Steuerrecht

Beendigung der Selbstnutzung der Doppelhaushälfte und deren Vermietung

Aktenzeichen  2 K 2058/17

Datum:
24.7.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 36291
Gerichtsart:
FG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Finanzgerichtsbarkeit
Normen:
EStG § 9 Abs. 1 S. 1, § 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 35a Abs. 1, Abs. 3
FGO § 135 Abs. 1

 

Leitsatz

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

Gründe

II.
Die Klage ist unbegründet.
Es steht für das Streitjahr zur Überzeugung des Gerichts weder fest, dass der Kläger die Selbstnutzung der Doppelhaushälfte beendet hat noch einen endgültigen Entschluss, die streitgegenständliche Doppelhaushälfte auf Dauer zu vermieten, gefasst hat.
1. Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) erzielt, wer ein Grundstück gegen Entgelt zur Nutzung überlässt und beabsichtigt, auf die voraussichtliche Dauer der Nutzung des Grundstücks einen Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten zu erzielen. Nach dem Regelungszweck des § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG ist bei einer auf Dauer angelegten Vermietungstätigkeit grundsätzlich und typisierend davon auszugehen, dass der Steuerpflichtige beabsichtigt, letztlich einen Einnahmenüberschuss zu erwirtschaften, auch wenn sich über längere Zeiträume Werbungskostenüberschüsse ergeben. Jedoch gelten Ausnahmen von diesem Grundsatz, wenn besondere Umstände gegen das Vorliegen der Einkünfteerzielungsabsicht sprechen. Für die Feststellung der Einkünfteerzielungsabsicht als innere Tatsache können äußere Umstände als Indizien herangezogen werden, wie z. B. der zeitliche Zusammenhang zwischen Aufwendungen und späterer Vermietung wie auch deren Absehbarkeit; auch spätere Tatsachen und Ereignisse sind zu berücksichtigen (vgl. BFH-Urteil vom 31. Juli 2007 IX R 30/05, BFH/NV 2008, 202).
Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG sind Werbungskosten Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung. Sie sind nach § 9 Abs. 1 Satz 2 EStG bei der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung abzuziehen, wenn sie bei ihr erwachsen und das heißt, durch die sie veranlasst sind. Fallen solche Aufwendungen schon an, bevor mit dem Aufwand zusammenhängende Einnahmen erzielt werden, können sie als vorab entstandene Werbungskosten berücksichtigt werden, wenn ein ausreichend bestimmter wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen den Aufwendungen und der Einkunftsart besteht, in deren Rahmen der Abzug begehrt wird.
Beabsichtigt der Steuerpflichtige, die von ihm selbstgenutzte Wohnung zu vermieten, können auch in diesem Fall vorweggenommene Werbungskosten, z.B. infolge der Wohnungsrenovierung, anfallen. Ein Werbungskostenabzug ist jedoch nur möglich, wenn die Aufwendungen nach Beendigung der Selbstnutzung anfallen (vgl. BFH-Urteile vom 14. Dezember 2004 IX R 34/03, BStBl. II 2005, 343, und vom 9. Juli 2013 IX R 21/12, BFH/NV 2013, 1778). Dabei wird typisierend davon ausgegangen, dass ein Werbungskostenabzug generell nicht in Betracht kommt, wenn die Reparatur während der Zeit der Selbstnutzung durchgeführt wird. Dabei kommt es nicht darauf an, ob und inwieweit die Erhaltungsmaßnahmen nach der Zweckbestimmung (auch) der jeweils anderen Nutzungsart zugutekommen (vgl. BFH-Urteile vom 10. Oktober 2000 IX R 15/96, BStBl II 2001, 787; und vom 1. April 2009 IX R 51/08, BFH/NV 2009, 1259).
Ein Werbungskostenabzug kommt nur in Betracht, wenn der Steuerpflichtige sich endgültig zur Einkünfteerzielung entschlossen hat. Die Einzelfallumstände, aus denen sich der endgültige Entschluss zu vermieten ergibt, sind in erster Linie ernsthafte und nachhaltige Vermietungsbemühungen des Steuerpflichtigen (vgl. BFH-Urteil vom 11. Dezember 2012 IX R 14/12, BStBl II 2013, 279 m.w.N.). Für die Ernsthaftigkeit und Nachhaltigkeit von Vermietungsbemühungen als Voraussetzung einer (fort-)bestehenden Einkünfteerzielungsabsicht, deren Feststellung und Würdigung im Wesentlichen dem Finanzgericht als Tatsacheninstanz obliegt, trägt der Steuerpflichtige die Feststellungslast (vgl. BFH-Urteil vom 9. Juli 2002 IX R 47/99, BStBl II 2003, 580). Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung, ob im Einzelfall eine Einkünfteerzielungsabsicht vorliegt; es ist bei seiner tatrichterlichen Würdigung nicht an starre Regeln für das Gewichten einzelner Umstände gebunden (vgl. BFH-Urteil vom 14. Juli 2004 IX R 56/01, BFH/NV 2005, 37, unter II.2.c; und vom 9. Juli 2003 IX R 102/00, BStBl II 2003, 940, Jachmann, jurisPR-SteuerR 45/2013 Anm. 4).
