Patent- und Markenrecht

28 W (pat) 582/19

Aktenzeichen  28 W (pat) 582/19

Datum:
29.1.2021
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
Gerichtsort:
München
Dokumenttyp:
Beschluss
ECLI:
ECLI:DE:BPatG:2021:290121B28Wpat582.19.0
Spruchkörper:
28. Senat

Tenor

In der Beschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung 30 2018 029 433.9
hat der 28. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 29. Januar 2021 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Kortbein, des Richters Dr. Söchtig und des Richters Hermann beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.
1
Das Zeichen
2
HUT AB!
3
ist am 6. Dezember 2018 zur Eintragung als Wortmarke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt geführte Register für folgende Dienstleistungen angemeldet worden:
4
Klasse 41:
5
Organisation, Planung und Durchführung von kulturellen und sportlichen Veranstaltungen; Organisation und Durchführung von Konzert-, Sport-, Show-, Musik-, Unterhaltungs-, Bühnen-, Kabarett-, Theater- und Liveveranstaltungen im Unterhaltungsbereich; Organisation, Planung und Durchführung von Volks- und Stadtfesten, Ausstellungen für kulturelle oder Unterrichtszwecke; Planung, Organisation von Events, Shows, Messen, Ausstellungen, Eröffnungsveranstaltungen, Sportfesten und Sportveranstaltungen;
6
Klasse 43:
7
Dienstleistungen zur Verpflegung von Gästen; Outdoor-Catering; Verpflegung von Gästen im Zusammenhang mit Sonderveranstaltungen, Festivals und Konzerten.
8
Das Deutsche Patent- und Markenamt, Markenstelle für Klasse 41, hat die Anmeldung nach vorangegangener Beanstandung vom 20. Februar 2019 und unter Berücksichtigung der darauf erfolgten Erwiderung vom 24. Juni 2019 mit Beschluss vom 12. September 2019 zurückgewiesen. Zur Begründung hat es unter Bezugnahme auf die Darlegungen im Beanstandungsbescheid ausgeführt, dem Anmeldezeichen “HUT AB!” fehle in Verbindung mit den beanspruchten Waren die für eine Eintragung erforderliche Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG, da es einen beschreibenden und anpreisenden Begriffsinhalt aufweise, der dazu führe, dass die Bezeichnung nicht als Marke verstanden werde. Das angemeldete Zeichen richte sich mit seinen Dienstleistungen an allgemeine Verkehrskreise (durchschnittlich informierte, aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucher). Aus deren Sicht beschreibe es in werblich anpreisender und sloganhafter Weise die Beschaffenheit und Qualität der beanspruchten Dienstleistungen der Klassen 41 und 43. Auch das Ausrufezeichen bzw. die Bildung als Aussagesatz verleihe dem Anmeldezeichen keine Unterscheidungskraft, da es sich hierbei lediglich um werbeübliche Stilmittel handele. Da “HUT AB!” eine dem Publikum ohne Weiteres verständliche, die beanspruchten Dienstleistungen unmittelbar beschreibende Bezeichnung sei, bestehe an ihr auch ein Freihaltebedürfnis der Mitbewerber zur beschreibenden Verwendung im Verkehr im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG.
9
Hiergegen wendet sich der Anmelder mit seiner Beschwerde vom 16. Oktober 2019, mit der er sinngemäß beantragt,
10
den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamtes, Markenstelle für Klasse 41, vom 12. September 2019 aufzuheben.
11
