Patent- und Markenrecht

Markenbeschwerdeverfahren – “ActiveOfficeAward” – teilweise fehlende Unterscheidungskraft – teilweise Schutzfähigkeit

Aktenzeichen  29 W (pat) 30/18

Datum:
22.4.2020
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
Gerichtsort:
München
Dokumenttyp:
Beschluss
ECLI:
ECLI:DE:BPatG:2020:220420B29Wpat30.18.0
Normen:
§ 8 MarkenG
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG
§ 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG
Spruchkörper:
29. Senat

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2016
027 546.0
hat der 29. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 22. April 2020 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Mittenberger-Huber, die Richterin Lachenmayr-Nikolaou und die Richterin Seyfarth
beschlossen:
1. Die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 35 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 15. August 2017 und vom 27. Juli 2018 werden aufgehoben, soweit die Anmeldung für die Dienstleistungen der
Klasse 35: Personalmanagementberatung; Dienstleistungen eines Bauträgers, nämlich organisatorische Vorbereitung von Bauvorhaben;
Klasse 37: Bauleitung; Dienstleistungen eines Bauträgers, nämlich
Durchführung von Bauvorhaben; Auskünfte
in Bauangelegenheiten; Bauberatung;
Klasse 42: Dienstleistungen eines Bauträgers, nämlich technische Vorbereitung von Bauvorhaben; Entwicklung von Nutzungskonzepten für Immobilien in technischer Hinsicht [Facility management]
zurückgewiesen worden ist.
2. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Gründe

I.
1
Die Wortfolge
2
ActiveOfficeAward
3
ist am 26. September 2016 zur Eintragung als Wortmarke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Markenregister für nachfolgende Waren und Dienstleistungen angemeldet worden:
4
Klasse 20: Aktenschränke, Bänke; Bücherborde, Bücherregale; Büromöbel; Lesepulte; Möbel; Polstersessel; Regale; Schemel; Schränke; Schreibschränke; Sitze; Sofas; Stehpulte; Stühle; Schreibtische; Tische;
5
Klasse 35: Unternehmensberatung; Beratung bei der Organisation und Führung von Unternehmen; Betriebswirtschaftliche und organisatorische Beratung; Personalmanagementberatung; Unternehmensberatung im Bereich der Beratung für die kommunikativen Aktivitäten von Unternehmen nach innen und außen; Facility-Management, nämlich Entwicklung von Nutzungskonzepten für Immobilien in betriebswirtschaftlicher Hinsicht, insbesondere hinsichtlich einer räumlichen Anordnung von Büro- bzw. Arbeitsplätzen; Dienstleistungen eines Bauträgers, nämlich organisatorische Vorbereitung von Bauvorhaben;
6
Klasse 37: Bauleitung; Dienstleistungen eines Bauträgers, nämlich Durchführung von Bauvorhaben; Auskünfte in Bauangelegenheiten; Bauberatung;
7
Klasse 42: Dienstleistungen eines Architekten; Dienstleistungen eines Innenarchitekten; technische und gestalterische Inneneinrichtungsplanung, insbesondere für Bürogebäude und Büroräume; Dienstleistungen eines Bauträgers, nämlich technische Vorbereitung von Bauvorhaben; Architekturberatung; Entwicklung von Nutzungskonzepten für Immobilien in technischer Hinsicht [Facility management].
8
Mit Beschlüssen vom 15. August 2017 und vom 27. Juli 2018, von denen letzterer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, hat die Markenstelle für Klasse 35 des DPMA die Anmeldung gemäß §§ 8 Abs. 2 Nr. 1, 37 Abs. 1 MarkenG wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen.
