Patent- und Markenrecht

Markenbeschwerdeverfahren – “sportnord (Wort-Bild-Marke)/NordSport” – Waren- und Dienstleistungsidentität und -ähnlichkeit – zur Kennzeichnungskraft – klangliche Verwechslungsgefahr – zur Zeichenverwechslung wegen Silbenrotation

Aktenzeichen  29 W (pat) 47/16

Datum:
22.5.2019
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
Gerichtsort:
München
Dokumenttyp:
Beschluss
ECLI:
ECLI:DE:BPatG:2019:220519B29Wpat47.16.0
Normen:
§ 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG
Spruchkörper:
29. Senat

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 30 2014 066 284
hat der 29 Senat (Markenbeschwerdesenat) des Bundespatentgerichts im schriftlichen Verfahren am 22. Mai 2019 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Dr. Mittenberger-Huber sowie des Richters Dr. Meiser und der Richterin Seyfarth
beschlossen:
Die Beschwerde der Inhaberin der angegriffenen Marke wird zurückgewiesen.

Gründe

I.
1
Die angegriffene (in rot/blau ausgestaltete) Wort-/Bildmarke
Abbildung in Originalgröße in neuem Fenster öffnen
2
ist am 6. November 2014 angemeldet und am 13. Februar 2015 in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register unter der Nummer 30 2014 066 284 für die Waren und Dienstleistungen der
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Klasse 25: Bekleidungsstücke für den Sport;
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Klasse 28: Sportartikel und -ausrüstungen;
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Klasse 35: Einzelhandelsdienstleistungen in Bezug auf Sportartikel;
6
eingetragen worden.
7
Gegen die Eintragung dieser Marke, die am 20. März 2015 veröffentlicht wurde, hat die Beschwerdegegnerin Widerspruch erhoben aus ihrer am 5. Dezember 2006 eingetragenen Wortmarke
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NordSport
9
die für nachfolgende Waren und Dienstleistungen der
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Klasse 25: Bekleidung, Kopfbedeckungen, Schuhwaren;
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Klasse 27: Turnmatten;
12
Klasse 28: Turn- und Sportartikel, soweit in Klasse 28 enthalten; Spielwaren;
13
Fitnessartikel, soweit in Klasse 28 enthalten;
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Klasse 35: Bestellannahme, Lieferauftragsservice und Rechnungsabwicklung für Sportartikel, auch im Rahmen von E-Commerce;
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Klasse 41: sportliche Aktivitäten;
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geschützt ist.
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Mit Beschluss vom 21. Juli 2016 hat die Markenstelle für Klasse 35 des DPMA dem Widerspruch stattgegeben und die Löschung der angegriffenen Marke angeordnet.
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Zur Begründung hat sie ausgeführt, zwischen den einander gegenüberstehenden Marken bestehe Verwechslungsgefahr. Die Waren und Dienstleistungen der angegriffenen Marken seien identisch bzw. lägen in einem sehr engen Ähnlichkeitsbereich zu den Waren und Dienstleistungen der Widerspruchsmarke. Zudem verfüge die Widerspruchsmarke mangels entgegenstehender Anhaltspunkte über eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft. Der aus diesen Gründen erforderliche deutliche Abstand der Marken zueinander werde nicht eingehalten. Die vom Wortbestandteil „sport nord“ geprägte angegriffene Wort-/Bildmarke unterscheide sich von der Widerspruchsmarke „NordSport“ einzig durch die vertauschten Silbenbestandteile. Somit seien Vokalfolge, Silbenzahl sowie Sprech- und Betonungsrhythmus identisch. Zudem nähmen die angesprochenen Verkehrskreise die Marken in der Regel nicht in der direkten Gegenüberstellung wahr, sondern seien vielmehr auf ihre Erinnerung angewiesen, wobei es durchaus zu Verwechslungen von Wortbeginn und Wortende kommen könne. Somit sei bereits in klanglicher Hinsicht eine Verwechslungsgefahr zu bejahen. Ob auch andere Arten von Verwechslungsgefahr in Betracht kämen, könne dahingestellt bleiben, wobei einiges für eine Verwechslungsgefahr in begrifflicher Hinsicht spreche.
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Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Inhaberin der angegriffenen Marke.
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Sie ist der Auffassung, die Widerspruchsmarke sei entgegen § 8 Abs. 2 MarkenG eingetragen worden. Der Widerspruch aus einer schutzunfähigen Wortmarke könne nicht zur Löschung einer Wort-/Bildmarke führen.
