IT- und Medienrecht

Schadensersatz, Behinderung, Krankheit, Asyl, Meinungsfreiheit, Deckungszusage, Unterlassung, Asylbewerber, Rechtsanwaltskosten, Sperrung, Verletzung, Aufhebung, Ordnungshaft, Berichterstattung, vorgerichtliche Anwaltskosten, berechtigtes Interesse, marktbeherrschende Stellung

Aktenzeichen  8 O 3510/18

Datum:
2.5.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 51430
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
Traunstein
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist für die Beklagte im Kostenpunkt gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
4. Der Streitwert wird auf 56.650,00 € € festgesetzt.

Gründe

Die überwiegend zulässige Klage erweist sich als unbegründet.
A. Zulässigkeit:
I) Zuständigkeit
Das Landgericht Traunstein ist als Wohnsitzgericht des Klägers international und örtlich zuständig. Maßgeblich ist die Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12.12.2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVVO), weil die Beklagte ihren Sitz in Irland und damit in einem Mitgliedsstaat der Europäischen Union hat. Im Rahmen der Zuständigkeitsprüfung kann letztlich dahinstehen, ob es sich bei den geltend gemachten Ansprüchen um vertragliche Erfüllungsansprüche oder um Ansprüche aus unerlaubter Handlung handelt. In beiden Fällen wäre das Landgericht Traunstein örtlich und damit auch international zuständig. Eine Vertragspflicht der Beklagten im Sinne von Art. 7 Nr. 1 EuGVVO auf Bereitstellung von F.-Diensten wäre mangels einer abweichenden Vereinbarung der Vertragsparteien kraft Natur der Sache am Wohnsitz des Klägers zu erfüllen. Sollte die Sperrung des Klägers bzw. die Löschung von ihm geposteter Beiträge ein schädigendes Ereignis im Sinne von Art. 7 Nr. 2 EuGVVO darstellen, träte dies primär am Wohnsitz des Klägers auf. Dort käme es nämlich zur Kollision der widerstreitenden Interessen der Parteien, nämlich des Klägers auf Meinungsfreiheit gemäß Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG und der Beklagten auf Wahrung ihrer Gemeinschaftsstandards (vgl. dazu auch OLG München, Beschluss vom 17.09.2018, Az. 18 W 1383/18).
II) Ziffern 2 und 3 der Klage: Feststellungsinteresse
Soweit der Kläger unter Ziffern 2 und 3 der Klage gemäß Schriftsatz vom 16.11.2018 jeweils die Feststellung der Rechtswidrigkeit der vorübergehenden Sperrungen seines Nutzerkontos begehrt, sind die Anträge bereits unzulässig.
a) Eine entsprechende Anwendung der prozessualen Vorschriften im öffentlichen Recht, konkret zur Fortsetzungsfeststellungsklage gem. § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO, kommt mangels planwidriger Regelungslücke von vornherein nicht in Betracht.
b) Nach § 256 ZPO kann eine Feststellungsklage u.a. zur Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines gegenwärtigen Rechtsverhältnisses erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse an der begehrten Feststellung hat. Demgegenüber können Tatsachen oder abstrakte Rechtsfragen nicht Gegenstand einer Feststellungsklage sein, ebenso wenig wie bloße Vorfragen oder Elemente einer Rechtsbeziehung (vgl. Zöller, § 256, Rn. 3). Vor diesem Hintergrund erscheint die begehrte Feststellung der Rechtswidrigkeit der vorgenommenen Sperrungen ebenso unzulässig wie die Feststellung der Rechtmäßigkeit bzw. Rechtswidrigkeit eines Verhaltens (vgl. dazu BGH NJW 2001, 3789, juris Rz. 16). Soweit sich aus der Rechtswidrigkeit der streitgegenständlichen Sperrungen Rechtsfolgen in der Gegenwart ergeben, wie beispielsweise die gleichfalls geltend gemachten Ansprüche auf Zahlung einer Geldentschädigung, kann insoweit die vorrangige Leistungsklage erhoben werden, ohne dass es einer isolierten Feststellung der Rechtswidrigkeit der streitgegenständlichen Maßnahme bedarf. Soweit der Kläger hingegen mit seinem Antrag Rechtssicherheit im Hinblick auf zukünftig denkbare Verstöße der Beklagten erzielen will, besteht nur die Befürchtung eines künftig entstehenden Rechtsverhältnisses, liegt aber noch kein gegenwärtiges Rechtsverhältnis vor, das zum Gegenstand einer Feststellungsklage gemacht werden könnte (vgl. BGHZ 120, 239, 253).
Die Anträge waren daher bereits als unzulässig abzuweisen.
B) Begründetheit:
I) Anwendbare Gemeinschaftsstandards
Der Kläger trägt – jedenfalls hinsichtlich der beiden streitgegenständlichen Posts vor – die von der Beklagten herangezogenen Gemeinschaftsstandards seien nicht Vertragsbestandteil geworden. Es würden für ihn daher weiterhin die früheren Gemeinschaftsstandards (mit anders lautendem Inhalt) gelten. Dem kann nicht gefolgt werden.
Der Entscheidung zugrunde zu legen sind jeweils die aktuellen Gemeinschaftsstandards der Beklagten, die im April 2018 geändert wurden. Dies gilt auch, soweit der Kläger Unterlassung dahingehend begehrt, dass die Beklagte eine Änderung seines Profilnamens in einen anderen Namen, als seinen „wahren Namen“ verhindert. Denn dieser Anspruch ist an den (einbezogenen) Vorschriften zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung zu messen (und nicht an den zum Zeitpunkt der dortigen Sperre gültigen Regelungen), da der Kläger hier einen Anspruch auf zukünftige Unterlassung geltend macht, der an den derzeitigen Standards zu messen ist. Auf diese hat die Kammer auch in der mündlichen Verhandlung vom 04.04.2019 hingewiesen.
Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass sich der Kläger im sozialen Netzwerk www.f..com als Nutzer angemeldet hat. Mit der Anmeldung ist zwischen den Parteien ein Vertragsverhältnis zustande gekommen, welches wohl als Vertrag sui generis anzusehen ist. Das ausführliche Regelwerk der Beklagten lässt erkennen, dass diese ihre Dienste mit Rechtsbindungswillen anbietet.
Die im April 2018 geänderten Nutzungsbedingungen einschließlich der in Bezug genommenen Gemeinschaftsstandards sind wirksam Vertragsinhalt geworden. Dem Kläger wurden die geänderten Nutzungsbedingungen – was insoweit nicht streitig ist – bekannt gegeben. Der Kläger hätte diese Änderungen auch nicht akzeptieren müssen. Es stand ihm frei, dies nicht zu tun. Er hätte die Dienste der Beklagten dann zwar nicht mehr nutzen können. Daraus lässt sich aber kein für ihn so schwerer Nachteil ableiten, dass es der Nichtigkeitsfolge bedarf (so auch OLG Karlsruhe, 7 W 66/18). Hierbei ist insbesondere zu sehen, dass es im Interesse der Beklagten – eines privatwirtschaftlichen Unternehmens – liegt, ihre Nutzungsbedingungen den sich im Laufe der Zeit verändernden Gegebenheiten und Verhältnissen, gerade im Bereich der neuen Medien, anzupassen. Demgegenüber kann es keinen Anspruch des Klägers geben, dass die Nutzungsbedingungen, wie sie zum Zeitpunkt seiner Erstregistrierung vorlagen, für ihn – nur von seinem eigenen Willen abhängig – ggf. bis zu seinem Lebensende gelten. Dies würde zu der fast abstrus anmutenden Folge führen, dass trotz der bekannten Schnelllebigkeit in der digitalen Welt und der sich ständig verändernden technischen Möglichkeiten Nutzer sich jahrzehntelang auf längst nicht mehr zeitgemäße Standards berufen könnten und zudem noch für die Nutzer – je nach Zeitpunkt ihrer Registrierung – dann jeweils unterschiedliche Nutzungsbedingungen gelten würden. Es wäre bei der großen Menge von Nutzern schier unübersehbar, für wen nun welche Standards gelten und ein und dasselbe Verhalten von Nutzern würde auch unterschiedlich bewertet und sanktioniert, je nach Anmeldetag.
Es gelten somit die aktuellen Standards der Beklagten.
II) Ziffer 1 der Klage (Klarnamenpflicht)
1) Keine Unwirksamkeit der Klausel wegen Verstoßes gegen § 13 Abs. 6 TMG
Es kann dahinstehen, ob § 13 Abs. 6 TMG überhaupt Anwendung findet (diese Frage offenlassend etwa Hamburgisches Oberverwaltungsgericht 5. Senat, Beschluss vom 29.06.2016, Az. 5 Bs 40/16). Selbst wenn er nämlich Anwendung findet, liegt kein Verstoß vor.
Die Vorschrift lautet: „Der Diensteanbieter hat die Nutzung von Telemedien und ihre Bezahlung anonym oder unter Pseudonym zu ermöglichen, soweit dies technisch möglich und zumutbar ist …“
Die technische Möglichkeit einer Nutzung unter einem Pseudonym ist unstreitig gegeben.
Diese ist der Beklagten nach Überzeugung des Gerichts jedoch nicht zumutbar. Die Zumutbarkeit ist dabei im Rahmen einer auf den konkreten Fall bezogenen Verhältnismäßigkeitsprüfung zu ermitteln, bei der das Interesse des Anbieters mit dem Recht des Nutzers auf informationelle Selbstbestimmung abzuwägen ist (so etwa Hullen/Roggenkamp in: Plath, DSGVO, 3. Auflage 2018, § 13 TMG Rn. 41 mit weiteren Nachweisen).
Von der Klarnamenpflicht ist zu unterscheiden die Notwendigkeit der Identifikation gegenüber dem Dienstanbieter im Rahmen des Vertragsschlusses. Hier ist anerkannt, dass die Verhältnismäßigkeitsprüfung regelmäßig zu Lasten der Möglichkeit einer pseudonymen Inanspruchnahme des Dienstes ausfällt. Es ist anerkannt, dass schon aufgrund etwaiger Haftungsrisiken unter dem Aspekt der Störerhaftung für Dienstanbieter und dem legitimen Bedürfnis, im Falle von Rechtsverletzungen durch Nutzer bei diesem Regress nehmen zu können, in der Regel das Verlangen der Identifikation zulässig ist (Hullen/Rogenkamp a.a.O., auch Rn. 43 mit weiteren Nachweisen).
Nichts anderes gilt nach Überzeugung der Kammer aber auch in Hinblick auf die Verwendung eines „wahren Namens“. Zwar ist dem Kläger zuzugestehen, dass das Agieren unter einem wahren Namen nicht erforderlich ist, um für etwaige Verstöße zur Rechenschaft gezogen werden zu können. Wie soeben ausgeführt, würde für repressive Zwecke die Angabe des wahren Namens gegenüber der Beklagten bei der Anmeldung genügen.
Das Interesse der Beklagten erschöpft sich jedoch nicht allein in der Möglichkeit, dass Personen für repressive Maßnahmen identifizierbar sind.
Vielmehr hat die Beklagte ein berechtigtes Interesse daran, dass Nutzer unter ihrem wahren Namen auftreten (der im übrigen auch nicht der bürgerliche Name, so wie er etwa im Ausweis steht, sein muss). Dem Kläger ist zwar zuzugeben, dass ein Agieren unter einem „wahren Namen“ dazu führt, dass die von ihm getätigten Äußerungen direkt auf ihn zurückführbar sind, insbesondere durch Personen, die ihn kennen oder durch sonstige Personen, die sich für ihn oder seine Äußerungen interessieren. Der Kläger befürchtet insbesondere Repressalien aus der „linken Szene“. Konkrete Vorkommnisse hat er nicht ausgeführt.