Er führt hierzu aus, das Deutsche Patent-und Markenamt habe die Anmeldung zu Unrecht zurückgewiesen, da der Eintragung des beanspruchten Zeichens keine Schutzhindernisse entgegenstünden. Der durchschnittlich verständige und situationsadäquat aufmerksame Verbraucher werde den Begriff “HUT AB!” nicht ausschließlich als eine beschreibende oder anpreisende Angabe in Verbindung mit den angemeldeten Dienstleistungen, sondern als eine markenmäßige Kennzeichnung erkennen. Die Aufmerksamkeit des Verbrauchers werde nicht auf die betreffenden Dienstleistungen gelenkt. Auch werde eine derartige Kennzeichnung etwa des Caterings oder der Verpflegung vom Verbraucher nicht in beschreibendem Sinne verstanden, noch bringe er sie in irgendeinen ausschließlich anpreisenden Zusammenhang. Die zur Freihaltebedürftigkeit vorgebrachten Ausführungen seien nur globaler Art und ließen offen, wann konkret in Verbindung mit den betreffenden Dienstleistungen ein Freihaltebedürfnis bestehe.
12
Wegen der weiteren Einzelheiten wird ergänzend auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
13
Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
14
Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da der Anmelder keinen entsprechenden Antrag gestellt hat und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung auch nicht aus Gründen der Sachdienlichkeit geboten war (§ 69 MarkenG).
15
Zu Recht und mit zutreffenden Erwägungen hat das Deutsche Patent- und Markenamt in seinem angegriffenen Beschluss dem Anmeldezeichen die für eine Eintragung erforderliche Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG abgesprochen. Das Vorbringen des Anmelders im Rahmen seiner Beschwerde vermag ein abweichendes Ergebnis nicht zu rechtfertigen.
16
1. Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die dem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die von der Anmeldung erfassten Waren und Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (vgl. EuGH GRUR 2012, 610, Rdnr. 42 – Freixenet; GRUR 2008, 608, Rdnr. 66 f. – EUROHYPO; BGH GRUR 2014, 569, Rdnr.10 – HOT; GRUR 2013, 731, Rdnr. 11 – Kaleido; GRUR 2012, 1143, Rdnr. 7 – Starsat; GRUR 2012, 1044, Rdnr. 9 – Neuschwanstein; GRUR 2010, 825, Rdnr. 13 – Marlene-Dietrich-Bildnis II; GRUR 2010, 935, Rdnr. 8 – Die Vision; GRUR 2006, 850, Rdnr. 18 – FUSSBALL WM 2006). Denn die Hauptfunktion einer Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. EuGH GRUR 2006, 233, Rdnr. 45 – Standbeutel; GRUR 2006, 229, Rdnr. 27 – BioID; GRUR 2008, 608, Rdnr. 66 – EUROHYPO; BGH GRUR 2008, 710, Rdnr. 12 – VISAGE; GRUR 2009, 949, Rdnr. 10 – My World). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (vgl. BGH GRUR 2012, 1143, Rdnr. 7 – Starsat; GRUR 2012, 1044, Rdnr. 9 – Neuschwanstein; GRUR 2012, 270, Rdnr. 8 – Link economy).
17
Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft sind einerseits die beanspruchten Waren und Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers bzw. -abnehmers der fraglichen Produkte abzustellen ist (vgl. EuGH GRUR 2006, 411 – Matratzen Concord/Hukla; GRUR 2004, 943 – SAT.2; BGH GRUR 2010, 935 – Die Vision; GRUR 2010, 825 – Marlene-DietrichBildnis II; GRUR 2006, 850 – FUSSBALL WM 2006).
18
Hiervon ausgehend besitzen Zeichen dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die maßgeblichen Verkehrskreise im Zeitpunkt der Anmeldung des Zeichens (vgl. BGH GRUR 2013, 1143 – Aus Akten werden Fakten) lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (vgl. EuGH GRUR 2004, 674 – Postkantoor; BGH GRUR 2012, 270 – Link economy; GRUR 2009, 952 – DeutschlandCard; GRUR 2006, 850 – FUSSBALL WM 2006; GRUR 2005, 417 – BerlinCard; GRUR 2001, 1151 – marktfrisch; GRUR 2001, 1153 – antiKALK) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der deutschen Sprache oder einer geläufigen Fremdsprache bestehen, die – etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder in den Medien – stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (vgl. u. a. BGH GRUR 2006, 850 – FUSSBALL WM 2006; GRUR 2003, 1050 – Cityservice; GRUR 2001, 1143 – Gute Zeiten – Schlechte Zeiten; GRUR 2014, 569, 570, Rdnr.14 – HOT). Darüber hinaus besitzen keine Unterscheidungskraft auch solche Zeichen, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird (vgl. BGH GRUR 2010, 1100 – TOOOR!; GRUR 2006, 850 – FUSSBALL WM 2006).
