Aktenzeichen 30 W (pat) 507/17
Tenor
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Marke 30 2015 105 427
hat der 30. Senat (Marken- und Design-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 30. April 2020 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Hacker sowie der Richterin Akintche und des Richters Dr. Meiser
beschlossen:
Die Beschwerde der Widersprechenden wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
1
Die am 21. August 2015 angemeldete Wort-/Bildmarke
2
ist am 16. September 2015 unter der Nr. 30 2015 105 427 für die Waren
3
„Klasse 9: Spiegel [optisch]; Kneifer [Augengläser]; Sonnenbrillen; Brillenfassungen, -gestelle; Kneiferfassungen; Brillengläser; Korrektionslinsen [Optik]; Brillenetuis; Kneiferetuis“
4
in das beim Deutschen Patent- und Markenamt geführte Register eingetragen worden. Die Veröffentlichung erfolgte am 16. Oktober 2015.
5
Gegen die Eintragung dieser Marke ist Widerspruch erhoben worden aus der am 1. April 1996 angemeldeten und am 6. August 2002 eingetragenen Unionsmarke 000 049 270
6
HUGO
7
wobei der Widerspruch auf folgende Waren gestützt ist:
8
„Klasse 9: Brillen und deren Teile;
9
Klasse 14: Edelmetalle und deren Legierungen sowie daraus hergestellte oder damit plattierte Waren, soweit in Klasse 14 enthalten; Juwelierwaren, Schmuckwaren; Uhren und Armbanduhren;
10
Klasse 18: Leder und Lederimitationen sowie Waren aus diesen Materialien, soweit sie in Klasse 18 enthalten sind, insbesondere Kleinlederwaren; Reise- und Handkoffer; Taschen und Beutel; Regen- und Sonnenschirme;
11
Klasse 25: Herren-, Damen- und Kinderbekleidung; Strümpfe; Kopfbedeckungen; Gürtel; Schals; Accessoires, nämlich Kopftücher, Halstücher, Schultertücher, Einstecktücher; Krawatten; Handschuhe; Schuhe; Ledergürtel.“
12
Mit Beschluss vom 4. Oktober 2016 hat die mit einer Beamtin des gehobenen Dienstes besetzte Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts den Widerspruch zurückgewiesen, da keine Verwechslungsgefahr nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG zwischen den Marken zu befürchten sei.
13
Zur Begründung ist ausgeführt, entgegen dem Vorbringen der Widersprechenden sei die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke nur durchschnittlich; hinreichende Anhaltspunkte für eine gesteigerte Kennzeichnungskraft seien nicht dargelegt worden. Trotz teilweise identischer Waren sei eine Verwechslungsgefahr aufgrund der Unähnlichkeit der Vergleichsmarken zu verneinen.
14
Mit Blick auf die Wortlänge und die grafische Ausgestaltung der angegriffenen Marke sowie die unterschiedliche Silben- und Vokalanzahl unterschieden sich die Vergleichszeichen klanglich, schriftbildlich und begrifflich deutlich. Zwar würden beide Marken mit „HUGO“ beginnen, jedoch verschmelze dieser Bestandteil in der angegriffenen Marke mit der weiteren Buchstabenfolge „MOFELL“. „HUGO“ weise in der angegriffenen Marke auch keine prägende Funktion und somit keine kollisionsbegründende Stellung auf. Im Gegenteil würden sich die Verkehrskreise aufgrund der Häufigkeit von „HUGO“ als Vorname vorliegend eher an dem Bestandteil „MOFELL“ orientieren. Der Verkehr werde die Gesamtmarke HUGOMOFELL stets nur als einen neuen und eigentümlich wirkenden Gesamtbegriff und damit als Einheit auffassen.
15
Es bestehe auch keine Gefahr, dass die Vergleichszeichen nach § 9 Abs. 1 Nr. 2, 2. Halbsatz MarkenG gedanklich miteinander in Verbindung gebracht würden. Anhaltspunkte dafür, dass die angegriffene Marke für eine (weitere) Serienmarke der Widersprechenden gehalten werde, bestünden nicht. Zwar habe die Widersprechende zu einer Markenserie mit dem Bestandteil „HUGO“ (unter anderem „HUGO Boss“, „HUGO HUGO BOSS WOMAN“, „HUGO BOSS GOLF“) vorgetragen und eine Bekanntheit sowie intensive Benutzung im „Kleidungs-, Accessoire- und Schmucksektor“ geltend gemacht. Die von der Widersprechenden benannten Marken seien aber dadurch gekennzeichnet, dass es sich entweder um die Ursprungsmarke ohne weitere Zusätze (bzw. die Kombination aus Vor- und Nachnamen „H…“ handele oder aber um die Ursprungsmarke mit nachgestellten beschreibenden Zusätzen (z. B. „WOMAN“, „GOLF“). Demgegenüber werde der Zusatz in der angegriffenen Marke „MOFELL“ weder als weiterer Name noch als merkmalsbeschreibend aufgefasst, so dass sich die angegriffene Marke nicht in die Zeichenserie einfüge. Jedenfalls sei das Vorbringen der Widersprechenden nicht geeignet zu belegen, dass der Bestandteil „HUGO“ in Alleinstellung als Stammbestandteil mit Hinweiswirkung auf den Geschäftsbetrieb der Widersprechenden gewertet werde.
