IT- und Medienrecht

Markenrechtliche Unterlasssungsansprüche – BMW und R-R Motor Cars

Aktenzeichen  33 O 8464/17

Datum:
29.5.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
GRUR-RS – 2018, 10718
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
München I
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
TMG § 7 Abs. 1, § 10
GMV Art. 102 Abs. 2
MarkenG § 14, § 18, § 125b Nr. 2
BGB § 242, § 670
UMV Art. 9 Abs. 2, Art. 97 Abs. 2, Art. 125 Abs. 1, Art. 126 Abs. 1
ZPO § 91, § 156, § 296a

 

Leitsatz

1 Täter einer Markenrechtsverletzung ist derjenige, der die Zuwiderhandlung selbst oder in mittelbarer Täterschaft begeht. Die Beklagte versieht die von dritten in Auftrag gegebenen Produkte vor dem Inverkehrbringen mit ihren eigenen Kennzeichen und macht sich dadurch jedenfalls das fertige Gesamtprodukt zu eigen. (Rn. 35 – 36) (redaktioneller Leitsatz)
2 Im Gegensatz zu anderen Online-Marktplätzen übernimmt die Beklagte aus Sicht des Durchschnittsverbrauchers durch die Kennzeichnung des Gesamterzeugnisses mit ihrer eigenen Marke ohne Hinweis auf einen etwaigen Drittanbieter die Produktverantwortung und erbringt nicht nur untergeordnete (Vermittlungs-) Dienstleistungen bei der Herstellung und der Verkaufsabwicklung. (Rn. 36) (redaktioneller Leitsatz)
3 Der Hinweis in den Nutzungsbedingungen der Beklagten, dass die Beklagte “ausschließlich als Vertreter des Verkäufers auftritt” und “in keinem Fall Vertragspartei des Kaufvertrags mit dem Käufer oder der Verträge zur Abwicklung des Kaufvertrags mit Dritten ist” ändert daran nichts. (Rn. 37) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fällig werdenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- Euro, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, letztere zu vollziehen an ihren Geschäftsführern, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr in der Europäischen Union
1.
a) T-Shirts wie nachstehend abgebildet:
 
b) …
 
c) Schutzhüllen für Mobiltelefone wie nachstehend …
 
d) Schutzhüllen für Mobiltelefone wie nachstehend abgebildet:
 
und/oder
 
f) T-Shirts wie nachstehend abgebildet:
 
und/oder
g) Schutzhüllen für Mobiltelefone wie nachstehend abgebildet:
 
in den Verkehr bringen und/oder in den Verkehr bringen zu lassen
2. mit den nachstehenden Zeichen versehene T-Shirts in den Verkehr zu bringen und/oder in den Verkehr bringen zu lassen:
a)
 
und/oder
b)
 
II. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin zu 1) sämtlichen Schaden zu ersetzen, der ihr durch Handlungen gemäß Ziffer 1.1 in Deutschland und der Klägerin zu 2) sämtlichen Schaden zu ersetzen, der ihr durch Handlungen gemäß Ziffer I.2 in Deutschland entstanden ist und/oder noch entstehen wird.
III. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin zu 1) Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen über den Umfang der Verletzungshandlungen gemäß Ziffer 1.1 in Deutschland und der Klägerin zu 2) Auskunft zu erteilen über den Umfang der Verletzungshandlungen gemäß Ziffer I.2 in Deutschland durch Vorlage eines verbindlich unterzeichneten Verzeichnisses, das Angaben und Belege, namentlich Rechnungen, zu enthalten hat, über den Umfang der Benutzung, nämlich den erzielten Umsatz und Gewinn.
IV. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin zu 1) Auskunft zu erteilen über Herkunft und Vertriebsweg der Verletzungsgegenstände gemäß Ziffer 1.1 in Deutschland und der Klägerin zu 2) Auskunft zu erteilen über Herkunft und Vertriebsweg der Verletzungsgegenstände gemäß Ziffer I.2 in Deutschland, jeweils durch Vorlage eines verbindlich unterzeichneten Verzeichnisses, das Angaben zu enthalten hat über Namen und Anschrift des Herstellers, des Lieferanten und anderer Vorbesitzer der Verletzungsgegenstände gemäß Ziffer 1.1 bzw. Ziffer 1.2 sowie über die Menge der erhaltenen und bestellten Verletzungsgegenstände gemäß Ziffer 1.1 bzw. Ziffer!.2.
V. Die Beklagte wird verurteilt, im Umfang der vorstehenden Auskunft gemäß Ziffern III. und IV. Belege herauszugeben (insbesondere die jeweiligen Einkaufsbelege sowie Rechnungen und Lieferscheine, wobei Angaben über sonstige Einkäufe sowie sonstige Preise auf den Belegen geschwärzt werden können).
VI. Die Beklagte wird verurteilt, die in ihrem Besitz und Eigentum stehenden Verletzungsgegenstände gemäß Ziffer 1.1 im Territorium der Bundesrepublik Deutschland zur Vernichtung an einen hierzu bereiten Gerichtsvollzieher herauszugeben.
VII. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin zu 1) und 2) als Gesamtgläubiger 4.566,90 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus ab dem 08.07.2017 zu zahlen.
VIII. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
IX. Das Urteil ist in Ziffer 1.1 gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 150.000,-Euro und in Ziffer I.2 gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 50.000,- Euro vorläufig vollstreckbar. In Ziffern III., IV. und V. ist das Urteil jeweils gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 25.000,- Euro vorläufig vollstreckbar. In Ziffer IV. ist das. Urteil gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 100.000,-Euro vorläufig vollstreckbar. In Ziffern VII. und VIII. ist das Urteil gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Gründe

