Aktenzeichen 25 W (pat) 29/19
Leitsatz
MÄDELSABEND
1. Zeichen, denen in Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen per se die (originäre) Unterscheidungskraft fehlt, können durch keine Art der Verwendung auf den beanspruchten Waren oder im Zusammenhang mit den beanspruchten Dienstleistungen Unterscheidungskraft erlangen. Dies gilt insbesondere für Zeichen, die zu den typischen Fallgruppen fehlender Unterscheidungskraft gehören („im Vordergrund stehende produktbeschreibende Angabe“ usw.).
2. Dies gilt auch dann, wenn die Zeichen an Stellen angebracht werden, an denen branchenüblich die Marken angebracht sind. Jede andere Sichtweise würde contra legem auf eine Abschaffung des Schutzhindernisses der fehlenden Unterscheidungskraft hinauslaufen.
3. Daran hat sich auch durch die Entscheidungen zu dem Zeichen #darferdas?, (BGH GRUR 2018, 932, EuGH GRUR 2019, 1194 und BGH GRUR 2020, 411) nichts geändert. Die dort geführte Diskussion zur Zeichenverwendung, die seit der Entscheidung Marlene-Dietrich-Bildnis I (BGH, GRUR 2008, 1093) verstärkt geführt wird, ist auf die in diesen Fällen zu beurteilenden Zeichen zu begrenzen, die bei grundsätzlicher Unterscheidungseignung die Unterscheidungskraft bei bestimmten Arten der Zeichenverwendung verlieren. Auch wenn die suggestive Vorlagefrage und einige Ausführungen in den vorgenannten BGH-Entscheidungen zu #darferdas? zu Missverständnissen Anlass geben mögen, ist bei der rechtlichen Einordnung dieser Entscheidungen auf die sehr spezielle Konstellation in diesem Verfahren abzustellen, die nicht verallgemeinert werden darf.
Tenor
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 30 2016 035 116.7
hat der 25. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 12. März 2020 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Knoll, der Richterin Kriener und des Richters Dr. Nielsen
beschlossen:
Die Beschwerde des Anmelders wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
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Die Bezeichnung
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MÄDELSABEND
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ist am 14. Dezember 2016 zur Eintragung als Wortmarke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register für die nachfolgenden Waren der Klasse 30 angemeldet worden:
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Zuckerwaren; Fruchtgummi; Schaumzucker; Lakritz; Kaubonbons.
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Mit zwei Beschlüssen vom 15. Januar 2018 und vom 18. April 2019, von denen letzterer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, hat die Markenstelle für Klasse 30 des Deutschen Patent- und Markenamts die unter dem Aktenzeichen 30 2016 035 116.7 geführte Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zurückgewiesen. Zur Begründung ist aufgeführt, dass der Begriff „Mädelsabend“ eine werbemäßige Bestimmungsangabe darstelle, welche vom angesprochenen Verkehr lediglich als dahingehender Sachhinweis verstanden werde, dass die so gekennzeichneten Produkte für ein abendliches Zusammentreffen von Mädchen oder (jungen) Frauen bestimmt sei. Die Bezeichnung „Mädelsabend“ weise dabei ausweislich der aufgefundenen Recherchebelege auch auf die Form, die Farbe und die sonstige Beschaffenheit der betreffenden Produkte hin, insbesondere auf die Farbe Rosa und einen mild fruchtigen Geschmack. Auch die Ware „Lakritz“ könne vergleichsweise mild oder weich ausgestaltet sein. Die Annahme, dass die so bezeichneten Lebensmittel für einen Mädelsabend geeignet seien, dränge sich unmittelbar und ohne weiteres Nachdenken auf. Weiterhin werde der positiv besetzte Begriff „Mädelsabend“ in der Werbung vielfach eingesetzt, um dem Publikum eine besondere emotionale Nähe zu einem Produkt zu suggerieren, so dass die Bezeichnung MÄDELSABEND bei den angesprochenen Verkehrskreisen ein angenehmes Gefühl auslöse. Auch wenn der Begriff „Mädelsabend“ unterschiedliche Assoziationen wecken könne, fehle ihm als allgemein anpreisende Angabe bzw. als Werbeschlagwort jegliche Unterscheidungskraft.