16
Hingegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden.
17
Sie macht geltend, dass die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke aufgrund intensiver Benutzung gesteigert sei. Zum Beleg sind im Amts- und Beschwerdeverfahren u. a. folgende Unterlagen vorgelegt worden:
18
– Wikipedia-Eintrag zu „Hugo Boss“;
19
– Google-Recherchen;
20
– HUGO BOSS NEUNMONATSBERICHT Januar-September 2015;
21
– Geschäftsbericht 2014 – HUGO BOSS – Markenwelt;
22
– Studie von „Spiegel-QC“ (Der Premium-Vermarkter), BOSS / HUGO, November 2011;
23
– Online-Artikel wuv.de., Die stärksten Modemarken Deutschlands, vom 14. September 2012;
24
– mafo.de, Brand Fell Ranking KW 37/2012;
25
– eidesstattliche Versicherung des Herrn D…, „berechtigter Vertreter der H… GmbH, … M…“, vom 3. Januar 2017.
26
Entgegen der Auffassung der Markenstelle seien die Vergleichszeichen hochgradig ähnlich. Die angegriffene Marke übernehme am besonders beachteten Wortanfang die Widerspruchsmarke HUGO identisch. Der maßgebliche Durchschnittsverbraucher werde die angegriffene Marke ohne weiteres als aus dem gebräuchlichen männlichen Vornamen HUGO und der bedeutungslosen Endsilbe „MOFELL“ zusammengesetzt erkennen. Dabei sei die Wortendung „MOFELL“ mangels Bedeutung wenig einprägsam, so dass der Verkehr sie in seiner undeutlichen Erinnerung verwerfen werde.
27
Ferner schlage die gesteigerte Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke aufgrund intensiver Benutzung auf die Frage der Prägung der jüngeren Marke durch. Der Verkehr werde in der jüngeren Marke daher alleine das Element HUGO als prägend ansehen.
28
Schließlich sei auch zu berücksichtigen, dass die Widersprechende über eine Markenserie mit dem Stammbestandteil HUGO verfüge, dies u.a. mit den Unionsmarken
29
– Nr. 000049254 „HUGO BOSS“ (Wortmarke)
30
– Nr. 000049288 (Wort-/Bildmarke):
31
– Nr. 000287870 „HUGO BOSS WOMAN“ (Wortmarke),
32
– Nr. 000585380 (Wort-/Bildmarke):
33
– Nr. 000585448 „HUGO WOMAN“ (Wortmarke),
34
sowie den nationalen Marken
35
– Nr. 1007460 „HUGO BOSS“ (Wortmarke)
36
– Nr. 2036129 „HUGO“ (Wortmarke),
37
– Nr. 2037591 (Wort-/Bildmarke):
38
sowie der IR-Marke 1006937 „HUGOCREATE“ (Wortmarke).
39
Innerhalb dieser Markenserie werde dem dominanten Wortelement HUGO vom Verkehr die maßgebliche Herkunftsfunktion beigemessen, während die übrigen Bestandteile nur als Kennzeichen für bestimmte Waren und/oder Dienstleistungen aus dem Geschäftsbetrieb eines einheitlichen Inhabers angesehen würden. Die Markenserie sei dabei vielfältig und bestehe aus einer großen Anzahl verschiedenster Marken, so dass nicht auszuschließen sei, dass nunmehr auch Marken der Form HUGO in Verbindung mit „nicht beschreibenden Elementen“ hinzugefügt würden. Brillen seien als Modeaccessoires allgemein anerkannt, so dass es auch insoweit naheliegend sei, dass die Widersprechende weiter in diesen Sektor expandiere.
40
Die Vergleichszeichen seien sich dabei mit Blick auf den gemeinsamen Bestandteil HUGO auch konzeptionell ähnlich. In der Gesamtschau sei der Grad der Zeichenähnlichkeit hoch. Bei identischen bzw. zumindest hochgradig ähnlichen Waren und einer gesteigerten Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke bestehe unmittelbare Verwechslungsgefahr.
41
Jedenfalls aber sei die Gefahr eines gedanklichen Inverbindungbringens gegeben, da die jüngere Marke als Teil der Markenserie der Widersprechenden mit dem Stammbestandteil „HUGO“ wahrgenommen werde.
42
Die Widersprechende beantragt sinngemäß,
43
den Beschluss der Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 4. Oktober 2016 aufzuheben und wegen des Widerspruchs aus der Unionsmarke 000 049 270 die Löschung der angegriffenen Marke 30 2015 105 427 anzuordnen.
44
Die Markeninhaberin hat sich am Beschwerdeverfahren nicht beteiligt.
45
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
46
Die gemäß §§ 66, 64 Abs. 6 Satz 1 MarkenG statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde der Widersprechenden hat in der Sache keinen Erfolg.
