Aktenzeichen 28 W (pat) 510/20
Tenor
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 30 2017 006 476.4
hat der 28. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 02. Dezember 2020 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Kortbein, des Richters Kruppa und des Richters Hermann
beschlossen:
1. Der Beschluss der Markenstelle für Klasse 41 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 25. September 2017 wird insoweit aufgehoben, als die Markenanmeldung 30 2017 006 476.4 für die Dienstleistungen
„Herausgabe von Zeitschriften und Büchern sowie Broschüren für Zwecke der Unterhaltung; Online-Publikation von elektronischen Zeitschriften und Büchern sowie Broschüren für Zwecke der Unterhaltung; Organisation und Durchführung von Tagungen, Ausstellungen für kulturelle Zwecke; Veranstaltung von Wettbewerben (Erziehung und Unterhaltung) sowie Platz- und Ticketreservierungen für diese Wettbewerbe; Verleih, Vermietung und Verpachtung von Gegenständen in Zusammenhang mit der Erbringung der vorgenannten Dienstleistungen, soweit in dieser Klasse enthalten; Beratung und Information in Bezug auf vorgenannte Dienstleistungen, soweit in dieser Klasse enthalten“
zurückgewiesen wurde.
2. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Gründe
I.
1
Die Anmelderin hat am 14. März 2017 beim Deutschen Patent- und Markenamt das Wortzeichen
2
BauID
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für folgende Waren und Dienstleistungen angemeldet:
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Klasse 09: CDs; CD-ROMs; DVDs; Audiobänder; Videobänder; bespielte Ton-, Bild- und Datenträger aller Art, soweit in Klasse 9 enthalten; Computerprogramme; Software; elektronische Publikationen [herunterladbar]; Datenbanken; elektronische Identifikationsetiketten; elektronische Identifikationsaufkleber; kodierte Identifikationsetiketten; kodierte Identifikationsaufkleber; mobile Apps; QR-Codes [maschinenlesbare Daten]; aufgezeichnete Daten; Teile und Zubehör für alle vorgenannten Waren, soweit in dieser Klasse enthalten;
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Klasse 16: Papier, Pappe [Karton]; Druckereierzeugnisse, einschließlich Zeitungen, Zeitschriften, Büchern sowie Werbe- und Informationsmaterial; Etiketten aus Papier; gedruckte Etiketten aus Papier; Aufkleber; Teile und Zubehör für alle vorgenannten Waren, soweit in dieser Klasse enthalten;
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Klasse 35: Organisation und Durchführung von Messen, Ausstellungen und Veranstaltungen zu Werbezwecken und zu wirtschaftlichen und verkaufsfördernden Zwecken, auch im Internet und sonstigen elektronischen Medien; Vermietung von Werbezeit in Kommunikationsmedien; Vermietung von Werbe- und Präsentationsflächen, auch im Internet und sonstigen elektronischen Medien; Herausgabe von Druckereierzeugnissen, Broschüren und Informationsmaterialien [auch auf elektronischen Medien gespeichert] für Werbezwecke; Durchführung von Wettbewerben und Gewinnspielen für Werbezwecke; Präsentation von Unternehmen und deren Produkten und Dienstleistungen, auch im Internet und anderen elektronischen Medien; Erfassung, Zusammenstellen, Systematisierung, Aktualisierung und Pflege von Informationen und Daten in Datenbanken; Bereitstellen von Produktinformationen, auf die über Datenbanken oder das Internet zugegriffen werden kann; Verleih, Vermietung und Verpachtung von Gegenständen in Zusammenhang mit der Erbringung der vorgenannten Dienstleistungen, soweit in dieser Klasse enthalten; Beratung und Information in Bezug auf vorgenannte Dienstleistungen, soweit in dieser Klasse enthalten;
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Klasse 38: Telekommunikation; Bereitstellung von Plattformen und Portalen im Internet; elektronischer Austausch von Nachrichten und Informationen mittels Chatlines, Chatrooms und Internetforen; Ausstrahlung von Rundfunk- und Fernsehprogrammen und von Filmen und Videos, auch über das Internet und sonstigen elektronischen Medien; Bereitstellung des Zugriffs auf Daten und Informationen im Internet, in Datenbanken und sonstigen elektronischen Medien; Verleih, Vermietung und Verpachtung von Gegenständen in Zusammenhang mit der Erbringung der vorgenannten Dienstleistungen, soweit in dieser Klasse enthalten; Beratung und Information in Bezug auf vorgenannte Dienstleistungen, soweit in dieser Klasse enthalten;
