Patent- und Markenrecht

Markenbeschwerdeverfahren – „MITAX“ – Unterscheidungskraft – kein Freihaltungsbedürfnis

Aktenzeichen  29 W (pat) 33/19

Datum:
22.4.2020
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
Gerichtsort:
München
Dokumenttyp:
Beschluss
ECLI:
ECLI:DE:BPatG:2020:220420B29Wpat33.19.0
Normen:
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG
§ 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG
Spruchkörper:
29. Senat

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2018 226
706.1
hat der 29. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 22. April 2020 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Mittenberger-Huber, die Richterin Lachenmayr-Nikolaou und die Richterin Seyfarth
beschlossen:
Die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 35 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 22. Februar 2019 und 1. August 2019 werden aufgehoben.

Gründe

I.
1
Die Bezeichnung
2
MITAX
3
ist am 7. September 2018 zur Eintragung als Wortmarke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Markenregister für nachfolgende Dienstleistungen angemeldet worden:
4
Klasse 35: Erstellung von Lohn- und Gehaltsabrechnungen; Steuerberatung [Buchführung]; Steuerberatung [Rechnungswesen]; Unternehmensverwaltung;
5
Klasse 36: Dienstleistungen im Bereich Immobilienwesen; Steuerberatung [ausgenommen Buchführung].
6
Mit Beschluss vom 22. Februar 2019 hat die Markenstelle für Klasse 35 des DPMA, besetzt mit einem Beamten des gehobenen Dienstes, die Anmeldung unter Bezugnahme auf den Beanstandungsbescheid vom 17. Dezember 2018 wegen fehlender Unterscheidungskraft und bestehendem Freihaltebedürfnis gemäß §§ 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2, 37 Abs. 1 MarkenG zurückgewiesen. Die hiergegen gerichtete Erinnerung wurde mit weiterem Beschluss der Markenstelle für Klasse 35, besetzt mit einer Beamtin des höheren Dienstes, vom 1. August 2019 ebenfalls zurückgewiesen.
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Zur Begründung der Beschlüsse ist ausgeführt, die angemeldete Wortmarke „MITAX“ entspreche der Abkürzung für den von der Universität Hamburg verliehenen akademischen Grad „M.I.Tax“ (Master of International Taxation). Der Studiengang Master of International Taxation werde am Interdisziplinären Zentrum für Internationales Finanz- und Steuerwesen (IIFS) / International Tax Institute der Universität Hamburg angeboten. Es handele sich um einen weiterbildenden berufsbegleitenden Studiengang, der juristische und wirtschaftswissenschaftliche Qualifikationen auf dem Gebiet der Internationalen Besteuerung vereinige. Die beanspruchten Dienstleistungen könnten von Personen mit diesem akademischen Grad (Meister für Internationale Besteuerung) erbracht werden. Somit sei die Markenanmeldung dazu geeignet, die beanspruchten Dienstleistungen, die allesamt dem Tätigkeitsfeld eines Steuerberaters entsprächen, dahingehend zu beschreiben, dass diese durch eine entsprechend ausgebildete Fachkraft, den Träger eben eines solchen akademischen Grades, angeboten bzw. ausgeführt würden. Auch die von der offiziellen Schreibweise „M.I.Tax“ abweichende Schreibweise „MITAX“ ohne Punktierung führe aufgrund der unmittelbar beschreibenden Eigenschaft der Wortbedeutung nicht dazu, dass der Verkehr in dieser geringfügigen Abweichung einen Hinweis auf einen ganz bestimmten Anbieter sehen würde. Dies gelte umso mehr, als der Verkehr durch die Werbung daran gewöhnt sei, dass Punktierungen an sprachlich unüblichen Stellen gesetzt oder eben auch weggelassen würden.In vielen Fällen würden Worte durch Punkte nicht in schutzbegründender Weise verfremdet, vielmehr würden die entsprechenden beschreibenden Begriffe von den angesprochenen Verkehrskreisen dennoch verstanden und auch nicht als Abkürzungen wahrgenommen (Verweis auf BPatG, Beschluss vom, 14.11.2005, 30 W (pat) 147/04 – S.L.I.D.E.; Beschluss vom 09.06.2009, 33 W (pat) 108/07 – Turbo P.O.S.T.;GRUR1998, 1023, 1024 – K.U.L.T.). Genauso verhalte es sich umgekehrt. Auch wenn der akademische Grad „M.I.Tax“ mit Punktierung geschrieben werde, so sei davon auszugehen, dass er dennoch als ein Wort „Mitax“ ausgesprochen werden könne. Die angesprochenen Verkehrskreise, in der Regel Steuerfachleute, würden in der angemeldeten Bezeichnung „MITAX“ daher einen Hinweis auf den Grad „M.I.Tax“ erkennen. Der Bezeichnung fehle somit die erforderliche Unterscheidungskraft.
