Aktenzeichen 9 K 3275/18
Leitsatz
Es liegen die Voraussetzungen für einen Entlastungsbetrag für Alleinerziehende nach § 24b EStG bei einer Heirat des Steuerpflichtigen im Laufe des VZ und der Wahl zur Zusammenveranlagung nicht vor, auch nicht zeitanteilig nach § 24b IV EStG für die Monate vor der Eheschließung. (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
Gründe
II.
1. Die Klage ist unbegründet. Der Beklagte hat bei beiden Klägern zu Recht keinen Entlastungsbetrag für Alleinerziehende berücksichtigt, da sie im gesamten Streitjahr nicht alleinstehend i.S.d. § 24b Abs. 1 EStG waren.
a) Nach § 24b Abs. 1 EStG können alleinstehende Steuerpflichtige einen Entlastungsbetrag in Höhe von 1.908 € im Kalenderjahr von der Summe der Einkünfte abziehen, wenn zu ihrem Haushalt mindestens ein Kind gehört, für das ihnen ein Freibetrag nach § 32 Abs. 6 EStG oder Kindergeld zusteht. Allein stehend im Sinne des Absatzes 1 der Vorschrift sind gemäß Absatz 3 Satz 1 Steuerpflichtige, die nicht die Voraussetzungen für die Anwendung des Splitting-Verfahrens (§ 26 Abs. 1 EStG) erfüllen oder verwitwet sind und keine Haushaltsgemeinschaft mit einer anderen volljährigen Person bilden, es sei denn, für diese steht ihnen ein Freibetrag nach § 32 Abs. 6 EStG oder Kindergeld zu oder es handelt sich um ein Kind im Sinne des § 63 Abs. 1 Satz 1 EStG, das einen Dienst nach § 32 Absatz 5 Satz 1 Nr. 1 und 2 EStG leistet oder eine Tätigkeit nach § 32 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 EStG ausübt (§ 24b Abs. 3 Satz 1 EStG). Für jeden vollen Kalendermonat, in dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 der Vorschrift nicht vorgelegen haben, ermäßigt sich der Entlastungsbetrag um ein Zwölftel (§ 24b Abs. 4 EStG).
Unbeschränkt einkommensteuerpflichtige und nicht dauernd getrenntlebende Ehegatten, bei denen diese Voraussetzungen zu Beginn des Veranlagungszeitraums vorgelegen haben oder, wie im Streitfall, im Laufe des Veranlagungszeitraums eingetreten sind, haben nach § 26 Abs. 1 EStG das Recht zur Wahl der Zusammenveranlagung (§ 26b EStG) oder der getrennten Veranlagung (§ 26a EStG).
Nach Auffassung der Verwaltung (Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 23. Oktober 2017 IV C 8-S. 2265-a/14/10005, BStBl I 2017, 1432, Rz. 5, 25) und der Kommentarliteratur (z.B. Schmidt/Loschelder EStG, § 24b Rz. 17) kommt es für die Frage, ob der Steuerpflichtige die Voraussetzungen für die Anwendung des Splittingverfahrens i.S.d. § 24b Abs. 3 Satz 1 EStG erfüllt, allein darauf an, ob er die in § 26 Abs. 1 EStG genannten Voraussetzungen zu irgendeinem Zeitpunkt im Veranlagungszeitraum erfüllt. Unabhängig von der tatsächlichen Wahl dieser Veranlagungsart ist daher im Jahr der Eheschließung auch eine zeitanteilige Inanspruchnahme des Entlastungsbetrages nicht möglich. Wie der Bundesfinanzhof (- BFH – Urteil vom 05. November 2015 III R 17/14, BFH/NV 2016, 548) für den Fall der – nur noch bis 2011 nach § 26c EStG möglichen – Wahl der besonderen Veranlagung für den Veranlagungszeitraum der Eheschließung entschieden hat, sind die Voraussetzungen für die Anwendung des Splittingverfahrens i.S.d. § 24b Abs. 3 Satz 1 EStG jedoch nicht schon dann erfüllt, wenn die Möglichkeit zur Wahl dieser Veranlagungsart bestanden hätte, sondern erst, wenn der Steuerpflichtige sie tatsächlich gewählt hat.
b) Danach erfüllten die Kläger im Streitjahr die Voraussetzungen für die Anwendung des Splitting-Verfahrens i.S.d. § 24b Abs. 3 Satz 1 EStG jedenfalls deshalb, weil sie sich für die Zusammenveranlagung (§ 26b EStG) entschieden haben.
Wegen der Wahl dieser Veranlagungsart werden sie so behandelt, als ob die Ehe im gesamten Streitjahr bestanden hätte. Aufgrund dieser Fiktion sind die Voraussetzungen für die Anwendung des Splitting-Verfahrens nicht nur für die ab der Eheschließung, sondern für die von den Klägern im ganzen Jahr erzielten Einkünfte erfüllt. Die Kläger gelten daher unabhängig davon, dass die Ehe erst im Dezember 2015 geschlossen wurde, gemäß § 24b Abs. 3 Satz 1 EStG in keinem Kalendermonat des Streitjahres als alleinstehend mit der Folge, dass ihnen auch kein nach Maßgabe des § 24b Abs. 4 EStG ermäßigter Entlastungsbetrag zusteht (ebenso: Selder in: Blümich Einkommensteuergesetz, Körperschaftsteuergesetz, Gewerbesteuergesetz, § 24b EStG Rz. 27; Jachmann/Henschler in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 24b Rz. D 3).
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO).