Aktenzeichen 27 W (pat) 115/16
Verfahrensgang
nachgehend BGH, 26. November 2020, Az: I ZB 6/20, Beschluss
Tenor
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Marke 30 2012 015 602
hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 16. Oktober 2019 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Kortbein, des Richters Paetzold sowie der Richterin Lachenmayr-Nikolaou
beschlossen:
1. Die Beschwerde des Widersprechenden wird zurückgewiesen.
2. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I.
1
Am 18. Februar 2012 ist das Zeichen
2
für die nachfolgend genannten Waren der Klasse 28 und Dienstleistungen der Klassen 35 und 41 zur Eintragung als farbige Wort-/Bildmarke in das vom Deutschen Patent- und Markenamt geführte Markenregister angemeldet worden:
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Klasse 28: Spiele und Sportartikel;
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Klasse 35: Werbung;
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Klasse 41: sportliche und kulturelle Aktivitäten.
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Das Deutsche Patent- und Markenamt, Markenstelle für Klasse 41, hatte die Anmeldung mit Beschluss vom 25. Juni 2013 zunächst zurückgewiesen, da die angemeldete Bezeichnung gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 9 MarkenG a.F. i.V.m. dem Gesetz zum Schutz des olympischen Emblems und der olympischen Bezeichnungen (im Folgenden als „Olympia-Schutzgesetz“ bezeichnet bzw. als „OlympSchG“ zitiert) von der Eintragung ausgeschlossen sei. Auf die hiergegen gerichtete Beschwerde des Beschwerdegegners des vorliegenden Verfahrens hat der 27. Senat des Bundespatentgerichts mit Beschluss vom 17. Juni 2014 im Verfahren 27 W (pat) 547/13 den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts vom 25. Juni 2013 aufgehoben, da ein Verstoß gegen das Olympia-Schutzgesetz nicht vorliege.
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Das angemeldete Zeichen ist sodann am 16. September 2014 unter der Nummer 30 2012 015 602 in das beim Deutschen Patent- und Markenamt geführte Markenregister eingetragen worden. Am 17. Oktober 2014 wurde die Eintragung veröffentlicht.
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Die Marke 30 2012 015 602 wurde am 12. Mai 2016 auf den Beschwerdegegner umgeschrieben, die Veröffentlichung der Umschreibung erfolgte am 17. Juni 2016. Der Beschwerdegegner hat mit Schreiben vom 15. August 2016 beim Deutschen Patent- und Markenamt eine Sachstandsanfrage gestellt. Das Gericht hat mit Schreiben vom 21. November 2016 darauf hingewiesen, dass es diese Sachstandsanfrage als Übernahme des Verfahrens gemäß § 28 Abs. 2 MarkenG werte.
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Gegen die Eintragung dieser Marke hat der Inhaber der am 8. November 2011 international registrierten Wortmarke IR 1 128 501
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OLYMPIC
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am Montag, den 19. Januar 2015, Widerspruch erhoben. Die Widerspruchsmarke genießt für die Europäische Union Schutz für eine Vielzahl von Waren und Dienstleistungen, unter anderem für die nachfolgend genannten Waren der Klasse 28 und Dienstleistungen der Klassen 35 und 41:
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Klasse 28: Games, toys; gymnastic and sporting articles not included in other classes; …
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Klasse 35: Advertising; …
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Klasse 41: Educational services; providing of training; entertainment; sporting and cultural activities, televised sporting and cultural entertainment; …
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Mit Beschluss vom 3. Mai 2016 hat das Deutsche Patent- und Markenamt, Markenstelle für Klasse 41, den Widerspruch zurückgewiesen.
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Zur Begründung ist ausgeführt, dass weder eine Verwechslungsgefahr gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG angenommen werden könne, noch die Voraussetzungen des Bekanntheitsschutzes nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 MarkenG vorlägen. Eine unmittelbare Verwechslungsgefahr sei zu verneinen. Die angegriffene Marke halte aufgrund des abweichenden Wortbestandteils „RETR(O)-“ und der graphischen farbigen Ausgestaltung selbst bei der Kennzeichnung identischer Dienstleistungen und einer erhöhten Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke im Bereich „sporting activities“ den erforderlichen deutlichen Abstand zur Widerspruchsmarke in jeder Hinsicht ein, so dass das Publikum die Marken nicht verwechseln werde. Dem Wortbestandteil „-OLYMPICS“ komme weder eine allein prägende noch selbständig kennzeichnende Stellung innerhalb der angegriffenen Marke zu, da er sich mit dem weiteren Wortbestandteil „RETR(O)-“ zu einem einheitlichen Gesamtbegriff mit eigenständigem Begriffsinhalt verbinde. Ebenso sei auszuschließen, dass der Verkehr die angegriffene Marke mit der Widerspruchsmarke gedanklich in Verbindung bringe. Insbesondere liege kein Fall der mittelbaren Verwechslungsgefahr unter dem Gesichtspunkt eines Serienzeichens vor. Die Wortkombination „RETROLYMPICS“ reihe sich nicht in die vom Widersprechenden bezeichnete Markenserie ein. Der Bestandteil „-OLYMPICS“ trete innerhalb des Gesamtbegriffs nicht eigenständig hervor, während der Bestandteil „RETRO-“ als solcher nicht unmittelbar auf sportliche Aktivitäten hinweise und begrifflich von den aktuellen sportlichen Wettkämpfen des Widersprechenden wegführe. Insbesondere der Bildbestandteil lasse den Gedanken an die vom Widersprechenden organisierten Olympischen Spiele nicht aufkommen, da er dem bekannten olympischen Emblem der fünf ineinander verschlungenen Ringe des Widersprechenden nicht nahekomme. Denn der Verkehr sei seit vielen Jahren daran gewöhnt, dass Lizenz- oder Sponsorenverhältnisse mit den olympischen Organisationen durch entsprechende Verwendung des olympischen Emblems gekennzeichnet würden. Eine Verwechslungsgefahr in weiterem Sinne könne nur bei besonderen Umständen angenommen werden, die hier nicht vorlägen. Insbesondere sei nicht ausreichend, dass die jüngere Marke geeignet sei, bloße Assoziationen an ein fremdes Zeichen hervorzurufen. Auch wenn die Widerspruchsmarke im Zeitpunkt der Anmeldung der angegriffenen Marke in der Gemeinschaft für die Dienstleistungen „sporting activities“ bekannt gewesen sei, so sei es doch aufgrund der fehlenden bzw. äußerst geringen Zeichenähnlichkeit und der begrifflichen Abweichung durch den Wortbestandteil „RETRO-“ unwahrscheinlich, dass die hier angesprochenen breiten allgemeinen Verkehrskreise eine gedankliche Verknüpfung zwischen den Marken herstellen würden, so dass die Voraussetzungen des Bekanntheitsschutzes gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 3 MarkenG ebenfalls nicht vorlägen.
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Gegen den ihm am 9. Mai 2016 zugestellten Beschluss wendet sich der Widersprechende mit seiner Beschwerde vom 9. Juni 2016. Am selben Tag sind das Formular „Angaben zum Verwendungszweck des Mandats“ sowie das nicht unterschriebene SEPA-Basis-Lastschriftmandat per Fax beim Deutschen Patent- und Markenamt eingegangen, ein vom Verfahrensbevollmächtigten des Beschwerdeführers unterschriebenes SEPA-Basis-Lastschriftmandat im Original ist sodann am 14. Juni 2016 eingegangen. Mit Beschluss des erkennenden Senats vom 26. Juni 2019 wurde dem Beschwerdeführer Wiedereinsetzung in die Frist zur Zahlung der Beschwerdegebühr nach §§ 66 Abs. 2, 82 Abs. 1 Satz 3 MarkenG i.V.m. § 6 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 PatKostG gewährt.
