Patent- und Markenrecht

Markenbeschwerdeverfahren – “black forest smile/black forest (Unionswortmarke)” – zur Kennzeichnungskraft – Warenähnlichkeit – keine unmittelbare Verwechslungsgefahr – keine Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne – keine selbständig kennzeichnende Stellung eines Markenbestandteils – kein Serienzeichen

Aktenzeichen  26 W (pat) 529/20

Datum:
17.8.2020
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
Gerichtsort:
München
Dokumenttyp:
Beschluss
ECLI:
ECLI:DE:BPatG:2020:170820B26Wpat529.20.0
Normen:
§ 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG
§ 125b Nr 1 MarkenG
Spruchkörper:
26. Senat

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 30 2017 007 773
hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 17. August 2020 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Kortge sowie der Richter Kätker und Schödel
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.
1
Die Wortmarke
2
black forest smile
3
ist am 28. März 2017 angemeldet und am 22. Juni 2017 unter der Nummer 30 2017 007 773 in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register eingetragen worden für Waren der
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Klasse 3: Wasch- und Bleichmittel; Putz-, Polier-, Fettentfernungs- und Schleifmittel; Seifen; Parfümeriewaren; ätherische Öle; Mittel zur Körper- und Schönheitspflege; Haarwässer; Zahnputz-mittel, insbesondere Zahnputzmittel als Gel, Creme, Pulver, Granulat und Kaugummi;
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Klasse 16: Papier, Pappe [Karton]; Druckereierzeugnisse; Buch-binderartikel; Fotografien; Schreibwaren; Büroartikel, ausge-nommen Möbel; Klebstoffe für Papier- und Schreibwaren oder für Haushaltszwecke; Künstlerbedarfsartikel; Zeichenartikel; Pinsel; Lehr- und Unterrichtsmaterial; Folien und Beutel aus Kunststoff für Einpack- und Verpackungszwecke; Drucklettern; Druckstöcke;
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Klasse 25: Bekleidungsstücke; Schuhwaren; Kopfbedeckungen.
7
Gegen die Eintragung dieser Marke, die am 28. Juli 2017 veröffentlicht worden ist, hat die Beschwerdegegnerin Widerspruch erhoben aus der Unionswortmarke
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black forest
9
die am 19. Dezember 2014 angemeldet und am 24. August 2015 unter der Nummer 013 593 711 in das beim Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) geführte Register eingetragen worden ist für Waren der
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Klasse 17: Waren aus Gummi, Kautschuk, Guttapercha (soweit in Klasse 17 enthalten), nämlich Gummipuffer, Gummiringe, Isolatoren für elektrische Leitungen, rohes oder teilweises bearbeitetes Kautschuk, Latex, Verpackungsbeutel, -hüllen und -taschen aus Gummi;
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Klasse 18: Gamaschen und Bandagen für Tierbeine; Leder und Lederimitationen, Peitschen, Pferdegeschirre und Sattlerwaren, Accessoires sowie Werbe und Geschenkartikel für den Reitsportbereich aus Leder und Lederimitationen (soweit in Klasse 18 enthalten).
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Die Eintragung dieser Marke für die Waren der Klasse 25 „Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen; Freizeit- und Sportschuhe, Freizeit- und Sportbekleidung“ ist in einem von einem Dritten beantragten Nichtigkeitsverfahren mit seit dem 14. Juli 2020 rechtskräftigem Beschluss der Fünften Beschwerdekammer des EUIPO vom 8. April 2020 (R 2409/2019-5) gelöscht worden.
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Mit Beschluss vom 28. November 2019 hat die Markenstelle für Klasse 3 des DPMA eine Verwechslungsgefahr verneint und den Widerspruch zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass die Vergleichswaren zumindest entfernt ähnlich seien. Die angesprochenen Verbraucher begegneten den Waren, die teilweise zum täglichen Bedarf gehörten, mit einem normalen Aufmerksamkeitsgrad. Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke sei unterdurchschnittlich, weil sie als die englische Bezeichnung für den Schwarzwald und damit als Hinweis auf die geographische Herkunft der Widerspruchswaren verstanden werde. Den erforderlichen Abstand zur Widerspruchsmarke halte die angegriffene Marke in jeder Hinsicht ein. In der Gesamtheit und visuell unterschieden sich die Vergleichsmarken durch die unterschiedliche Wortanzahl und Zeichenlänge sowie die abweichenden Ober- und Unterlängen. In klanglicher Hinsicht verfügten die Marken weder über eine identische Silbenanzahl noch über eine identische Vokalfolge. Sie unterschieden sich gravierend in ihrem Sprech- und Betonungsrhythmus. Dabei komme den übereinstimmenden Wortanfängen weniger Aufmerksamkeit zu, weil „black forest“ als geographischer Herkunftshinweis wahrgenommen werde. Eine begriffliche Verwechslungsgefahr scheide aus, weil der älteren Marke die Bedeutung „Schwarzwald“ zukomme, während die jüngere Marke als „Schwarzwaldlächeln“ verstanden werden könne. Die Kollisionsmarken würden auch nicht gedanklich miteinander in Verbindung gebracht.
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Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Sie hat sich im Beschwerdeverfahren nicht zur Sache geäußert. Im Verfahren vor dem DPMA hat sie die Ansicht vertreten, die für die jüngere Marke registrierten Produkte „Folien und Beutel aus Kunststoff für Einpack- und Verpackungszwecke“ der Klasse 16 und die Widerspruchswaren „Verpackungsbeutel, -hüllen und -taschen aus Gummi“ der Klasse 17 seien identisch, im Übrigen seien die Vergleichswaren hochgradig ähnlich. „Wasch- und Bleichmittel; Putz-, Polier-, Fettentfernungs- und Schleifmittel; Seifen; ätherische Öle“ der Klasse 3 gehörten zu den typischen Pflegematerialien sowohl für die Widerspruchswaren aus Gummi, Kautschuk und Latex der Klasse 17 als auch für die Widerspruchsprodukte „Leder, Peitschen, Pferdegeschirre und Sattlerwaren, Accessoires aus Leder“ der Klasse 18. Guttapercha werde auch für „Zahnputzmittel, insbesondere Zahnputzmittel als Gel, Creme, Pulver, Granulat und Kaugummi“ verwendet. Die angegriffenen Produkte „Druckereierzeugnisse; Buchbinderartikel; Schreibwaren; Büroartikel, ausgenommen Möbel; Klebstoffe für Papier- und Schreibwaren oder für Haushaltszwecke; Künstlerbedarfsartikel; Zeichenartikel; Pinsel; Lehr- und Unterrichtsmaterial“ der Klasse 16 könnten teilweise oder komplett wie die Widerspruchswaren der Klasse 17 aus Gummi, Guttapercha oder Latex bestehen, wie z. B. Gummiskelette für den Unterricht, Gummiringe als Büroartikel oder Abformmassen aus Latex als Künstlerbedarfsartikel. Da sowohl die für die jüngere Marke eingetragenen Waren „Parfümeriewaren; ätherische Öle; Mittel zur Körper- und Schönheitspflege; Haarwässer; Zahnputzmittel“ der Klasse 3 als auch die für sie registrierten Produkte „Druckereierzeugnisse; Buchbinderartikel; Fotografien; Schreibwaren; Büroartikel, ausgenommen Möbel; Klebstoffe für Papier- und Schreibwaren oder für Haushaltszwecke; Künstlerbedarfsartikel; Zeichenartikel; Pinsel; Druckstöcke“ der Klasse 16 typische Artikel seien, die als Accessoires, Werbe- und Geschenkartikel an den Endverbraucher verkauft würden, wie z. B. Pinsel aus Pferdehaar, Pferdefotografien oder Schreibwaren mit Bezug zum Pferdesport, bestehe eine hochgradige Ähnlichkeit zu den Widerspruchsprodukten „Accessoires sowie Werbe und Geschenkartikel für den Reitsportbereich aus Leder und Lederimitationen“ der Klasse 18. Die für die Widerspruchsmarke in Klasse 18 geschützten „Gamaschen und Bandagen für Tierbeine“ bestünden teilweise aus Papier und Pappe und seien typischerweise in Kartonagen und Kunststoffe verpackt, so dass auch eine hochgradige Ähnlichkeit zu den angegriffenen Produkten „Papier, Pappe [Karton]“ bestehe. Klanglich seien die Vergleichsmarken hochgradig ähnlich, weil sie am stärker beachteten Wortanfang identisch seien. Der allgemein bekannte und häufig als beschreibende Ergänzung verwendete Bestandteil „smile“ der jüngeren Marke trete hinter den beiden phonetisch prägenden Anfangsworten zurück, weil er kurz, weich und unbetont ausgesprochen werde. Auch schriftbildlich kämen sich die Kollisionsmarken viel zu nahe. Denn die Widerspruchsmarke mit ihren 11 Buchstaben sei vollständig in den 16 Buchstaben der angegriffenen Marke enthalten. Der einzige Unterschied bestehe in dem einsilbigen, kurzen Wort „smile“. Da die beiden Marken im Wesentlichen im Sinngehalt „schwarzer Wald“ übereinstimmten, seien sie auch begrifflich hinreichend ähnlich.
15
Die Widersprechende beantragt,
16
den Beschluss der Markenstelle für Klasse 3 des DPMA vom 28. November 2019 aufzuheben und das DPMA anzuweisen, die angegriffene Marke wegen des Widerspruchs aus der Unionsmarke 013 593 711 zu löschen.
17
Die Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt,
18
die Beschwerde zurückzuweisen.
19
Sie hat sich im Beschwerdeverfahren nicht zur Sache geäußert. Im patentamtlichen Verfahren hat sie den Vortrag der Widersprechenden zur Warenähnlichkeit bestritten und die Auffassung vertreten, die einander gegenüberstehenden Waren wiesen hinsichtlich Beschaffenheit, regelmäßiger betrieblicher Herkunft und Vertriebsart sowie Verwendungszweck keine Berührungspunkte auf. Guttapercha sei ein Bestandteil von Zahnfüllmitteln für die Wurzelbehandlung, aber kein Zahnputzmittel. Druckereierzeugnisse aus Gummi gebe es nicht. Gamaschen in Klasse 18 würden aus Leder oder Lederimitationen, nicht aber aus Papier oder Stoff gefertigt. Die mögliche Verpackung von Gamaschen könne nicht zur Begründung einer Ähnlichkeit mit Verpackungsmaterialien der Klasse 16 herangezogen werden. Klanglich und schriftbildlich unterschieden sich die Vergleichsmarken durch den langen Zusatz „smile“ in der angegriffenen Marke deutlich. Eine begriffliche Ähnlichkeit scheide aus, weil sich das Wort „smile“ mit der Bedeutung „Lächeln“ als kreativer, einprägsamer Sinngehalt vom älteren Markenwort „black forest“ im Sinne von „Schwarzwald“ absetze. Aufgrund der Unähnlichkeit der Waren und der geringen Markenähnlichkeit sei eine Verwechslungsgefahr zu verneinen.
20
Mit gerichtlichem Schreiben vom 8. Mai 2020 sind die Verfahrensbeteiligten unter Beifügung von Recherchebelegen (Anlagen 1 und 2, Bl. 29 – 35 GA) darauf hingewiesen worden, dass die Vergleichsmarken nicht für verwechslungsfähig erachtet werden.
21
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
22
Die gemäß §§ 64 Abs. 6, 66 MarkenG statthafte Beschwerde ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.
23
1. Soweit sich der Widerspruch auch auf die Eintragung der älteren Unionswortmarke für die Waren der Klasse 25 „Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen; Freizeit- und Sportschuhe, Freizeit- und Sportbekleidung“ stützt, ist er insoweit infolge Löschung mit Beschluss der Fünften Beschwerdekammer des EUIPO vom 8. April 2020 (R 2409/2019-5), der seit dem 14. Juli 2020 rechtskräftig ist, nachträglich unzulässig geworden (vgl. BPatGE 4, 90, 92 f.; 20, 235, 238; 24, 112, 115).
