Patent- und Markenrecht

Markenbeschwerdeverfahren – “CITI-PARK (Wort-Bild-Marke)/CITI” – Einrede mangelnder Benutzung – Glaubhaftmachung der Benutzung – abweichende Benutzungsform – keine Änderung des kennzeichnenden Charakters der Marke –Dienstleistungsidentität und -ähnlichkeit – zur Kennzeichnungskraft – Verwechslungsgefahr durch gedankliches Inverbindungbringen in Form einer Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne

Aktenzeichen  27 W (pat) 13/16

Datum:
13.12.2018
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
Gerichtsort:
München
Dokumenttyp:
Beschluss
ECLI:
ECLI:DE:BPatG:2018:131218B27Wpat13.16.0
Normen:
§ 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG
§ 26 Abs 3 MarkenG vom 25.10.1994
§ 43 Abs 1 MarkenG vom 25.10.1994
§ 158 MarkenG
Spruchkörper:
27. Senat

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 30 2011 046 704
hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der mündlichen Verhandlung vom 13. Dezember 2018 durch die Vorsitzende Richterin Klante, den Richter Paetzold und die Richterin Werner
beschlossen:
Auf die Beschwerde der Widersprechenden aus der Wortmarke DE 30 2009 007 189 „CITI“ wird der Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamtes, Markenstelle für Klasse 35, vom 15. Oktober 2014 insoweit aufgehoben, als der Widerspruch aus der Wortmarke DE 30 2009 007 189 „CITI“ gegen die Eintragung der farbigen Wort-/Bildmarke (gelb, rot) DE 30 2011 046 704 für die Dienstleistungen der Klasse 35 „Werbung; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Büroarbeiten“ und Klasse 36 „Geldgeschäfte; Immobilienwesen“ zurückgewiesen worden ist.
Die Löschung der farbigen Wort-/Bildmarke (gelb, rot) DE 30 2011 046 704 wird aufgrund des Widerspruchs aus der Wortmarke DE 30 2009 007 189 „CITI“ für die Dienstleistungen der Klasse 35 „Werbung; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Büroarbeiten“ und Klasse 36 „Geldgeschäfte; Immobilienwesen“ angeordnet.

Gründe

I.
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Die Beschwerdegegnerin ist nach Übertragung Inhaberin der jüngeren, angegriffenen farbigen Wort-/Bildmarke (gelb, rot) DE 30 2011 046 704
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eingetragen am 2. Dezember 2011, veröffentlicht am 5. Januar 2012, betreffend die Waren und Dienstleistungen der Klassen 03, 05, 16, 18, 21, 24, 25, 26, 28, 29, 30, 31, 32, 33, 34, 38, 41, 43, 44, sowie die
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Klasse 35: Werbung; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Büroarbeiten und
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Klasse 36: Geldgeschäfte; Immobilienwesen.
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Gegen die Eintragung dieser Marke hat die Beschwerdeführerin, die u. a. Inhaberin der
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Wortmarke EM 000179473 CITICARD, Anmeldetag 1. April 1996, Eintragung 29. März 1999,
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Wortmarke EM 000179531 CITIBANK, Anmeldetag 1. April 1996, Eintragung 29. März 1999,
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Wortmarke DE 39847157, CITI, Anmeldtag 19. August 1998, Eintragung 17. März 2000,
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Wort-/Bildmarke EM 001084532 , Anmeldetag 23. Februar 1999, Eintragung 5. August. 2011 und
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Wort-/Bildmarke EM 005170170 , Anmeldetag 23. Februar 1999, Eintragung 9. November 2006,
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ist, nach Teilrücknahme, erklärt zu Protokoll der mündlichen Verhandlung des Senats vom 13. Dezember 2018, noch hinsichtlich der Waren der Klassen 35 und 36 der farbigen Wort-/Bildmarke (gelb, rot) DE 30 2011 046 704 Widerspruch erhoben aus ihrer für zahlreiche Waren- und Dienstleistungen der Klassen 09,16, 35, 36 und 42 eingetragen Wortmarke DE 30 2009 007 189
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CITI
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angemeldet am 5. Februar 2009 und eingetragen am 10. August 2009 u. a. für die Dienstleistungen der
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Klasse 35: Werbung für die Waren und Dienstleistungen von Dritten durch Kundenbindungs- und Belohnungsprogramme; Werbung für den Verkauf von Kreditkartenkonten durch Incentive-Programme; Werbung für den Verkauf von Finanzdienstleistungen durch Incentive-Programme; Marketing auf dem Gebiet des Finanzwesens, der Versicherungen und des Investments; Durchführung von Belohnungs- und Prämienprogrammen zur Bewerbung der Eröffnung und der Unterhaltung von Konten einschließlich Passiv- und Verbraucherkreditkonten (Werbung).
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Klasse 36: Abwicklung von Rückzahlungsprogrammen bei Kreditkarten und Finanzdienstleistungen im Rahmen von Kundenbindungs- und Belohnungsprogrammen; Treue- und Belohnungsprogramme für Kreditkarten-Nutzer, nämlich zur Verfügung stellen von Bargeld und anderen Rabatten für die Nutzung von Kreditkarten; Überwachung von Verbraucherkreditberichten und Ausgabe von Warnungen bei Veränderungen darin (Finanzwesen).
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Mit Beschluss vom 15. Oktober 2014 hat das Deutsche Patent- und Markenamt, Markenstelle für Klasse 35, u. a. den Widerspruch aus der Wortmarke DE 30 2009 007 189 „CITI“ gegen u. a. die hier noch beschwerdegegenständlich Waren der Klassen 35 und 36 der farbigen Wort-/Bildmarke (gelb, rot) DE 30 2011 046 704 zurückgewiesen.
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Zur Begründung hat das Deutsche Patent- und Markenamt im Wesentlichen ausgeführt, zwischen der angegriffenen farbigen Wort- / Bildmarke und der Wortmarke „CITI“ bestehe auch im Bereich identischer Waren und Dienstleistungen weder unmittelbare Verwechslungsgefahr noch die Gefahr, dass die Vergleichsmarken in verwechslungsbegründender Weise gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden könnten.
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Für die Vergleichsmarken seien die identischen Dienstleistungen in Bereichen der Klasse 35 und 36 zu berücksichtigen. Den auch im Ausgangspunkt insoweit bestehenden strengen Anforderungen an den zu der Widerspruchsmarke einzuhaltenden Markenabstand werde die angegriffene Marke in jeder Hinsicht gerecht. Dabei könne zugunsten der Widersprechenden von einer gesteigerten Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke für Finanzdienstleistungen ausgegangen werden.