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Zur Begründung des Rechtsmittels ist ausgeführt, dass der Beschluss des Bundespatentgerichts vom 17. Juni 2014 im Verfahren 27 W (pat) 547/13 zur Frage der Schutzfähigkeit der angegriffenen Marke inhaltlich unzutreffend sei, da die jüngere Marke eindeutig einen Bezug zu den Olympischen Spielen herstelle und daher der Eintragung der jüngeren Marke bereits das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 9 MarkenG a.F. i.V.m. den Vorschriften des Olympia-Schutzgesetzes entgegenstehe. Für das vorliegende Verfahren entfalte dieser Beschluss keine Bindungswirkung, da es in der Entscheidung nicht um die hier relevante Frage der Verwechslungsgefahr gegangen sei. Beim Eintragungsverfahren einerseits und dem vorliegenden Kollisionsverfahren andererseits handele es sich um völlig unterschiedliche Verfahren. Der Gesetzgeber sei selber von einem Nebeneinander des Olympia-Schutzgesetzes sowie des markenrechtlichen Schutzes der olympischen Bezeichnungen ausgegangen. Zudem würden die Entscheidungen im Eintragungsverfahren und im Kollisionsverfahren auf unterschiedlicher Grundlage getroffen, da im kontradiktorischen Verfahren eine Entscheidung auf der Grundlage des Vortrags der Beteiligten, beispielsweise auch des Vortrags zu einer gesteigerten Kennzeichnungskraft der älteren Marke, erfolge, während für ein Schutzhindernis gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 9 MarkenG a.F. (§ 8 Abs. 2 Nr. 13 MarkenG n.F.) die Benutzung des Zeichens „ersichtlich“ nach sonstigen Vorschriften im öffentlichen Interesse untersagt werden können müsse.
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Eine markenrechtliche Verwechslungsgefahr sei zu bejahen. Dies räume der Beschwerdegegner selber ein, wenn er vortrage, mit der Veranstaltungsbezeichnung „RETROLYMPICS“ Assoziationen mit den Olympischen Spielen hervorrufen zu wollen. Die Widerspruchsmarke verfüge über eine gesteigerte Kennzeichnungskraft. Dies ergebe sich bereits aus der Gesetzesbegründung des Olympia-Schutzgesetzes, die von einer größtmöglichen Bekanntheit des olympischen Symbols und der olympischen Bezeichnungen ausgehe. Der Gesetzgeber und die Rechtsprechung zum Olympia-Schutzgesetz hätten mehrfach betont, dass der Schutz nach dem Olympia-Schutzgesetz hinter dem Markenschutz zurückbleibe. Den vor dem Hintergrund identischer Waren und Dienstleistungen sowie der gesteigerten Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke erforderlichen deutlichen Abstand halte die angegriffene Marke nicht ein. Die Vergleichszeichen seien sich im Hinblick auf die Wortelemente „-OLYMPICS” und „OLYMPIC” ähnlich. Die jüngere Marke könne auch nicht künstlich in „RETRO-“ und „-LYMPICS“ aufgespalten werden, vielmehr nehme der Buchstabe „O“ in der angegriffenen Marke eine Doppelstellung ein, so dass die Bezeichnungen in dem Bestandteil „OLYMPIC“ übereinstimmen würden. Der Sachzusammenhang mit den Olympischen Spielen werde durch die graphische Gestaltung in Form eines stilisierten olympischen Feuers noch verstärkt. Die olympische Fackel sei eines der bekanntesten olympischen Symbole. Demgegenüber komme dem zusätzlichen Wortbestandteil „RETRO-” der jüngeren Marke eine lediglich beschreibende Bedeutung zu. Da sich die Begrifflichkeit „OLYMPICS” auf sämtliche Olympischen Spiele der Neuzeit, also seit dem Jahre 1896, beziehe und eine Unterscheidung zwischen bestimmten Olympischen Spielen nicht gemacht werde, führe der Zusatz „RETRO-” nicht zu einer ausreichenden Abgrenzung. Im Hinblick auf die überragende Bekanntheit der Olympischen Spiele und damit auch der Bezeichnung „OLYMPIC” bringe das Publikum das angegriffene Zeichen mit dem berühmten sportlichen Ereignis gedanklich in Verbindung und gehe jedenfalls von einer wirtschaftlichen Beziehung zwischen den Ausrichtern der jeweiligen Veranstaltungen aus. Die angesprochenen Verkehrskreise würden zumindest annehmen, dass der Beschwerdegegner eine Lizenz zur Verwendung der Widerspruchsmarke innehabe, beispielsweise als Sponsor oder aus sonstigen Gründen.
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Darüber hinaus seien die Voraussetzungen für die Annahme einer mittelbaren Verwechslungsgefahr unter dem Aspekt eines Serienzeichens gegeben. Die jüngere Marke stimme im Wortstamm mit der Widerspruchsmarke überein. Der Widersprechende verwende den entsprechenden Wortstamm „OLYMPIC“ vielfach als Stammbestandteil von Serienmarken (vgl. Wortmarke UM 002 827 632 – THE OLYMPICS, Wort-/Bildmarke UM 001 118 165 – OLYMPIAD & RINGS, Wortmarke UM 008 471 369 – GAMES OF THE OLYMPIAD, Wort-/Bildmarke IR 977 839 – The Olympic Museum, Wort-/Bildmarke IR 10 55 101 – OLYMPIAN, Wort-/Bildmarke IR 10 24 203 – OBS OLYMPIC BROADCASTING SERVICES, Wortmarke IR 10 29 820 – OLYMPIC TORCH RELAY, Wort-/Bildmarke IR 76 05 83 – OLYMPIC STORE & RINGS, Wortmarke IR 86 30 84 – OLYMPEX und Wort-/Bildmarke IR 97 08 96 – DAS OLYMPISCHE MUSEUM). Zudem werde der entsprechende Bestandteil vom Beschwerdeführer als Firmenkennzeichnung verwendet.
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Schließlich nutze der Beschwerdegegner mit der angegriffenen Marke die Unterscheidungskraft und die Wertschätzung der bekannten Marke des Widersprechenden im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 3 MarkenG aus; er profitiere von der Ähnlichkeit der beiden Marken und erlange dadurch eine Aufmerksamkeit, die er für seine mit der Marke gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen ansonsten nicht erhielte. Die Durchführung und Veranstaltung von Wettbewerben in historischen Sportarten bedürfe keines Bezuges zu den Olympischen Spielen. Durch die Wahl des Bestandteils „-OLYMPICS“ sowie des Symbols des olympischen Feuers werde jedoch deutlich gemacht, dass gerade eine Anlehnung an die Olympische Bewegung erfolgen solle. Da für den Schutz der bekannten Marke ausreichend sei, dass das Publikum zwischen den Zeichen eine gedankliche Verknüpfung vornehme und eine Herkunftstäuschung entbehrlich sei, komme es nicht auf die Frage an, ob das angesprochene Publikum annehme, dass mit dem angegriffenen Zeichen gekennzeichnete Waren in irgendeiner Verbindung zum Beschwerdeführer stehen könnten. Der Widersprechende und die Olympische Bewegung seien zudem auch in den Bereichen Bildung und Kultur aktiv, wodurch das Risiko der gedanklichen Verbindung, die durch die angegriffene Marke ausgehe, erhöht werde. Die Wertschätzung und Unterscheidungskraft der Widerspruchsmarke werde ohne rechtfertigenden Grund ausgenutzt. Für den Durchschnittsverbraucher sei nicht ersichtlich, ob der Beschwerdegegner, der mit den Olympischen Symbolen Vermarktung betreibe, lizenzvertraglich autorisiert sei und durch den Beschwerdeführer unterstützt werde.
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Der Beschwerdegegner könne sich nicht auf die Regelung des Bestandsschutzes gemäß § 8 OlympSchG berufen, da ihm ältere Rechte nicht zustünden. Diese Regelung stehe der Annahme eines Rechtsschutzbedürfnisses des Beschwerdeführers somit nicht entgegen. Weder seien die vom Beschwerdegegner angeführten Publikationen wie „das niedergelegte“ Konzept der Retrolympics-Veranstaltung urheberrechtlich geschützt, noch habe die Marke „RETROLYMPICS“ vor dem Inkrafttreten des Olympia-Schutzgesetzes Verkehrsgeltung erlangt.
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Der Beschwerdeführer beantragt,
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den Beschluss der Markenstelle für Klasse 41 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 3. Mai 2016 aufzuheben und die Löschung der Eintragung der angegriffenen Marke DE 30 2012 015 602 aufgrund des Widerspruchs aus der Marke IR 1 128 501 anzuordnen.
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Der Beschwerdegegner beantragt,
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die Beschwerde zurückzuweisen.
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Er regt ergänzend die Vorlage des Verfahrens zum Bundesverfassungsgericht an zur Klärung der Frage, ob der Beschluss des Bundespatentgerichts vom 17. Juni 2014 in der Sache 27 W (pat) 547/13 entgegenstehende Rechtskraft für das vorliegende Verfahren entfalte und ob der Beschwerdeführer ein über das Olympia-Schutzgesetz hinausgehendes Rechtsschutzbedürfnis habe.
