Aktenzeichen 37 O 2194/17
UWG § 3, § 4 Nr. 3
BewG § 145 Abs. 3 S. 3
Leitsatz
Eine Bodenrichtwertsammlung wird in wesentlichen Teilen i.S.d. § 87 b UrhG vervielfältigt, wenn ihre ca. 2.200 Bodenrichtwerte entnommen und in einer eigenen Datenbank zur jeweiligen Adresse eingepflegt werden (siehe S. 12 des Urteils). (Rn. 55 – 56)
Tenor
1. Den Beklagten wird es bei Meidung eines Ordnungsgelds von bis zu EUR 250.000,00, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten, bei der Beklagten zu 1) zu vollziehen an ihrem Geschäftsführer,
untersagt,
die Bodenrichtwertsammlung des Gutachterausschusses der Klägerin – ganz oder teilweise – zu vervielfältigen und/oder öffentlich wiederzugeben oder solche Handlungen durch Dritte vornehmen zu lassen, wie im Internet unter der Domain „…de“ angeboten.
2. Die Beklagten werden verurteilt, der Klägerin Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen über den Umfang der Handlungen gemäß Ziffer 1, unter Angabe von Herkunft und Vertriebs Weg der Bodenrichtwerte, der Namen und Anschriften von gewerblichen Abnehmern und/oder Verkaufsstellen, über Art, Umfang und Anzahl der abgerufenen und/oder gelieferten Bodenrichtwerte, über die erzielten Preise/Umsätze und den erzielten Gewinn unter Angabe der Kostenfaktoren im Einzelnen, sowie über die betriebene Werbung und Angabe der Werbeträger, Erscheinungs-/Sendezeiten, Auflagen und Kosten der Werbung, einschließlich Art, Umfang und Zeitraum einer Nutzung im Internet unter Angabe der jeweiligen Homepages (Internet-Adressen) sowie der Anzahl der Zugriffe (visits, pageviews, streaming-/download-Abrufe).
3. Es wird festgestellt, dass die Beklagten gesamtschuldnerisch verpflichtet sind, der Klägerin jeden Schaden zu ersetzen, der dieser durch Handlungen gem. Ziffer 1 entstanden ist und/oder noch entstehen wird.
4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
5. Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 30% und die Beklagten gesamtschuldnerisch 70% zu tragen.
6. Das Urteil ist in Ziffer 1 gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 100.000,00 €, in Ziffer 2 gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 1.000,-€ und in Ziffer 5 gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Die zulässige Klage ist überwiegend begründet, da die Bodenwertsammlung der Klägerin das Datenbankschutzrecht sui generis des § 87 a ff UrhG genießt und die Beklagte durch die angegriffene Verwertung der Bodenrichtwerte dieses Recht verletzt.
Sie war jedoch abzuweisen, soweit die geltend gemachten Ansprüche über das streitgegenständliche Datenbankschutzrecht des § 87 b UrhG hinausgehen.
A.
I.
Der Klageantrag ist hinreichend bestimmt im Sinne des § 253 ZPO.
Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO muss ein Unterlassungsantrag – und nach § 313 Abs. 1 Nr. 4 ZPO eine darauf beruhende Verurteilung – so deutlich gefasst sein, dass der Streitgegenstand und der Umfang der Prüfungs- und Entscheidungsbefugnis des Gerichts klar umrissen sind, sich der Beklagte umfassend verteidigen kann und die Entscheidung darüber, was ihm verboten ist, nicht im Ergebnis dem Vollstreckungsgericht überlassen bleibt (BGH, Urteil vom 13. März 2003 – I ZR 143/00 –, Rn. 19, juris).
Zwar können Verallgemeinerungen dazu führen, dass der Unterlassungsantrag wegen mangelnder Bestimmtheit unzulässig ist und die Klageseite hat bei der Formulierung ihres Antrags bezogen auf die Nutzung der Bodenrichtwertsammlung „ganz oder teilweise“ durch den Begriff „teilweise“ einen unbestimmten Begriff gewählt.
Die Klägerin wendet sich insoweit jedoch erkennbar gegen jedwede Übernahme der Bodenrichtwerte, so dass die Frage des Umfangs sich im Rahmen der Begründetheit stellt, nicht jedoch ein Problem der Zulässigkeit begründet.
II.
Das Verfahren ist entscheidungsreif.
Soweit in den Schriftsätzen der Beklagtenseite nach der mündlichen Verhandlung über die rechtlichen Ausführungen hinaus noch Tatsachenvortrag erfolgte, führte dies zu keiner Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung und blieb insoweit unberücksichtigt.