24
2. Zwischen der angegriffenen Marke „black forest smile“ und der noch für Waren der Klassen 17 und 18 eingetragenen Unionswiderspruchsmarke „black forest“ besteht keine Gefahr von Verwechslungen gemäß §§ 125b Nr. 1, 42 Abs. 2 Nr. 1, 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG. Die Markenstelle hat den Widerspruch daher zu Recht zurückgewiesen.
25
a) Da es sich vorliegend um ein Verfahren über einen Widerspruch handelt, der nach dem 1. Oktober 2009, aber vor dem 14. Januar 2019 erhoben worden ist, ist die Bestimmung des § 42 Absatz 1 und 2 MarkenG in der bis zum 13. Januar 2019 geltenden Fassung anzuwenden (§ 158 Abs. 3 MarkenG).
26
b) Die Frage der Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG ist unter Heranziehung aller relevanten Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen. Dabei ist von einer Wechselwirkung zwischen der Identität oder der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen, dem Grad der Ähnlichkeit der Marken und der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke in der Weise auszugehen, dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken oder durch eine gesteigerte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (st. Rspr.: EuGH GRUR 2020, 52 Rdnr. 41 – 43 – Hansson [Roslags Punsch/ROSLAGSÖL]; GRUR-RR 2009, 356 Rdnr. 45 f. – Les Éditions Albert René/HABM [OBELIX/MOBILIX]; BGH GRUR 2019, 1058 Rdnr. 17 – KNEIPP; GRUR 2018, 79 Rdnr. 9 – OXFORD/Oxford Club m. w. N.).
27
c) Der Unionswiderspruchsmarke „black forest“ kommt eine weit unterdurchschnittliche Kennzeichnungskraft zu.
28
aa) Die originäre Kennzeichnungskraft wird bestimmt durch die Eignung der Marke, sich unabhängig von der jeweiligen Benutzungslage als Unterscheidungsmittel für die Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens bei den beteiligten Verkehrskreisen einzuprägen und die Waren und Dienstleistungen damit von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. EuGH GRUR 2010, 1096 Rdnr. 31 – BORCO/HABM [Buchst. a]; BGH GRUR 2017, 75 Rdnr. 19 – Wunderbaum II). Dabei ist auf die Eigenart der Marke in Klang, Bild und Bedeutung abzustellen. Marken, die über einen für die jeweiligen Waren oder Dienstleistungen erkennbar beschreibenden Anklang verfügen, haben regelmäßig nur geringe originäre Kennzeichnungskraft (BGH WRP 2015, 1358 Rdnr. 10 – ISET/ISETsolar; GRUR 2012, 1040 Rdnr. 29 – pjur/pure). Liegen keine konkreten Anhaltspunkte vor, die für eine hohe oder geringe Kennzeichnungskraft sprechen, ist von normaler Kennzeichnungskraft auszugehen (BGH a. a. O. – Wunderbaum II).
29
bb) Die ältere Unionswortmarke setzt sich aus den englischen Wörtern „black“ und „forest“ zusammen. Sowohl das Adjektiv „black“ für „schwarz“ als auch das Substantiv „forest“ für „Wald, Forst“ entstammen dem englischen Grundwortschatz und sind dem inländischen Verkehr geläufig (Weis, Grund- und Aufbauwortschatz Englisch, 2. Aufl. 1977, S. 23 u. 47). Aber auch die Begriffskombination „Black Forest“ mit der Bedeutung „(der) Schwarzwald“ hat schon lange vor dem Anmeldezeitpunkt der angegriffenen Marke, dem 28. März 2017, zum englischen Grundwortschatz gehört (Häublein/Jenkins, Thematischer Grund- und Aufbauwortschatz Englisch, 2000, S. 322; PONS – Die 1000 wichtigsten Wörter Englisch Grundwortschatz, 2007, S. 46; www.leo.org, s. Anlage 1 zum gerichtlichen Hinweis).