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Klasse 41: Dienstleistungen eines Verlages [ausgenommen Druckarbeiten]; Bereitstellen von elektronischen Publikationen [nicht herunterladbar]; Herausgabe von Druckereierzeugnissen und Informationsmaterialien [auch in elektronischer Form], ausgenommen für Werbezwecke; Veröffentlichung von Büchern; Herausgabe von Zeitschriften und Büchern sowie Broschüren für Zwecke der Unterhaltung oder Aus- und Fortbildung in elektronischer Form; Online-Publikation von elektronischen Zeitschriften und Büchern sowie Broschüren für Zwecke der Unterhaltung oder Aus- und Fortbildung; Verlags- und Berichtswesen; Veröffentlichung von Informationen und Eigenschaften von Baumaterialien, Bauteilen und Bauelementen, auf die über Datenbanken oder das Internet zugegriffen werden kann; Dienstleistungen eines Redakteurs; Verfassen und Herausgabe von Texten [ausgenommen Werbetexte]; Konzeption und Produktion von Rundfunk- und Fernsehprogrammen und von Filmen und Videofilmen; Organisation und Durchführung von Tagungen, Ausstellungen für kulturelle oder Unterrichtszwecke, Kongressen, Seminaren, Symposien, Lehrgängen, Kursen, Konferenzen, Vorträgen und Workshops [Ausbildung]; Veranstaltung von Wettbewerben [Erziehung und Unterhaltung] sowie Platz- und Ticketreservierungen für diese Wettbewerbe; Verleih, Vermietung und Verpachtung von Gegenständen in Zusammenhang mit der Erbringung der vorgenannten Dienstleistungen, soweit in dieser Klasse enthalten; Beratung und Information in Bezug auf vorgenannte Dienstleistungen, soweit in dieser Klasse enthalten;
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Klasse 42: Entwicklung, Aktualisierung und Pflege von Datenbanken und Software; Gestaltung von QR-Codes; Verleih, Vermietung und Verpachtung von Gegenständen in Zusammenhang mit der Erbringung der vorgenannten Dienstleistungen, soweit in dieser Klasse enthalten; Beratung und Information in Bezug auf vorgenannte Dienstleistungen, soweit in dieser Klasse enthalten.
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Das Deutsche Patent- und Markenamt, Markenstelle für Klasse 41, hat die Anmeldung nach vorangegangener Beanstandung vom 10. Mai 2017 mit Beschluss vom 25. September 2017 vollständig zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der angemeldeten Marke fehle für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG. Außerdem bestehe an der Bezeichnung ein Freihaltebedürfnis im Verkehr gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG.
11
BauID sei aus zwei Bestandteilen gebildet. Im Englischen sei das Element „ID“ eine übliche Abkürzung für das Substantiv „identification“ (Identifizierung) und die deutsche Vorsilbe „Bau“ stehe u. a. für das Substantiv „(das) Bauen, Errichten, Herstellen, Baustelle, Bauwerk“. Da Wortneuschöpfungen aus deutschen und englischen Begriffen in Wirtschaft und Werbung üblich seien und die Abkürzung „ID“ auch im Deutschen gebräuchlich sei, weiche die Wortkombination „BauID“ nicht von den lexikalischen Regeln der deutschen Sprache ab und habe keine ungewöhnliche Struktur.
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Im Hinblick auf die Waren der Klassen 9 und 16 beziehe sich die Angabe „BauID“, da diese Waren selbst Identifikationszeichen darstellen oder diese enthalten könnten, unmittelbar auf die Art und den Inhalt der Waren und damit auf eine Eigenschaft, die für die maßgeblichen Verkehrskreise bei der Auswahl unter ihnen von Bedeutung sein könne. Die beanspruchten bespielten Ton-, Bild- und Datenträger könnten sich aber auch thematisch auf die „Bau-Identifikation“, also die Identitätsfeststellung für Bauten oder Bauwerke beziehen, ebenso wie Druckereierzeugnisse oder Informationsmaterialien.