Dem Antrag der Beklagtenseite auf Vorlage von Verträgen der Klageseite mit der Firma … S. D. AG (Bl. 159 d.A.) war nicht nachzukommen. Auf einen Beweisantritt kam es insoweit nicht an. Die Voraussetzungen einer Vorlage nach § 421, 424 ZPO liegen nicht vor.
B.
Der klägerische Unterlassungsanspruch beruht auf §§ 97 Abs. 1, 87 b Abs. 1 UrhG, da der Klägerin das ausschließliche Recht zusteht, die Bodenrichtwertsammlung insgesamt oder einen nach Art und Umfang wesentlichen Teil der Bodenrichtwertsammlung zu vervielfältigen und öffentlich wiederzugeben und die Beklagten dieses Recht verletzt haben.
I.
Die Klägerin ist als Datenbankherstellerin aktivlegitimiert im Sinne des § 87 b UrhG.
1. Die Bodenrichtwertsammlung ist eine Datenbank im Sinne des § 87 a Abs. 1 S. 1 UrhG. Eine solche liegt vor bei einer Sammlung von Werken, Daten oder anderen unabhängigen Elemente, die systematisch oder methodisch angeordnet und einzeln mit Hilfe elektronischer Mittel oder auf andere Weise zugänglich sind und deren Erstellung eine nach Art und Umfang wesentliche Investitionen erfordert.
Für die Bodenrichtwertsammlung ist die Kaufpreissammlung die Grundlage, d.h. eine Sammlung von Kaufverträgen über Immobilien. Diese in den Vertragsurkunden enthaltenen Informationen werden ausgewertet zur Ermittlung von Lagewerten und nach den Bodenrichtwertzonen geordnet.
Die Überprüfung dieser Bodenrichtwertsammlung im Zwei-Jahresrhythmus erfordert eine nach Art und Umfang wesentliche Investition, wobei sämtliche wirtschaftliche Aufwendungen zu berücksichtigen sind, die für die aktualisierende Überprüfung erbracht werden. Die umfangreiche sammelnde, sichtende, aufbereitende und ordnende Tätigkeit ist mit entsprechendem Personal- und Sachaufwand verbunden. Dies ergibt sich insbesondere aus dem erforderlichen zeitlichen Aufwand dafür, dass aus den gesammelten Kaufpreisen die Daten für die erforderlichen Berechnungen analysiert und sodann in die Bodenrichtwertzonen eingetragen werden müssen:
Zum einen ist der Umfang der zu sichtenden Unterlagen und der zu überprüfenden Informationen zu berücksichtigen, nämlich dass über 2.200 Bodenrichtwertzonen in dem 2-Jahre-Rhythmus überprüft werden müssen anhand der Kaufpreissammlung. Zwar hat die Klageseite nicht dargelegt, welchen Umfang die Kaufpreissammlung hat bzw. welche Anzahl von Kaufverträgen es auszuwerten gilt. Angesichts der Attraktivität von Münchner Immobilien ist jedoch davon auszugehen, dass die Kaufpreissammlung betreffend Immobiliarkäufe der jeweiligen letzten zwei Jahre nicht als gering anzusehen ist. So ist auch aus dem von der Klägerin vorgelegten Datenauszug aus der Datenbank „Bodenrichtwerte“ (Anlage K 1) ersichtlich, dass sich die dort angegebenen 144 Bodenrichtwerte 2014 zu den Bodenrichtwerten 2012 alle, aber in unterschiedlichem Maße, erhöht haben.
Zum anderen ist der Tätigkeitsaufwand für die Ermittlung der erforderlichen Datengrundlage erheblich, da der Quadratmeterpreis aus einem Kaufvertrag nicht ohne weiteres 1:1 für den Lagewert herangezogen werden kann. Der Bodenrichtwert beinhaltet keinen Wertanteil für Aufwuchs, Gebäude, bauliche und sonstige Anlagen. Insbesondere bei bebauten Grundstücken, ist daher ein erheblicher Analyse –und Berechnungsaufwand erforderlich, zu ermitteln, welcher „Preis“ sich ergeben würde, wenn der Boden unbebaut wäre (vgl. § 196 Abs. 1 S. 2 BauGB).