30
cc) Damit erschöpft sich die Widerspruchsmarke in der den angesprochenen Verkehrskreisen bekannten englischen Bezeichnung für die Region „Schwarzwald“. Der Schwarzwald ist Deutschlands höchstes und größtes zusammenhängendes Mittelgebirge im Südwesten Baden-Württembergs, das sich über eine Fläche von mehr als 6.000 Quadratkilometern erstreckt. Im und am Schwarzwald liegen wirtschaftlich bedeutende Städte, wie beispielsweise Freiburg im Breisgau im Süden, Stuttgart, Karlsruhe, Baden-Baden und Pforzheim im Norden sowie Offenburg im Westen. Der Schwarzwald mit seinen Kurorten und Thermalbädern genießt als beliebtes Urlaubsziel und als Herstellungsort der weltberühmten Kuckucksuhren, des Schwarzwälder Schinkens und der Schwarzwälder Kirschtorte eine große Bekanntheit über das Inland hinaus. In diesen Städten, aber auch in der Region, können Unternehmen angesiedelt werden, die die Widerspruchswaren aus Gummi, Leder und Lederimitationen sowie Sattlerwaren der Klassen 17 und 18 produzieren bzw. weiterverarbeiten. Denn für die Herstellung dieser Produkte, deren Rohstoffe entweder im Inland gewonnen oder importiert werden können, bedarf es keiner besonderen geografischen Anforderungen. Tatsächlich gibt es im Schwarzwald bereits sowohl Leder verarbeitendes Gewerbe und Sattlereien (https://www.dielederwerkstatt.de/leder.html; https:// www.reitsport-peter-freiburg.de; https://sattlerei-kunze.de/) als auch Gummi- und Kunststoffproduktion (https://www.slg-kunststoff.de/;https://aberle-gmbh.de/unternehmen/made-im-schwarzwald/; https://www.europages.de/PLOYOLEFINE-SCHWARZWALD-GMBH/00000004943883-001.html; https://wirtschaftsfoerderung-sbh.de/region/).
31
dd) Aus diesen Gründen ist davon auszugehen, dass die angesprochenen inländischen Verkehrskreise das ältere Markenwort „black forest“ sofort als rein beschreibenden Hinweis auf die geografische Herkunft der Widerspruchswaren auffassen.
32
ee) Anhaltspunkte für eine durch intensive Nutzung gesteigerte Kennzeichnungskraft sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
33
d) Ausgehend von der maßgeblichen Registerlage können sich die Vergleichsmarken teilweise auf weit überdurchschnittlich ähnlichen Waren begegnen.
34
aa) Eine Ähnlichkeit ist grundsätzlich anzunehmen, wenn die sich gegenüberstehenden Waren und/oder Dienstleistungen unter Berücksichtigung aller für die Frage der Verwechslungsgefahr erheblicher Faktoren wie insbesondere ihrer Beschaffenheit, ihrer regelmäßigen betrieblichen Herkunft, ihrer regelmäßigen Vertriebs- und Erbringungsart, ihres Verwendungszwecks und ihrer Nutzung, ihrer wirtschaftlichen Bedeutung sowie ihrer Eigenart als miteinander konkurrierender oder einander ergänzender Produkte oder Leistungen so enge Berührungspunkte aufweisen, dass die beteiligten Verkehrskreise der Meinung sein könnten, sie stammten aus demselben Unternehmen oder wirtschaftlich verbundenen Unternehmen (EuGH GRUR-RR 2009, 356 Rdnr. 65 – Éditions Albert René/HABM [OBELIX/MOBILIX]; BGH GRUR 2014, 488 Rdnr. 12 – DESPERADOS/DESPERADO; GRUR 2015, 176, 177 Rdnr. 16 – ZOOM). Von einer absoluten Warenunähnlichkeit kann nur dann ausgegangen werden, wenn die Annahme einer Verwechslungsgefahr trotz (unterstellter) Identität der Marken wegen des Abstands der Waren von vornherein ausgeschlossen ist (BGH a. a. O. – DESPERADOS/DESPERADO; a. a. O. Rdnr. 17 – ZOOM).