8
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, mit der sie sinngemäß beantragt,
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die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 35 vom 22. Februar 2019 und 1. August 2019 aufzuheben.
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Die Beschwerdeführerin ist der Auffassung, dass das angemeldete Zeichen nicht beschreibend sei, sondern die angesprochenen Verkehrskreise dieses in seiner Gesamtheit vielmehr als Phantasiebezeichnung auffassen würden. Insbesondere würden sie es nicht als Hinweis auf den akademischen Grad „Master of International Taxation“ der Universität Hamburg verstehen. Zum einen würden die Abkürzung „M.I.Tax“ einerseits und die angemeldete Bezeichnung „MITAX“ andererseits auf ganz unterschiedlichen Gebieten genutzt, da die Universität Hamburg Fortbildungsdienstleistungen für Steuerberater anbiete, während die Beschwerdeführerin die Dienstleistung der Steuerberatung selbst anbiete. Durch den Studiengang werde noch nicht einmal die Befähigung zur Ausbildung eines steuerberatenden Berufs erlangt, es handele sich vielmehr um einen für die Ausübung des Berufs des Steuerberaters nicht relevanten Titel. Zum anderen unterscheide sich die Bezeichnung des akademischen Grades „M.I.Tax“ sowohl durch die Punktierung als auch durch die Groß- und Kleinschreibung deutlich von dem angemeldeten Zeichen. Bei dem Akronym „M.I.Tax“ der Hamburger Hochschule sei eine willkürliche Punktierung hinter den Buchstaben „M“ und „I“ als Abkürzungen für „Master“ und „International“, nicht jedoch hinter dem Bestandteil „Tax“, gewählt worden. Hierdurch werde deutlich, dass es sich um eine Abkürzung für mehrere Wörter handele und nicht um ein durchgehend gesprochenes Wort. Die angesprochenen Verkehrskreise würden die angemeldete Bezeichnung nicht als Hinweis auf diesen Hochschulabschluss verstehen. Denn das in der allgemeinen deutschen Sprache nur selten benutzte, anstelle des Begriffs „Steuer“ verwendete Wort „Tax“ werde durch die beiden Buchstaben „M“ und „I“ am Wortanfang ergänzt, wodurch ein neues Wort entstehe. Da dieses sich an die Konventionen der deutschen Sprachweise halte und eine Abwechslung von Konsonanten und Vokalen aufweise, werde es wie ein eigenständiges deutsches Wort „MITAX“ gesprochen.
11
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
12
Die zulässige, insbesondere nach § 66 Abs. 1 MarkenG statthafte und gem. § 66 Abs. 2 MarkenG fristgerecht eingelegte Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg. Der Eintragung des angemeldeten Zeichens „MITAX“ als Marke stehen keine absoluten Schutzhindernisse entgegen, insbesondere nicht die Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG, so dass der angegriffene Beschluss der Markenstelle aufzuheben war.
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1. Dem angemeldeten Zeichen fehlt nicht die gem. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG erforderliche Unterscheidungskraft.