Dieser Aufwand ist erforderlich, um eine Validierung der Kaufpreise bezogen auf Lagewerte für einen Quadratmeter Grundstücksfläche zu ermöglichen. Von Bedeutung ist insoweit, wie die Klageseite in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat, welche planungsrechtlichen Vorgaben vorliegen. Ferner sind verwandtschaftliche Verhältnisse der Vertragsparteien zu beachten. Bei vorhandener Bebauung ist das Alter zu berücksichtigen und zwar sowohl bei der Frage potentieller Abrisskosten als auch für die Werthaltigkeit nicht abzureißender Bauten. Darüber hinaus ist zu eruieren, welchen Investitionsaufwand der Käufer übernimmt, da auch entsprechender Planungsaufwand Auswirkungen auf den Kaufpreis haben kann. Darüber hinaus ist offensichtlich, dass Kaufpreise variieren können danach, ob es sich um denkmalgeschützte Bauten, Altbauten ohne und mit Sanierung und Neubauten handelt, die Wohnung sich im Erdgeschoss oder im obersten Stockwerk befinden, ein Balkon mit dabei ist, ein Tiefgaragen Platz etc. All solche Faktoren sind zu analysieren und auszuwerten, bevor der für den jeweiligen Quadratmeter bezahlte Kaufpreis in die Bewertung des Lagewertes einfließen kann.
Vor diesem Hintergrund folgt die Kammer nicht der Auffassung der Beklagten, angesichts der von den Notaren vorgelegten Kaufverträge sei eine Investition für die Ermittlung der Bodenrichtwerte nicht zu sehen. Zwar ging die Beklagtenseite davon aus, dass die Notare der Geschäftsstelle die Verkaufspreise nennen und der Gutachterausschuss darüber entscheidet, ob die Mittelwerte aus den Verkaufspreisen für den Bodenwert gelten soll. Diese Sichtweise einer simplen Umrechnung des Kaufpreises in einen Bodenrichtwert stellte sich in der mündlichen Verhandlung als verkürzt dar. Sie spiegelt nicht die von der Klageseite detailliert geschilderte tatsächliche Informationsverarbeitung aus der Kaufpreissammlung wieder (vgl. Protokoll der Hauptverhandlung, Bl. 164 d.A.): Insbesondere bei Kaufverträgen zu bebauten Grundstücken schlagen sich beim Kaufpreis üblicherweise Grundstücksmerkmale nieder, die „herausgerechnet“ werden müssen. Da in bebauten Gebieten gemäß § 196 Abs. 1 S. 2 BauGB Bodenrichtwerte mit dem Wert zu ermitteln sind, der sich ergeben würde, wenn der Boden unbebaut wäre (§ 196 Abs. 1 S. 2 BauGB), kann der Kaufpreis nicht einfach auf die Quadratmeter umgelegt werden. Vielmehr sind insoweit die Kaufpreise im Hinblick auf Faktoren wie Gebäudeart, Bauweise und Baugestaltung, Größe, Ausstattung und Qualität, der bauliche Zustand, die energetischen Eigenschaften, das Baujahr und die Restnutzungsdauer (vgl. § 6 ImmoWertV in der Fassung vom 19.5.2010) zu analysieren und umzurechnen.
Ob der Bodenrichtwertsammlung auch ein Werkcharakter zukommt im Sinne einer nach § 4 UrhG geschützten Datenbank, ist für das streitgegenständliche sui generis Recht der §§ 87 a ff UrhG ohne Belang. Die von der Beklagtenseite zitierten Ausführungen des EuGH, Football Dataco, Urteil vom 01.03.2012, Az: C-604/10 betreffen den urheberrechtlichen Schutz nach Art. 3 der Richtlinie 96/9/EG und sind damit nicht einschlägig. Dieses Urheberrecht und das Schutzrecht sui generis sind vielmehr zwei voneinander unabhängige Rechte mit verschiedenem Schutzgegenstand und verschiedenen Anwendungsvoraussetzungen (EuGH, ebda, Rn. 28).
Die Bodenrichtwertsammlung ist daher eine Datenbank in Sinne des § 87 a UrhG.
2. Die Klägerin ist Herstellerin dieser Datenbank. Dies ist gemäß § 87 a Abs. 2 UrhG derjenige, der die Investition im Sinne des § 87 a Abs. 1 vorgenommen hat. Abzustellen ist hiernach auf die natürliche oder juristische Person, die die wesentlichen Investitionen vorgenommen hat und damit das organisatorische und wirtschaftliche Risiko trägt, welche mit dem Aufbau der Datenbank verbunden ist (Czychowski in Nordemann/Fromm, Urheberrechte, 11. Aufl., § 87 a Rn. 25 und ErwG 14 Datenbank-RL). Dieser ist die in einer Datenbank manifestierende Herstellerleistung als Ergebnis ihrer wesentlichen Investition zuzuordnen (Vogel in Schricker/Loewenheim, Urheberrecht, 5. Aufl., § 87 a Rn. 70).