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bb) Die für die jüngere Marke registrierten Produkte „Folien und Beutel aus Kunststoff für Einpack- und Verpackungszwecke“ der Klasse 16 und die Widerspruchswaren „Verpackungsbeutel, -hüllen und -taschen aus Gummi“ der Klasse 17 sind aufgrund Beschaffenheit, regelmäßiger betrieblicher Herkunft und Vertriebsart sowie Verwendungszweck weit überdurchschnittlich ähnlich. Denn „Gummi“ als ein „durch Vulkanisation aus natürlichem oder synthetischem Kautschuk hergestelltes Produkt von hoher Elastizität“ fällt unter den Oberbegriff „Kunststoff“, ein „vollsynthetisch oder durch Umwandlung von Naturprodukten hergestellter Werkstoff“. Gummi war der erste Kunststoff im engeren Sinne (https://www.duden.de/rechtschreibung/Gumme_Erzeugnis_Kondom;http://www.deutsches-kunststoff-museum.de/rund um kunststoff/das-lexikon-der-kunststoffe/gummi/ = Anlage 1 zum Schriftsatz der Widersprechenden vom 24. Oktober 2018; https://www.duden.de/rechtschreibung/Kunststoff).
36
Da die für die Widerspruchsmarke geschützten „Gummiringe“ der Klasse 17 als dünne Ringe aus Gummi, die etwas zusammenhalten sollen, von dem für die jüngere Marke registrierten Oberbegriff „Büroartikel, ausgenommen Möbel“ der Klasse 16 umfasst sind, liegt auch insoweit eine sehr hohe Warenähnlichkeit vor. Denn sie bestehen aus demselben Material, können von denselben Herstellern produziert werden und dienen demselben Zweck.
37
Eine hohe Ähnlichkeit besteht auch zwischen der Widerspruchsware „Latex“ der Klasse 17 und den angegriffenen Produkten „Künstlerbedarfsartikel“ der Klasse 16, weil Latex(-milch) als natürliche Formenbaumasse für das Abformen von Figuren und Gegenständen verwendet und daher als Künstlerbedarfsartikel angeboten wird.
38
cc) Von den vorgenannten Verpackungs- sowie Gummi- und Latexwaren werden sowohl der normal informierte, angemessen aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucher als auch gewerbliche Kunden angesprochen. Da es sich weder um hochpreisige Produkte noch um Waren von längerer Anschaffungs- oder Nutzungsdauer handelt, ist beim Endverbraucher eher von einem geringen Aufmerksamkeitsgrad auszugehen, während Unternehmen und Angehörige der unternehmerischen Führungsebene diesen Waren beim Erwerb für ihren Betrieb schon aufgrund der größeren Bezugsmenge mit erhöhter Aufmerksamkeit begegnen, so dass insgesamt ein durchschnittlicher Aufmerksamkeitsgrad zugrunde zu legen ist.
39
dd) Bei den übrigen Vergleichswaren kann letztlich dahingestellt bleiben, welcher geringerer Ähnlichkeitsgrad vorliegt oder ob gar eine Unähnlichkeit anzunehmen ist.
40
e) Denn selbst bei weit überdurchschnittlich ähnlichen Vergleichswaren hält die jüngere Marke angesichts der sehr geringen Kennzeichnungskraft der älteren Marke bei normalem Aufmerksamkeitsgrad den gebotenen Abstand wegen geringer Markenähnlichkeit ein.
