Aktenzeichen 30 W (pat) 30/20
Tenor
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 30 2018 026 512.6
hat der 30. Senat (Marken- und Design-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 3. Dezember 2020 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Hacker, der Richterin Akintche und des Richters Merzbach
beschlossen:
Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 28. Mai 2020 aufgehoben.
Gründe
I.
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Das Wortzeichen
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AUSSENBORDER
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ist am 6. November 2018 u.a. für die Waren und Dienstleistungen
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„Klasse 09: Videodateien zum Herunterladen; CDs; DVDs; digitale Aufzeichnungsträger; Computersoftware; magnetische und optische Aufzeichnungsträger aller Art; aufgezeichnete Daten; CD-ROMs; mit Programmen versehene Datenträger aller Art; Computerprogramme [gespeichert]; Computerprogramme und Software [herunterladbar]; Computer- und Videospiele [Software]; Spielprogramme für Mobiltelefone; Software-Applikationen für mobile Endgeräte [gespeichert und/oder herunterladbar]; belichtete Filme; herunterladbare elektronische Publikationen;
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Klasse 35: Produktion von Werbefilmen; Vorführung von Waren für Werbezwecke; Veranstaltung von Messen zu gewerblichen oder zu Werbezwecken; Organisation von Ausstellungen und Messen für wirtschaftliche und Werbezwecke; Präsentation von Waren In Kommunikations-Medien, für den Einzelhandel; Verkaufsförderung [Sales promotion] für Dritte;
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Klasse 41: Bereitstellung von nicht herunterladbaren Online-Videos; Bereitstellung von nicht herunterladbaren Filmen über Video-on-Demand; Erziehung und Unterricht; Ausbildung; Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten; Durchführung von Spielen im Internet; Unterhaltung bereitgestellt durch Informationen, über Portale und Plattformen im Internet; Durchführung von Live-Veranstaltungen; Fernkurse; Herausgabe von Texten, ausgenommen Werbetexte; Online-Publikation von elektronischen Büchern und Zeitschriften; Produktion von Rundfunk- und Fernsehprogrammen; Rundfunkunterhaltung; Veranstaltung und Durchführung von Workshops [Ausbildung]; Filmproduktion, ausgenommen Werbefilmproduktion; Dienstleistungen eines Fernsehstudios; Dienstleistungen eines Verlages, ausgenommen Druckarbeiten; Dienstleistungen eines Fernsehsenders“
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zur Eintragung in das beim Deutschen Patent- und Markenamt geführte Register angemeldet worden.
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Die mit einer Beamtin des höheren Dienstes besetzte Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung mit Beschluss vom 28. Mai 2020 teilweise, nämlich hinsichtlich der o.g. Waren und Dienstleistungen zurückgewiesen, weil es der angemeldeten Bezeichnung insoweit an der erforderlichen Unterscheidungskraft fehle (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG).
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Der Begriff AUSSENBORDER bezeichne einen Außenbordmotor oder ein Boot mit Außenbordmotor. Mit dieser lexikalisch nachweisbaren und dem Verkehr ohne weiteres geläufigen Bedeutung beschreibe AUSSENBORDER die Thematik, den Inhalt, die Bestimmung und den Gegenstand der zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen.
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So werde AUSSENBORDER in Zusammenhang mit den zu Klasse 9 zurückgewiesenen Waren in erster Linie als inhaltsbezogener Werktitel verstanden. Ein solches Verständnis sei naheliegend, da Magazine mit dem Titeln „Boote“, “Yacht“, „Schiff classic“ oder „An Bord“ bereits in Verkehr seien. Gleiches gelte für „Videospiele“, die das Thema „Schiff“ als inhaltlichen Gegenstand haben und ohne weiteres auch als Software-Applikation für mobile Endgeräte adaptiert werden könnten.
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Dies gelte ferner für die vorgenannten Dienstleistungen der Klasse 41. Die Bezeichnung AUSSENBORDER decke einen weiten Themenbereich ab und komme daher auch bei Druckereierzeugnissen oder (elektronischen) Medien als (inhalts)beschreibende Angabe in Betracht, beispielsweise hinsichtlich Erläuterungen zur Reparatur entsprechender Motoren oder der Bedienung entsprechender Boote.