9
Zur Begründung der Beschlüsse ist ausgeführt, die englische Bezeichnung „ActiveOfficeAward“ werde von den angesprochenen Verkehrskreisen ohne weiteres mit „Aktives Büro Auszeichnung“ übersetzt und in dieser Bedeutung als schlagwortartiger Hinweis auf eine Auszeichnung bzw. auf den Wettbewerb für die Erlangung einer solchen Auszeichnung, die sich mit dem Thema „Aktives Büro“ auseinandersetzt, verstanden. Der Begriff „Award“ werde inzwischen auch im deutschen Sprachgebrauch verwendet. Mit ihm verknüpfe der Verkehr nicht nur die Auszeichnung selbst, sondern auch die damit in Zusammenhang stehende Veranstaltung. Auch das Thema „mehr Aktivität im Büro“ sei im Rahmen der Gesundheitsdiskussion weit verbreitet. Die beanspruchten Waren der Klasse 20 sowie die Dienstleistungen der Klassen 35, 37 und 42 könnten alle dazu bestimmt sein, eine Auszeichnung zu erreichen, sich inhaltlich mit dieser befassen, der Durchführung eines Wettbewerbs dienen oder den Preis selbst darstellen. Dabei müsse nicht genau definiert werden, was alles mit einem Preis für ein aktives Büro zu tun haben könne, da dies naturgemäß sehr umfassend sei. Der angesprochene Verkehr werde daher in der Bezeichnung immer nur die Merkmalsbeschreibung, nicht aber einen Herkunftshinweis erkennen.
10
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, mit der sie sinngemäß beantragt,
11
die Beschlüsse des Deutschen Patent- und Markenamts vom 15. August 2017 und vom 27. Juli 2018 aufzuheben.
12
Zur Begründung trägt sie vor, die angemeldete Wortfolge komme einem Slogan gleich, der ein Mindestmaß an Interpretationsaufwand erfordere. Die Bedeutung der Wortfolge liege nicht offensichtlich auf der Hand. Man könne die lexikalisch nachweisbaren Wörter „active“, „office“ und „award“ nicht einfach übersetzen und aus ihrer Aneinanderreihung auf die Schutzunfähigkeit der daraus gebildeten Marke schließen. Man müsse sich vielmehr mit dem Bedeutungsgehalt der so „übersetzten“ Marke auseinandersetzen. So sei es nicht klar, was ein „aktives Büro“ oder ein „sportliches Büro“ sein solle. Es handele sich bei der Übersetzung um alles andere als einen Zungenschmeichler, nämlich um ein holpriges, fast sinnleeres Wort. Ein Büro sei nicht aktiv, da es sich nicht bewege. Was ein aktives Möbelstück sein solle, bleibe ebenfalls unklar. Der Verkehr, der Marken in der Regel flüchtig aufnehme, könne dem Begriff „aktives Büro“ keinen Sinngehalt geben; die Auslegung durch das DPMA sei abwegig. Das von der Markenstelle angenommene Verkehrsverständnis sei nicht belegt. Zudem müsse die Brücke geschlagen werden zu den konkreten Dienstleistungen, was das DPMA nicht getan habe. Es seien keine Feststellungen dazu getroffen worden, dass alle oder einzelne Waren oder Dienstleistungen üblicherweise im Zusammenhang mit „Aktiven Büros“ oder „Auszeichnungen für ein aktives Büro“ angeboten würden. Ein „aktives Büro“ passe nicht in die Kategorien der vom DPMA beispielhaft aufgezählten „Office Awards“. Auch der Bekanntheitsgrad eines sachbezogenen Begriffsgehalts im Hinblick auf das Waren- und Dienstleistungsverzeichnis müsse berücksichtigt werden. Ein „aktives Büro“ bzw. eine Auszeichnung hierfür dürfte eher unbekannt sei, was für die Unterscheidungskraft spreche. Insbesondere bei Waren und Dienstleistungen, die einen universellen, kaum abgrenzbaren Einsatzbereich hätten, wie zum Beispiel Beratungsdienstleistungen, sei eine differenzierte Betrachtungsweise einzunehmen. Es sei nicht branchenüblich, solche Dienstleistungen mit inhaltsbeschreibenden Angaben zu benennen. Die angemeldete Wortfolge sei daher unterscheidungskräftig. Da der angemeldeten Bezeichnung keine beschreibende Bedeutung zukomme, bestehe auch kein Freihaltebedürfnis. Schließlich seien insgesamt 17 Marken, die den Bestandteil „Active Office“ enthielten, in den vergangenen Jahren sowohl vom DPMA als auch vom EUIPO registriert worden. Auch wenn Voreintragungen nicht bindend seien, hätten diese Entscheidungen bei der Prüfung der Anmeldung berücksichtigt werden müssen.
13
Mit Ladungszusatz vom 17. Februar 2020 hat der Senat die Beschwerdeführerin unter Beifügung von Recherchebelegen (Anlagen 1 bis 9, Bl. 53 – 71 d. A.) darauf hingewiesen, dass die angemeldete Bezeichnung für einen Teil der angemeldeten Waren und Dienstleistungen nicht für schutzfähig erachtet werde. Die Beschwerdeführerin hat mit Schreiben vom 30. März 2020 ihren Antrag auf Durchführung der mündlichen Verhandlung zurückgenommen und um Entscheidung im schriftlichen Verfahren gebeten.