47
Zwischen den Vergleichsmarken besteht keine Gefahr von Verwechslungen (§§ 125b Nr. 1, 43 Abs. 2, 42 Abs. 2 Nr. 1, 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG a.F.). Auch eine Löschung der jüngeren Marke unter dem Gesichtspunkt des Sonderschutzes der bekannten Marke (§§ 42 Abs. 2 Nr. 1, 9 Abs. 1 Nr. 3 MarkenG a. F.) kommt nicht in Betracht. Daher hat die Markenstelle den Widerspruch aus der Unionsmarke 000 049 270 zu Recht zurückgewiesen (§ 43 Abs. 2 Satz 2 MarkenG).
48
A. Im Laufe des Beschwerdeverfahrens haben sich die Vorschriften des Markengesetzes mit Wirkung vom 14. Januar 2019 geändert. Eine für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Änderung der Rechtslage folgt daraus nicht (BGH WRP 2019, 1316 Rn. 11 – KNEIPP). Da die Anmeldung der angegriffenen Marke zwischen dem 1. Oktober 2009 und dem 14. Januar 2019 eingereicht wurde, sind bei hiergegen erhobenen Widersprüchen weiterhin die Vorschriften nach § 42 Abs. 1 und 2 MarkenG in der bis zum 14. Januar 2019 geltenden Fassung anzuwenden (vgl. § 158 Abs. 3 MarkenG).
49
B. Ob Verwechslungsgefahr vorliegt, ist unter Beachtung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen (vgl. z. B. EuGH GRUR 2010, 1098 Rn. 44 – Calvin Klein/HABM; GRUR 2010, 933 Rn. 32 – BARBARA BECKER; BGH WRP 2018, 82 Rn. 9 – OXFORD/Oxford Club; GRUR 2012, 1040 Rn. 25 – pjur/pure). Von maßgeblicher Bedeutung sind insoweit die Identität oder Ähnlichkeit der zum Vergleich stehenden Marken sowie der von diesen erfassten Waren oder Dienstleistungen. Darüber hinaus ist die Kennzeichnungskraft der älteren Marke und – davon abhängig – der dieser im Einzelfall zukommende Schutzumfang in die Betrachtung miteinzubeziehen. Dabei impliziert der Begriff der Verwechslungsgefahr eine gewisse Wechselwirkung zwischen den genannten Faktoren (z. B. EuGH GRUR 2008, 343 Rn. 48 – Il Ponte Finanziaria Spa/HABM; BGH WRP 2018, 82 Rn. 9 – OXFORD/ Oxford Club; GRUR 2013, 833 Rn. 30 – Culinaria/Villa Culinaria).
50
Nach diesen Grundsätzen ist zwischen den Vergleichsmarken eine markenrechtlich relevante Gefahr von Verwechslungen nicht zu besorgen.
51
1. Beide Marken können sich nach der vorliegend maßgeblichen Registerlage teilweise in Klasse 9 auf identischen sowie im Übrigen auf hochgradig ähnlichen Waren begegnen.
52
2. Die Widerspruchsmarke verfügt über eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft (zu den Graden der Kennzeichnungskraft vgl. BGH GRUR 2013, 833, Nr. 55 – Culinaria/Villa Culinaria).
53
a) Vornamen wie HUGO kommt von Haus aus grundsätzlich eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft zu (vgl. Ströbele/Hacker/Thiering, MarkenG, 12. Auflage, § 9 Rn. 155-156 mwN); Anhaltspunkte für eine Schwächung sind vorliegend nicht ersichtlich.
54
b) Entgegen dem Vorbringen der Widersprechenden kann für den hier relevanten Warensektor („Brillen; Brillenzubehör“) nicht von einer aufgrund intensiver Benutzung gesteigerten Kennzeichnungskraft ausgegangen werden.
55
aa) Für die Annahme einer erhöhten Kennzeichnungskraft durch eine gesteigerte Verkehrsbekanntheit bedarf es grundsätzlich hinreichend konkreter Angaben zum Marktanteil, zu Intensität, geografischer Verbreitung und Dauer der Benutzung der Marke, zum Werbeaufwand des Unternehmens inklusive des Investitionsumfangs zur Förderung der Marke sowie ggf. zu demoskopischen Befragungen zwecks Ermittlung des Anteils der beteiligten Verkehrskreise, die die Waren oder Dienstleistungen auf Grund der Marke als von einem bestimmten Unternehmen stammend erkennen (BGH, a. a. O., Rn. 41 – Culinaria/Villa Culinaria). Diese Voraussetzungen müssen bereits im Anmeldezeitpunkt der jüngeren Marke vorgelegen haben (vgl. BGH GRUR 2008, 903 Rn. 13 f. – SIERRA ANTIGUO) und bis zum Entscheidungszeitpunkt fortbestehen (Ströbele/Hacker/Thiering, a. a. O., § 9 Rdnr. 224). Eine Steigerung der Kennzeichnungskraft durch intensive Benutzung ist nach dem Beibringungs- und Verhandlungsgrundsatz von der Widersprechenden darzulegen und glaubhaft zu machen, soweit die Benutzungslage nicht im Einzelfall amts- oder gerichtsbekannt ist (BGH GRUR 2006, 152 Rn. 19 – GALLUP; BPatG, Beschluss vom 11.06.2015, 29 W (pat) 76/12; GRUR-RR 2015, 468, 469 – Senkrechte Balken).
