Aktenzeichen 25 W (pat) 590/20
Tenor
In der Beschwerdesache
…
hat der 25. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 17. August 2021 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Kortbein, des Richters Dr. Nielsen sowie der Richterin k. A. Fehlhammer
beschlossen:
Die Beschwerde der Anmelderin wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
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Die Kombination
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SWEET PUFFS
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ist am 11. Mai 2020 zur Eintragung als Wortmarke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register für die nachfolgenden Waren angemeldet worden:
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Klasse 30: Süße gepuffte Snacks auf Keksbasis.
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Die Anmeldung wird beim DPMA unter Aktenzeichen 30 2020 009 911.0 geführt.
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Mit Beschluss vom 18. September 2020 hat die Markenstelle für Klasse 30 des DPMA durch einen Beamten des gehobenen Dienstes die Anmeldung gemäß § 37 Abs. 1 MarkenG zurückgewiesen, weil der angemeldeten Wortkombination in Verbindung mit den beanspruchten Waren der Klasse 30 jegliche Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG fehle und ihrer Eintragung auch das Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegenstehe. Zur Begründung ist ausgeführt, dass das Zeichen „SWEET PUFFS“ aus einfachen und leicht verständlichen Begriffen der englischen Sprache zusammengesetzt sei, nämlich „sweet“ mit der Bedeutung „süß“ und „puffs“ mit der Bedeutung „Windbeutel, leichtes Backwerk“. Damit vermittele das Zeichen in seiner Gesamtheit lediglich einen schlagwortartigen Sachhinweis auf „süße Windbeutel“ bzw. „süßes leichtes Backwerk“. Es sei zudem sprachüblich gebildet und im allgemeinen Sprachgebrauch nachweisbar. Dabei dürften die Fremdsprachenkenntnisse des inländischen Durchschnittsverbrauchers jedenfalls in Bezug auf die Welthandelssprache Englisch nicht zu gering angesetzt werden. Mit dem Begriffsgehalt „süßes leichtes Backwerk“ weise das angemeldete Zeichen lediglich auf die Beschaffenheit der beanspruchten Waren hin.
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Hiergegen wendet sich die Anmelderin mit ihrer Beschwerde, die sie nicht begründet hat.
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Die Anmelderin beantrag sinngemäß,
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den Beschluss der Markenstelle für Klasse 30 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 18. September 2020 aufzuheben.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angegriffenen Beschluss, die Beschwerdeschrift der Anmelderin, den schriftlichen Hinweis des Senats vom 16. Juni 2021 und den übrigen Akteninhalt Bezug genommen.
II.
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Die nach § 64 Abs. 6 Satz 1 i. V. m. § 66 Abs. 1 Satz 1 MarkenG statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg. Der Eintragung der angemeldeten Wortkombination „SWEET PUFFS“ als Marke stehen in Verbindung mit den beanspruchten Waren der Klasse 30 das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG und des Bestehens eines Freihaltebedürfnisses nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen. Die Markenstelle hat der angemeldeten Marke daher zu Recht die Eintragung gemäß § 37 Abs. 1 MarkenG versagt.
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1. Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als betrieblicher Herkunftshinweis aufgefasst zu werden. Denn die Hauptfunktion einer Marke liegt darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. BGH GRUR 2014, 569 Rn. 10 – HOT; GRUR 2013, 731 Rn. 11 – Kaleido; GRUR 2012, 1143 Rn. 7 – Starsat; GRUR 2012, 270 Rn. 8 – Link economy; GRUR 2010, 1100 Rn. 10 – TOOOR!; GRUR 2010, 825 Rn. 13 – Marlene-Dietrich-Bildnis II; GRUR 2006, 850 Rn. 18 – FUSSBALL WM 2006; GRUR 2018, 301 Rn. 11 – Pippi Langstrumpf). Auch das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft ist im Lichte des zugrundeliegenden Allgemeininteresses auszulegen, wobei dieses darin besteht, die Allgemeinheit vor ungerechtfertigten Rechtsmonopolen zu bewahren (vgl. EuGH GRUR 2003, 604 Rn. 60 – Libertel; BGH GRUR 2014, 565 Rn. 17 – Smartbook).
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Bei der Beurteilung von Schutzhindernissen ist maßgeblich auf die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise abzustellen, wobei dies alle Kreise sind, in denen die fragliche Marke Verwendung finden oder Auswirkungen haben kann. Dabei kommt es auf die Sicht des normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers im Bereich der einschlägigen Waren und Dienstleistungen (vgl. EuGH GRUR 2006, 411 Rn. 24 – Matratzen Concord/Hukla; GRUR 2004, 943, 944 Rn. 24 – SAT 2; GRUR 2004, 428 Rn. 30 f. – Henkel; BGH GRUR 2006, 850 – FUSSBALL WM 2006) zum Zeitpunkt der Anmeldung des Zeichens an (vgl. BGH GRUR 2013, 1143, 1144 Rn. 15 – Aus Akten werden Fakten; GRUR 2014, 872 Rn. 10 – Gute Laune Drops; GRUR 2014, 482 Rn. 22 – test; EuGH MarkenR 2010, 439 Rn. 41 bis 57 – Flugbörse).
