Aktenzeichen 30 W (pat) 514/18
Tenor
In der Beschwerdesache
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betreffend die Marke 30 2015 032 825
hat der 30. Senat (Marken- und Design-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 18. Juli 2019 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Hacker sowie der Richter Dr. Meiser und Dr. von Hartz
beschlossen:
Die Beschwerde der Widersprechenden wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
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Die Wortmarke
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Xi Powertec
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ist am 24. März 2015 angemeldet und am 12. Mai 2015 unter der Nummer 30 2015 032 825 in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register für nachfolgende Waren und Dienstleistungen eingetragen worden:
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„Klasse 9: Wissenschaftliche, Vermessungs-, Film-, Mess-, Signal-, Kontroll-, Rettungs- und Unterrichtsapparate und -instrumente; Apparate und Instrumente zum Leiten, Schalten, Umwandeln, Speichern, Regeln und Kontrollieren von Elektrizität; Geräte zur Aufzeichnung; Magnetaufzeichnungsträger; CDs; DVDs; digitale Aufzeichnungsträger; Mechaniken für geldbetätigte Apparate; Registrierkassen; Rechenmaschinen; Hardware für die Datenverarbeitung; Computer; Computersoftware;
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Klasse 38: Telekommunikation;
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Klasse 42: Wissenschaftliche und technologische Dienstleistungen und Forschungsarbeiten und diesbezügliche Designerdienstleistungen; industrielle Analyse- und Forschungsdienstleistungen; Entwurf und Entwicklung von Computerhardware und –software.”
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Die Veröffentlichung der Eintragung erfolgte am 12. Juni 2015.
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Gegen diese Marke ist Widerspruch erhoben worden von der Inhaberin der am 22. August 2008 angemeldeten und am 7. Juni 2010 für die Waren der
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“Klasse 7: Maschinen, Werkzeugmaschinen und motorgetriebene Geräte (soweit in Klasse 7 enthalten) für Haushalt, Küche und für Heimwerker, einschließlich Elektrowerkzeuge und Elektrohaushaltsgeräte (soweit in Klasse 7 enthalten);
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Klasse 9: Wissenschaftliche, Schifffahrts-, Vermessungs-, fotografische, Film-, optische, Wäge-, Mess-, Signal-, Kontroll-, Rettungs- und Unterrichtsapparate und -instrumente, einschließlich Winkelmesser, Winkelmaße, Wasserwaage; Apparate und Instrumente zum Leiten, Schalten, Umwandeln, Speichern, Regeln und Kontrollieren von Elektrizität; Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild; Magnetaufzeichnungsträger, Schallplatten; Verkaufsautomaten und Mechaniken für geldbetätigte Apparate; Registrierkassen, Rechenmaschinen, Datenverarbeitungsgeräte und Computer; Feuerlöschgeräte; Sicherheitsbekleidung, -handschuhe, -kopfbedeckungen, -brillen, -helme, -schuhe, Knieschützer; Brillen, insbesondere Lesebrillen und Sonnenbrillen, einschließlich Etuis; elektrische Bügeleisen; Mousepads;
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Klasse 11: Beleuchtungs-, Heizungs-, Dampferzeugungs-, Koch-, Kühl-, Trocken-, Lüftungsgeräte sowie sanitäre Anlagen; Wasserleitungsgeräte, Wasserleitungsanlagen, Wasserverteiler und Wasserdüsen als Teile von Wasserleitungsanlagen, Wasser- und Lichtspielgeräte, Wasserspritzen, Wassersprüher, Wasserbrausen; Bewässerungsanlage (soweit in Klasse 11 enthalten); Springbrunnen; Hauswasserwerke; Filtergeräte als Teile von häuslichen oder gewerblichen Anlagen; Teichbecken aus Kunststoff, künstliche Wasserfälle, Kaskaden und Bachläufe, Wasserbehandlungsgeräte, Wasserbelüfter, Staubfilter für Garten; Teile der vorgenannten Waren;
