festgestellt hat, dass sowohl am 04.11.2014 als auch am 09.12.2014 die streitgegenständlichen Werke … und … von uploaded heruntergeladen werden konnten.
Der Zeuge … hat zur Überzeugung der Kammer ebenfalls schlüssig dargestellt, wie er die jeweiligen Beweissicherungen durchgeführt hat. Den leeren Screenshot des streitgegenständlichen Werkes … auf der Linksammlung …, den die Kammer dem Zeugen … vorhielt, konnte er dadurch erklären, dass ihm sein Screenshot-Tool abgestürzt sei. Er wisse jedoch, dass das Werk erfolgreich hätte heruntergeladen werden können, da er dies bei jedem Vorgang vor der Beweisdokumentation selbst überprüfe.
Auf Vorhalt, dass in der Anlage K 69b der Ausdruck des Screenshots der Aggregator URL kein Hinweis auf das streitgegenständliche Werk … sondern auf ein anderes Werk … ergebe, erklärte der Zeuge … schlüssig, dass dies lediglich der Spoiler sei, der weiterverfolgt zu 12 eBooks geführt habe unter anderem auch dem Werk …. Dies entnehme er dem über dem Cover … befindlichen Hinweis „12 ebooks“.
Zudem erklärte er nachvollziehbar, dass ihm die streitgegenständlichen Werke im Original ebenfalls nicht alle bekannt seien, er sich jedoch anhand des Werktitels, des Covers, des Autors und der ISBN-Nummer jeweils davon überzeugt habe, dass es sich bei den aufgefundenen und heruntergeladenen Werken um die streitgegenständlichen Werke gehandelt habe.
Der Zeuge … war glaubwürdig und seine Angaben glaubhaft. Er gab unter Vorhalt der von ihr durchgeführten Beweissicherungen (sämtliche Anlagen seiner eidesstattlichen Versicherungen) eine in sich schlüssige und nachvollziehbare, detailreiche und widerspruchsfreie Darstellung der Umstände der Beweissicherung. Die Zeuge … konnte in seiner Vernehmung (scheinbare) Widersprüche erklären, gab Schwächen und einzelne Fehler in der umfangreichen Beweissicherung zu und konnte hierfür plausible Erklärungen finden, was die Glaubhaftigkeit seiner Angaben und seine Glaubwürdigkeit untermauerteSo gab er ebenfalls zu, sich nicht mehr konkret erinnern zu können, dass der bezüglich des Werks … aufgrund des Aggregator-Links die URL bei Uploaded gefunden habe, er wisse jedoch dass seine eidesstattliche Versicherung diesbezüglich richtig sei.
4. Die Beklagte ist als Gehilfin zu den von ihren Nutzern begangenen Urheberrechtsverletzungen passivlegitimiert.
Als Gehilfe an einer Urheberrechtsverletzung eines Dritten haftet der Sharehoster dann, wenn er diesem vorsätzlich zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat Hilfe geleistet hat (vgl. §§ 830 Abs. 2 i. V. m. Abs. 1 BGB i. V. m. § 27 Abs. 1 StGB). Der sogenannte doppelte Gehilfenvorsatz muss neben einer eigenen Unterstützungsleistung die Kenntnis von konkret drohenden Haupttaten umfassen und das Bewusstsein der Rechtswidrigkeit einschließen (vgl. BGH GRUR 2013, 1229, 1231 Rn. 32 – Kinderhochstühle im Internet II). Ferner ist im Fall einer Beihilfe durch Unterlassen erforderlich, dass den Gehilfen eine Rechtspflicht trifft, den Erfolg abzuwenden (vgl. BGH MMR 2011, 172, 173 Rn. 34 – Kinderhochstühle im Internet I; BGH GRUR 2001, 81, – Neu in Bielefeld I). Die erforderliche Handlung zur Verhinderung des Erfolgs muss von dem Verpflichteten rechtlich gefordert werden können; sie muss ihm möglich und zumutbar sein (BGH MMR 2011, 172, 173 Rn. 34 – Kinderhochstühle im Internet I).
Die Beklagte leistete ihren Nutzern Hilfe bei deren vorsätzlich begangenen rechtswidrigen Urheberrechtsverletzungen, indem sie es unterließ, ihren zumutbaren Überwachungspflichten nachzukommen.
a) Vorsätzliche rechtswidrige Haupttat
Bei der Haupttat des rechtswidrigen öffentlichen Zugänglichmachens durch Dritte handelt es sich um ein Dauerdelikt, da der rechtswidrige Zustand der öffentlichen Zugänglichmachung durch die gleichzeitige Bereitstellung der Datei auf dem Server der Beklagten und die Auffindbarkeit des Downloadlinks in einer Linksammlung aufrechterhalten und vertieft wird (vgl. BGH ZUM-RD 2011, 296 Rn. 12; LG Frankfurt, U. v. 05.02.2014 – 2/6 O 319/13, zitiert nach juris, Rn. 43). Das Werk ist dauerhaft öffentlich zugänglich im Sinne des § 19 a UrhG und kann von beliebigen Internetnutzern heruntergeladen werden, die sich dadurch zulasten der Klägerinnen den kostenpflichtigen legalen Erwerb des Werks ersparen. Die Tat des hochladenden Nutzers, nämlich der Upload der Datei und die Veröffentlichung des Downloadlinks in der Linksammlung ist daher vollendet, aber noch nicht beendet in dem Sinne, dass das Tatgeschehen seinen endgültigen Abschluss gefunden hat. Dies ist erst dann der Fall, wenn die Datei gelöscht wird, weil erst dann der rechtswidrige Upload nicht mehr fortwirkt und zu einer weiteren Schadensvertiefung führt. Eine Beihilfe ist nach ständiger Rechtsprechung bis zur Beendigung der Tat möglich (vgl. BGHSt 6, 248). Sämtliche von den Klägerinnen zu 1 und 2 mit der Take-Down-Notice vom 10.01.2014 berechtigterweise angezeigten Rechtsverletzungen wurden auch tatsächlich begangen, ebenso wie die danach folgenden, weiteren von den Klägerinnen zu 1 und 2 dokumentierten Rechtsverletzungen (siehe oben unter C.I.3)
b) Beihilfehandlung durch Unterlassen
Die für eine Teilnehmerhaftung erforderliche objektive Unterstützerleistung der Beklagten besteht darin, dass sie die Tat durch die Zurverfügungstellung von verlinkbarem Speicherplatz überhaupt erst möglich gemacht hat und trotz des Umstandes, dass sie von der Klageseite Take-Down-Mitteilungen bekommen hat, es unterlassen hat, ein öffentliches Zugänglichmachen dieser Werke zu verhindern (vgl. auch OLG Hamburg, Beschluss vom 13.05.2015, Az: 5 W 41/13 Rn. 14, 18).)