56
bb) Die von der Widersprechenden vorgelegten Unterlagen in Form von Markenrankings, Google-Trefferlisten bzw. einer Verkehrsumfrage aus dem Jahr 2010 („Spiegel-QC“-Studie) genügen diesen Anforderungen nicht.
57
Zunächst ist anzumerken, dass die Unterlagen zur Glaubhaftmachung teilweise deutlich vor dem Prioritätsdatum der jüngeren Marke datieren und sich insgesamt auf den Zeitraum bis maximal 2014/2015 beschränken, während Angaben für die Zeit danach fehlen. Eine die (originäre) Kennzeichnungskraft stärkende Benutzung muss aber sowohl im Prioritätszeitpunkt der jüngeren Marke vorliegen als auch im Entscheidungszeitpunkt noch fortbestehen (vgl. Ströbele/Hacker/Thiering, a. a. O., § 9 Rdnr. 224).
58
Darüber hinaus sind die Unterlagen auch ihrem Inhalt nach nicht geeignet, eine gesteigerte Verkehrsbekanntheit der Widerspruchsmarke zu belegen.
59
Die vorgelegten Marken-Rankings sowie Trefferlisten aufgrund einer Google-Recherche lassen für sich schon keinen Schluss auf eine durch Benutzung gesteigerte Kennzeichnungskraft zu (vgl. Ströbele/Hacker/Thiering, a. a. O., Rn. 167). Im Übrigen bezieht sich das vorgelegte „Brand Fell Ranking KW 37/2012“ (mafo.de) auf das Jahr 2012 und zudem ausdrücklich auf den Markennamen „Boss“ bzw. die Wort-/Bildmarke „BOSS HUGO BOSS“, nicht aber auf die Widerspruchsmarke.
60
Die Studie von „Spiegel-QC“ („ BOSS / HUGO, November 2011“, Anlage 5, Bl. 66 ff. d. A.) enthält zwar Aussagen zur Bekanntheit der Marke HUGO im Jahr 2010 in Bezug auf die deutsche Bevölkerung („in der Altersgruppe 14-69 Jahre“), wobei u.a. auf Seite 25 der Studie angegeben wird, circa 39,21 Millionen (91 %) sei die Marke HUGO bekannt („are aware of the HUGO brand“).
61
Jedoch können von der Sachlage laut Studie im Jahr 2010 keine zuverlässigen Rückschlüsse auf die vorliegend maßgeblichen Zeitpunkte (den Prioritätszeitpunkt der jüngeren Marke und den Entscheidungspunkt, mithin auf Zeitpunkte, die knapp fünf bzw. sogar zehn Jahre nach Durchführung der Studie liegen) gezogen werden. Hinzu tritt, dass es sich bei der Studie von „Spiegel-QC“ um eine Online-Umfrage handelt (vgl. Seite 9 der Umfrage: „Type of questioning: Online questionnaire“). Die Gestaltung als Online-Befragung führt aber zu einer Beschränkung der „beteiligten Verkehrskreise“ auf Online-Nutzer, während eine repräsentative Verkehrsumfrage bei Waren des Massenkonsums (wie hier: Brillen, Bekleidung etc.) voraussetzen würde, dass die Gesamtbevölkerung als verkehrsbeteiligt zugrunde gelegt wird (siehe ausführlich Ströbele/Hacker/Thiering, a. a. O., § 8 Rn. 724 f., 752 m. w. N.). Schließlich fehlt es an Angaben zur Methodik der Studie und an der Offenlegung der zugrundeliegenden Fragestellungen (vgl. zu diesem Erfordernis und zu den Anforderungen an die Fragestellung in demoskopischen Gutachten ausführlich Ströbele/Hacker/Thiering, a. a. O., § 8 Rn. 720 ff mwN).
62
cc) Letztlich können die dargestellten Mängel der o. g. Glaubhaftmachungsunterlagen aber dahinstehen. Denn die vorgenannten Dokumente (Markenrankings, „Spiegel-QC-Studie“) beziehen sich ihrem Inhalt nach schon nicht spezifisch auf den Warenbereich der „Brillen“ und des „Brillenzubehörs“ und enthalten hierzu keine konkreten Angaben, so dass sie von vorneherein keine Rückschlüsse auf die Verkehrsbekanntheit der Widerspruchsmarke in diesem – hier aber entscheidungserheblichen – Warensektor zulassen.
63
dd) Konkrete Angaben zur Benutzung der Widerspruchsmarke HUGO im Warenbereich „Brillen, Brillenzubehör“ enthält alleine die eidesstattliche Versicherung des Herrn D… (als „berechtigter Vertreter“ der Widersprechenden) vom 3. Januar 2017.
64
Die derart eidesstattlich versicherten Angaben (u.a. zu Nettoeinkünften mit Brillen und Brillenzubehör unter der Marke HUGO) belegen aber eine gesteigerte Verkehrsbekanntheit der Widerspruchsmarke im Warensektor „Brillen“ gerade nicht, im Gegenteil sprechen sie sogar dagegen.