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Klasse 17: Kautschuck, Guttaperche, Gummi, Asbest, Glimmer und Waren daraus (soweit in Klasse 17 enthalten); Waren aus Kunststoffen (Halbfabrikate); Dichtungs-, Packungs- und Isoliermaterial; Schläuche und Schlauchkupplungen (im Wesentlichen nicht aus Metall); Kupplungsstücke und Verbindungsstücke (im Wesentlichen nicht aus Metall) zum Anschluss von Bewässerungsgeräten an Schläuche; flexible und starre Folien aus Kunststoff für den Garten, Teichfolien (soweit in Klasse 17 enthalten); Filtermaterial (soweit in Klasse 17 enthalten); Teichvliese aus Kunststoff (soweit in Klasse 17 enthalten); Armaturen für Rohre und für Schläuche im Wesentlichen nicht aus Metall”
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eingetragenen Unionsmarke 007 177 827:
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Mit Beschluss vom 5. Januar 2018 hat die mit einem Beamten des gehobenen Dienstes besetzte Markenstelle für Klasse 9 den Widerspruch zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass eine Verwechslungsgefahr nicht zu besorgen sei. Dies gelte auch bei der Annahme einer Identität der zu vergleichenden Waren. Der Widerspruchsmarke komme nur eine geschwächte Kennzeichnungskraft zu. Der Wortbestandteil der Widerspruchsmarke “POWERTEC ELECTRIC” bedeute “kraftvolle Technologie elektrisch” oder “elektrische kraftvolle Technologie”. Er besage in Bezug auf die Widerspruchswaren lediglich, dass „diese Geräte kraftvolle elektrische Technologien” seien. Die Schutzfähigkeit der Widerspruchsmarke beruhe lediglich auf der geringen grafischen Ausgestaltung. Insgesamt halte die angegriffene Marke den gebotenen Abstand ein. Die zu vergleichenden Zeichen unterschieden sich in der Gesamtheit deutlich. Die angegriffene Marke werde auch nicht durch den Wortbestandteil “POWERTEC” geprägt, weil es sich um einen kennzeichnungsschwachen Markenbestandteil handele. Der Zeichenbestandteil “Xi” der angegriffenen Marke sei der 14. Buchstabe des griechischen Alphabets und werde auch nicht deswegen weniger beachtet, weil es sich um einen Teil der Unternehmensbezeichnung der Markeninhaberin handele.
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Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden.
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Sie ist der Auffassung, dass die Markenstelle zu Unrecht von einer geschwächten Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ausgegangen sei. Bei dem Zeichenbestandteil “” handele es sich nicht um einen gebräuchlichen Begriff. Er sei auch nicht beschreibend, da der angesprochene Verkehr darin nicht ohne weitere Überlegungen eine Beschreibung der Waren oder eines ihrer Merkmale erkenne. Zudem habe die Markenstelle nicht ausgeführt, bei welchen Waren es sich um technische Geräte handele. Der Zeichenbestandteil “” sei aufgrund der Zusammenführung des Begriffs “” mit der Abkürzung “” eigenständig und kreativ gebildet. Beim Zeichenvergleich habe die Markenstelle systemwidrig nur auf die Unterschiede abgestellt ohne die Übereinstimmungen hinreichend zu berücksichtigen. Ferner sei davon auszugehen, dass der jeweilige Wortbestandteil “POWERTEC” der zu vergleichenden Zeichen prägend sei. Bei diesem Zeichenbestandteil handele es sich um ein Phantasiewort, welches bei der Widerspruchsmarke grafisch herausgestellt sei. Bei der Widerspruchsmarke trete zudem der Zeichenbestandteil “ELECTRIC” als beschreibende Angabe zurück. Auch die angegriffene Marke werde durch den Wortbestandteil “POWERTEC” geprägt. Zwar sei “Xi” der 14. Buchstabe des griechischen Alphabets. Allerdings werde dieser Zeichenbestandteil als Buchstabe vom Verkehr kaum wahrgenommen. Darüber hinaus habe dieser griechische Buchstabe in verschiedenen Gebieten der Wissenschaft und Technik unterschiedliche, aber jeweils bestimmte Bedeutungen, die dem angesprochenen Verkehr bekannt seien. Da die für die angegriffene Marke eingetragenen Waren und Dienstleistungen in direktem Zusammenhang mit Wissenschaft und Technik stehen würden, sei der Zeichenbestandteil “Xi” beschreibend. Deshalb messe der Verkehr dem Zeichenbestandteil “POWERTEC” mehr Bedeutung zu.