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Die beanspruchten Dienstleistungen der Klassen 35, 38 und 41 könnten in einem engen funktionellen bzw. inhaltlichen Zusammenhang mit den beanspruchten Waren bzw. mit Identifikationsmitteln für Bauten und Bauwerke stehen. Die zur Klasse 42 gehörenden Dienstleistungen würden durch die Angabe „BauID“ dahingehend beschrieben, dass sie ebenfalls im Kontext und für Zwecke der Identifikation von Bauten, Bauwerken oder Baustellen angeboten und erbracht würden.
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Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, mit der sie beantragt,
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den Beschluss der Markenstelle für Klasse 41 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 25. September 2017 aufzuheben.
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Zur Begründung führt sie aus, die Markenstelle habe der angemeldeten Marke zu Unrecht den Schutz verweigert. Im Hinblick auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen fehle es der Marke nicht an der erforderlichen Unterscheidungskraft und es bestehe auch kein Freihaltungsbedürfnis.
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Die angemeldete Wortneuschöpfung sei nicht beschreibend. Die Kombination der Wörter sei gänzlich ungewöhnlich in Bezug auf die streitgegenständlichen Waren und Dienstleistungen. Die Markenstelle habe die Waren und Dienstleistungen nicht einzeln beurteilt, sondern für die Waren und Dienstleistungen nur jeweils einen einzelnen Grund angegeben, warum der Begriff „BauID“ beschreibend für alle Waren bzw. Dienstleistungen sein solle.
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Nach Ansicht der Markenstelle werde „BauID“ ohne weiteres im Sinne von „Bau-Identifikation“ verstanden. Den Begriff „Bau-Identifikation“ gebe es jedoch ebenso wenig wie den Begriff „BauID“. Es sei völlig unklar, was eine „Bau-Identifikation“ in Bezug auf die beanspruchten Waren bzw. Dienstleistungen sein solle. Die Ausführungen der Markenstelle seien sehr schwammig und sprächen meistens nur von einem „Kontext“ oder „Zusammenhang“ mit den Waren und Dienstleistungen. Die Markenstelle stelle jedoch nicht dar, wie dieser Zusammenhang oder Kontext in Bezug auf die einzelnen Waren bzw. Dienstleistungen aussehen solle. Ein irgendwie gearteter Zusammenhang, der sich den Verkehrskreisen – wenn überhaupt – erst nach mehreren Gedankenschritten erschließe, sei jedenfalls nicht ausreichend, um eine beschreibende Angabe darzustellen.
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Für die Unterscheidungskraft der angemeldeten Marke spreche auch die Eintragung vergleichbarer Marken und die Schutzgewährung der Marke in der Schweiz für identische Waren und Dienstleistungen.
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Der bis Ende 2019 zuständige 27. Senat des Bundespatentgerichts hat die Anmelderin mit Schreiben vom 17. Oktober 2019 darauf hingewiesen, dass nach vorläufiger Einschätzung des Senats erhebliche Bedenken hinsichtlich der Erfolgsaussichten der Beschwerde bestünden. Die Anmelderin hat daraufhin mit Schriftsatz vom 13. November 2019 mitgeteilt, dass sie auf eine mündliche Verhandlung verzichte.
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Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
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Die zulässige Beschwerde hat nur in Bezug auf die im Tenor genannten Dienstleistungen Erfolg. Im Übrigen ist die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zurückzuweisen.
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1. Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, nachdem die Anmelderin darauf verzichtet hat und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung auch nicht aus Gründen der Sachdienlichkeit geboten war (§ 69 MarkenG).
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2. Zu Recht und mit zutreffenden Erwägungen hat das Deutsche Patent- und Markenamt bis auf die im Tenor genannten Dienstleistungen die Eintragung des Anmeldezeichens abgelehnt, da ihm soweit die erforderliche Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG fehlt.