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Die Beschwerdeführerin beantragt sinngemäß,
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den Beschluss der Markenstelle für Klasse 35 des DPMA vom 21. Juli 2016 aufzuheben.
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Die Beschwerdegegnerin und Widersprechende hat sich in dem Beschwerdeverfahren weder zur Sache geäußert noch einen Antrag gestellt. Im Verfahren vor dem DPMA hat sie geltend gemacht, angesichts einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke und sich gegenüber stehender identischer bzw. sehr ähnlicher Waren und Dienstleistungen bestehe zwischen den Zeichen eine klangliche, schriftbildliche und begriffliche Verwechslungsgefahr. Beide Zeichen hätten jeweils zwei Silben und dieselbe Buchstabenzahl. Es gelte der Erfahrungssatz, dass beim Lesen eines Wortes die jeweilige Anordnung der einzelnen Buchstaben nur von untergeordneter Bedeutung sei. Das menschliche Gehirn sortiere alle Buchstaben in einen sinnvollen Gesamtzusammenhang und würde daher auch Wörter mit umgekehrter Buchstabenfolge verwechseln. Auch klanglich seien zwei aus denselben Wörtern zusammengesetzte Begriffe, bei denen lediglich die Reihenfolge der Wörter vertauscht sei, quasi identisch. Schließlich sei zu berücksichtigen, dass der Verkehr beide Zeichen regelmäßig nicht gleichzeitig nebeneinander wahrnehme und sie deshalb nicht miteinander vergleichen könne, was in der undeutlichen Erinnerung zu Verwechslungen führe.
24
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
25
Die nach § 66 Abs. 1 MarkenG zulässige Beschwerde der Inhaberin der angegriffenen Marke hat in der Sache keinen Erfolg. Zwischen den sich gegenüber stehenden Marken besteht Verwechslungsgefahr im Sinne von §§ 42 Abs. 2 Nr. 1, 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG.
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Die Frage der Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG ist unter Heranziehung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen. Dabei ist von einer Wechselwirkung zwischen der Identität oder der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen, dem Grad der Ähnlichkeit der Marken und der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke in der Weise auszugehen, dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken oder durch eine gesteigerte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (st. Rspr.; vgl. EuGH MarkenR 2014, 245 ff. – Bimbo/HABM [BIMBO DOUGHNUTS/DOGHNUTS]; GRURInt. 2012, 754 Rn. 63 – XXXLutz Marken GmbH./.HABM [Linea Natura Natur hat immer Stil]; GRUR 2010, 1098 Rn. 44 – Calvin Klein/ HABM [CK CREATIONES KENNYA/CK CAKVIN KLEIN]; GRUR-RR 2009, 356 Rn. 45 f. – Éditions Albert René/HABM [OBELIX/MOBILIX]; BGH GRUR 2018, 79 Rn. 9 – OXFORD/Oxford Club; WRP 2017, 1104 ff. – Medicon-Apotheke/Medico Apotheke; GRUR 2016, 1301 Rn. 44 – Kinderstube; GRUR 2016, 382 Rn. 19 – BioGourmet m. w. N.). Darüber hinaus können für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr weitere Faktoren relevant sein, wie unter anderem etwa die Art der Ware, die im Einzelfall angesprochenen Verkehrskreise und daraus folgend die zu erwartende Aufmerksamkeit und das zu erwartende Differenzierungsvermögen dieser Verkehrskreise bei der Wahrnehmung der Kennzeichen.
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1. Da Benutzungsfragen nicht aufgeworfen wurden, ist für die Beurteilung der Waren- und Dienstleistungsähnlichkeit bzw. -identität die jeweilige Registerlage maßgeblich. Ausgehend davon stehen sich teilweise identische, teilweise hochgradig ähnliche Waren und Dienstleistungen gegenüber.
28
Eine Ähnlichkeit von beiderseitigen Waren oder Dienstleistungen ist dabei grundsätzlich anzunehmen, wenn diese unter Berücksichtigung aller erheblichen Faktoren, die ihr Verhältnis zueinander kennzeichnen, insbesondere ihrer Beschaffenheit, ihrer regelmäßigen betrieblichen Herkunft, ihrer regelmäßigen Vertriebs- oder Erbringungsart, ihrem Verwendungszweck und ihrer Nutzung, ihrer wirtschaftlichen Bedeutung, ihrer Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Produkte oder Leistungen oder anderer für die Frage der Verwechslungsgefahr wesentlichen Gründe so enge Berührungspunkte aufweisen, dass die beteiligten Verkehrskreise der Meinung sein könnten, sie stammten aus demselben oder ggf. wirtschaftlich verbundenen Unternehmen (EuGH GRUR Int 2009, 397 Rn. 65 – P Les Éditions Albert René Sàrl/HABM [OBELIX/MOBILIX]; BGH MarkenR 2016, 157 Rn. 21 – BioGourmet; GRUR 2015, 176 Rn. 16 – ZOOM/ZOOM; GRUR 2004, 601 – d-c-fix/CD-FIX; GRUR 2001, 507, 508 – EVIAN/REVIAN).