Durch das Unterlassen des vollständigen Entfernens der entsprechenden Verlinkungen zu Dateien von dem Server der Beklagten sowie das Unterlassen der ausreichenden Kontrolle weiterer einschlägiger Linksammlungen auf neue rechtsverletzende Verlinkungen hat die Beklagte die öffentliche Zugänglichmachung der Werke durch ihre Nutzer unterstützt.
c) Garantenstellung
Die Beklagte traf eine Überwacher-Garantenpflicht, den rechtlichen Erfolg in Form der durch Dritte bewirkten öffentlichen Zugänglichmachung der Werke abzuwenden.
Überwachergaranten sind Personen, denen aufgrund ihrer Verantwortlichkeit für bestimmte Gefahrenquellen Sicherungspflichten obliegen (Fischer, StGB, 63. Aufl. 2016, § 13 Rn. 15). Die Beklagte ist als Betreiberin der streitgegenständlichen Dienste verantwortlich für diese Gefahrenquelle, wodurch sich eine Garantenstellung begründet (vgl. Fischer, a. a. O., § 13 Rn. 60, Garantenstellung aus Verantwortlichkeit für eine Gefahrenquelle).
Die Beklagte hat aufgrund der besonderen Gefahrengeneigtheit des angebotenen Dienstes, wodurch dieser als Gefahrenquelle anzusehen ist, weitgehende Prüfpflichten.
Für die Begründung einer Garantenstellung reicht rechtmäßiges gefahrgesteigertes Verhalten allein noch nicht aus, sondern es ist ein wenigstens sozial verwerfliches Verhalten nötig (vgl. BGH NJW 1954, 1047, 1048; Fischer, StGB, § 13 Rdnr. 28 m. w. N.). Selbst wenn man die Bereitstellung der technischen Infrastruktur zum Hoch- und Herunterladen von Dateien durch die Beklagte als ein solches gefahrgesteigertes Verhalten ansehen sollte, steht sie jedenfalls im Einklang mit der Rechtsordnung (vgl. BGHZ 194, 339, Rn. 22 f. – Alone in the Dark). Hier kombiniert die Beklagte dies jedoch bei der konkreten Ausgestaltung ihres Dienstes mit weiteren Merkmalen, welche die Gefahrgeneigtheit ihres Dienstes erhöhen, ohne gleichzeitig adäquate Gegenmaßnahmen durchzuführen.
Zumindest nachdem die Beklagte von den Klägerinnen zu 1 und 2 von den streitgegenständlichen Rechtsverletzungen in Kenntnis gesetzt worden war, oblagen der Beklagten unter dem Gesichtspunkt der Störerhaftung aus § 823 Abs. 1, 1004 BGB anlassbezogene Prüf- und Kontrollpflichten, um eine erneute gleichartige Rechtsverletzung in Bezug auf diese Werke zu verhindern. Die in die Zukunft gerichteten Prüf- und Kontrollpflichten bezogen sich dabei auch auf andere als die beanstandeten Dateien bzw. Links und Linksammlungen, sofern sie die identischen Werke enthielten, bzw. zu diesen führten. Die Prüfung- und Löschungspflicht ist hierbei werkbezogen (BGH GRUR 2008, 702, Rn. 50; Internetversteigerung III; BGHZ 185, 330, Rn. 19 – Sommer unseres Lebens; BGH GRUR 2011, 617 Rn. 37 – Sedo; BGHZ 194, 339 Rn. 19 – Alone in the Dark; BGH GRUR 2013, 1030, Rn. 30 – File-Hosting-Dienst).
Zwar besteht keine allgemeine Prüfpflicht von Dienstanbietern im Sinne der §§ 8-10 TMG wegen § 7 Abs. 2 Satz 1 TMG, dies ändert sich jedoch nach Kenntnis der Rechtsverletzungen. Danach ist der Umfang der zu fordernden Prüfpflichten je nach Art und konkreter Ausgestaltung des Dienstes zu beurteilen. Nicht ausgeschlossen sind Überwachungspflichten in spezifischen Fällen. So müssen Dienstanbieter, die von Nutzern bereitgestellte Informationen speichern und die nach vernünftigem Ermessen von ihnen zu erwartende Sorgfalt aufwenden, um bestimmte Arten rechtswidriger Tätigkeiten aufzudecken und zu verhindern (BGH 05.02.3015, I ZR 240/12 – Kinderhochstühle III, zitiert nach juris, Rn. 52). Diese werden durch innerstaatliche Rechtsvorschriften konkretisiert (Erwägungsgrund 48 der RL 2000/31; vgl. BGH GRUR 2011, 617 – Sedo; BGH GRUR 2013, 1229 – Kinderhochstühle im Internet II)
So muss der Betreiber eines Online-Marktplatzes, der auf eine klare Rechtsverletzung hingewiesen worden ist, nicht nur das konkrete Angebot unverzüglich sperren, sondern auch Vorsorge treffen, dass es möglichst nicht zu weiteren derartigen Schutzrechtsverletzungen kommt (EuGH GRUR 2011, 1025 – L’Oréal/Ebay).
Bei einer besonderen Gefahrgeneigtheit des Dienstes sind deutlich strengere Maßstäbe anzulegen. Eine solche Gefahrgeneigtheit ist insbesondere dann gegeben, wenn das Geschäftsmodell von vornherein auf Rechtsverletzungen durch Nutzer angelegt ist oder der Gewerbetreibende durch eigene Maßnahmen die Gefahr einer rechtsverletzenden Nutzung fördert (BGH GRUR 2009, 841, Rn. 21 f – Cybersky; BGHZ 194, 339 Rn. 22 – Alone in the Dark; BGH GRUR 2013, 1030, Rn. 31 – File-Hosting-Dienst).
Letzteres ist vorliegend der Fall. Die Kammer geht davon aus, dass der Dienst der Beklagten aufgrund seiner konkreten Ausgestaltung zumindest die Gefahr einer rechtsverletzenden Nutzung massiv fördert.
Zwar ist das Geschäftsmodell der Beklagten nicht von vornherein ausschließlich auf Rechtsverletzungen angelegt. Es sind legale Nutzungsmöglichkeiten des Dienstes der Beklagten vorhanden für die auch ein technisches und wirtschaftliches Bedürfnis bestehen mag (vgl. BGH ZUM 2013, 874 – File-Hosting-Dienst).
Die Beklagte setzt daneben jedoch gezielt Anreize zu urheberrechtsverletzenden Nutzung ihres Dienstes und kam auch nach Kenntnis von den konkreten Rechtsverletzungen bezüglich der streitgegenständlichen Werke den ihr obliegenden Prüfpflichten nicht im gebotenen Umfang nach, sondern erhielt im Wesentlichen die gefahrbegründenden Merkmale ihres Dienstes aufrecht, ohne gesteigerte Kontrollmaßnahmen für die streitgegenständlichen Urheberrechtsverletzungen zu ergreifen.