14
§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG schließt von der Eintragung als Marke Zeichen aus, denen für die in der Anmeldung beanspruchten Waren und Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft fehlt. Unterscheidungskraft ist die einem Zeichen zukommende Eignung, die von der Anmeldung erfassten Waren bzw. Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und so diese Waren und Dienstleistungen von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. u. a. EuGH MarkenR 2012, 304 Rn. 23 – Smart Technologies/HABM [WIR MACHEN DAS BESONDERE EINFACH]; GRUR 2010, 228 Rn. 33 – Audi AG/HABM [Vorsprung durch Technik]; BGH GRUR 2018, 932 Rn. 7 – #darferdas? I; GRUR 2018, 301 Rn. 11 – Pippi-Langstrumpf-Marke; GRUR 2016, 934 Rn. 9 – OUI; GRUR 2014, 569 Rn. 10 – HOT; GRUR 2013, 731 Rn. 11 – Kaleido; GRUR 2012, 1143 Rn. 7 – Starsat). Denn die Hauptfunktion einer Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten (EuGH GRUR 2008, 608 Rn. 66 Eurohypo AG/HABM [EUROHYPO]; GRUR 2006, 229 Rn. 27 – BioID AG/HABM [BioID]; BGH GRUR 2016, 934 Rn. 9 – OUI; GRUR 2014, 565 Rn. 12 – smartbook).
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Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (BGH GRUR 2018, 301 Rn. 11 – Pippi-Langstrumpf-Marke; GRUR 2016, 934 Rn. 9 – OUI). Ebenso ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (EuGH GRUR 2004, 428 Rn. 53 – Henkel KGaA; BGH GRUR 2018, 301 Rn. 15 – Pippi-Langstrumpf-Marke; GRUR 2016, 934 Rn. 10 – OUI; GRUR 2014, 872 Rn. 13 – Gute Laune Drops).
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Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft zum relevanten Anmeldezeitpunkt (BGH GRUR 2013,1143 Rn. 15 – Aus Akten werden Fakten) sind einerseits die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist (EuGH GRUR 2019, 1194 Rn. 20 – AS/DPMA [#darferdas?]; GRUR 2008, 608 Rn. 67 – Eurohypo AG/HABM [EUROHYPO]; GRUR 2006, 411 Rn. 24 – Matratzen Concord AG/Hukla Germany SA [MATRATZEN]; BGH GRUR 2014, 376 Rn. 11 – grill meister).
17
Keine Unterscheidungskraft besitzen insbesondere Zeichen, die einen beschreibenden Begriffsinhalt enthalten, der für die in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen ohne Weiteres und ohne Unklarheiten als solcher erfasst wird (EuGH GRUR 2004, 674 Rn. 86 – Koninklijke KPN Nederland NV/Benelux-Merkenbureau [Postkantoor]; BGH GRUR 2018, 932 Rn. 8 – #darferdas?). Auch Angaben, die sich auf Umstände beziehen, die die Ware oder die Dienstleistung selbst nicht unmittelbar betreffen, fehlt die Unterscheidungskraft, wenn durch die Angabe ein enger beschreibender Bezug zu den angemeldeten Waren oder Dienstleistungen hergestellt wird und deshalb die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Verkehr den beschreibenden Begriffsinhalt als solchen ohne Weiteres und ohne Unklarheiten erfasst und in der Bezeichnung nicht ein Unterscheidungsmittel für die Herkunft der angemeldeten Waren oder Dienstleistungen sieht (BGH GRUR 2018, 301 Rn. 15 – Pippi-Langstrumpf-Marke; GRUR 2014, 569 Rn. 10 – HOT; GRUR 2012, 1143 Rn. 9 – Starsat; GRUR 2009, 952 Rn. 10 – DeutschlandCard). Ferner kommt die Eignung, Waren oder Dienstleistungen ihrer Herkunft nach zu unterscheiden, solchen Angaben nicht zu, die aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache bestehen, die vom Verkehr – etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung – stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (BGH GRUR 2018, 932 Rn. 8 – #darferdas? I; GRUR 2016, 934 Rn. 12 – OUI; GRUR 2014, 872 Rn. 21 – Gute Laune Drops; GRUR 2014, 569 Rn. 26 – HOT; GRUR 2012, 1143 Rn. 9 – Starsat; GRUR 2012, 270 Rn. 11 – Link economy; GRUR 2010, 640 Rn. 13 – hey!).