29
Die Waren der Klasse 25 der angegriffenen Marke „Bekleidungsstücke für Sport“ sind unter die Waren „Bekleidung“ der Widerspruchsmarke zu subsumieren, sodass hier Identität anzunehmen ist. Die Waren in Klasse 28 der angegriffenen Marke, nämlich „Sportartikel und –ausrüstungen“, sind identisch zu den „Turn- und Sportartikeln“ der Widerspruchsmarke.
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Zwischen den Dienstleistungen der Klasse 35 der angegriffenen Marke „Einzelhandelsdienstleistungen in Bezug auf Sportartikel“, und den Dienstleistungen der Klasse 35 „Bestellannahme, Lieferauftragsservice und Rechnungsabwicklung für Sportartikel“ der Widerspruchsmarke besteht zumindest eine hochgradige Ähnlichkeit. Einzelhandelsdienstleistungen dienen dem Vertrieb von Waren des Händlers an den Endverbraucher. Der Einzelhandel umfasst neben dem Rechtsgeschäft des Kaufvertrags die gesamte Tätigkeit, die ein Wirtschaftsteilnehmer entfaltet, um zum Abschluss eines solchen Geschäftes anzuregen (vgl. EuGH GRUR 2005, 764 – 768, Rn. 34 – Praktiker Bau- und Heimwerkermärkte AG [PRAKTIKER]). Diese Tätigkeit besteht insbesondere in der Auswahl eines Sortiments von Waren, die zum Verkauf angeboten werden, und im Angebot verschiedener Dienstleistungen, die einen Verbraucher dazu veranlassen sollen, den Kaufvertrag mit diesem Händler statt mit einem seiner Wettbewerber abzuschließen. Auch die Bestellannahme und Rechnungsabwicklung sowie der Lieferauftragsservice gehören zum Rechtsgeschäft des Kaufvertrages bzw. zu dessen Abwicklung und werden somit vom Einzelhandel umfasst.
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Schließlich besteht Ähnlichkeit zwischen den „Einzelhandelsdienstleistungen in Bezug auf Sportartikel“ der angegriffenen Marke und den Waren „Turn- und Sportartikel“ der Widerspruchsmarke. Für die Annahme einer Ähnlichkeit zwischen Einzelhandelsdienstleistungen und den auf sie bezogenen Waren – jedenfalls sofern es Überschneidungen in den Vertriebswegen gibt – reicht es aus, dass sich die Dienstleistungen auf die entsprechenden Waren beziehen und die angesprochenen Verkehrskreise aufgrund dieses Verhältnisses annehmen, die Waren und Dienstleistungen stammten aus denselben Unternehmen (BGH GRUR 2016, 382 Rn. 22 – BioGourmet; GRUR 2014, 378Rn. 39 OTTO CAP; Hacker in Ströbele/Hacker/Thiering, MarkenG, 12. Auflage, § 9 Rn. 119). Davon ist für das Verhältnis zwischen Sportartikeln und den hierauf bezogenen Einzelhandelsdienstleistungen auszugehen, weil große Handelshäuser in diesem Warensektor häufig neben dem Verkauf fremder Waren auch Waren mit eigenen Handelsmarken anbieten (vgl. BGH GRUR 2014, 378Rn. 39 – OTTO CAP; GRUR 2011, 623Rn. 24 – Peek & Cloppenburg II).
32
2. Angesprochene Verkehrskreise sind neben dem Fachverkehr auch die Allgemeinheit der Verbraucher. Abhängig vom im betroffenen Warensegment sehr unterschiedlichen Preis- und Qualitätsniveau der Waren ist von einer mittleren bis etwas erhöhten Aufmerksamkeit auszugehen.
33
3. Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke „NordSport“ wird als durchschnittlich eingestuft.