Den zur Erstellung der Bodenrichtwertesammlung erforderlichen Aufwand schultert die Klägerin. Dies umfasst sowohl die Leistungen für den erforderlichen fachkundigen Personaleinsatz als auch die Aufwendungen für den Sachmitteleinsatz. Die Bodenrichtwertsammlung wird durch die von der Klägerin finanzierte Geschäftsstelle und den unabhängigen Gutachterausschuss erstellt. Die Klägerin stellt die Räumlichkeiten und Mittel für die Geschäftsstelle zur Verfügung. Auch trägt und bestimmt sie die Entschädigung für die Gutachter gemäß § 7 BayGaV. Im Wesentlichen ist es auch die Klägerin, die die Gutachter bestellt (§ 3 BayGaV.).
Auch das Haftungsrisiko liegt bei der Klägerin (vgl. OLG München, Urteil vom 22.April 1999, Az: 1 U 5696/98 für die Geschäftsstelle und Voß in Ernst/Zinkhan ua BauGB, § 192 Rn. 19 für die Gutachter).
Der Aktivlegitimation der Klägerin als Datenbankherstellerin gem. § 87 a Abs. 2 UrhG steht es vor diesem Hintergrund daher nicht entgegen, dass der unabhängige Gutachterausschuss, bestehend aus 34 ehrenamtlich tätigen Mitgliedern, den von der Beklagtenseite als „kreative“ Arbeit bezeichneten Teil zur Erstellung der Bodenrichtwertsammlung macht.
II.
Das klägerische Datenbankschutzrecht entfällt nicht aufgrund der sogenannten „Gemeinfreiheit“, da die Bodenrichtwertsammlung kein Amtliches Werk im Sinne der Voraussetzungen des § 5 UrhG ist.
1. Die Bodenrichtwertsammlung ist keine amtliche Bekanntmachung im Sinne des § 5 Abs. 1 UrhG. Der Begriff der amtlichen Bekanntmachung ist kein verwaltungsrechtlicher, sondern ein urheberrechtlicher Begriff, der entsprechend dem Zweck der Vorschrift auszulegen ist. Hiernach sollen Werke gemeinfrei sein, wenn sie eine normative oder einzelfallbezogen rechtliche Regelung enthalten (vgl. BGH, Bodenrichtwertsammlung, Urteil vom 20.7.2006, Az: I ZR 185/03 Rn. 14).
Die Bodenrichtwertsammlung hat keinen regelnden Inhalt. Die Bodenrichtwerte werden nur als Hilfsmittel bei der Wertermittlung herangezogen. Sie sind nicht allgemeinverbindlich, sondern nur Ausgangspunkt für eine Wertschätzung im typisierten Verfahren. Weist der Steuerpflichtige nach, dass der Verkehrswert niedriger ist, ist dieser zu Grunde zu legen (§ 145 Abs. 3 Satz 3 BewG). Die individuellen Verhältnisse bleiben somit maßgeblich (BGH, aaO, Rn. 15 m.w.N.). Die Bodenrichtwertsammlungen enthalten auch deshalb keinen regelnden Inhalt, weil sie nur tatsächliche (und damit keine regelnden) Angaben zu durchschnittlichen Bodenwerten enthalten (Nordemann in Nordemann/Fromm, Urheberrecht, 11. Aufl., § 5 Rn. 16, aA von der Beklagtenseite angekündigt für die 12. Auflage ausweislich des Gutachtens von Prof. Dr. N. vom 08.März 2018, Anlage B 12).
Die Bodenrichtwerte dienen als Anhaltspunkt für Bewertungen (vgl. OLG München, Beschluss vom 08. September 2016 – 34 Wx 64/16 Kost –, Rn. 30, juris: Die Bodenrichtwerte des Gutachterausschusses für Immobilienwerte nach § 196 BauGB können einen solchen geeigneten Anhaltspunkt für den Bodenwert liefern, wobei regelmäßig – d. h. wenn keine besonderen wertmindernden Umstände ersichtlich sind – ein Sicherheitsabschlag von 25% des Richtwerts angemessen und ausreichend ist, um den Mindestwert festzustellen).