Der endgültige Entschluss zu vermieten -die Einkünfteerzielungsabsichtist eine innere Tatsache, die wie alle sich in der Vorstellung von Menschen abspielenden Vorgänge nur anhand äußerlicher Merkmale beurteilt werden kann. Aus objektiven Umständen muss auf das Vorliegen oder Fehlen der Absicht geschlossen werden können. Deshalb muss sich der endgültige Entschluss des Steuerpflichtigen zur Vermietung stets anhand objektiver Umstände belegen lassen. Derartige Umstände, aus denen sich der endgültige Entschluss zu vermieten ergibt, sind ernsthafte und nachhaltige Vermietungsbemühungen des Steuerpflichtigen (vgl. BFH-Urteil vom 28. Oktober 2008 IX R 1/07, BStBl II 2009, 848, m.w.N.).
Bei einer indifferenten Entschlusslage kann daher noch nicht von einer den Werbungskostenabzug eröffnenden Vermietungsabsicht ausgegangen werden (vgl. BFH-Urteil vom 28. Oktober 2008 IX R 1/07, BStBl II 2009, 848, m.w.N.; Günther in: Braun/Günther, Das Steuer-Handbuch, 71. Lieferung 03.2018, Vermietungseinkünfte, vorweggenommene Werbungskosten).
2. Hiervon ausgehend hat der Kläger die Selbstnutzung der streitgegenständliche Doppelhaushälfte im Streitjahr nicht beendet.
Aufgrund der Ergebnisse der Verhandlung ist das Gericht davon überzeugt, dass der Kläger die Doppelhaushälfte auch im Streitjahr weiterhin selbst-/eigengenutzt hat, so dass schon deshalb ein Abzug der geltend gemachten Aufwendungen in Höhe von 41.750 € als Werbungskosten aus Vermietung und Verpachtung nicht in Betracht kommt.
Der Kläger hat die Doppelhaushälfte nach seinen Angaben im Schreiben vom 14. November 2011 seit 2009 selbst bewohnt, um diese in Eigenregie zu renovieren und zu erweitern. Die Umbauarbeiten wurden nach seinen Angaben im Jahr 2012 abgeschlossen, so dass die erstmals im Klageverfahren vorgetragene und nicht nachgewiesene Behauptung des Klägers, eine Selbstnutzung hätte nur in den Jahren 2009 und 2010 vorgelegen, nicht glaubwürdig ist. Zudem hat der Kläger noch Ende 2011, also dem Streitjahr, dem Beklagten mitgeteilt, dass er bereits 2009 ein Zimmer für den Wohn- und Arbeitsbereich und ein Duschbad im Dachgeschoss und ein Schlafzimmer im Obergeschoss für sich fertig gestellt habe (und damit nicht erst Anfang 2012) und nur noch die Arbeiten hinsichtlich der Küche und des Wohn- und Speisezimmers im Erdgeschoss der Doppelhaushälfte noch nicht abgeschlossen seien (vgl. Schreiben des Klägers vom 14. November 2011 und vorgelegtes identisches Bildmaterial über die seit 2009 selbstgenutzten Räume, Rb-Akte alt, Bl. 78 ff., 90 f.).
Der kostenintensive Aus- und Umbau ist nicht lediglich für VuV-Zwecke erfolgt, sondern nach den Vorstellungen des Klägers zur Selbstnutzung. Deshalb hat er die Doppelhaushälfte entkernt und hat das Wohnzimmer und die Küche durch einen Anbau um 32 m² erweitert.
Dem Gericht liegen keine Nachweise für eine Beendigung der Selbstnutzung der Doppelhaushälfte im Streitjahr vor. Insbesondere ist nicht nachgewiesen, dass die vom Kläger genutzten Räumlichkeiten im Obergeschoss und Dachgeschoss der Doppelhaushälfte im Streitjahr leer gestanden haben sollen. Der Umzug nach A ist auch erst im November 2011 erfolgt.
Zudem ist der Kläger seit 2009 ununterbrochen unter der Adresse der Doppelhaushälfte in D gemeldet. Dem Kläger ist im Zusammenhang mit der Selbstnutzung von seinem Vater, der die benachbarte Doppelhaushälfte bewohnt, die Doppelhaushälfte übereignet worden. Laut dem Übergabevertrag vom 27. September 2011 zwischen dem Kläger und seinem Vater ist die Doppelhaushälfte auch zum Übereignungszeitpunkt noch an den Kläger vermietet gewesen.
Der Selbst-/Eigennutzung der Doppelhaushälfte im Streitjahr 2011 steht nicht entgegen, dass der Kläger seinen Lebensmittelpunkt in M. gehabt hat.
Der Selbst-/Eigennutzung der Doppelhaushälfte im Streitjahr 2011 steht schließlich auch nicht die erst am 31. Januar 2012 getroffene Vereinbarung zwischen dem Kläger und M entgegen.
