Aktenzeichen 27 W (pat) 574/17
Tenor
In der Beschwerdesache
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betreffend die Markenmeldung 30 2017100 213.4
hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 27. Mai 2019 durch die Vorsitzende Richterin Klante, den Richter Schwarz und die Richterin Lachenmayr-Nikolaou
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
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Das Deutsche Patent- und Markenamt – Markenstelle für Klasse 43 – hat mit dem von einem Angehörigen des gehobenen Dienstes erlassenen Beschluss vom 7. Juli 2017 die Anmeldung der Bezeichnung
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HYBRIDHOTEL
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als Wortmarke für die Waren und Dienstleistungen
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Klasse 25: Bekleidungsstücke; Kopfbedeckungen; Schuhwaren
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Klasse 32: Sirupe für die Zubereitung von Getränken; Präparate für die Zubereitung von Getränken; Mineralwässer; Kohlensäurehaltige Wässer; Fruchtsäfte; Fruchtgetränke; Biere; Alkoholfreie Getränke
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Klasse 43: Dienstleistungen zur Verpflegung von Gästen; Dienstleistungen zur Beherbergung von Gästen; Dienstleistungen von Hotels
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nach § 37 Abs. 1, § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen.
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Zur Begründung ist ausgeführt: Das um Schutz nachsuchende Zeichen setze sich sprachüblich aus den Wortbestandteilen „Hybrid“ und „Hotel“ (als Gewerbebetrieb geführtes) Haus mit bestimmtem Komfort, in dem Gäste übernachten bzw. für eine bestimmte Zeit des Urlaubs wohnen könnten und verpflegt würden, zusammen. In der Architektur sei ein Hybrid eine Mischung aus verschiedenen Formen, Funktionen und Abläufen. Der Hybridbau sei ein Bausystem, mit dem schnell und flexibel Gebäude aller Arten und Nutzungen erstellt werden könnten. Der Ausdruck Hybrid besage, dass verschiedene Baustoffe (wie Holz, Stahl und Beton) verwendet würden. Es handele sich um die bloße Aneinanderreihung zweier gebräuchlicher Begrifflichkeiten, die sich in einer sachbezogenen Aussage erschöpften. Ein merklicher, ungewöhnlicher Unterschied zwischen der Kombination in ihrer Gesamtheit und der bloßen Summe ihrer Bestandteile, die von einem rein sachbezogenen Aussagegehalt wegführten und die Schutzfähigkeit begründen könnte, fehle. Im Zusammenhang mit den beanspruchten Dienstleistungen habe das Zeichen einen im Vordergrund stehenden Begriffsinhalt bzw. weise einen engen sachlichen Bezug zu diesen auf. Im Hinblick auf den beschreibend informativen Aussagegehalt der Wortmarke würden die hier angesprochenen Verkehrskreise in der Marke keinen Hinweis auf einen ganz bestimmten Anbieter der so bezeichneten Waren sehen. Soweit die Anmelderin auf ihrer Ansicht nach vergleichbare Voreintragungen verweise, könne dies einen Eintragungsanspruch nicht begründen.
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Gegen diesen ihren Verfahrensbevollmächtigten am 12. Juli 2017 zugestellten Beschluss hat die Beschwerdeführerin am 19. Juli 2017 beim Deutschen Patent- und Markenamt Beschwerde unter Zahlung der Beschwerdegebühr eingelegt.