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a) Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die dem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die von der Anmeldung erfassten Waren und Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (vgl. EuGH GRUR 2012, 610 – Freixenet; GRUR 2008, 608 – EUROHYPO; BGH GRUR 2014, 569 – HOT; GRUR 2013, 731 – Kaleido; GRUR 2012, 1143 – Starsat; GRUR 2012, 1044 – Neuschwanstein; GRUR 2010, 825 – Marlene-Dietrich-Bildnis II; GRUR 2010, 935 – Die Vision; GRUR 2006, 850 – FUSSBALL WM 2006). Denn die Hauptfunktion einer Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. EuGH GRUR 2006, 233 – Standbeutel; GRUR 2006, 229 – BioID; GRUR 2008, 608 – EUROHYPO; BGH GRUR 2008, 710 – VISAGE; GRUR 2009, 949 – My World). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (vgl. BGH GRUR 2012, 1143 – Starsat; GRUR 2012, 1044 – Neuschwanstein; GRUR 2012, 270 – Link economy).
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Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft sind einerseits die beanspruchten Waren und Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers bzw. -abnehmers der fraglichen Produkte abzustellen ist (vgl. EuGH GRUR 2006, 411 – Matratzen Concord/Hukla; GRUR 2004, 943 – SAT.2; BGH GRUR 2010, 935 – Die Vision; GRUR 2010, 825 – Marlene-Dietrich-Bildnis II; GRUR 2006, 850 – FUSSBALL WM 2006).
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Hiervon ausgehend besitzen Zeichen dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die maßgeblichen Verkehrskreise im Zeitpunkt der Anmeldung des Zeichens (vgl. BGH GRUR 2013, 1143 – Aus Akten werden Fakten) lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (vgl. EuGH GRUR 2004, 674 – Postkantoor; BGH GRUR 2012, 270 – Link economy; GRUR 2009, 952 – DeutschlandCard; GRUR 2006, 850 – FUSSBALL WM 2006; GRUR 2005, 417 – BerlinCard; GRUR 2001, 1151 – marktfrisch; GRUR 2001, 1153 – antiKALK) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der deutschen Sprache oder einer geläufigen Fremdsprache bestehen, die – etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder in den Medien – stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (vgl. u. a. BGH GRUR 2006, 850 – FUSSBALL WM 2006; GRUR 2003, 1050 – Cityservice; GRUR 2001, 1143 – Gute Zeiten – Schlechte Zeiten). Darüber hinaus besitzen keine Unterscheidungskraft auch solche Zeichen, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird (vgl. BGH GRUR 2010, 1100 – TOOOR!; GRUR 2006, 850 – FUSSBALL WM 2006).
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b) Nach den vorgenannten Grundsätzen fehlt dem Anmeldezeichen in Verbindung mit den von der Zurückweisung umfassten Waren und Dienstleistungen mit Ausnahme der im Tenor genannten die erforderliche Unterscheidungskraft, weil das Zeichen insoweit einen beschreibenden Begriffsinhalt aufweist und nicht als betriebliches Unterscheidungsmittel verstanden wird.
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(1) Das angemeldete Zeichen setzt sich erkennbar aus dem Wort „Bau“ (als Oberbegriff für alles, was mit Bauen zu tun hat, z. B. Bauleistungen, Bauwesen) und der allgemein bekannten Abkürzung „ID“ für „Identifikation“ bzw. „Identifikator“ zusammen. Ein Identifikator (auch Kennzeichen) ist ein mit einer bestimmten Identität verknüpftes Merkmal zur eindeutigen Identifizierung des tragenden Objekts (so sogar https://de.wikipedia.org/wiki/identifikator). Beispielsweise bezeichnet eine Hausnummer als Identifikator innerhalb einer Straße ein bestimmtes Haus. In Datenbanken werden Identifikatoren als Kennzeichen eines Datensatzes oder auch als Datenbank-Identifikatoren oder Stammnummern bezeichnet. Identifikatoren können prinzipiell zum Identifizieren beliebiger Objekte (Seriennummer, Katalognummer), von Menschen (Ausweisnummer) oder von abstrakten Ideen (Notation eines Themengebietes) eingesetzt werden. Bei der „Steuer-ID“ handelt es sich um die Steueridentifikationsnummer. In der Informatik ist „OID“ (für „Object Identifier“) ein weltweit eindeutiger Bezeichner, der benutzt wird, um ein Informationsobjekt zu benennen. „RFID“ (englisch „radio-frequency identification“ – „Identifizierung mit Hilfe elektromagnetischer Wellen“) bezeichnet eine Technologie für Sender-Empfänger-Systeme zum automatischen und berührungslosen Identifizieren und Lokalisieren von Objekten und Lebewesen mit Radiowellen. „SSID“ steht für „Service Set Identifier“ als Bezeichnung von einzelnen WLAN-Netzwerken. Ein umfangreiches Anwendungsgebiet stellt die „ID“ (Identifikation) von Produkten und deren Bauteilen im Rahmen der Dokumentation von technischen Erzeugnissen dar. Eine eindeutige Identifikation aller Produktions- und Beschaffungsobjekte ist für die unterschiedlichen betriebswirtschaftlichen Funktionen eines Unternehmens von zentraler Bedeutung.
