Steuerrecht

Einkünfteerzielungsabsicht bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung

Aktenzeichen  3 K 310/15

Datum:
3.11.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 95833
Gerichtsart:
FG
Gerichtsort:
Nürnberg
Rechtsweg:
Finanzgerichtsbarkeit
Normen:
EStG § 2 Abs. 1 Nr. 6, § 9 Abs. 1 S. 1, § 10d Abs. 1 S. 3, § 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 1

 

Leitsatz

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.

Gründe

Die Klage hat keinen Erfolg.
Die angefochtenen Einkommensteuerbescheide und Bescheide über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Einkommensteuer sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).
Die Klage ist zulässig. Der Kläger kann geltend machen, durch die Einkommensteuerbescheide beschwert zu sein, obwohl diese auf 0 € lauten. Wenn ein Steuerpflichtiger eine höhere Berücksichtigung eines Verlustes erreichen will, muss er nach § 10 d EStG nunmehr den Einkommensteuerbescheid auch dann anfechten, wenn die Steuer auf 0 € festgesetzt wurde (Schmidt/Heinicke, EStG, 35. Auflage § 10 d Rz. 36).
Die Klage ist jedoch unbegründet. Das beklagte Finanzamt hat die geltend gemachten Aufwendungen für das Schloss V zu Recht nicht als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung berücksichtigt, da der Kläger das Vorliegen einer Einkünfteerzielungsabsicht nicht zur Überzeugung des Gerichts darlegen konnte.
1. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 6 EStG i.V.m. § 21 EStG unterliegen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, die der Steuerpflichtige erzielt, der Einkommensteuer. Mit dem Begriff des „Erzielens“ stellt das Gesetz für alle Einkunftsarten einen Zusammenhang her zwischen den Einkünften und der Tätigkeit oder Vermögensnutzung, durch die sie erzielt, das heißt erwirtschaftet werden. Einkünfte werden grundsätzlich durch zielgerichtetes Handeln bzw. zielgerichtete Vermögensnutzung erwirtschaftet. Wesentliches Merkmal der Einkünfteerzielung ist danach die Absicht, durch die Erwerbstätigkeit bzw. Vermögensnutzung auf Dauer gesehen ein positives Ergebnis zu erzielen (Einkünfteerzielungsabsicht). Dementsprechend fällt auch eine Vermietungstätigkeit nur dann unter die Einkunftsart Vermietung und Verpachtung, wenn der Vermieter die Absicht hat, auf Dauer einen Totalüberschuß der Einnahmen über die Werbungskosten zu erwirtschaften; nichtsteuerbare Veräußerungsgewinne bleiben dabei unberücksichtigt (BFH-Urteil vom 30. September 1997 IX R 80/94, BFHE 184, 406, BStBl II 1998, 771).
2. Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG sind Werbungskosten Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung. Sie sind nach § 9 Abs. 1 Satz 2 EStG bei der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung abzuziehen, wenn sie durch sie veranlasst sind (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH- Urteile vom 18. November 1980 VIII R 194/78, BStBl II 1981, 510 und vom 02. März 1993 IX R 69/89, BFH/NV 1993, 532). Dies erfordert, dass der Steuerpflichtige die Absicht hat, auf Dauer aus der betreffenden Einkunftsart -wie hier nach § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG – einen Einnahmeüberschuss zu erzielen. Nach dem Regelungszweck des § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG ist bei einer auf Dauer angelegten Vermietungstätigkeit zu Wohnzwecken grundsätzlich davon auszugehen, dass der Steuerpflichtige beabsichtigt, einen solchen Einnahmeüberschuss zu erwirtschaften (BFH-Urteil vom 30. September 1997 IX R 80/94, BFHE 184, 406, BStBl II 1998, 771).
3. Demgegenüber ist bei Gewerbeimmobilien im Einzelfall festzustellen, ob der Steuerpflichtige beabsichtigt oder beabsichtigt hat, auf die voraussichtliche Dauer der Nutzung einen Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten zu erzielen. Die Feststellung, ob der Steuerpflichtige die Absicht hatte, langfristig Einkünfte aus dem Objekt zu erzielen, ist unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Streitfalls und aus dem Gesamtergebnis der im Verfahren gewonnenen Überzeugung zu treffen (vgl. BFH-Urteil vom 20. Juli 2010 IX R 49/09, BFHE 230, 385, BStBl. II 2010, 1038 m.w.N.; BFH-Urteil vom 16. September 2015 IX R 31/14, BFH/NV 2016, 188). Aufwendungen für eine leer stehende Immobilie können als vorab entstandene Werbungskosten abziehbar sein, wenn der Steuerpflichtige sich endgültig entschlossen