34
Zwar enthält der Begriff „Sport“ in Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen eine sachliche Aussage; nicht dagegen das Wort „Nord“. Es bezeichnet die Himmelsrichtung „Norden“ und ist eine Kurzform für Nordwind (vgl. https://www.duden.de/rechtschreibung/Nord; https://de.wikipedia.org/wiki/Nord). Man könnte darin auch einen geografischen Hinweis auf den Norden (eines Landes) sehen. Allerdings gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass zwischen Sport im Norden, Süden, Osten oder Westen unterschieden wird, und die Angabe der Himmelsrichtung damit als Sachhinweis für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen geeignet sein könnte. Der Begriff „NordSport“ ist für Sportbekleidung, Sportartikel und damit in Zusammenhang stehende Handelsdienstleistungen – anders als die Beschwerdeführerin meint – nicht glatt beschreibend im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG. Er gibt allenfalls einen vagen Hinweis auf ggf. (Winter-)Sport, der im Norden (Deutschlands, Europas, …) ausgeübt wird. Jedenfalls lässt sich der Kombination beider Wörter nicht unmittelbar ohne nähere analytische Überlegungen eine Sachaussage für Sportartikel oder Einzelhandelsdienstleistungen mit diesen entnehmen.
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4. Bei identischen bis hochgradig ähnlichen Vergleichswaren und -dienstleistungen sowie durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke und etwas erhöhter Aufmerksamkeit der Verkehrskreise sind an den zur Vermeidung einer markenrechtlich relevanten Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG erforderlichen Markenabstand strenge Anforderungen zu stellen, denen die angegriffene Marke nicht gerecht wird.
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Maßgebend für die Beurteilung der Zeichenähnlichkeit ist der Gesamteindruck der Vergleichsmarken unter Berücksichtigung der unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente (EuGH GRUR 2013, 922 Rn. 35 – Specsavers/Asda; BGH, Beschluss vom 23. Oktober 2014, I ZR 38/14 Rn. 10 – TNT Post; GRUR 2013, 833 Rn. 30 – Culinaria/Villa Culinaria; GRUR 2012, 930 Rn. 22 – Bogner B/Barbie B; GRUR 2012, 64 Rn. 15 – Maalox/Melox-GRY; GRUR 2010, 729 Rn. 23 – MIXI; GRUR 2009, 672 Rn. 33 – OSTSEE-POST; BPatG, Beschluss vom 18. April 2011, 26 W (pat) 30/07 – CITIPOST).
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Abzustellen ist dabei auf die Wahrnehmung des angesprochenen Durchschnittsverbrauchers, der eine Marke regelmäßig in ihrer Gesamtheit erfasst und nicht auf die verschiedenen Einzelheiten achtet (vgl. EuGH GRUR Int. 2014, 459 Rn. 42 – CLORALEX; GRUR Int. 2012, 754 Rn. 63 – XXXLutz Marken GmbH/HABM [Linea Natura Natur hat immer Stil]; GRUR Int. 2010, 129., Rn. 60 – [Carbonell/La Espaňola]; BGH GRUR 2004, 779, 781 – Zwilling/Zweibrüder). Das schließt nicht aus, dass unter Umständen ein oder mehrere Bestandteile einer komplexen Marke für den durch die Marke im Gedächtnis der angesprochenen Verkehrskreise hervorgerufenen Gesamteindruck prägend sein können (EuGH GRUR 2005, 1042 Rn. 28 f. – THOMSON LIFE; BGH GRUR 2012, 64 Rn. 14 – Maalox/Melox-GRY; GRUR 2009, 487 Rn. 32 – Metrobus; GRUR 2006, 60 Rn. 17 – coccodrillo). Der Grad der Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Zeichen ist im Klang, im (Schrift)Bild und im Bedeutungs-(Sinn-)Gehalt zu ermitteln. Für die Annahme einer Verwechslungsgefahr reicht dabei regelmäßig bereits die hinreichende Übereinstimmung in einem der Wahrnehmungsbereiche aus. Es genügt daher, wenn die Zeichen einander entweder im (Schrift-)Bild oder im Klang oder in der begrifflichen Bedeutung ähnlich sind (BGH WRP 2017, 1104 Rn. 27 Medicon Apotheke/MediCo Apotheke; GRUR 2015, 1114 Rn. 23 – Springender Pudel; GRUR 2015, 1009 Rn. 24 – BMW-Emblem; GRUR 2014, 382 Rn. 25 – REAL-Chips; GRUR 2009, 1055 Rn. 26 – airdsl).
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Es stehen sich die Marken und „NordSport“ gegenüber.
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a) In schriftbildlicher Hinsicht zeigen die Vergleichsmarken in ihrer Gesamtheit wegen der unterschiedlichen Reihenfolge der Wörter und der grafischen Ausgestaltung der jüngeren Marke ausreichend deutliche Unterschiede.