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Hiergegen wendet sich der Anmelder mit seiner Beschwerde. Zur Begründung führt er aus, dass der angesprochene Verkehr den beanspruchten Waren nur einen geringen Grad an Aufmerksamkeit zukommen lasse und der Bezeichnung „Mädelsabend“ keinen beschreibenden Inhalt entnehmen werde. Als „Mädelsabend“ werde eine gesellige Zusammenkunft junger Frauen bezeichnet, so dass der Begriff die beanspruchten Waren nicht unmittelbar beschreibe. Darüber hinaus bestehe auch kein enger beschreibender Bezug zu den beanspruchten Waren. Es bedürfe vielmehr mehrerer gedanklicher Schritte, um zu der Auffassung der Markenstelle zu gelangen, dass die so bezeichneten Waren für einen Mädelsabend besonders geeignet seien. Den von der Markenstelle vorgelegten Rechercheunterlagen könnte nicht entnommen werden, dass die Bezeichnung „Mädelsabend“ als Sachhinweis auf die Farbe Rosa oder eine mildfruchtige Geschmacksrichtung der betreffenden Lebensmittel verstanden werde. Ein entsprechender Sachzusammenhang werde von der Markenstelle lediglich assoziativ hergestellt. Den Rechercheunterlagen zufolge könne allenfalls im Zusammenhang mit „alkoholischen Getränken“ angenommen werden, dass diese regelmäßig auf Mädelsabenden im Übermaß konsumiert würden, so dass die angemeldete Bezeichnung – wenn überhaupt – nur für alkoholische Getränke beschreibend sein könne. Insoweit sei die vorliegende Anmeldung auch nicht mit dem Sachverhalt vergleichbar, der der Entscheidung des Bundespatentgerichts zu dem Begriff „SOMMERABEND“ zugrunde gelegen habe (Az. 26 W (pat) 554/16). Soweit sich die Markenstelle auf diese Entscheidung berufe, sei dem entgegenzuhalten, dass dort die Waren „alkoholische Getränke“ betroffen gewesen seien, die damit beworben würden, dass sie für einen „Sommerabend“ besonders geeignet seien. Entsprechendes sei jedoch für den Begriff „Mädelsabend“ nicht nachzuweisen.
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Der Anmelder und Beschwerdeführer beantragt,
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die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 30 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 15. Januar 2018 und vom 18. April 2019 aufzuheben.
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In der mündlichen Verhandlung vom 12. März 2020 hat der Anmeldervertreter eine Schlauchbeutelverpackung mit Fruchtgummi vorgelegt, die mit der grafisch hervorgehobenen Bezeichnung „Mädelsabend“ bedruckt war. Der Anmeldervertreter hat hierzu ergänzend vorgetragen, dass die beanspruchten Waren in dieser Aufmachung in den Verkehr gebracht würden. Der Europäische Gerichtshof habe in seiner Entscheidung vom 12. September 2019 (Az. C – 541/18 – #darferdas?) festgestellt, dass bei der Prüfung der Unterscheidungskraft alle praktisch bedeutsamen Arten der Anbringung der Marke auf der Ware zu berücksichtigen seien (aaO. Rn. 30). Danach sei die Schutzfähigkeit der Bezeichnung „Mädelsabend“ unabhängig von der Frage zu bejahen, ob die Bezeichnung einen engen beschreibenden Zusammenhang mit den beanspruchten Waren herstelle. Nach der Rechtsprechung des EuGH und des BGH sei die Schutzfähigkeit eines Zeichens nämlich stets zu bejahen, wenn es auf der Ware dort angebracht werde, wo der Verkehr üblicherweise die Anbringung eines Herkunftshinweises erwarte und er es dort als Herkunftshinweis verstehe. Im Zusammenhang mit Süßwaren und insbesondere im Zusammenhang mit Fruchtgummi sei der Verkehr daran gewöhnt, auf den üblichen Schlauchbeutelverpackungen an hervorgehobener Stelle und in großen Buchstaben das jeweilige Produktkennzeichen zu finden, wie z.B. die Bezeichnung „Goldbären“. Hiervon ausgehend werde der Verkehr auch die Bezeichnung „Mädelsabend“ in der vom Senat in Augenschein genommenen konkreten Produktaufmachung als betrieblichen Herkunftshinweis verstehen. Der Anmeldervertreter regt an, die Rechtsbeschwerde zu der Frage zuzulassen, ob bei der Prüfung der Unterscheidungskraft der beschreibende Anklang einer Bezeichnung aufgrund der konkreten Art der Verwendung dergestalt bzw. derart in den Hintergrund treten könne, dass bei den angesprochenen Verkehrskreisen ein Verständnis im Sinne eines betrieblichen Herkunftshinweises überwiegt und so einem Zeichen zur Schutzfähigkeit verholfen werden kann.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die angefochtenen Beschlüsse der Markenstelle, den Ladungszusatz des Senats vom 24. Januar 2020 nebst Anlagen, die Schriftsätze des Anmelders, das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 12. März 2020 und auf den übrigen Akteninhalt verwiesen.
II.
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Die zulässige, insbesondere gemäß § 66 Abs. 1 Satz 1 MarkenG statthafte Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg. Der Eintragung der angemeldeten Bezeichnung „MÄDELSABEND“ als Marke steht für die beanspruchten Waren der Klasse 30 das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen. Die Markenstelle hat der angemeldeten Marke daher zu Recht die Eintragung versagt (§ 37 Abs. 1 MarkenG).
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Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als betrieblicher Herkunftshinweis aufgefasst zu werden. Denn die Hauptfunktion einer Marke liegt darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. BGH, GRUR 2014, 569 Rn. 10 – HOT; GRUR 2013, 731 Rn. 11 – Kaleido; GRUR 2012, 1143 Rn. 7 – Starsat; GRUR 2012, 270 Rn. 8 – Link economy; GRUR 2010, 1100 Rn. 10 – TOOOR!; GRUR 2010, 825 Rn. 13 – Marlene-Dietrich-Bildnis II; GRUR 2006, 850, 854 Rn. 18 – FUSSBALL WM 2006; GRUR 2018, 301 Rn. 11 – Pippi Langstrumpf). Auch das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft ist im Lichte des zugrunde liegenden Allgemeininteresses auszulegen, wobei dieses darin besteht, die Allgemeinheit vor ungerechtfertigten Rechtsmonopolen zu bewahren (vgl. EuGH, GRUR 2003, 604 Rn. 60 – Libertel; BGH, GRUR 2014, 565 Rn. 17 – Smartbook). Bei der Beurteilung von Schutzhindernissen ist maßgeblich auf die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise abzustellen, wobei dies alle Kreise sind, in denen die fragliche Marke Verwendung finden oder Auswirkungen haben kann. Dabei kommt es auf die Sicht des normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers im Bereich der einschlägigen Waren und Dienstleistungen (vgl. EuGH, GRUR 2006, 411 Rn. 24 – Matratzen Concord/Hukla; GRUR 2004, 943, 944 Rn. 24 – SAT 2; GRUR 2004, 428 Rn. 30 f. – Henkel; BGH, GRUR 2006, 850 – FUSSBALL WM 2006) zum Zeitpunkt der Anmeldung des Zeichens an (vgl. BGH, GRUR 2013, 1143, 1144 Rn. 15 – Aus Akten werden Fakten; GRUR 2014, 872 Rn. 10 – Gute Laune Drops; GRUR 2014, 482 Rn. 22 – test; EuGH, MarkenR 2010, 439 Rn. 41 – 57 – Flugbörse). Hiervon ausgehend besitzen Bezeichnungen keine Unterscheidungskraft, denen die maßgeblichen Verkehrskreise im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (vgl. BGH GRUR 2006, 850 Rn. 19 – FUSSBALL WM 2006; EuGH GRUR 2004, 674 Rn. 86 – Postkantoor). Von mangelnder Unterscheidungskraft ist ferner dann auszugehen, wenn die Wortfolge für sich genommen oder im Zusammenhang mit produktbeschreibenden Angaben lediglich Anpreisungen und Werbeaussagen allgemeiner Art enthält (BGH GRUR 2013, 522 Rn. 9 – Deutschlands schönste Seiten). Darüber hinaus fehlt die Unterscheidungskraft u. a. aber auch solchen Angaben, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Produkte zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu dem betreffenden Produkt hergestellt wird (BGH a. a. O. – FUSSBALL WM 2006; GRUR 2010, 1100 Rn. 23 – TOOOR!).