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Auch die zurückgewiesenen Dienstleistungen der Klasse 35 seien derart speziell, dass sie ohne weiteres nur auf die Bootsbranche mit und für Außenborder ausgerichtet sein könnten.
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Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, mit der sie im Wesentlichen geltend macht, dass AUSSENBORDER als Bezeichnung eines kleinen Motors, der außen am Heck eines Boots befestigt werde, keinen beschreibenden Bezug zu den zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen aufweise.
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So gehe der Verkehr bei den zu Klasse 9 zurückgewiesenen Waren nicht davon aus, dass sich diese Waren teilweise oder ausschließlich mit Außenbordmotoren befassten. In Zusammenhang mit Computersoftware oder einer Software-App werde der Verkehr darin auch keine Bestimmungsangabe erkennen. Es gebe keine per App oder Computer gesteuerten Außenbordmotoren und dafür bestehe auch kein Bedarf. Eine Bedienung des Motors per Software scheide von vornherein aus.
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Auch die zu Klasse 35 zurückgewiesenen Dienstleistungen mit Bezug zu Werbung und Marketing stünden in keinem Bezug zu Außenbordmotoren und hätten mit solchen auch nichts zu tun. Der Verkehr erwarte von diesen Dienstleistungen nicht, dass es sich allein oder schwerpunktmäßig um Werbedienstleistungen für Außenbordmotoren handele.
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Ebenso wenig erwarte der Verkehr bei den zurückgewiesenen Dienstleistungen der Klasse 41, dass diese sich inhaltlich nur oder schwerpunktmäßig mit Außenbordmotoren befassten.
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Nachdem die Anmelderin mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen wurde, dass die angemeldete Bezeichnung jedenfalls hinsichtlich der zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen
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„Klasse 09: Videodateien zum Herunterladen; CDs; DVDs; digitale Aufzeichnungsträger; Computersoftware; magnetische und optische Aufzeichnungsträger aller Art; aufgezeichnete Daten; CD-ROMs; mit Programmen versehene Datenträger aller Art; Computerprogramme [gespeichert]; Computerprogramme und Software [herunterladbar]; Software-Applikationen für mobile Endgeräte [gespeichert und/oder herunterladbar]; belichtete Filme; herunterladbare elektronische Publikationen;
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Klasse 41: Bereitstellung von nicht herunterladbaren Online-Videos; Bereitstellung von nicht herunterladbaren Filmen über Video-on-Demand; Herausgabe von Texten, ausgenommen Werbetexte; Online-Publikation von elektronischen Büchern und Zeitschriften“
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als beschreibende Angabe in Betracht komme, hat die Anmelderin mit den Schriftsätzen vom 4. November 2020 und 13. November 2020 ihr Waren- und Dienstleistungsverzeichnis hinsichtlich dieser im Ladungszusatz benannten Waren und Dienstleistungen wie folgt eingeschränkt:
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„Klasse 09: Videodateien mit fiktionalen, unterhaltenden und werbenden Inhalten mit Ausnahme von Inhalten zu Außenbordmotoren zum Herunterladen; CDs mit fiktionalen, unterhaltenden und werbenden Inhalten mit Ausnahme von Inhalten zu Außenbordmotoren; DVDs mit fiktionalen, unterhaltenden und werbenden Inhalten mit Ausnahme von Inhalten zu Außenbordmotoren; digitale Aufzeichnungsträger mit fiktionalen, unterhaltenden und werbenden Inhalten mit Ausnahme von Inhalten zu Außenbordmotoren; Computersoftware mit fiktionalen, unterhaltenden und werbenden Inhalten mit Ausnahme von Inhalten zu Außenbordmotoren; magnetische und optische Aufzeichnungsträger aller Art mit fiktionalen, unterhaltenden und werbenden Inhalten mit Ausnahme von Inhalten zu Außenbordmotoren; aufgezeichnete Daten mit fiktionalen, unterhaltenden