Aktenzeichen 25 W (pat) 514/19
Tenor
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 30 2018 208 716.0
hat der 25. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 27. Oktober 2020 unter Mitwirkung der Richterin Kriener, des Richters Schödel sowie des Richters Dr. Nielsen beschlossen:
Die Beschwerde des Anmelders wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
1
Die Bezeichnung
2
Notation Legend
3
ist am 18. März 2018 zur Eintragung als Marke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register für folgende Waren und Dienstleistungen angemeldet worden:
4
Klasse 9:
5
Bespielte DVDs; Herunterladbare digitale Musik, bereitgestellt über MP3-Internet-websites; Mit Musik bespielte Compact Discs; Mit Musik bespielte DVDs; Mit Musik bespielte Tonbänder; Mit Musik bespielte Videobänder; Musikdateien zum Herunterladen; Schallplatten; Tonaufzeichnungen auf Schallplatten; Videobänder;
6
Klasse 16:
7
Abziehbilder; Aufkleber, Stickers [Papeteriewaren]; Bücher; Fotografien; Fotografien [Abzüge]; Gerahmte Poster; Poster aus Papier; Postkarten; Verpackungsbeutel, – hüllen, -taschen aus Papier oder Kunststoff; Zeitschriften; Zeitungen;
8
Klasse 25:
9
Bekleidung aus Lederimitat; Bekleidungsstücke; Bekleidungsstücke aus Leder; Halstücher; Hemden; Kopfbedeckungen; Schuhe [Halbschuhe]; Stiefel; Stiefeletten; Stirnbänder [Bekleidung]; Sweatshirts; T-Shirts;
10
Klasse 41:
11
Darbietung von Musikaufführungen; Live-Veranstaltungen von Musikbands; Musikaufführungen; Unterhaltung in Form von Live-Musikaufführungen; Veranstaltung, Durchführung und Organisation von Konzerten.
12
Mit Beschluss einer Beamtin des gehobenen Dienstes vom 24. Oktober 2018 in der berichtigten Fassung vom 20. November 2018 hat die Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts die unter der Nummer 30 2018 208 716.0 geführte Anmeldung teilweise und zwar für die Waren „Bücher; Zeitschriften; Zeitungen“ der Klasse 16 wegen des insoweit gegebenen Schutzhindernisses nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG zurückgewiesen.
13
Bei der angemeldeten Bezeichnung handele es sich für die zurückgewiesenen Waren der Bücher; Zeitschriften und Zeitungen um eine unmittelbar beschreibende, freihaltebedürftige Sachangabe. Denn der angemeldete Begriff bedeute in der Gesamtheit „Erklärung der Notenschrift“ und enthalte insoweit einen Hinweis auf den Inhalt der so gekennzeichneten Druckerzeugnisse. Als Begriff der deutschen Umgangssprache deute das Markenelement Notation auf ein System von Zeichen oder Symbolen hin und im Bereich der Musik auf Aufzeichnungen in Notenschrift. Der zweite aus der englischen Sprache stammende Markenbestandteil „Legend“ für „Legende“ verweise auf die „Erklärung der verwendeten Zeichen“. Damit habe das Zeichen in der Gesamtheit die Bedeutung „Erklärung der Notenschrift“ und sei insoweit eine sprachüblich gebildete Kombination zweier beschreibender Wortteile, die von den angesprochenen Verkehrskreisen nur als beschreibender Hinweis verstanden werde. Insgesamt handele es sich um eine freihaltungsbedürftige Sachangabe im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG, denn derartige beschreibende Aussagen würden auch von den Mitbewerbern zur Beschreibung und Bewerbung ihrer (Konkurrenz-) Produkte benötigt. Darüber hinaus fehle der angemeldeten Wortkombination für die zurückgewiesenen Waren jegliche Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG. Denn im Allgemeinen seien nur solche Bezeichnungen betriebskennzeichnend, die geeignet seien, dem Verbraucher die betriebliche Identifizierung der unter diesen Marken angebotenen Waren und Dienstleistungen zu garantieren, was aber dann nicht der Fall sein könne, wenn der Bezeichnung wie im vorliegenden Fall ein im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden könne.
