Patent- und Markenrecht

Markenbeschwerdeverfahren – “GreenClean” – fehlende Unterscheidungskraft

Aktenzeichen  26 W (pat) 525/20

Datum:
14.9.2020
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
Gerichtsort:
München
Dokumenttyp:
Beschluss
ECLI:
ECLI:DE:BPatG:2020:140920B26Wpat525.20.0
Normen:
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG
Spruchkörper:
26. Senat

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2019 109 141.8
hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 14. September 2020 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Kortge sowie der Richter Dr. von Hartz und Schödel
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.
1
Das Wortzeichen
2
GreenClean
3
ist am 15. Juli 2019 unter der Nummer 30 2019 109 141.8 zur Eintragung als Marke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register angemeldet worden für Waren der Klassen 3 und 5.
4
Mit Beschluss vom 21. November 2019 hat die Markenstelle für Klasse 3 des DPMA die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft gemäß §§ 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG teilweise zurückgewiesen, nämlich für die Waren der
5
Klasse 3: Körperpflegemittel; Körperreinigungs- und Körperpflegepräparate; Haarpräparate und Haarkuren; Mittel zur Körper- und Schönheitspflege für das Haar; Haarshampoos.
6
Zur Begründung hat sie ausgeführt, das Anmeldezeichen sei aus den geläufigen und häufig verwendeten Werbeschlagwörtern „green“ und „clean“ zusam-mengesetzt. Das englische Wort „green“ bedeute „umweltfreundlich“. Die Umweltfreundlichkeit könne sich auf die Herstellung der Waren, deren Abbauprodukte im Abwasser, die verwendeten natürlichen und ökologischen Ausgangsstoffe, die Recyclingmöglichkeiten der Verpackung oder auf sonstige Gesichtspunkte beziehen. „Clean“ werde im Sinne von „sauber, rein“ verstanden. In der Gesamtbedeutung „umweltfreundlich sauber“ oder „umweltfreundliche Sauberkeit“ beschreibe das Anmeldezeichen die zurückgewiesenen Waren als umweltfreundliche Reinigungs-, Körper- und Haarpflegemittel. Der Oberbegriff der Körperpflegemittel umfasse auch Körpereinigungspräparate. Haarpräparate beinhalteten auch Haarshampoos, also Waren zum Waschen der Haare. Daher besäßen alle zurückgewiesenen Produkte eine Reinigungswirkung, die mit „clean“ unmittelbar beschrieben werde. Die Kombination mit dem vorangestellten Wort „green“ vermittle die Gesamtaussage, dass die beschwerdegegenständlichen Waren nicht nur eine Reinigungsfunktion erfüllten, sondern auch noch umweltfreundlich seien.
7
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie ist der Ansicht, im Warenverzeichnis seien gar keine typischen Putz- oder Reinigungsmittel enthalten. In der Entscheidung zu „MULTICLEAN“ (BPatG 24 W (pat) 184/99) sei die Unterscheidungskraft sogar Reinigungsbürsten zuerkannt worden. Ferner sei nicht berücksichtigt worden, dass die angemeldete Wortkombination ein Stabreim sei, weil beide Begriffe trotz der unterschiedlichen Schreibweise mit einem langen und betonten „i“ gesprochen würden. Diese Reimform führe, wie die Entscheidungen des BPatG zu „MIXFIX“ (BPatGE 6, 82) und „ZISCH & FRISCH“ (26 W (pat) 97/97) zeigten, zu einer besonders betriebskennzeichnenden Originalität. Auch die Entscheidungspraxis des BPatG (26 W (pat) 522 – Surf.GREEN; 33 W (pat) 552/10 – green follows function) und die deutschen Voreintragungen für Waren der Klasse 3 „Simple Green“ (1157476), „green energy“ (30105874), „GREENCLEEN“ (30 2014 001 266), „Green & Clean“ (30 2020 200 569.5), „Clean Green“ (30 2020 208 124); „EXTREME GREEN“ (30540130), „PURE GREEN“ (30650025) und „GREEN“ (30762643) sprächen für die Eintragungsfähigkeit des Anmeldezeichens.