41
aa) Maßgeblich für die Beurteilung der Zeichenähnlichkeit ist der Gesamteindruck der Vergleichsmarken unter Berücksichtigung der unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente (EuGH GRUR 2013, 922 Rdnr. 35 – Specsavers/Asda; BGH GRUR 2013, 833 Rdnr. 30 – Culinaria/Villa Culinaria), wobei von dem allgemeinen Erfahrungsgrundsatz auszugehen ist, dass der Verkehr eine Marke so aufnimmt, wie sie ihm entgegentritt, ohne sie einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (vgl. u. a. EuGH GRUR 2004, 428 Rdnr. 53 – Henkel; BGH GRUR 2001, 1151, 1152 – marktfrisch). Das schließt nicht aus, dass unter Umständen ein oder mehrere Bestandteile einer komplexen Marke für den durch die Marke im Gedächtnis der angesprochenen Verkehrskreise hervorgerufenen Gesamteindruck prägend sein können (EuGH GRUR 2005, 1042 Rdnr. 28 f. – THOMSON LIFE; BGH a. a. O. Rdnr. 37 – OXFORD/Oxford Club m. w. N.; GRUR 2012, 64 Rdnr. 14 – Maalox/Melox-GRY). Voraussetzung hierfür ist, dass die anderen Bestandteile weitgehend in den Hintergrund treten und den Gesamteindruck der Marke nicht mitbestimmen. Die Ähnlichkeit einander gegenüberstehender Zeichen ist nach deren Ähnlichkeit im (Schrift-)Bild, im Klang und im Bedeutungs- oder Sinngehalt zu beurteilen, weil Marken auf die mit ihnen angesprochenen Verkehrskreise in bildlicher, klanglicher und begrifflicher Hinsicht wirken können (EuGH GRUR Int. 2010, 129 Rdnr. 60 – Aceites del Sur-Coosur [La Espagnola/Carbonelle]; BGH GRUR 2016, 382 Rdnr. 37 – BioGourmet). Dabei genügt für die Bejahung der Zeichenähnlichkeit regelmäßig bereits die Ähnlichkeit in einem der genannten Wahrnehmungsbereiche (EuGH GRUR 2007, 700 Rdnr. 35 – HABM/Shaker [Limoncello/LIMONCHELO]; BGH a. a. O. – BioGourmet).
42
bb) Die Vergleichswortmarken „black forest smile“ und „black forest“ unterscheiden sich in der Gesamtheit durch das zusätzliche Wort „smile“ am Ende der angegriffenen Marke, das in der Widerspruchsmarke keine Entsprechung findet und der jüngeren Marke ein deutlich längeres Schriftbild verleiht.
43
cc) Der Gesamteindruck der mehrgliedrigen jüngeren Marke wird in phonetischer und visueller Hinsicht nicht durch die Begriffskombination „black forest“ geprägt, weil diese genauso wie bei der Widerspruchsmarke die geografische Herkunft der für sie geschützten Waren im weit überdurchschnittlichen Ähnlichkeitsbereich beschreibt. Ihr kommt daher kein bestimmender Einfluss auf den Gesamteindruck der angegriffenen Marke zu. Eine Prägung ist vielmehr bei dem Element „smile“ gegeben, das zum englischen Grundwortschatz gehört, als Substantiv mit „Lächeln“ oder als Verb mit „lächeln“ übersetzt wird (Weis, a. a. O., S. 94) und über Verpackungsmaterialien aus Kunststoff oder Büroartikel keine Sachaussage trifft, so dass es allein der jüngeren Marke Unterscheidungskraft verleiht, während die Wortfolge „black forest“ in den Hintergrund tritt.
44
dd) Folglich stehen sich klanglich und schriftbildlich die Markenwörter „smile“ und „black forest“ gegenüber, die weder in Silben- und Wortanzahl, Vokalfolge, Buchstabenanzahl oder Schriftlänge noch im Sprech- und Betonungsrhythmus übereinstimmen.
45
ee) Eine begriffliche Ähnlichkeit scheidet ebenfalls aus, weil der Sinngehalt des die angegriffene Marke prägenden Bestandteils „Lächeln“ oder „lächeln“ dem Gesamtbegriff „Schwarzwald“ gegenübersteht.
46
f) Eine unmittelbare Verwechslungsgefahr ist daher zu verneinen.