Demgegenüber liegt jedoch ein überwiegendes Interesse der Beklagten darin, gerade im Hinblick auf mittlerweile weitverbreitetes negatives virtuelles Verhalten wie cyber-mobbing, Belästigungen, Beleidigungen, Bedrohungen oder hasserfüllte Beiträge ihren Nutzern gegenüber auch präventiv tätig zu werden und deshalb von ihren Nutzern zu verlangen, ihren richtigen Namen zu verwenden. Nach Überzeugung der Kammer würden derartige Beiträge bei Verwendung eines wahren Namens ausbleiben, jedenfalls gehemmt werden. Demgegenüber liegt die Hemmschwelle bei der Nutzung eines Pseudonyms wesentlich niedriger. Die Kammer ist davon überzeugt, dass es einen Zusammenhang zwischen Anonymität und enthemmtem, verletzendem oder gefährlichem Verhalten gibt. Die Prävention ist auch deshalb von erheblichem Interesse für die Beklagte, da es ihr nicht zumutbar ist, sich lediglich auf die Möglichkeit nachträglicher Sanktionen verweisen zu lassen. Denn dies führt jedenfalls auch zu einem erheblichen Aufwand für die Beklagte, die sich zuerst selbst als Störer der Inanspruchnahme ausgesetzt sieht und dann erst auf den Verursacher zurückgreifen kann und muss. Nach Überzeugung der Kammer würde dies ggf. sogar zur Gefahr führen, dass Dienste wie der der Beklagten nicht mehr angeboten werden.
Die Ermöglichung einer anonymen Nutzung ist der Beklagten nach alldem deshalb nicht zumutbar im Sinne von § 13 Abs. 6 TMG.
2) Keine Unwirksamkeit der Klausel wegen Verstoßes gegen Artikel 4 und 7 DSGVO
Die Klausel ist auch nicht unwirksam wegen eines Verstoßes gegen Artikel 4 und 7 DSGVO.
Zunächst geht es hier schon nicht um eine Einwilligungspflicht im Hinblick auf das Registrierungsverfahren (wie im Urteil des LG Berlin vom 16.01.2018, Az. 16 O 341/15). Zudem erging diese Entscheidung auch zu §§ 4, 4 a BDSG.
Dies kann jedoch ohnehin dahinstehen. Nach Sicht der Kammer ist nämlich deutsches Datenschutzrecht nicht anwendbar. Verantwortliche Stelle i.S.d. § 3 Abs. 7 BDSG für die Entscheidung über die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten ist die Beklagte. Zwar ist der Hamburgische Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit (HmbBfDl) der Ansicht, gemäß § 1 Abs. 5 Satz 1 BDSG i.V.m. Art. 4 Abs. 1 lit. A RL 95/46/EG fände dennoch deutsches Datenschutzrecht Anwendung, da in richtlinienkonformer Auslegung von § 1 Abs. 5 Satz 1 BDSG die Tätigkeit der in Hamburg ansässigen Deutschen Niederlassung F. Germany GmbH maßgeblich sei. Dabei beruft er sich auf die Grundsatzentscheidung des EuGH zu Google Spain (Urteil vom 13.05.2014, Az. C-131/12).
Dem ist aber nicht zu folgen. Wie auch bereits das OVG Schleswig (Beschluss vom 22.04.2013, Az. 4 MB 11/13) entschieden hat, findet irisches Datenschutzrecht Anwendung. Insbesondere ist die Rechtsprechung des EuGH zu Google nämlich nicht auf andere verantwortliche Stellen wie soziale Netzwerke übertragbar. Hier ist insbesondere zu berücksichtigen, dass zwischen dem vom EuGH beurteilten Fall und der hiesigen Konstellation bei F. ein wesentlicher Unterschied besteht. Während aus Sicht des EuGH eine extensive Auslegung des Niederlassungsbegriffs geboten war, um im Einklang mit dem Schutzzweck der RL 95/46/EG die Anwendung europäischen, konkret spanischen Datenschutzrechts auf die Google Inc. überhaupt zu begründen, ist diesem Schutzzweck, dem europäischen Datenschutzrecht zur Geltung zu verhelfen, im Falle von F. bereits durch die Anwendung irischen Datenschutzrechtes Rechnung getragen (vgl. auch Rücker/Dienst, jurisPR-DSR 2/2015 Anm. 6).
III) Ziffer 4 der Klage: Freischalten des Posts („Saturday Night Fuhrer“)
Dem Kläger steht kein Anspruch auf Freischaltung des betreffenden Posts zu.
1) Wirksamkeit der Gemeinschaftsstandards
a) Anspruchsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch wäre der zwischen den Parteien bestehende Vertrag sui generis, durch den sich die Beklagte verpflichtet hat, dem Kläger die Nutzung der von ihr angebotenen Dienste zu ermöglichen i.V.m. § 241 II BGB.
Das ausführliche Regelwerk der Beklagten lässt erkennen, dass diese ihre Dienste mit Rechtsbindungswillen anbietet.
b) Die maßgeblichen Regelungen der Beklagten erweisen sich als wirksam.
Die Gemeinschaftsstandards enthalten die Regelung, dass die Beklagte Inhalte entfernt, die Gruppen, Anführer oder Personen unterstützen oder verherrlichen, die an terroristischen Handlungen, organisiertem Hass, Massen- oder Serienmord, Menschenhandel, organisierter Gewalt oder kriminellen Handlungen beteiligt sind.
Es handelt sich hierbei um allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne von § 305 BGB.
Die betreffende Regelung ist dabei weder überraschend, noch mehrdeutig im Sinne vom § 305 c BGB. Sie konkretisiert in zulässiger Weise die bereits in den Nutzungsbedingungen enthaltene Verpflichtung der Nutzer, keine gegen die Gemeinschaftsstandards verstoßenden Inhalte in die Kommunikationsplattform einzustellen (vgl. auch OLG Dresden, 4 W 577/18):
Die Regelung, dass Beiträge, die terroristische oder kriminelle Organisationen unterstützen, von der Beklagten entfernt werden, hält auch einer inhaltlichen Überprüfung stand.