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Die Beschwerdeführerin beantragt,
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den Beschluss der Markenstelle für Klasse 9 vom 5. Januar 2018 aufzuheben und wegen des Widerspruchs aus der Unionsmarke 007 177 827 die Löschung der angegriffenen Marke 30 2015 032 825 anzuordnen.
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Die Beschwerdegegnerin beantragt,
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die Beschwerde zurückzuweisen.
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Sie ist der Auffassung, dass die Widerspruchsmarke nur über eine geschwächte Kennzeichnungskraft verfüge. Der Wortbestandteil “Powertec” könne ohne weiteres im Sinne von “Motorgetriebene Technik” verstanden werden, so dass es sich um eine beschreibende Angabe für die von der Widerspruchsmarke beanspruchten Waren handele. Ferner könne nicht davon ausgegangen werden, dass der angesprochene Verkehr die Zeichenfolge “Xi” als 14. Buchstaben des griechischen Alphabets erkenne. Es handele sich um einen in der Wissenschaft nur in sehr speziellen Bereichen verwendeten Buchstaben. Der angesprochene Verkehr – hier der Endverbraucher – verstehe die Zeichenfolge nicht als griechischen Buchstaben. In schriftbildlicher und klanglicher Hinsicht sei die Zeichenfolge “Xi” aufgrund der starken Konsonantenfolge und der kurzen Wortfolge prägend. Eine solche Zeichenfolge finde sich in der Widerspruchsmarke nicht wieder. Schließlich seien die zu vergleichenden Waren und Dienstleistungen der angegriffenen Marke unähnlich zu den Waren der Widerspruchsmarke.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
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Die gemäß §§ 66, 64 Abs. 6 Satz 1 MarkenG statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde der Widersprechenden hat keinen Erfolg. Zwischen den Vergleichsmarken besteht keine Gefahr von Verwechslungen (§§ 125b Nr. 1, 43 Abs. 2, 42 Abs. 2 Nr. 1, 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG a.F.).
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A. Im Laufe des Beschwerdeverfahrens haben sich die Vorschriften des Markengesetzes mit Wirkung vom 14. Januar 2019 geändert. Eine für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Änderung der Rechtslage folgt daraus nicht (BGH WRP 2019, 1316 Rn. 11 – KNEIPP). Da die Anmeldung der angegriffenen Marke zwischen dem 1. Oktober 2009 und dem 14. Januar 2019 eingereicht wurde, sind bei hiergegen erhobenen Widersprüchen weiterhin die Vorschriften nach § 42 Abs. 1 und 2 MarkenG in der bis zum 14. Januar 2019 geltenden Fassung anzuwenden (vgl. § 158 Abs. 3 MarkenG).
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B. Ob Verwechslungsgefahr vorliegt, ist unter Beachtung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen (vgl. z. B. EuGH GRUR 2010, 1098 Rn. 44 – Calvin Klein/HABM; GRUR 2010, 933 Rn. 32 – BARBARA BECKER; BGH WRP 2018, 82 Rn. 9 – OXFORD/Oxford Club; GRUR 2012, 1040 Rn. 25 – pjur/pure). Von maßgeblicher Bedeutung sind insoweit die Identität oder Ähnlichkeit der zum Vergleich stehenden Marken sowie der von diesen erfassten Waren oder Dienstleistungen. Darüber hinaus ist die Kennzeichnungskraft der älteren Marke und – davon abhängig – der dieser im Einzelfall zukommende Schutzumfang in die Betrachtung miteinzubeziehen. Dabei impliziert der Begriff der Verwechslungsgefahr eine gewisse Wechselwirkung zwischen den genannten Faktoren (z. B. EuGH GRUR 2008, 343 Rn. 48 – Il Ponte Finanziaria Spa/HABM; BGH WRP 2018, 82 Rn. 9 – OXFORD/ Oxford Club; GRUR 2013, 833 Rn. 30 – Culinaria/Villa Culinaria).