14
Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Anmelders. Seiner Ansicht nach habe die Markenstelle die Zurückweisung nicht ausreichend begründet, insbesondere seien in dem Beschluss vom 24. Oktober 2018 die irreführenden Ausführungen zu „Spreewälder Rauchsalz“ nicht verständlich. Zudem sei das Vorgehen der Markenstelle willkürlich, wettbewerbsverzerrend und diskriminierend. Denn die zu dem Musikprojekt „Notation Legend“ vergleichbaren Zeichen bzw. Musikprojekte „No Angels“, „Rammstein“, „Die Toten Hosen“ oder „Scorpions“ seien für die gleichen Klassen für schutzfähig erachtet worden. Nach Ansicht des Anmelders sei die Markenstelle verpflichtet gewesen, vergleichbare Zeichen wie das Musikprojekt der „Scorpions“ in die Prüfung mit einzubeziehen und zu erklären, warum die vorliegende Anmeldung teilweise zurückgewiesen werde, insoweit verweist der Anmelder auf die Entscheidung des Bundespatentgerichts 29 W (pat) 13/06 – Schwabenpost. Zudem wendet sich der Anmelder mit Schreiben vom 25. September 2019 gegen die aus seiner Sicht zu lange Verfahrensdauer, verweist auf die Eintragung von „Revolverheld“ für eine Band innerhalb eines Zeitraums von 3 Monaten und auf die demgegenüber bestehende gesetzeswidrige Ungleichbehandlung seiner Anmeldung. Auf den rechtlichen Hinweis des Gerichts vom 8. Juli 2020 hin verweist der Anmelder darauf, dass angesichts der fehlenden Aufnahme der angemeldeten Bezeichnung in bekannte Online-Wörterbücher (LEO, dict.cc., dict.leo.org) es sich nachweislich um eine unübliche und unbekannte Wortzusammensetzung handele. Soweit mit der Bezeichnung „Notation Legend“ zugleich der Name des Songs „Dowager“ des Anmelders in die Suchmaschinen eingegeben werde, sei ausschließlich ein Hinweis auf den Anmelder zu finden.
15
Der Anmelder und Beschwerdeführer beantragt sinngemäß,
16
den Beschluss der Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 24. Oktober 2018 in der berichtigten Fassung vom 20. November 2018 aufzuheben.
17
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss der Markenstelle, den rechtlichen Hinweis des Senats vom 8. Juli 2020, die Schriftsätze des Anmelders und auf den übrigen Akteninhalt verwiesen.
II.
18
Die gemäß § 64 Abs. 6 Satz 1 MarkenG i.V.m. § 66 Abs. 1 Satz 1 MarkenG statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde des Anmelders hat in der Sache keinen Erfolg. Der Eintragung der angemeldeten Wortfolge „Notation Legend“ als Marke steht im Zusammenhang mit den zurückgewiesenen und insoweit auch nur beschwerdegegenständlichen Waren „Bücher; Zeitschriften; Zeitungen“ der Klasse 16 das Schutzhindernis des entgegenstehenden Freihaltebedürfnisses nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen. Die Markenstelle hat der angemeldeten Marke daher zu Recht die Eintragung für diese Waren teilweise versagt (§ 37 Abs. 5 und Abs. 1 MarkenG). Soweit der Anmelder von einer Zurückweisung der Anmeldung auch für die darüber hinaus angemeldeten Waren der Klasse 9, 16, 25 und 41 ausgeht, ist dies nicht zutreffend.