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Die Beschwerdeführerin trägt vor: Der Ansicht des Deutschen Patent- und Markenamtes könne nicht gefolgt werden. Die Unterscheidungskraft könne nur unter Heranziehung der Anschauung der maßgeblichen Verkehrskreise beurteilt werden. Der maßgebliche Verkehrskreis setze sich vorliegend aus den durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Verbrauchern dieser Dienstleistungen zusammen. Bei den beanspruchten Dienstleistungen seien folglich (Hotel-) Gäste, d. h. Personen heranzuziehen, die Essen und/oder Trinken gingen oder für eine oder mehrere Nächte eine Bleibe suchten, sei es geschäftlich oder um dort einen Urlaub zu verbringen. Folglich sei es gänzlich fernliegend, dass Hotelgäste bei der beanspruchten Marke an etwaige „verschiedene technologische Komponenten“ denken würden, geschweige denn an bestimmte „Komponenten“. Das beanspruchte Zeichen „HYBRIDHOTEL“ könne bereits aus sich heraus, und erst recht mit Blick auf die beanspruchten Dienstleistungen, nicht als beschreibend i. S. v. § 8 Abs. 2 MarkenG angesehen werden. Der Wortbestandteil „Hybrid“ könnte zwar für sich allein, jedoch in einem gänzlich anderen Zusammenhang (Automobil), als gebräuchliches und beschreibendes Wort in Erscheinung treten. Dies sei aber nicht Streitgegenstand. Im vorliegenden Fall sei das Zeichen „HYBRIDHOTEL“ natürlich allein in Bezug auf die Dienstleistungen in der Klasse 43 zu beurteilen. Hier könne weder von einer solchen Gebräuchlichkeit noch von einer glatt beschreibenden, sofort wahrnehmbaren Angabe für Verpflegung und Beherbergung von Gästen bzw. üblichen Dienstleistungen eines Hotels ausgegangen werden. Die im angefochtenen Beschluss vertretene Auffassung, dass die Marke einen Beherbergungsbetrieb „bezeichne“, der „mehrere verschiedene technologische Komponenten“ aufweise, werde weder belegt noch im Hinblick auf die beanspruchten Dienstleistungen aus Klasse 43 dargelegt. Der vom Deutschen Patent- und Markenamt im Beanstandungsbescheid vom 2. März 2017 genannte Artikel aus der Webseite „Wikipedia“ – dessen Angabe mit Nichtwissen bestritten werde und dem keine belastbare Aussagekraft zukomme (vgl. EUG T-229/14, GRUR-RS 2015, 80856) – bezüglich „Hybridbau“, also „Hybrid“ in Bezug auf ein angebliches Bausystem, „mit dem schnell und flexibel Gebäude aller Arten und Nutzungen erstellt werden können“, berühre allenfalls Gesichtspunkte aus der Baubranche, also einem Bereich, der offensichtlich keinerlei Bezug oder Berührungspunkte zu den verfahrensgegenständlichen Dienstleistungen aufweise, denn die angemeldete Marke ziele nicht auf das Bauen oder Renovieren (Klasse 37) von Hotels oder Gebäuden ab, sondern auf das Beherbergen und Verpflegen von Gästen (Klasse 43). Für die Gäste, also den hier maßgeblichen Verkehrskreis, sei die Bauweise, sollte es einen „Hybridbau“ überhaupt geben, des Hotels irrelevant bzw. die Gäste könnten auch eine „Hybridbauweise“ nicht von einer Nicht-Hybridbauweise unterscheiden. Hier bleibe alles vollkommen im Dunkeln und unklar und würde den Gästen ein Höchstmaß an analysierender Betrachtungsweise abverlangen, die bekanntlich nicht gegen, sondern gerade für die Eintragungsfähigkeit bzw. Unterscheidungskraft spreche. Damit fehle es ganz offenkundig an einem engen sich aufdrängenden unmittelbar beschreibenden Bezug zu den beanspruchten Dienstleistungen zur Verpflegung von Gästen sowie zur Beherbergung von Gästen. Die Marke „HYBRIDHOTEL“ werde (auch insoweit) natürlich nicht als generischer Begriff verwendet (oder wäre dazu geeignet), sondern der für § 8 Abs. 2. Nr. 1 MarkenG erforderliche sofort erfassbare Sinngehalt bleibe hier vielmehr vollkommen vage und sei auch seitens des Amtes, wie gezeigt, in keiner Weise nachgewiesen worden. Insbesondere bleibe der Gegenstand oder die Beschaffenheit der vorliegenden mit dem Zeichen bzw. dem vagen Kunstwort „HYBRIDHOTEL“ gekennzeichneten Dienstleistungen im Unklaren bzw. unsinnig. Da der Begriff „HYBRIDHOTEL“ demnach nicht als eindeutige und unmissverständliche Angabe zu deuten sei, vor allem nicht in Bezug auf die Dienstleistungen in Klasse 43, weise die angemeldete Marke „HYBRIDHOTEL“, entgegen der Auffassung des Deutschen Patent- und Markenamtes, Unterscheidungskraft in Bezug auf die in Rede stehenden Dienstleistungen auf. Die angemeldete Marke „HYBRIDHOTEL“ sei auch nicht freihaltungsbedürftig im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG. Denn bei der Analyse der Dienstleistungen in Kombination mit der angemeldeten Marke „HYBRIDHOTEL“ werde kein unmittelbarer Zusammenhang zwischen dem Zeichen und den beanspruchten Dienstleistungen hergestellt. Ein Hotel mit „hybriden Bestandteilen“ und/oder „technologischen Komponenten“ in Bezug auf die beanspruchten Dienstleistungen in Klasse 43 sei nicht bekannt, werde nicht benutzt oder sei irgendwo definiert. Schon deshalb könne die Marke nicht als rein beschreibende Sachangabe gelten. Der Begriff „HYBRIDHOTEL“ stelle vielmehr eine pfiffige Marke dar und lasse vielfach Raum für Interpretationen, weil „Hybrid“ in Zusammenhang mit den beanspruchten Dienstleistungen nicht einmal ungefähr bestimmt werden könne und – erst recht mit dem Wort „Hotel“ – eine individuelle, originelle Kombination darstelle.
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Die Beschwerdeführerin beantragt wörtlich,
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den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts vom 7. Juli 2017 insoweit aufzuheben, als dort die Anmeldung für die Klasse 43 zurückgewiesen wurde, und die Marke für alle beanspruchten Waren und Dienstleistungen der Klassen 25, 32 und 43 einzutragen.
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Der Senat hat der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 1. März 2019 seine vorläufige Auffassung mit der Gelegenheit zur Stellungnahme zukommen lassen. Hierauf hat die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 13. Mai 2019 ihren Hilfsantrag auf Anberaumung einer mündlichen Verhandlung zurückgenommen und um Entscheidung im schriftlichen Verfahren gebeten.
II.
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A. Die Beschwerde, über die im schriftlichen Verfahren entschieden werden kann, nachdem die Beschwerdeführerin ihren Hilfsantrag auf Anberaumung einer mündliche Verhandlung zurückgenommen hat, ist nach §§ 66, 64 Abs. 6 MarkenG zulässig, in der Sache aber unbegründet. Im Ergebnis hat das Deutsche Patent- und Markenamt der angemeldeten Bezeichnung zutreffend die Eintragung nach § 37 Abs. 1 MarkenG i. V. m. § 8 Abs. 2 MarkenG versagt. Denn die angemeldete Wortfolge ist nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG nicht schutzfähig.
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1. Der Eintragung einer angemeldeten Bezeichnung steht das Eintragungshindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen, wenn sie – zumindest in einer ihrer möglichen Bedeutungen (vgl. EuGH, MarkenR 2004, 450, 453 [Rz. 32] – DOUBLEMINT; MarkenR 2008, 160, 162 [Rz. 35] – HAIRTRANSFER) – ausschließlich aus Zeichen oder Angaben besteht, die im Verkehr zur Bezeichnung von Merkmalen der Waren oder Dienstleistungen dienen können. Dies ist der Fall, wenn die angemeldete Kennzeichnung Merkmale bezeichnet, bei denen es sich um für den Waren- und Dienstleistungsverkehr wichtige und für die umworbenen Abnehmerkreise irgendwie bedeutsame Umstände handelt (vgl. hierzu BGH GRUR 1999, 1093, 1094 – FOR YOU; GRUR 2000, 211, 232 – FÜNFER), die hinreichend eng mit einer Ware oder Dienstleistung selbst in Bezug stehen (vgl. BGH GRUR 2005, 417, 419 – Berlin Card). Der Eintragung der angemeldeten Bezeichnung steht in einem solchen Fall das im Allgemeininteresse liegende Ziel entgegen, dass Zeichen oder Angaben, die Merkmale der angemeldeten Waren bzw. Dienstleistungen beschreiben, von allen Unternehmen frei verwendet werden und nicht aufgrund ihrer Eintragung als Marke zugunsten eines Unternehmens monopolisiert werden können (vgl. EuGH GRUR 1999, 723, 725 Rn. 25 – CHIEMSEE; GRUR 2004, 680, 681 Rn. 35, 36 – BIOMILD).