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Von Hause aus besitze die Widerspruchsmarke allerdings eher unterdurchschnittliche Kennzeichnungskraft, denn der in den Widerspruchsmarken enthaltene Bestandteil „citi“ bzw. „CITI“, der allein in Klasse 36 auch in acht Drittmarken vorkomme, stelle eine enge Anlehnung an den Begriff „City“ dar. Dieser könne in verschiedener Hinsicht, etwa als Erbringungsort, Bestimmungsangabe, Ausführungsart oder Inhaltsangabe, einen beschreibenden Bezug zu den jeweiligen Waren und Dienstleistungen der Widerspruchsmarken aufweisen. Marken komme jedoch bereits dann nur eine geringe und keine normale Kennzeichnungskraft zu, wenn sie für die angesprochenen Kreise erkennbar an einen beschreibenden Begriff angelehnt seien. Nur für Dienstleistungen aus dem Finanzsektor habe die Widersprechende Unterlagen vorgelegt, aus denen sich eine erhöhte Kennzeichnungskraft ergeben solle. Zwar könne dieses umfangreiche Material wenigstens zu der Anfangsvermutung führen, dass einigen der Marken der Widersprechenden für bestimmte Bank- und Finanzdienstleistungen zum Anmeldezeitpunkt der angegriffenen Marke und auch derzeit eine Steigerung der Kennzeichnungskraft zugebilligt werden könne. An einer überzeugenden Glaubhaftmachung insoweit maßgeblicher Tatsachen fehle es indes. Für die über Finanzdienstleistungen hinaus registrierten Produktbereiche besitze die Widerspruchsmarke allenfalls normale Kennzeichnungskraft.
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Den danach insbesondere im identischen Dienstleistungsbereich der Klasse 36 dennoch erforderlichen deutlichen Abstand zu der Widerspruchsmarke halte die angegriffene Marke selbst bei Annahme einer gesteigerten Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ohne Weiteres ein, zumal „Finanzdienstleistungen“ generell mit größerer Aufmerksamkeit in Anspruch genommen würden. Auch wenn nicht vom Fehlen jeglicher Ähnlichkeit ausgegangen werde, bestünden zwischen den Vergleichsmarken für die hier maßgeblichen Kreise jedenfalls klare bildliche, klangliche und begriffliche Unterschiede. In ihrem visuellen Gesamteindruck, der ohnehin einer genaueren und ggf. auch wiederholten Wahrnehmung zugänglich sei, grenze sich die angegriffene farbigen Wort-/Bildmarke bereits aufgrund der deutlichen grafischen Gestaltung sowie ihrer zweigliedrigen und gegenüber der Widerspruchsmarke „CITI“ und mehr als doppelt so langen Wortstruktur klar ab. Auch für den Fall nur klanglicher Begegnungen der Vergleichsmarken bestehe nach dem maßgeblichen Gesamteindruck keine verwechslungsbegründende Ähnlichkeit, wobei vom Regelfall einer Benennung nur der Wortbestandteile der angegriffenen Wort-/ Bildmarke auszugehen sei. Angesichts grammatischer Stimmigkeit und mangels durchgreifender Anhaltspunkte für eine Prägung allein durch ihren einleitenden Bestandteil „CITTI“, der vorliegend vielmehr zusätzlich zum Bindestrich auch noch durch gleiche Farbwahl und eine übergreifende Anordnung der stilisierten Darstellung etwa eines Eingangstores mit dem Bestandteil „PARK“ verbunden sei, werde die angegriffene Marke nur als lokalisierendes Kompositum verstanden und wie „Citypark“ wiedergegeben werden. Dessen im Vergleich zur Widerspruchsmarke nahezu doppelt so lange und mit einem speziellen Bedeutungsgehalt versehene Klangfolge könne keinesfalls für die Wiedergabe der Widerspruchsmarke gehalten werden. Eine begriffliche Ähnlichkeit zwischen der in ihrer Gesamtheit zugrunde zu legenden Marke „CITTI-PARK“ und „CITI“ sei weder vorgetragen noch ersichtlich. Eine unmittelbare Verwechslungsgefahr scheide nach allem aus.
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Es bestehe auch keine mittelbare Verwechslungsgefahr unter dem Aspekt des Serienzeichens. Die Widersprechende stütze sich schon nicht auf einen eindeutigen Stammbestandteil bzw. ein einheitliches Markenbildungskonzept. Auch wenn das Bundespatentgericht gelegentlich festgestellt (33W(pat)014/97; 33W(pat)067/07) bzw. jedenfalls in Betracht gezogen (33W(pat)182/03; 33W(pat)139/04; 33W(pat)207/04) habe, dass die Widersprechende eine Markenserie mit dem Stammbestandteil „CITI-“ besitze bzw. dass der Wortbestandteil „CITI“ Hinweischarakter auf die Widersprechende erlangt habe oder der Zeichenanfang „CITI“ als Stammbestandteil in Betracht komme, sei der Stammbestandteil „CITI(-)“ weder identisch noch wesensgleich mit dem Wortanfang „CITTI“ der angegriffenen Marke. Es mache im Hinblick auf einen klaren und einheitlichen Hinweischarakter einen Unterschied, ob das behauptete Stammelement entweder aufgrund seiner Schreibweise und nur innerhalb von Wortmarken oder aber aufgrund einer (zusätzlichen) grafischen Gestaltung und als selbstständige Wort-Bildmarke als Kennzeichnungsmittel eingesetzt werde.
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Die dargestellte Einbindung des Bestandteils „CITTI-“ in die angegriffene Marke „CITTI-PARK“ hindere das Publikum auch daran, in diesem Bestandteil ein eigenständig kennzeichnendes Element zu erblicken und deswegen die jüngere Marke in verwechslungsbegründender Weise gedanklich mit der Widerspruchsmarke in Verbindung zu bringen. Die angegriffene Marke sei auch nicht wegen Ausnutzung und Beeinträchtigung der Unterscheidungskraft und der Wertschätzung der Widerspruchsmarke zu löschen, da schon nicht nachgewiesen sei, dass es sich bei der Widerspruchsmarke um eine in Deutschland bekannte Marke handle.