14
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
15
Die nach § 66 Abs. 1 MarkenG zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg, soweit die Anmeldung für die oben tenorierten Dienstleistungen der Klassen 35, 37 und 42 zurückgewiesen worden ist. Die Beschlüsse der Markenstelle waren insoweit aufzuheben. In Bezug auf die übrigen beanspruchten Waren und Dienstleistungen steht der Eintragung des angemeldeten Wortzeichens das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG entgegen, insoweit war die Beschwerde zurückzuweisen.
16
1. Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende konkrete Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, dass die in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese Waren oder Dienstleistungen somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (vgl. u. a. EuGH MarkenR 2012, 304 Rn. 23 – Smart Technologies/HABM [WIR MACHEN DAS BESONDERE EINFACH]; GRUR 2010, 228 Rn. 33 – Audi AG/HABM [Vorsprung durch Technik]; BGH GRUR 2018, 932 Rn. 7 – #darferdas? I; GRUR 2018, 301 Rn. 11 – Pippi-Langstrumpf-Marke; GRUR 2016, 934 Rn. 9 – OUI; GRUR 2014, 569 Rn. 10 – HOT; GRUR 2013, 731 Rn. 11 – Kaleido; GRUR 2012, 1143 Rn. 7 – Starsat). Denn die Hauptfunktion einer Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten (EuGH GRUR 2008, 608 Rn. 66 Eurohypo AG/HABM [EUROHYPO]; GRUR 2006, 229 Rn. 27 – BioID AG/HABM [BioID]; BGH GRUR 2016, 934 Rn. 9 – OUI; GRUR 2014, 565 Rn. 12 – smartbook).
17
Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (BGH GRUR 2018, 301 Rn. 11 – Pippi-Langstrumpf-Marke; GRUR 2016, 934 Rn. 9 – OUI). Ebenso ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (EuGH GRUR 2004, 428 Rn. 53 – Henkel KGaA; BGH GRUR 2018, 301 Rn. 15 – Pippi-Langstrumpf-Marke; GRUR 2016, 934 Rn. 10 – OUI; GRUR 2014, 872 Rn. 13 – Gute Laune Drops).
18
Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft zum relevanten Anmeldezeitpunkt (BGH GRUR 2013,1143 Rn. 15 – Aus Akten werden Fakten) sind einerseits die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist (EuGH GRUR 2019, 1194 Rn. 20 – AS/DPMA [#darferdas?]; GRUR 2008, 608 Rn. 67 – Eurohypo AG/HABM [EUROHYPO]; GRUR 2006, 411 Rn. 24 – Matratzen Concord AG/Hukla Germany SA [MATRATZEN]; BGH GRUR 2014, 376 Rn. 11 – grill meister).
19
Keine Unterscheidungskraft besitzen insbesondere Zeichen, die einen beschreibenden Begriffsinhalt enthalten, der für die in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen ohne Weiteres und ohne Unklarheiten als solcher erfasst wird (EuGH GRUR 2004, 674 Rn. 86 – Koninklijke KPN Nederland NV/Benelux-Merkenbureau [Postkantoor]; BGH GRUR 2018, 932 Rn. 8 – #darferdas? I) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der deutschen Sprache oder einer geläufigen Fremdsprache bestehen, die – etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder in den Medien – stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (BGH GRUR 2014, 872 Rn. 21 – Gute Laune Drops; GRUR 2010, 1100 Rn. 20 – TOOOR!). Auch Angaben, die sich auf Umstände beziehen, die die Ware oder die Dienstleistung selbst nicht unmittelbar betreffen, fehlt die Unterscheidungskraft, wenn durch die Angabe ein enger beschreibender Bezug zu den angemeldeten Waren oder Dienstleistungen hergestellt wird und deshalb die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Verkehr den beschreibenden Begriffsinhalt als solchen ohne Weiteres und ohne Unklarheiten erfasst und in der Bezeichnung nicht ein Unterscheidungsmittel für die Herkunft der angemeldeten Waren oder Dienstleistungen sieht (BGH GRUR 2018, 301 Rn. 15 – Pippi-Langstrumpf-Marke; GRUR 2014, 569 Rn. 10 – HOT; GRUR 2012, 1143 Rn. 9 – Starsat; GRUR 2009, 952 Rn. 10 – DeutschlandCard).