So schafft die konkrete Ausgestaltung des Dienstes mit Anonymität der Nutzer sowie einem Vergütungssystem für besonders attraktive Inhalte eine besondere Gefahrgeneigtheit für rechtsverletzende Nutzungen, die sich in dem Erhalt einer Vielzahl von Take-Down-Notices bezüglich urheberrechtlich geschützter Werke widerspiegelt (vgl. BGH ZUM 2009, 774 – Cybersky; BGH ZUM 2013, 288 – Alone in the Dark). Die Attraktivität für illegale Nutzung wird weiter durch die Möglichkeit gesteigert, die Dienste der Beklagten anonym Wiederholung in Anspruch zu nehmen (BGH ZUM 2007, 846 – Jugendgefährdenden Medien bei eBay). Dem muss bei den Anforderungen an die Prüfpflichten Rechnung getragen werden.
Durch ihr Geschäftsmodell begründet die Beklagte demnach eine Gefahrgeneigtheit für rechtsverletzende Nutzungen. Das Anbieten von attraktiven Inhalten zum Download erhöht die Wahrscheinlichkeit für den Uploader, an dem Abschluss von Premium-Mitgliedschaften finanziell beteiligt zu werden. Zudem beinhalteten die AGB der Beklagten aus dem Jahr 2013, dass nicht heruntergeladene (demnach unattraktive) Daten nach 180 Tagen wieder gelöscht werden.
Es liegt hier zumindest eine gezielte Förderung der Gefahr einer rechtsverletzenden Nutzung vor.
Jedenfalls nach den Take-Down-Notices hatte die Beklagte Kenntnis auch von konkret drohenden Verletzungshandlungen Dritter bezüglich der streitgegenständlichen Werke (BGH GRUR 2007, 708 – Internetversteigerung II).
Die Kammer verkennt hierbei nicht die legalen Nutzungsmöglichkeiten des streitgegenständlichen Dienstes.
Trotz der legalen Nutzungsmöglichkeiten liegt es nach allgemeiner Lebenserfahrung auf der Hand, dass der Dienst der Beklagten aufgrund seiner Merkmale für viele Nutzer, die illegal urheberrechtlich geschützter Werke herunterladen wollen, besonders attraktiv ist und auch genutzt wird. Je öfter diese Nutzer solche geschützten Inhalte ohne weitere Kosten bei der Beklagten tatsächlich herunterladen oder herunterzuladen beabsichtigen, desto eher sind sie bereit, auch kostenpflichtig das Premium-Angebot der Beklagten in Anspruch zu nehmen.
Die Beklagte ist mithin Überwachergarantin geworden, da sie durch besondere Anreize zur illegalen öffentlichen Zugänglichmachung von urheberrechtsverletzenden Dateien durch Dritte in Form der besonders attraktiven sog. Premium-Accounts, der Rückvergütung bei Downloads, sowie die Gewährung von Anonymität eine Gefahrenquelle in ihrem Machtbereich geschaffen hat, aber nach Inkenntnissetzung den ihr aufgrund der Störerhaftung obliegenden Löschungs- bzw. Prüfpflichten nicht umfassend nachgekommen ist.
Die Ausgestaltung des Dienstes der Beklagten durch systematische Anonymität schafft eine spezifische Gefahrenquelle für Inhaber von Urheberrechten, die über das allgemeine Risiko hinausgeht, dass rechtlich neutrale Dienste für rechtswidrige Zwecke missbraucht werden können (so auch LG München I, 11.07.2014, Az. 21 O 8154/13, S. 14). Die Beklagte hat dadurch, dass sie als Betreiberin des Dienstes unproblematisch Dateien löschen und sperren kann, die Herrschaft über die Gefahrenquelle. Aufgrund dieser Herrschaft trifft die Beklagte vorliegend eine Pflicht zur Verhinderung von Verletzungen an Rechtsgütern Dritter, hier der urheberrechtlichen Nutzungsrechte der Klägerinnen zu 1 und 2, die von der Gefahrenquelle herrühren, sobald die Haftungsprivilegierung des § 10 Satz 1 TMG nach Kenntniserlangung von den Rechtsverletzungen nicht mehr greift.
Durch die Annahme einer Garantenstellung der Beklagten werden auch die allgemeinen Grundsätze der Störerhaftung nicht ausgehebelt. Diese laufen insoweit nicht ins Leere, als sie weiterhin für neutrale Dienste, bzw. für solche, die nicht durch ihre konkrete Ausgestaltung eine derartige Gefahrenquelle eröffnen, gelten.
Dadurch, dass die Beklagte ihren Dienst konkret so ausgestaltet hat wie beschrieben und mehrfach gegen ihre Löschungs- bzw. Prüfpflichten verstoßen hat, haben diese Pflichten sich derart verdichtet, dass die Beklagte zur Garantin für das Ausbleiben weiterer Rechtsverletzungen derselben Art wurde und einer Gehilfenhaftung durch Unterlassen ausgesetzt ist (LG München I, 11.07.2014, Az. 21 O 8154/13, S. 15).
Es genügt insoweit, dass sich für die Beklagten mit dem Wissen um die bereits erfolgten Rechtsverletzungen in Ansehung der Anreizwirkung ihres Geschäftsmodells und der nicht hinreichenden Erfüllung der obliegenden Prüfpflichten das generelle Risiko der Begehung von Urheberrechtsverletzungen über ihren Dienst zu einem hinreichend konkreten Risiko verdichtet hat. Jede andere Betrachtung entspräche nicht der Lebenserfahrung (so auch LG Hamburg, 30.01.2015, 308 O 105/13, zitiert nach juris, Rn. 88).
In diesem Fall hat die Beklagte eben nicht nur die ihr bereits angezeigten konkreten Rechtsverletzungen zu unterbinden, sondern muss darüber hinaus dafür sorgen, dass es zu keinen neuen Rechtsverletzungen bezüglich der streitgegenständlichen Werke kommt.
d) Garantenpflichten
aa) Beihilfe durch Unterlassen setzt eine Rechtspflicht zum Handeln voraus (BGH NStZ 2012, 58 f.). Es genügt, spiegelbildlich zur Beihilfe durch aktives Tun, wenn der Gehilfe die Haupttatvollendung durch aktives Tun hätte erschweren können (BGH NJW 1953, 1838; Schönke/Schröder, StGB, 29 Auflage, § 27 Rn. 19). Die Beklagte hat es pflichtwidrig unterlassen, die ihr obliegenden Prüfpflichten im gebotenen Umfang zu erfüllen. Dies zeigt sich bereits dadurch, dass es zu neuen Rechtsverletzungen gekommen ist. Sie hätte sämtliche einschlägigen Linksammlungen effizienter kontrollieren oder zumindest einen Wortfilter beim Upload bezüglich der streitgegenständlichen Werke einsetzen können. Zudem wäre es ihr möglich gewesen, ihren Dienst hinsichtlich einzelner Merkmale (wie z. B. der Anonymität) umzugestalten, um so den Nutzern die Begehung von Urheberrechtsverletzungen zu erschweren. Dass auch diese Maßnahmen nicht jegliche Urheberrechtsverletzungen verhindern können, mag sein, jedenfalls hätten sie jedoch Rechtsverletzungen Dritter erschwert.
bb) Die Erfüllung der ihr obliegenden Prüfpflichten wäre ihr auch möglich und zumutbar gewesen. Die Beklagte hätte lediglich die Dateien mit den streitgegenständlichen Werken unter der ihr bekannten URL auf ihrem eigenen Server löschen oder den Zugang zu ihr sperren müssen. Dies war ihr auch möglich mittels effektiver Suche nach Link-Ressourcen oder mittels Einsatz eines Crawlers. Sie hätte auch Stichwortfilter bereits beim Upload einsetzen können, um ihrer Prüfpflicht zu genügen.
