Patent- und Markenrecht

Markenbeschwerdeverfahren – “Was Wände begehren” – Unterscheidungskraft – Freihaltungsbedürfnis

Aktenzeichen  30 W (pat) 12/18

Datum:
19.3.2020
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
Gerichtsort:
München
Dokumenttyp:
Beschluss
ECLI:
ECLI:DE:BPatG:2020:190320B30Wpat12.18.0
Normen:
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG
§ 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG
Spruchkörper:
30. Senat

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung
30 2017 004 485.2
hat der 30. Senat (Marken- und Design-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 19. März 2020 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Hacker sowie der Richter Merzbach und Dr. Meiser
beschlossen:
        
Auf die Beschwerde der Anmelderin werden die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 02 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 26. Juli 2017 und vom 1. Februar 2018 insoweit aufgehoben, als darin die Anmeldung für die Waren
„Klasse 19: Estrich; Asphalt“
zurückgewiesen worden ist.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Gründe

I.
1
Die am 21. Februar 2017 angemeldete Wortfolge
2
Was Wände begehren
3
soll als Marke für die Waren
4
„Klasse 02: Anstrichmittel; Rostschutzmittel; Holzkonservierungsmittel; Farben; Firnisse; Lacke; Grundierungsmittel als Anstrichfarbe; Holzschutzmittel; Färbemittel; Beizen, insbesondere Beizen für Holz; Verdünnungsmittel für sämtliche vorgenannte Waren; Naturharze im Rohzustand; Blattmetalle und Metalle in Pulverform für Maler, Dekorateure, Drucker und Künstler; Spachtelmassen zum Glätten und Ausbessern eines rauen Untergrundes [Anstrichmittel]; Beschichtungsmittel aus Kunststoff als Paste und flüssig für Oberflächen aus Holz und Metall zum Schutz gegen Feuchtigkeit; streichfähige Makulatur
5
Klasse 03: Wasch- und Bleich-, Putz-, Polier-, Fettentfernungs- und Schleifmittel für das Maler- und Stuckateurhandwerk; Abbeizmittel
6
Klasse 19: Baumaterialien [nicht aus Metall, soweit in Klasse 19 enthalten]; Fassadenmörtel; Verputzmittel; Edelputz; Streichputz; Fertigmörtel; Putzfüllmittel; Baukalk; Estrich; Spachtelmassen und Grundierungsmittel [soweit in Klasse 19 enthalten] für Bauzwecke; Asphalt; Pech; Bitumen“
7
eingetragen werden.
8
Die Markenstelle für Klasse 02 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung mit zwei Beschlüssen vom 26. Juli 2017 und vom 1. Februar 2018, von denen letzterer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, zurückgewiesen, weil es der angemeldeten Bezeichnung an der erforderlichen Unterscheidungskraft fehle (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG).
9
Bei der aus einfachen und bekannten Wörtern der deutschen Sprache zusammengesetzten Wortfolge Was Wände begehren handele es sich um einen Slogan, welchem das angesprochene Publikum in Bezug auf die beanspruchten Waren ausschließlich die anpreisende allgemeine Werbeaussage entnehme, dass die Waren besonders für Wände bestimmt und geeignet seien.
10
Mit der Personifizierung von Gegenständen und Objekten in sloganartigen Wortfolgen würden dem interessierten Verbraucher positive Werbebotschaften vermittelt bzw. positive Eigenschaften der Waren schlagwortartig sprach- und werbeüblich herausgestellt. Derartige, besonders positiv besetzte Bezeichnungen würden vom Verkehr wegen ihrer Verwendung im allgemeinen Sprachgebrauch ohne jede Zuordnung zu einem bestimmten Unternehmen auch nur in dieser Allgemeinheit verstanden. Sie dienten lediglich dazu, den Kaufanreiz zu fördern und die Aufmerksamkeit des angesprochenen Verkehrs zu erregen.
11
Auch bei der angemeldeten Wortfolge stehe die anpreisende allgemeine Werbeaussage so stark im Vordergrund, dass es für den Verkehr fernliege, in dieser ausschließlich berühmenden Aussage einen betrieblichen Herkunftshinweis zu sehen.
12
Die von der Anmelderin zitierten Voreintragungen böten keinen Anlass für eine abweichende Beurteilung.