20
2. Gemessen an den vorgenannten Grundsätzen verfügt die angemeldete Wortfolge in Bezug auf die Waren „Aktenschränke, Bänke; Bücherborde, Bücherregale; Büromöbel; Lesepulte; Möbel; Polstersessel; Regale; Schemel; Schränke; Schreibschränke; Sitze; Sofas; Stehpulte; Stühle; Schreibtische; Tische“ (Klasse 20) sowie auf die Dienstleistungen „Unternehmensberatung; Beratung bei der Organisation und Führung von Unternehmen; betriebswirtschaftliche und organisatorische Beratung; Unternehmensberatung im Bereich der Beratung für die kommunikativen Aktivitäten von Unternehmen nach innen und außen; Facility-Management, nämlich Entwicklung von Nutzungskonzepten für Immobilien in betriebswirtschaftlicher Hinsicht, insbesondere hinsichtlich einer räumlichen Anordnung von Büro- bzw. Arbeitsplätzen (Klasse 35) und „Dienstleistungen eines Architekten; Dienstleistungen eines Innenarchitekten; technische und gestalterische Inneneinrichtungsplanung, insbesondere für Bürogebäude und Büroräume; Architekturberatung“ (Klasse 42) nicht über das erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft.Das hier relevante inländische Publikum wird das Zeichen ohne Weiteres in seiner Gesamtbedeutung im Sinne von „Auszeichnung für ein (besonders) aktives Büro““ erfassen und wegen der darin enthaltenen werblich anpreisenden Sachaussage keinen Hinweis auf die Herkunft aus einem bestimmten Unternehmen erkennen.
21
a) Die beanspruchten Waren und Dienstleistungen sprechen in erster Linie ein unternehmerisch tätiges Fachpublikum, daneben jedoch, was die in Klasse 20 angemeldeten Waren anbelangt, auch das allgemeine Publikum an.
22
b) Das angemeldete Zeichen besteht aus den Wörtern „Active“, „Office“ und „Award“, was sich insbesondere aus der Binnengroßschreibung der drei zu einem Einwortzeichen zusammengefügten Begriffe ergibt.
23
Besteht eine Marke – wie im vorliegenden Fall – aus mehreren Elementen, ist bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft von der Gesamtheit der Marke auszugehen (BGH GRUR 2014, 1204 Rn. 9 – DüsseldorfCongress). Die Markenstelle ist daher – entgegen der Auffassung der Anmelderin – zutreffend davon ausgegangen, dass die einzelnen Bestandteile einer Kombinationsmarke zunächst grundsätzlich getrennt geprüft werden dürfen, es bei der abschließenden Prüfung aber auf die Schutzfähigkeit der Marke in ihrer Gesamtheit ankommt. Deshalb darf aus der fehlenden Unterscheidungskraft der Einzelbestandteile nicht ohne weiteres ein Schutzhindernis i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG für die Kombinationsmarke hergeleitet werden (EuGH GRUR 2012, 616 Rn. 23 – MMF u. NAI [Alfred Strigl/DPMA u. Securvita/Öko-Invest]; GRUR 2006, 229 Rn. 31 – BioID; GRUR 2004, 943 Rn. 28 – SAT.2; BGH GRUR 2014, 872 Rn. 13 – Gute Laune Drops; a. a. O. Rn. 16 – DüsseldorfCongress).).