Die Beklagte hat nach ihren Ausführungen jedoch nur einen Stichwortfilter beim Download und einen Hashfilter eingesetzt, sowie einige manuelle Kontrollen in den ihr durch die Klägerin mitgeteilten und weiteren Linkressourcen durchgeführt. Diese Maßnahmen waren zur Erfüllung ihrer Überprüfungs- und Kontrollpflichten nicht ausreichend, wie auch das Ergebnis der Beweisaufnahme zeigt, da sie Verletzungshandlungen nur in geringem Umfang verhindern können. Solche Filter können nämlich nur Dateien erkennen, die mit der rechtsverletzenden Datei identisch sind (vgl. BGH, U.v. 15.08.2013 – I ZR 80/12 – File-Hosting-Dienst, zitiert nach juris, Rn. 53), tragen jedoch nicht der Überprüfungs- und Kontrollpflicht im Hinblick auf mitgeteilte konkrete Links oder auffindbare Links in den der Beklagten bekannt gegebenen sowie weiteren einschlägigen Linksammlungen Rechnung.
Die in Rede stehenden weiteren Prüfungspflichten sind auch auf ausreichend bestimmte Verletzungshandlungen beschränkt, da sie sich lediglich auf die bereits vorher durch Take-Down-Notice klar umschriebene Werke bezieht. Es ist ihr zumutbar alle neuen Links in einschlägigen Linksammlungen einer effektiven Überprüfung auf Enthalten der streitgegenständlichen Werke zu unterziehen- wie es auch die Klägerin im Rahmen ihrer Beweissicherung erfolgreich getan hat.
Der Einwand der Beklagten, dass dies nur unter hohem zeitlichen und personellen Aufwand durch die Beklagte möglich sei, geht hier ins Leere.
Die Beklagte hat durch die konkrete Ausgestaltung ihres Dienstes (Anonymität und Vergütung von Premium-Account-Abschlüssen sowie Downloads, Löschung inatraktiver Daten nach 180 Tagen in AGB) eine deutlich erhöhte Gefahr zu Urheberechtsverletzungen begründet. Dieser Umstand rechtfertigt dem entsprechend spiegelbildlich erhöhte Prüfungspflichten der Beklagten.
Die Beklagte hätte – wie es die Klägerin zur Beweissicherung in Auftrag gegeben hat – eine manuelle Suche zumindest aller einschlägigen Linksammlungen durchführen müssen, die auf ihren Dienst verweisen und dies aufgrund der bereits eingetretenen Rechtsverletzungen und der – von ihr selbst vorgetragenen – einfachen Erstellung neuer Links in einer ausreichend hohen Frequenz.
Nichts daran ändert auch ihr Vortrag, dass sie 94 Tasks bezüglich der streitgegenständlichen Werke nach Take-Down-Notice der Klägerin bearbeitet habe. Welchen konkreten Inhalt und welches Ausmaß diese jeweiligen Arbeitsaufträge hatten und wie sie exakt durchgeführt wurden ist nicht ersichtlich. In der Anlage B 39 steht lediglich, wann in den von der Klägerin mitgeteilten und weiteren Linkressourcen gesucht wurde, nichts darüber, welche weiteren Suchmaßnahmen die Beklagte unternahm. Dies reicht jedoch nicht, um die der Beklagten obliegenden, aufgrund der konkreten Ausgestaltung des ihres Dienstes und der bereits geschehenen Rechtsverletzungen gesteigerten Prüfpflichten zu erfüllen. Sie hätte die Linksammlungen effizient durchsuchen müssen. Die zahlreichen weiteren Rechtsverletzungen bezüglich der streitgegenständlichen Werke zeigen jedenfalls, dass die von der Beklagten gewählte Kontrollform und Kontrollfrequenz nicht ausreichend war.
Die Beklagte hat vorgetragen, bei ihren proaktiven Recherchen bezüglich der streitgegenständlichen Werke nur in wenigen Fällen überhaupt einen aktiven Link gefunden zu haben. Vor dem Hintergrund ihres eigenen Vortrags, dass es den Nutzern ein leichtes sei, neue Links zu kreieren und diese neu zu platzieren und dass es bereits zu einer Rechtsverletzung gekommen war, durfte sie daraus jedoch nicht den Schluss ziehen, dass es im Wesentlichen keine Rechtsverletzungen bezüglich der streitgegenständlichen Werke mehr gebe. Sie hätte vielmehr ihre Suche intensivieren und auch auf weitere Linksammlungen und engere Zeiträume ausdehnen müssen.
Die Beklagte hat weiter ausgeführt, dass ihr weitere Kontrollen, als die von ihr vorgetragenen, für sie technisch und wirtschaftlich nicht zumutbar seien.
Wenn dies der Fall wäre – was sie im Übrigen nicht ausreichend durch Zahlen belegt hat – muss die Beklagte ihren Dienst jedoch zumindest so umgestalten, dass sie ihn als die von ihr geschaffene Gefahrenquelle beherrschen kann.
Soweit die Beklaget meint, dass ihr eine manuelle Kontrolle nicht zumutbar sei, weil dies einen unzumutbaren Personalaufwand bedeutet hätte, vermag sie auch damit schon im Ansatz nicht durchzudringen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann allein die Massenhaftigkeit der über den Dienst der Beklagten vermittelten Rechtsverletzungen eine Relativierung des Urheberrechtsschutzes nicht nach sich ziehen. Die Prüfpflichten der Beklagten bestehen für jedes Werk, bei welchem sie auf eine klare Rechtsverletzung hingewiesen worden ist, im selben Umfang; sie verringern sich nicht dadurch, dass sie in Bezug auf eine große oder sehr große Werkzahl erfüllt werden müssen (BGH GRUR 2013, 1030 Rn. 59 – File-Hosting-Dienst). Denn der urheberrechtliche Schutz kann nicht dadurch geschwächt werden, dass es im Rahmen eines an sich zulässigen Geschäftsmodells zu einer großen Zahl von Rechtsverletzungen kommt.