65
Die für die Annahme einer gesteigerten Kennzeichnungskraft maßgeblichen Umstände müssen grundsätzlich für das Inland festgestellt werden (Ströbele/Hacker/ Thiering, a. a. O., § 9 Rn. 172). Ausgehend hiervon lassen die gemäß eidesstattlicher Versicherung mit Brillen und Zubehör unter der Marke HUGO weltweit erzielten Nettoeinkünfte für die Jahre 2010 bis 2015 schon keine zuverlässigen Rückschlüsse auf die inländische Verkehrsbekanntheit zu. Im Übrigen sind die angegebenen Nettoeinkünfte im globalen Maßstab (bezogen auf den weltweiten Markt „Brillen/Brillenzubehör“) als offensichtlich gering anzusehen, wobei zudem auffällt, dass die Nettoumsätze in den Jahren 2010 bis 2015 kontinuierlich zurückgingen, dies von … Euro im Jahr 2010 auf nur noch … Euro im Jahr 2015.
66
Noch wesentlich geringer fielen nach der eidesstattlichen Versicherung die mit Brillen und Zubehör unter der Marke HUGO in Deutschland erzielten Nettoeinkünfte aus.
67
So werden für die Jahre 2011 bis 2014 lediglich Beträge zwischen … Euro (im Jahr 2011) und maximal … Euro (im Jahr 2012) angegeben, was im Verhältnis zum inländischen Gesamtmarkt nur als offensichtlich sehr gering angesehen werden kann.
68
Die in der eidesstattlichen Versicherung darüber hinaus für die Jahre 2013 und 2014 angegebenen Werbeausgaben für „HUGO“ liegen zwar jedenfalls im Millionenbereich (jeweils knapp … Euro für Deutschland; … bzw. … Euro weltweit), insoweit fehlt es aber an einer differenzierenden Zuordnung zu bestimmten Warengruppen. Insbesondere ist nicht glaubhaft gemacht, welche Werbeausgaben konkret auf Brillen und Zubehör entfielen.
69
ee) In der Gesamtschau stützen die vorgelegten Unterlagen daher die Annahme einer Verkehrsbekanntheit der Marke HUGO im Bereich „Brillen“ und „Brillenzubehör, -teile“ zu den entscheidungserheblichen Zeitpunkten nicht; im Gegenteil lassen die mitgeteilten, offensichtlich geringen Netto-Jahreseinkünfte auf geringe Verkaufszahlen und damit ein niedriges Niveau der Verkehrsbekanntheit jedenfalls in diesem Warenbereich schließen.
70
c) Nach alledem bestehen keine Anhaltspunkte für eine gesteigerte Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke im hier relevanten Warenbereich.
71
3. Die Zeichenähnlichkeit ist sehr gering.
72
a) Maßgeblich für die Beurteilung der Zeichenähnlichkeit ist der Gesamteindruck der Vergleichsmarken unter Berücksichtigung der unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente (EuGH GRUR 2013, 922 Rn. 35 – Specsavers/Asda; BGH GRUR 2013, 833 Rn. 30 – Culinaria/Villa Culinaria), wobei von dem allgemeinen Erfahrungsgrundsatz auszugehen ist, dass der Verkehr eine Marke so aufnimmt, wie sie ihm entgegentritt, ohne sie einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (vgl. u. a. EuGH GRUR 2004, 428, Rn. 53 – Henkel; BGH GRUR 2001, 1151, 1152 – marktfrisch). Die Frage der Ähnlichkeit sich gegenüberstehender Zeichen ist nach deren Ähnlichkeit in Klang, (Schrift-)Bild und Sinngehalt zu beurteilen, weil Marken auf die mit ihnen angesprochenen Verkehrskreise in klanglicher, bildlicher und begrifflicher Hinsicht wirken (vgl. EuGH GRUR 2006, 413 Rn. 19 – ZIRH/ SIR; BGH GRUR 2010, 235 Rn. 15 – AIDA/AIDU; NJW-RR 2009, 757 Rn. 32 – METROBUS). Dabei genügt für die Annahme einer Verwechslungsgefahr regelmäßig bereits die hinreichende Übereinstimmung in einer Richtung (BGH a.a.O. Rn. 18 – AIDA/AIDU; GRUR 2008, 724 Rn. 37 – idw).
73
b) In ihrer Gesamtheit hebt sich die angegriffene Marke in klanglicher, schriftbildlicher und begrifflicher Hinsicht trotz des mit der Widerspruchsmarke identischen Zeichenanfangs „HUGO“ hinreichend deutlich durch die zusätzliche Buchstabenfolge „MOFELL“ ab. Die Vergleichszeichen sind entgegen dem Vortrag der Widersprechenden nicht konzeptionell ähnlich, sondern unterscheiden sich in der Wortlänge (vier bzw. zehn Buchstaben), der Silbenzahl (zwei bzw. vier Silben) und der lauttragenden Vokalfolge erheblich.
74
Die Feststellung einer Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Marken würde deshalb voraussetzen, dass der Gesamteindruck der angegriffenen Marke allein von deren Bestandteil „HUGO“ geprägt wird oder dieser Bestandteil innerhalb der angegriffenen Marke eine selbstständig kennzeichnende Stellung innehat. Beides ist jedoch nicht der Fall.