Zwar meint die Beklagtenseite, dass im damaligen § 145 Abs. 3 Satz 3 BewG eine gesetzliche Vermutung aufgestellt wurde, es nun jedoch durch die Änderung des § 145 Abs. 3 S. 3 BewG eine nicht widerlegbare gesetzliche Festlegung gebe und die BGH-Entscheidung somit nicht mehr maßgeblich sei bzw. die Ansicht nicht mehr vertretbar sei (Bl. 47 d.A.). Die von der Beklagtenseite vertretene Auffassung, dass die Neufassung des § 145 Abs. 3 Satz 3 BewG dem Steuerpflichtigen den Nachweis abschneidet, dass der Verkehrswert seines Grundstücks niedriger und also der Bodenrichtwert seines Grundstücks unzutreffend sei (Bl. 128 d.A.), ist jedoch nicht nachvollziehbar. Die vormals in § 145 Abs. 3 Satz 3 BewG aufgestellte Möglichkeit besteht nach wie vor (§ 138 Abs. 4 BewG: Weist der Steuerpflichtige nach, dass der gemeine Wert der wirtschaftlichen Einheit im Besteuerungszeitpunkt niedriger ist als der nach (…) § 145 (…) ermittelte Wert, ist der gemeine Wert als Grundbesitzwert festzustellen). So wird auch in der BT-Drucksache 16/2712 auf Seite 87 zum Entwurf eines Jahressteuergesetzes 2007 (JStG 2007), der zu der Änderung des § 145 Abs. 3 S. 3 BewG führte, aufgeführt „Die bisherige Möglichkeit, gegenüber dem Finanzamt nachzuweisen, dass der tatsächliche Grundstückswert im Besteuerungszeitpunkt niedriger als der nach den Bewertungsvorschriften ermittelte Grundbesitzwert ist, bleibt erhalten und wurde in § 138 Abs. 4 BewG übernommen (vgl. Begründung zu Nummer 1).“ Die mit dem Jahressteuergesetz 2007 einhergehende Änderung des § 145 Abs. 3 S. 3 BewG führte daher nicht zu einer anderen Beurteilung betreffend des § 5 Abs. 1 UrhG und der diesbezüglichen BGH-Rechtsprechung. Durch die nach wie vor bestehende Möglichkeit eines Nachweises, dass der gemeine Wert niedriger ist, sind weiterhin die individuellen Verhältnisse bei der Bewertung eines Grundstücks als Grundlage einer Steuerschuld maßgeblich und die Bodenrichtwerte nur Hilfsmittel bei der Wertermittlung.
2. Der Schutz der Bodenrichtwertsammlung entfällt auch nicht nach § 5 Abs. 2 UrhG, da sie nicht im amtlichen Interesse zur allgemeinen Kenntnisnahme veröffentlicht worden ist. Dies setzt ein spezifisches Verbreitungsinteresse der Behörde voraus. Das öffentliche Interesse muss gegenüber dem Verwertungsinteresse des Verfassers des Werks überwiegen und die möglichst weite und von Urheberrechten freie Verbreitung erfordern. Nicht ausreichend ist das allgemeine Interesse, das die Allgemeinheit an jeder Veröffentlichung einer Behörde hat. Vielmehr muss ein besonderes Interesse vorliegen, das nach Art und Bedeutung der Information gerade darauf gerichtet ist, dass der Nachdruck oder die sonstige Verwertung des die Information vermittelnden Werks für jedermann freigegeben wird (BGH, aaO, Rn. 16, 17 m.w.N.).
Ein solches spezifisches Verbreitungsinteresse fehlt der Bodenrichtwertsammlung. Art und Bedeutung der Bodenrichtwertsammlung erfordern keine urheberrechtsfreie Verwertung. Es soll ein der Wirklichkeit entsprechendes Abbild der Wertverhältnisse auf dem Bodenmarkt gezeichnet werden, um die Durchsichtigkeit und Übersichtlichkeit des Bodenmarkts für den privaten Sektor zu verbessern. Dies erfordert keine allgemeine Kenntnisnahme der Sammlung, die über die gesetzlichen Informationspflichten der Klägerin und ihres Gutachterausschusses hinausgeht (BGH, aaO, Rn. 20). Vor diesem Hintergrund fallen Bodenrichtwertsammlungen nicht unter § 5 Abs. 2 UrhG, weil ihre amtliche Veröffentlichung genügt (so Nordemann in Nordemann/Fromm, Urheberrecht, 11. Aufl., § 5 Rn. 27).
Ein spezifisches Verbreitungsinteresse wird auch nicht durch die INSPIRE-Richtlinie 2007/2/EG begründet, wie die Beklagte meint. Die Richtlinie regelt den staatlichen Umgang mit Geodaten, erfasst jedoch nicht die Bodenrichtwerte. Nach Art. 4 Abs. 1 lit. d gilt die Richtlinie für Geodatensätze, die eines der in den Anhängen I bis III aufgeführten Themen betreffen. Dies ist nicht dargetan und auch nicht ersichtlich. Auch die Beklagtenseite konstatiert, dass die Bodenrichtwerte unter keine Ziffer des Katalogs des Anhangs III fallen (Bl. 128/129 d.A).