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1. Zumindest unter dem letztgenannten Gesichtspunkt fehlt dem angemeldeten Zeichen die erforderliche Unterscheidungskraft. Der Begriff „Mädelsabend“ ist ein aus den beiden Substantiven „Mädel“ (umgangssprachlich für Mädchen) und „Abend“ gebildetes Kompositum der deutschen Sprache, das unmittelbar verständlich und als solches sogar lexikalisch nachweisbar ist (auf die Anlage 1, die dem Anmelder mit der Ladung vom 24. Januar 2020 zum Termin vom 12. März 2020 übersandt worden ist, wird Bezug genommen). Der Begriff bezeichnet in salopper Art und Weise ein abendliches, geselliges Beisammensein von Frauen. Dabei kann nach Auffassung des Senats dahingestellt bleiben, ob bei einer solchen Zusammenkunft der Konsum alkoholischer Getränke im Vordergrund steht oder nicht. Unabhängig von der jeweiligen Getränkeauswahl ist es bei solchen Zusammenkünften vor allem üblich, Süßigkeiten und/oder Knabbersachen anzubieten und zu konsumieren. Hiervon ausgehend wird der Verkehr die angemeldete Bezeichnung im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren unmittelbar und ohne weiteres Nachdenken als Sachhinweis dahingehend verstehen, dass die so bezeichneten Waren für den Konsum anlässlich eines „Mädelsabends“ bestimmt und geeignet sind. Darüber hinaus kann die Bezeichnung auch als Hinweis dahingehend verstanden werden, dass die so bezeichneten Waren als Gastgeschenk oder Mitbringsel für einen „Mädelsabend“ besonders geeignet sind. Insoweit wird auf die Amtsakte und auf die Rechercheergebnisse des Senats Bezug genommen, die dem Anmelder mit der Ladung vom 24. Januar 2020 zum Termin vom 12. März 2020 übersandt worden sind. So findet sich beispielsweise in einem Internetblog vom 16. Juli 2015 ein Artikel mit dem Titel „Mädelsabend: Mit diesen Tipps ist der Spass garantiert!“. Im Weiteren wird ausgeführt, dass zu einem gelungenen Mädelsabend „Knabberzeug wie Chips, Flips, Popcorn und verschiedene Süßigkeiten natürlich ebenfalls dazugehörten“. Ausweislich der genannten Rechercheunterlagen besteht eine allgemeine gesellschaftliche Erwartungshaltung, dass auf einem Mädelsabend auch Süßigkeiten gereicht und konsumiert werden. Zudem wurde die Bezeichnung „Mädelsabend“ ausweislich der genannten Rechercheunterlagen bereits vor dem Zeitpunkt der vorliegenden Anmeldung in den unterschiedlichsten Produktzusammenhängen, insbesondere aber auch im Zusammenhang mit Süßwaren, im Sinne einer werblichen Aufmachung bzw. als werbeübliche Bestimmungsangabe benutzt. Dabei kann nach Auffassung des Senats als nicht entscheidungserheblich dahingestellt bleiben, ob der Verkehr die Bezeichnung „Mädelsabend“ auch als Hinweis auf eine bestimmte Farbe oder Geschmacksrichtung der betreffenden Produkte versteht, wovon die Markenstelle in den angegriffenen Beschlüssen ausgegangen ist.