Dabei ist zu sehen, dass das Grundrecht auf Meinungsfreiheit für die Rechtsbeziehungen Privater untereinander nicht unmittelbar gilt. Die Grundrechte sind nämlich Abwehrrechte des Bürgers gegenüber staatlichen Eingriffen. Vielmehr entfaltet sich der Rechtsgedanke der Grundrechte im Privatrecht im Sinne einer Ausstrahlwirkung mittelbar in der Weise, dass ihre verfassungsrechtlichen Wertentscheidungen über die Auslegung von Generalklauseln und sonstigen auslegungsbedürftigen Begriffen im Privatrecht zur Geltung zu bringen sind (BVerfG, Az. 1 BvR 3080/09). Dabei sind kollidierende Grundrechtspositionen in ihrer Wechselwirkung zu erfassen und nach dem Grundsatz der praktischen Konkordanz so in Ausgleich zu bringen, dass sie für alle Beteiligten möglichst wirksam werden (BVerfG, Az. 1 BvR 3080/09). Die mittelbare Drittwirkung von Grundrechten ist demgemäß auch bei der Frage zu berücksichtigen, ob Allgemeine Geschäftsbedingungen den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen (vgl. auch OLG München, 24 W 1771/18; OLG Karlsruhe, Az. 15 W 86/18).
Die Regelung, dass die Beklagte Beiträge löscht, die terroristische oder kriminelle Organisationen unterstützen, stellt auch unter Berücksichtigung der verfassungsrechtlichen Wertentscheidung des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG keine unangemessene Benachteiligung der Nutzer im Sinne des § 307 BGB dar. Dabei ist zu sehen, dass Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG grundsätzlich keinen Anspruch darauf gibt, dass demjenigen, der eine Meinung kundtun will, Mittel zur Meinungskundgabe zur Verfügung gestellt werden müssen. Insbesondere besteht kein Anspruch auf Zugang zu bestimmten Medien (OLG München a.a.O. mit weiterem Nachweis). Eben dies verlangt der Kläger jedoch, wenn er die Beklagte verpflichten will, seinen Beitrag mit den ihr zur Verfügung stehenden technischen Mitteln weiterhin zu verbreiten. Ein verfassungsrechtlicher Leistungsanspruch auf aktive Unterstützung bei der Meinungskundgabe besteht schon nicht gegenüber staatlichen Stellen und umso weniger gegenüber Privaten. Social Media Plattformen sind auch nicht mit öffentlich zugänglichen Einrichtungen gleichzustellen, die als Forum öffentlicher Meinungsäußerung jedem zugänglich sein müssen. Vielmehr erfolgt eine zulässige Beschränkung der Nutzung durch den in den Nutzungsbedingungen vorgegebenen Nutzungszweck. Somit ist die Beklagte im Rahmen der vertraglichen Zweckvereinbarung berechtigt, die Nutzung ihrer Plattform für die Verbreitung jeglicher Beiträge auszuschließen, die terroristische oder kriminelle Organisationen unterstützen, unabhängig davon, ob ein Beitrag im Einzelfall durch die Meinungsfreiheit gedeckt sein könnte oder nicht (OLG München a.a.o.). Denn die Meinungsfreiheit ist nicht gegenüber den Grundrechten der Anbieter schlechthin vorrangig (OLG Dresden, Az. 4 W 577/18). Insbesondere ist dabei zu sehen, dass die Beklagte Eigentümerin der Hardware ist, auf der die Beiträge der Nutzer gespeichert sind. Dabei ist die Beklagte auch der Gefahr ausgesetzt, als Intermediär für Beiträge anderer zu haften und auf etwa Unterlassung in Anspruch genommen zu werden. Dem Betreiber muss daher das Recht zustehen, Beiträge zu löschen oder den Zugang zu ihnen zu sperren (OLG Dresden a.a.O. mit weiteren Nachweisen).
Der Kläger kann sich auch nicht darauf berufen, dass die Beklagte eine Art Monopolstellung einnehme. Dies ist angesichts der Vielfältigkeit der Möglichkeiten der Meinungsverbreitung innerhalb und außerhalb des Internets offensichtlich nicht der Fall (OLG München a.a.O. mit weiterem Nachweis).
2) Verstoß gegen die Gemeinschaftsstandards
Der Kläger hat mit seinem Beitrag auch gegen die maßgeblichen Gemeinschaftsstandards verstoßen und die Beklagte war damit berechtigt, den Beitrag zu löschen und ist folglich auch nicht verpflichtet, den Beitrag wieder freizuschalten.
Es kann dabei dahinstehen, inwieweit der Beitrag vom Kläger als „Witz“ oder „Satire“ oder „Ironie“ gemeint sein sollte. Ein Verstoß gegen die Gemeinschaftsstandards ist anhand objektiver Kriterien, nicht anhand subjektiver Vorstellungen zu bemessen.
A. H. war der Anführer der NSDAP, die zweifelsfrei eine terroristische und kriminelle Organisation im Sinne der Gemeinschaftsstandards darstellt. Dabei ist die Einstellung des Posts von der Beklagten zurecht als Unterstützung dieser Organisation gewertet worden. Dies ist zu bewerten anhand des Inhalts und der Gestaltung. Der Post zeigt einen tanzenden Hitler in der Pose von John Travolta aus dem Film „Saturday Night Fever“. Der Post wurde zudem versehen mit dem Schriftzug „Saturday Night Fuhrer“ und mit dem Kommentar „Weekend yeah :-)“. Damit wird die Person Hitlers nicht etwa kritisch hinterfragt und sie wird auch keineswegs offensichtlich ins Lächerliche gezogen. Vielmehr wird aufgrund der Pose und der Kommentierungen ein durchwegs positiver Eindruck erweckt im Sinne einer Idolisierung der Person Hitlers, so wie auch John Travolta als Idol angesehen wird. Die Abbildung samt Wortbeiträgen ohne jede Distanzierung ist damit als Unterstützung von Hitler bzw. der NSDAP zu werten (vgl. auch dazu OLG München a.a.O.).