A.
Die Klage ist zulässig, insbesondere ist das angerufene Gericht nach Art. 125 Abs. 1 UMV international zuständig, weil die Beklagte eine Niederlassung im Inland hat. Daraus folgt gemäß Art. 126 Abs. 1 UMV zugleich die unionsweite Kognitionsbefugnis des angerufenen Gerichts.
I. Nach Art. 125 Abs. 1 UMV sind vorbehaltlich der Vorschriften dieser Verordnung sowie der nach Art. 122 anzuwendenden Bestimmungen der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 für die Verfahren, welche durch eine in Art. 124 genannte Klage oder Widerklage anhängig gemacht werden, die Gerichte des Mitgliedstaats zuständig, in dem der Beklagte seinen Wohnsitz oder – in Ermangelung eines Wohnsitzes in einem Mitgliedstaat – eine Niederlassung hat.
II. Nach der Definition des EuGH ist Niederlassung ein Mittelpunkt geschäftlicher Tätigkeit, der auf Dauer als Außenstelle des Stammhauses hervortritt, eine Geschäftsführung hat und sachlich so ausgestattet ist, dass er in der Weise Geschäfte mit Dritten betreiben kann, dass diese, obgleich sie wissen, dass möglicherweise ein Rechtsverhältnis mit dem im Ausland ansässigen Stammhaus begründet wird, sich nicht unmittelbar an dieses zu wenden brauchen, sondern Geschäfte an dem Mittelpunkt geschäftlicher Tätigkeit abschließen können, der dessen Außenstelle ist (vgl. Leible/Müller, WRP 2013, 1 mit Verweis auf u.a. EuGH, 06.10.1976, Rs. 14/76, Slg. 1976, 1497 Rdnr. 21 – de Bloos/Boyer = NJW 1977, 490 und EuGH, 22.11.1978, Rs. 33/78, Slg. 1978, 2183 Rdnr. 12 – Somafer/Saar-Ferngas)
III. Zwar hat die Beklagte bestritten, dass es sich bei der in Berlin ansässigen R. E. GmbH um eine Niederlassung handelt. Die Klägerinnen haben allerdings bereits mit der Klageschrift eingehend unter Vorlage diverser Unterlagen dazu vorgetragen, dass und weshalb die R. E. GmbH – etwa wegen deren Einschaltung in die Online-Beratung, deren Aufgaben, die Lieferzeiten zu verkürzen und den Online-Support in Europa auszubauen, und deren Verwendung eines mit demjenigen des Stammhauses einheitlichen Kennzeichens „Re.“ – als Niederlassung der Beklagten anzusehen ist. Zu diesem substantiierten Klägervortrag hat sich die Beklagte nicht weiter geäußert, sondern vielmehr das Vorliegen einer Niederlassung nur pauschal in Abrede gestellt. Mit den Klägerinnen geht die Kammer daher davon aus, dass es sich bei der R. E. GmbH tatsächlich um eine Niederlassung der Beklagten im Sinne des Art. 125 Abs. 1 UMV handelt, mit der Folge, dass sich die Zuständigkeit des angerufenen Gerichts bereits aus der genannten Vorschrift ergibt, so dass ein Rückgriff auf Art. 125 Abs. 2 UMV hinsichtlich der Klägerin zu 1) und auf Art. 125 Abs. 5 UMV hinsichtlich der Klägerin zu 2) nicht erforderlich ist.
B.
Die Klage ist begründet.
I. Die mit Klageantrag Ziffer 1.1 geltend gemachten Unterlassungsansprüche der Klägerin zu 1) sind ebenso wie die mit Klageantrag Ziffer I.2 geltend gemachten Unterlassungsansprüche der Klägerin zu 2) gemäß Art. 130 Abs. 1 S. 1 i.V.m. Art. 9 Abs. 2 UMV begründet.
1. Dass die mit den nach dem unstreitigen Sachvortrag der Parteien mindestens bekannten Kennzeichen der Klägerinnen identischen oder zumindest hochgradig ähnlichen Zeichen auf den in Rede stehenden T-Shirts, Kissenbezügen und Schutzhüllen für Mobiltelefone markenmäßig verwendet werden, bezweifelt auch die Beklagte mit Recht nicht (vgl. BGH GRUR 2010, 838 – DDR-Logo, Tz. 20).