19
Werbeslogans und sonstige Werbeschlagwörter sind bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft wie andere Wortmarken zu behandeln. Sie unterliegen also weder strengeren noch geringeren Schutzvoraussetzungen (BGH GRUR 2013, 522, 523, Rdnr. 9 – Deutschlands schönste Seiten).
20
Ausgehend von vorgenannten Grundsätzen kommt dem Anmeldezeichen die für eine Eintragung erforderliche Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG nicht zu.
21
a) Das Anmeldezeichen besteht aus dem der deutschen Sprache entstammenden Mehrwortausdruck “HUT AB!”. Laut Duden handelt es sich dabei um eine umgangssprachliche Wendung, welcher die Bedeutung “alle Achtung” oder “allen Respekt” zukommt (vgl. “https://www.duden.de/rechtschreibung/Hut_Kopfbedeckung_Pilz”). Darüber hinaus hat das Deutsche Patent- und Markenamt zutreffend darauf hingewiesen, dass die Aussage “HUT AB!” Anerkennung und Bewunderung ausdrückt. Einem Menschen oder einer Sache wird Achtung entgegengebracht, indem man den Hut abnimmt. Das angemeldete Wortzeichen reiht sich somit in dem Verkehr allgemein bekannte Ausdrücke wie “(mein) Kompliment!”, “Chapeau!”, “ausgezeichnet!”, “bravo!”, “ein Hoch auf!”, “ein Lob dem (…)!”, “ein Lob der (…)!”, “vortrefflich!”, “Nicht schlecht, Herr Specht!”, “gut gemacht!”, “holla, die Waldfee!”, “reife Leistung!”, “sauber!” und “à la bonne heure!” etc. ein (vgl. “https://www.dwds.de/wb/Hut%20ab!”).
22
Wie vom Deutschen Patent- und Markenamt zutreffend festgestellt, verleiht auch das Ausrufezeichen bzw. die Bildung als Aussagesatz dem Anmeldezeichen keine Unterscheidungskraft, da es sich hierbei lediglich um ein werbeübliches Stilmittel handelt.
23
b) In seiner Gesamtheit bringt das angemeldete Wortzeichen folglich lediglich zum Ausdruck, dass die von der Anmeldung beanspruchten Dienstleistungen der Klassen 41 und 43 von bemerkenswerter bzw. ausgezeichneter Qualität sein sollen. Der Begriffskombination “HUT AB!” kommt folglich die Funktion einer allgemein anpreisenden Werbeaussage zu. Eine solche kann zwar gleichzeitig auch einen Herkunftshinweis vermitteln. Der Verkehr, wozu die Durchschnittsverbraucher und die Fachkreise gehören, wird jedoch das Anmeldezeichen, wie die Markenstelle zutreffend festgestellt hat, aufgrund seiner breiten, allgegenwärtigen Verwendung ausschließlich als gebräuchliche Wendung im Sinne eines werblich empfehlenden Hinweises auf hervorragende Leistungen und nicht als individualisierendes Unterscheidungsmittel verstehen. Zudem weist die angemeldete Wortfolge nach Auffassung des Senats weder eine Mehrdeutigkeit noch eine nennenswerte Interpretationsbedürftigkeit auf, da die Aussage “Hut ab!” zum allgemeinen Sprachgebrauch gehört, zumindest jedoch den angesprochenen Verkehrsteilnehmern soweit bekannt ist, dass ohne weitere Überlegungen oder Analysen die oben beschriebene Botschaft durch die Wortfolge kurz und prägnant vermittelt wird.
24
Demgemäß vermittelt das Anmeldezeichen in seiner Gesamtheit ohne Weiteres eine Sachaussage über die Beschaffenheit bzw. Qualität der in Rede stehenden Dienstleistungen. Ihm fehlt daher die Eignung, die gegenständlichen Dienstleistungen ihrem Vertreiber oder Erbringer zuzuordnen, so dass der in Rede stehenden Wortfolge die erforderliche Unterscheidungskraft abzusprechen ist.
25
2. Ob der Eintragung des Anmeldezeichens darüber hinaus ein Freihaltebedürfnis gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegensteht, kann auf Grund vorstehender Ausführungen im Ergebnis dahinstehen.
26
Die Beschwerde war daher zurückzuweisen.

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