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Auch „BauID“ als „Identifikation einer baulichen Einheit“ wird (daher) bereits verwandt. „BauID“ ist danach der Schlüssel der architektonischen Einheit, aus der sich die bauliche Struktur eines Mandanten zusammensetzt. Eine bauliche Einheit wird z. B. für die Zuweisung von Patienten zu Krankenzimmern und Bettenstellplätzen verwendet, wobei in der graphischen Stationsübersicht z. B. auch Flure und Türen abbildbar sind. Die unterschiedliche Verwendung der baulichen Einheit wird durch Typen baulicher Einheiten unterschieden (so z. B. SAP-Dokumentation der Firma consolut solutions + value, https://www.consolut.com).
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Das angesprochene auch allgemeine Publikum wird das Zeichen „BauID“ folglich unmittelbar als „Identifikator“ bzw. „Identifikationsnummer“ in Bezug zu einer Bautätigkeit bzw. Bauleistung bzw. generell einem Bauobjekt verstehen. Beide Begriffsteile führen durch ihre unmittelbar erkennbare Bedeutung zur Eindeutigkeit des Gesamtbegriffs, ein über die Bedeutung der Einzelteile weitergehender Inhalt besteht nicht. Dem Zeichen ist somit eine klar zuordenbare Kennung für einen Bau zu entnehmen. Ein Interpretationsaufwand im Sinne eines notwendigen Denkprozesses bei dem angesprochenen Publikum zur Erfassung der Bedeutung des Zeichens besteht demnach nicht. Dazu trägt auch die in der deutschen Sprache übliche Gestaltung des Gesamtbegriffs bei, so dass die Bedeutung des Gesamtbegriffs unmittelbar erkennbar und ohne weiteren Denkaufwand erfassbar ist.
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(2) Mit diesem Sinngehalt ist das angemeldete Zeichen u. a. für solche Waren unmittelbar beschreibend, die geeignet sind, als Datenträger oder Datenbank eine oder mehrere derartige einer Bautätigkeit zugeordnete Kennungen zu enthalten. Dies trifft auf physikalische Speichermedien, auf online zugängliche Datenbanken, auf zur digitalen und analogen Speicherung von Daten geeignete Waren oder zur Wiedergabe von Text und/oder digital abrufbarer Informationen verwendbare Waren zu. Die in Klasse 9 beanspruchten Waren entsprechen alle dieser Kategorie, so dass das angemeldete Zeichen für diese Waren unmittelbar beschreibend ist.
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Unter zur analogen Speicherung und/oder Wiedergabe geeignete Medien fallen auch die in Klasse 16 beanspruchten Waren, da diese sämtlich zur Speicherung bzw. Wiedergabe von Informationen in gedruckter Form verwendbar sind. Folglich werden auch die in Klasse 16 beanspruchten Waren durch das angemeldete Zeichen unmittelbar beschrieben.
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Die in Klasse 42 beanspruchten Dienstleistungen stehen alle in direktem Bezug zu den vorgenannten Waren, da sie die Herstellung und die Pflege von Informationen oder Informationsträgern betreffen. Zu derartigen Dienstleistungen steht das angemeldete Zeichen mit seiner Bedeutung „Identifikation baulicher Einheit“ bzw. „Bau-Identifikation“ in einem engen beschreibenden Bezug.