18
Gemessen an diesen Grundsätzen verfügt das angemeldete Zeichen im Zusammenhang mit den beanspruchten Dienstleistungen über die erforderliche Unterscheidungskraft.
19
a) Angesprochene Verkehrskreise der beanspruchten Dienstleistungen sind nicht wie im Erinnerungsbeschluss ausgeführt in erster Linie „Steuer-Fachleute“, sondern Geschäftskunden aus verschiedenen Bereichen, die die Erstellung von Abrechnungen oder Dienstleistungen eines Steuerberaters auf dem Gebiet der Buchführung oder des Rechnungswesens etc. beauftragen. Die in Klasse 36 beanspruchten Dienstleistungen im Bereich des Immobilienwesens oder der Steuerberatung mit Ausnahme der Buchführung richten sich neben den Geschäftskunden zugleich auch an Endverbraucher.
20
b) Dem angemeldeten Zeichen kommt keine die beanspruchten Dienstleistungen beschreibende Bedeutung zu.
21
aa) Die angesprochenen Verkehrskreise werden zwar möglicherweise in der zweiten Silbe „TAX“ der angemeldeten Bezeichnung den englischen Begriff „tax“ mit der Bedeutung „Steuer, Gebühr, Abgabe“ (vgl. https://dict.leo.org/englisch-deutsch/tax) erkennen und auch verstehen (vgl. zum Verständnis der inländischen Verkehrskreise auch BPatG, Beschluss vom 09.01.2001, 33 W (pat) 185/00 – EUROTAX; Beschluss vom 22.07.2003, 33 W (pat) 117/03 – TAXDIRECT). In seiner Gesamtheit werden sie die Bezeichnung jedoch im Hinblick auf die Anfangsbuchstaben „MI“, denen sie keine konkrete Bedeutung entnehmen werden, als Phantasiebezeichnung auffassen.
22
bb) Insbesondere ist auch nicht davon auszugehen, dass die angesprochenen Verkehrskreise in dem angemeldeten Zeichen die Abkürzung „M.I.Tax“ für den Studiengang und den Abschluss „Master of International Taxation“ der Universität Hamburg erkennen und in diesem lediglich einen Sachhinweis auf die Qualifikation des Anbieters der in den Klassen 35 und 36 beanspruchten Dienstleistungen sehen.
23
Zwar wird ein derartiger Studiengang mit der Abkürzung „M.I.Tax“ an der Universität Hamburg angeboten, wie die Markenstelle zutreffend dargelegt hat. Zudem fehlt Bezeichnungen, in denen die angesprochenen Verkehrskreise lediglich einen Hinweis auf die Ausbildung, die Qualifikation oder sonstige für die Erbringung der konkreten Dienstleistungen relevanten Eigenschaften des Anbieters bzw. Erbringers der Dienstleistungen sehen, die erforderliche Unterscheidungskraft (vgl. beispielhaft BPatG, Beschluss vom 24. März 2011, 30 W (pat) 523/10 – Aktive Optiker; Beschluss vom 22. Juni 2010, 24 W (pat) 57/09 – webadvocat; Beschluss vom 5. April 2016, 25 W (pat) 43/14 – Zertifizierter Steuerkaufmann (ZStKfm)). Ein Abschluss des Studiengangs „Master of International Taxation“ an der Universität Hamburg könnte des Weiteren eine für die vorliegend beanspruchten Dienstleistungen auf dem Gebiet der Steuerberatung, des Immobilienwesens und der Unternehmensverwaltung bedeutsame Befähigung nachweisen.