Die Kammer verkennt dabei nicht, dass mit der strengen Prüfpflicht ein erheblicher finanzieller Aufwand verbunden ist und dass die der Beklagten aufzuerlegenden Pflichten nach der Zwecksetzung des TMG und der E-Commerce-Richtlinie im Ansatz nicht dazu führen dürfen, dass ein Dienst, der zweifelsfrei auch legale und von der Rechtsordnung gebilligte Anwendungsbereiche hat, nicht mehr wirtschaftlich betrieben werden kann. Da die Beklagte aber nicht darlegt, wie sie im Rahmen der ihr obliegenden sekundären Darlegungslast verpflichtet wäre (vgl. OLG Köln, GRUR 2014, 1081, 1090), in welcher Höhe sie finanzielle Vorteile aus dem Betrieb ihres Dienstes gezogen hat, ist nicht erkennbar, dass der erforderliche personelle Aufwand für die manuelle Kontrolle die Wirtschaftlichkeit des Dienstes und damit den Dienst selbst in Frage gestellt hätte. Insoweit hätte die Beklagte, was auf der Hand liegt und worauf die Klägerin auch hingewiesen hat, die Umsätze der Beklagten den durch Kontrollen tatsächlich angefallenen und durch die manuelle Kontrolle zusätzlich anfallenden Kosten für die relevanten Zeiträume gegenüberstellen müssen. Fehlt es daran, so vermag das Gericht den Einwand der Unzumutbarkeit nicht nachzuvollziehen. Die Berechnung des Kontrollaufwandes anhand von absoluten Zahlen genügt für die Begründung der Unzumutbarkeit ersichtlich nicht. Ferner wäre darzulegen gewesen, dass die Beklagte durch eine Umgestaltung ihres Dienstes keine Reduzierung des Kontrollaufwand hätte erreichen können.
Insoweit vermag der Verweis darauf, dass die Beklagte bei über 9.500 Werken auf ca. 800 Webseiten (mittlerweile sogar 22.600 Werke auf 990 Webseiten) ihren Prüfpflichten faktisch nicht nachkommen könne, nicht zu überzeugen.
Da die Beklagte jedenfalls im vorliegend streitgegenständlichen Umfang nach Take-Down-Notice zur manuellen Kontrolle verpflichtet war, kommt es auch nicht darauf an, ob und inwieweit der Beklagten zuverlässige technische Kontrollmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Die von der Beklagten vorgetragenen Schwierigkeiten bei der automatisierten Suche unterstreichen vor dem Hintergrund des von der Beklagten betriebenen Geschäftsmodells die Notwendigkeit der manuellen Kontrolle, jedenfalls in Bezug auf die der Beklagten mitgeteilten Urheberrechtsverletzungen.
Es lässt sich für das vorliegende Verfahren nur der Schluss ziehen, dass die Beklagte die Kontrollen nicht in gebotenem Umfang und mit der gebotenen Gründlichkeit durchgeführt hat, weil es tatsächlich mehrfach zu erneuten Rechtsverletzungen gekommen ist.
Zudem hat die Beklagte die ihr obliegenden Kontroll- und Prüfpflichten dadurch verletzt, dass sie nicht – wie geboten – einen Wortfilter beim Hochladen der Dateien sowie eine Wortfiltersuche für die bereits auf den Servern befindlichen Dateien eingesetzt hat. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein Dienstanbieter wie die Beklagte, die durch ihr Geschäftsmodell der Gefahr von Urheberrechtsverletzungen Vorschub leistet, verpflichtet, einen solchen Wortfilter einzusetzen und zudem die auf dem Server bereits gespeicherten Dateien mittels einer Wortsuche daraufhin zu überprüfen, ob sie im Dateinamen die Namen der ihr mitgeteilten Werke enthalten.
Soweit dem Dienstanbieter auch die Namen der jeweiligen Autoren und Buchtitelmitgeteilt werden, muss sich die Wortfilterrecherche auch auf diese Angaben beziehen. Bei Anwendung dieser Parameter hätte die Beklagte – jedenfalls aufgrund einer ihr zumutbaren manuellen Nachkontrolle (vgl. BGH GRUR 2013, 1030 Rn. 35 – File-Hosting-Dienst) – diejenigen aufgeführten Werke identifizieren können und müssen, die bereits aus dem Dateinamen auf ihren Inhalt schließen ließen.
Die Verpflichtung zum Einsatz eines Wortfilters beim Hochladen steht im Übrigen auch im Einklang mit dem Unionsrecht. Zwar kann ein Dienstanbieter nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union zur Auslegung von Art. 15 Abs. 1 Richtlinie 2000/31, Art. 8 und Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2004/48 nicht ohne konkreten Anlass verpflichtet werden, proaktiv sämtliche Daten jeder seiner Kunden aktiv zu überwachen, um jeder künftigen Verletzung von Rechten des geistigen Eigentums vorzubeugen, weil eine solche allgemeine Überwachungspflicht nicht mit Art. 3 der Richtlinie 2004/48 zu vereinbaren ist, wonach die Maßnahmen im Sinne dieser Richtlinie gerecht und verhältnismäßig sein müssen und nicht übermäßig kostspielig sein dürfen (vgl. Urteil vom 16.02.2012, C-360/10, GRUR 2012, 382 Rn. 34 – SABAM/Netlog). Insbesondere ist nach dem Unionsrecht eine Abwägung der betroffenen Interessen vorzunehmen, wobei neben dem Interesse der Rechteinhaber an einer Verhinderung und Beendigung von Rechtsverletzungen die unternehmerische Freiheit sowie die Kommunikationsrechte, insbesondere die Informationsfreiheit der Nutzer zu berücksichtigen sind (EuGH, GRUR 2012, 382 Rn. 50 f. – SABAM/Netlog; s.a. Urteil vom 27.03.2014, C-314/12, GRUR 2014, 468 Rn. 45 ff. – UPC Kabel). Eine Verpflichtung, zum Einsatz eines Wortfilters aufgrund einer bereits eingetretenen Rechtsverletzung steht dem Unionsrecht allerdings nicht entgegen (so im Ergebnis BGH, GRUR 2013, 1030 Rn. 35 – File-Hosting-Dienst; zustimmend Obergfell, NJW 2013, 1995, 1998; kritisch Wimmers/Nolte, GRUR 2014, 58, 61; s.a. OLG Köln, GRUR 2014, 1081, 1089). Zwar erstreckt sich ein Wortfilter, der aufgrund einer konkreten Beanstandung eingesetzt wird, naturgemäß auf sämtliche von den Nutzern auf den Dienst der Beklagten hochgeladenen und dort gespeicherten Dateien. Angesichts der bereits eingetretenen Rechtsverletzungen in Bezug auf die in Rede stehenden Werke und vor dem Hintergrund der Anreize, die das Geschäftsmodell der Beklagten in der Vergangenheit für das Speichern und öffentlich Zugänglichmachen urheberrechtlich geschützter Inhalte bot, stellt diese Verpflichtung jedoch kein unverhältnismäßiges Mittel zur Verhinderung zukünftiger Urheberrechtsverletzungen dar. Dies gilt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass mit einem Filtersystem möglicherweise rechtmäßige Inhalte in Form von schlichten Sicherungskopien der Nutzer erfasst werden (BGH GRUR 2013, 370 Rn. 45 – Alone in the Dark; GRUR 2013, 1030 Rn. 62 – File-Hosting-Dienst), und dass ein solcher Wortfilter nicht geeignet ist, alle Rechtsverletzungen zu identifizieren (BGH GRUR 2012 Rn. 35 – Alone in the Dark; in diesem Sinne auch EuGH, GRUR 2014, 468 Rn. 63 – UPC Kabel).