hat, daraus durch Vermieten Einkünfte nach § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG zu erzielen und diese Entscheidung später nicht wieder aufgegeben hat. Dieser endgültige Entschluss zu vermieten -die Einkünfteerzielungsabsichtmuss sich anhand ernsthafter und nachhaltiger Vermietungsbemühungen des Steuerpflichtigen belegen lassen (vgl. BFH-Urteil vom 25. Juni 2009 IX R 54/08, BFHE 226, 216, BStBl. II 2010, 124). Der endgültige Entschluss zu vermieten – die Einkünfteerzielungsabsicht – ist eine innere Tatsache, die wie alle sich in der Vorstellung von Menschen abspielenden Vorgänge nur anhand äußerlicher Merkmale beurteilt werden kann. Aus objektiven Umständen muss auf das Vorliegen oder Fehlen der Absicht geschlossen werden. Daher muss sich der endgültige Entschluss des Steuerpflichtigen zur Vermietung anhand objektiver Umstände belegen lassen. Derartige Umstände, aus denen sich der endgültige Entschluss zu vermieten ergibt, sind ernsthafte und nachhaltige Vermietungsbemühungen des Steuerpflichtigen (vgl. BFH-Urteil vom 25. Juni 2009 IX R 54/08, BFHE 226, 216, BStBl. II 2010, 124).
Den Steuerpflichtigen trifft im Zweifel die objektive Beweislast (Feststellungslast) für das Vorliegen der Einkünfteerzielungsabsicht (vgl. BFH-Urteile vom 16. September 2015 IX R 31/14 Rn. 12, BFH/NV 2016, 188; vom 20. Juli 2010 IX R 49/09, BFHE 230, 385, BStBl. II 2010, 1038). Die Einkünfteerzielungsabsicht kann erst nachträglich einsetzen und auch wieder wegfallen. In die Prognoserechnung können auch später eintretende Ereignisse oder Tatsachen einzubeziehen sein.
Zeigt sich aufgrund bislang vergeblicher Vermietungsbemühungen, dass für das Objekt, so wie es baulich gestaltet ist, kein Markt besteht und die Immobilie deshalb nicht vermietbar ist, so muss der Steuerpflichtige will er seine fortbestehende Vermietungsabsicht belegen zielgerichtet darauf hinwirken, unter Umständen auch durch bauliche Umgestaltungen einen vermietbaren Zustand des Objekts zu erreichen. Bleibt er untätig und nimmt den Leerstand auch künftig hin, spricht dieses Verhalten gegen den endgültigen Entschluss zu vermieten oder sollte er bei seinen bisherigen, vergeblichen Vermietungsbemühungen mit Einkünfteerzielungsabsicht gehandelt haben für deren Aufgabe (BFH-Urteile vom 20. Juli 2010 IX R 49/09, BFHE 230, 385, BStBl. II 2010, 1038; vom 25. Juni 2009 IX R 54/08, BFHE 226, 216, BStBl II 2010, 124).
4. Unter Berücksichtigung der vorstehenden Grundsätze konnte der Senat im Streitfall einen ausreichend bestimmten wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen den Aufwendungen und der Einkunftsart der Vermietung nicht feststellen. Der Kläger konnte das Vorliegen einer Einkünfteerzielungsabsicht nicht zur Überzeugung des Gerichts darlegen.
a) Zwischen den Beteiligten ist zu Recht nicht streitig, dass es sich bei dem Schloss um eine Gewerbeimmobilie handelt. In einigen den Streitjahren vorangegangenen Jahren hat der Kläger Einkünfte aus der Vermietung des Objekts mit dem Betrieb eines Restaurants bzw. der Vermietung als Büroräume erzielt und etliche Zimmer des 1. und 2. Obergeschosses sind als Hotelzimmer konzipiert. Damit handelt es sich um eine Gewerbeimmobilie.
b) Es bestanden im Klagezeitraum keine Mietverhältnisse über irgendwelche Räume des Schlosses V. Die mit Mietvertrag vom April 2002 erfolgte Vermietung der Erdgeschossfläche, der Terrasse, des Untergeschosses (Weinkeller) und von Nebengebäuden (Wäscherei, Kühlhaus, Biergarten) des Schlossgebäudes an die GbR C endete mit Jahresende 2007. Dies ergibt sich aus dem Mietvertrag vom April 2002, der keine automatische Verlängerung der Mietzeit vorsieht, aber auch nach den Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung. Dementsprechend machte und macht der Kläger gegenüber der GbR auch nur Mietzinsansprüche bis Ende des Jahres 2007, nicht aber für den Klagezeitraum geltend. Diese von 2002 bis 2007 gastronomisch genutzten Räume wurden seit Jahresanfang 2008 bis zum Tag der mündlichen Verhandlung nicht mehr vermietet. Hinsichtlich der anderen Räume des Schlossgebäudes fand nur bis zum Jahr 2004 eine Vermietung von Büroräumen an die Firma Z statt. Die Hotelräume in den beiden Obergeschossen wurden seit Erwerb des Schlosses bis zum Tag der mündlichen Verhandlung noch nicht vermietet.