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Er ist der Ansicht, dass es an einem Rechtsschutzbedürfnis des Beschwerdeführers fehle. Dessen Rechtsposition werde durch das Olympia-Schutzgesetz ausreichend berücksichtigt. Daneben könne er sich nicht auf einen Schutz nach dem Markenrecht berufen. Der Gesetzgeber sei bei Erlass des Olympia-Schutzgesetzes davon ausgegangen, dass die olympischen Bezeichnungen nicht nach dem Markenrecht schutzfähig seien. Da das Bundespatentgericht im Verfahren 27 W (pat) 547/13 bereits entschieden habe, dass ein Verstoß gegen das Olympia-Schutzgesetz nicht vorliege, könne die Wertung dieses Gesetzes auch nicht durch Annahme einer Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne umgangen werden. Denn die Vorschriften des Olympia-Schutzgesetzes, bei dem es sich um ein markenrechtliches Sonderschutzgesetz handele, seien an die die markenrechtliche Verwechslungsgefahr regelnden Vorschriften angelehnt, so dass das Bundespatentgericht bereits über denselben Streitgegenstand entschieden habe. Im Hinblick auf die Rechtskraft der Entscheidung im Verfahren 27 W (pat) 547/13 könne im vorliegenden Verfahren die Beurteilung der Verwechslungsgefahr somit nicht abweichend vorgenommen werden, andernfalls werde gegen den Grundsatz „ne bis in idem“ verstoßen.
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Die Beschwerde sei auch nicht begründet. Eine Verwechslungsgefahr gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG liege nicht vor. Insbesondere könne keine Verwechslungsgefahr unter dem Gesichtspunkt des gedanklichen Inverbindungbringens angenommen werden. Die Worte „Olympia“ oder „Olympics“ würden im allgemeinen Sprachgebrauch verwendet. Der angesprochene Verbraucher unterscheide zwischen der Werbung eines Sponsors und sonstigen Bezugnahmen auf die Olympischen Spiele. Die jüngere Marke mit dem Wortbestandteil „RETROLYMPICS“ rufe zwar in der Tat Assoziationen mit den Olympischen Spielen hervor. Dies sei auch durchaus gewollt, da sich der Beschwerdegegner mit ehemaligen olympischen Sportarten beschäftige. Es werde jedoch in keiner Weise ein wirtschaftlicher oder organisatorischer Zusammenhang mit dem Beschwerdeführer hergestellt. Der Begriff „RETRO-“ stelle einen Hinweis auf etwas Vergangenes oder Historisches dar. Er suggeriere unmissverständlich, dass der Gegenstand einer Veranstaltung etc. heute nicht mehr aktuell sei. Dem angegriffenen Zeichen „RETROLYMPICS“ sei daher zu entnehmen, dass es sich um ein Event mit sportlichem Wettkampfcharakter handele, bei dem auf Vergangenes bzw. Historisches zurückgegriffen werde. Die Verwendung des Bestandteils „-LYMPICS“ weise lediglich darauf hin, dass es um sportliche Wettkämpfe gehe. Durch das Wort „RETRO-“ werde gerade deutlich gemacht, dass kein Zusammenhang im Sinne einer organisatorischen oder wirtschaftlichen Verbindung mit den offiziellen Olympischen Spielen des Beschwerdeführers bestehe. In diesem Zusammenhang sei zu berücksichtigen, dass dem Begriff „OLYMPICS“ mit der deutschen Übersetzung „Olympiade“ aus markenrechtlicher Sicht jegliche Unterscheidungskraft fehle. Aus diesem Grunde habe der Gesetzgeber den olympischen Bezeichnungen auch einen sondergesetzlichen Schutz durch das Olympia-Schutzgesetz eingeräumt. Schutzunfähige Elemente seien aber auch unter dem Gesichtspunkt der Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne nicht kollisionsbegründend.
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Unabhängig von der Frage der Verwechslungsgefahr sei zu berücksichtigen, dass der Beschwerdegegner bereits vor der Anmeldung der älteren Marke ein Recht an der Bezeichnung „RETROLYMPICS“ gemäß § 8 OlympSchG erworben habe. Der im Jahr 1999 gegründete Verein mit dem Zweck der Aufbereitung von und Beschäftigung mit sporthistorischen Traditionen ehemaliger olympischer Disziplinen habe seit Beginn seiner Tätigkeit die Kennzeichnung „RETROLYMPICS“ für Publikationen und seine Veranstaltungen verwendet, so dass von einer bereits vor dem Kollisionszeitpunkt erlangten Verkehrsgeltung der angegriffenen Marke auszugehen sei. Zudem stehe die Regelung des § 3 Abs. 3 OlympSchG der Annahme einer Verwechslungsgefahr im vorliegenden Fall entgegen. Das Konzept der Veranstaltung „RETROLYMPICS“ sowie die Publikationen des Beschwerdegegners seien urheberrechtlich geschützt, so dass die Nutzung der schutzfähigen Werke gemäß § 3 Abs. 3 OlympSchG nicht nach dem Olympia-Schutzgesetz untersagt werden könne. Diese Wertung stehe auch einer „mittelbaren Untersagung“ über das Markenrecht entgegen.
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Der Senat in seiner damaligen Besetzung hat den Beteiligten mit Hinweis vom 11. Februar 2019 mitgeteilt, dass unter Berücksichtigung der sehr hohen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke eine Verwechslungsgefahr unter dem Gesichtspunkt des gedanklichen Inverbindungbringens anzunehmen sein dürfte. In der mündlichen Verhandlung vom 16. Oktober 2019 hat der nunmehrige Vorsitzende des 27. Senats ausdrücklich klargestellt, dass der Senat diesen Hinweis im Hinblick auf die zwischenzeitlich eingegangenen Schriftsätze der Beteiligten sowie im Hinblick auf die geänderte Besetzung des Senats überdenken werde, so dass das Ergebnis des vorliegenden Beschwerdeverfahrens „völlig offen“ sei. Ins Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 16. Oktober 2019 wurde diesbezüglich aufgenommen, dass sich „der Senat noch keine abschließende Meinung gebildet“ habe.
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Der Beschwerdegegner hat „vorsorglich“ für das Nichtvorliegen einer konkreten Verwechslungsgefahr zwischen den Vergleichsmarken Beweis angeboten durch Einholung eines Sachverständigengutachtens.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts, die Schriftsätze der Beteiligten, die Hinweise des Gerichts und den übrigen Akteninhalt Bezug genommen.
II.
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Die zulässige Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg.
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1. Die Beschwerde ist zulässig.
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a) Sie ist gemäß § 66 Abs. 1 MarkenG statthaft und wurde innerhalb der Frist des § 66 Abs. 2 MarkenG eingelegt.
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b) Insbesondere steht der Zulässigkeit der Beschwerde nicht ein fehlendes Rechtsschutzbedürfnis des Beschwerdeführers entgegen. Der Beschwerdeführer ist durch die seinen Widerspruch zurückweisende Entscheidung des Deutschen Patent- und Markenamts beschwert. Nach allgemeinen Grundsätzen kann das Rechtsschutzbedürfnis für ein Rechtsmittel trotz vorhandener Beschwer nur in Ausnahmefällen verneint werden (vgl. Knoll in: Ströbele/Hacker/Thiering, Markengesetz, 12. Auflage, § 66, Rn. 32). So kann dem beschwerten Rechtsmittelführer das Rechtsschutzbedürfnis ausnahmsweise bei „unnötiger, zweckwidriger oder missbräuchlicher Beschreitung“ des Rechtsmittelwegs abgesprochen werden (vgl. Rimmelspacher in: Münchener Kommentar zur ZPO, 5. Auflage 2016, § 511, Rn. 85).