Soweit durch den Einsatz eines Wortfilters Nutzer betroffen sind, die die Dienste der Beklagten nur als externen Speicher für ihre eigenen urheberrechtlich geschützten Inhalte rechtmäßig nutzen, oder Inhalte gesperrt werden, die keine geschützten Inhalte enthalten, ist die Beklagte zur Wahrung der grundrechtlich geschützten Belange der Nutzer gehalten, im Vertragsverhältnis zu diesen, geeignete Verfahren vorzusehen, die es den betroffenen Nutzern ermöglichen, nach Überprüfung durch die Beklagte eine Freischaltung dieser Inhalte zu erreichen. Ein solches Vorgehen gewährleistet in der vorliegenden Sachverhaltsgestaltung einen angemessenen Ausgleich der widerstreitenden grundrechtlich geschützten Interessen.
Es steht der Beklagten zudem frei, den Dienst anders zu gestalten; beispielsweise durch Offenlegen der Uploader und Downloader oder durch Abschaffung des bestehenden – Urheberrechtsverletzungen vorschubleistenden – Vergütungsmodells für besonders attraktive Inhalte. Dies würde auch die ihr obliegenden – nach einer Rechtsverletzung gesteigerten – Kontrollpflichten für sie selbst vereinfachen.
Im Übrigen hätte die Beklagte ohne weiteres ihr Geschäftsmodell zumindest dahingehend abändern können, dass sich Nutzer bei ihrer Anmeldung identifizieren müssen. Damit wäre ein wesentlicher Anreiz für eine urheberrechtsverletzende Nutzung ihres Dienstes entfallen (so auch LG Hamburg, 30.01.2015, 308 O 105/13, zitiert nach juris, Rn. 89).
Den Pflichten der Beklagten steht auch nicht das Haftungsprivileg des § 10 TMG entgegen. Die Beklagte ist verantwortlich, da sie Kenntnis von Umständen im Sinne des § 10 Satzt 1 Nr. 2 TMG hatte, aus denen sich ihr als ordentlicher Wirtschaftsteilnehmerin die Kenntnis von den Rechtsverletzungen bezüglich der streitgegenständlichen Werke aufgrund der Ausgestaltung ihres Dienstes aufdrängen musste, und sie sodann den ihr obliegenden Prüf- und Löschungspflichten nicht nachgekommen ist. Das Haftungsprivileg des § 10 TMG ist demnach mit Take-Down-Notice entfallen.
Sie ist für die Rechtsverletzungen auch verantwortlich. Sie kann nicht die Haftungsprivilegierung des § 10 Satz 1 Nr. 1, 2. Alt. TMG für sich in Anspruch nehmen.
e) Doppelter Gehilfenvorsatz
Der doppelte Gehilfenvorsatz der Beklagten, bzw. ihrer Organe war nach Erhalt der Take-Down-Notice der Klägerinnen bei der Beklagten vorhanden. Sie hatte sowohl bezüglich der urheberrechtswidrigen Haupttat als auch hinsichtlich ihrer eigenen Unterstützungsleistung zumindest bedingten Vorsatz.
Die Beklagte war durch Schreiben der Klägerinnen vom 10.01.2014 davon in Kenntnis gesetzt worden, dass die in den Schreiben jeweils genannten Links den rechtswidrigen Download der auf dem Server der Beklagten gespeicherten Bücher bzw. Teilen davon ermöglichten. Da die Beklagte trotz positiver Kenntnis von der Urheberrechtsverletzung gleichwohl nicht ausreichend tätig wurde, hat sie wenigstens billigend in Kauf genommen, dass die Rechtsverletzung andauert oder erneut stattfindet (vgl. OLG Hamburg, B.v. 13.05.2013, 5 W 41/13, juris, Rdnr. 20 – vgl. aber auch BGH, ein rapidshare-Urteil, vom 15.8.2013, Az: I ZR 85/12, Rn. 25, in dem Gehilfenhaftung in Betracht gezogen wird, aber die getroffenen Feststellungen nicht die Annahme erlaubten, die Beklagte habe über eine konkret drohende Haupttat Kenntnis gehabt).
Auch hinsichtlich der die streitgegenständlichen Werke enthaltenen Dateien, deren konkrete Fundstelle die Klägerin der Beklagten nicht mitgeteilt hat, welche die Beklagte aber bei Erfüllung ihrer Pflicht, die einschlägigen Linksammlungen zu durchsuchen, gefunden hätte, handelte sie mit Eventualvorsatz. Da sie – wie dargelegt – aufgrund der vorangegangenen Rechtsverletzungen mit weiteren Rechtsverletzungen rechnen musste und die ihr obliegende Pflicht, die einschlägigen Linksammlungen zu durchsuchen und aufgefundene Dateien zu löschen, verletzt hat, hat sie billigend in Kauf genommen, dass es zu weiteren Rechtsverletzungen kommt.
Der BGH verlangt für einen Gehilfenvorsatz zwar grundsätzlich Vorsatz hinsichtlich der konkret drohenden Haupttat (vgl. z. B. BGH, Urteil vom 18.11.2010 – I ZR 155/09 – Sedo, juris Rdnr. 32, OLG München, Allegro barbaro, Allegro barbaro, Urteil vom 28.01.2016, Az: 29 U 2798/15, Rn. 68). Soweit dies mit einer Kenntnis der Einzelheiten der ganz konkreten Rechtsverletzung gleichgesetzt wird, greift dies nach strafrechtlichen Kategorien aber zu kurz. Nach ständiger Rechtsprechung in Strafsachen muss der Gehilfe die Einzelheiten der Haupttat einschließlich der Person des Täters nicht zwingend kennen. Er muss nur billigend in Kauf nehmen, dass er eine bestimmte fremde Tat unterstützt. Er muss die wesentlichen Merkmale der Haupttat, die sogenannte Unrechts- und Angriffsrichtung, erkennen, ohne zwingend eine bestimmte Vorstellung von deren Einzelheiten zu haben (vgl. z. B. BGH, B.v. 12.07.2000 – 1 StR 269/00, juris; BGH, U.v. 26.05.1988 – 1 StR 111/88, juris Rdnr. 20; Fischer, StGB, 63. Aufl. 2016, § 27 Rdnr. 22).