13
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, mit der sie im Wesentlichen geltend macht, dass der Bestandteil „Wände“ der angemeldeten Wortfolge als Pluralform von „Wand“ für ein flächiges vertikales Bauteil und somit für einen Gegenstand stehe. Der weitere in der Wortfolge enthaltene Begriff „begehren“ bezeichne jedoch ein Verlangen bzw. einen Aneignungswunsch durch eine Person/einen Menschen und könne daher nicht sinnvoll einem Gegenstand wie einer Wand zugeordnet werden. Eine Wand könne keine Gefühle und kein Verlangen entfalten. Daher könne der Wortfolge keine sinnvolle Aussage in Bezug auf die beanspruchten Waren entnommen werden.
14
Angesichts der ungewöhnlichen Verwendung des Verbs „begehren“ in Zusammenhang mit den beanspruchten Baumaterialien werde der Verkehr die Wortfolge auch nicht ohne weiteres als reinen Werbeslogan erkennen, zumal personifizierende Werbeslogans in Zusammenhang mit den vorliegend maßgeblichen Waren nicht üblich seien. Vielmehr stelle die angemeldete Wortfolge mit ihrer Verwendung des Verbs „begehren“ in einem übertragenen, ironischen Sinne eine ungewöhnliche und originelle Personifizierung eines Gegenstandes dar, welcher in Bezug auf die beanspruchten Waren allenfalls eine vage Assoziation entnommen werden könne und die daher über eine die Unterscheidungskraft begründende Originalität verfüge.
15
Dementsprechend seien auch eine Reihe von Marken mit den Begriffen „Wand“ und „begehren“ eingetragen worden.
16
Da der Verkehr dem angemeldeten Zeichen keinen unmittelbar beschreibenden Begriffsinhalt entnehmen könne, fehle es auch an einem Freihaltebedürfnis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG.
17
Die Anmelderin beantragt sinngemäß,
18
die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 2 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 26. Juli 2017 und vom 1. Februar 2018 aufzuheben.
19
Der Senat hat der Anmelderin Rechercheergebnisse aus der Datenbank www.slogans.de sowie zur Verwendung der Wortfolge „Was Wände wollen“ übersandt. Die Anmelderin hat mit Schriftsatz vom 13. März 2020 beantragt, den Termin zur mündlichen Verhandlung vom 19. März 2020, welcher auf den von ihr hilfsweise gestellten Antrag anberaumt worden war, aufzuheben und im schriftlichen Verfahren zu entscheiden.
20
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
21
Die zulässige Beschwerde der Anmelderin ist in der Sache lediglich im aus dem Beschlusstenor ersichtlichen Umfang begründet, da Eintragungshindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG insoweit nicht bestehen. Im Übrigen ist die Beschwerde unbegründet, da die angemeldete Marke in Bezug auf sämtliche weiteren beanspruchten Waren nach § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen ist; die Markenstelle hat die Anmeldung insoweit zu Recht zurückgewiesen (§ 37 Abs. 1 MarkenG).
22
1. Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die von der Anmeldung erfassten Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (vgl. z. B. EuGH GRUR 2012, 610 (Nr. 42) – Freixenet; GRUR 2008, 608, 611 (Nr. 66) – EUROHYPO; BGH GRUR 2015, 173, 174 (Nr. 15) – for you; GRUR 2014, 565, 567 (Nr. 12) – smartbook; GRUR 2013, 731 (Nr. 11) – Kaleido; GRUR 2012, 1143 (Nr. 7) – Starsat, jeweils m. w. N.). Denn die Hauptfunktion einer Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. etwa EuGH GRUR 2010, 1008, 1009 (Nr. 38) – Lego; GRUR 2008, 608, 611 (Nr. 66) – EUROHYPO; GRUR 2006, 233, 235, Nr. 45 – Standbeutel; BGH GRUR 2015, 173, 174 (Nr. 15) – for you; GRUR 2009, 949 (Nr. 10) – My World). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (vgl. BGH GRUR 2015, 173, 174 (Nr. 15) – for you; GRUR 2014, 565, 567 (Nr. 12) – smartbook; GRUR 2012, 1143 (Nr. 7) – Starsat; GRUR 2012, 270 (Nr. 8) – Link economy). Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft sind einerseits die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers bzw. -abnehmers der fraglichen Produkte abzustellen ist (vgl. EuGH GRUR 2006, 411, 412 (Nr. 24) – Matratzen Concord/Hukla).