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2. Auch der Hinweis des Anmelders auf die EuGH-Vorlage in der BGH-Entscheidung I ZB 61/17 vom 21. Juni 2018 (= GRUR 2018, 932 – #darferdas?), die Entscheidung des EuGH C-541/18 vom 12. September 2019 (EuGH GRUR 2019, 1194 – AS/DPMA [#darferdas?]) und die auf dieser Grundlage ergangene Entscheidung BGH I ZB 61/17 vom 30. Januar 2020 (Az. I ZB 61/17 – #darferdas? II – GRUR 2020, 411) rechtfertigen zur Frage der Unterscheidungskraft im vorliegenden Verfahren keine andere Beurteilung.
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Um die vorgenannten Entscheidungen zur Frage der Schutzfähigkeit der Bezeichnung #darferdas? im Zusammenhang mit Waren der Klasse 25, (Bekleidungsstücke, insbesondere T-Shirts; Schuhwaren; Kopfbedeckungen) unter dem Gesichtspunkt der Anforderungen an die Unterscheidungskraft richtig einordnen zu können, muss die konkrete Ausgangskonstellation betrachtet werden. Das Bundespatentgericht hatte in der mit der Rechtsbeschwerde angegriffenen Ausgangsentscheidung vom 3. Mai 2017 (Az. 27 W (pat) 551/16 – #darferdas?), die den drei genannten Entscheidungen vorausging, festgestellt, dass dem angemeldeten Zeichen weder ein beschreibender Gehalt in Bezug auf die beanspruchten Waren entnommen werden könne noch ein enger beschreibender Bezug zu den angemeldeten Waren ersichtlich sei. Es ging offensichtlich auch nicht um solche Werbeslogans oder Werbeaussagen allgemeiner Art, die ausschließlich als werbewirksame Anpreisung bzw. nur als allgemein verständliche positiv besetzte Aussage verstanden werden und denen deshalb stets die Unterscheidungskraft fehlt (siehe dazu Ströbele/ Hacker/Thiering, MarkenG, 12. Aufl., § 8 Rn. 237 ff und Rn. 255 ff mit zahlreichen Rechtsprechungsnachweisen). Demzufolge ging es bei der Ausgangsentscheidung in Sachen #darferdas? um kein Zeichen, das zu den Fallgruppen gehört, bei denen typischerweise die Unterscheidungskraft zu verneinen ist.
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Die fehlende Unterscheidungskraft hat der Senat des Bundespatentgerichts in der Ausgangsentscheidung vom 3. Mai 2017 bei dem Zeichen #darferdas? damit begründet, dass das Zeichen eine zusammenhängende Zeichen- und Wortfolge darstelle, die lediglich die stilisierte Darstellung eines Diskussionsthemas sei. Der Verkehr werde das Zeichen (auch ohne Produktbezug) grundsätzlich nur als solches bzw. als Aufforderung verstehen, über die Frage „Darf er das?“ zu diskutieren. Dabei hat der Senat angenommen, dass die wahrscheinlichste, zugleich praktisch bedeutsamste und damit auch für die Beurteilung der Unterscheidungskraft (allein) maßgebliche Verwendungsform des Zeichens die Wiedergabe als sichtbarer Schriftzug auf der Ware selbst sei (z.B. auf der Vorderseite eines T-Shirts). Bei dieser Art der Verwendung werde der Verkehr das Zeichen #darferdas? nur als Mottospruch bzw. allgemeine Aufforderung zu einer Diskussion und nicht als einen betrieblichen Herkunftshinweis verstehen.
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Ausgehend vom abweichenden rechtlichen Standpunkt des BGH in der Vorlageentscheidung, wonach nur dann (ausschließlich) auf die wahrscheinlichste Verwendungsform abzustellen ist, wenn andere mögliche Verwendungsformen des Zeichens nicht praktisch bedeutsam oder naheliegend sind (BGH GRUR #darferdas? a.a.O. Rn. 21), konnte es bei der Vorlagefrage im Beschluss vom 21. Juni 2018 nur darum gehen, ob neben der wahrscheinlichsten auch andere praktisch bedeutsame und naheliegende Verwendungsformen bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft zu berücksichtigen sind.