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Keine Unterscheidungskraft besitzen insbesondere Bezeichnungen, denen der Verkehr in Verbindung mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnet (vgl. BGH GRUR 2006, 850 Rn. 19 – FUSSBALL WM 2006; EuGH GRUR 2004, 674 Rn. 86 – Postkantoor), oder sonst gebräuchliche Wörter der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache, die – etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung – stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (vgl. BGH, a. a. O. – Link economy; GRUR 2009, 778 Rn. 11 – Willkommen im Leben; GRUR 2010, 640 Rn. 13 – hey!). Darüber hinaus fehlt die Unterscheidungskraft u. a. auch solchen Angaben, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu ihnen hergestellt wird (BGH, a. a. O. – FUSSBALL WM 2006).
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a) Nach diesen Grundsätzen fehlt dem Anmeldezeichen in Verbindung mit den beanspruchten Waren der Klasse 30 jegliche Unterscheidungskraft. Es setzt sich aus zwei Wörtern der englischen Sprache zusammen, wobei das Wort „sweet“ zum Grundwortschatz der englischen Sprache gehört und aufgrund der häufigen Verwendung im Inland selbst für den Teil der angesprochenen Verkehrskreise unmittelbar verständlich ist, der über keine oder nur geringe Englischkenntnisse verfügt. Das englische Wort „puff“ (plural: „puffs“) bedeutet „Windbeutel“ oder „leichtes Gebäck“ und ist in dieser Bedeutung zumindest den auch angesprochenen und bereits für sich genommen maßgeblichen Fachkreisen aus dem Bereich der Backwaren und der Lebensmittelindustrie hinreichend bekannt. In ihrer maßgeblichen Gesamtheit wird zumindest der Fachverkehr die angemeldete Bezeichnung daher ohne gedankliche Zwischenschritte im Sinne von „süße Windbeutel“ oder „süßes (leichtes) Gebäck“ und damit als Hinweis auf die Art und die Beschaffenheit gerade der beanspruchten Waren, jedoch nicht auf ihre betriebliche Herkunft verstehen.
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b) Darüber hinaus werden die inländischen Verbraucher – unabhängig von einem lexikalisch zutreffenden Verständnis des englischen Wortes „puff“ bzw. „puffs“ – dem Anmeldezeichen in Verbindung mit den beanspruchten Waren ohne gedankliche Zwischenschritte eine weitere beschreibende Bedeutung beimessen. Der Begriff „puff“ wird auch in der deutschen Sprache mit unterschiedlichen Bedeutungen benutzt. So bezeichnet er als Substantiv einen Stoß mit dem Ellenbogen, aber auch einen dumpfen Knall und davon ausgehend den Vorgang eines plötzlichen Aufgehens bzw. Sichausdehnens einer bestimmten Sache. Dementsprechend wird in Comics „puff“ als Interjektion lautmalerisch benutzt, um Explosionen darzustellen. Der Vorgang des Sichausdehnens kann nach dem allgemeinen Sprachverständnis auch auf Lebensmittel bezogen sein. So wird im inländischen Sprachgebrauch als „Puffreis“ eine bestimmte Süßware bezeichnet, die unter Verwendung von „gepufftem“ Reis hergestellt wird. Mit dem Verb „puffen“ wird zum Ausdruck gebracht, dass Reis, aber auch Mais oder Hülsenfrüchte unter hohem Druck gedämpft werden, wobei die Körner nach Aufhebung des Druckes aufplatzen und zu lockeren Massen aufgebläht werden. Es ist auch in Form des Adjektivs „gepufft“ im Zusammenhang mit der Herstellung von Lebensmitteln im Inland allgemein gebräuchlich und lexikalisch nachweisbar. Hiervon ausgehend werden maßgebliche Teile der angesprochenen Verkehrskreise die angemeldete Bezeichnung auch oder ausschließlich dahingehend auffassen, dass die mit der Wortfolge „SWEET PUFFS“ gekennzeichneten Waren süß schmecken und im Wege des „Puffens“ (also des Dämpfens unter hohem Druck) hergestellt wurden.
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2. Unter Zugrundelegung obiger Ausführungen benennt die angemeldete Bezeichnung in jeglicher Bedeutung lediglich die beanspruchten süßen gepufften Snacks auf Keksbasis, zumal es sich hierbei auch um leichtes Gebäck handelt. Damit kommt ihr nur die Funktion einer unmittelbar beschreibenden Sachangabe zu, die nicht monopolisiert werden darf und demzufolge gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG für die Allgemeinheit freizuhalten ist.
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3. Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden. Die Anmelderin hat eine solche nicht beantragt. Die Anberaumung der mündlichen Verhandlung erschien auch aus Sicht des Senats nicht geboten (§ 69 Nr. 1 und Nr. 3 MarkenG).