3. Eine „Gemeinfreiheit“ und damit verbundener Ausschluss des Datenbankschutzrechtes lässt sich auch nicht mit dem Argument der Beklagten begründen, dass nach ihrer Behauptung andere Gemeinden Bodenrichtwerte kostenfrei herausgeben. Der Datenbankschutz nach § 87 a ff UrhG wird nicht dadurch ausgehebelt, dass vergleichbare Datenbanken ggf. kostenfrei zur Verfügung gestellt werden. Auch vermag allein durch eine kostenlose Publizierung eine Datenbank nicht zu einem schutzlosen „amtlichen Werk“ im Sinne des § 5 UrhG werden.
III.
Die Beklagten haben das Datenbankrecht der Klägerin durch ihren Internetauftritt unter „…de“ verletzt, indem sie die Bodenrichtwertsammlung zu einem jedenfalls nach Art und Umfang wesentlichen Teil vervielfältigt und öffentlich wiedergegeben haben.
1. Die Beklagten haben durch die Übernahme der Bodenrichtwerte in ihre eigene Datenbank die Datenbank der Klägerin vervielfältigt.
Die ca. 2.200 Bodenrichtwerte stellen einen wesentlichen Teil der Bodenrichtwertsammlung dar.
Eine Vervielfältigung bedeutet nach § 16 UrhG, dass Vervielfältigungsstücke des Werkes hergestellt werden.
Im Lichte einer europarechtskonformen Auslegung ist § 87 b UrhG jedoch weit auszulegen. Unter Vervielfältigung fällt daher auch eine Entnahme im Sinne des Art. 7 Abs. 2 lit. a der Datenbankrichtlinie (RL 96/6/EG). Eine solche Entnahme ist eine ständige oder vorübergehende Übertragung eines wesentlichen Teils des Inhalts einer Datenbank auf einen anderen Datenträger ungeachtet der dafür verwendeten Mittel und der Form der Entnahme. Die Verwendung der Formulierung „ungeachtet der dafür verwendeten Mittel und der Form“ zeigt, dass der Gemeinschaftsgesetzgeber dem Begriff der Entnahme eine weite Bedeutung verleihen wollte (EuGH, Directmedia, Urteil vom 09. Oktober 2008 – C-304/07 –, juris, Ziffer 31). Für die Frage, ob eine „Entnahme“ im Sinne von Art. 7 der Richtlinie 96/9 vorliegt, ist unerheblich, ob die Übertragung auf einem technischen Verfahren der Kopie des Inhalts einer geschützten Datenbank (…) beruht oder auf einem einfachen manuellen Verfahren (EuGH, Urteil vom 09. Oktober 2008 – C-304/07 –, juris, Ziffer 37). Damit ist jede Vervielfältigung erfasst, die der Wahrnehmung durch die menschlichen Sinne dient (Czychowski in Nordemann/Fromm, § 87 b Rn. 14). Für eine Entnahme reicht eine bloße Informationsentnahme und anderweitige eigene Eingabe aus (BGH NJW 2008, 7556, Gedichttitelliste). Auch die bloße Textentnahme losgelöst von der äußeren Form und Vervielfältigungsart reicht für eine Nutzung der Datenbank aus (LG Frankfurt – ZfV 2003, S. 183, Urteil vom 19.02.2002, vgl. auch OLG Dresden, Urteil vom 18. Juli 2000 – 14 U 1153/00 –, Rn. 23, juris).
Dies zugrunde gelegt, hat die Beklagte zu 1) die Bodenrichtwertsammlung der Klägerin in wesentlichen Teilen vervielfältigt. Sie hat die ca. 2.200 Bodenrichtwerte der Printausgabe der Bodenrichtwertsammlung der Klägerin entnommen und in ihre eigene Datenbank zur jeweiligen Adresse eingepflegt. Allein diese Entnahme stellt daher eine Vervielfältigung der Datenbank dar.
Im Übrigen stellt auch das Zurverfügungstellen im Internet einen Vervielfältigungsvorgang dar (Czychowski in Nordemann/Fromm, aaO, § 87 b Rn. 16). Die Beklagte zu 1) stellt ihren Kunden zum Abruf über Knopfdruck übers Internet die Bodenrichtwerte zu jeder Adresse in München zur Verfügung.
2. Die Beklagten haben auch wesentliche Teile der Bodenrichtwertsammlung durch ihr Internetangebot öffentlich wiedergegeben.