23
Hiervon ausgehend besitzen Marken insbesondere dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die maßgeblichen Verkehrskreise im Zeitpunkt der Anmeldung des Zeichens (vgl. BGH GRUR 2013, 1143, Nr. 15 – Aus Akten werden Fakten) lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (vgl. EuGH GRUR 2004, 674, 678, Nr. 86 – Postkantoor; BGH GRUR 2014, 1204, 1205, Nr. 12 – DüsseldorfCongress; GRUR 2012, 270, 271, Nr. 11 – Link economy; GRUR 2009, 952, 953, Nr. 10 – DeutschlandCard). Darüber hinaus kommt nach ständiger Rechtsprechung auch solchen Zeichen keine Unterscheidungskraft zu, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird (vgl. BGH GRUR 2014, 1204, 1205, Nr. 12 – DüsseldorfCongress; GRUR 2012, 1143, 1144, Nr. 9 – Starsat; GRUR 2010, 1100, Nr. 23 – TOOOR!; GRUR 2006, 850, 855, Nr. 28 f. – FUSSBALL WM 2006).
24
2. Ausgehend von den vorgenannten Grundsätzen fehlt der zur Eintragung in das Markenregister angemeldeten Wortfolge Was Wände begehren bezüglich der beanspruchten Waren mit Ausnahme der im Beschlusstenor genannten Waren jegliche Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG.
25
a. Mit den hier maßgeblichen Waren werden Fachverkehrskreise und allgemeine Verkehrskreise angesprochen, wobei es sich überwiegend um Produkte handelt, die mit Bedacht und auch nach fachkundiger Beratung erworben oder nachgefragt werden.
26
b. Gegenstand der Anmeldung ist die aus allgemein geläufigen Wörtern der deutschen Sprache gebildete Wortfolge Was Wände begehren, bei welcher das Verb „begehren“ in seiner wortsinngemäßen Bedeutung „nach jemandem, etwas heftiges Verlangen haben; gern erreichen, haben wollen“ (vgl. DUDEN-online zu „begehren“) von Hause aus in keinen sinnvollen Zusammenhang bzw. Bezug zu dem Begriff „Wände“ als Pluralform des Substantivs „Wand“ gesetzt werden kann, da – worauf die Anmelderin zutreffend hinweist – eine Wand als Gegenstand kein „Begehren“ iS eines „Verlangens“ äußern kann.
27
Zu beachten ist aber, dass die Wortfolge eine Personifikation des Begriffs „Wände“ enthält. Bei der Personifikation handelt es sich um eine rhetorische Figur, durch die Tiere, Pflanzen oder Lebloses mit menschlichen Eigenschaften ausgestattet werden oder wie Menschen handeln (vgl. https://www.inhaltsangabe.de/wissen/stilmittel/personifikation/ zu „Personifikation“, der Anmelderin mit der Ladung als Anlage 1 übersandt). Dabei handelt es sich um ein im allgemeinen Sprachgebrauch gängiges Stilmittel, wie die der Anmelderin mit der Ladung als Anlage 2 übersandten Fundstellen https://www.bautipps.de/ratgeber-daemmung-baustoffe/fassaden-aus-holz/: „Eine Holzfassade braucht Pflege – das lässt sich nicht von der Hand weisen“ und https://www.behr-immobilien.de/immobilien/haus_zum_kauf.php: „Doppelhaushälfte wünscht sich neue Bewohner, gern auch mit Kindern“ verdeutlichen.
28
Vor allem auch die Werbung nutzt solche aus der Rhetorik bekannten Stilmittel, u.a. auch die Personifikation, welche aus abstrakten oder allgemeinen Dingen Menschen und Personen macht. Die Personifikation kann dabei zum einen das zu bewerbende Produkt betreffen. So ist es in der modernen Werbesprache bereits seit langem üblich, den angepriesenen Waren menschliche Eigenschaften beizulegen, um diese hervorzuheben (vgl. BPatG 26 W (pat) 48/98 v. 28. Oktober 1998 – die REINLICHEN, veröffentlicht auf der Internetseite es BPatG). Beispielhaft kann dazu auf die in der Datenbank www.slogans.de recherchierbaren und der Anmelderin mit der Ladung als Anlage 3 übersandten Slogans „Keiner liebt Lippen mehr“ aus dem Jahre 2003 betreffend das Produkt „Labello“ sowie „Liebt deine Haut“ aus dem Jahre 2014 betreffend das Produkt „Sundance“ verwiesen werden.