75
c) Bei der Beurteilung der Ähnlichkeit sind die sich gegenüberstehenden Kennzeichen wie dargelegt jeweils als Ganzes zu berücksichtigen und in ihrem Gesamteindruck miteinander zu vergleichen. Das schließt nicht aus, dass unter Umständen ein oder mehrere Bestandteile eines komplexen Kennzeichens für den Gesamteindruck prägend sein können, den das Kennzeichen im Gedächtnis der angesprochenen Verkehrskreise hervorruft (vgl. EuGH, GRUR 2005, 1042 Rn. 28 f. – THOMSON LIFE; GRUR 2007, 700 Rn. 41 – Limoncello/LIMONCHELO; BGH, WRP 2008, 232 – INTERCONNECT/T-InterConnect; BGH, GRUR 2014, 382 Rn. 14 – REAL-Chips). Weiter ist es möglich, dass ein Zeichen, das als Bestandteil in eine zusammengesetzte Marke oder eine komplexe Kennzeichnung aufgenommen wird, eine selbständig kennzeichnende Stellung behält, ohne dass es das Erscheinungsbild der zusammengesetzten Marke oder komplexen Kennzeichnung dominiert oder prägt (BGH, GRUR 2013, 833 Rn. 45 – Culinaria/Villa Culinaria). Allein der Umstand, dass sämtliche Bestandteile einer zusammengesetzten Marke oder komplexen Kennzeichnung den Gesamteindruck der Marke oder Kennzeichnung gleichermaßen bestimmen, weil keiner dieser Bestandteile das Erscheinungsbild der Marke oder Kennzeichnung dominiert oder prägt, führt allerdings nicht dazu, dass diese Bestandteile eine selbständig kennzeichnende Stellung haben. Vielmehr müssen besondere Umstände vorliegen, die es rechtfertigen, in einem zusammengesetzten Zeichen einzelne oder mehrere Bestandteile als selbständig kennzeichnend anzusehen (BGH, GRUR 2013, 833 Rn. 45 – Culinaria/Villa Culinaria; GRUR 2018, 79 Rn. 37 – OXFORD/Oxford Club).
76
d) Diese Grundsätze können nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes auch auf einteilige Zeichen – wie hier die angegriffene Marke – anzuwenden sein (vgl. BGH GRUR 2008, 905, Nr. 26 – Pantohexal; GRUR 2010, 729, Nr. 34 – MIXI; GRUR 2013, 631, Nr. 33 – AMARULA/Marulablu). Dies setzt allerdings voraus, dass der Verkehr aufgrund besonderer Umstände Veranlassung hat, das zu einem Wort zusammengesetzte Zeichen zergliedernd und nicht als einheitliche Bezeichnung aufzufassen (BGH GRUR 2010, 729, Nr. 34 – MIXI; GRUR 2013, 631, Nr. 33 – AMARULA/Marulablu). Bei der Feststellung solcher besonderen Umstände handelt es sich um einen eigenständigen Prüfungsschritt, der der eigentlichen Anwendung des Prägungsgrundsatzes vorgelagert ist und mit dieser nicht vermengt werden darf. Denn es geht bei dieser Prüfung darum festzustellen, ob die Anwendung des für kombinierte Zeichen geltenden Prägungsgrundsatzes trotz der formalen Einteiligkeit eines Zeichens ausnahmsweise in Betracht kommt.
77
e) In Anwendung der dargelegten Grundsätze ist der Widersprechenden im Ausgangspunkt zwar einzuräumen, dass vorliegend ein Anlass zur zergliedernden Wahrnehmung der Einwortmarke besteht, weil der Verkehr in dem vorangestellten Zeichenelement „HUGO“ ohne Weiteres einen geläufigen Vornamen wiedererkennen wird. Ausgehend hiervon erschließt sich die angegriffene Marke dem Verkehr naheliegend (und ungeachtet der Zusammenschreibung in Majuskeln) als Gesamtname, in dem „HUGO“ der Vorname und „MOFELL“ der Familienname ist.
78
f) Es kann aber entgegen dem Vorbringen der Widersprechenden nicht davon ausgegangen werden, dass die angegriffene Marke als Gesamtname alleine durch den Vornamen geprägt wird bzw. dass „HUGO“ in der angegriffenen Marke eine selbständig kennzeichnende Stellung aufweist.