2. Einigkeit besteht zwischen den Parteien auch darüber, dass die von den Klägerinnen beanstandeten Benutzungshandlungen als Markenrechtsverletzungen im Sinne des Art. 9 UMV zu bewerten sind. So fällt die Verwendung des mit der Klagemarke UM 014 015 143 identischen „BMW Logos“ auf dem in Klageantrag Ziffer 1.1.a) wiedergegebenen T-Shirt und auf den in den Klageanträgen Ziffern 1.1.c) und 1.1.d) wiedergegebenen Schutzhüllen für Mobiltelefone schon unter Art. 9 Abs. 2 lit. a) UMV und diejenige auf dem in Klageantrag Ziffer 1.1.b) wiedergegebenen Kissenbezug jedenfalls unter Art. 9 Abs. 2 lit. b) UMV. Die Verwendung des mit der Klagemarke UM 004 319 844 identischen „M-Logos“ auf der in Klageantrag Ziffer 1.1.e) wiedergegebenen Schutzhülle für Mobiltelefone erfüllt jedenfalls den Tatbestand des Art. 9 Abs. 2 lit. c) UMV, und die Verwendung des mit der Klagemarke UM 005 184 049 jedenfalls hochgradig ähnlichen Zeichens „MINI Logo“ auf dem in Klageantrag Ziffer 1.1. f) wiedergegebenen T-Shirt erfüllt jedenfalls den Tatbestand des Art. 9 Abs. 2 lit. b) UMV. Die Verwendung des mit der Klagemarke IR 972 752 identischen „John Cooper WORKS Logos“ auf der in Klageantrag Ziffer 1.1.g) abgebildeten Schutzhülle für Mobiltelefone fällt unter Art. 9 Abs. 2 lit. c) UMV i.V.m. Art. 189 UMV. Die Verwendung des mit der Klagemarke UM 003 381 605 identischen „Rolls-Royce Monogramms“ bzw. des mit der Klagemarke UM 003 384 039 hochgradig ähnlichen Zeichens „Rolls-Noyce Badge Logo“ auf den in den Klageanträgen Ziffern l.2.a) und l.2.b) abgebildeten T-Shirts erfüllt jeweils den Tatbestand des Art. 9 Abs. 2 lit. c) UMV.
3. Die Beklagte ist als Täterin der im – allein streitgegenständlichen -Inverkehrbringen der mit den mindestens bekannten Kennzeichen der Klägerinnen identischen oder zumindest hochgradig ähnlichen Zeichen gekennzeichneten T-Shirts, Kissenbezügen und Schutzhüllen für Mobiltelefone liegenden Markenrechtsverletzungen passivlegitimiert.
a) Die Frage, ob sich jemand als Täter, Mittäter, Anstifter oder Gehilfe in einer die zivilrechtliche Haftung begründenden Weise an einer deliktischen Handlung eines Dritten beteiligt hat, beurteilt sich nach den im Strafrecht entwickelten Rechtsgrundsätzen. Täter ist danach derjenige, der die Zuwiderhandlung selbst oder in mittelbarer Täterschaft begeht (st. Rspr., vgl. nur BGH GRUR 2011, 152 – Kinderhochstühle im Internet /, Tz. 30).
b) Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze ist die Beklagte Täterin der klagegegenständlichen Markenrechtsverletzungen, weil sie mit den Kennzeichen der Klägerinnen identischen oder zumindest hochgradig ähnlichen Zeichen gekennzeichnete Produkte aus der Sicht des maßgeblichen Verkehrs – zu dem auch die Mitglieder der erkennenden Kammer als normal informierte, angemessen aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucher und zumindest potentielle Abnehmer der in Rede stehenden Waren gehören – als eigene Waren (vgl. dazu insbesondere Ströbele/Hacker/Thiering/Hac/cer, MarkenG, 12. Auflage, § 14 Rdnr. 81) in den Verkehr bringt. Denn die Beklagte versieht die von Dritten in Auftrag gegebenen und in einem – unterstellt -autonomen Herstellungsprozess gefertigten Produkte (spätestens) vor dem Inverkehrbringen mit ihren eigenen „Re.“-Kennzeichen (indem sie etwa an den T-Shirts entsprechende „Re.“-Hangtags anbringt oder die Mobiltelefonhüllen in separate „Re.“-Schutzhüllen steckt und die Waren sämtlich in mit „Re.