und werbenden Inhalten mit Ausnahme von Inhalten zu Außenbordmotoren; CD-ROMs mit fiktionalen, unterhaltenden und werbenden Inhalten mit Ausnahme von Inhalten zu Außenbordmotoren; mit Programmen versehene Datenträger aller Art mit fiktionalen, unterhaltenden und werbenden Inhalten mit Ausnahme von Inhalten zu Außenbordmotoren; Computerprogramme [gespeichert] mit fiktionalen, unterhaltenden und werbenden Inhalten mit Ausnahme von Inhalten zu Außenbordmotoren; Computerprogramme und Software [herunterladbar] mit fiktionalen, unterhaltenden und werbenden Inhalten mit Ausnahme von Inhalten zu Außenbordmotoren; Software-Applikationen für mobile Endgeräte [gespeichert und/oder herunterladbar] mit fiktionalen, unterhaltenden und werbenden Inhalten mit Ausnahme von Inhalten zu Außenbordmotoren; belichtete Filme mit fiktionalen, unterhaltenden und werbenden Inhalten mit Ausnahme von Inhalten zu Außenbordmotoren; herunterladbare elektronische Publikationen mit fiktionalen, unterhaltenden und werbenden Inhalten mit Ausnahme von Inhalten zu Außenbordmotoren;
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Klasse 41: Bereitstellung von nicht herunterladbaren Online-Videos mit fiktionalen, unterhaltenden und werbenden Inhalten mit Ausnahme von Inhalten zu Außenbordmotoren; Bereitstellung von nicht herunterladbaren Filmen über Video-on-Demand mit fiktionalen, unterhaltenden und werbenden Inhalten mit Ausnahme von Inhalten zu Außenbordmotoren; Herausgabe von Texten mit fiktionalen, unterhaltenden und werbenden Inhalten mit Ausnahme von Inhalten zu Außenbordmotoren, ausgenommen Werbetexte; Online-Publikation von elektronischen Büchern und Zeitschriften mit fiktionalen, unterhaltenden und werbenden Inhalten mit Ausnahme von Inhalten zu Außenbordmotoren“.
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Die Anmelderin beantragt sinngemäß,
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den Beschluss der Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 28. Mai 2020 aufzuheben, soweit die Anmeldung zurückgewiesen worden ist.
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Die Anmelderin hat mit Schriftsatz vom 13. November 2020 beantragt, den Termin zur mündlichen Verhandlung vom 3. Dezember 2020, welcher auf den von ihr hilfsweise gestellten Antrag anberaumt worden war, aufzuheben und im schriftlichen Verfahren zu entscheiden.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
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Die zulässige Beschwerde der Anmelderin ist in der Sache nach der teilweisen Einschränkung des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses in Bezug auf die vom Senat beanstandeten Waren und Dienstleistungen der Klassen 9 und 41 begründet, da Eintragungshindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG in Bezug auf die – unter Einbeziehung der nicht von der Einschränkung betroffenen zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen – nunmehr beschwerdegegenständlichen Waren und Dienstleistungen
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„Klasse 09: Videodateien mit fiktionalen, unterhaltenden und werbenden Inhalten mit Ausnahme von Inhalten zu Außenbordmotoren zum Herunterladen; CDs mit fiktionalen, unterhaltenden und werbenden Inhalten mit Ausnahme von Inhalten zu Außenbordmotoren; DVDs mit fiktionalen, unterhaltenden und werbenden Inhalten mit Ausnahme von Inhalten zu Außenbordmotoren; digitale Aufzeichnungsträger mit fiktionalen, unterhaltenden und werbenden Inhalten mit Ausnahme von Inhalten zu Außenbordmotoren; Computersoftware mit fiktionalen, unterhaltenden und werbenden Inhalten mit Ausnahme von Inhalten zu Außenbordmotoren; magnetische und optische Aufzeichnungsträger aller Art mit fiktionalen, unterhaltenden und werbenden Inhalten mit Ausnahme von Inhalten zu Außenbordmotoren; aufgezeichnete Daten mit fiktionalen, unterhaltenden und werbenden Inhalten mit Ausnahme von Inhalten zu Außenbordmotoren; CD-ROMs mit fiktionalen, unterhaltenden