24
aa) Das zum englischen Grundwortschatz gehörende Adjektiv „active“ bedeutet „aktiv“, „lebhaft“, „betriebsam“, „emsig“, „energisch“, „geschäftig“, „produktiv“, „rege“, „regsam“, „rührig“, „tätig“, „tatkräftig“, „praktisch“, „wirksam“, „engagiert“ oder „belebt“ (Langenscheidt, Muret Sanders Großwörterbuch Englisch-Deutsch, 2010; www.leo.org). Da das Wort „active” in seiner Schreibweise der deutschen Übersetzung “aktiv” fast entspricht, wird es vom inländischen Durchschnittsverbraucher ohne weiteres verstanden (vgl. BPatG, Beschluss vom 24.08.2011, 29 W (pat) 64/10 – Active Philanthropy). Das ebenfalls zum englischen Grundwortschatz gehörende Substantiv „Office“ hat die Bedeutung „Büro“, „Geschäftsstelle“, „Kanzlei“, „Behörde“, „Amt“, „Zweigstelle“ oder „Filiale“ (Langenscheidt, Muret Sanders Großwörterbuch Englisch-Deutsch, 2010; www.leo.org). Bereits seit langem ist der Begriff auch in der deutschen Sprache als Synonym für „Büro“ geläufig (vgl. DUDEN Online, www.duden.de; BPatG, Beschluss vom 21.04.2004, 29 W (pat) 49/04 – Mobile Office Optimizer; Beschluss vom 31.03.2004, 32 W (pat) 310/02 – Officekitchen; Beschluss vom 19.03.2003, 29 W (pat) 208/01 – TeleOffice; Beschluss vom 14.02.2018, 29 W (pat) 64/10 – OFFICEFIRST IMMOBILIEN; vgl. auch die in den deutschen Sprachgebrauch übernommenen Begriffe: „Home-Office“ oder „Office-Manager“).
25
Die angesprochenen Verkehrskreise werden den Begriff „ActiveOffice“ damit ohne weiteres als „aktives Büro“ übersetzen. Einem „aktiven Büro“ können dabei verschiedene Bedeutungen zukommen. So kann das Wort „aktiv“ im Sinne von sportlich bzw. „in Bewegung bleibend“ verstanden werden. Gerade im Bereich des betrieblichen Gesundheitsmanagements erhält das Thema Bewegung eine steigende Bedeutung, um den Arbeitsalltag gesundheitsverträglicher zu machen (vgl. http://www.bewusst-du.com/aktiv-im-büro/). In diesem Zusammenhang handelt es sich bei einem „aktiven Büro“ um ein solches, das zur sportlichen Aktivität oder zumindest zur Bewegung anregt bzw. geeignet ist. Denkbar hierzu wären beispielsweise Vorkehrungen am Arbeitsplatz wie das Vorsehen ergonomischer Stühle oder höhenverstellbarer Tische. Ferner kann unter dem Begriff „Aktives Büro“ eine arbeitsplatzübergreifende Organisationsstruktur verstanden werden, die beispielsweise längere Laufwege zwischen Arbeitsplätzen, Besprechungs- oder Pausenräumen vorsieht, um Bewegung in den Arbeitsalltag zu integrieren. Wie die der Beschwerdeführerin vorab übermittelten Rechercheunterlagen zeigen, wird der Ausdruck „aktives Büro“ in diesem Sinne bereits beschreibend verwendet. So bietet zum Beispiel die Firma A. … GmbH Möbel für ein „aktives Büro“ mit folgendem Hinweisen an: „Ein aktives Büro wird rasch zu einem attraktiven Büro (…) Was ist ein aktives Büro? (…) Eine Arbeitsumgebung, in der mithilfe der Möbel die Arbeitsposition mühelos variierbar ist und die den Körper aktivieren“ (vgl. …, Anlage 1, Bl. 53 d. A.). „Patentanwalt Engel las ein Fachbuch zum Thema ‚Active Office‘ und begann sein Büro in einen Bewegungsraum umzuwandeln“ (Süddeutsche Zeitung Nr. 38 vom 15./16.02. 2020, S. 61, Bl. 71 d. A.). Auch die von der Beschwerdeführerin genannte Wettbewerberin a… GmbH verwendet den Begriff „active office“ für ein „Büro als Bewegungsraum“ und spricht von „aktivem Arbeiten“ („Unsere Aktiv-Möbel verwandeln das ‚normale‘ Büro in einen Bewegungsraum“; „‘Aktives Arbeiten‘ beginnt mit Bewegung“ (vgl. …, Anlage 3, S. 56-64 d. A.).
26
Darüber hinaus kann der Begriff „ActiveOffice/aktives Büro“ aber auch dahingehend verstanden werden, dass es sich um ein – im organisatorischen Sinne – (besonders) produktives Büro handelt, in dem durch aktive Kommunikation und Interaktion zwischen Mitarbeitern die Arbeitsabläufe effizienter gestaltet werden (vgl. https://www.wiwo.de/erfolg/best-office-award-erfogsfaktor-buero, Anlage 9, Bl. 70 d. A.). Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin handelt es sich also nicht um ein sinnentleertes Wort, vielmehr zeigen die genannten Beispiele einen eindeutigen, für die angesprochenen Verkehrskreise unmittelbar verständlichen Sinngehalt.