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Gegen diesen Beschluss, ihr zugestellt am 20. Oktober 2014, hat die Widersprechende am 20. November 2014 Beschwerde eingelegt und zur Begründung vorgetragen, zwischen dem jüngeren Wort-/Bildeichen und „CITI“ bestehe bereits unmittelbare Verwechslungsgefahr, denn der Wortbestandteil „CITTI“ präge die jüngere Marke, so dass sich „CITTI“ und „CITI“ gegenüberstünden und klangliche Verwechslungsgefahr bestehe. Der Bestandteil „PARK“ sei ebenso wie die graphische Gestaltung zu vernachlässigen. Das Zeichen „CITI“ weise für Finanzdienstleistungen gesteigerte Kennzeichnungskraft auf und zwar sowohl als reine Wortmarke als auch als Wort-/Bildmarke. „CITI“ sei gleichzeitig „Firmenname, Dachmarke, Marke“ und werde als Stammbestandteil einer großen Markenfamilie verwendet. Seit Einlegung des Widerspruchs bis zum heutigen Tag werde die Marke „CITI“ umfangreich weiter in Deutschland verwendet. Zwar sei die Citi-Gruppe in Deutschland nicht mehr für private Endkunden tätig, dafür sei sie auf dem Markt für Geschäftskunden umso aktiver. In diesem Bereich habe sie in den letzten Jahren ihre Stellung sogar ausgebaut. Die Gesellschaft weise eine Bilanzsumme von … Euro auf und habe bezogen auf 2015 Geschäftsbezie-
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hungen zu 29 der 30 DAX-Unternehmen. Gerade auch in Deutschland sei die Citi-Gruppe präsent. Auch die inländische Berichterstattung zu Werbekampagnen im Ausland – etwa in Zusammenhang mit den Olympischen Spielen oder den CITI-Open – stütze deren offensichtliche Bekanntheit.
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Zahlreiche CITI-Kombinationsmarken würden zudem in Deutschland benutzt, so z. B. CITIFIRST; CITIDIRECT; CITIFX Pro. Da „CITI“ immer am Wortanfang stehe, erhalte dieser Bestandteil auch die höchste Aufmerksamkeit. Zumindest aufgrund gedanklichen Inverbindungbringens sei deshalb eine Verwechslungsgefahr und „CITI“ zu bejahen. Die leicht abweichende Schreibweise von „CITTI“ und die übliche graphische Gestaltung seien unbeachtlich. Insofern werde auf die Entscheidungen des Bundesgerichtshofs im Verfahren I ZR 223/86 ABBO/ABO sowie des Bundespatentgerichts in den Verfahren 29 W (pat) 242/99 „ALLMET/ALMET“, 24 W (pat) 47/08 „mecos/mekosoft“, 33 W (pat) 195/04 „T-Media/T4Media“ und 29 W (pat) 376 /00 „T-Excelion/EXCELLION“ verwiesen. Letztlich genieße „CITI“ auch nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 MarkenG Bekanntheitsschutz.
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Die Beschwerdeführerin beantragt nunmehr nach Teilrücknahme und Einschränkung,
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den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamtes, Markenstelle für Klasse 35, vom 15. Oktober 2014 insoweit aufzuheben, als der Widerspruch aus der Marke DE 30 2009 007 189 „CITI“ gegen die Dienstleistungen der Klassen 35 und 36 der angegriffenen der farbigen Wort-/Bildmarke (gelb, rot) DE 30 2011 046 704 zurückgewiesen worden ist, und die Löschung der angegriffenen Marke DE 30 2011 046 704 insoweit anzuordnen.
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Die Beschwerdegegnerin beantragt,
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die Beschwerde zurückzuweisen.
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Sie hält an ihrer Einrede der Nichtbenutzung der Widerspruchsmarke fest. Zudem vertritt sie die Auffassung, Verwechslungsgefahr scheide aus. Unmittelbare Verwechslungsgefahr komme nicht in Betracht, weder klanglich, noch schriftbildlich noch begrifflich, da sich auf Seiten der jüngeren Wort-/Bildmarke ein graphisch ansprechendes Bild mit zwei Wortbestandteile und auf Seiten der älteren Marke lediglich ein Wort gegenüberstünden. Beide hätten unterschiedliche Bedeutungen. Die Wortbestandteile „CITTI-PARK“ der angegriffenen Marke würden auch nicht durch „CITTI“ geprägt, vielmehr ergäben beide Wortbestandteile einen Gesamtbegriff, der nicht zergliedert werden könne. Auch eine mittelbare Verwechslungsgefahr scheide aus.
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Nachdrücklich verwehrt die Beschwerdegegnerin sich dagegen, dass sie den guten Ruf und das Ansehen der Widerspruchsmarken in unlauterer Weise ausnutze. Gerade die Beschwerdeführerin habe als führender Vertriebspartner von Lehman Brothers vor dem Zusammenbruch der vorgenannten Bank zahlreiche Lehman-Zertifikate verkauft; entsprechend habe es reihenweise negative Schlagzeilen gegeben. Im Gegenteil werde die Beschwerdegegnerin vielmehr ungern mit dem Namen der Beschwerdeführerin in Verbindung gebracht.
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Die Beschwerdeführerin hat im Beschwerdeverfahren mit Schriftsatz vom 31. Januar 2018 (Bl. 216 bis 377 der GA) eine eidesstattliche Versicherung und zahlreiche weitere Benutzungsunterlagen vorgelegt und vorgetragen, die Citibank sei in 54 Ländern, darunter auch in Deutschland, bekannt, daher sei insbesondere aus den Marken „CITI“ Verwechslungsgefahr wegen des bekannten Firmenzeichens zumindest in gedanklicher Hinsicht zu bejahen. Zudem verweist sie auf die eidesstattliche Versicherung von B… vom 27. März 2017 (Anlage B 10 mit
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Originalunterschrift), der bei der Beschwerdeführerin seit 2001 tätig ist und als Leiter Marketing u. a. für Europe seit 2011. Schließlich beruft sie sich auch auf § 9 Abs. 1 Nr. 3 MarkenG und trägt vor, die Beschwerdegegnerin nutze die Unterscheidungskraft und Wertschätzung der Widerspruchsmarke ohne rechtfertigenden Grund aus.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angegriffenen Beschluss, die gewechselten Schriftsätze, insbesondere auf den Schriftsatz der Beschwerdeführerin vom 31. Januar 2018 (Bl. 216 bis 377 der GA), 5. Dezember 2018 (Bl. 506 bis 561 der GA) und 12. Dezember 2018 (Bl. 592 bis 650 der GA) mit zahlreichen Benutzungsunterlagen sowie den übrigen Inhalt von Gerichtsakte und Amtsakte des Deutschen Patent- und Markenamtes Bezug genommen.