und werbenden Inhalten mit Ausnahme von Inhalten zu Außenbordmotoren; mit Programmen versehene Datenträger aller Art mit fiktionalen, unterhaltenden und werbenden Inhalten mit Ausnahme von Inhalten zu Außenbordmotoren; Computerprogramme [gespeichert] mit fiktionalen, unterhaltenden und werbenden Inhalten mit Ausnahme von Inhalten zu Außenbordmotoren; Computerprogramme und Software [herunterladbar] mit fiktionalen, unterhaltenden und werbenden Inhalten mit Ausnahme von Inhalten zu Außenbordmotoren; Computer- und Videospiele [Software]; Spielprogramme für Mobiltelefone; Software-Applikationen für mobile Endgeräte [gespeichert und/oder herunterladbar] mit fiktionalen, unterhaltenden und werbenden Inhalten mit Ausnahme von Inhalten zu Außenbordmotoren; belichtete Filme mit fiktionalen, unterhaltenden und werbenden Inhalten mit Ausnahme von Inhalten zu Außenbordmotoren; herunterladbare elektronische Publikationen mit fiktionalen, unterhaltenden und werbenden Inhalten mit Ausnahme von Inhalten zu Außenbordmotoren;
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Klasse 35: Produktion von Werbefilmen; Vorführung von Waren für Werbezwecke; Veranstaltung von Messen zu gewerblichen oder zu Werbezwecken; Organisation von Ausstellungen und Messen für wirtschaftliche und Werbezwecke; Präsentation von Waren In Kommunikations-Medien, für den Einzelhandel; Verkaufsförderung [Sales promotion] für Dritte;
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Klasse 41: Bereitstellung von nicht herunterladbaren Online-Videos mit fiktionalen, unterhaltenden und werbenden Inhalten mit Ausnahme von Inhalten zu Außenbordmotoren; Bereitstellung von nicht herunterladbaren Filmen über Video-on-Demand mit fiktionalen, unterhaltenden und werbenden Inhalten mit Ausnahme von Inhalten zu Außenbordmotoren; Erziehung und Unterricht; Ausbildung; Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten; Durchführung von Spielen im Internet; Unterhaltung bereitgestellt durch Informationen, über Portale und Plattformen im Internet; Durchführung von Live-Veranstaltungen; Fernkurse; Herausgabe von Texten mit fiktionalen, unterhaltenden und werbenden Inhalten mit Ausnahme von Inhalten zu Außenbordmotoren, ausgenommen Werbetexte; Online-Publikation von elektronischen Büchern und Zeitschriften mit fiktionalen, unterhaltenden und werbenden Inhalten mit Ausnahme von Inhalten zu Außenbordmotoren; Produktion von Rundfunk- und Fernsehprogrammen; Rundfunkunterhaltung; Veranstaltung und Durchführung von Workshops [Ausbildung]; Filmproduktion, ausgenommen Werbefilmproduktion; Dienstleistungen eines Fernsehstudios; Dienstleistungen eines Verlages, ausgenommen Druckarbeiten; Dienstleistungen eines Fernsehsenders“
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nicht mehr festgestellt werden können.
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1. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG schließt von der Eintragung als Marke Zeichen aus, denen für die in der Anmeldung beanspruchten Waren und Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft fehlt. Unterscheidungskraft ist die einem Zeichen zukommende Eignung, die von der Anmeldung erfassten Waren bzw. Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und so diese Waren und Dienstleistungen von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. u. a. EuGH MarkenR 2012, 304 Rn. 23 – Smart Technologies/ HABM [WIR MACHEN DAS BESONDERE EINFACH]; GRUR 2010, 228 Rn. 33– Audi AG/HABM [Vorsprung durch Technik]; BGH GRUR 2018, 932 Rn. 7 – #darferdas? I; GRUR 2018, 301 Rn. 11 – Pippi-Langstrumpf-Marke; GRUR 2016, 934 Rn. 9 – OUI; GRUR 2014, 569 Rn. 10 – HOT; GRUR 2013, 731 Rn. 11 – Kaleido; GRUR 2012, 1143 Rn. 7 – Starsat). Denn die Hauptfunktion einer Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten (EuGH GRUR 2008, 608 Rn. 66 Eurohypo AG/HABM [EUROHYPO]; GRUR 2006, 229 Rn. 27 – BioID AG/HABM [BioID]; BGH GRUR 2016, 934 Rn. 9 – OUI; GRUR 2014, 565 Rn. 12 – smartbook).