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b) Es ist jedoch eine Verwechslung in klanglicher Hinsicht zu befürchten. Für die Beurteilung der klanglichen Ähnlichkeit der Marken spielt der Bildbestandteil der angegriffenen Marke nur eine untergeordnete Rolle, weil der Verkehr insoweit den Wortbestandteilen der Marken als einfachster und kürzester Bezeichnungsform die prägende Bedeutung zumisst und das kombinierte Zeichen regelmäßig mit diesen Wortbestandteilen benennt (BGH GRUR 2009, 903 – SIERRA ANTIGUO).
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Die Markenworte „sportnord“ und „NordSport“ sind einander ähnlich, weil die sinntragenden Einzelteile „Sport” und „Nord” übereinstimmen und nur die Reihenfolge ihrer Zusammensetzung eine unterschiedliche ist. Der Durchschnittsabnehmer merkt sich nämlich bei flüchtiger Wahrnehmung eines Wortes zwar dessen einzelne Elemente, kann sich aber – wenn der erste Eindruck verblasst ist – häufig nicht mehr an die genaue Reihenfolge erinnern. Er ist deshalb versucht, in einem aus entsprechenden Teilen, aber in einer anderen Reihenfolge gebildeten Wort die früher gehörte Marke wiederzuerkennen (vgl. BPatG, GRUR 2008, 77, 79 – QUELLGOLD/Goldquell; Beschluss vom 22. März 2001, 25 W (pat) 129/00 – VITA NATURA/naturavita; Beschluss vom 30. Juli 1999, 33 W (pat) 50/99 – PLUS POINT Marketing/ Point Plus; OLG München, GRUR-RR 2003, 169, 170 – ARTDECO/DÉCO ART; EuG, GRUR Int 2010, 1061 Rn. 40 – Metromeet/METRO/meeting; Hacker in Ströbele/Hacker/Thiering, MarkenG, 12. Auflage, § 9 Rn. 284 m. w. N.). Zwar muss der Gesichtspunkt der Zeichenverwechslung wegen Silbenrotation zurückhaltend angewendet werden. Er kommt aber dann in Betracht, wenn sich die begriffliche Gesamtaussage nicht wesentlich verändert. Gerade in einem Fall wie dem hier vorliegenden, in dem der Sinngehalt der Markenwörter letztlich verschwommen bleibt, ist die Gefahr groß, dass aus der Erinnerung heraus Irrtümer über die genaue Reihenfolge der Einzelteile sich ergeben und somit die jeweiligen Marken unmittelbar verwechselt werden. Anders mag dies sein, wenn der Gesamteindruck beider Zeichenwörter völlig unterschiedlich ist (vgl. z. B. BPatG, Beschluss v. 1. Dezember 2004, 32 W (pat) 321/03 – Cerola/ACEROL) oder wenn sich durch die Umstellung ein anderer, unschwer erfassbarer Gesamtbegriff ergibt, vor allem, wenn dieser durch Bildbestandteile verstärkt wird (vgl. BPatGE 36, 123 – BALUBA/babalu). Dies ist hier jedoch nicht der Fall. Vielmehr stimmen beide Zeichenwörter trotz der Umstellung hinsichtlich Silbenzahl, Vokalfolge, Sprechrhythmus und Betonung überein und verändern ihre Gesamtaussage nicht.
42
Im Ergebnis spricht daher alles für das Vorliegen einer klanglichen Markenähnlichkeit in einem solchen Grad, dass eine Verwechslungsgefahr nicht mehr mit der erforderlichen Sicherheit auszuschließen ist.
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Die Eintragung der angegriffenen Marke ist daher zu löschen (§ 42 Abs. 2 Nr. 1 i. V. m. § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG). Die Beschwerde der Inhaberin der angegriffenen Marke musste erfolglos bleiben.
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5. Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht aus der von der Beschwerdeführerin geäußerten Auffassung, die Widerspruchsmarke sei in unzulässiger Weise eingetragen worden. Zum einen geht der Senat wie oben unter II. 3. ausgeführt davon aus, dass das Gesamtzeichen trotz eines beschreibenden Bestandteils in der Summe unterscheidungs- und damit vorliegend kennzeichnungskräftig ist. Zum anderen ist die Löschung der Widerspruchsmarke im Widerspruchsverfahren nicht Verfahrensgegenstand und hätte beim DPMA gem. § 50 MarkenG in einem eigenen Verfahren beantragt werden müssen.
45
6. Zu einer vom gesetzlichen Regelfall abweichenden Kostenentscheidung aus Billigkeitsgründen gemäß § 71 Abs. 1 Satz 1 MarkenG bestand kein Anlass.

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