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Vorliegend kann dem Beschwerdeführer das Rechtsschutzbedürfnis nicht mit der Begründung abgesprochen werden, seine Rechtsposition werde durch das Olympia-Schutzgesetz ausreichend berücksichtigt, so dass er sich nicht daneben auf einen Schutz nach dem Markenrecht berufen könne. Dem steht bereits entgegen, dass die Vorschriften des Olympia-Schutzgesetzes und die Kollisionsregelungen im Markenrecht einen anderen Inhalt und eine andere Zielrichtung aufweisen. Dabei verkennt der Senat nicht, dass die Regelungen des § 3 Abs. 1, Abs. 2 OlympSchG an die markenrechtlichen Verletzungstatbestände angelehnt sind. Das Olympia-Schutzgesetz beschränkt sich jedoch darauf, einen den Zielen der Olympischen Bewegung zuwiderlaufenden Imagetransfer zu verhindern. So stellt der §§ 9 Abs. 1 Nr. 3, 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG entsprechende Schutz der olympischen Bezeichnung nach § 3 Abs. 2 Nr. 2 OlympSchG nicht auf eine Ausnutzung der Wertschätzung dieser Bezeichnung ab, sondern auf eine solche der Olympischen Spiele oder der Olympischen Bewegung (vgl. BGH, GRUR 2014, 1215, Rn. 17, Rn. 32 – Olympia-Rabatt). Dies ergibt sich auch aus der Gesetzesbegründung zum Olympia-Schutzgesetz. In dieser ist ausgeführt, dass sich der spezialgesetzliche Schutz nach dem Olympia-Schutzgesetz entsprechend seiner Zielsetzung darauf beschränke, den nicht dem Gedanken der Olympischen Bewegung entsprechenden Imagetransfer zu verhindern. Dadurch bleibe der spezialgesetzliche Schutz hinter dem markenrechtlichen Schutz zurück. Die Marke habe eine weiterreichende ökonomische Funktion, weil sie insbesondere der Identifikation einer unternehmerischen Leistung diene. Diese Unterscheidungskraft fehle den durch das Gesetz geschützten olympischen Bezeichnungen, so dass eine andere Ausprägung des Schutzes gerechtfertigt sei (vgl. Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drs. 15/1669, A.2.; s. auch Heermann, Wann verstößt die Verwendung olympischer Bezeichnungen gegen § 3 Abs. 2 OlympSchG?, GRUR 2014, 233). Da die Vorschriften des Olympia-Schutzgesetzes und die markenrechtlichen Vorschriften zur Verwechslungsgefahr somit eine unterschiedliche Schutzrichtung aufweisen und die Vorschriften des Olympia-Schutzgesetzes hinter dem markenrechtlichen Schutz zurückbleiben, kann dem Beschwerdeführer nicht unter Verweis auf das Olympia-Schutzgesetz das Rechtsschutzbedürfnis für eine Beschwerde im Rahmen eines Kollisionsverfahren versagt werden. Im Übrigen würde – selbst wenn dem Beschwerdeführer im Hinblick auf den sondergesetzlichen Schutz des Olympia-Schutzgesetzes eine Berufung auf § 9 Abs. 1 MarkenG zu versagen wäre – dies nicht notwendigerweise zum Fehlen des Rechtsschutzbedürfnisses im vorliegenden Beschwerdeverfahren und somit zu einer unzulässigen Beschwerde führen, da nicht die Beschreitung gerade des Rechtsmittelwegs als unnötig, zweckwidrig oder missbräuchlich anzusehen wäre; vielmehr wäre in diesem Falle im Rahmen der Begründetheit der Beschwerde zu prüfen, ob der Beschwerdeführer sich auf die Vorschriften des Markengesetzes berufen kann.
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c) Da es sich bei dem absoluten Verfahren, zu dem der Beschluss des erkennenden Gerichts vom 17. Juni 2014 ergangen ist (Az. 27 W (pat) 547/13), und dem vorliegenden Kollisionsverfahren um unterschiedliche Verfahren mit unterschiedlichen Beteiligten und abweichenden zu prüfenden Normen handelt, die Verfahren mithin unterschiedliche Streitgegenstände betreffen, steht der Zulässigkeit der Beschwerde im vorliegenden Verfahren auch nicht die Rechtskraft des vorgenannten Beschlusses entgegen.
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d) Die vom Beschwerdegegner angeregte Vorlage des Verfahrens an das Bundesverfassungsgericht zu der Frage, ob der Beschluss des Bundespatentgerichts vom 17. Juni 2014 in der Sache 27 W (pat) 547/13 entgegenstehende Rechtskraft für das vorliegende Verfahren entfalte und ob der Beschwerdeführer ein über das Olympia-Schutzgesetz hinausgehendes Rechtsschutzbedürfnis habe, kommt nicht in Betracht. Das Bundesverfassungsgericht ist gemäß Art. 93 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 3 GG nur in bestimmten ihm durch das Grundgesetz oder durch Bundesgesetz zugewiesenen Fällen zuständig. Diese sind in § 13 BVerfGG aufgezählt. Auf Antrag eines Gerichts wird das Bundesverfassungsgericht gemäß Art. 100 GG (§ 13 Nr. 11, Nr. 12, Nr. 13 BVerfGG) tätig bei Fragen der Vereinbarkeit eines Bundesgesetzes oder eines Landesgesetzes mit dem Grundgesetz oder der Vereinbarkeit eines Landesgesetzes oder sonstigen Landesrechts mit einem Bundesgesetz (konkreter Normenkontrollantrag). Diese Verfahrensart ist vorliegend nicht einschlägig. Die aufgeworfenen Fragen waren daher durch den Senat selbst zu beantworten.
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2. Die Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg. Der Widerspruch aus der Marke IR 1 128 501 wurde zu Recht zurückgewiesen gemäß § 43 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 119 Abs. 1 MarkenG. Die mit Wirkung ab dem 14. Januar 2019 in Kraft getretenen Änderungen der §§ 9 und 42 MarkenG sind gemäß § 158 Abs. 3 und 4 MarkenG für die Entscheidung im Streitfall ohne Bedeutung.
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a) Zwischen den Vergleichsmarken besteht keine Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG i.V.m. § 119 Abs. 1 MarkenG.
43
Das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr für das Publikum ist nach ständiger Rechtsprechung sowohl des Europäischen Gerichtshofes als auch des Bundesgerichtshofes unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände des Einzelfalls zu beurteilen (vgl. hierzu z.B. EuGH, GRUR 2010, 933, Rn. 32 – BARBARA BECKER; EuGH, GRUR 2010, 1098, Rn. 44 – Calvin Klein/HABM; BGH, GRUR 2012, 1040, Rn. 25 – pjur/pure; BGH, GRUR 2013, 833, Rn. 30 – Culinaria/Villa Culinaria; BGH, GRUR 2016, 382, Rn. 19 – BioGourmet; BGH, GRUR 2016, 283, Rn. 7 – BSA/DSA DEUTSCHE SPORTMANAGEMENTAKADEMIE). Von maßgeblicher Bedeutung sind insoweit insbesondere die Identität oder Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen, die Identität oder Ähnlichkeit der Marken sowie die Kennzeichnungskraft und der daraus folgende Schutzumfang der Widerspruchsmarke. Diese einzelnen Faktoren sind zwar für sich gesehen voneinander unabhängig, bestimmen aber in ihrer Wechselwirkung den Rechtsbegriff der Verwechslungsgefahr (vgl. dazu EuGH, GRUR 2008, 343, Rn. 48 – Il Ponte Finanziaria Spa/HABM; BGH, GRUR 2012, 1040, Rn. 25 – pjur/pure; BGH, GRUR 2016, 283, Rn. 7 – BSA/DSA DEUTSCHE SPORTMANAGEMENTAKADEMIE; siehe auch Hacker in: Ströbele/ Hacker/Thiering, Markengesetz, 12. Auflage, § 9, Rn. 41 ff m.w.N.). Darüber hinaus können für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr weitere Faktoren relevant sein, wie u.a. etwa die Art der Ware, die im Einzelfall angesprochenen Verkehrskreise und daraus folgend die zu erwartende Aufmerksamkeit und das zu erwartende Differenzierungsvermögen dieser Verkehrskreise bei der Wahrnehmung der Kennzeichen. Bei dieser umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist auf den durch die Zeichen hervorgerufenen Gesamteindruck abzustellen, wobei insbesondere ihre unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind (vgl. EuGH, GRUR 2007, 700, Rn. 35 – Limoncello/LIMONCHELO; BGH, GRUR 2016, 382, Rn. 37 – BioGourmet; BGH, GRUR 2014, 382, Rn. 14 – REAL-Chips; BGH, GRUR 2013, 833, Rn. 45 – Culinaria/Villa Culinaria).
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Nach diesen Grundsätzen ist eine Verwechslungsgefahr vorliegend zu verneinen. Da der im Anmelderbeschwerdeverfahren ergangene Beschluss vom 17. Juni 2014 (Az. 27 W (pat) 547/13), der sich mit dem Schutzhindernis der strukturell ähnlich zu den markenrechtlichen Verwechslungstatbeständen aufgebauten Vorschrift des § 3 OlympSchG befasst hat, inhaltlich keine Bindungswirkung entfaltet, bedarf es einer originären Beurteilung der Verwechslungsgefahr nach den vorgenannten markenrechtlichen Regelungen.