Zur Öffentlichen Wiedergabe gehören die Nutzungen von Datenbanken im Internet durch Einstellen auf einer Website und Ermöglichen des Abrufs (Czychowski in Nordemann/Fromm, 11. Aufl., § 87 b Rn. 18). Dadurch, dass den Kunden der Beklagten der Abruf der Bodenrichtwerte zu jeder Adresse in München ermöglich wird, wird jedenfalls ein wesentlicher Teil der Bodenrichtwertsammlung öffentlich wiedergegeben. Da das Angebot der Beklagten sich an eine Mehrzahl von Personen richtet, ist die Zurverfügungstellung der Bodenrichtwerte auch öffentlich im Sinne des § 15 Abs. 3 UrhG.
3. Gegenüber der Rechtsverletzung kann sich die Beklagte nicht auf § 87 b Abs. 1 S. 2 UrhG berufen, da die Beklagte nicht einen einzelnen Bodenrichtwert nutzt, sondern alle Bodenrichtwerte der Klägerin verwertet.
Zwar ist bei einer Verwertung von unwesentlichen Teilen einer Datenbank – z.B. von einem einzelnen Bodenrichtwert – eine Rechtsverletzung nur gegeben, wenn es nicht um eine normale Auswertung der Datenbank geht oder berechtigte Interessen des Datenbankherstellers unzumutbar beeinträchtigt werden.
Die Vervielfältigung der Beklagtenseite bezog sich jedoch nicht auf einen einzelnen Bodenrichtwert. Vielmehr haben die Beklagten all die 2.200 einzelnen Bodenrichtwerten übernommen für ihre Datenbank. Hierbei handelt es sich nicht um einen unwesentlichen Teil der Bodenrichtwertsammlung.
Auch die Öffentliche Wiedergabe beschränkte die Beklagtenseite nicht auf einen einzelnen Bodenrichtwert. Vielmehr ermöglichte die Beklagtenseite es ihren Kunden, im Wege einer Online-Abfrage, also in Echtzeit (=“auf Knopfdruck“) zu erfahren, welchen Bodenrichtwert jede Adresse in München hat. Damit war es den Kunden möglich, auf unzählige Bodenrichtwerte zuzugreifen. Auch insoweit beschränkte sich die öffentliche Wiedergabe daher nicht auf einen unwesentlichen Teil einer Datenbank.
IV.
Die nach § 97 Abs. 1 S. 1 UrhG erforderliche Wiederholungsgefahr für den Unterlassungsanspruch betreffend der genannten Verletzungshandlungen liegt vor.
Eine strafbewehrte Unterlassungserklärung haben weder die Beklagte zu 1) noch der Beklagte zu 2) abgegeben.
C.
I.
Der klägerische Auskunfts- und Rechnungslegungsanspruch ist begründet und beruht auf § 101 Abs. 1 UrhG, §§ 242, 259 BGB. Als Hilfsanspruch zur Verwirklichung seines Schadensersatzanspruchs steht dem Schutzrechtsinhaber gegen die Verletzer ein entsprechender Anspruch zu.
II.
Der Anspruch auf Feststellung der Schadensersatzpflicht ist zulässig und begründet (§ 97 Abs. 2 S. 1 UrhG).
Die Beklagtenseite hat bei ihrer Rechtsverletzung (s.o.) jedenfalls fahrlässig gehandelt.
D.
Im Übrigen war die Klage abzuweisen, da die Klägerin für die Verletzungsform der Verbreitung keine Anhaltspunkte vorgetragen hat und darüber hinaus ein umfassender Unterlassungsanspruch für eine nur teilweise Verwertung der Bodenrichtwertsammlung nicht besteht. Entsprechendes gilt für den Umfang der Ansprüche von Auskunft- und Schadensersatzfeststellung. Der auf das UWG gestützte Hilfsantrag hat ebenso wenig Erfolg.
I.
Der auf eine Verbreitung gestützte klägerische Unterlassungsanspruch war unbegründet, da eine solche Verletzungshandlung der Beklagtenseite nicht vorliegt und es daher an der erforderlichen Wiederholungsgefahr fehlt.
1. Die Beklagten verbreiten die Bodenrichtwertsammlung der Klägerin nicht im Sinne des § 87 b UrhG. Eine Verbreitung im Sinne des § 87 b entspricht dem Verbreitungsrecht des § 17 und bezieht sich ebenso nur auf körperlich verbreitete Datenbanken (Czychowski in Nordemann/Fromm, Urheberrecht, 11. Aufl., § 87 b Rn. 17 m.w.N.). Die Klägerin hat nicht dargelegt, dass die Beklagte die Bodenrichtwertsammlung körperlich verbreitet. Das Angebot einer Datenbank zur Online-Abfrage sowie deren Online-Nutzung berühren das Verbreitungsrecht nicht (Czychowski, aaO). Online-Nutzungen sind keine Verbreitungshandlungen, sondern Werkverwertungen in unkörperlicher Form (Schulze in Dreier/Schulze, UrhG, 5. Aufl., § 17 Rn. 6 a.E.).