27
Die Tatsache, dass „ActiveOffice“ bzw. die deutsche Übersetzung „aktives Büro“ in den genannten unterschiedlichen Bedeutungen, d. h. sowohl in Bezug auf Bewegung als auch in Bezug auf Produktivität verstanden werden kann, führt, anders als die Beschwerdeführerin vorträgt, nicht zu einer schutzbegründenden Mehrdeutigkeit. Denn in jeder der Bedeutungen liegt eine sachbezogene werbende Angabe. Eine „abwegige Auslegung“ der angemeldeten Wortfolge durch die Markenstelle kann der Senat entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin hier nicht erkennen.
28
bb) „Award“ ist das englische Wort für „Preis“, „Auszeichnung“, „Zuschlag“, „Vergabe“, „Zuerkennung“, „Verleihung“, „Belohnung“ oder „Prämie“. Das Verb „award“ bedeutet „zusprechen“, „zuerkennen“, „geben“, „gewähren“, „erteilen“ oder „verleihen“ (Langenscheidt, Muret-Sanders Großwörterbuch, English- Deutsch, 2010; www.leo.org). Insbesondere durch die in den USA durchgeführten Preisverleihungen „Academy Award“ (für Film), „Emmy Award“ (für Fernsehen) und „Grammy Award“ (für Musik), in denen jeweils Künstler für ihre in dem jeweiligen Bereich erbrachten Leistungen ausgezeichnet werden, ist der Begriff „Award“ für Preisverleihungen, Ehrungen oder Auszeichnungen auch dem deutschen Publikum bekannt und ohne weiteres verständlich (vgl. dazu – www.sueddeutsche.de/thema/Grammy_Awards; www.spiegel.de/kultur/tv/emmy-awards-2019-tropfen-im-serien-ozean-; www.zeit.de/thema/oscar). Doch nicht nur im Bereich Film und Fernsehen ist der Begriff „Award“ gebräuchlich. Auch in anderen Bereichen wird und wurde er – bereits lange vor der Anmeldung des beschwerdegegenständlichen Zeichens – beschreibend verwendet, wie die folgenden, der Beschwerdeführerin ebenfalls mit Ladungszusatz übermittelten Beispiele zeigen:
29
(1) „Eco Internet Award“: Auszeichnung für beste[r] Hostinganbieter, (Zeitschrift „Funkschau“, Ausgabe 13/2008, S. 40, Verband der deutschen Internetwirtschaft, Anlage 4, Bl. 65 d. A.);
30
(2) „Intel® Channel Innovation Award“: Auszeichnung für IT-Lösungen (c‘t 2010, Heft 22, S. 165, Anlage 5, Bl. 66 d. A.);
31
(3) „Manufacturing Excellence Award“: Auszeichnung für Produktinnovationen. (www.manufacturing-excellence.de/mx-tour/2015; Anlage 6, Bl. 67 d. A.);
32
(4) „Corporate Health Award“: Auszeichnung für betriebliches Gesundheitsmanagement seit 2009 (https://www.corporate-health-award.de/home, Anlage 7, Bl. 68 d. A.);
33
(5) „Service Award“: Auszeichnung für innovative Servicekonzepte und Marketingstrategien, bereits seit 2009 (vgl. http://web.archive.org/web/20090218164055/http://www.kfz-betrieb.vogel.de/index.cfm?pid=7362, Anlage 8, Bl. 69 d. A.);
34
(6) „Best office award“: Auszeichnung für Bürokonzepte, die Informationsfluss und Workflow im Unternehmen unterstützen (WirtschaftsWoche vom 11. Februar 2008, www.wiwo.de/erfolg/best-office-award-erfolgsfaktor- buero/, Anlage 9, Bl. 70 d. A.).