45
aa) Vorab ist festzuhalten, dass es auf den Vortrag des Beschwerdegegners, dass er Inhaber älterer Rechte sei, im vorliegenden Beschwerdeverfahren nicht ankommt. Dieser Einwand ist im Widerspruchsverfahren grundsätzlich unbeachtlich (vgl. Miosga in: Ströbele/Hacker/Thiering, MarkenG, 12. Auflage, § 42, Rn. 62 m.w.N.). Etwas anderes ergibt sich vorliegend auch nicht aus den Vorschriften des Olympia-Schutzgesetzes, da diese für das vorliegende Widerspruchbeschwerdeverfahren nicht relevant sind. Zur Begründung wird auf die Ausführungen zur Zulässigkeit der Beschwerde unter Ziffer 1. verwiesen. Der Beschwerdegegner kann sich daher weder auf § 3 Abs. 2 OlympSchG im Hinblick auf ein behauptetes Urheberrecht an der Bezeichnung „RETROLYMPICS“ oder an einem diesbezüglichen „Konzept“ noch auf ältere Rechte gemäß § 8 OlympSchG berufen.
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bb) Da es sich bei der Frage der Verwechslungsgefahr um eine Rechtsfrage handelt, ist diese auch nicht einem Beweis mittels (demoskopischen) Sachverständigengutachtens zugänglich.
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cc) Die Vergleichszeichen können sich nach der mangels Erhebung der Nichtbenutzungseinrede maßgeblichen Registerlage in Verbindung mit identischen Waren und Dienstleistungen begegnen. Den Waren der Klasse 28 „Spiele und Sportartikel“ der jüngeren Marke stehen die ebenfalls in Klasse 28 geschützten identischen Waren „Games, toys; gymnastic and sporting articles not included in other classes“ der älteren Marke, den Dienstleistungen „Werbung“ (Klasse 35) und „sportliche und kulturelle Aktivitäten“ (Klasse 41) der angegriffenen Marke die übereinstimmenden Dienstleistungen „Advertising“ (Klasse 35) und „sporting and cultural activities, televised sporting and cultural entertainment“ (Klasse 41) der Widerspruchsmarke gegenüber.
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dd) Angesprochene Abnehmer der in Klasse 28 beanspruchten Waren und der in Klasse 41 beanspruchten Dienstleistungen sind die allgemeinen Verkehrskreise, insbesondere der normal informierte, angemessen aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucher. Die Dienstleistung „Werbung“ der Klasse 35 richtet sich an Geschäftskunden, die derartige Dienstleistungen in Auftrag geben.
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ee) Die Widerspruchsmarke „OLYMPIC“ verfügt im Zusammenhang mit den vorliegend maßgeblichen Waren der Klasse 28 und Dienstleistungen der Klassen 35 und 41 über eine originär lediglich unterdurchschnittliche Kennzeichnungskraft (zu den Graden der Kennzeichnungskraft vgl. BGH, GRUR 2013, 833, Rn. 55 – Culinaria/Villa Culinaria). Die Steigerung dieser geringen Kennzeichnungskraft auf eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft insbesondere im Zusammenhang mit den vorgenannten in Klasse 41 relevanten Vergleichsdienstleistungen und sogar die Annahme einer originär durchschnittlichen Kennzeichnungskraft sowie deren Steigerung auf eine überdurchschnittliche Kennzeichnungskraft können unterstellt werden, da der Widerspruch auch bei Annahme einer Steigerung der Kennzeichnungskraft kraft Benutzung erfolglos bleibt.
50
(1) Die originäre Kennzeichnungskraft wird bestimmt durch die Eignung der Marke, sich unabhängig von der jeweiligen Benutzungslage als Unterscheidungsmittel für die Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens bei den beteiligten Verkehrskreisen einzuprägen und die Waren und Dienstleistungen damit von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. EuGH, GRUR 2010, 228, Rn. 33 – Audi/HABM [Vorsprung durch Technik]; BGH, GRUR 2015, 1127, Rn. 10 – ISET/ISETsolar; BGH, GRUR 2012, 1040, Tz. 29 – pjur/pure). Liegen keine konkreten Anhaltspunkte vor, die für eine hohe oder geringe Kennzeichnungskraft sprechen, ist von durchschnittlicher Kennzeichnungskraft auszugehen (vgl. BGH, GRUR 2016, 283, Rn. 10 – BSA/DSA DEUTSCHE SPORTMANAGEMENTAKADEMIE; BGH, GRUR 2012, 64, Rn. 12 – Maalox/Melox-GRY). Bei der Bestimmung der originären Kennzeichnungskraft ist auf den Gesamteindruck des Zeichens abzustellen, da der Verkehr in der Regel nicht zu einer zergliedernden und analysierenden Betrachtung eines Zeichens neigt; dies schließt nicht aus, dass zunächst die einzelnen Elemente einer Marke nacheinander geprüft werden, um anschließend den durch sie hervorgerufenen Gesamteindruck zu untersuchen (BGH, GRUR 2017, 914, Rn. 19 – Medicon-Apotheke/MediCo Apotheke). Marken kommt bereits dann nur eine geringe und keine normale Kennzeichnungskraft zu, wenn sie für die angesprochenen Verkehrskreise erkennbar an einen beschreibenden Begriff angelehnt sind (vgl. BGH, GRUR 2010, 729, Rn. 27 – MIXI; BGH, GRUR 2013, 833, Rn. 34 – Culinaria/Villa Culinaria).
51
(2) Vorliegend ist von einer geringen originären Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke auszugehen. Bei dem aus der englischen Sprache stammenden Wort „OLYMPIC“ in der Bedeutung „olympisch“ handelt es sich um das Adjektiv zu dem Wort „Olympia“. Dieses bezeichnet seinerseits eine antike griechische Stätte sowie die dort in der Antike, aber auch in der Neuzeit an verschiedenen Orten stattfindenden Olympischen Spiele. Daneben wird es auch als Frauen- oder Ortsname verwendet (vgl. BPatG 30 W (pat) 530/16 – Olympia). Zudem werden olympische Bezeichnungen und aus diesen abgeleitete Bezeichnungen allgemein als Hinweis auf sportliche Wettkämpfe oder Veranstaltungen mit spielerischem und sportlichem Wettkampfcharakter verwendet (vgl. OLG München, GRUR-RR 2018, 242, Rn. 19 – Bauernhofolympiade). Vor allem haben die olympischen Bezeichnungen darüber hinaus Eingang in den allgemeinen Sprachgebrauch gefunden und werden häufig als Synonym für eine außergewöhnlich gute Leistung verwendet (vgl. BGH, GRUR 2014, 1215, Rn. 10 – Olympia-Rabatt). Vor diesem Hintergrund ist in Bezug auf sämtliche hier relevanten Waren und Dienstleistungen des Beschwerdeführers von einer originär geringen Kennzeichnungskraft auszugehen. Der Gesetzgeber des Olympia-Schutzgesetzes ist sogar von der fehlenden Unterscheidungskraft der olympischen Bezeichnungen ausgegangen, so dass der Schutz dieser Bezeichnungen durch das Olympia-Schutzgesetz gewährt werden sollte (vgl. Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drs. 15/1669, A.2.: „Diese Unterscheidungskraft fehlt den durch das Gesetz geschützten olympischen Bezeichnungen, so dass eine andere Ausprägung des Schutzes gerechtfertigt ist. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die olympischen Bezeichnungen im allgemeinen Sprachgebrauch über den eigentlichen Begriff der Olympischen Spiele hinaus verwendet werden.“).
52
(3) Eine Überwindung dieser Kennzeichnungsschwäche bzw. eine Erhöhung der Kennzeichnungskraft der älteren Marke insbesondere für die in Klasse 41 beanspruchten Dienstleistungen durch intensive Benutzung kann vorliegend unterstellt werden.
53
Für die Annahme einer erhöhten Kennzeichnungskraft infolge gesteigerter Verkehrsbekanntheit bedarf es, sofern die Sachlage nicht offenkundig ist, hinreichend konkreter Angaben zum Marktanteil, zu Intensität, geographischer Verbreitung und Dauer der Benutzung der Marke, zum Werbeaufwand des Unternehmens inklusive des Investitionsumfangs zur Förderung der Marke sowie gegebenenfalls zu demoskopischen Befragungen zwecks Ermittlung des Anteils der beteiligten Verkehrskreise, die die Waren oder Dienstleistungen auf Grund der Marke als von einem bestimmten Unternehmen stammend erkennen (vgl. BGH, GRUR 2017, 75, Rn. 29 – Wunderbaum II; BGH, GRUR 2013, 833, Rn. 41 – Culinaria/VillaCulinaria). Sofern die Benutzungslage nicht im Einzelfall amts- oder gerichtsbekannt ist, ist es Sache des Widersprechenden, eine Steigerung der Kennzeichnungskraft durch intensive Benutzung für die maßgeblichen Zeitpunkte der Anmeldung der jüngeren Marke (vgl. BGH, GRUR 2008, 903, Nr. 13 f. – SIERRA ANTIGUO) sowie der Entscheidung über den Widerspruch darzulegen und glaubhaft zu machen (BPatG, GRUR-RR 2015, 468, 469 – Senkrechte Balken).