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1. Nach diesen Grundsätzen ist ausgehend von der Registerlage keine markenrechtlich relevante unmittelbare Gefahr von Verwechslungen zwischen den Vergleichsmarken zu besorgen.
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a) Ob zwischen den zu vergleichenden Waren und Dienstleistungen Identität oder Ähnlichkeit besteht, braucht nicht abschließend ausgeführt zu werden. Es ist davon auszugehen, dass die sich gegenüberstehenden Marken für teilweise durchschnittlich ähnliche bis identische Waren eingetragen sind. Jedoch reichen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls im Rahmen der gebotenen Gesamtbetrachtung die zwischen den Zeichen bestehenden Unterschiede in jeder Richtung aus, um die Gefahr von Verwechslungen i. S. d. § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG auszuschließen.
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Allerdings ist es entgegen der Auffassung der Inhaberin der angegriffenen Marke unerheblich, dass sie ihre Waren bzw. Dienstleistungen nur gegenüber Geschäftskunden anbietet bzw. erbringt. Da allein von den im Register eingetragenen Waren und Dienstleistungen auszugehen ist, kommt es nicht darauf an, welcher Art die tatsächlichen Umstände der Benutzung sind, weil Vermarktungsstrategien oder Marketingkonzeptionen jederzeit geändert werden können (BGH GRUR 2004, 600, 601 – d-c-fix/CD-FIX).
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b) Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke “” ist für diejenigen von ihr beanspruchten Waren der Klassen 7, 9 und 11, zu denen die von der angegriffenen Marke beanspruchten Waren und Dienstleistungen identisch oder ähnlich sind, höchstens unterdurchschnittlich. Aber auch im Fall der Annahme einer unterdurchschnittlichen Kennzeichnungskraft begründet dies nicht die Gefahr von Verwechslungen.
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aa) Die originäre Kennzeichnungskraft wird bestimmt durch die Eignung der Marke, sich unabhängig von der jeweiligen Benutzungslage als Unterscheidungsmittel für die Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens bei den beteiligten Verkehrskreisen einzuprägen und die Waren und Dienstleistungen damit von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (BGH GRUR 2015, 1127 Rn. 10 – ISET/ISETsolar; GRUR 2012, 1040 Rn. 29 – pjur/pure). Ist der Wortbestandteil einer Wort-Bildmarke nicht unterscheidungskräftig, so kann dem Zeichen in seiner Gesamtheit Unterscheidungskraft zugesprochen werden, wenn die grafischen Elemente ihrerseits charakteristische Merkmale aufweisen, in denen der Verkehr einen Herkunftshinweis sieht (vgl. BGH MarkenR 2016, 157 Rn. 31 – BioGourmet; GRUR 1991, 136, 137 – NEW MAN). Unter Anwendung dieser Grundsätze ist die originäre Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke lediglich gering.
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(1) Der Wortbestandteil “ELECTRIC” ist – wie auch die Widersprechende nicht in Abrede stellt – beschreibend. Er erschöpft sich in einem Hinweis auf die Eigenschaften der beanspruchten Waren der Klassen 7, 9 und 11.
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(2) Gleiches gilt für den reinen Wortbestandteil “POWERTEC” der Widerspruchsmarke. Dieser setzt sich aus dem Begriff “POWER” und der Buchstabenfolge “TEC” zusammen. Ersterer stellt für die oben aufgeführten Waren eine Sachangabe dar, und zwar im Sinne von “Kraft, Stärke” (vgl. DUDEN, Universalwörterbuch, 8. Aufl., Stichwort: Power). In der Buchstabenfolge “TEC” wird der angesprochene Verkehr – hier der Durchschnittsverbraucher und der Fachverkehr – die aus der englischen Sprache stammende und inzwischen weit verbreitete und geläufige Abkürzung für „technical, technic, technology“ bzw. „Technik, technisch, Technologie“ erkennen (vgl. BPatG, 26 W (pat) 58/14 – SILVERTEC; 24 W (pat) 71/08 – systech/SYSTECH; 26 W (pat) 207/04 – POWERTEC; 30 W (pat) 129/01 – CLIPTEC) und sie somit als Hinweis auf ein Merkmal der Widerspruchswaren der Klassen 7, 9 und 11 verstehen. Vor diesem Hintergrund wird der Verkehr die Kombination “POWERTEC” nicht als Kunstwort auffassen, sondern ohne weiteres als Kombination der zum englischen Grundwortschatz gehörenden Begriffe „POWER“ und „TECHNOLOGY/TECHNIC“. Der Verkehr wird daher die reinen Wortbestandteile “POWERTEC” und „ELECTRIC“ der Widerspruchsmarke insgesamt im Sinne von “elektrische kraftvolle bzw. starke Technik” oder “kraftvolle/starke Technik im Bereich der Elektrik” und somit als sachbezogenes Werbeversprechen verstehen. Da alle oben aufgeführten Waren technische Geräte sein oder zumindest technische Komponenten enthalten können, die eine (elektrische) kraftvolle/starke Technik aufweisen können, ist der Wortbestandteil “POWERTEC” der Widerspruchsmarke schutzunfähig.