II.
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Die zulässige, insbesondere gem. § 66 Abs. 1 MarkenG statthafte und gem. § 66 Abs. 2 MarkenG fristgerecht eingelegte Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg.
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Zwischen der jüngeren, farbigen Wort-/Bildmarke (gelb, rot) DE 30 2011 046 704 und der Widerspruchsmarke DE 30 2009 007 189 „CITI“ besteht bezogen auf die nach Einschränkung nun noch angegriffenen Dienstleistungen der Klassen 35 und 36 Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG i. V. m. §§ 42 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG, so dass der Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts insoweit aufzuheben und gem. § 43 Abs. 2 Satz 1 MarkenG die Löschung der angegriffenen Marke für die Dienstleistungen der Klassen 35 und 36 anzuordnen war.
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1. Das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr für das Publikum ist nach ständiger Rechtsprechung sowohl des Europäischen Gerichtshofes als auch des Bundesgerichtshofes unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände des Einzelfalls zu beurteilen (vgl. hierzu z. B. EuGH, GRUR 2010, 933, Rn. 32 – BARBARA BECKER; EuGH, GRUR 2010, 1098, Rn. 44 – Calvin Klein/HABM; BGH, GRUR 2012, 1040, Rn. 25 – pjur/pure; BGH, GRUR 2013, 833, Rn. 30 – Culinaria/Villa Culinaria; BGH, GRUR 2016, 382, Rn. 19 – BioGourmet; BGH, GRUR 2016, 283, Rn. 7 – BSA/DSA DEUTSCHE SPORTMANAGEMENTAKADEMIE). Von maßgeblicher Bedeutung sind insoweit insbesondere die Identität oder Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen, die Identität oder Ähnlichkeit der Marken sowie die Kennzeichnungskraft und der daraus folgende Schutzumfang der Widerspruchsmarke. Diese einzelnen Faktoren sind zwar für sich gesehen voneinander unabhängig, bestimmen aber in ihrer Wechselwirkung den Rechtsbegriff der Verwechslungsgefahr (vgl. dazu EuGH, GRUR 2008, 343, Rn. 48 – Il Ponte Finanziaria Spa/HABM; BGH, GRUR 2012, 1040, Rn. 25 – pjur/pure; BGH, GRUR 2016, 283, Rn. 7 – BSA/DSA DEUTSCHE SPORTMANAGEMENTAKADEMIE; siehe auch Hacker in: Ströbele/Hacker, Markengesetz, 12. Aufl. 2018, § 9 Rn. 41 ff. m. w. N.). Darüber hinaus können für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr weitere Faktoren relevant sein, wie u. a. etwa die Art der Ware bzw. Dienstleistung, die im Einzelfall angesprochenen Kreise und daraus folgend die zu erwartende Aufmerksamkeit und das zu erwartende Differenzierungsvermögen dieser Kreise bei der Wahrnehmung der Kennzeichen. Bei dieser umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist auf den durch die Zeichen hervorgerufenen Gesamteindruck abzustellen, wobei insbesondere ihre unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind (BGH, GRUR 2016, 382, Rn. 37 – BioGourmet; BGH, GRUR 2014, 382, Rn. 14 – REAL-Chips; BGH, GRUR 2013, 833, Rn. 45 – Culinaria/Villa Culinaria).
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Nach diesen Grundsätzen ist vorliegend eine Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 i. V. m. §§ 42 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG anzunehmen.
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2. Da es sich hier um ein Verfahren über einen Widerspruch handelt, der nach dem 1. Oktober 2009, aber vor dem 14. Januar 2019 erhoben worden ist, sind für den Widerspruch die Vorschrift des § 42 Absatz 1 und 2 MarkenG und im Falle des Bestreitens der Benutzung der Widerspruchsmarke die Vorschriften der §§ 26, 43 Abs. 1 MarkenG jeweils in der bis zum 14. Januar 2019 geltenden Fassung weiterhin sowie § 43 Abs. 3 und 4 MarkenG in der ab 14. Januar 2019 geltenden Fassung nicht anzuwenden (§ 158 Abs. 3 bis 5 MarkenG).
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3. Waren- und Dienstleistungsähnlichkeit liegt für die im Tenor genannten Dienstleistungen, für welche die angegriffene Marke u. a. eingetragen ist, vor.
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a) Beim Waren- und Dienstleistungsvergleich sind, nachdem der Inhaber der jüngeren Marke zulässigerweise die Einrede der fehlenden rechtserhaltenden Benutzung nach § 43 Abs. 1 MarkenG a. F. erhoben hat, auf Seiten der Widerspruchsmarke nur die Waren zu berücksichtigen, für welche eine Benutzung glaubhaft gemacht oder gerichtsbekannt ist. Danach sind vorliegend lediglich die Dienstleistun-gen der Klasse 35 „Werbung für die Waren und Dienstleistungen von Dritten durch Kundenbindungs- und Belohnungsprogramme; Werbung für den Verkauf von Kreditkartenkonten durch Incentive-Programme; Werbung für den Verkauf von Finanzdienstleistungen durch Incentive-Programme; Marketing auf dem Gebiet des Finanzwesens, der Versicherungen und des Investments; Durchführung von Belohnungs- und Prämienprogrammen zur Bewerbung der Eröffnung und der Unterhaltung von Konten einschließlich Passiv- und Verbraucherkreditkonten (Werbung)“ sowie die Dienstleistungen der Klasse 36 „Abwicklung von Rückzahlungsprogrammen bei Kreditkarten und Finanzdienstleistungen im Rahmen von Kundenbindungs- und Belohnungsprogrammen; Treue- und Belohnungsprogramme für Kreditkarten-Nutzer, nämlich zur Verfügung stellen von Bargeld und anderen Rabatten für die Nutzung von Kreditkarten; Überwachung von Verbraucherkreditberichten und Ausgabe von Warnungen bei Veränderungen darin (Finanzwesen)“ der Beurteilung der Verwechslungsgefahr zugrunde zu legen.
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aa) Die Nichtbenutzungseinrede ist nach § 43 Abs. 1 Satz 2 MarkenG a. F. zulässig. Zwar war die Widerspruchsmarke zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der Eintragung der jüngeren Marke am 5. Januar 2012 noch nicht fünf Jahre im Markenregister eingetragen. Damit ist aber lediglich die Einrede nach § 43 Abs. 1 S. 1 MarkenG a. F. ausgeschlossen, nicht aber auch diejenige nach § 43 Abs. 1 Satz 2 MarkenG, da die fünfjährige Benutzungsschonfrist der am 10. August 2009 eingetragenen Widerspruchsmarke seit dem 10. August 2014 abgelaufen war und die Einrede nach diesem Zeitpunkt wiederholt wurde.