54
Vorliegend hat der Beschwerdeführer zur Bedeutung der Olympischen Spiele allgemein vorgetragen. Die von ihm veranstalteten Olympischen Spiele sind weltbekannt. Die Frage, inwieweit von der Bekanntheit der Olympischen Spiele oder der Olympischen Bewegung auf eine gesteigerte Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke „OLYMPIC“ in der Bedeutung „olympisch“ im Zusammenhang mit den hier relevanten Waren und Dienstleistungen geschlossen werden kann, insbesondere ob die angesprochenen Verkehrskreise bei den gerichtsbekannten Verwendungen der Bezeichnung „OLYMPIC“ in Verbindung mit den Olympischen Spielen von der Verwendung einer Marke mit einer entsprechenden Herkunftsfunktion ausgehen, bedarf nicht der Entscheidung. Denn im Hinblick auf die originär nur geringe Kennzeichnungskraft der älteren Marke kommt allenfalls eine Überwindung dieser Kennzeichnungsschwäche und damit die Annahme einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft in Betracht. Eine Verwechslungsgefahr ist jedoch auch bei Annahme einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke nicht anzunehmen und wäre mangels ausreichender Zeichenähnlichkeit selbst bei Annahme einer überdurchschnittlichen Kennzeichnungskraft zu verneinen.
55
(4) Es bedurfte trotz des anderslautenden gerichtlichen Hinweises vom 11. Februar 2019 vorliegend keines weiteren Hinweises des Senats, wie er die Kennzeichnungskraft – und auch die Verwechslungsgefahr insgesamt – im Ergebnis voraussichtlich beurteilen werde. In der mündlichen Verhandlung vom 16. Oktober 2019 hat der Vorsitzende deutlich gemacht, dass der Senat nunmehr in anderer Besetzung mit dem Verfahren befasst sei und dass vor diesem Hintergrund sowie auch im Hinblick auf die zwischenzeitlich eingegangenen Schriftsätze der Ausgang des Verfahrens offen sei. Die Gesichtspunkte, die für die Beurteilung der Kennzeichnungskraft relevant sind, insbesondere die Ausführungen in der Gesetzesbegründung zur Schutzfähigkeit der olympischen Bezeichnungen, wurden von den Beteiligten in ihren zuletzt gewechselten Schriftsätzen ausführlich diskutiert.
56
ff) Im Rahmen der bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr erforderlichen Gesamtabwägung hält die jüngere Marke den im Hinblick auf die Waren- und Dienstleistungsidentität erforderlichen großen Abstand auch bei Annahme einer durchschnittlichen oder gar überdurchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ein.
57
(1) Eine für das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr relevante Markenähnlichkeit kann in klanglicher, schriftbildlicher oder begrifflicher Hinsicht bestehen, wobei es für die Annahme einer Verwechslungsgefahr ausreichen kann, wenn zwischen den jeweiligen Vergleichsmarken nur in einer dieser Kategorien ausreichende Übereinstimmungen festzustellen sind (EuGH, GRUR 2006, 413, Rn. 47 – ZIRH/SIR; BGH, GRUR 2015, 1004, Rn. 22 – IPS/ISP; BGH, GRUR 2014, 382, Rn. 25 – REAL-Chips; BGH, GRUR 2011, 824, Rn. 25 f. – Kappa; Hacker in: Ströbele/Hacker/ Thiering, Markengesetz, 12. Auflage, § 9, Rn. 268 m.w.N.). Dabei sind grundsätzlich die Vergleichsmarken als Ganzes gegenüberzustellen und in ihrem Gesamteindruck miteinander zu vergleichen, da der Verkehr eine Marke so aufnimmt, wie sie ihm entgegentritt, ohne sie einer analysierenden und zergliedernden Betrachtungsweise zu unterziehen (BGH, GRUR 2013, 833, Rn. 45 – Culinaria/Villa Culinaria; Hacker in: Ströbele/Hacker/Thiering, Markengesetz, 12. Auflage, § 9, Rn. 248 m.w.N.).
58
Dies schließt nicht aus, dass unter Umständen ein oder mehrere Bestandteile einer komplexen Marke für den durch die Marke im Gedächtnis der angesprochenen Verkehrskreise hervorgerufenen Gesamteindruck prägend sein können (vgl. EuGH, GRUR 2005, 1042 – THOMSON LIFE; BGH, GRUR 2013, 833, Rn. 45 – Culinaria/ Villa Culinaria; BGH, GRUR 2006, 859, Rn. 18 – Malteserkreuz I). Des Weiteren kann ein Zeichen, das als Bestandteil in eine zusammengesetzte Marke oder eine komplexe Kennzeichnung aufgenommen wird, eine selbstständig kennzeichnende Stellung haben, ohne dass es das Erscheinungsbild der zusammengesetzten Marke oder komplexen Kennzeichnung im vorgenannten Sinne dominiert oder prägt (vgl. EuGH, GRUR 2005, 1042, Rn. 30 – THOMSON LIFE; BGH, GRUR 2013, 833, Rn. 45 – Culinaria/Villa Culinaria; BGH, GRUR 2009, 772, Rn. 57 – Augsburger Puppenkiste m.w.N.). Bei Identität oder relevanter Ähnlichkeit dieses selbstständig kennzeichnenden Bestandteils mit einer angemeldeten oder eingetragenen Marke mit älterem Zeitrang kann das Vorliegen von Verwechslungsgefahr zu bejahen sein, weil dadurch bei den angesprochenen Verkehrskreisen der Eindruck hervorgerufen werden kann, dass die fraglichen Waren oder Dienstleistungen zumindest aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen (vgl. EuGH, GRUR 2005, 1042, Rn. 30 – THOMSON LIFE; BGH, GRUR 2013, 833, Rn. 45 – Culinaria/ Villa Culinaria; BGH, GRUR 2009, 772, Rn. 57 – Augsburger Puppenkiste m.w.N.).
59
(2) Vorliegend ist mangels ausreichender Markenähnlichkeit eine unmittelbare Verwechslungsgefahr nicht gegeben.
60
(a) In Ihrer Gesamtheit unterscheiden sich die Vergleichszeichen in klanglicher, schriftbildlicher und begrifflicher Hinsicht ausreichend voneinander, da der Wortbestandteil der angegriffenen Marke die zusätzliche Buchstabenfolge „RETR-“ am Anfang und den weiteren Buchstaben „-S“ am Ende aufweist. Einer bildlichen Verwechslungsgefahr wirkt zusätzlich das graphische Element eines stilisierten Feuers in der jüngeren Marke entgegen. Die Vergleichsmarken sind durch diese zusätzlichen Bestandteile der jüngeren Marke, die weder überlesen bzw. übersehen, noch überhört werden, leicht auseinander zu halten. Dies gilt – unabhängig davon, ob die stilisierte Darstellung des Feuers von den angesprochenen Verkehrskreisen als Hinweis auf das olympische Feuer und damit auf die Olympischen Spiele verstanden wird – insbesondere auch in begrifflicher Hinsicht, da das Präfix „RETR(O)-“ der jüngeren Marke mit der Bedeutung „nach hinten, rückwärts[gerichtet], hinter, hinter etwas gelegen“ (vgl. „https://www.duden.de/rechtschreibung/retro“) deren Sinngehalt mitbestimmt. Zudem weist die Feuerdarstellung graphische Eigenheiten auf, die auch nicht für die Darstellung des olympischen Feuers typisch sind.
61
(b) Der Gesamteindruck der jüngeren Marke wird auch nicht durch die in ihr enthaltene Buchstabenfolge „OLYMPIC(S)“ geprägt.
62
Damit einzelne Bestandteile eines Zeichens dessen Gesamteindruck prägen, müssen die anderen Bestandteile des Kombinationszeichens weitgehend in den Hintergrund treten und dürfen den Gesamteindruck des Zeichens nicht mitbestimmen, so dass sie für den Gesamteindruck vernachlässigt werden können (vgl. EuGH, GRUR 2016, 80, Rn. 37 – BGW/Scholz; BGH, GRUR 2016, 283, Rn. 13 – BSA/DSA DEUTSCHE SPORTMANAGEMENTAKADEMIE; BGH, GRUR 2010, 828, Rn. 45 – DISC; BGH, GRUR 2008, 719, Rn. 37 – idw Informationsdienst Wissenschaft).