19
1. Nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG dürfen Zeichen nicht eingetragen werden, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr u. a. zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der geografischen Herkunft oder sonstiger Merkmale der beanspruchten Waren und Dienstleistungen dienen können. Nach der Rechtsprechung des EuGH verfolgt die mit Art. 3 Abs. 1 Buchst. c Markenrichtlinie übereinstimmende Regelung des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG das im Allgemeininteresse liegende Ziel, dass sämtliche Zeichen oder Angaben, die Merkmale der beanspruchten Waren beschreiben, von allen frei verwendet werden können. Sie erlaubt es daher nicht, dass solche Zeichen oder Angaben aufgrund ihrer Eintragung nur einem Unternehmen bzw. einer Person vorbehalten werden. Entscheidendes Kriterium für den Ausschluss der Eintragung ist allein die Eignung einer Bezeichnung zur beschreibenden Verwendung (vgl. EuGH GRUR 1999, 723, Rn. 25, 30 – Chiemsee; GRUR 2004, 146, Rn. 31 f. – DOUBLEMINT). Für die Beurteilung der Verkehrsauffassung in Bezug auf die Schutzfähigkeit, hier konkret die Eignung der angemeldeten Bezeichnung als beschreibende Angabe zu dienen, ist auf das Verständnis des Handels und/oder des normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der beanspruchten Waren und Dienstleistungen als maßgebliche Verkehrskreise abzustellen (vgl. EuGH GRUR 1999, 723, Rn. 29 – Chiemsee; EuGH GRUR 2006, 411, Rn. 24 – Matratzen Concord, BGH GRUR 2008, 900, Rn. 18 – SPA II; GRUR 2014, 565, Rn. 13 – smartbook). Ist die Eignung für die Beschreibung von Merkmalen der beanspruchten Produkte festgestellt, setzt das Eintragungsverbot des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG keinen weiteren Nachweis voraus, dass und in welchem Umfang sie als beschreibende Angabe bereits im Verkehr bekannt ist oder verwendet wird (vgl. EuGH GRUR 1999, 723 Rn. 30 – Chiemsee; GRUR 2004, 16 Rn. 32 – DOUBLEMINT; GRUR 2004, 674 Rn. 98 – Postkantoor).
20
Ausgehend von diesen Grundsätzen handelt es sich bei dem angemeldeten Zeichen „Notation Legend“ für die angesprochenen Abnehmerkreise entsprechender Waren ohne weiteres erkennbar um eine Angabe, die geeignet ist, Merkmale der beschwerdebefangenen Waren zu beschreiben. Die maßgeblichen Abnehmerkreise für die beanspruchten Waren sind jedenfalls auch die insbesondere an Musik interessierten Endverbraucherkreise sowie die vor allem der Musikbranche zugehörenden gewerblichen Verkehrskreise.
21
Die angemeldete Bezeichnung besteht aus dem englischen bzw. deutschen Begriff „Notation“ mit dem Sinngehalt von „Zeichenschrift, Schrift, Notenschrift“ (vgl. auch DUDEN, Die deutsche Rechtschreibung, 24. Aufl.) und dem englischen Wort für Legende „Legend“. Im Zusammenhang mit Musikaufzeichnungen wird die angemeldete Wortkombination „Notation Legend“ ausweislich der bereits von Seiten der Markenstelle aufgezeigten Belege sowie der vom Senat übersandten ergänzenden Rechercheunterlagen häufig für eine Legende, also eine Erklärungsliste verwendet, um die in der Musik verwendeten Notationen aufzuschlüsseln oder zu erklären (z.B. „Notation Legend: Queen Songs“; „Guitar Notation Legend“; „drum set notation legend“; „Drum Key Notation Legend“ – siehe die dem Anmelder als Anlage 1 mit dem rechtlichen Hinweis des Senats vom 8. Juli 2020 übersandten Unterlagen). Entgegen der Auffassung des Anmelders und Beschwerdeführers handelt es sich also nicht um eine unübliche und unbekannte Wortzusammensetzung, vielmehr zeigen die genannten Beispiele einen eindeutigen, für die angesprochenen Verkehrskreise unmittelbar verständlichen Sinngehalt. Im Zusammenhang mit Büchern, Zeitungen oder Zeitschriften wird „Notation Legend“ daher von den angesprochenen Verkehrskreisen ohne weiteres als Hinweis auf den Gegenstand, das Thema und den Inhalt dieser Produkte verstanden. Denn die Bücher, Zeitungen und Zeitschriften können Notation Legends für bestimmte Musikstücke und für bestimmte Instrumente wie beispielsweise Gitarre oder Schlagzeug enthalten oder sich inhaltlich darauf beziehen oder selbst solche sein. Damit beschreibt die beanspruchte Wortkombination die Art, den Inhalt und Gegenstand der so gekennzeichneten Waren unmittelbar als solche, die eine „Notation Legende“ darstellen, enthalten oder sich darauf beziehen. Insoweit handelt es sich bei der angemeldeten Bezeichnung um eine beschreibende Inhalts-, Art- und Themenangabe für die beschwerdegegenständlichen Waren im Sinn von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG.