24
Jedoch kann nicht davon ausgegangen werden, dass die angesprochenen Verkehrskreise die Abkürzung „M.I.Tax“ für den Masterstudiengang bzw. den Abschluss „Master of International Taxation“ überhaupt kennen und zudem in der angemeldeten Bezeichnung „MITAX“ auch diese Abkürzung erkennen. Es bedarf besonderer Anhaltspunkte für die Feststellung, dass der angesprochene Verkehr von der Bedeutung einer Abkürzung Kenntnis habe, wofür die bloße Tatsache, dass eine Buchstabenfolge in ein Abkürzungswörterbuch aufgenommen worden ist, für sich genommen nicht ausreichend ist (vgl. BGH GRUR 2015, 1127 Rn. 13 – ISET/ISETsolar). Vorliegend fehlen ausreichende Anhaltspunkte, aufgrund derer angenommen werden könnte, dass die angesprochenen Verkehrskreise die Buchstabenfolge „M.I.Tax“ als Hinweis auf den Studiengang bzw. den Abschluss „Master of International Taxation“ kennen. In diesem Zusammenhang ist zunächst festzuhalten, dass ein Studiengang mit der Bezeichnung „Master of International Taxation“, abgekürzt „M.I.Tax“, nur von der Universität Hamburg angeboten wird. Diese wirbt damit, dass dieser vollständig auf die Internationale Besteuerung fokussierte Studiengang deutschlandweit einzigartig sei und der erworbene Titel als Nachweis einer speziellen Qualifizierung einmalig sei und sich von den üblichen Titeln LLM und MBA abhebe (vgl. https://www.jura.uni-hamburg.de/forschung/institute-forschungsstellen-und-zentren/iifs/mitax.html). Unabhängig davon, ob der Abschluss eines derartigen Masterstudiums und der Titel „M.I.Tax“ inländischen Fachkreisen auf dem Gebiet des Steuerrechts bekannt sein sollte, kann vor dem Hintergrund, dass es sich um eine derart spezielle akademische Qualifizierung handelt, nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden, dass ein ausreichender Anteil der vorliegend angesprochenen Verkehrskreise diesen kennt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich die beanspruchten Dienstleistungen teilweise an Endkunden richten, dass aber auch die Geschäftskunden, die beispielsweise Dienstleistungen eines Steuerberaters auf dem Gebiet der Buchführung etc. in Anspruch nehmen, aus den verschiedensten Branchen stammen können; dies kann die Baubranche genauso sein wie der Einzelhandel. Unter Zugrundelegung der Recherchen des Senats zu dem Studiengang kann nicht davon ausgegangen werden, dass der mit „M.I.Tax“ abgekürzte Studienabschluss einem relevanten Anteil dieser breiten Verkehrskreise bekannt ist. Bereits aus diesem Grunde werden sie in der angemeldeten Bezeichnung keinen Hinweis auf den an der Universität Hamburg angebotenen Masterstudiengang mit dem Abschluss „Master of International Taxation (M.I.Tax)“ sehen.
25
Im Übrigen bestehen Zweifel, ob die angesprochenen Verkehrskreise selbst für den Fall, dass sie den Studiengang bzw. den Abschluss „M.I.Tax“ kennen sollten, in dem angemeldeten Zeichen „MITAX“ einen Hinweis auf diesen sehen würden, da sich die angemeldete Bezeichnung durch die fehlenden Punkte nach den Buchstaben „M“ und „I“ und durch die abweichende Groß- und Kleinschreibung von dieser Abkürzung deutlich unterscheidet. Der inländische Verkehr, welcher Kennzeichen regelmäßig in der Gesamtform aufnimmt, in der sie ihm entgegentreten, und erfahrungsgemäß wenig geneigt ist, sie begrifflich näher zu analysieren, um beschreibende Bedeutungen herauslesen zu können (vgl. BPatG, Beschluss vom 25.02.2016, 30 W (pat) 513/14 – ramuc), hat daher grundsätzlich keinen Anlass, in „MITAX“ eine Kombination aus mehreren Buchstaben- bzw. Wortelementen zu erkennen und das Zeichen in „M.“, „I.“ und „Tax“ zu zergliedern.