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Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (BGH GRUR 2018, 301 Rn. 11 – Pippi-Langstrumpf-Marke; GRUR 2016, 934 Rn. 9 – OUI). Ebenso ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (EuGH GRUR 2004, 428 Rn. 53 – Henkel KGaA; BGH GRUR 2018, 301 Rn. 15 – Pippi-Langstrumpf-Marke; GRUR 2016, 934 Rn. 10 – OUI; GRUR 2014, 872 Rn. 13 – Gute Laune Drops).
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Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft zum relevanten Anmeldezeitpunkt (BGH GRUR 2013,1143 Rn. 15 – Aus Akten werden Fakten) sind einerseits die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist (EuGH GRUR 2019, 1194 Rn. 20 – AS/DPMA [#darferdas?]; GRUR 2008, 608 Rn. 67 – Eurohypo AG/HABM [EUROHYPO]; GRUR 2006, 411 Rn. 24 – Matratzen Concord AG/Hukla Germany SA [MATRATZEN]; BGH GRUR 2014, 376 Rn. 11 – grill meister).
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Keine Unterscheidungskraft besitzen insbesondere Zeichen, die einen beschreibenden Begriffsinhalt enthalten, der für die in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen ohne Weiteres und ohne Unklarheiten als solcher erfasst wird (EuGH GRUR 2004, 674 Rn. 86 – Koninklijke KPN Nederland NV/Benelux-Merkenbureau [Postkantoor]; BGH GRUR 2018, 932 Rn. 8 – #darferdas? I). Auch Angaben, die sich auf Umstände beziehen, die die Ware oder die Dienstleistung selbst nicht unmittelbar betreffen, fehlt die Unterscheidungskraft, wenn durch die Angabe ein enger beschreibender Bezug zu den angemeldeten Waren oder Dienstleistungen hergestellt wird und deshalb die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Verkehr den beschreibenden Begriffsinhalt als solchen ohne Weiteres und ohne Unklarheiten erfasst und in der Bezeichnung nicht ein Unterscheidungsmittel für die Herkunft der angemeldeten Waren oder Dienstleistungen sieht (BGH GRUR 2018, 301 Rn. 15 – Pippi-Langstrumpf-Marke; GRUR 2014, 569 Rn. 10 – HOT; GRUR 2012, 1143 Rn. 9 – Starsat; GRUR 2009, 952 Rn. 10 – DeutschlandCard).
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2. Nach diesen Grundsätzen kann dem Wortzeichen AUSSENBORDER hinsichtlich der beschwerdegegenständlichen Waren und Dienstleistungen der Klassen 9, 35 und 41 die notwendige Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG nicht abgesprochen werden.
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a. Mit der Markenstelle ist allerdings davon auszugehen, dass der allgemeine wie auch der Fachverkehr die angemeldete Bezeichnung AUSSENBORDER in seiner lexikalisch nachweisbaren Bedeutung als Bezeichnung eines „Außenbordmotors oder eines Bootes mit Außenbordmotor“ verstehen wird. Dies wird auch seitens der Anmelderin nicht in Abrede gestellt.
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b. Wenngleich somit das begriffliche Verständnis des Anmeldezeichens dem angesprochenen Publikum keinerlei Schwierigkeiten bereitet, ist gleichwohl die Beurteilung eines Zeichens stets im Zusammenhang mit den Waren und Dienstleistungen vorzunehmen, für die eine Eintragung begehrt wird (EuGH, GRUR 2004, 674, Nr. 33 – Postkantoor).
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Nach der teilweisen Einschränkung der beschwerdegegenständlichen Waren und Dienstleistungen weist die Wortfolge AUSSENBORDER jedoch keinen sich auf Anhieb erschließenden beschreibenden bzw. sachbezogenen Aussagehalt mehr auf.