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bb) Die Beschwerdeführerin hat zahlreiche Unterlagen zur Glaubhaftmachung der rechtserhaltenden Benutzung nach § 43 Abs. 1 S. 2 MarkenG a. F. für den relevanten Zeitraum der letzten fünf Jahre vor der Entscheidung über den Widerspruch, also für die Zeit vom 13. Dezember 2018 bis zum 13. Dezember 2013 vorgelegt. Damit hat sie die Benutzung für Geldgeschäfte ausreichend glaubhaft gemacht, was aber auch – worauf der Senat in der mündlichen Verhandlung mehrfach hingewiesen hat – gerichtsbekannt ist. So ist z. B. selbst im Nichtigkeitsverfahren 5 Ni 30/13 (EP) senatsbekannt eine Ausländersicherheit durch Bankbürgschaft der Citibank mit Briefkopf zu den Akten gereicht worden.
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cc) Die Beschwerdeführerin hat für sämtliche in Klasse 35 aufgeführten Dienstleistungen Unterlagen zu den Akten gereicht. So hat sie dargelegt, dass sie ihre Marke „CITI“ umfassend für „Kundenbindungs- und Belohnungsprogramme Dritter in Form von Prepaid Karten“ benutzt. Wie insbesondere aus den Anlagenkonvoluten WS 9, WS 25 und WS 26 hervorgeht, wurden die Programme entwickelt, die Marken der Beschwerdeführerin in Zusammenarbeit mit dem Auftritt der Kunden der Citigroup, also der Beschwerdeführerin zu stärken. So ist z. B. auf Prepaid-Karten der Firmengruppe T… die Widerspruchsmarken „CITI“ aufgedruckt.
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Diese Werbedienstleistungen betrafen und betreffen Branchen aus den Bereichen der Energieversorgung, Versicherungsdienstleistungen, Telekommunikation sowie Automobil- und Luftfahrtbranche. Für sämtliche Branchen hat die Beschwerdeführerin Belege für entsprechende Programme zu den Akten gereicht. Gleiches gilt für Unterlagen bezogen auf die Dienstleistungen der Klasse 36. Die Funktionen dieser Prepaid-Karten bezogen sich insbesondere auf Rabatte und (Verbraucher-)Kredite.
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dd) Der rechtserhaltenden Benutzung der Widerspruchsmarke „CITI“ steht nicht entgegen, dass auf einigen Prepaid-Karten das Wort-/Bildzeichen und nicht die reine Wortmarke „CITI“ tatsächlich verwendet wurde. Denn nach § 26 Abs. 3 MarkenG gilt als Benutzung einer eingetragenen Marke auch die Benutzung der Marke in einer Form, die von der Eintragung abweicht, soweit die Abweichung den kennzeichnenden Charakter der Marke nicht verändert. Dabei ist für die Frage, ob der kennzeichnende Charakter einer Marke nicht verändert ist, maßgeblich darauf abzustellen, ob die beteiligten Kreise bei Berücksichtigung der jeweils branchenüblichen Verwendung von Marken die registrierte und die benutzte Form gerade bei Wahrnehmung der jeweiligen Unterschiede noch als »dieselbe Marke« ansehen (vgl. BGH, GRUR 2010, 729, Rn. 17 – MIXI; Ströbele in: Ströbele/Hacker/ Thiering, MarkenG, 12. Aufl. 2018, § 26 Rn. 159 m. w. N.). Der Beurteilung ist – anders als bei der Prüfung der Verwechslungsgefahr und entgegen der Annahme des Deutsche Patent- und Markenamts in dem angegriffenen Beschluss – nicht ein häufig unsicheres Erinnerungsbild, sondern der direkte Vergleich der eingetragenen und der benutzten Form zugrunde zu legen (Ströbele, a. a. O., § 26 Rn. 163; Bogatz in: BeckOK Markenrecht, 16. Edition Stand: 14.01.2019, § 26 Rn. 148). Unschädlich ist das Hinzufügen von Zusätzen, die zwar in relevanter Beziehung zur Marke stehen, denen die angesprochenen Kreise aber keine eigene maßgebende kennzeichnende Wirkung neben der Marke beimessen, insbesondere bei der Verbindung der Marke mit erkennbar beschreibenden oder sonst nicht herkunftshinweisenden Zusätzen (Ströbele, a. a. O., § 26 Rn. 180).
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Vorliegend wird der kennzeichnende Charakter der Widerspruchsmarke nicht dadurch verändert, dass über das Wort „CITI“ ein Bogen geschlagen und das Wort in Fettdruck „“ verwendet wird. Denn das Publikum wird die Marke jeweils als „CITI“ bezeichnen und in ihr unzweifelhaft eine weitere Darstellung des Wortes „CITI“ erkennen.
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ee) Die Benutzung konkreter Waren und Dienstleistungen erfasst nach der sog. „erweiterten Minimallösung“ (vgl. BGH, GRUR 2012, 64 Rn. 10 f. – Maalox/Melox-GRY) eine rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke auch für solche Waren und Dienstleistungen, die innerhalb des Oberbegriffs, unter den sie fallen, zu einer angemessenen Untergruppe gehören, für welche die Zuerkennung der rechtserhaltenden Benutzung gerechtfertigt erscheint (BGH, GRUR 2002, 59, 63 – ISCO; GRUR 2008, 616 Rn. 22 – AKZENTA; a. a. O. – Maalox/Melox-GRY).
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Daher gilt die Widerspruchsmarke, die gerichtsbekannt für alle Arten von Geldgeschäften international und auch im Inland genutzt wird, vorliegend – wie bereits dargelegt – für die Kredit- und Geldgeschäfte der Klasse 36 und auch für die beanspruchten Werbungs- und Marketingdienstleistungen der Klasse 35 als rechtserhaltend benutzt. Die dargelegte „Werbung für Kundenbindungs- und Belohnungsprogramme“ erfasst die gesamten Werbedienstleistungen der Klassen 35. Durch die geschilderten Programme und aufgrund der damit verbundenen Geschäftsideen sowie -konzepte der „Kundenbindungs- und Belohnungsprogrammen u. a. für Kreditkarten-Nutzer“ werden auch die Dienstleistungen „Geschäftsführung und Unternehmensführung“ umfasst.