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Unabhängig davon, dass im Ausgangsverfahren gar nicht geklärt war, ob bei einer Berücksichtigung anderer, naheliegender und praktisch bedeutsamer Formen der Verwendung des Zeichens #darferdas? die Unterscheidungskraft zu bejahen ist, gibt die Fragestellung des BGH zu Missverständnissen Anlass. Denn die sehr weit gestellte Vorlagefrage kann den unzutreffenden Eindruck entstehen lassen, dass unabhängig vom konkreten Zeichen die Unterscheidungskraft allein durch bestimmte Verwendungsformen hergestellt werden könnte, was offensichtlich nicht gemeint gewesen sein kann. Missverständlich ist es ferner, wenn der BGH in den beiden Entscheidungen zu #darferdas? ausführt, der Verkehr werde in Zeichen, die sich auf eingenähten Etiketten auf der Innenseite von Bekleidungsstücken befinden, regelmäßig einen Herkunftshinweis sehen (GRUR 2018, 932 Rn. 18 – #darferdas? und GRUR 2020, 411 Rn. 13 – #darferdas? II). Abgesehen davon, dass die dort genannten Fundstellen diese Behauptung bzw. diesen Erfahrungssatz in dieser Allgemeinheit nicht tragen, wird der Verkehr bei Zeichen, die sich auf eingenähten Etiketten von Bekleidungsstücken an der Stelle befinden, an der branchenüblich die Marke angebracht ist, möglicherweise vermuten, dass dies ein betrieblicher Herkunftshinweis sein könnte. Diese Vermutung kann aber nicht für Zeichen gelten, die zu den üblichen Fallgruppen gehören, bei denen die Unterscheidungskraft per se zu verneinen ist. Jede andere Deutung würde contra legem auf die Abschaffung des Schutzhindernisses der fehlenden Unterscheidungskraft hinauslaufen, die vom BGH deshalb auch so nicht gemeint gewesen sein kann. Dass dem EuGH, der stets darauf hinweist, dass die Prüfung jeder Anmeldung nicht nur umfassend, sondern auch streng sein muss, um eine ungerechtfertigte Eintragung von Marken zu verhindern (so auch EuGH AS/DPMA [#darferdas?] a.a.O. Rn. 27), eine solche Deutung fernliegt, ist offensichtlich.
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Auch wenn die Entscheidungen des Bundesgerichtshofs zu #darferdas? zu Missverständnissen Anlass geben mögen, ist bei der Einordnung sowohl der Vorlagefrage als auch bei der Beantwortung der Vorlagefrage durch den EuGH auf die vorstehend beschriebene Ausgangsituation abzustellen. Dabei ging es einerseits – wie bereits ausgeführt – um ein sehr spezielles Zeichen, nämlich eines, das bei einer abstrakten Betrachtungsweise eher als unterscheidungskräftig einzustufen ist (denn ansonsten wären die letztlich spekulativen Überlegungen zur Art der Verwendung komplett überflüssig), dem die Unterscheidungskraft dann aber bei einer speziellen (branchenüblichen) Verwendungsart verloren geht. Die gleiche Frage kann sich bei der Beurteilung der markenmäßigen Benutzung ergeben. Auch hier ist es möglich, dass eine originär schutzfähige Marke durch die besondere Art der Verwendung nicht mehr als Herkunftshinweis erkennbar ist und damit als nicht markenmäßig benutzt anzusehen ist. Andererseits ging es beim Verfahren #darferdas? um den speziellen Warenbereich der Bekleidung im weitesten Sinne, insbesondere um T-Shirts, aber auch um Schuhwaren und Kopfbedeckungen mit speziellen Kennzeichnungsgewohnheiten. Denn bei diesen Waren kann wohl eine Branchenübung festgestellt werden, Marken sowohl auf eingenähten Etiketten anzubringen als auch an sichtbar hervorgehobener Stelle auf der Ware selbst.
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Bei der im vorliegenden Verfahren zu beurteilenden Markenanmeldung verbieten sich solche Überlegungen zur Verwendungsart des Zeichens auf der Ware, weil die Bezeichnung „Mädelsabend“ im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren eben schon bei der im Regelfall vorzunehmenden abstrakten Betrachtungsweise bzw. bei jeder denkbaren Art der Zeichenverwendung die Unterscheidungskraft fehlt. Die Bezeichnung „Mädelsabend“ wird – wie bereits ausgeführt – unabhängig von der Verwendungsart vom angesprochenen Verkehr stets lediglich als Sachhinweis dahingehend verstanden, dass die so bezeichneten Waren für einen Mädelsabend bestimmt bzw. besonders geeignet sind, was einem betriebskennzeichnenden Verständnis entgegensteht.