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c. Dies gilt zunächst hinsichtlich der von der Einschränkung betroffenen medialen Waren und Dienstleistungen
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„Klasse 09: Videodateien mit fiktionalen, unterhaltenden und werbenden Inhalten mit Ausnahme von Inhalten zu Außenbordmotoren zum Herunterladen; CDs mit fiktionalen, unterhaltenden und werbenden Inhalten mit Ausnahme von Inhalten zu Außenbordmotoren; DVDs mit fiktionalen, unterhaltenden und werbenden Inhalten mit Ausnahme von Inhalten zu Außenbordmotoren; digitale Aufzeichnungsträger mit fiktionalen, unterhaltenden und werbenden Inhalten mit Ausnahme von Inhalten zu Außenbordmotoren; Computersoftware mit fiktionalen, unterhaltenden und werbenden Inhalten mit Ausnahme von Inhalten zu Außenbordmotoren; magnetische und optische Aufzeichnungsträger aller Art mit fiktionalen, unterhaltenden und werbenden Inhalten mit Ausnahme von Inhalten zu Außenbordmotoren; aufgezeichnete Daten mit fiktionalen, unterhaltenden und werbenden Inhalten mit Ausnahme von Inhalten zu Außenbordmotoren; CD-ROMs mit fiktionalen, unterhaltenden und werbenden Inhalten mit Ausnahme von Inhalten zu Außenbordmotoren; mit Programmen versehene Datenträger aller Art mit fiktionalen, unterhaltenden und werbenden Inhalten mit Ausnahme von Inhalten zu Außenbordmotoren; Computerprogramme [gespeichert] mit fiktionalen, unterhaltenden und werbenden Inhalten mit Ausnahme von Inhalten zu Außenbordmotoren; Computerprogramme und Software [herunterladbar] mit fiktionalen, unterhaltenden und werbenden Inhalten mit Ausnahme von Inhalten zu Außenbordmotoren; Software-Applikationen für mobile Endgeräte [gespeichert und/oder herunterladbar] mit fiktionalen, unterhaltenden und werbenden Inhalten mit Ausnahme von Inhalten zu Außenbordmotoren; belichtete Filme mit fiktionalen, unterhaltenden und werbenden Inhalten mit Ausnahme von Inhalten zu Außenbordmotoren; herunterladbare elektronische Publikationen mit fiktionalen, unterhaltenden und werbenden Inhalten mit Ausnahme von Inhalten zu Außenbordmotoren;
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Klasse 41: Bereitstellung von nicht herunterladbaren Online-Videos mit fiktionalen, unterhaltenden und werbenden Inhalten mit Ausnahme von Inhalten zu Außenbordmotoren; Bereitstellung von nicht herunterladbaren Filmen über Video-on-Demand mit fiktionalen, unterhaltenden und werbenden Inhalten mit Ausnahme von Inhalten zu Außenbordmotoren; Herausgabe von Texten mit fiktionalen, unterhaltenden und werbenden Inhalten mit Ausnahme von Inhalten zu Außenbordmotoren, ausgenommen Werbetexte; Online-Publikation von elektronischen Büchern und Zeitschriften mit fiktionalen, unterhaltenden und werbenden Inhalten mit Ausnahme von Inhalten zu Außenbordmotoren“.
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aa. Die Anmelderin hat diese Waren und Dienstleistungen mit den Schriftsätzen vom 4. November 2020 und 13. November 2020 inhaltlich/thematisch rechtswirksam auf „fiktionale, unterhaltende und werbende Inhalte mit Ausnahme von Inhalten zu Außenbordmotoren“ eingeschränkt.
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Gegen eine „positiv“ formulierte Beschränkung von medialen Waren- und Dienstleistungsbegriffen auf bestimmte Themen und Inhalte bestehen aus Rechtsgründen grundsätzlich keine Bedenken (vgl. BGH GRUR 2009, 778 (Nr. 9) – Willkommen im Leben; Ströbele/Hacker/Thiering, Markengesetz, 12. Aufl., § 39 Rdnr. 4). So enthält auch die vorgenannte Einschränkung eine für den Verkehr hinreichend erkennbare und/oder ermittelbare Angabe zu Inhalt/Thema der medialen Waren und Dienstleistungen, für die Schutz beansprucht wird. Sämtliche von dieser Einschränkung umfassten Waren und Dienstleistungen der Klassen 9 und 41 können „fiktionale, unterhaltende und werbende Inhalte“ zum Gegenstand haben bzw. sich inhaltlich/ thematisch damit beschäftigen.