8
Die Anmelderin beantragt sinngemäß,
9
den Beschluss der Markenstelle für Klasse 3 des DPMA vom 21. November 2019 aufzuheben.
10
Mit gerichtlichen Schreiben vom 7. Juli 2020 und 25. August 2020 ist die Anmelderin unter Beifügung von Recherchebelegen (jeweils Anlagen 1 bis 3, Bl. 32 – 66R GA und Bl. 84 – 105 GA) darauf hingewiesen worden, dass das angemeldete Wortzeichen nicht für schutzfähig erachtet werde.
11
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
12
Die nach §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 MarkenG statthafte Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet.
13
1. Der Eintragung des angemeldeten Wortzeichens „GreenClean“ als Marke steht in Bezug auf die zurückgewiesenen Waren das Schutzhindernis fehlender Unterscheidungskraft entgegen (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG). Die Markenstelle hat die Anmeldung daher insoweit zu Recht zurückgewiesen (§ 37 Abs. 1 MarkenG).
14
a) Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese Waren oder Dienstleistungen somit von denjenigen anderer Unternehmen unter-scheidet (EuGH GRUR 2015, 1198 Rdnr. 59 f. – Nestlé/Cadbury [Kit Kat]; BGH GRUR 2018, 932 Rdnr. 7 – #darferdas?; GRUR 2018, 301 Rdnr. 11 – Pippi-Langstrumpf-Marke; GRUR 2016, 934 Rdnr. 9 – OUI). Denn die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten (EuGH GRUR 2010, 228 Rdnr. 33 – Audi AG/HABM [Vorsprung durch Technik]; BGH a. a. O. – #darferdas?; a. a. O. – OUI). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (BGH a. a. O. – Pippi-Langstrumpf-Marke). Ebenso ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (EuGH GRUR 2004, 428 Rdnr. 53 – Henkel; BGH a. a. O. Rdnr. 15 – Pippi-Langstrumpf-Marke).
15
Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft zum relevanten Anmeldezeitpunkt (BGH GRUR 2013, 1143 Rdnr. 15 – Aus Akten werden Fakten) sind einerseits die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist (EuGH GRUR 2006, 411 Rdnr. 24 – Matratzen Concord/Hukla; BGH GRUR 2014, 376 Rdnr. 11 – grill meister).
16
Ausgehend hiervon besitzen Wortzeichen dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die angesprochenen Verkehrskreise lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (EuGH GRUR 2004, 674, Rdnr. 86 – Postkantoor; BGH a. a. O. Rdnr. 8 – #darferdas?; GRUR 2012, 270 Rdnr. 11 – Link economy) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der deutschen Sprache oder einer bekannten Fremdsprache bestehen, die vom Verkehr – etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung – stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (BGH a. a. O. – #darferdas?; a. a. O. Rdnr. 12 – OUI; GRUR 2014, 872 Rdnr. 21 – Gute Laune Drops). Darüber hinaus besitzen keine Unterscheidungskraft vor allem auch Angaben, die sich auf Umstände beziehen, die die beanspruchte Ware oder Dienstleistung zwar selbst nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird und deshalb die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Verkehr den beschreibenden Begriffsinhalt ohne weiteres erfasst und in der Bezeichnung kein Unterscheidungsmittel für deren Herkunft sieht (BGH a. a. O. – #darferdas?; a. a. O. – Pippi-Langstrumpf-Marke). Hierfür reicht es aus, dass ein Wortzeichen, selbst wenn es bislang für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht beschreibend verwendet wurde oder es sich gar um eine sprachliche Neuschöpfung handelt, in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal dieser Waren und Dienstleistungen bezeichnen kann (EuGH GRUR 2004, 146 Rdnr. 32 – DOUBLEMINT; BGH GRUR 2014, 569 Rdnr. 18 – HOT); dies gilt auch für ein zusammengesetztes Zeichen, das aus mehreren Begriffen besteht, die nach diesen Vorgaben für sich genommen schutzunfähig sind. Der Charakter einer Sachangabe entfällt bei der Zusammenfügung beschreibender Begriffe jedoch dann, wenn die beschreibenden Angaben durch die Kombination eine ungewöhnliche Änderung erfahren, die hinreichend weit von der Sachangabe wegführt (EuGH MarkenR 2007, 204 Rdnr. 77 f. – CELLTECH; BGH GRUR 2014, 1204 Rdnr. 16 – DüsseldorfCongress).