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Bei den „normalen“ Fallgruppen von Zeichen ohne (originäre) Unterscheidungskraft bleibt es bei dem registerrechtlichen Grundsatz, dass außerhalb des Registers liegende Umstände, zu denen auch die konkrete Verwendung des angemeldeten Zeichens gehört, bei der Prüfung der Schutzfähigkeit grundsätzlich unbeachtlich sind. Maßgeblicher Gegenstand der Anmeldung und der Prüfung der Schutzfähigkeit sind allein das angemeldete Zeichen und die beanspruchten Waren und Dienstleistungen (ständige Rechtsprechung, vgl. Ströbele/Hacker/Thiering, MarkenG, 12. Aufl., § 8 Rn. 36 und Rn. 41 jeweils m.w.N.). Solchen Zeichen fehlt im Zusammenhang mit entsprechenden Waren und Dienstleistungen stets die Unterscheidungskraft unabhängig von der Art der Verwendung. Solche (originär) schutzunfähigen Zeichen gewinnen Unterscheidungskraft auch nicht dadurch, dass sie an der Stelle platziert werden, an der nach der Branchenübung üblicherweise die Marke zu finden ist.
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Es besteht kein Anlass, die zur Erweiterung der Schutzhindernisse herangezogenen und mangels Festlegung im Register (wie z.B. bei Positionsmarken) durchaus problematischen Ausnahmeargumente zu den möglichen Verwendungsformen und deren Auswirkung auf die Frage der Schutzfähigkeit, die seit der Entscheidung Marlene-Dietrich-Bildnis I geführt wird, zu verallgemeinern und auf die „normalen“ Fallgruppen von Zeichen ohne (originäre) Unterscheidungskraft auszudehnen. Auch bei der Entscheidung Marlene-Dietrich-Bildnis I wurde – genau wie in der Ausgangsentscheidung des Bundespatentgerichts 3. Mai 2017 in der Sache #darferdas? – nur die Frage aufgeworfen, ob ein Zeichen, das im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren nicht produktbeschreibend ist (und damit grundsätzlich unterscheidungskräftig), wegen eines eigentlich außerhalb des Registers liegenden Umstandes – nämlich der wahrscheinlichsten Art seiner Verwendung (als Motiv) – vom Verkehr nicht als Herkunftshinweis verstanden wird.
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Die Annahme, dass ein im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG produktbeschreibendes und deswegen nicht unterscheidungskräftiges Zeichen allein durch die konkrete Art seiner Verwendung Unterscheidungskraft erlangen könnte, lässt sich weder auf den Beschluss des EuGH noch auf die Beschlüsse des BGH zu #darferdas? stützen. Jede andere Art der Deutung würde im Übrigen das System der markenrechtlichen Schutzhindernisse und insbesondere das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG unangemessen relativieren bzw. faktisch abschaffen und die Eintragung schutzunfähiger Zeichen als Marke contra legem und ohne die auch im Rahmen der Beurteilung des Schutzhindernisses der fehlenden Unterscheidungskraft erforderliche Berücksichtigung des Allgemeininteresses, vor ungerechtfertigten Monopolen bewahrt zu werden, begünstigen.
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3. Angesichts der eindeutigen Rechtslage, die auch durch die missverständlichen und verallgemeinernden Formulierungen in den BGH-Entscheidungen zu #darferdas nicht in Frage gestellt werden können, bestand kein Anlass, die Rechtsbeschwerde zuzulassen. Wie oben dargelegt, betrifft die Rechtsfrage, wegen derer der Anmelder die Zulassung der Rechtsbeschwerde angeregt hat, eine völlig andere Fallkonstellation. Insoweit wirft der vorliegende Fall auch keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung auf.