29
Gängig und verbreitet in der Werbung waren und sind jedoch auch Anpreisungen und Slogans, in denen die Bestimmung und Eignung der Produkte für die Erstellung/Bearbeitung eines bestimmten Objekts oder Gegenstandes (hier: Wände) werblich-anpreisend als ein (menschliches) Verlangen/Begehren oder eben auch als Wunsch des betreffenden Objekts/Gegenstandes dargestellt wird, um – wie die Markenstelle zutreffend festgestellt hat – dem interessierten Verbraucher gegenüber positive Werbebotschaften zu vermitteln bzw. positive Eigenschaften der Waren schlagwortartig herauszustellen (siehe BPatG PAVIS PROMA 24 W (pat) 186/03, 10.08.2004 – MEINE HAUT STIMMT ZU). Hierzu kann auf die in dem vorgenannten Auszug der Datenbank www.slogans.de ausgewiesenen und aus der Zeit vor Anmeldung der Marke stammenden Slogans „Autos lieben Shell“ der Marke/Firma Shell aus dem Jahre 1959, „Pflanzen lieben es“ der Marke Seramis aus dem Jahre 2012, „Die Farbe, die dein Haar lieben wird“ der Marke/Firma Schwarzkopf Nectra Color aus dem Jahre 2014, „Zehen lieben diesen Schuh“ der Marke/Firma Adidas aus dem Jahre 2005 oder auch „Weil die Haut es liebt“ der Marke/Firma Lubana aus dem Jahre 2013 verwiesen werden.
30
Ein entsprechender Werbesprachgebrauch zum Anmeldezeitpunkt lässt sich auch für den vorliegend relevanten Warenbereich nachweisen. So wurden Anstrichmittel der Marke/Firma Clou für die Holzbearbeitung mit dem Slogan „Alles was das Holz begehrt“ beworben, wie die der Anmelderin als Anlage 3a übersandte Fundstellehttps://www.lutzgruppe.de/marke-clou.html v. 12.03.2007 belegt.
31
Verwendet wurde in diesem Zusammenhang auch bereits die der angemeldeten Wortfolge bedeutungsgleiche Wortfolge „Was Wände wollen“. So heißt es in der der Anmelderin als Anlage 4 übersandten Fundstelle https://www.heimtextil-blog.com/was-wande-wollen/ vom 30. Januar 2010: „Was Wände wollen – Heimtextil Blog der Messe Frankfurt“. Verwiesen werden kann ferner auf den von der Markenstelle im parallelen Anmeldeverfahren betreffend die Marke …  ermittelten und der Anmelderin mit dem dortigen Zurückweisungsbeschluss vom 16. Februar 2018 übersandten Artikel vom 8. November 2016 mit der Überschrift ….
32
c. Vor diesem Hintergrund wird der Verkehr auch in der angemeldeten Wortfolge Was Wände begehren lediglich einen werblich-anpreisenden Slogan erkennen, welcher auf Grundlage der Bedeutung des Verbs „begehren“ in seiner wortsinngemäßen Bedeutung „verlangen“ sowie einer werbeüblich personifizierenden Form des Substantivs „Wand“ in seiner Pluralform „Wände“ zum Ausdruck bringt, dass etwas für „Wände“ besonders geeignet ist, also gleichsam deren „Begehren“ entspricht.
33
Die zu der Klasse 2 beanspruchten
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„Anstrichmittel; Rostschutzmittel; Holzkonservierungsmittel; Farben; Firnisse; Lacke; Grundierungsmittel als Anstrichfarbe; Holzschutzmittel; Färbemittel; Beizen, insbesondere Beizen für Holz; Blattmetalle und Metalle in Pulverform für Maler, Dekorateure, Drucker und Künstler; Spachtelmassen zum Glätten und Ausbessern eines rauen Untergrundes [Anstrichmittel]; Beschichtungsmittel aus Kunststoff als Paste und flüssig für Oberflächen aus Holz und Metall zum Schutz gegen Feuchtigkeit; streichfähige Makulatur“
35
sowie die zu Klasse 19 beanspruchten Waren
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„Baumaterialien [nicht aus Metall, soweit in Klasse 19 enthalten]; Fassadenmörtel; Verputzmittel; Edelputz; Streichputz; Fertigmörtel; Putzfüllmittel; Spachtelmassen und Grundierungsmittel [soweit in Klasse 19 enthalten] für Bauzwecke“
37
können unmittelbar z. B. als Wandbeläge oder Verputzmittel zur Herstellung und Bearbeitung von Wänden bestimmt sein. Die Wortfolge Was Wände begehren erschöpft sich dann aber in Bezug auf diese Waren in dem werblich-anpreisenden Slogan, dass die betreffenden Waren für die Herstellung/Bearbeitung von Wänden aufgrund ihrer Beschaffenheit, Qualität etc. besonders geeignet sind bzw. dazu beitragen können.