26
Dies betrifft nicht nur die schriftbildliche Anmutung der Bezeichnung, sondern auch ihre klangliche Wiedergabe. Aufgrund der Schreibweise der angemeldeten Bezeichnung und der leichten Aussprechbarkeit der Zeichenfolge werden die angesprochenen Verkehrskreise in dieser keine Abkürzung sehen, sondern sie als ein zweisilbiges Wort aussprechen, während im Hinblick auf die die Abkürzung „M.I.Tax“ – sollten die angesprochenen Verkehrskreise diese kennen – davon auszugehen ist, dass sie sie als „Master of International Taxation“ aussprechen würden oder als Abkürzung unter Nennung der einzelnen Bestandteile („Em Ai Täx“), wie dies beispielsweise auch beim Abschluss „Master of Business Administration (MBA)“ der Fall ist.
27
cc) Das angemeldete Zeichen „MITAX“ ist des Weiteren nicht per se – also unabhängig davon, ob der konkrete in Hamburg angebotene Studiengang den angesprochenen Verkehrskreisen bekannt ist – als Abkürzung für einen Master-Studiengang bzw. einen Abschluss im Bereich „Steuern“ erkennbar, so dass ihm auch nicht aus diesem Grunde die Unterscheidungskraft abzusprechen ist.
28
Auf einen berufsqualifizierenden Hochschulabschluss folgende, konsekutive Masterstudiengänge bzw. die in diesen Studiengängen erworbenen Abschlüsse werden mit festgelegten Bezeichnungen, nämlich M.A. für Master of Arts, M.Sc. für Master of Science, LL.M. für Master of Laws oder M.Eng. für Master of Engineering, M.F.A. für Master of Fine Arts, M.Mus. für Master of Music und M.Ed. für Master of Education abgekürzt, ohne dass das konkrete Fachgebiet, auf dem beispielsweise ein Master of Arts erworben wurde, in diese Abkürzung aufgenommen werden darf (vgl. Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 10. Oktober 2003 i. d. F. vom 4. Februar 2010 Ziff. A6. und B2. https://www.kmk.org/fileadmin/veroeffentlichungen_beschluesse/2003/2003_10_10-Laendergemeinsame-Strukturvorgaben.pdf und den von der Kultusministerkonferenz am 16. Februar 2017 beschlossenen Qualifikationsrahmen für deutsche Hochschulabschlüsse https://www.kmk.org/fileadmin/Dateien/veroeffentlichungen_beschluesse/2017/2017_02_16-Qualifikationsrahmen.pdf; s. auch https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_akademischer_Grade_(Deutschland) https://de.wikipedia.org/wiki/Master). Demgegenüber sind die Abschlussbeschreibungen für weiterbildende Master nicht vorgeschrieben, so dass in diesem Bereich diverse Bezeichnungen existieren (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_akademischer_Grade_(Deutschland). Allerdings konnte der Senat – auch auf dem Gebiet der weiterbildenden Masterstudiengänge – nicht feststellen, dass Abkürzungen allgemein und insbesondere für Studiengänge im Bereich des Steuerrechts oder der Steuerberatung einheitlich gebildet werden. So wird zwar an manchen Hochschulen ein Masterstudiengang im Bereich „Taxation“ bzw. Steuern angeboten. Der Senat konnte die Verwendung von Abkürzungen mit dem Bestandteil „Tax“ in diesem Bereich jedoch nur ganz vereinzelt recherchieren (Abkürzung „M-Tax“ für den an der Universität Nürnberg angebotenen Studiengang, vgl. https://www.th-nuernberg.de/fakultaeten/bw/studium/master-steuerberatung-ma/, und „M.Tax“ für einen Masterstudiengang an der Universität Mainz, vgl. https://www.hs-mainz.de/studium/studiengaenge/wirtschaft/taxation-berufsbegleitend-mtax/uebersicht/). In Bezug auf die Mehrheit der für den Bereich „Steuern“ angebotenen Masterstudiengänge konnte die Verwendung von Abkürzungen demgegenüber nicht festgestellt werden bzw. lediglich eine Ergänzung der Bezeichnung durch die allgemeine Abkürzung „M.A.