17
b) Diesen Anforderungen an die Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG genügt das angemeldete Wortzeichen „GreenClean“ nicht.
18
Die angesprochenen inländischen Verkehrskreise haben es schon zum Anmeldezeitpunkt, dem 15. Juli 2019, als Sachaussage über Beschaffenheit und Wirkungsweise der zurückgewiesenen Waren, nicht aber als betrieblichen Herkunftshinweis aufgefasst.
19
aa) Von den zurückgewiesenen Waren werden breite inländische Verkehrskreise angesprochen, nämlich sowohl der Endverbraucher als auch der Kosmetikfachhandel, Drogerien sowie Supermärkte mit Drogeriesortiment.
20
bb) Das Anmeldezeichen setzt sich aus zwei Wörtern des englischen Grund-wortschatzes zusammen.
21
aaa) Das Adjektiv „green“ bedeutet „grün“ (Weis, Grund- und Aufbauwortschatz Englisch, 2. Aufl. 1977, S. 50, s. Anlage 1 zum zweiten gerichtlichen Hinweis). Es wird aber sowohl vom Durchschnittsverbraucher als auch vom Fachverkehr nicht nur als Farbangabe, sondern vor allem im Sinne von „ökologisch, umweltbewusst, umweltfreundlich, umweltverträglich, nachhaltig“ verstanden (vgl. BPatG 27 W (pat) 524/15 – start green; 33 W (pat) 552/10 – green follows function; 25 W (pat) 512/17 – Green Chemistry Port; 29 W (pat) 511/16 –
Abbildung in Originalgröße in neuem Fenster öffnen
; 30 W (pat) 31/12 – GREEN FUTURE COMPANY; 28 W (pat) 91/12 – GREEN POWER MOTOR; 28 W (pat) 589/10 – greenLine; 27 W (pat) 174/99 – GREEN LABEL; 26 W (pat) 63/93 – The green generation). Denn es handelt sich um einen branchenübergreifend verwendeten Hinweis darauf, dass Produk-te/Dienstleistungen umweltfreundlich/ökologisch hergestellt bzw. erbracht werden oder sich bei ihrem Einsatz und Gebrauch als umweltfreundlich/ökologisch erweisen (vgl. BPatG a. a. O. – start green; 28 W (pat) 533/12 – Green Now). Als Folge der rasanten Entwicklung des Treibhauseffekts und durch eine Vielzahl in der Öffentlichkeit geführter Debatten ist das Thema „Umweltfreundlichkeit“ in den letzten Jahren in das Blickfeld der allgemeinen Wahrnehmung gerückt. Unter dem Stichwort „ökologischer Fußabdruck“ wird dabei zunehmend thematisiert, welche erhebliche Bedeutung dem Handeln des Einzelnen bei Einkauf und Verbrauch für den Umweltschutz zukommt. Dies hat insgesamt zu einer größeren Sensibilisierung für Umwelt- und Naturschutzfragen und zu einer verstärkten Reflexion der Verbraucher und Unternehmen über die Folgen des eigenen Verhaltens geführt. Für die Verbraucher stellt das ökologische, umweltgerechte Erzeugen und/oder Wirken der Produkte inzwischen ein wesentliches Kaufkriterium dar. „Umweltfreundlichkeit“ wird daher in allen Branchen und damit auch im Körper- und Haarpflegebereich als Werbeschlagwort und Eigenschaftsversprechen eingesetzt (vgl. BPatG 28 W (pat) 533/12 – Green Now).
22
bbb) Das Eigenschaftswort „clean“ wird mit „sauber; rein“ und das entsprechende Verb mit „putzen, reinmachen, säubern“ übersetzt (Weis, Grund- und Aufbauwortschatz Englisch, 2. Aufl. 1977, S. 29, s. Anlage 1 zum zweiten gerichtlichen Hinweis; vgl. auch BPatG 24 W (pat) 184/99 – MULTICLEAN; 24 W (pat) 567/14 – Fugenclean; 30 W (pat) 520/12 – CleanApp; 24 W (pat) 114/99 – Ultra Clean; 32 W (pat) 169/96 – EasyClean).
23