35
cc) Die angesprochenen Verkehrskreise werden der angemeldeten Bezeichnung „ActiveOfficeAward“ daher die Bedeutung „Auszeichnung für ein (besonders) aktives Büro“ entnehmen. Die Kombination der Bestandteile „Active“, „Office“ und „Award“ zu der angemeldeten Bezeichnung weist keine ungewöhnliche Struktur auf, die von einem rein sachbezogenen Aussagegehalt wegführen könnte (vgl. BGH a. a. O. Rn. 16 – DüsseldorfCongress). Insbesondere handelt es sich bei der unmittelbaren Zusammenschreibung einzelner Wörter um eine Orthografieabweichung, die in der Werbung üblich ist (vgl. hierzu BPatG, Beschluss vom 23.05.2019, 30 W (pat) 529/17 – MYPROTEIN; Beschluss vom 10.10.2017, 25 W (pat) 2/16 – findwhatyoulike; Beschluss vom 29.06.2017, 30 W (pat) 2/16 – hansedeal; Beschluss vom 03.06.2015, 26 W (pat) 3/15 – dateformore; Beschluss vom 11.12.2013, 29 W (pat) 104/12 – edatasystems; Beschluss vom 03.09.2013, 33 W (pat) 511/13 – klugeshandeln; Beschluss vom 29.09.2010, 26 W (pat) 122/09 – mykaraokeradio; Beschluss vom 15.10.2003, 29 W (pat) 192/01 – travelagain). An eine solche Zusammenschreibung von Markenbestandteilen ist der Verkehr gewöhnt, denn sie wird in der beschreibenden Werbesprache seit langem und häufig verwendet, ohne dass der beschreibende Begriffsinhalt dadurch in den Hintergrund tritt.
36
dd) In Bezug auf die nicht im Tenor genannten Waren und Dienstleistungen werden die angesprochenen Verkehrskreise die Wortfolge nur als anpreisenden Hinweis dahingehend verstehen, dass diese eine Auszeichnung erhalten haben oder das Erhalten einer solchen Auszeichnung ermöglichen.
37
Was die beanspruchten Waren der Klasse 20 betrifft, weist „ActiveOfficeAward“ darauf hin, dass diese für ein „aktives Büro“ im oben genannten Sinne geeignet sind bzw. Aktivität im Büro unterstützen, indem sie ein Bewegungsprogramm in den Arbeitsalltag integrieren. Dies kann auf alle angemeldeten Waren zutreffen, so z. B auf ergonomisch geformte Schreibtischstühle oder andere Sitzmöbel, wie orthopädische Bürostühle mit Sattelsitz, Ballkissen etc., auf höhenverstellbare Tische oder Stehpulte, aber auch auf Regale („Ergonomische Büromöbel sind ein Muss für jeden Arbeitsplatz. Denn nur durch eine optimale Planung Ihres Schreibtisches, der Büroschränke und –regale sowie Sitzmöglichkeiten, können Sie Ihrer Arbeit effektiv und rückenschonend nachgehen.“ www.weko.com/startseite). Mithilfe dieser Möbel sind Arbeitspositionen variierbar, wodurch etwa die Rücken-, Nacken- oder Beinmuskulatur aktiviert und gestärkt werden kann. Durch den Zusatz „Award“ wird werbend darauf hingewiesen, dass die Möbel entweder bereits eine Auszeichnung erhalten haben oder auszeichnungswürdig sind.
38
Gleiches gilt für die Dienstleistungen der Klasse 35 „Unternehmensberatung; Beratung bei der Organisation und Führung von Unternehmen; betriebswirtschaftliche und organisatorische Beratung; Unternehmensberatung im Bereich der Beratung für kommunikative Aktivitäten von Unternehmen nach innen und nach außen“. Beratungsdienstleistungen werden zwar oftmals in einem sehr breiten Spektrum branchenübergreifend angeboten, üblich sind z. B. Spezialisierungen nach Gebieten wie „Technik, Controlling, Einkauf“. Auch Büro- und Arbeitsplatzorganisation sind jedoch Themen, auf die sich Unternehmensberatungen spezialisiert haben (vgl. https://www.denkvorgang.com/angebote/unternehmensberatung/: „Als Unternehmensberatung haben wir uns auf Potentiale in der Büroorganisation und Arbeitsorganisation spezialisiert“; https://www.voss-consulting.de/de/prozessmanagement/bueroorganisation). Wird für die Erbringung dieser Dienstleistungen die Bezeichnung „ActiveOfficeAward“ verwendet, liegt darin lediglich ein sachbezogener Hinweis darauf, dass durch sie ein – im organisatorischen Sinne – (besonders) produktives Büro mit effizienten Arbeitsabläufen erreicht werden kann. Durch den Bestandteil „Award“ wird lediglich in werbewirksamer Form auf eine Auszeichnung des Dienstleistungserbringers hingewiesen. „ActiveOfficeAward“ wird diesbezüglich nur als anpreisender Hinweis auf den Inhalt der Dienstleistung sowie auf deren Qualität, nicht jedoch auf die Herkunft aus einem bestimmten Unternehmen aufgefasst werden. Auch in Bezug auf „Facility-Management, nämlich Entwicklung von Nutzungskonzepten für Immobilien in betriebswirtschaftlicher Hinsicht, insbesondere hinsichtlich einer räumlichen Anordnung von Büro- bzw. Arbeitsplätzen“ drängt sich ein sachlicher Bezug dahingehend auf, dass diese Dienstleistungen der Verwirklichung eines besonders guten „aktiven“ Büros bzw. Büroalltags dienen, da die räumliche Anordnung von Büro- und Arbeitsplätzen hierfür von Bedeutung ist. Schließlich können auch die „Dienstleistungen eines Architekten; Dienstleistungen eines Innenarchitekten; technische und gestalterische Inneneinrichtungsplanung, insbesondere für Bürogebäude und Büroräume“ und „Architekturberatung“ auf die Einrichtung und Einrichtung von besonderen „aktiven“ Büroräumen spezialisiert sein.