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Bei der weiteren Einschränkung „mit Ausnahme von Inhalten zu Außenbordmotoren“ handelt es sich auch nicht um einen unzulässigen sog. „negativen Disclaimer“, da damit nicht die Waren oder Dienstleistungen dahingehend eingeschränkt werden, dass sie ein bestimmtes Merkmal nicht aufweisen, welches durch die Marke ausdrücklich benannt wird; vielmehr wird dadurch lediglich die Beschränkung auf „fiktionale, unterhaltende und werbende Inhalte“ nochmals thematisch/inhaltlich konkretisiert bzw. beschränkt.
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bb. Hinsichtlich der inhaltlich/thematisch so beschränkten medialen Waren und Dienstleistungen der Klassen 9 und 41 stellt die angemeldete Marke keine Angabe (mehr) dar, die sich in der Beschreibung des Inhalts dieser Waren oder des Gegenstands der Dienstleistungen erschöpft.
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aaa. Zwar sind diese medialen Waren und Dienstleistungen der Klassen 9 und 41 grundsätzlich einem sachlichen Inhalt zugänglich, da sie sich inhaltlich/thematisch auch mit Wartung und Reparatur von (technischen) Gegenständen und damit auch von „Aussenbordern“ befassen können. So ist der Verkehr insbesondere im Internet mittlerweile mit einer Vielzahl von Internetseiten, Videos, Filmen oder Programmen konfrontiert, die sich mit Fragen und Problemen bzw. Anleitungen für Reparatur und Wartung von (technischen) Gegenständen aller Art beschäftigen.
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Zudem können die vormals uneingeschränkt beanspruchten Waren „Computersoftware; Computerprogramme [gespeichert]; Computerprogramme und Software [herunterladbar]; Software-Applikationen für mobile Endgeräte [gespeichert und/ oder herunterladbar]“ auch für eine Verwendung in solchen Motoren bestimmt und geeignet sein. Dies ist zB bei einer Software zur Diagnose und Reparatur von Außenbordmotoren der Fall, so dass die angemeldete Bezeichnung insoweit auch als glatt beschreibender Hinweis auf deren Bestimmungs- und Verwendungszweck verstanden werden kann.
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bbb. Dies gilt aber nicht mehr bei einer thematisch/inhaltlichen Einschränkung dieser Waren und Dienstleistungen auf „fiktionale, unterhaltende und werbende Inhalte“.
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So bilden Außenbordmotoren keinen üblichen und naheliegenden (Haupt-) Inhalt „fiktionaler, unterhaltender und werbender“ Werke und medialer Produkte, der durch die Bezeichnung AUSSENBORDER eindeutig beschrieben wird und von den angesprochenen Verkehrskreisen in Zusammenhang mit medialen Waren und darauf ausgerichteten Dienstleistungen auch nur als bloßer Sachtitel verstanden wird. Ein solches Verständnis liegt im Wesentlichen nur bei Fachwerken, Sachprogrammen oder Online-Kommunikation nahe, die sich inhaltlich/thematisch zB mit Wartung und Reparatur von „Aussenbordern“ befassen und/oder über diese speziellen Motoren informieren. Diese Gattung von Waren und Dienstleistungen des Medienbereichs ist aber nunmehr ausdrücklich vom Schutz nicht mehr umfasst.
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Ebenso sind durch die Einschränkung in Klasse 09 auch solche Waren nicht mehr vom Schutz umfasst, bei denen AUSSENBORDER als Hinweis auf deren Bestimmungs- und Verwendungszweck verstanden werden kann.
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d. Hinsichtlich der weiteren zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen liegt für den Verkehr auch ohne eine solche inhaltlich/thematische Einschränkung ein Verständnis von AUSSENBORDER als (inhalts)beschreibende Angabe von vornherein nicht nahe.