cc) Das Anmeldezeichen ist daher in seiner Gesamtheit aus Sicht der angesprochenen inländischen Verkehrskreise schon zum Anmeldezeitpunkt, dem 15. Juli 2019, im Sinne von „ökologisch rein“ oder „umweltfreundlich sauber“ verstanden worden. Damit hat es einen anpreisenden, sachbezogenen Hinweis auf wesentliche Produktmerkmale dargestellt, und zwar in dem Sinne, dass die so gekennzeichneten Waren „ökologisch, umweltbewusst, umweltfreundlich, umweltverträglich, nachhaltig“ hergestellt worden sind und eine „saubere/reine“ Wirkung herbeiführen bzw. eine Reinigungsfunktion erfüllen und/oder von den Inhaltsstoffen her rein sind, also keine (gesundheits- und/oder umwelt-)schädlichen Bestandteile aufweisen.
24
dd) Die angemeldete Wortkombination gibt somit unmittelbar beschreibend an, dass die damit gekennzeichneten, zurückgewiesenen Waren nachhaltig produziert und/oder recyclefähig verpackt sind oder nur umweltverträgliche Stoffe enthalten und den Körper und die Haare reinigen oder inhaltlich rein, also zugunsten eines gesunden Körpers und gesunder Haare und/oder zugunsten der Umwelt schadstofffrei sind. Dazu gehören beispielsweise vegane und tierversuchsfreie Produkte sowie natürliche, hautverträgliche sowie umweltverträglich abbaubare Inhaltsstoffe (vgl. https://www.beauty-concept-shop.de/koerperpflege-koerperreinigung-peeling#, s. Anlagenkonvolut 2 zum zweiten gerichtlichen Hinweis).
25
aaa) Das gilt nicht nur für die ausschließlich der Körper- oder Haarreinigung dienenden Produkte „Körperreinigungspräparate; Haarshampoos“, sondern auch für die übrigen beschwerdegegenständlichen Waren „Körperpflegemittel; Körperpflegepräparate; Haarpräparate und Haarkuren; Mittel zur Körper- und Schönheitspflege für das Haar”.
26
(1) Denn Körperpflege bedeutet nicht nur Pflege, sondern „besonders Reinigung des menschlichen Körpers“ (https://www.duden.de/rechtschreibung/Koerperpflege, s. Anlagenkonvolut 2 zum zweiten gerichtlichen Hinweis). Körperpflege dient in erster Linie der Reinigung und trägt dazu bei, die Haut gesund zu halten. Sie bedeutet das Entfernen von Schmutz, Schadstoffen und Krankheitserregern, was gleichzeitig die optimale Pflege vorbereitet (https://www.schoenheitsgebot.de/koerperpflege.php; https://www.haz.de/Nachrichten/Panorama/Uebersicht/Sauber-bleiben!-Die-richtige-Koerperpflege; https://cocopha.de/koerperpflege/; https://www.beauty-concept-shop.de/koerperpflege-koerperreinigung-peeling#; Bender, Körperpflege-kunde, 2. Aufl. 2004, Inhaltsverzeichnis S. 7 bis 11, s. Anlagenkonvolut 2 zum zweiten gerichtlichen Hinweis).
27
(2) Damit handelt es sich bei den Waren „Körperpflegemittel; Körperpflegepräparate” um Oberbegriffe, die Körperreinigungsprodukte mitumfassen. Dies gilt auch für die Oberbegriffe „Haarpräparate; Mittel zur Körperpflege für das Haar“, unter die auch Haarreinigungsmittel fallen. Einer Eintragung als Marke für mit einem weiten Oberbegriff bezeichnete Waren stehen Eintragungshindernisse schon dann entgegen, wenn sie hinsichtlich einzelner unter den Oberbegriff fallender Waren vorliegen (BGH GRUR 2015, 1012 Rdnr. 44 – Nivea-Blau; GRUR 2011, 65 Rdnr. 26 – Buchstabe T mit Strich; GRUR 2005, 578, 581 – LOKMAUS).
28
(3) Soweit das Wortzeichen „GreenClean“ also mit „rein“ auf die den Körper und die Haare reinigende Funktion hinweist und damit über Reinigungsprodukte eine Sachaussage trifft, reicht es aus, dass diese unter die vorgenannten Oberbegriffe der Körperpflegemittel bzw. Haarpräparate fallen.
29