63
Vorliegend wird die angegriffene Marke zwar in klanglicher Hinsicht von ihrem Wortbestandteil „RETROLYMPICS“ geprägt. Bei einer Kombination von Wort und Bild orientiert sich der Verkehr in klanglicher Hinsicht in der Regel an dem Wortbestandteil, sofern er kennzeichnungskräftig ist (vgl. BGH, GRUR 2010, 828, Rn. 46 – DISC; BGH, GRUR 2009, 1055, Rn. 28 – airdsl). Innerhalb des Wortes „RETROLYMPICS“ kommt jedoch der in diesem enthaltenen Buchstabenfolge „-OLYMPICS“ (bzw. „OLYMPIC“) keine prägende Bedeutung dergestalt zu, dass das Präfix „RETR(O)-“ in den Hintergrund treten und den Gesamteindruck nicht mitbestimmen würde. Einer prägenden Wirkung von „-OLYMPICS“ steht bereits entgegen, dass die Bezeichnung „RETROLYMPICS“ von den angesprochenen Verkehrskreisen als geschlossener Gesamtbegriff wahrgenommen wird. Diese werden in der Buchstabenfolge „RETRO-“ ein Präfix erkennen und ihm in der vorliegenden Konstellation die Bedeutung „nach hinten, rückwärts[gerichtet]“ entnehmen (s.o.). Sie werden den Wortbestandteil „RETROLYMPICS“ der jüngeren Marke nicht gedanklich in die Bestandteile „RETR(O)-“ und „-OLYMPICS“ zergliedern. Von einem derartigen zergliedernden Verständnis der angegriffenen Marke kann insbesondere nicht aufgrund der unterschiedlichen Breite der Buchstaben „RETR-“ einerseits und „OLYMPICS“ andererseits ausgegangen werden, da dieser Unterschied lediglich geringfügig ist und den angesprochenen Verkehrskreisen kaum auffallen wird. Diese werden vielmehr in dem Wortbestandteil „RETROLYMPICS“ der jüngeren Marke bereits wegen der äußerlichen Verbindung einen einheitlichen Gesamtbegriff erkennen, zumal sich die beiden vorgenannten Wortbestandteile den Buchstaben „O“ teilen. Vor allem aber beziehen sich die Bestandteile „RETR(O)-“und „OLYMPICS“ ihrem Sinn nach aufeinander. Der angesprochene Verkehr wird dem Begriff „RETROLYMPICS“ eine einheitliche Aussage im Sinne eines Hinweises auf sportliche Wettkämpfe, die in irgendeiner Art und Weise „rückwärtsgerichtet“ sind, entnehmen. Es besteht daher keine Veranlassung für den Verkehr, sich lediglich an der Buchstabenfolge „-OLYMPICS“ der jüngeren Marke zu orientieren.
64
(3) Eine Verwechslungsgefahr unter dem Gesichtspunkt des gedanklichen Inverbindungbringens der Vergleichsmarken kann ebenfalls nicht angenommen werden.
65
(a) Eine mittelbare Verwechslungsgefahr unter dem Aspekt eines Serienzeichens besteht nicht.
66
Diese Art der Verwechslungsgefahr kommt in Betracht, wenn die einander gegenüberstehenden Zeichen – wie im vorliegenden Fall – nach ihrem Gesamteindruck nicht unmittelbar miteinander verwechselbar sind. Sie greift dann ein, wenn die Zeichen in einem Bestandteil übereinstimmen, den der Verkehr als Stamm mehrerer Zeichen eines Unternehmens sieht und deshalb die nachfolgenden Bezeichnungen, die einen wesensgleichen Stamm aufweisen, demselben Inhaber zuordnet (BGH, GRUR 2008, 909, Rn. 34 – Pantogast; BGH, GRUR 2007, 1071, Rn. 40 – Kinder II).
67
Der Beschwerdeführer hat zwar geltend gemacht, er verwende den Wortstamm „OLYMPIC“ vielfach als Stammbestandteil von Serienmarken. Die von ihm genannten Marken, nämlich die Wortmarken „THE OLYMPICS”, „GAMES OF THE OLYMPIAD”, „OLYMPIC TORCH RELAY” und „OLYMPEX” sowie die Wort-/ Bildmarken „OLYMPIAD & RINGS”, „The Olympic Museum”, „OLYMPIAN”, „OBS OLYMPIC BROADCASTING SERVICES”, „OLYMPIC STORE & RINGS” und „DAS OLYMPISCHE MUSEUM” verfügen jedoch über kein einheitliches Zeichenbildungsprinzip, in das sich die angegriffene Marke einfügen könnte. Zudem steht der Annahme einer mittelbaren Verwechslungsgefahr unter dem Aspekt eines Serienzeichens ebenso wie der Annahme einer mittelbaren begrifflichen Verwechslungsgefahr vorliegend entgegen, dass es sich bei der jüngeren Marke „RETROLYMPICS“ um einen Gesamtbegriff handelt, bei dem die Bestandteile „RETR(O)-“ und „OLYMPICS“ aufeinander bezogen sind. Die angesprochenen Verkehrskreise werden daher in der Buchstabenfolge „-OLYMPICS“ der jüngeren Marke keinen Hinweis auf eine Zeichenserie des Beschwerdeführers sehen (vgl. BGH, GRUR 2009, 672, Rn. 40 – OSTSEE-POST).
68
(b) Anhaltspunkte für eine Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne liegen nicht vor. Insbesondere nimmt die Buchstabenfolge „-OLYMPICS“ innerhalb der angegriffenen Marke keine selbständig kennzeichnende Stellung ein.
69
Es müssen besondere Umstände vorliegen, die es rechtfertigen, in einem zusammengesetzten Zeichen einzelne oder mehrere Bestandteile als selbstständig kennzeichnend anzusehen. Andernfalls würde die Regel, dass bei der Prüfung der Verwechslungsgefahr die fraglichen Marken jeweils als Ganzes miteinander zu vergleichen sind, weil im Normalfall der Durchschnittsverbraucher eine Marke als Ganzes wahrnimmt, zur Ausnahme und im Gegenzug die Ausnahme, dass ein Bestandteil eines zusammengesetzten Zeichens eine selbstständig kennzeichnende Stellung in dem zusammengesetzten Zeichen einnimmt, ohne aber darin den dominierenden Bestandteil zu bilden, zur Regel (vgl. BGH, GRUR 2013, 833, Rn. 50 – Culinaria/Villa Culinaria).
70
Derartige besondere Umstände lassen sich vorliegend nicht feststellen. Insbesondere handelt es sich bei dem Präfix „RETR(O)-“ nicht um die Unternehmensbezeichnung des Beschwerdegegners (vgl. EuGH, GRUR 2005, 1042, Rn. 30 – THOMSON LIFE). Vor allem aber steht der Annahme einer selbständig kennzeichnenden Stellung bereits entgegen, dass die angesprochenen Verkehrskreise den in der jüngeren Marke enthaltenen Bestandteil „RETROLYMPICS“ als einheitlichen Begriff sehen werden, dessen Komponenten „RETR(O)-“ und „OLYMPICS“ nicht nur äußerlich in einem Wort verbunden, sondern darüber hinaus auch ihrem Sinngehalt nach aufeinander bezogen sind.
71
Zudem werden die angesprochenen Verkehrskreise sowohl im Hinblick auf den Sinngehalt des Wortes „RETROLYMPICS“ als auch im Hinblick auf die graphische Gestaltung der jüngeren Marke nicht davon ausgehen, dass wirtschaftliche oder organisatorische Verbindungen zwischen den Beteiligten bestehen. Denn das Präfix „RETRO-“ bringt zum Ausdruck, dass es sich nicht um Waren oder Dienstleistungen mit Bezug zu den aktuellen Olympischen Spielen handelt. Dem steht auch nicht die Argumentation des Beschwerdeführers entgegen, dass der Zusatz „RETRO-“ nicht zu einer ausreichenden Abgrenzung führe, da die Olympischen Spiele der Neuzeit bereits seit dem Jahre 1896 durchgeführt werden. Das angesprochene Publikum wird dem Präfix „RETRO-“ dennoch entnehmen, dass es sich gerade nicht um die vom Beschwerdeführer „heutzutage“ durchgeführten Olympischen Spiele handelt.