Allerdings ist zu fordern, dass der Teilnehmer wenigstens in Umrissen eine Vorstellung von Anzahl und Zeitraum der Taten hat (OLG München, Allegro barbaro, a. a. O., Rn. 69 m. w. N.). Weiß der Hilfeleistende nicht, wie der von ihm geleistete Beitrag vom Haupttäter verwendet wird, hält er es lediglich für möglich, dass sein Tun zur Begehung einer Straftat genutzt wird, so ist sein Handeln regelmäßig noch nicht als strafbare Beihilfehandlung zu beurteilen, es sei denn, das von ihm erkannte Risiko strafbaren Verhaltens des von ihm Unterstützten war derart hoch, dass er sich mit seiner Hilfeleistung die Förderung eines erkennbar tatgeneigten Täters angelegen sein ließ (OLG München, a. a. O., Rn. 69).
So liegt der Fall hier. Die Beklagte bzw. deren Organe wussten aufgrund der Take-Down-Notice, dass Nutzer ihres Dienstes die streitgegenständlichen Werke mit Hilfe der von ihr angebotenen Hosting-Dienstleistungen öffentlich zugänglich gemacht hatten. Ab diesem Zeitpunkt musste der Beklagten klar sein, dass konkret die Möglichkeit weiterer Urheberrechtsverletzungen bezüglich der streitgegenständlichen Werke bestand. Weiter wusste sie ab diesem Zeitpunkt, dass die von ihr bisher ergriffenen proaktiven Kontrollmaßnahmen nicht ausreichen würden, um weitere Urheberrechtsverletzungen an den streitgegenständlichen Werken zu verhindern.
Die Beklagte wusste zudem aufgrund der Attraktivität der ihr angezeigten streitgegenständlichen Werke, der konkreten Ausgestaltung ihres Dienstes sowie durch den Umstand, dass sie bereits in der Vergangenheit für 9.500 Hinweise auf urheberrechtsverletzende Zugänglichmachung von Werken erhalten hatte, um die erhöhte Wahrscheinlichkeit weiterer Rechtsverletzungen durch Dritte bezüglich der streitgegenständlichen Werke, sofern sie ihren Dienst weiter unverändert aufrecht erhalten und auch keine gesteigerten Kontrollmaßnahmen ergreifen würde.
Der Beklagten musste auch klar sein, dass die Löschung der ihr mitgeteilten Links und eine anschließende gelegentliche Suche nach neuen Links in derselben, ihr mitgeteilten Linkressource sowie anderen Ressourcen nicht würde verhindern können, dass Nutzer neue Links generieren und diese auch in weitere einschlägige Linksammlungen, bzw. auch in bereits kontrollierte Linksammlungen erneut einstellen würden. Die Beklagte hatte hier zumindest eine Vorstellung davon, dass es – mindestens einen tatgeneigten Nutzer gab, der im streitgegenständlichen Zeitraum das lukrative Hochladen der streitgegenständlichen Werke betrieb. Eine Sperrung seines Nutzer-Accounts hätte hier nichts genutzt, da man als anonymer Nutzer sofort wieder einen neuen Account aufmachen kann.
Nach der Take-Down-Notice der Klägerin vom 10.01.2014, die der Beklagten am 28.01.2014 zuging, hatte die Beklagte, bzw. hatten ihre Organe Kenntnis davon, dass zumindest bezüglich der streitgegenständlichen Werke K 1a Zeile 1, 2, 4, 5 und K 1b Zeile 1, 3, 4, 5 bereits Urheberrechtsverletzungen begangen worden waren. Dass es zu weiteren Rechtsverletzungen kommen würde hat sie billigend in Kauf genommen. Hierzu passt auch ihr Vortrag, dass sie nicht nach allen Werken gleichzeitig suchen und das „Katzund-Maus-Spiel“ nicht gewinnen könne. Angesichts des von ihrem Geschäftsmodell ausgehenden Gefährdungspotentials, das sich in Bezug auf diese Werke bereits konkretisiert hatte, war den Organen der Beklagten klar, dass es bei einer im wesentlichen unveränderten Aufrechterhaltung ihres Dienstes zu weiteren Urheberrechtsverletzungen – gerade auch in Bezug auf diese Werke kommen würde (so auch LG Hamburg, a. a. O. Rn. 87).
Neben dem Vorsatz in Bezug auf die rechtswidrige Haupttat hatte die Beklagte zudem Vorsatz bezogen auf ihren Unterstützungsbeitrag zur öffentlichen Zugänglichmachung. Sie hat den Zugriff auf die Dateien nicht effektiv unterbunden, sondern ist weitgehend untätig geblieben und hat damit billigend in Kauf genommen, dass es aufgrund unzureichender Sicherungsmaßnahmen, insbesondere einer fehlenden Löschung der Dateien und/oder Links auf dem Server der Beklagten zwangsläufig zu erneuten Urheberrechtsverletzungen kommen würde.
II.
Der geltend gemachte Auskunftsanspruch der Klageseite ist ab dem 28.10.2014 (Zugang der TakeDown-Mitteilung) begründet.
Die Beklagte haftet den Klägerinnen zu 1 und 2 als Gehilfin durch Unterlassen gem. §§ 97 Abs. 2, 31 Abs. 3, 15 Abs. 2 Nr. 2, 19 a UrhG i. V. m. § 830 Abs. 2 Abs. 1 BGB dem Grunde nach auf Schadensersatz. Zur Bezifferung des Anspruchs kann die Klägerin von der Beklagten Auskunft begehren, da sie in entschuldbarer Weise über den Umfang ihres Anspruchs im Ungewissen ist, sie sich die notwendigen Auskünfte nicht auf zumutbare Weise selbst beschaffen kann und die Beklagte die zur Beseitigung der Ungewissheit erforderliche Auskunft geben kann.
III.
Der Feststellungsantrag hinsichtlich der Schadensersatzverpflichtung ist ab dem selben Zeitpunkt begründet aus §§ 97 Abs. 2, 31 Abs. 3, 15 Abs. 2 Nr. 2, 19 a UrhG i. V. m. 830 Abs. 2 i. V. m. Abs. 1 BGB begründet.
D.
Im Übrigen war die Klage als unbegründet abzuweisen.