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2. Ein solcher Fall liegt hier vor. Zwar ist dem Vorbringen in der Beschwerdebegründung insoweit zuzustimmen, als die Verwendung des in der Anmeldemarke enthaltenen Wortteils „HYBRID“ für Bauzwecke vorliegend keine Rolle spielt. Hierauf kommt es aber nicht an. Denn der Begriff „Hybridhotel“ ist bereits vor dem Anmeldetag (10. Januar 2017) in der internationalen Hotelszene – die den Geschäftsführern der Beschwerdeführerin als Branchenkenner vertraut sein dürfte – zur Bezeichnung neuartiger Hotel-Angebote als Sachbeschreibung verwendet worden. Dies ergibt sich aus den zahlreichen, entweder bereits vor dem Anmeldetag veröffentlichten oder, soweit es sich um nach dem Anmeldetag liegende Veröffentlichung handelt, über entsprechende Hotels, die mit diesem neuartigen Hotelführungskonzept bereits vor dem Anmeldetag existierten, berichtenden Belegen, die der Senat der Beschwerdeführerin mit seinem Hinweis vom 1. März 2019 übersandt hatte und wegen derer auf Bl. 23 bis 52 d. A. verwiesen wird. Danach wird mit dem Sachbegriff „Hybridhotel“ ein bestimmtes Konzept für ein Hotel beschrieben, das zwar in den Einzelheiten verschieden ausgestaltet sein kann, aber im Wesentlichen auf derselben Idee eines verschiedene, über die bloße Bereitstellung von Übernachtungsmöglichkeiten hinausgehende Dienstleistungen miteinander kombinierenden Gesamtkonzepts beruht. So kann es sich beispielsweise hierbei um ein Hotel handeln, das verschiedene Ausrichtungen (z. B. als Sport-, Tagungs-, Wellness- oder Familienhotel oder auch als Stadt-, Luxus- und Low-Budget-Hotel [„Hostel“]) miteinander verbindet, um hierdurch sehr verschiedene Zielgruppen gleichzeitig ansprechen zu können. Daneben gibt es auch Hybridhotels, welche neben der „klassischen“ Übernachtungsmöglichkeit (ggfs. – wie das „klassische“ Appart[ment-]hotel – verbunden mit einer weitergehenden, insbesondere auch für einen längeren Aufenthalt geeigneten Wohnmöglichkeit), auch die Möglichkeit zum „home-office“ anbieten, also auch Arbeitsplatzeinrichtungen ähnlich den mittlerweile anmietbaren fertig ausgestatteten Büros vorsehen. Insofern handelt es sich bei diesen „Hybridhotels“ um solche, die Hybrides enthalten, also „aus Verschiedenartigem zusammengesetzt, von zweierlei Herkunft; gemischt; zwitterhaft“ (vgl. https://www.duden.de/suchen/dudenonline/hybrid) sind oder als „etwas Gebündeltes, Gekreuztes oder Vermischtes“ (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Hybrid) zu verstehen sind. Welche der vorgenannten Kombinationen dabei jeweils konkret vorliegt, spielt für die Beurteilung der Schutzfähigkeit als Marke keine Rolle, da es für eine Versagung der Eintragung ausreicht, wenn der Begriff bereits in einer von mehreren möglichen Bedeutungen beschreibend ist (vgl. EuGH, MarkenR 2004, 450, 453 [Rz. 32] – DOUBLEMINT; MarkenR 2008, 160, 162 [Rz. 35] – HAIRTRANSFER).
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3. Da bereits das Eintragungshindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG besteht, kann es auf sich beruhen, ob die Markenanmeldung auch, wie vom Deutschen Patent- und Markenamt angenommen, mangels der erforderlichen Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG nicht eintragbar wäre.
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4. Da das Deutsche Patent- und Markenamt somit im Ergebnis der Anmeldemarke zutreffend die Eintragung nach § 37 Abs. 1 i. V. m. § 8 Abs. 2 MarkenG versagt hat, war die Beschwerde zurückzuweisen.
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B. Für eine Rückzahlung der Beschwerdegebühr nach § 71 Abs. 3 MarkenG besteht ebenso wenig Veranlassung wie für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 83 MarkenG.