“ gekennzeichneten Transportverpackungen ausliefern lässt) und macht sich dadurch jedenfalls das fertige Gesamtprodukt zu eigen. Jedenfalls in dieser Hinsicht unterscheidet sich die Beklagte daher ganz maßgeblich von anderen Internetplattformen wie Ebay oder Amazon, bei denen die Rechtsprechung beim Angebot markenrechtsverletzender Ware durch Drittanbieter allenfalls eine Störerhaftung annimmt (vgl. BGH GRUR 2011, 152 -Kinderhochstühle im Internet I, BGH GRUR 2013, 1229 -Kinderhochstühle im Internet II, BGH GRUR 2015, 485 -Kinderhochstühle im Internet III). Denn aus Sicht des verständigen Durchschnittsverbrauchers übernimmt die Beklagte – im Gegensatz zu den genannten Online-Marktplätzen – durch die Kennzeichnung des Gesamterzeugnisses mit ihrer eigenen „Re.“-Marke ohne Hinweis auf einen etwaigen Drittanbieter die Produktverantwortung und erbringt nicht nur untergeordnete (Vermittlungs-) Dienstleistungen bei der Herstellung und der Verkaufsabwicklung (vgl. dazu BGH GRUR 2015, 485 -Kinderhochstühle im Internet III, Tz. 43 und 44). Aus diesem Grunde sind auch die Grundsätze der Entscheidung OLG München GRUR-RS 2016, 111591 – Versand durch Amazon auf die hiesige Fallkonstellation nicht übertragbar, weil die Beklagte vorliegend jedenfalls bei der Auslieferung eben nicht nur untergeordnete Logistikleistungen erbringt, sondern das Inverkehrbringen aus Sicht des maßgeblichen Verkehrs unter ihrer Verantwortung geschieht. Auf die zwischen den Parteien weiter streitige Frage, ob sich die Beklagte durch die konkrete Ausgestaltung ihrer Internetplattform auch die rechtsverletzenden Angebote als solche zu eigen gemacht hat, kommt es vorliegend nicht an.
c) An diesem Ergebnis vermag auch die Tatsache, dass die Beklagte in ihren Nutzungsbedingungen darauf hinweist, dass der „Vertrag über den Kauf des Produkts […] ausschließlich zwischen dem Verkäufer und Käufer abgeschlossen [wird]“, und dass der „Vertrag über die Herstellung und Lieferung des Produkts […] ebenfalls ausschließlich zwischen dem Verkäufer und dem herstellenden Dritten abgeschlossen [wird]“, wobei „Re. ausschließlich als Vertreter des Verkäufers [auftritt]“ und in „keinem Fall […] Vertragspartei des Kaufvertrags mit dem Käufer oder der Verträge zur Abwicklung des Kaufvertrags (Abwicklung und Versand) mit Dritten [ist]“ (vgl. Nutzungsbedingungen, Anlage B 1, dort unter C.1. 1.1) nichts zu ändern. Denn durch derlei salvatorische Klauseln kann sich der Verletzer einer deliktischen Haftung nicht entziehen, wenn er nach den Gesamtumständen die Produktverantwortung übernimmt (vgl. BGH GRUR 2015, 1129 -Hotelbewertungsportal, Tz. 27).
d) Die Beklagte kann sich weiter auch nicht mit Erfolg darauf berufen, die Herstellung der bestellten Gegenstände und deren Versendung erfolge ohne Kenntnisnahme durch die Beklagte über eine bestehende Infrastruktur, die für jede Produktkategorie bestehe und automatisiert sei. Denn jedenfalls die Kennzeichnung der auszuliefernden Produkte mit der eigenen Warenmarke „Re.“ der Beklagten erfolgt nicht im Auftrag eines Dritten, sondern im Auftrag der Beklagten. Für dieses Zueigenmachen des Gesamterzeugnisses ist die Beklagte aber nach Art. 129 Abs. 2 UMV i.V.m. §§ 125b Nr. 2, 14 Abs. 7 MarkenG auch dann verantwortlich, wenn sie die entsprechende Kennzeichnung vor der Auslieferung durch einen beauftragten Dritten anbringen lässt und das fertige Produkt nicht zur Kenntnis nimmt und keiner Kontrolle unterzieht (vgl. BGH GRUR 2016, 493 – AI Di Meola, Tz. 21 zur insoweit vergleichbaren Frage der urheberrechtlichen Verantwortlichkeit für rechtsverletzende Angebote im Internet). Gegenteiliges lässt sich auch nicht den Entscheidungen BGH GRUR 2010, 616 – marions-kochbuch.de und BGH GRUR 2015, 1129 – Hotelbewertungsportal entnehmen, denn in beiden Fällen ging es nicht um die hier – einzig – streitgegenständliche Frage der Verantwortlichkeit für das Inverkehrbringen markenrechtsverletzender Produkte unter dem eigenen Kennzeichen des Portalbetreibers.