47
3. Auch eine Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne liegt nicht vor.
48
a) Diese kann gegeben sein, wenn der Verkehr zwar die Unterschiede zwischen den Zeichen erkennt, wegen ihrer teilweisen Übereinstimmung aber von wirtschaftlichen oder organisatorischen Zusammenhängen zwischen den Zeicheninhabern ausgeht. Eine solche Verwechslungsgefahr kann nur bei Vorliegen besonderer Umstände angenommen werden (BGH GRUR 2013, 1239 Rdnr. 45 – Volkswagen/Volks.Inspektion; BGH GRUR 2013, 833 Rdnr. 69 – Culinaria/Villa Culinaria). So ist nach der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union und des Bundesgerichtshofs nicht ausgeschlossen, dass ein Zeichen, das als Bestandteil in eine zusammengesetzte Marke oder eine komplexe Kennzeichnung aufgenommen wird, eine selbständig kennzeichnende Stellung behält, ohne dass es das Erscheinungsbild der zusammengesetzten Marke oder komplexen Kennzeichnung dominiert oder prägt (vgl. EuGH GRUR 2005, 1042 Rdnr. 30 – THOMSON LIFE; BGH, Beschl. v. 23. Oktober 2014 – I ZR 37/14, Rdnr. 11; GRUR 2014, 1101 Rdnr. 54 – Gelbe Wörterbücher; GRUR 2012, 930 Rdnr. 45 – Bogner B/Barbie B; GRUR 2004, 865, 866 – Mustang). Auch ein unterdurchschnittlich kennzeichnungskräftiger Bestandteil eines zusammengesetzten Zeichens kann eine selbständig kennzeichnende Stellung haben (vgl. BGH a. a. O. – OXFORD/Oxford Club; GRUR 2008, 258 Rdnr. 35 – INTERCONNECT/T-InterConnect). Allerdings müssen besondere Umstände vorliegen, die es rechtfertigen, in einem zusammengesetzten Zeichen einzelne oder mehrere Bestandteile als selbständig kennzeichnend anzusehen (BGH a. a. O. – Culinaria/Villa Culinaria).
49
Die jüngere Marke hat zwar die ältere Unionsmarke „black forest“ identisch übernommen, aber da die übernommene Widerspruchsmarke als geografische Herkunftsangabe nur über eine sehr geringe Kennzeichnungskraft verfügt und besondere Umstände im vorgenannten Sinne fehlen, kann ihr keine selbständig kennzeichnende Stellung in der angegriffenen Marke zuerkannt werden.
50
b) Eine Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne wird auch angenommen, wenn ein mit einer älteren Marke übereinstimmender Bestandteil identisch oder ähnlich in eine komplexe Marke aufgenommen wird, in der er neben einem Unternehmenskennzeichen oder Serienzeichen des Inhabers der jüngeren Marke eine selbständig kennzeichnende Stellung behält, und wenn wegen der Übereinstimmung dieses Bestandteils mit der älteren Marke bei den angesprochenen Verkehrskreisen der Eindruck hervorgerufen wird, dass die fraglichen Waren oder Dienstleistungen aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen (EuGH, GRUR 2005, 1042 Rdnr. 30 ff. – THOMSON LIFE; GRUR 2010, 933 Rdnr. 34 – Barbara Becker; BGH a. a. O. – OXFORD/Oxford Club; BGH a. a. O. Rdnr. 45 – Culinaria/Villa Culinaria). Ist die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke unterdurchschnittlich, sind strenge Anforderungen an das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne zu stellen (BGH a. a. O. – OXFORD/Oxford Club; GRUR 1991, 317, 318 – MEDICE).
51
Abgesehen davon, dass die Widerspruchsmarke sehr kennzeichnungsschwach ist, fungiert der isolierte Zusatz „smile“ weder als Unternehmenskennzeichen noch als Serienzeichen der Inhaberin der jüngeren Marke.
III.
52
Gründe für eine Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen nach § 71 Abs. 1 Satz 1 MarkenG sind nicht gegeben.

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