Da somit die Löschung des Beitrages rechtmäßig war, kann auch kein Anspruch des Klägers auf Freischaltung des Beitrages bestehen.
IV) Ziffer 5 der Klage: Unterlassungsanspruch (Video und Text)
Es kann dahinstehen, ob die Löschung des Beitrages bereits aufgrund Vorschriften des JuSchuG gerechtfertigt war. Ebenso kann dahinstehen, ob das Video und der Textbeitrag gegen die Gemeinschaftsstandards der Beklagten verstoßen und ob diese Standards wirksam sind. Jedenfalls waren Löschung und Sperrung nämlich schon deshalb rechtmäßig, weil es sich hier um einen rechtswidrigen Inhalt im Sinne von § 1 Abs. 3 NetzDG in Verbindung mit § 130 StGB handelt.
1. Das Video und der Text sind als Einheit zu sehen und der Kläger will sie auch als solche verstanden haben. Daher war der Beitrag in seiner Gesamtheit zu überprüfen.
2. Die Interpretation einer Äußerung setzt dabei die Ermittlung ihres objektiven Sinns aus der Sicht eines unvoreingenommenen und verständigen Publikums voraus. Bei der Erfassung des Aussagegehalts muss die beanstandete Äußerung ausgehend von dem Verständnis eines unbefangenen Durchschnittslesers und dem allgemeinen Sprachgebrauch in dem Gesamtzusammenhang beurteilt werden, in dem sie gefallen ist. Sie darf nicht aus dem sie betreffenden Kontext herausgelöst und einer rein isolierten Betrachtung zugeführt werden (vgl. etwa BGH MDR 2016, 648). Fernliegende Deutungen sind auszuscheiden. Ist der Sinn einer Äußerung unter Zugrundelegung des vorstehend erörterten Maßstabs eindeutig, ist er der weiteren Prüfung zugrundezulegen. Zeigt sich dagegen, dass ein unvoreingenommenes und verständiges Publikum die Äußerung als mehrdeutig wahrnimmt, oder verstehen erhebliche Teile des Publikums den Inhalt jeweils unterschiedlich, ist von einem mehrdeutigen Inhalt auszugehen (vgl. beispielsweise OLG München, Beschluss vom 17.07.2018, Az. 18 W 858/18).
3. Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze ist das streitgegenständliche Video im Zusammenspiel mit dem Textbeitrag wie folgt zu interpretieren:
Mit dem Video und dem Text wird dem Leser suggeriert, dass in Südafrika weiße Bauern von schwarzen Südafrikanern ermordet und gekocht werden. Weiterhin wird ausgesagt, dass die Deutsche Bundesregierung den in Südafrika verfolgten und „abgeschlachteten weißen Farmern“ kein Asyl gewähre und stattdessen lieber Menschen mit schwarzer Hautfarbe nach Deutschland hole und diese dann als Flüchtlinge bezeichne. Weiterhin gibt der Kläger an, diese Leute („Freunde“), somit also Schwarze (Südafrikaner) nicht in seiner Heimat sehen zu wollen.
c. Damit hat der Kläger nach Überzeugung der Kammer herabwürdigende Aussagen über dunkelhäutige Menschen südafrikanischer Herkunft getroffen und mit diesem Aussagegehalt ist der Beitrag als Aufstachelung zum Hass gegen einen Teil der Bevölkerung, der sich durch seine ethnische Zugehörigkeit und nationale Herkunft von der Mehrheitsgesellschaft unterscheidet, zu werten.
Als Teile der Bevölkerung im Sinn des § 130 StGB können nach der Rechtsprechung auch Asylbewerber oder allgemein in Deutschland lebende Ausländer angesehen werden (OLG München, Beschluss vom 17.9.2018, Az.: 18 W 1383/18 m.w.N.).
Aufstacheln zum Hass ist ein Verhalten, das auf die Gefühle oder den Intellekt eines anderen einwirkt und objektiv geeignet sowie subjektiv bestimmt ist, eine emotional gesteigerte, über bloße Verachtung und Ablehnung hinausgehende feindselige Haltung gegen die betreffenden Bevölkerungsteile zu erzeugen oder zu verstärken und damit die gleichwertige soziale Subjektqualität der Betroffenen in Frage stellt. Die Einwirkung des Täters muss auf die Erzeugung oder Steigerung von Hassgefühler anderer angelegt sein, die als emotionale Grundlage für Aktionen gegen die betroffene Bevölkerungsgruppe in Betracht kommen. Ein Erfolg dahingehend, dass tatsächlich bei Dritten Hass erzeugt wird, ist nicht erforderlich, es reicht vielmehr aus, dass der Tat die entsprechende Eigenschaft innewohnt (OLG München, a.a.O.).
Der Kläger verweist zwar grundsätzlich zu Recht darauf, dass seine Aussagen in dem streitgegenständlichen Beitrag in den Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG fallen. Meinungsäußerungen genießen dabei den Schutz der Meinungsfreiheit, ohne dass es dabei auf deren Begründetheit, Werthaltigkeit oder Richtigkeit ankäme. Sie verlieren diesen Schutz auch dann nicht, wenn sie scharf und überzogen geäußert werden. Geschützt sind damit – in den Schranken des Art. 5 Abs. 2 GG – auch rechtsextremistische Meinungen, da die Bürger grundsätzlich auch frei sind, grundlegende Wertungen der Verfassung in Frage zu stellen oder die Änderung tragender Prinzipien zu fordern. Jedoch ist das Grundrecht der Meinungsfreiheit nicht vorbehaltlos gewährleistet, sondern findet nach Art. 5 Abs. 2 GG seine Schranken unter anderem in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, zu denen auch § 130 Abs. 2 StGB gehört. Bei der Auslegung dieser Vorschrift ist zwar wiederum dem dadurch eingeschränkten Grundrecht der Meinungsfreiheit Rechnung zu tragen, wobei in öffentlichen Angelegenheiten die Vermutung zu Gunsten der freien Rede gilt. Daher ist bei der Auslegung einer Äußerung als zum Hass gegen einen Teil der Bevölkerung aufstachelnd Zurückhaltung geboten (OLG München, a.a.O. mit weiteren Nachweisen).