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(3) Allenfalls unter Berücksichtigung der grafischen Ausgestaltung ist vorliegend insgesamt von einer originär geringen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke auszugehen.
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bb) Anhaltspunkte für eine demgegenüber gesteigerte (d.h. normale) Kennzeichnungskraft – etwa infolge intensiver Benutzung der Widerspruchsmarke – bestehen nicht.
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c) Die Vergleichszeichen weisen keine rechtserhebliche Zeichenähnlichkeit auf.
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Maßgeblich für die Beurteilung der Zeichenähnlichkeit ist der Gesamteindruck der Vergleichsmarken unter Berücksichtigung der unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente (EuGH GRUR 2013, 922 Rn. 35 – Specsavers/Asda; BGH GRUR 2013, 833 Rn. 30 – Culinaria/Villa Culinaria), wobei von dem allgemeinen Erfahrungsgrundsatz auszugehen ist, dass der Verkehr eine Marke so aufnimmt, wie sie ihm entgegentritt, ohne sie einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (vgl. u. a. EuGH GRUR 2004, 428 Rn. 53 – Henkel; BGH GRUR 2001, 1151, 1152 – marktfrisch). Die Frage der Ähnlichkeit sich gegenüberstehender Zeichen ist nach deren Ähnlichkeit in Klang, (Schrift-)Bild und Sinngehalt zu beurteilen, weil Marken auf die mit ihnen angesprochenen Verkehrskreise in klanglicher, bildlicher und begrifflicher Hinsicht wirken (vgl. EuGH GRUR 2006, 413 Rn. 19 – ZIRH/ SIR; BGH GRUR 2010, 235 Rn. 15 – AIDA/AIDU; NJW-RR 2009, 757 Rn. 32 METROBUS).
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aa) In der Gesamtheit besteht zwischen den Vergleichszeichen
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ein ausreichender Abstand, um die Gefahr von Verwechslungen auszuschließen. Beide Zeichen unterscheiden sich durch den zusätzlichen Wortbestandteil „Xi” der jüngeren Marke sowie die grafische Ausgestaltung der Widerspruchsmarke in klanglicher und bildlicher Hinsicht. Diese Unterschiede werden weder überhört noch überlesen.
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bb Eine klangliche Verwechslungsgefahr kann aufgrund der Übereinstimmung der Vergleichsmarken in dem Wortbestandteil “POWERTEC” nicht bejaht werden. Insoweit nimmt bereits der reine Wortbestandteil “POWERTEC” der Widerspruchsmarke entgegen der Auffassung der Widersprechenden keine kollisionsbegründende Stellung ein. Es handelt sich – wie dargelegt – um eine sachbeschreibende Angabe für elektrische Geräte bzw. elektrische Komponenten. Solche Bestandteile eines Zeichens sind grundsätzlich nicht geeignet, den Gesamteindruck einer Marke zu prägen. Hieran ändert auch die nach Auffassung der Widersprechenden blickfangmäßige Herausstellung des Wortbestandteils “” in der Widerspruchsmarke “” nichts (vgl. Ströbele/Hacker/Thiering, MarkenG, 12. Aufl., § 9 Rn. 395 m.w.N.). Es gilt im Übrigen der Grundsatz, dass ein Bestandteil der älteren Marke, dessen Schutzunfähigkeit bei der nachträglichen Prüfung im Kollisionsverfahren festgestellt wird, eine Verwechslungsgefahr im Rechtssinne nicht begründen kann (BGH GRUR 2004, 778, 779 – URLAUB DIREKT; GRUR 2003, 1040, 1043 – Kinder; BPatG 30 W (pat) 551/10 – SPACE/INTERSPACE).