79
aa) Bei einem – wie hier – aus einem Vor- und Familiennamen gebildeten Gesamtnamen ging die frühere Rechtsprechung davon aus, dass sich ein entscheidungserheblicher Teil des Verkehrs insbesondere bei längeren Eigennamen vornehmlich an dem Familiennamen als prägendem Bestandteil orientiert (vgl. u. a. BGH GRUR 1961, 628, 630 – Umberto Rosso; GRUR 1991, 475, 477 – Caren Pfleger; BPatG GRUR 2002, 70, 71 – Noelle Claris/CLARISSE; siehe auch mwN Ströbele/Hacker/Thiering, a. a. O., § 9 Rn. 441). Nach der neueren Rechtsprechung gibt es dagegen keinen Erfahrungssatz, wonach im Regelfall dem Familiennamen eine prägende Bedeutung zukommt (vgl. BGH GRUR 2005, 513, 514 – MEY/Ella May). Vielmehr ist von dem Grundsatz auszugehen, dass sich der Verkehr in aller Regel an dem aus Vor- und Familiennamen gebildeten Gesamtnamen orientiert (BGH GRUR 2000, 233, 234 f. – RAUSCH/ELFI RAUCH; GRUR 2000, 1031, 1032 – Carl Link; siehe auch Ströbele/Hacker/Thiering, a. a. O., § 9 Rn. 443 mwN). Letztlich sind für die Beurteilung der Frage, ob der Gesamteindruck einer aus einem Gesamtnamen bestehenden Marke allein durch einen ihrer Bestandteile geprägt wird, aber stets die Umstände des Einzelfalls – insbesondere des jeweiligen Verhältnisses von Vor- und Familiennamen zueinander (vgl. BPatGE 41, 186, 190 f. – stefano casini/CASSINI) – maßgeblich (vgl. EuGH GRUR 2010, 933, 934, Nr. 38, 40 – BARBARA BECKER; Ströbele/Hacker/Thiering, a. a. O., § 9 Rn. 443). Ferner ist bei der Frage der Prägung einer jüngeren Kombinationsmarke durch einen ihrer Bestandteile stets auch zu berücksichtigen, ob dieser Bestandteil als isoliertes Zeichen der Widersprechenden eine erhöhte Kennzeichnungskraft erlangt hat (BPatG PAVIS PROMA 27 W (pat) 173/03 – leni baldessari/BALDESSARINI; Ströbele/ Hacker/Thiering, a. a. O., § 9 Rn. 447).
80
bb) Im vorliegenden Fall gebieten die Umstände des Einzelfalls keine Abweichung von dem allgemeinen Erfahrungssatz, dass sich der Verkehr bei einer aus einem Vor- und Familiennamen gebildeten Marke im Allgemeinen an dem Gesamtnamen orientiert.
81
Bei dem Vornamen „HUGO“ handelt es sich – wie die Widersprechende nicht in Abrede stellt, sondern selbst vorträgt – um einen auch im Deutschen geläufigen Vornamen. Dieser gewöhnliche Vorname erlangt aber grundsätzlich erst durch die Hinzusetzung eines Nachnamens seine auf eine bestimmte Person bezogene Identifizierbarkeit bzw. Individualisierung. Der Nachname „MOFELL“ ist dagegen originell und prägnant. Im Fall der Verbindung eines häufigen Vornamens mit einem ungewöhnlichen Nachnamen besteht aber für den Verkehr kein Anlass, den gewöhnlichen Namensbestandteil „HUGO“ gleichsam „herauszugreifen“ und darin einen prägenden bzw. selbständig kennzeichnenden Bestandteil zu erkennen. Vielmehr wird er zur Unterscheidung den weiteren – „individuelleren“ – Namensbestandteil mit heranziehen und benennen (vgl. [jeweils zu häufig vorkommenden Nachnamen] BPatG, 25 W (pat) 30/08 – Müller-Burzler/müller; BPatG, 26 W (pat) 87/10 – Simon Weber/WEBER; Ströbele/Hacker/Thiering, a. a. O., § 9 Rn. 444).
82
cc) Dem mit der Widerspruchsmarke übereinstimmenden Bestandteil „HUGO“ der angegriffenen Marke kann daher weder eine prägende noch – unter dem Gesichtspunkt einer Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne – selbständig kennzeichnende Stellung innerhalb des angegriffenen Zeichens zuerkannt werden. Der Verkehr wird vielmehr mit HUGOMOFELL einen anderen Namensträger verbinden als mit „HUGO“ in Alleinstellung (oder auch mit „HUGO BOSS“, worauf die Widersprechende teilweise abzuheben scheint).
83
dd) Ob sich eine andere Beurteilung gebieten würde, wenn die Widerspruchsmarke im vorliegenden Warenzusammenhang eine (erheblich) gesteigerte Kennzeichnungskraft aufwiese, kann dahinstehen. Denn wie ausführlich dargelegt (vgl. oben, Ziffer 2 b)), sind Umstände, die Rückschlüsse auf eine erhöhte Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke im hier relevanten Warenbereich „Brillen und Brillenzubehör“ zuließen, nicht ersichtlich.
84
g) Für den Verkehr besteht daher insgesamt keine Veranlassung, zwischen einem prägenden oder selbstständig kennzeichnenden Bestandteil „HUGO“ und einem vernachlässigungsfähigen Bestandteil „MOFELL“ zu unterscheiden. Es hat daher bei einem Gesamtvergleich der Zeichen zu bleiben, bei dem sich diese – wie ausgeführt – deutlich unterscheiden. Insoweit scheidet eine Verwechslungsgefahr im Rahmen der Gesamtabwägung dann aber mangels hinreichender Zeichenähnlichkeit aus.