bbb) Da das Anmeldezeichen mit der Bedeutung „ökologisch rein“ aber auch dahingehend verstanden werden kann, dass die damit gekennzeichneten Waren keine umweltschädlichen Stoffe enthalten, ist es mit dieser Bedeutung auch für „Haarkuren“, bei denen es sich um (reine) Haarpflegemittel und Haarspülungen handelt (https://www.duden.de/rechtschreibung/Haarkur, s. Anlage 3 zum zweiten gerichtlichen Hinweis), sowie für „Mittel zur Schönheitspflege für das Haar” schutzunfähig.
30
ee) Darüber hinaus ist die Begriffskombination „green clean“ bereits vor dem Anmeldezeitpunkt im Zusammenhang mit Körperpflegeprodukten beschreibend verwendet worden:
31
– „FARMACY Green Clean Make Up Meltaway Cleansing Balm 100 ml“ (www.lookfantastic.de, 18. August 2018, Anlagenkonvolut 2 zum ersten gerichtlichen Hinweis);
32
– „Micro Cell 2000 Green & Clean Nail Repair Remover Nagellackentferner (Im Angebot von Amazon.de seit 25. Februar 2019, Anlagenkonvolut 2 zum ersten gerichtlichen Hinweis);
33
– JORDAN GREEN CLEAN – Preisgekrönte nachhaltige Eco Zahnbürste aus recycelten Materialien | Umweltfreundlich … Die hochwertige weiche Bürste besteht aus 100 % bio-basiertem Nylon … Die Zahnbürste wird in einer umweltfreundlichen Verpackung geliefert, die vollständig aus recycelten Papierfasern besteht. … (Im Angebot von Amazon.de seit 9. Juni 2019, https://www.amazon.de/JORDAN-GREEN-CLEAN-Umweltfreundlich-Scandinavian/dp/B07SHHPL28?th=1).
34
ff) Soweit das Anmeldezeichen offen lässt, in welcher Hinsicht die zurückgewiesenen Waren ökologisch/umweltfreundlich rein/sauber sind, vermag dies nichts an der Schutzunfähigkeit zu ändern. Denn die Annahme einer beschreibenden Bedeutung setzt nicht voraus, dass die Bezeichnung feste begriffliche Konturen erlangt und sich damit eine einhellige Auffassung zum Sinngehalt herausgebildet hat. Von einem beschreibenden Begriff kann vielmehr auch dann auszugehen sein, wenn das Zeichenwort verschiedene Bedeutungen hat, sein Inhalt vage und nicht klar umrissen ist oder nur eine der möglichen Bedeutungen die Waren oder Dienstleistungen beschreibt (EuGH GRUR 2004, 146 Rdnr. 32 – DOUBLEMINT; GRUR 2004, 680 Rdnr. 38 – 42 – BIOMILD; BGH GRUR 2014, 872 Rdnr. 25 – Gute Laune Drops; GRUR 2014, 569 Rdnr. 18 – HOT; GRUR 2013, 522 Rdnr. 13 – Deutschlands schönste Seiten).
35
gg) Auch wenn es sich bei dem Anmeldezeichen um eine Wortneuschöpfung handelt, fehlt es an einer ungewöhnlichen Änderung, die hinreichend weit von der Sachaussage wegführt. Weder die der englischen Rechtschreibung zuwiderlaufende Zusammenschreibung der beanspruchten Wortkombination „GreenClean“ noch die sprachregelwidrige Großschreibung der beiden Anfangsbuchstaben stellen eine der Struktur nach ungewöhnliche Veränderung dar, weil der Verkehr mit der zäsurlosen Aneinanderreihung von Wörtern schon aufgrund der Domainnamen im Internet vertraut ist, bei denen Leerzeichen unzulässig sind (BGH GRUR 2014, 1204 Rdnr. 16 – DüsseldorfCongress; BPatG 30 W (pat) 520/12 – CleanApp; 25 W (pat) 2/16 – findwhatyoulike; 26 W (pat) 122/09 – mykaraokeradio; 29 W (pat) 104/13 – edatasystems; 33 W (pat) 511/13 – klugeshandeln; 26 W (pat) 3/15 – dateformore), und an die willkürliche und nicht den grammatikalischen Regeln folgende Groß- und Kleinschreibung von Wörtern in der Werbung gewöhnt ist (BPatG 30 W (pat) 22/17 – Naturell; 27 W (pat) 89/11 – !Solid; 29 W (pat) 25/09 – Turkey Today).
36
2. Da schon das Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG vorliegt, kann es dahinstehen, ob das angemeldete Wortzeichen darüber hinaus gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG für die fraglichen Waren freihaltungsbedürftig ist.
37
3. Schließlich rechtfertigen weder die von der Anmelderin angeführten Entscheidungen noch die Voreintragungen eine andere Beurteilung.
38
a) Die genannten bundespatentgerichtlichen Beschlüsse sind mit der vorliegenden Fallgestaltung nicht vergleichbar.