Als unbegründet abzuweisen waren die klägerischen Ansprüche ferner, soweit die Beklagte keine Take-Down-Mitteilung für ein klägerisches Werk erhalten hat. Betreffend des Werks Zeile 3 in der Anlage K 1a und des Werks 2 in der Anlage K 1b stehen der Klageseite ihre Ansprüche daher nicht zu. Es kann der Beklagten nicht unterstellt werden, dass sie ohne entsprechende Mitteilung des Rechteinhabers das Werk, sowie sein Potential bzw. seine Attraktivität für Rechtsverletzungen kennt. Zudem ist die Auferlegung einer generellen Prüfpflicht ohne konkreten Anlass unzulässig (so auch LG München I, 11.07.2014, 21 O 8154/13, S. 9, 10). Zwar ist nach der Rechtsprechung des BGH ein Gewerbetreibender schon vor Erlangung der Kenntnis von einer konkreten Verletzung verpflichtet, die Gefahr auszuräumen, wenn sein Geschäftsmodell von vornherein auf Rechtsverletzungen durch die Nutzer seiner Leistung angelegt ist oder der Gewerbetreibende durch eigene Maßnahmen die Gefahr einer rechtsverletzenden Nutzung fördert (vgl. BGH, Urteil vom 15.08.2009 – I ZR 57/07, GRUR 2009, 841 Rn. 21 f. – Cybersky; BGH, Urteil vom 12.07.2012 – I ZR 18/11 – Alone in the Dark, juris, Rdnr. 22; BGH, U.v. 15.08.2013 – I ZR 80/12 – File-Hosting-Dienst, juris, Rdnr. 34). Ein solcher Sachverhalt liegt hier aber nicht vor. Legale Nutzungsmöglichkeiten des Dienstes der Beklagten sind vorhanden und üblich (vgl. BGH, U.v. 15.08.2013 – I ZR 80/12 – File-Hosting-Dienst, juris, Rdnr. 34). Es ist der Beklagten daher nicht zuzumuten, von vornherein jede von Nutzern auf ihren Servern hochgeladene Datei auf rechtsverletzende Inhalte zu untersuchen. Dies würde ihr Geschäftsmodell gefährden, das nicht ausschließlich auf Rechtsverletzungen durch die Nutzer angelegt ist, sondern auch legal genutzt werden kann und für das grundsätzlich das Haftungsprivileg des § 10 Satz 1 TMG gilt (vgl. BGH, U.v. 15.08.2013 – I ZR 80/12 – File-Hosting-Dienst, juris, Rdnr. 44 m. w. N.).
I.
Betreffend des Auskunftsanspruchs war die Klage insoweit als unbegründet abzuweisen, als die Klageseite Informationen zu ihren streitgegenständlichen Werken für einen Zeitraum vor Zugang der Take-Down-Mitteilung verlangte. Der Auskunftsanspruch, der der Bezifferung des Schadensersatzanspruches dient, setzt eine Haftung als Täter oder Teilnehmer voraus. Eine Haftung als Teilnehmer besteht jedoch, wie ausgeführt, nicht vor dem Zugang der Take-Down-Mitteilung.
II.
Auch der unbeschränkt gestellte Feststellungsanspruch zur Schadensersatzpflicht war in zeitlicher Hinsicht entsprechend den vorigen Ausführungen auf die Zeit nach Zugang der Take-Down-Mitteilung zu beschränken.
E.
Im nicht nachgelassenen Schriftsatz des Beklagtenvertreters vom 04.03.2016 hat die Beklagte noch folgendes vorgetragen: Sie habe in den verfahrensgegenständlichen Zeiträumen hinsichtlich der verfahrensgegenständlichen Werke 453 Tasks bearbeitetet. Von den 453 durchgeführten Kontrollen seien 346 Tasks ohne Erfolg gewesen, d. h. es seien keine oder keine aktiven Uploaded-Links zu dem verfahrensgegenständlichen Werk durch sie gefunden worden. Lediglich 107 Tasks hätten zu einer Link-Löschung geführt. Insgesamt sei es zu einer Löschung von 208 Uploaded-Links gekommen. Angesichts dieser weit überwiegend negativen Ergebnisse der durchgeführten Kontrollen sei eine noch intensivere Prüfung hinsichtlich der verfahrensgegenständlichen Werke nicht geboten gewesen. Dieser neue Vortrag der Beklagen gab keinen Anlass zum Wiedereintritt in die mündliche Verhandlung gem. § 156 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.
Die Beklagte widerspricht hier ihrem eigenen Vortrag in der Duplik vom 16.03.2015, in der sie vorgetragen hatte, dass im verfahrensgegenständlichen Zeitraum lediglich insgesamt 96 Tasks durchgeführt worden seien (Bl. 328 d. A.), selbst wenn man jedoch unterstellt, dass die Beklagte statt dessen die nunmehr vorgetragenen 453 Tasks durchgeführt hat, ist dies insofern nicht entscheidungserheblich, als die Beklagte weiterhin nichts vorgetragen hat, aus dem sich ergeben würde, dass sie – außer den von ihr bisher beschriebenen Maßnahmen – weiteres unternommen hätte, um Urheberrechtsverletzungen an den streitgegenständlichen Werken effektiv zu verhindern. Die Auflistung einer höheren Anzahl des immer gleichen – ineffektiven – Suchvorgangs führt nicht zu einer anderen rechtlichen Bewertung bezüglich der gesteigerten Prüfpflichten der Beklagten nach Take-Down-Notice. Die Beklagte hat auch in dem Schriftsatz 04.03.2016 nichts dazu vorgetragen, dass sie ihre Vorgehensweise dem Grunde nach verändert hat. Vielmehr trägt sich weiter dazu vor, dass es bei einer Kontrollpflicht hinsichtlich mehrerer Werke und Linksammlungen zu Kollisionen komme und sie nicht permanent alle Werke in allen Linkressourcen suchen könne, ohne näher dazulegen, warum der Klägerin bereits bei ihren stichprobenartigen Kontrollen das Auffinden der in der Beweisaufnahme festgestellten Rechtsverletzungen möglich war und der Beklagten nicht. Dies alles untermauert die enorme Gefahrenquelle, die sie mit der konkreten Ausgestaltung ihres Dienstes geschaffen hat. Sie hat selbst angeführt, dass Rechtsverletzungen auf verschiedensten Links in sehr kurzer Zeit neu begangen werden könnten und sie daher das „Katz- und Mausspiel“ ohnehin nicht gewinnen könne. Der gesamte Vortrag der Beklagten zu ihren proaktiven und reaktiven Maßnahmen belegt dem gegenüber eindrucksvoll, dass sie nicht einmal versucht hat zu gewinnen und sich stattdessen bei den Kontrollen hinter immer dem gleichen – ineffektiven – Maßnahmenkatalog versteckt.
F.
I.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO.
II.
Die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 S. 1, S. 2 ZPO.
III.
Die Streitwertfestsetzung resultiert aus einer Schätzung durch das Gericht auf der Grundlage der Bezifferung durch die Klagepartei, § 3 ZPO. Dabei wurden Unterlassungsanspruch – wie von der Klägerin beziffert – pro Werk mit € 50.000,- und der Feststellungsanspruch mit € 5.000,- pro Werk bewertet. Der Auskunftsanspruch wurde auf jeweils € 1.000,- pro Werk festgesetzt.

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