39
b) Trotz dieser ohne weiteres erkennbaren Bedeutung ist die angemeldete Bezeichnung jedoch nicht für alle der hier beanspruchten Dienstleistungen eine beschreibende Angabe oder eine Angabe mit beschreibendem Bezug. Die Markenstelle hat ihre Entscheidung hier auf eine ungenügend zwischen den einzelnen Dienstleistungen differenzierende Begründung gestützt. In Bezug auf die Dienstleistungen der Klasse 35: „Personalmanagementberatung; Dienstleistungen eines Bauträgers, nämlich organisatorische Vorbereitung von Bauvorhaben“, der Klasse 37: „Bauleitung; Dienstleistungen eines Bauträgers, nämlich Durchführung von Bauvorhaben; Auskünfte in Bauangelegenheiten; Bauberatung“ sowie der Klasse 42: „Dienstleistungen eines Bauträgers, nämlich technische Vorbereitung von Bauvorhaben; Entwicklung von Nutzungskonzepten für Immobilien in technischer Hinsicht [Facility management]“ hält der Senat die angemeldete Bezeichnung für schutzfähig. Zwar sind auch bei diesen Dienstleistungen Spezialisierungen üblich, dabei handelt es sich jedoch i. d. R. um branchenübergreifende Spezialisierungen. Dass sich derartige Dienstleistungen auf besondere Büro- oder Kommunikationsformen beschränken, konnte nicht festgestellt werden.
40
c) Soweit sich die Beschwerdeführerin auf Voreintragungen vermeintlich vergleichbarer Zeichen beruft, ändern diese nichts an der vorgenommenen Beurteilung der Schutzfähigkeit. Zum einen können aus nicht begründeten Eintragungen anderer Marken keine weitergehenden Informationen im Hinblick auf die Beurteilung der konkreten Anmeldung entnommen werden. Zum Teil sind die genannten Eintragungen schon wegen der abweichenden Wortbestandteile und des unterschiedlichen Aussagegehalts nicht vergleichbar, wie z. B. „Active Office BusyLight“ (UM 015293327) oder „ActiveOffice Index (UM 016405896). Zum anderen sind Voreintragungen ohnehin nicht bindend. Denn auch unter Berufung auf den Gleichbehandlungsgrundsatz darf nicht von einer den rechtlichen Vorgaben entsprechenden Entscheidung abgesehen werden (vgl. EuGH GRUR 2009, 667 Rn. 17-19 – Bild-digital und ZVS Zeitungsvertrieb Stuttgart; BGH GRUR 2014, 569 Rn. 30 – HOT; GRUR 2014, 376 Rn. 19 – grill meister; GRUR 2012, 276 Rn. 18 – Institut der Norddeutschen Wirtschaft e. V. m. w. N.; WRP 2011, 349 Rn. 12 – FREIZEIT Rätsel Woche; GRUR 2011, 230 Rn. 12 – SUPERgirl).
41
Das Anmeldezeichen wird nach alledem im Umfang der Zurückweisung als werbewirksam anpreisender Sachhinweis und nicht als individualisierender Herkunftshinweis wahrgenommen.
42
3. Soweit das Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG vorliegt, kann dahinstehen, ob die angemeldete Bezeichnung darüber hinaus gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG für die fraglichen Waren und Dienstleistungen freihaltebedürftig ist.

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