Auch an diesen Grundsätzen gemessen erscheint die Deutung des Klägers, der von ihm verbreitete Beitrag sei lediglich als zulässige Kritik an der Einwanderungspolitik und Beitrag zur politischen Auseinandersetzung zu verstehen, jedoch nicht nachvollziehbar. Nach dem Wortlaut und dem sprachlichen Kontext der Äußerungen kommt eine nicht dem Tatbestand des § 130 StGB unterfallende Auslegung nicht in Betracht.
Der Kläger hat den im Video gezeigten Vorgang (wobei sich der Kammer schon nicht erschließt, wieso in dem Video zwingend ein ermordeter weißer Bauer zu sehen sein soll) durch seinen Kommentar dahingehend verallgemeinert, dass es für südafrikanische schwarze Menschen üblich sei, weiße Farmer zu töten, zu kochen und zu essen. Dann äußert er noch, – mit dem Wort „Freunde“ auch in abschätzender Art und Weise – dass die Bundesregierung derartige schwarze südafrikanische Mörder und Kannibalen als vermeintliche Flüchtlinge ins Land holt und demgegenüber schutzbedürftigen weißen südafrikanischen Farmern Asyl verwehrt. Dem maßgeblichen Leser wird also suggeriert, die Regierungspolitik führe dazu, dass Mörder und Kannibalen als Flüchtlinge ins Land gelassen würden. Hierbei ist der Kammer zunächst schon nicht bekannt, dass tatsächlich asylsuchende weiße südafrikanische Farmer von der Bundesregierung abgewiesen worden wären. Ebenso wenig ist der Kammer bekannt, dass gerade aus Südafrika eine Vielzahl dunkelhäutiger Menschen als Flüchtlinge nach Deutschland gekommen wären. Dies kann jedoch dahinstehen. Jedenfalls behauptet dies der Kläger und bezieht sich dabei nach dem Wortlaut eindeutig verallgemeinernd auf dunkelhäutige, kriminelle Südafrikaner, die unter dem Deckmantel des Flüchtlingsstatus nach Deutschland „geholt“ würden.
Zudem ruft der Kläger auch zur Ausgrenzung dunkelhäutiger Südafrikaner aus Deutschland auf, indem er ausführt, diese Menschen nicht in seinem Land haben zu wollen. Die Kommentare des Klägers stellen damit Angriffe aufgrund einer ethnischen Zugehörigkeit dar und rufen zudem auf, afrikanische Flüchtlinge nicht in Deutschland aufzunehmen. Sie unterfallen daher § 130 StGB.
Damit waren Löschung des Beitrages und Sperrung des Klägers rechtmäßig und es besteht kein Anspruch auf Unterlassung, den Beitrag erneut zu löschen oder wegen des Beitrages erneut gesperrt zu werden.
4. Unter diesen Umständen kann dahinstehen, ob Löschung und Sperrung auch zusätzlich noch wegen eines Verstoßes gegen (wirksame) Gemeinschaftsstandards rechtmäßig waren.
Nur hilfsweise ist hier auszuführen, dass die Regelung hinsichtlich der „Hassbotschaft“ nach Überzeugung der Kammer nicht nach § 307 Abs. 1 Satz 1 und 2 BGB unwirksam ist (vgl. dazu auch OLG Karlsruhe, Az. 7 W 66/18; OLG Dresden, Az. 4 W 577/18), so sie denn überhaupt der Inhaltskontrolle unterliegen sollte (dies verneinend: OLG München, Az. 18 W 1383/18). Der streitgegenständliche Beitrag verstößt auch gegen den vereinbarten Vertragsinhalt (vgl. hierzu auch obige Ausführungen zu § 130 StGB).
Darüber hinaus läge auch ein Verstoß gegen Ziffer 13 der Gemeinschaftsstandards vor, da das Video eine zerstückelte Person außerhalb eines medizinischen Umfeldes zeigt, sowie ein Opfer von Kannibalismus.
V) Ziffer 6 der Klage: Unterlassungsanspruch („Saturday Night Fuhrer“)
Der unter Ziffer 6 der Klageschrift geltend gemachte Unterlassungsanspruch im Hinblick auf eine erneute Löschung des Beitrags bzw. eine erneute Sperrung des Nutzerkontos aufgrund des streitgegenständlichen Beitrags erweist sich als unbegründet.
Hier wird vollumfänglich auf die Ausführungen unter Ziffer III Bezug genommen.
VI) Ziffer 7 und 8 der Klage: Auskunftsansprüche
Die auf Auskunft gerichteten Anträge unter Ziffern 7 und 8 der Klageschrift waren ebenfalls abzuweisen, da hierfür schon das Rechtsschutzbedürfnis fraglich erscheint, jedenfalls aber die Berechtigung des materiellen Klagebegehrens fehlt.
Soweit der Kläger der Ansicht ist, dass sich ein Auskunftsanspruch aus der Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts in der Ausprägung des Schutzes der selbstbestimmten und unverfälschten Selbstdarstellung und des Schutzes vor kommerzieller Verwertung ergebe, erscheint schon dies zweifelhaft. Unabhängig vom Vorliegen einer Persönlichkeitsrechtsverletzung, die hier dahinstehen kann, ist jedoch allen Auskunftsansprüchen gemein, dass der Auskunftsberechtigte in entschuldbarer Weise über das Bestehen oder den Umfang seines Rechts im Ungewissen sein muss und der Verpflichtete die zur Beseitigung der Ungewissheit erforderliche Auskunft unschwer geben kann (vgl. Palandt, vor § 823, Rn. 25; § 260, Rn. 4). Inhaltlich richtet sich also der Auskunftsanspruch auf die zur Durchsetzung des Gläubigeranspruchs notwendigen Informationen, die Auskunft ist mithin auf den sachlichen und zeitlichen Umfang des Hauptanspruches begrenzt (vgl. Palandt § 260 Rn. 14).