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cc) Eine begriffliche Ähnlichkeit scheidet aus, weil die Vergleichsmarken lediglich in der beschreibenden Angabe “POWERTEC” übereinstimmen (vgl. BGH GRUR 2012, 1040 Rn. 43 – pjur/pure; BPatG 25 W (pat) 501/16 – moringa/MORINGA EUROPA).
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2. Es besteht auch keine Verwechslungsgefahr im weiteren Sinn unter dem Gesichtspunkt einer selbständig kennzeichnenden Stellung des Wortbestandteils “POWERTEC” der Widerspruchsmarke in dem angegriffenen Zeichen.
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Bei der Verwechslungsgefahr im weiteren Sinn erkennt der Verkehr zwar die Unterschiede zwischen den Marken; er geht aber von organisatorischen oder wirtschaftlichen Verbindungen zwischen den Markeninhabern aus (vgl. BGH GRUR 2004, 779, 783 – Zwilling/Zweibrüder; GRUR 2008, 903 Rn. 31 – SIERRA ANTIGUO; GRUR 2013, 1239 Rn. 45 – VOLKSWAGEN/Volks.Inspektion). Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne liegt insbesondere dann vor, wenn ein mit einer älteren Marke übereinstimmender Bestandteil identisch oder ähnlich in eine komplexe Marke aufgenommen wird, in der er neben einem Unternehmenskennzeichen oder Serienzeichen eine selbständig kennzeichnende Stellung behält, und wenn wegen der Übereinstimmung dieses Bestandteils mit der älteren Marke bei den angesprochenen Verkehrskreisen der Eindruck hervorgerufen wird, dass die fraglichen Waren oder Dienstleistungen aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen. Es reicht aber nicht aus, dass allein aufgrund der Übernahme eines Zeichenbestandteils die angegriffene Marke geeignet sein könnte, Assoziationen an ein fremdes Kennzeichen hervorzurufen (vgl. BGH GRUR 2009, 772, 777 – Augsburger Puppenkiste). Es müssen vielmehr besondere Umstände vorliegen, die es rechtfertigen, in einem zusammengesetzten Zeichen einzelne oder mehrere Bestandteile als selbständig kennzeichnend anzusehen (BGH GRUR 2018, 79 Rn. 43 – OXFORD/OXFORD CLUB). Ausgeschlossen ist allerdings die Annahme einer selbständig kennzeichnenden Stellung jedenfalls dann, wenn der übereinstimmende Zeichenbestandteil – hier “POWERTEC” – schutzunfähig ist. Denn schutzunfähige Zeichenbestandteile, die in ein jüngeres Zeichen aufgenommen worden sind, können in diesem keine kennzeichnende Funktion ausüben (vgl. BPatG 27 W pat) 65/13 – Antenne Bayern Weihnachtstrucker/Weihnachtstrucker; Ströbele/Hacker/Thiering, MarkenG, 12. Aufl., § 9 Rn. 483). So liegt der Fall aber hier. Der gleichermaßen in der angegriffenen Marke wie in der Widerspruchsmarke enthaltene Zeichenbestandteil (Wortbestandteil) “POWERTEC” ist – wie bereits ausgeführt – für die von den Vergleichsmarken beanspruchten Waren und Dienstleistungen, die vorliegend im Ähnlichkeitsverhältnis stehen, schutzunfähig und kann nichts zur Kennzeichnung von Waren oder Dienstleistungen eines bestimmten Unternehmens beitragen.
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C. Hinsichtlich der Kosten des Beschwerdeverfahrens verbleibt es bei der gesetzlichen Regelung des § 71 Abs. 1 Satz 2 MarkenG, da Billigkeitsgründe für die Auferlegung der Kosten auf einen Beteiligten weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich sind.