3. Indizien für einen im Streitjahr endgültig gefassten Entschluss des Klägers für eine dauerhafte Vermietung durch nachweislich ernsthafte und nachhaltige Vermietungsbemühungen, wie z.B. Aufgabe von Inseraten, Beauftragung eines Maklers, liegen im Streitjahr 2011 ebenfalls nicht vor, obwohl das Ende der Umbaumaßnahmen der Doppelhaushälfte absehbar gewesen ist.
Zutreffend hat der Beklagte darauf hingewiesen, dass die Heirat der Kläger, der Hauserwerb A und ihr dortiger Einzug im November des Streitjahres jedenfalls nicht ohne weitere Umstände zu dem Schluss führen, dass damit im Streitjahr der endgültige Entschluss zur Vermietung des vom Kläger bisher selbst genutzten Objekts in D gefasst worden ist. Darüber hinaus ist der Vortrag des Klägers unglaubwürdig, er habe die Klägerin erst im Streitjahr kennengelernt. Zum einen ist die Klägerin seit 1. Dezember 2009 die Vermieterin der vom Kläger genutzten Wohnung in A. Zum anderen hat die Klägerin dem Kläger schon 2009 einen PKW ihrer Firma, der … Personalberatung GmbH, zur Verfügung gestellt.
Eine tatsächliche Vermietung der vom Kläger seit 2009 genutzten Räumlichkeiten von Februar 2012 bis 31. Januar 2014 beweist die Vermietungsabsicht des Klägers nicht. Zum einen hat der Kläger schon selbst nicht vorgetragen, dass die Anbahnung der Vereinbarung mit M im Streitjahr stattgefunden hat. Zum anderen handelt es sich dabei jedenfalls um keine Vermietung auf Dauer.
Gegen eine beabsichtigte dauerhafte Vermietung der frühestens 2012 fertig renovierten und erweiterten Doppelhaushälfte sprechen die Umstände, die zur Vereinbarung mit M geführt haben, nämlich dass unter Beibehaltung der Wohnung des M in F diesem lediglich zwei Zimmer und ein Duschbad im Obergeschoss und Dachgeschoss der Doppelhaushälfte als Rückzugsort für eine „Liaison“ zur Nutzung überlassen wurden (vgl. Angaben des Klägers bei Augenscheinnahme am 1. September 2015), obwohl in der Doppelhaushälfte noch Baustellenbetrieb geherrscht hat. Nach den Angaben des Klägers hat M auch nur bis 31. Januar 2014 die genannten Räumlichkeiten bewohnt. Hinzu kommt, dass es sich um eine nicht abgeschlossene Wohnung ohne Küche gehandelt hat (vgl. Vereinbarung vom 31. Januar 2012).
Auch nach dem 31. Januar 2014 ist die Doppelhaushälfte nicht vermietet worden, obwohl sie nach Augenscheinnahme am 1. September 2015 jedenfalls fertiggestellt gewesen ist. Vielmehr nutzten sie die Kläger im Jahr 2015 -wie die Matratze im Schlafzimmer im Rahmen der Augenscheinnahme zeigt- und nutzen sie die Kläger weiterhin, wie deren ladungsfähige Anschrift zeigt.
Selbst wenn man davon ausgehen würde, dass der Kläger seine Eigennutzung zwischen 2012 und 2015 aufgegeben hat, so ist er innerhalb von fünf Jahren jedenfalls wieder zur Selbstnutzung zurückgekehrt, so dass auch hierin ein weiteres Indiz für eine fehlende Dauervermietungsabsicht zu sehen ist (vgl. BFH-Urteil vom 18. Januar 2006 IX R 18/04, BFH/NV 2006, 1078; Schmidt/Kulosa, EStG, 37. Aufl., § 21 Rz 33).
Gegen eine Vermietungsabsicht spricht im Übrigen der in der mündlichen Verhandlung neu vorgetragene und damit ausgetauschte Lebenssachverhalt, dass es sich bei den Umbauaufwendungen nunmehr um haushaltsnahe Dienstleistungen oder um Handwerkerleistungen i. S. von § 35 a Abs. 3 EStG handeln soll.
4. Ferner hat der Kläger trotz Aufforderung durch das Gericht nicht nachgewiesen, dass die im Streitjahr als vorab entstandene Werbungskosten aus Vermietung und Verpachtung geltend gemachten Aufwendungen vom Kläger bezahlt worden sind.
5. Steuerermäßigungen für haushaltsnahe Dienstleistungen oder Handwerkerleistungen gemäß § 35a Abs. 1 und Abs. 3 EStG setzen gemäß § 35a Abs. 5 Satz 3 EStG u.a. voraus, dass der Steuerpflichtige für die Aufwendungen eine Rechnung erhalten hat und die Zahlung auf das Konto des Erbringers der Leistung erfolgt ist.
Im Streitfall fehlt neben weiteren Voraussetzungen jedenfalls der Nachweis, dass die Aufwendungen auf das Konto des Erbringers erfolgt ist. Die Rechnungen, soweit sie auch Arbeitskosten betreffen, sind zudem an den Vater des Klägers gerichtet.
6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

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