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aa. So ist bei den weiteren zu Klasse 09 zurückgewiesenen Waren „Computer- und Videospiele [Software]; Spielprogramme für Mobiltelefon“ nicht ersichtlich ist, dass der Begriff AUSSENBORDER in Alleinstellung als (merkmals-)beschreibende Angabe für Produkte aus diesem Warenbereich Verwendung findet. Der Verkehr wird daher AUSSENBORDER nicht als titelartigen Hinweis auf den Inhalt derartiger medialer Waren verstehen.
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bb. Dies gilt auch in Bezug auf die weiteren zu Klasse 41 beanspruchten Dienstleistungen
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„Produktion von Rundfunk- und Fernsehprogrammen; Rundfunkunterhaltung; Veranstaltung und Durchführung von Workshops [Ausbildung]; Filmproduktion, ausgenommen Werbefilmproduktion; Dienstleistungen eines Fernsehstudios; Dienstleistungen eines Verlages, ausgenommen Druckarbeiten; Dienstleistungen eines Fernsehsenders“.
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Zwar können sich Rundfunk- und Fernsehsendungen bzw. Workshops allgemein mit der Thematik Wartung/Reparatur von (technischen) Gegenständen befassen, nicht jedoch in der Form, dass lediglich ein einzelner spezieller Gegenstand Inhalt und Thematik solcher Sendungen/Produktionen oder auch Workshops bestimmt. Für den Verkehr stellt AUSSENBORDER dann aber keine naheliegende und/oder übliche Inhalts-/Themenangabe dar.
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Ferner wird der Verkehr auch bei den zu dieser Klasse noch zurückgewiesenen Dienstleistungen
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„Erziehung und Unterricht; Ausbildung; Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten; Durchführung von Spielen im Internet; Unterhaltung bereitgestellt durch Informationen, über Portale und Plattformen im Internet; Durchführung von Live-Veranstaltungen; Fernkurse“
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nicht davon ausgehen, dass ihm eine sehr spezifische Thematik wie Außenbordmotoren als sachtitelartige Beschreibung des Inhalts begegnet.
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cc. Hinsichtlich der zu Klasse 35 zurückgewiesenen Dienstleistungen aus dem Bereich der Werbung und Vermarktung von Produkten, nämlich
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„Klasse 35: Produktion von Werbefilmen; Vorführung von Waren für Werbezwecke; Veranstaltung von Messen zu gewerblichen oder zu Werbezwecken; Organisation von Ausstellungen und Messen für wirtschaftliche und Werbezwecke; Präsentation von Waren In Kommunikations-Medien, für den Einzelhandel; Verkaufsförderung [Sales promotion] für Dritte“
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ist zu beachten, dass Dienstleistungen der Werbung in der Regel unabhängig von dem konkreten einzelnen Gegenstand sind, für den geworben bzw. beraten wird oder eine sonstige geschäftliche Tätigkeit erfolgt, so dass dahingehende Benennungen nicht zwangsläufig als inhaltsbeschreibende Sachangaben aufzufassen sind (vgl: Ströbele/Hacker/Thiering, aaO, § 8 Rdnr. 117). So liegt es auch hier, da es jedenfalls mehrerer Gedankenschritte bedarf, um dem Anmeldezeichen einen Hinweis auf den Inhalt oder das Thema der vorgenannten Werbe- und Beratungsdienstleistungen entnehmen zu können. Dementsprechend hat die Markenstelle auch zutreffend die Anmeldung für den weiten, die meisten der vorgenannten zurückgewiesenen speziellen Werbedienstleistungen umfassenden Oberbegriff „Werbung“ nicht beanstandet.
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3. Aus den vorgenannten Gründen unterliegt die angemeldete Marke auch keinem Freihaltebedürfnis im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG.
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4. Da der Anmeldemarke somit nach der erfolgten teilweisen Einschränkung des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses die Eintragung (auch) hinsichtlich der beschwerdegegenständlichen Waren und Dienstleistungen wegen der Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG nicht mehr versagt werden kann, war der Beschluss der Markenstelle aufzuheben.