2. Es fehlt für die Verbreitung an einer Erstbegehungsgefahr. Der Unterlassungsanspruch besteht grundsätzlich nur für die verletzende Nutzungshandlung (Nordemann in Fromm/Nordemann, Urheberrecht, 11. Aufl., § 97 Rn. 42). Die Beklagten betreiben ein Geschäftsmodell, welches nach dem Parteivortrag im Internet betrieben wird. Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagten die Bodenrichtwerte in körperlicher Form verbreitet haben, hat die Klageseite nicht vorgetragen.
II.
Auch soweit die Klage auf jede „teilweise“ Vervielfältigung und Öffentlich Wiedergabe gerichtet war, war sie abzulehnen. Der Klägerin steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch nur in dem auf den Gegenstand des „insbesondere“- Zusatzes reduzierten und entsprechend tenorierten Umfang zu.
1. Der auf jede „teilweise“ Vervielfältigung gerichtete Antrag war durch den „insbesondere“-Zusatz nur beispielhaft und nicht abschließend begrenzt und erfasst damit auch erlaubte Nutzungen.
Der gestellte umfassende Anspruch zu jedweder teilweisen Vervielfältigung geht zu weit, da er auch eine Vervielfältigung einzelner Bodenrichtwerte erfassen würde, die jedoch von dem Ausschließlichkeitsrecht des § 87 b Abs. 1 S. 1 UrhG gerade nicht erfasst sind. Das Recht des Datenbankherstellers erfasst hiernach nur die Datenbank insgesamt oder einen nach Art und Umfang wesentlichen Teil der Datenbank. Zwar werden nach § 87 b Abs. 1 S. 2 auch die Vervielfältigung und Öffentliche Wiedergabe von unwesentlichen Teilen der Datenbank geschützt. Hierzu müssen jedoch weitere Voraussetzungen vorliegen. Der insoweit nicht näher beschränkte Antrag war daher zu weitgehend.
2. Die Verurteilung war auf den Gegenstand des „insbesondere“ Zusatzes zu reduzieren. Die Beschränkung des Verbotsausspruchs auf die konkrete Verletzungsform ist möglich (vgl. BGH, Urteil vom 12. Juli 2001 – I ZR 40/99 –, Rn. 59, juris sowie Nordemann, aaO, § 97 Rn. 46).
Da die dargelegte Ausgestaltung der Angebote im Internet unter der Domain „webmaps.de“ hinreichend bestimmt und konkret dargestellt wurde, war die entsprechende Verurteilung möglich. Sie geht auch nicht zu weit, da sie insoweit eine relevante Konkretisierung auf die konkrete Verletzungsform mit sich bringt, die das Charakteristische erkennen lässt.
III.
Auch soweit die Klägerin ihren Unterlassungsanspruch hilfsweise auf UWG stützt, hat sie keinen Erfolg.
Eine unlautere Nachahmung nach § 4 Nr. 3 UWG liegt nicht vor. Durch ihr Internetangebot täuscht die Beklagtenseite die Abnehmer nicht über die Herkunft der Bodenrichtwerte und nutzt auch die Wertschätzung der Bodenrichtwerte nicht unangemessen aus.
Auch eine gezielte Behinderung der Klägerin nach § 4 Nr. 4 UWG liegt nicht vor. Allein dem Umstand, dass die Beklagte die Bodenrichtwerte an ihre Kunden weitergibt und damit konkurriert mit dem gebührenpflichtigen Vertrieb der Klägerin lässt sich nicht entnehmen, dass es der Beklagtenseite primär um die Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Entfaltung der Klägerin geht. Angesichts der geschilderten Anbietung ist ersichtlich, dass es der Beklagtenseite primär darum geht, ihre eigene Datenaufbereitung ihren Kunden wirtschaftlich zu verkaufen.
IV.
Auch die Auskunfts- und Schadensfeststellungsklage waren, soweit sie über den tenorierten Unterlassungsantrag hinausgingen, aus den oben genannten Gründen als unbegründet abzulehnen.
E.
Die Entscheidung über die Kosten richtete sich nach §§ 92 Abs. 1, 100 Abs. 4 ZPO, da die Klägerin gegenüber den streitgenössischen Beklagten nur teilweise obsiegte.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.