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b) Zwischen den Dienstleistungen der Klassen 35 der jüngeren Marke und denen der Widerspruchsmarke besteht Identität. Gleichfalls Identität besteht zwischen den Dienstleistungen der Klasse 36 der Widerspruchsmarke und der Dienstleistung „Geldgeschäfte“ der jüngeren Marke, denn bei der „Abwicklung von Rückzahlungsprogrammen bei Kreditkarten und Finanzdienstleistungen im Rahmen von Kundenbindungs- und Belohnungsprogrammen, Treue- und Belohnungsprogramme für Kreditkarten-Nutzer usw. durch sog. Prepaid-Karten“ handelt es sich auch um „Geldgeschäfte“. Zwischen der Dienstleistung der Klasse 35 „Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung“ und der Klasse 36: „Immobilienwesen“ der jüngeren Marke und den Dienstleistungen der Klassen 35 und 36 der älteren Widerspruchsmarke besteht hochgradige Dienstleistungsähnlichkeit (vgl. Richter/ Stoppel, Die Ähnlichkeit von Waren und Dienstleistungen, 16. Aufl., S. 352 – Stichwort Geschäftsführung und S. 372 – Stichwort Unternehmensverwaltung u. a. mit Verweis auf BPatG 25 W (pat) 17/06 sowie S. 354 – Stichwort Immobilienwesen (Finanzwesen, Kreditkarten), u. a. mit Verweis auf BPatG 29 W (pat) 59/12). Die von der Beschwerdeführerin dargelegten „Programme für Kreditkartennutzer“ werden typischerweise im Rahmen von „Geschäftsführung und Unternehmensverwaltung“ entwickelt. „Immobilienwesen“ zählt bei allen Banken und Sparkassen zum Kernbereich der Geldgeschäfte. Sowohl die Deutsche Bank als auch Hypovereinsbank, Postbank, Sparkassen, Volks- und Raiffeisenbanken bieten bekanntermaßen neben den üblichen Geldgeschäften immer auch Immobilien an und beraten bei deren Finanzierung. Die von der jüngeren Marke beanspruchten weiteren „Büroarbeiten“ in Klasse 35 stellen notwendige Ergänzungen zu den von beiden Marken beanspruchten weiteren Dienstleistungen dar und sind daher jedenfalls hochgradig ähnlich (vgl. Richter/Stoppel, a. a. O., S. 342 – Stichwort Büroarbeiten).
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4. Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke „CITI“ ist in Bezug auf die der Beurteilung der Verwechslungsgefahr allein zugrunde zu legenden benutzten Dienstleistungen der Klassen 35 und 36 zumindest durchschnittlich, für den der Klasse 36 übergeordneten Begriff der „Geldgeschäfte“ sogar gesteigert kennzeichnungskräftig.
52
a) Die originäre Kennzeichnungskraft wird bestimmt durch die Eignung der Marke, sich unabhängig von der jeweiligen Benutzungslage als Unterscheidungsmittel für die Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens bei den beteiligten Kreisen einzuprägen und die Waren und Dienstleistungen damit von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. EuGH, GRUR 2010, 228, Rn. 33 – Audi/ HABM [Vorsprung durch Technik]; BGH, GRUR 2015, 1127, Rn. 10 – ISET/ ISETsolar; BGH, GRUR 2012, 1040, Tz. 29 – pjur/pure). Liegen keine konkreten Anhaltspunkte vor, die für eine hohe oder geringe Kennzeichnungskraft sprechen, ist von normaler oder – was dem entspricht – durchschnittlicher Kennzeichnungskraft auszugehen (vgl. BGH, GRUR 2016, 283, Rn. 10 – BSA/DAS DEUTSCHE SPORT MANAGEMENTAKADEMIE; BGH, GRUR 2012, 64, Rn. 12 – Maalox/ Melox-GRY).
53
Für die Bestimmung der Kennzeichnungskraft sind neben den Eigenschaften, die eine Marke von Haus aus besitzt, alle relevanten Umstände zu berücksichtigen, zu denen insbesondere der von der Marke gehaltene Marktanteil, die Intensität, die geografische Verbreitung und die Dauer der Benutzung der Marke, der Werbeaufwand des Unternehmens für die Marke und der Teil der beteiligten Kreise gehören, die die Waren oder Dienstleistungen aufgrund der Marke als von einem bestimmten Unternehmen stammend erkennen (vgl. EuGH, GRUR Int. 1999, 734, Rn. 23 – Lloyd; BGH, GRUR 2017, 75, Rn. 29 – Wunderbaum II; BGH, GRUR 2013, 833, Rn. 41 – Culinaria/Villa Culinaria). Die Prüfung hat anhand der jeweiligen Umstände des Einzelfalls umfassend zu erfolgen, nicht dagegen anhand genereller und abstrakter Angaben, wie etwa von festen Prozentsätzen der Bekanntheit des Zeichens als Kennzeichnungsmittel bei den beteiligten Kreisen (BGH, GRUR 2017, 75, Rn. 29 – Wunderbaum II). Diese Voraussetzungen müssen bereits im Anmeldezeitpunkt der jüngeren Marke vorgelegen haben und bis zum Entscheidungszeitpunkt fortbestehen (BPatG, GRUR 2018, 529, Rn. 28 – KNEIPP). Allerdings kann die originäre Kennzeichnungskraft einer Marke bei inländischen Kreisen auch dadurch gesteigert werden, dass die Marke nicht nur im Inland, sondern in zahlreichen weiteren Ländern präsent ist und inländische Kreise der Marke bei Reisen ins Ausland begegnen (vgl. BGH, GRUR 2017, 75, 2. Leitsatz – Wunderbaum II). Eine Steigerung der Kennzeichnungskraft durch intensive Benutzung ist von der Widersprechenden darzulegen und glaubhaft zu machen, soweit die Benutzungslage nicht im Einzelfall amts- oder gerichtsbekannt ist (BPatG, GRUR 2018, 529, Rn. 28 – KNEIPP; BPatG, GRUR-RR 2015, 468 – Senkrechte Balken).
54
b) Ausgehend hiervon ist die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke in Bezug auf die Dienstleistungen der Klassen 35 und 36 als gesteigert anzusehen, da mit ihnen der Kernbereich der Geldgeschäfte betroffen ist.