85
4. Entgegen dem Vorbringen der Widersprechenden besteht auch keine Gefahr, dass die Zeichen gedanklich unter dem Aspekt des Serienzeichens miteinander in Verbindung gebracht werden, § 9 Abs. 1 Nr. 2, 2. Halbsatz MarkenG.
86
Dies ist dann der Fall, wenn die jüngere mit der älteren Marke in einem Bestandteil übereinstimmt, den der Verkehr als Stamm mehrerer Zeichen eines Unternehmens sieht und deshalb die nachfolgenden Bezeichnungen, die einen wesensgleichen Stamm aufweisen, demselben Inhaber zuordnet. Das Vorliegen einer Zeichenserie setzt die Benutzung mehrerer Marken mit einem gemeinsamen Stammbestandteil voraus, damit die angesprochenen Verkehrskreise das gemeinsame Element kennen und mit der Zeichenserie in Verbindung bringen (EuGH GRUR 2008, 343 Rn. 64 – BAINBRIDGE; BGH GRUR 2013, 1239 Rn. 40 – Volkswagen/ Volks.Inspektion; GRUR 2013, 840 Rn. 23 – PROTI; BPatG 30 W (pat) 33/17 – view one/view; 26 W (pat) 4/16 – e-miglia/MILLE MIGLIA). Vorliegend hat die Widersprechende zunächst schon nichts zu einer „liquiden“ Verwendung (vgl. Ströbele/ Hacker/Thiering, a. a. O., § 9 Rn. 517) der in Betracht kommenden HUGO-Serienmarken (HUGO WOMEN, HUGOCREATE etc.) schon im Anmeldezeitpunkt der jüngeren Marke vorgetragen. Selbst wenn man aber zugunsten der Widersprechenden eine tatsächlich benutzte Zeichenserie mit dem Stammbestandteil „HUGO“ unterstellt, fügt sich der zusätzliche Bestandteil „MOFELL“, der auf eine Person mit diesem individuellen Nachnamen hinweist, nicht in eine serienmäßige Bezeichnungspraxis der Widersprechenden ein, wie auch die Markenstelle zutreffend festgestellt hat und wie letztlich auch die Widersprechende erkennt (wenn sie auf die Möglichkeit einer zukünftigen Ergänzung der Markenserie um Marken in der Gestaltung „HUGO in Verbindung mit nicht beschreibenden Elementen“ verweist). Die Wahrnehmung von HUGOMOFELL als Gesamtnamen führt von der Vorstellung weg, es handele sich um die Serienmarke der Widersprechenden (vgl. Ströbele/Hacker/ Thiering, a. a. O., Rn. 530, 531 mwN).
87
C. Eine Löschung der jüngeren Marke kommt schließlich auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Sonderschutzes der bekannten Marke (§§ 42 Abs. 2 Nr. 1, 9 Abs. 1 Nr. 3 MarkenG) in Betracht.
88
Die in das Verfahren eingeführten Unterlagen bieten auch in ihrer Gesamtschau keine zuverlässige Grundlage für die Annahme einer Bekanntheit im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 3 MarkenG der Widerspruchsmarke HUGO (in Alleinstellung, vgl. hierzu ausführlich oben, Ziffer 2 b). Letztlich kann dies aber dahinstehen. Denn selbst wenn man eine Bekanntheit der Widerspruchsmarke für bestimmte Warenbereiche (etwa für den Sektor „Bekleidung“) unterstellt, liegen die weiteren Voraussetzungen für den Löschungsgrund des Sonderschutzes der bekannten Marke nicht vor.
89
Denn für diesen ist nicht alleine eine Ähnlichkeit der Zeichen notwendig (vgl. Ströbele/Hacker/Thiering, a. a. O., § 14 Rn. 349 ff, 355); zudem ist nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes noch vor Prüfung der Eingriffstatbestände (d. h. vor der Feststellung einer eventuellen unlauteren Ausnutzung oder Beeinträchtigung der Unterscheidungskraft bzw. der Wertschätzung der bekannten Marke) zunächst festzustellen, ob der Verkehr zwischen dem angegriffenen Zeichen und der bekannten Marke eine gedankliche Verknüpfung vornimmt bzw. ob das angegriffene Zeichen geeignet ist, die bekannte Marke in Erinnerung zu rufen (vgl. etwa EuGH GRUR 2009, 56, Nr. 60 – Intel Corporation/CPM United Kingdom; w. N. bei Ströbele/Hacker/Thiering, a. a. O., § 14 Rn. 381). Vorliegend besteht aber bereits deshalb keine Veranlassung für den Verkehr, eine gedankliche Verknüpfung zu der – unterstellt – bekannten Marke der Widersprechenden herzustellen, weil er die angegriffene Marke HUGOMOFELL als Gesamtnamen wahrnehmen wird, in dem „HUGO“ lediglich der Vorname einer Person mit dem individualisierenden Nachnamen „ MOFELL “ ist.
90
D. Die Beschwerde ist daher zurückzuweisen.
91
E. Hinsichtlich der Kosten des Beschwerdeverfahrens verbleibt es bei der gesetzlichen Regelung des § 71 Abs. 1 S. 2 MarkenG, da Billigkeitsgründe für die Auferlegung der Kosten auf einen Beteiligten weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich sind.