22
Soweit sich der Anmelder auf Voreintragungen vermeintlich vergleichbarer Zeichen beruft, ändern diese nichts an der vorgenommenen Beurteilung der fehlenden Schutzfähigkeit für die beschwerdegegenständlichen Waren. Insoweit ist auf die dazu ergangene umfangreiche und gefestigte Rechtsprechung des EuGH (vgl. GRUR 2009, 667 – Bild.T-Online u. ZVS unter Hinweis u. a. auf die Entscheidungen EuGH GRUR 2008, 229 Rn. 47-51 – BioID; GRUR 2004, 674 Rn. 42-44 – Postkantoor), des BGH (vgl. GRUR 2008, 1093 Rn. 18 – Marlene-Dietrich-Bildnis I) und des BPatG (vgl. z.B. GRUR 2009, 1175 – Burg Lissingen; MarkenR 2010, 139 – VOLKSFLAT und die Senatsentscheidung MarkenR 2010, 145 – Linuxwerkstatt) zu verweisen, wonach weder eine Bindungs- noch eine Indizwirkung gegeben ist (vgl. auch Ströbele/Hacker/Thiering, MarkenG, 12. Aufl., § 8 Rn. 72 ff mit zahlreichen weiteren Rechtsprechungsnachweisen). Die Entscheidung über die Schutzfähigkeit ist keine Ermessensentscheidung, sondern eine (an das Gesetz) gebundene Entscheidung, wobei selbst identische Voreintragungen nach ständiger Rechtsprechung nicht zu einem Anspruch auf Eintragung führen. Insofern gibt es auch im Rahmen von unbestimmten Rechtbegriffen keine Selbstbindung der Markenstellen des DPMA und erst recht keine irgendwie geartete Bindung für das Gericht. Das Gericht und auch das Patentamt haben in jedem Einzelfall eigenständig zu prüfen und danach eine Entscheidung zu treffen. Voreintragungen werden regelmäßig nicht begründet, so dass eine argumentative Auseinandersetzung mit diesen Eintragungsentscheidungen nicht möglich ist. Abschließend ist darauf hinzuweisen, dass jedenfalls die von dem Anmelder genannten für vergleichbar gehaltenen Eintragungen der Wortmarken „No Angels“ oder „Die Toten Hosen“ für vergleichbare oder identische Waren und Dienstleistungen schon deshalb anders zu beurteilen sind, weil diesen Wörtern ein vergleichbarer inhaltsbeschreibender Sinngehalt nicht zukommt.
23
2. Inwieweit der angemeldeten Bezeichnung im Zusammenhang mit den beschwerdegegenständlichen Waren auch das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegensteht, wofür einiges spricht, kann vor dem Hintergrund der Ausführungen zu § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG dahingestellt bleiben.
24
3. Da die Markenstelle für Klasse 9 ihren ursprünglichen, am 24. Oktober 2018 ergangenen Beschluss, der in der Begründung Unrichtigkeiten dergestalt enthalten hatte, dass von Markenbestandteilen die Rede war, die ersichtlich eine andere Fallgestaltung betrafen, mit Berichtigungsbeschluss vom 20. November 2018 in entsprechender Anwendung des § 80 Abs. 1 MarkenG korrigiert hat (vgl. auch Ströbele/Hacker/Thiering, MarkenG, 12. Aufl., § 61 Rn. 41; Ingerl, Rohnke, MarkenG, 3. Aufl., § 62 Rn. 7), tritt letzterer an die Stelle der ursprünglichen Fassung. Insoweit bestand für den Senat weder Anlass zu einer Aufhebung des angefochtenen Beschlusses wegen einer widersprüchlichen und nicht passenden Begründung noch zu einer Zurückverweisung ohne in der Sache selbst zu entscheiden gemäß § 70 Abs. 3 Nr. 2 MarkenG.
25
Die Beschwerde des Anmelders war zurückzuweisen.