e) Schließlich greift zugunsten der Beklagten auch nicht das Haftungsprivileg des § 10 TMG ein, weil dieses nur für die Speicherung fremder Informationen gilt, nicht aber für den Vertrieb eigener Produkte (vgl. BGH GRUR 2010, 616 – marions-kochbuch.de, Tz. 23).
4. Durch die erfolgte Verletzungshandlung ist die für die geltend gemachten Unterlassungsansprüche erforderliche Wiederholungsgefahr gegeben. Eine die Wiederholungsgefahr ausräumende strafbewehrte Unterlassungserklärung hat die Beklagte nicht abgegeben.
II. Als Folge der bestehenden Unterlassungsansprüche der Klägerinnen sind auch die weiter gegen die Beklagte geltend gemachten Auskunftsansprüche der Klägerinnen nach Art. 129 Abs. 2 UMV i.V.m. §§ 125b Nr. 2, 19 MarkenG, (Klageantrag Ziffer IV.) bzw. § 242 BGB (Klageantrag Ziffer III.) und damit korrespondierend die Belegherausgabeansprüche der Klägerinnen (Klageantrag Ziffer V., vgl. dazu BGH GRUR 2002, 709 – Entfernung der Herstellungsnummer III) sowie die Schadensersatzfeststellungsansprüche der Klägerinnen (Klageantrag Ziffer II.) gemäß Art. 129 Abs. 2 UMV i.V.m. §§ 125b Nr. 2, 14 Abs. 6 MarkenG begründet. Insbesondere handelte die Beklagte nach den im Kennzeichenrecht anzulegenden strengen Maßstäben auch mindestens fahrlässig (vgl. ingerl/Rohnke, Markengesetz, 3. Auflage, Vor §§ 14- 19d Rdnr. 219)
III. Die Vernichtungsansprüche der Klägerinnen folgen aus Art. 129 Abs. 2 UMV i.V.m. §§ 125b Nr. 2, 18 Abs. 1 MarkenG; eine UnVerhältnismäßigkeit im Sinne von § 18 Abs. 3 MarkenG hat die Beklagte nicht eingewandt.
IV. Der Kostenerstattungsanspruch der Klägerinnen folgt aus Art. 129 Abs. 2 UMV i.V.m. §§ 683 S. 1, 670, 677 BGB. Die als Anlage K 18 vorgelegte gemeinsame Abmahnung der Klägerinnen war nach dem oben Gesagten berechtigt und begründet; gegen die Höhe der geltend gemachten Kosten in Höhe einer 1,3 Geschäftsgebühr aus einem Gegenstandswert von 600.000,-Euro zzgl. Auslagenpauschale hat sich die Beklagte zu Recht nicht gewandt. Mangels weiterer Ausführungen zum unstreitig bereits erfolgten Kostenausgleich und zur Kostentragungspflicht im Innenverhältnis der Klägerinnen war die Beklagte trotz der unterschiedlichen Beteiligung der Klägerinnen an der Abmahnung antragsgemäß zur Zahlung an die Klägerinnen als Gesamtgläubiger zu verurteilen
V. Der zuerkannte Anspruch auf Zahlung von Verzugszinsen ist gemäß §§ 280 Abs. 1 und 2, 286, 288 Abs. 1 BGB begründet.
C.
Soweit der nachgereichte Schriftsatz des Klägervertreters vom 18.05.2018 anderes als bloße Rechtsausführungen enthält, war er gemäß § 296a ZPO nicht mehr zu berücksichtigen (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 32. Auflage, § 132 Rdnr. 4), eine Wiedereröffnung der Verhandlung nach § 156 ZPO hinsichtlich des neuen Vortrags war nicht geboten (vgl. auch BGH NJW 2000, 142 f. und Zöller/Greger, ZPO, 32. Auflage, § 156 Rdnr. 4 und 5).
D.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in § 709 S. 1 und 2 ZPO.

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