39
aa) Zunächst bezieht sich der Beschluss des BPatG zu „Surf.GREEN“ (26 W (pat) 522) nur auf die Dienstleistung „Werbung“, bei der besondere Kriterien zu berücksichtigen sind: Da es nicht den Branchengewohnheiten entspricht, Werbedienstleistungen durch das beworbene Produkt(sortiment) zu charakterisieren, weil die Festlegung auf einen bestimmten Inhalt eine nicht gewollte Beschränkung bedeutet, hat eine Bezeichnung nur dann beschreibenden Charakter, wenn sie die Art des Mediums oder die Branche angibt, auf die die Werbedienstleistungen bezogen sind (BGH GRUR 2009, 949 Rdnr. 24 – My World; BPatG 29 W (pat) 35/15 – Immer eine Frische voraus; 26 W (pat) 549/18 – Intermate). Bei seinen Recherchen hatte der Senat im Gegensatz zum vorliegenden Fall nicht ermitteln können, dass Werbedienstleistungen speziell für Internetplattformen umweltfreundlicher Suchmaschinen oder für umweltfreundliches Surfen als Wassersportart angeboten werden.
40
bb) Die von der Anmelderin zitierte Entscheidung zu „green follows function“ (BPatG 33 W (pat) 552/10) ist schon deshalb nicht vergleichbar, weil es sich um einen Slogan handelt, bei dem im Gegensatz zum vorliegenden Fall jedes einzelne Wort so unbestimmt und mehrdeutig ist, dass die angesprochenen Verkehrskreise den Satz insgesamt als rätselhaft wahrnehmen und sich eine beschreibende Bedeutung für die beanspruchten Dienstleistungen der Klassen 35 bis 37 und 42 erst nach einigen umständlichen Gedankenschritten erschließt.
41
cc) Die Schutzfähigkeit der Wortmarke „MULTICLEAN“ (BPatG 24 W (pat) 184/99) ist mit der Begründung erfolgt, dass die Bedeutung „vielfältiges Reinigen“ oder „mehrfache Sauberkeit“ die Waren „Reinigungsbürsten“, „Reinigungspinsel“ und „Reinigungsspatel“ nicht beschreiben, weil jeder dieser Gegenstände nur für eine bestimmte mechanische Reinigung geeignet sei. Ferner sei der Gesamtausdruck – im Gegensatz zum vorliegenden Anmeldezeichen – derart vage, dass zumindest eine geringe Unterscheidungskraft gegeben sei.
42
dd) Entgegen der Ansicht der Anmelderin hat auch in den Entscheidungen des BPatG zu „MIXFIX“ (BPatGE 6, 82) und „ZISCH & FRISCH“ (26 W (pat) 97/97) al-lein die Verwendung eines Stabreims bzw. einer Alliteration nicht zur Schutzfähigkeit geführt. Der Grund war vielmehr die mangelnde Sachaussage. Bei „MIXFIX“ war keine der im Warenverzeichnis verbliebenen Lebensmittel ihrer Natur nach zum Mischen bestimmt (BPatGE 6, 83). Soweit Haushaltsbehälter einen zischenden Laut erzeugen könnten, sei dies keine ihrer wesentlichen Eigenschaften, so dass die Verbraucher nur durch eine gedankliche Deduktion zu einem Hinweis auf Vakuumbehälter gelangen könnten. Angesichts der wenig aussagekräftigen und letztlich unklaren Bedeutung von „ZISCH“ fehlte es daher an einer beschreibenden Angabe.
43
b) Schließlich führen auch die von der Anmelderin genannten Voreintragungen nicht zu einer anderen Einschätzung. Wegen der Einzelheiten wird auf den ausführlichen gerichtlichen Hinweis vom 25. August 2020 Bezug genommen.

Jetzt teilen:

Ähnliche Artikel

L-1-Visum – Als Experte in die USA

Es gibt etliche Wege, legal in die USA einzureisen. Einer davon ist die Einreise als Experte mit einem Visum für unternehmensinterne Transfers. Es ist als L1-Visum bekannt. Hier erfahren Sie alles über die Visa-Typen, die Beantragung und die Herausforderungen.
Mehr lesen

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen

IT- und Medienrecht

Abtretung, Mietobjekt, Vertragsschluss, Kaufpreis, Beendigung, Vermieter, Zeitpunkt, Frist, Glaubhaftmachung, betrug, Auskunftsanspruch, Vertragsurkunde, Auskunft, Anlage, Sinn und Zweck, Vorwegnahme der Hauptsache, kein Anspruch
Mehr lesen