55
Die Widersprechende hat vielfältige Unterlagen zum Nachweis einer gesteigerten Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke vorgelegt. Diese Angaben hat  B… detailliert und umfangreich eidesstattlich versichert. Sie betreffen die Benutzung der Bezeichnung „CITI“ und für Geldgeschäfte und die damit verbundene Werbung. Die Gesellschaft weist mit einer Bilanzsumme von … Euro ein großes Geschäftsfeld auf und hatte im Jahr 2015 Geschäftsbeziehungen zu 29 der 30 DAX-Unternehmen. Dabei verwendet sie stets ihre Marken „CITI“. Durch ihre Geldgeschäfte und u. a. die damit verbundenen Kunden- und Bonusprogramme tritt die Beschwerdeführerin gemeinsam mit zahlreichen publikumswirksamen Unternehmen nicht nur in der Autobranche, wie etwa mit T…, sondern auch in den Bereichen der Energieversorgung, Versicherungsdienstleistungen, Telekommunikation sowie Luftfahrt auf. Sie ist dem allgemeinen Publikum im Inland auch aus umfangreichen Werbekampagnen im Ausland – etwa in Zusammenhang mit den Olympischen Spielen oder den CITI-Open (https://www.citiopentennis.com/) – bekannt.
56
Diese Steigerung der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke für Geldgeschäfte besteht des Weiteren auch gerichtsbekannt bis zum Entscheidungszeitpunkt fort.
57
5. Angesichts der (vorliegend allein relevanten) identischen bzw. hochgradig ähnlichen beanspruchten Dienstleistungen und selbst bei durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke wäre eine Verwechslungsgefahr nur zu verneinen, wenn die gegenüberstehenden Marken unähnlich oder allenfalls nur sehr entfernt ähnlich wären.
58
Ein solch geringer Grad der Zeichenähnlichkeit liegt allerdings entgegen der Ansicht der Beschwerdegegnerin nicht vor. Vielmehr besteht zwischen den Marken ein zumindest durchschnittlicher Grad der Zeichenähnlichkeit, der bereits zur Bejahung einer Verwechslungsgefahr ausreicht.
59
a) Eine Markenähnlichkeit kann in klanglicher, schriftbildlicher oder begrifflicher Hinsicht bestehen, wobei es für die Annahme einer Verwechslungsgefahr bereits ausreichen kann, wenn zwischen den jeweiligen Vergleichsmarken nur in einer dieser Kategorien ausreichende Übereinstimmungen festzustellen sind (BGH, GRUR 2015, 1004, Rn. 22 – IPS/ISP; BGH, GRUR 2014, 382, Rn. 25 – REAL-Chips; BGH, GRUR 2011, 824, Rn. 25 f. – Kappa; Hacker in: Ströbele/Hacker, Markengesetz, 12. Aufl. 2018, § 9 Rn. 268 m. w. N.).
60
Die in § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG enthaltene Aussage, wonach die Verwechslungsgefahr die Gefahr einschließt, dass die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden, begründet zwar keinen eigenen, über die Verwechslungsgefahr hinausgehenden Löschungsgrund. Nicht ausreichend sind deswegen bloße Annäherungen zwischen den Vergleichsmarken, mögen diese auch nicht zufällig erscheinen (vgl. EuGH GRUR 1998, 387, 389, Rn. 18 – Sabel/Puma; BGH, GRUR 1999, 735, 736 – MONOFLAM/POLYFLAM; GRUR 2010, 729, Rn. 43 – MIXI; Ströbele/Hacker, a. a. O., § 9, Rn. 484, 487, 517). Eine Verwechslungsgefahr besteht jedoch jedenfalls dann, wenn das Publikum annehmen könnte, dass die von den Vergleichszeichen erfassten Waren oder Dienstleistungen aus demselben Unternehmen oder gegebenenfalls aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen (vgl. EuGH GRUR 1998, 922, Rn. 29 – Canon). Eine dementsprechende assoziative bzw. mittelbare Verwechslungsgefahr kann darauf beruhen, dass die Zeichen in einem Bestandteil übereinstimmen, den das Publikum als Stamm mehrerer Zeichen eines Unternehmens ansieht und deshalb die nachfolgenden Zeichen, die einen wesensgleichen Stamm aufweisen, demselben Inhaber zuordnet (vgl. BGH, GRUR 2009, 484, Rn. 38 – METROBUS). Für die Annahme einer solch mittelbaren Verwechslungsgefahr ist es erforderlich, dass diesem Bestandteil ein Hinweischarakter auf den Inhaber der älteren Marke zukommt. Dies setzt das Vorliegen eines eigenständig hervortretenden, kennzeichnungskräftigen Zeichenstamms voraus, den der Markeninhaber dem Publikum zum Zeitpunkt der Anmeldung der angegriffenen Marke bereits durch mehrere benutzte Serienmarken nahe gebracht hat (vgl. EuGH GRUR 2008, 343, Rn. 64 – Il Ponte Finanziaria/HABM [BAINBRIDGE]; BGH, GRUR 2013, 1239, Rn. 40 – VOLKSWAGEN/Volks.Inspektion; zur notwendigen Eigenständigkeit eines Zeichenbestandteils vgl. BGH, GRUR 2009, 672, Rn. 40 – Ostseepost; m. w. N. Ströbele/Hacker, a. a. O., § 9, Rn. 492 ff., 502 f.).
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b) Beide Marken sind bereits aufgrund ihres jeweiligen Gesamteindrucks zumindest ähnlich.
62
Es kann allerdings dahinstehen, ob sich ein höherer Grad der Zeichenähnlichkeit daraus ergibt, dass die jüngere Marke allein durch den Wortteil „CITTI-“ geprägt würde, genauso wenig braucht der Frage nachgegangen zu werden, ob nicht eine zur mittelbaren Verwechslungsgefahr führende Zeichenähnlichkeit sich daraus ergeben könnte, dass der Wortteil „CITTI-“ in der jüngeren Marke eine selbständig kennzeichnende Stellung einnimmt.