38
Ebenso können die zu Klasse 03 beanspruchten „Wasch- und Bleich-, Putz-, Polier-, Fettentfernungs- und Schleifmittel für das Maler- und Stuckateurhandwerk; Abbeizmittel“ ohne weiteres ihrer Beschaffenheit nach für die Bearbeitung oder Behandlung von Wänden gedacht und bestimmt sein, so dass der Verkehr der angemeldeten Wortfolge auch insoweit einen als Slogan ausgestalteten Hinweis zu Qualität, Individualität, Exklusivität etc. des entsprechenden Produkts entnehmen wird; er wird darin aber keinen betrieblichen Herkunftshinweis erkennen.
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Soweit die Anmelderin in Klasse 2 ferner „Verdünnungsmittel für sämtliche vorgenannten Waren“ sowie „Naturharze im Rohzustand“ beansprucht, stellen diese im Bereich von Lacken und (Öl-)Farben einen üblichen Inhaltsstoff dar, der auch als Zusatz im Malereibedarf in Betracht kommt (vgl. BPatG PAVIS PROMA, Beschluss vom 23. April 2013, 25 W (pat) 62/12 – Macchiato). Mithin ist auch für diese Waren ein enger funktionaler Zusammenhang gegeben, der zu einem die Unterscheidungskraft ausschließenden engen beschreibenden Bezug des angemeldeten Zeichens führt. Dieselben Erwägungen gelten für „Bitumen“, das als traditionelles Bindemittel ebenso Inhaltsstoff von Farben und Lacken sein kann (vgl. BPatG PAVIS PROMA 30 W (pat) 38/16 – Softfeel) sowie für die Waren „Baukalk“ und „Pech“, welche als Bestandteil von Bau- und/oder Verputzmaterialien zur Herstellung/Bearbeitung von Wänden beitragen können.
40
d. Aufgrund des zum Zeitpunkt der Anmeldung bereits bestehenden Werbesprachgebrauchs, positive Eigenschaften von Produkten in sloganartigen Wortfolgen durch eine Personifikation der Produkte, für die die Waren bestimmt sind, herauszustellen, und der sich daraus ergebenden Gewöhnung des Verkehrs an solche Slogans, bedarf es für den normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Endverbraucher auch keiner gedanklichen Auseinandersetzung oder Überlegung, um diesen rein sachlichen Bedeutungsgehalt der angemeldeten Wortkombination in Bezug auf die beanspruchten Waren zu erkennen und zu erfassen. Sie erfordert weder ein Mindestmaß an Interpretationsaufwand noch ist sie in irgendeiner Weise mehrdeutig, sondern wird auf Anhieb als eindeutiges und unmissverständliches Versprechen zu Eignung und Bestimmung der betreffenden Waren wahrgenommen.
41
3. Soweit die Anmelderin auf Voreintragungen, insbesondere mit den Wörtern „Wände“ und „begehren“ Bezug nimmt, entfalten in rechtlicher Hinsicht selbst identische oder vergleichbare Voreintragungen keine Bindungswirkung (vgl. EuGH GRUR 2009, 667 Nr. 18 – Bild.t.-Online.de m. w. N.; BGH GRUR 2008, 1093 Nr. 8 – Marlene-Dietrich-Bildnis; BGH GRUR 2011, 230 – SUPERgirl; BGH MarkenR 2011, 66 – Freizeit Rätsel Woche). Die Frage der Schutzfähigkeit einer angemeldeten Marke ist keine Ermessensentscheidung, sondern eine gebundene Entscheidung, die allein anhand des Gesetzes und nicht auf der Grundlage einer vorherigen Entscheidungspraxis zu beurteilen ist.
42
4. Die angemeldete Marke kann im Umfang der versagten Waren damit ihre Hauptfunktion, nämlich den Verkehrskreisen die Ursprungsidentität der mit ihr gekennzeichneten Waren zu garantieren, nicht erfüllen. Sie ist deshalb nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen.
43
5. Die Frage, ob auch ein Schutzhindernis gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG gegeben ist, kann bei dieser Sachlage dahingestellt bleiben.
44
6. In Bezug auf die von der Zurückweisung betroffenen Waren
45
„Klasse 19: Estrich; Asphalt“
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können Eintragungshindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG indessen nicht festgestellt werden. Denn diese werden typischerweise zur Herstellung von Bodenbelägen verwendet; insoweit beschreibt die angemeldete Marke weder deren Bestimmung noch Verwendungszweck, so dass der Wortfolge Was Wände begehren insoweit nicht jegliche Unterscheidungskraft abgesprochen werden kann.
47
7. Aus den vorgenannten Gründen unterliegt die angemeldete Marke im genannten Umfang auch keinem Freihaltungsbedürfnis im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG.
48
Die Beschwerde hat daher im genannten Umfang Erfolg.

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