Inwieweit die hier begehrten Informationen allerdings für die Durchsetzung der vom Kläger geltend gemachten Ansprüche erforderlich sind, ist weder ersichtlich noch dargetan. Insbesondere ist es für die erhobenen Ansprüche völlig unerheblich, ob die Sperre durch die Beklagte selbst oder in ihrem Auftrag durch einen Dienstleister vorgenommen wurde und ob die Bundesregierung irgendwelche Erklärungen gegenüber der Beklagten hinsichtlich der Löschung von Beiträgen oder der Sperrung von Nutzern abgegeben hat. Ebenso wenig hat der Kläger trotz Bestreitens der Gegenseite, dass Dritte in maßgebliche Entscheidungsprozesse bei der Beklagten eingebunden gewesen seien, dargetan, unter welchem Gesichtspunkt ihm Ansprüche gegen Dritte auf Grundlage der begehrten Auskunftserteilung zustehen könnten. Im Übrigen hat die Beklagte nach Überzeugung der Kammer die Auskunft im Schriftsatz vom 28.01.2019 (Blatt 199 der Akten) hinsichtlich des Antrags Ziffer 8 ohnehin erteilt, so dass auch aus diesem Grund kein Auskunftsanspruch besteht.
VII) Ziffer 9 der Klage: Schadensersatz 150,00 €
Auch der unter Ziffer 9 der Klage geltend gemachte Zahlungsanspruch des Klägers erweist sich als erfolglos.
Es kann dahinstehen, ob der Antrag in der gestellten Form zulässig ist oder nicht. Der Anspruch ist jedenfalls unbegründet.
a) Er ist schon allein deswegen unbegründet, weil die Sperrung des Klägers für diesen Post („Saturday Night Fuhrer“) rechtmäßig war. Insoweit wird vollumfänglich auf die obigen Ausführungen verwiesen.
b) Höchst hilfsweise: Selbst wenn die Sperrung jedoch nicht rechtmäßig gewesen wäre und selbst wenn man sodann einen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers unterstellen würde, sind die besonderen Voraussetzungen für die Gewährung einer Geldentschädigung nicht erfüllt. Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung ist eine Geldentschädigung bei Verletzungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts nur unter zwei einschränkenden Voraussetzungen zu gewähren, nämlich dass es sich einerseits um eine schwerwiegende Verletzung handelt und andererseits die Beeinträchtigung nach der Art der Verletzung nicht in anderer Weise befriedigend ausgeglichen werden kann (vgl. BGH NJW 2000, 2195/97; 2005, 215; 2014, 2029). Maßgeblich bei der gebotenen Gesamtbetrachtung sind insbesondere Art, Bedeutung und Tragweise des Eingriffs und der Charakter der geschützten Bereiche, in die eingegriffen wurde, Anlass und Beweggrund des Handelnden, der Grad seines Verschuldens sowie welche grundrechtlich geschützten Positionen ihm zur Seite stehen (vgl. Pal, § 823, Rn. 130). Hier bezieht sich der behauptete Eingriff auf die Sozialsphäre, nicht etwa auf die Privat- oder Intimsphäre des Klägers und hat ersichtlich nur eine geringe Tragweite, da die Benutzung des F.-Accounts nicht vollständig aufgehoben, sondern nur eingeschränkt wurde, so dass der Kläger weiter in der Lage war, wesentliche Funktionen des F.-Dienstes zu nutzen. Zudem erfolgte die Einschränkung nur für einen kurzen Zeitraum von lediglich drei Tagen, hat also auch in zeitlicher Hinsicht kein erhebliches Gewicht.
b) Soweit der Kläger darüber hinaus seinen Zahlungsanspruch mit dem Eintritt eines materiellen Schadens infolge der Nutzung seiner persönlichen Inhalte durch die Beklagte während des Sperrzeitraums begründet und insoweit die Bezahlung einer fiktiven Lizenzgebühr in Höhe von 50 € täglich verlangt, hat er ebenso wenig Erfolg. Nach der sog. Differenzhypothese setzt die Bejahung eines materiellen Schadens grundsätzlich voraus, dass der tatsächliche Wert des Vermögens des Geschädigten geringer ist als der Wert, den das Vermögen ohne das die Ersatzpflicht begründende Ereignis haben würde. Danach liegt hier ersichtlich kein Schaden des Klägers vor, da er auch ohne die Löschung bzw. Sperrung keine Lizenzgebühr für die Nutzung seiner Daten erhalten hätte.
Abgesehen davon orientiert sich der Schadensbegriff im gesamten Schadensrecht stets am Leistungsinteresse des Gläubigers, hier also am Interesse des Klägers auf Einräumung der uneingeschränkten Nutzungsmöglichkeit von F.. Für den vom Kläger angenommenen Schaden bzw. die behauptete ungerechtfertigte Bereicherung auf Seiten der Beklagten ist es daher nicht ausreichend, dass der Beklagten während der Dauer der Einschränkung der Benutzungsrechte des Klägers die uneingeschränkte Nutzungsmöglichkeit von deren Daten offenstand. Vielmehr bedarf es der substantiierten Darlegung eines adäquat-kausalen Schadens auf Seiten des Klägers, die sich an dessen Leistungsinteresse orientiert, bzw. eines Vermögenseingriffes und einer tatsächlichen Bereicherung auf Seiten der Beklagten, woran es vorliegend fehlt.