c) Die Räume in den beiden Obergeschossen, die nach der Einlassung des Klägers für eine hotelmäßige Nutzung vorgesehen sind, sind zudem bislang für eine entsprechende Vermietung nicht in einem vermietbaren Zustand. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, dass die Hotelzimmer im 1. und 2. Obergeschoss nicht möbliert sind und eine Vermietbarkeit der Hotelzimmer nach überschlägiger Berechnung eine Investition von ca. 5.000 € je Zimmer erfordern würde. Damit hat der Kläger insoweit keine Maßnahmen getroffen, diese Räume in einen vermietbaren Zustand zu versetzen.
d) Der Kläger hat keine Nachweise für ernsthafte und nachhaltige Vermietungsbemühungen der Räume des Schlosses im Klagezeitraum bzw. bis zum Tag der mündlichen Verhandlung dargelegt. Das vorgetragene Vermietungsangebot an Altenheimbetreiber, mobile Pflegedienste, die Immobilienagentur Bayern, die Regierung für Asylbewerber, die Verwaltungsgemeinschaft, eine Hotelschule als Lehrbetrieb, die US Army sowie Gastronomen zur Vermietung ist ohne jeden Beleg. Zwar hat er als Aufwendungen für Annoncen 499 € in 2008, 511 € in 2009, 513 € in 2010, 435 € in 2011 und 573 € in 2012 geltend gemacht, er hat aber nicht nachgewiesen, dass diese Anzeigenschaltung zum Zwecke der Vermietung erfolgte. Ein Zusammenhang mit einer geplanten Vermietung ergibt sich auch nicht aus den für die Jahre 2011 und 2012 vorgelegten Rechnungen des X Verlages oder den Kontoauszügen. Aus diesen Unterlagen ergibt sich nicht der Grund bzw. der Inhalt der Anzeigen. Mit dem Maklerbüro L schloss der Kläger am 05.04.2008 einen Maklerallgemeinauftrag über den Verkauf des Objekts Schloss V. Für einen Maklerauftrag zur Vermietung wurden keine Belege vorgelegt. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Schreiben des Maklers L vom 28.01.2013 an den Kläger, wonach noch kein geeigneter Käufer bzw. Mieter gefunden werden konnte. Das Finanzamt hatte im Rechtsbehelfsverfahren eine Anfrage an das Maklerbüro mit der ausdrücklichen Frage gerichtet, welcher Auftrag bestand. Darauf teilte das Maklerbüro mit Schreiben vom 23.01.2015 mit, dass der Auftraggeber mit der Intention, „einen Käufer für die Immobilie zu suchen“ an sie herangetreten sei und legte den Maklerallgemeinauftrag am 05.04.2008 vor. Damit hat der Makler mit dem Schreiben vom 23.01.2015 das Schreiben vom 28.01.2013 dahin präzisiert, dass er nur damit beauftragt war, einen Käufer zu suchen. Dass der Kläger sich um einen Verkauf des Schlosses und nicht um eine Vermietung bemüht hat, wird durch das Schreiben des früheren Bürgermeisters vom 08.08.2016 bestätigt, der Gespräche über einen Erwerb des Schlosses anführt.
e) Auch die vom Kläger vorgelegten Schreiben vom 20.08.2012 und 30.07.2011 an die beiden „Fernsehköche“ 1 und 2 belegen nicht die erforderlichen Vermietungsbemühungen. Zum einen sind diese Schreiben für die Klagejahre 2008 und 2009 ohne Aussagekraft. Zum anderen ist bereits fraglich, ob der Kläger eine Antwort auf Schreiben an aus Rundfunk und Fernsehen bekannte Personen erwarten darf und ob diese Schreiben damit Belege für effektive, ernsthafte und nachhaltige Vermietungsbemühungen sind. Jedenfalls sind die beiden Schreiben für den mehrjährigen Klagezeitraum und angesichts des langen Zeitraums ohne Mieteinnahmen und der aufgelaufenen negativen Einkünfte i.H.v. ca. 440.000 € von 1996 bis 2012 nicht ausreichend. Schließlich kann die Vermietung der Räume im Erd- und Untergeschoss des Gebäudes bis Ende 2007 an ein Unternehmen, an dem der Kläger selbst beteiligt war, keine Indizwirkung für eine weiter bestehende Nutzungs- und Vermietungsabsicht begründen (vgl. Urteil des Finanzgerichts Nürnberg vom 6. Februar 2013, 5 K 506/11, juris). Dies auch deshalb, weil seit 2006 für diese Vermietung keine Mietzinszahlung mit Ausnahme der aufgrund der Gerichtsurteile im Jahr 2010 geflossenen Teilzahlung erfolgt ist.
f) Aus diesen Umständen wird deutlich, dass der Kläger keine eindeutigen und entscheidenden Planungen und Maßnahmen ergriffen hat, um die Immobilie zur Erzielung von Einkünften in einen verwendungsfähigen Zustand zu versetzen bzw. Vermietungsbemühungen zu entfalten. Die unschlüssige Haltung des Klägers hinsichtlich einer eindeutig bestimmten Verwendung der Immobilie sowie die Verkaufsbemühungen sprechen entscheidend gegen eine endgültige Entschließung zur Erzielung von Einkünften im gesamten Klagezeitraum.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

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