“ für „Master of Arts“ (vgl. beispielhaft https://www.bwl.hm.edu/s/m/ma_tax.de.html: „Master of Arts (M.A.) Betriebliche Steuerlehre“; https://www.beruf-steuerberater.de/studiengaenge/master-of-taxation/: „Master of Taxation“; https://www.masteroftaxation.org/: „Master of Taxation / Master Steuerrecht und Steuerlehre“; https://wiwi.hs-duesseldorf.de/studium/studiengaenge/master-taxation?utm_source=twitter&utm_medium=twstream: „Master Taxation“; https://www.endriss.de/studiengaenge/master-of-arts-in-taxation/?gclid=EAIaIQobChMIyoqT4pTv6AIVx6SaCh2xEQz7EAAYASAAEgKptPD_BwE: „Master of Arts in Taxation“; https://www.lwhaas.de/master-of-arts-taxation/: „Master of Arts: Taxation“; https://www.fom.de/studiengaenge/wirtschaft-und-recht/master-studiengange/taxation.html: „Master of Laws (LL.M.) Taxation“). Vor diesem Hintergrund kann daher nicht davon ausgegangen werden, dass die angesprochenen Verkehrskreise in dem angemeldeten Zeichen „MITAX“ einen Hinweis auf einen Masterstudiengang oder einen Abschluss auf dem Gebiet der Steuerlehre oder speziell in dem Bereich „International Taxation“ erkennen. Auch insoweit ist wiederum zu berücksichtigen, dass das angemeldete Zeichen „MITAX“ keine Punkte zwischen den einzelnen Buchstaben aufweist und damit nicht von vorneherein als Abkürzung erkennbar ist, sondern es sich ohne Weiteres als ein zweisilbiges Wort aussprechen lässt.
29
Etwas anderes ergibt sich insoweit nicht aus den im Erinnerungsbeschluss genannten Entscheidungen (BPatG, Beschluss vom, 14.11.2005, 30 W (pat) 147/04 – S.L.I.D.E.; Beschluss vom 09.06.2009, 33 W (pat) 108/07 – Turbo P.O.S.T.; GRUR1998, 1023, 1024 – K.U.L.T.). Vorliegend geht es nicht um die Frage, ob die angesprochenen Verkehrskreise einen Begriff mit einer bestimmten (beschreibenden) Bedeutung wie beispielsweise „K.U.L.T.“ trotz einer ungewöhnlichen Zeichensetzung erkennen, sondern um die hiervon zu unterscheidende, quasi „gegensätzliche“ Frage, ob die angesprochenen Verkehrskreise in einer ohne Weiteres aussprechbaren Buchstabenfolge auch ohne Punkte nach den einzelnen Buchstaben eine Abkürzung erkennen. Dies kann jedoch nicht angenommen werden. Vielmehr werden die angesprochenen Verkehrskreise aus den zuvor dargelegten Gründen in der angemeldeten Bezeichnung „MITAX“ ein Phantasiewort sehen, dem die Unterscheidungskraft nicht abgesprochen werden kann.
30
2. Da sich nicht feststellen lässt, dass das angemeldete Wortzeichen „MITAX“ zur Beschreibung der Merkmale der beanspruchten Waren und Dienstleistungen geeignet ist, unterliegt dieses auch keinem Freihaltebedürfnis i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG. Weitere Schutzhindernisse sind nicht ersichtlich.

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