72
Ebenso wie die Vorsilbe „„RETRO-““ führt auch das graphische Element der jüngeren Marke von dem Gedanken an wirtschaftliche oder organisatorische, beispielsweise lizenzvertragliche Verbindungen zwischen den Beteiligten weg. Zwar werden die angesprochen Verkehrskreise in dem graphischen Element der angegriffenen Marke ein Feuer erkennen und hierin möglicherweise eine Bezugnahme auf die Olympischen Spiele als sportliche Wettkämpfe sehen. Den maßgeblichen Verkehrskreisen ist aber bekannt, dass es sich bei dem offiziellen vom Beschwerdeführer verwendeten Bildzeichen um das Emblem der fünf ineinander verschlungenen Ringe handelt, das auch dem Schutz des Olympia-Schutzgesetzes unterfällt, und nicht um die Darstellung des olympischen Feuers. Gerade die Tatsache, dass in der jüngeren Marke ein ansonsten nicht vom Beschwerdeführer und den offiziellen Sponsoren der Olympischen Spielen verwendetes und insofern unübliches bildliches Element enthalten ist, führt weg von der Annahme wirtschaftlicher oder organisatorischer Verbindungen zwischen den Beteiligten. Die angesprochenen Verkehrskreise, denen bekannt ist, dass offizielle Ausstatter, Lieferanten, Sponsoren oder Werbepartner der Olympischen Spiele diesen Umstand deutlich herausstellen, unterscheiden auch zwischen der Verwendung olympischer Zeichen durch einen Sponsor und anderweitigen Bezugnahmen auf die Olympischen Spiele (vgl. BGH, GRUR 2014, 1215, Rn. 44 – Olympia-Rabatt; OLG München GRUR-RR 2018, 242, Rn. 18).
73
(c) Eine abweichende Beurteilung der Verwechslungsgefahr durch gedankliches Inverbindungbringen ergibt sich auch nicht aus dem Hinweis des Beschwerdeführers auf die Entscheidungen des Bundespatentgerichts 27 W (pat) 21/11 zu der angegriffenen Wort-/Bildmarke „Hip Hop Olympics“ und 32 W (pat) 255/03 zu der angegriffenen Wortmarke „Nitrolympics“, in denen jeweils eine Verwechslungsgefahr durch gedankliches Inverbindungbringen angenommen wurde und die Widersprüche aus olympischen Bezeichnungen und die anschließenden Beschwerden Erfolg hatten. Diese Entscheidungen entfalten keine Bindungswirkung für das vorliegende Verfahren und sind teilweise auch anders gelagert.
74
b) Der Beschwerdeführer kann die Löschung der Eintragung der jüngeren Marke schließlich nicht unter dem Gesichtspunkt des Sonderschutzes der bekannten Marke gemäß §§ 42 Abs. 2 Nr. 1, 9 Abs. 1 Nr. 3 MarkenG a.F. i.V.m. § 158 Abs. 3 und § 119 Abs. 1 MarkenG verlangen.
75
Die Eintragung einer Marke kann gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 3 MarkenG a.F. gelöscht werden, wenn sie mit einer angemeldeten oder eingetragenen Marke mit älterem Zeitrang identisch oder dieser ähnlich ist, falls es sich bei der Marke mit älterem Zeitrang um eine im Inland bekannte Marke handelt und die Benutzung der eingetragenen Marke die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der bekannten Marke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzen oder beeinträchtigen würde.
76
Die Anwendung des § 9 Abs. 1 Nr. 3 MarkenG a.F. setzt voraus, dass das angegriffene Zeichen in relevantem Umfang mit der bekannten Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird. Hierfür ist erforderlich, dass die einander gegenüberstehenden Zeichen einander ähnlich sind (vgl. BGH, GRUR 2015, 1114, Rn. 23 – Springender Pudel; BGH, GRUR 2004, 779 – Zwilling/Zweibrüder). Der Schutz der bekannten Marke setzt dabei nicht voraus, dass der Grad der Ähnlichkeit zwischen der bekannten Marke und dem jüngeren Zeichen so hoch ist, dass für die beteiligten Verkehrskreise eine Verwechslungsgefahr besteht. Es genügt vielmehr ein bestimmter Grad der Ähnlichkeit zwischen den Kollisionszeichen, der bewirkt, dass die beteiligten Verkehrskreise einen Zusammenhang zwischen den beiden Kennzeichen sehen, d.h. die beiden gedanklich miteinander verknüpfen, ohne sie jedoch zu verwechseln (vgl. BGH, GRUR 2015, 1114, Rn. 29 – Springender Pudel). Die Frage, ob eine gedankliche Verknüpfung zwischen zwei Kennzeichen stattfindet, ist dabei unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände des konkreten Falls zu beurteilen, zu denen der Grad der Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Marken, die Art der fraglichen Waren und Dienstleistungen einschließlich des Grades ihrer Nähe, das Ausmaß der Bekanntheit der Widerspruchsmarke, ihre originäre oder durch Benutzung erworbene Unterscheidungskraft und das Bestehen von Verwechslungsgefahr zählen (vgl. EuGH, GRUR 2004, 58, Rn. 30 – Adidas/Fitnessworld; GRUR 2009, 56, Rn. 41 f. – Intel Corporation/CPM United Kingdom).
77
Vorliegend kommt es auf die Frage, ob es sich bei der älteren Marke nicht nur um eine Bezeichnung der ihrerseits bekannten Olympischen Spiele, sondern auch um eine ihrerseits bekannte Marke handelt, nicht an. In jedem Fall fehlt es an den weiteren Voraussetzungen des Sonderschutzes einer bekannten Marke.
78
Da die angesprochenen Verkehrskreise den Wortbestandteil der jüngeren Marke „RETROLYMPICS“ als einheitlichen Gesamtbegriff wahrnehmen, besteht für sie bereits keine Veranlassung, eine gedankliche Verknüpfung zur Widerspruchsmarke herzustellen. Eine Ausnutzung oder Beeinträchtigung der Unterscheidungskraft bzw. der Wertschätzung der älteren Marke kommt daher bereits mangels ausreichender gedanklicher Verknüpfung der Vergleichsmarken nicht in Betracht. Zudem fehlt es auch an einen Eingriffstatbestand gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 3 MarkenG a.F.. Nach der zum Olympia-Schutzgesetz ergangenen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs liegt eine unlautere Ausnutzung der Wertschätzung der Olympischen Spiele oder der Olympischen Bewegung nicht schon in jeder Verwendung, die eine Optimierung der kommerziellen Verwertung der olympischen Bezeichnungen durch die Schutzrechtsinhaber nach § 2 OlympSchG beeinträchtigen kann; die Grenze zur unlauteren Ausnutzung wird dort überschritten, wo durch eine enge Bezugnahme auf die Olympischen Spiele deren Wertschätzung für die Bewerbung von Produkten und ihren Eigenschaften in einer Weise ausgenutzt wird, wie sie nur einem offiziellen Sponsor zusteht oder etwa einem Sportartikelhersteller, der zwar nicht Sponsor ist, dessen Produkte jedoch von Athleten bei den Olympischen Spielen verwendet werden (vgl. BGH, GRUR 2019, 648, 22 – Olympiareif; BGH, GRUR 2014, 1215, Rn. 32 – Olympia-Rabatt). Ebenso steht vorliegend der Annahme der Ausbeutung der Wertschätzung der Widerspruchsmarke „OLYMPIC“ nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 MarkenG a.F. entgegen, dass die angesprochenen Verkehrskreise sowohl wegen der Wortzusammensetzung „RETROLYMPICS“ als auch wegen der verwendeten Graphik deutlich erkennen, dass ein Bezug zur Widerspruchsmarke gerade nicht hergestellt werden soll. Denn sie werden die Graphik der jüngeren Marke zwar möglicherweise als Darstellung des olympischen Feuers und damit als Hinweis auf die Olympischen Spiele auffassen. Sie werden aber zugleich erkennen, dass diese bildliche Darstellung deutlich von den vom Beschwerdeführer und den Sponsoren der Olympischen Spiele verwendeten offiziellen Symbolen abweicht. Daher besteht keine Veranlassung, die jüngere Marke mit der Widerspruchsmarke „OLYMPIC“ gedanklich zu verknüpfen.
79
3. Hinsichtlich der Kosten des Beschwerdeverfahrens verbleibt es bei der gesetzlichen Regelung des § 71 Abs. 1 Satz 2 MarkenG, da Billigkeitsgründe für die Auferlegung der Kosten auf einen Beteiligten weder vorgetragen wurden noch sonst ersichtlich sind.
80
4. Die Zulassung der Rechtsbeschwerde erfolgt gemäß § 83 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG. Die vorliegend entscheidungserhebliche Frage des Verhältnisses der Regelungen des Markengesetzes zu denjenigen des Olympia-Schutzgesetzes weist grundsätzliche Bedeutung auf.