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Dies gilt auch für die beanspruchten Dienstleistungen in Klasse 38, die die Übermittlung sowie die Verfügbarmachung von Informationen, also auch von Bau-Identifikationsnummern, betreffen, insbesondere auch Telekommunikation, zumal diese die Informationsübertragung über das Internet umfasst. Auch der elektronische Austausch von Nachrichten und Informationen mittels Chatlines, Chatrooms und Internetforen betrifft den Austausch, die Bereitstellung und die Übermittlung von Informationen, so dass auch zu dieser Dienstleistung ein enger beschreibender Bezug besteht.
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Die in Klasse 41 beanspruchten Dienstleistungen stehen mit Ausnahme der im Tenor genannten in unmittelbarem Zusammenhang mit den vorgenannten Waren der Klassen 9 und 16, da sie die Herstellung, Bereitstellung, Übertragung oder Veröffentlichung von Informationen und Informationsträgern betreffen. Zu derartigen Dienstleistungen weist das angemeldete Zeichen aufgrund seiner Bedeutung einen engen beschreibenden Bezug auf. Auch in Verbindung mit den Dienstleistungen „Ausstellungen für Unterrichtszwecke, Kongressen, Seminaren, Symposien, Lehrgängen, Kursen, Konferenzen, Vorträgen und Workshops (Ausbildung)“ vermittelt es eine Sachaussage, da diese Dienstleistungen Kenntnisse über die „Identifikation einer baulichen Einheit“ bzw. „im Baubereich“ bzw. allgemein über die „Bau-Identifikation“ vermitteln können.
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Die in Klasse 35 beanspruchten Dienstleistungen können jeweils in einem engen funktionellen bzw. inhaltlichen Zusammenhang mit den beanspruchten Waren bzw. mit Identifikationsmitteln für Bauten oder Bauwerke stehen.
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(3) Die von der Beschwerdeführerin angeführten Voreintragungen führen zu keinem anderen Ergebnis. Etwaige Entscheidungen über (unterstelltermaßen) ähnliche Anmeldungen sind zwar, soweit sie bekannt sind, im Rahmen der Prüfung zu berücksichtigen, ob im gleichen Sinn zu entscheiden ist oder nicht. Sie sind aber keinesfalls bindend (vgl. EuGH GRUR 2009, 667 – Bild.T-Online.de u. ZVS [Schwabenpost]). Da das Deutsche Patent- und Markenamt die Voraussetzungen des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zutreffend bejaht hat, kommt es auf die weiteren Voreintragungen nicht an, weil zum einen aus nicht begründeten Eintragungen anderer Marken keine weitergehenden Informationen für die Beurteilung der konkreten Anmeldung entnommen werden können und zum anderen auch unter Berufung auf den Gleichbehandlungsgrundsatz nicht von einer den rechtlichen Vorgaben entsprechenden Entscheidung abgesehen werden darf (vgl. EuGH GRUR 2009, 667 – Bild.T-Online.de u. ZVS [Schwabenpost]; BGH GRUR 2011, 230 – SUPERgirl; WRP 2011, 349 – FREIZEIT Rätsel Woche; GRUR 2012, 276 – Institut der Norddeutschen Wirtschaft e.V.).
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Keine Indizwirkung hat auch die von der Anmelderin angeführte Schutzgewährung in der Schweiz. Ausländische Entscheidungen sind für die Beurteilung der Schutzfähigkeit angemeldeter Marken im Inland nicht maßgebend und vermögen keine relevante Indizwirkung zu entfalten (vgl. Ströbele/Hacker/Thiering, MarkenG, 12. Aufl., § 8 Rdn. 79).
40
c) Ob der Eintragung des Anmeldezeichens insoweit auch ein Freihaltebedürfnis gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegensteht, kann angesichts vorstehender Ausführungen im Ergebnis dahinstehen.
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3. Für die im Tenor genannten Dienstleistungen ist eine andere Beurteilung angezeigt. Insoweit steht der Eintragung der angemeldeten Wortmarke „BauID“ weder das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG noch der Ausschlussgrund des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen. Die Bezeichnung „BauID“ beschreibt nicht Merkmale dieser Dienstleistungen, die der Unterhaltung, Kultur und Erziehung dienen. Mangels einer Sachaussage kann der Wortmarke insoweit nicht jegliche Unterscheidungskraft abgesprochen werden. In diesem Umfang konnte der angefochtene Beschluss der Markenstelle daher keinen Bestand haben.