Insbesondere kommt entgegen der Ansicht des Klägers auch ein Schadensersatz- bzw. Bereicherungsanspruch auf Basis einer fiktiven Schadensberechnung nicht in Betracht. Eine fiktive Schadensberechnung wird nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nur in Ausnahmefällen für zulässig gehalten; zuletzt wurde durch den BGH im Werkvertragsrecht in konsequenter Durchführung der Differenzhypothese eine Schadensbemessung nach fiktiven Mängelbeseitigungskosten wegen der Gefahr der Überkompensation ausdrücklich aufgegeben (vgl. BGH, NJW 2018, 1463). Eine Übertragung dieser Rechtsprechungsänderung auf das Kaufrecht erscheint naheliegend (vgl. dazu NJW 2018, 2441). Auch im streitgegenständlichen Fall würde die Zuerkennung einer fiktiven Lizenzgebühr in Höhe von 50 € das Leistungsdefizit auf Seiten der Beklagten infolge der Gewährung einer nur eingeschränkten Nutzungsmöglichkeit von F. nicht zutreffend abbilden. Wie die Beklagtenseite zutreffend ausführt, wäre der Kläger seinerseits (bei Annahme einer grundsätzlichen Äquivalenz von Leistung und Gegenleistung) sicher nicht bereit, für die (uneingeschränkte) Nutzungsmöglichkeit von F. eine tägliche Gebühr von 50 € zu bezahlen; mithin träte auch hier offensichtlich eine Überkompensation ein.
Auch wird eine abstrakt-normative Schadensberechnung im Wege der sog. Lizenzanalogie von der Rechtsprechung nur in eng begrenzten Ausnahmefällen vorgenommen, so bei der Verletzung ausschließlicher Immaterialgüterrechte (wie etwa Patent- oder Gebrauchsmuster-, Warenzeichen- und Namensrechte), deren Überlassung zur Benutzung durch Dritte gegen Entgelt rechtlich möglich und verkehrsüblich ist (vgl. BGH, GRUR 1990, 1008; Palandt, vor § 249, Rn. 23). Dieser Ansatz, der auf eine Fiktion eines Lizenzvertrages der im Verkehr üblichen Art hinausläuft, ist hingegen auf den streitgegenständlichen Fall mangels Verletzung eines Ausschließlichkeitsrechts ersichtlich nicht übertragbar.
c) Schließlich steht dem Kläger auch nach Art. 82 Abs. 2 S. 1 DSGVO kein Ersatzanspruch für materielle oder immaterielle Schäden zu. Soweit dieser Anspruch mit einer Einschränkung der Datenverarbeitung durch den Kläger infolge der Sperrung seines Nutzerkontos bei F. begründet wird (Schriftsatz vom 16.11.2018, dort S. 63), ist schon der sachliche Anwendungsbereich der Verordnung nicht eröffnet, die nach Art. 2 Abs. 2 c) keine Anwendung findet auf die Verarbeitung personenbezogener Daten durch natürliche Personen zur Ausübung ausschließlich persönlicher oder familiärer Tätigkeiten; über persönliche Tätigkeiten hinausgehende Nutzungszwecke wurden vom Kläger nicht vorgetragen. Auch wird lediglich der Eintritt eines materiellen Schadens durch die Sperrung des Nutzerkontos behauptet, weil der Kläger gehindert gewesen sei, seine geäußerte Meinung weiter zu verbreiten (Schriftsatz Blatt 101 der Akten), ohne diesen behaupteten Schaden konkret darzulegen oder sonst nachvollziehbar zu begründen. Soweit zur Begründung auf die Grundsätze zur Geldentschädigung bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen zurückgegriffen wird, gilt aber das oben Ausgeführte, wonach eine solche Geldentschädigung nur unter einschränkenden Voraussetzungen, die hier gerade nicht vorliegen, zu gewähren wäre.
Sollten demgegenüber die Ausführungen zu Art. 82 DSGVO so zu verstehen sein, dass die Beklagte ohne wirksame Einwilligung während der Dauer der unberechtigten Sperrung des klägerischen Nutzerkontos die Daten des Klägers weiter genutzt hat, läge der kausale Schaden demgegenüber nicht – wie vorgetragen – in der Unterbindung weiterer Meinungsäußerungen durch den Kläger auf F..
Ein Anspruch auf der Grundlage des Art. 82 DSGVO kommt daher nicht in Betracht.
VIII) Ziffer 10 der Klage: Schadensersatz 1.500,00 €
Hier gelten die Ausführungen in Ziffer VII) entsprechend. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird vollumfänglich auf diese Bezug genommen.
IX) Ziffer 11 der Klage: außergerichtliche Rechtsanwaltskosten
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Freistellung von außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten. Dieser bestünde – wenn überhaupt – nur im Umfang der berechtigten Klageforderung. Da die Klage jedoch insgesamt abzuweisen war, bestehen auch keine ersatzfähigen außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten.
Daher kann auch dahinstehen, ob die geltend gemachten Kosten für die Einholung einer Deckungszusage überhaupt erstattungsfähig wären.
Weiter kann dahinstehen, dass in allen drei Fällen auch außergerichtlich zur Aufhebung der Sperrung aufgefordert wurde und in allen drei Fällen zu diesem Zeitpunkt die Sperren bereits (längst) aufgehoben waren. Die Kosten dieser Aufforderungen wurden aber ebenfalls als außergerichtliche Rechtsanwaltskosten im hiesigen Verfahren geltend gemacht.
C. Kosten
Der Kostenausspruch beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
D. Vorläufige Vollstreckbarkeit
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 709 ZPO.
E. Streitwert:
Der Streitwert war auf 56.650,00 € festzusetzen. Dieser setzt sich wie folgt zusammen:
1. „Klarname“: Hier setzt das Gericht einen Streitwert von 5.000,00 € an.
2. Für die Feststellungsanträge unter Ziffer 2 und 3 ist das Gericht von Streitwerten von jeweils 5.000 € ausgegangen.
3. Für das Freischalten des Beitrages setzt die Kammer 5.000,00 € an.
4. Für die Unterlassungsansprüche unter Ziffer 5 und 6 betreffend Sperrung und Löschung hat das Gericht – wie in sonstigen der Spezialzuständigkeit der Kammer zugehörigen Fällen auch – einen Streitwert von jeweils 15.000 € zugrunde gelegt.
5. Die Auskunftsansprüche unter Ziffer 7 und 8 hat das Gericht mit jeweils 2.500 € bewertet.
6. Zahlungsantrag gemäß Ziffer 9: 150,00 € (bezifferter Antrag, § 3 ZPO).
7. Zahlungsantrag gemäß Ziffer 10: 1.500,00 € (bezifferter Antrag, § 3 ZPO).

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