63
In jedem Fall reiht sich die angegriffene Marke in eine benutzte Zeichenserie der Beschwerdeführerin ein. Unabhängig von den von der Beschwerdeführerin vorgelegten Belegen ist nicht nur gerichtsbekannt sondern dürfte allgemein bekannt und damit offenkundig sein, dass unter der Bezeichnung „CITI“ seit vielen Jahrzehnten Bankgeschäfte betrieben werden und „CITI“ nicht nur Unternehmenskennzeichen, sondern auch Stammbestandteil zahlreicher Marken der Beschwerdeführerin ist (so auch BPatG 33 W (pat) 67/07 und 33 W (pat) 14/97). Trotz der Nähe zu dem praktisch klangidentischen beschreibenden Wort „City“ hat der Wortbestandteil „CITI“ im Hinblick auf die Verwendung der verschiedenen „CITI“-Marken durch die Widersprechenden Hinweischarakter auf die Widersprechende erlangt, was insbesondere für Dienstleistungen aus dem Bereich der Klasse 36, nämlich Finanzwesen und Geldgeschäfte im weiteren Sinn, aber auch für „Informations- und Werbedienstleistungen insbesondere in diesem Bereich gilt. Dieser Hinweischarakter erfasst jedenfalls den hier streitgegenständlichen Dienstleistungsbereich, zumal Markenserien typischerweise zur Kennzeichnung verschiedener Waren und Dienstleistungen dienen und deshalb der für den Hinweischarakter maßgebliche Dienstleistungsbereich nicht zu eng gezogen werden darf (vgl. dazu auch Ströbele/Hacker, MarkenG, 12. Aufl., § 9 Rn. 335).
64
Zudem hat die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 12. Dezember 2018 das Vorhandensein einer Zeichenserie belegt, indem sie Registerauszüge zu ihren Marken CITIBANK DE 981211, CITIFIRST UM 005864202, CITIDIRECT BE UM 008671951, CITIMANAGER UM 001786086, CITI MOBILE UM 008766041, CITIFX PULSE UM 008389181 und CITI VELOCITY UM 008993693 vorgelegt hat. Wie auch in der mündlichen Verhandlung erörtert besitzt die Beschwerdeführerin darüber hinaus eine Vielzahl weiterer Marken mit dem Präfix „CITI“.
65
In diese Zeichenserie reiht sich das Wort-/Bildzeichen der jüngeren Marke ein, so dass eine Verwechslungsgefahr durch gedankliches Inverbindungbringen in Form einer Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne vorliegt. Das angesprochene Publikum wird in der jüngeren Marke bezogen auf die Dienstleistungen der Klassen 35 und 36 eine weiter Marke der Beschwerdeführerin vermuten, die eine leicht Abwandlung durch das doppelte „T“ hat, die sich klanglich nicht auswirkt und optisch als blickfangmäßige Aktualisierung aufgefasst werden kann. Der weitere Wortbestandteil „PARK“ wirkt eher beschreibend und hat jedenfalls weder eine prägende noch eine selbständig kennzeichnende Funktion, so dass sich das Publikum bei der jüngeren Marke an dem Wortbestandteil „CITTI“ orientieren wird. Auch in Bezug auf die Wortbildung passt die Wortkombination „CITTI-PARK“ in die Markenserie der Widersprechenden. Wie bei den Marken aus der Zeichenserie der Widersprechenden bildet der Bestandteil „CITTI“ bei der angegriffenen Marke den Anfangsbestandteil. Bei den Marken aus der Zeichenserie der Widersprechenden folgt dann zwar häufig ein englischer Begriff. Allerdings stellt dies nach Auffassung des Senats kein Kriterium dar, das eine abweichende Beurteilung rechtfertigen könnte, zumal englische und deutsche Begriffe häufig gleichgewichtig wahrgenommen werden bzw. keine Unterschiede mehr gemacht werden und vorliegend zudem bei einigen der Marken aus der Zeichenserie der entsprechende zweite Wortbestandteil auch als deutsches Wort verstanden werden kann (z. B. „CITICARD“, „CITIFIRST“, „CITIDIRECT“, „CITIMANAGER“ und „CITI VELOCITY“).
66
Auch die grafische Ausgestaltung der jüngeren Marke ist nicht geeignet, solche Herkunftsverwechslungen hinreichend zu verhindern. Die grafische Ausgestaltung der angegriffenen Marke bewegt sich im Rahmen üblicher werbegrafischer Ausgestaltungen. Mit dem mittig angeordneten roten Bogen kommt sie zudem den graphisch gestalteten Marken in der Zeichenserie der Widersprechenden (etwa EM 001 084 532 oder EM 005 170 170 ) und deren tatsächlicher, allgemein bekannter Verwendung mit dem in roter Farbe gehaltenen Bogen, sehr nahe. Das Publikum hat allerdings keinen Anlass, dieser Ausgestaltung eine eigenständige kennzeichnende Bedeutung beizumessen, zumal sie sich kaum treffend benennen lässt und deshalb bei der mündlichen Benennung der Marke, der bei den hier verfahrensgegenständlichen Dienstleistungen eine nicht zu unterschätzende Bedeutung zukommt, überhaupt keine Rolle spielen wird. Vielmehr wird das Publikum naheliegend davon ausgehen, dass die Beschwerdeführerin im Rahmen der Zeichenmodernisierung nunmehr ihre Marken oder einen Teil ihrer Marken auch grafisch ausgestaltet.
67
Da der Bestandteil „CITTI“ zudem für die hier allein in Rede stehenden Dienstleistungen aus dem Bereich der Klassen 35 und 36 und insbesondere für „Geldgeschäfte“ eher ungewöhnlich und nicht beschreibend ist, wird er das Publikum dazu veranlassen, sich an die Marke „CITI“ und deren Zeichenserie zu erinnern und die sich gegenüberstehenden Marken als zumindest durchschnittlich ähnlich anzusehen.
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Das angesprochene Publikum wird daher eine Verbindung der hinter den Marken stehenden Unternehmen annehmen.
69
6. Da somit für die identisch und hochgradig ähnlichen beanspruchten Dienstleistungen selbst bei angenommener normalen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke bereits der durchschnittliche Grad der Zeichenähnlichkeit eine Verwechslungsgefahr begründet, ohne dass es weiterer Überlegungen bedürfte, ob der Grad der Zeichenähnlichkeit durch andere Umstände weiter gesteigert wäre, war der den Widerspruch zurückweisende Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamtes bezogen auf die Dienstleistungen Klasse 35 „Werbung; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Büroarbeiten“ und Klasse 36 „Geldgeschäfte; Immobilienwesen“ aufzuheben und insoweit die teilweise Löschung der jüngeren Marke anzuordnen.
70
7. Hinsichtlich der Kosten des Beschwerdeverfahrens verbleibt es bei der gesetzlichen Regelung des § 71 Abs. 1 S. 2 MarkenG, da Billigkeitsgründe für die Auferlegung der Kosten auf einen Beteiligten weder vorgetragen wurden noch sonst ersichtlich sind. Auch für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 83 MarkenG sind Gründe weder geltend gemacht noch erkennbar.

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