Aktenzeichen B 4 K 15.539
GStG § 34 Abs. 1
Leitsatz
Ist eine Ertragsminderung nach § 33 Abs. 1 GrStG durch einen Leerstand des Objekts bedingt, so hat der Steuerpflichtige die Ertragsminderung dann nicht zu vertreten, wenn er sich nachhaltig um eine Vermietung der Räumlichkeiten zu einem marktgerechten Mietzins bemüht hat. Dies ist jeweils unter den gegebenen Umständen zu prüfen, wobei es auf die Verhältnisse des Erlasszeitraumes ankommt. Im Einzelnen können etwa der Objektcharakter, der Objektwert, die angesprochene Marktstruktur bzw. das angesprochene Marktsegment sowie die Marktsituation vor Ort berücksichtigt werden. (Rn. 14) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
1. Die zulässige Klage ist nicht begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 25.06.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Landratsamts H. vom 30.06.2015 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erlass der Grundsteuer für das Jahr 2013 in Höhe von 25 Prozent (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
Gemäß § 33 Abs. 1 Sätze 1 und 2 GrStG wird die Grundsteuer in Höhe von 25 Prozent erlassen, wenn bei bebauten Grundstücken der normale Rohertrag des Steuergegenstandes um mehr als 50 Prozent gemindert ist und der Steuerschuldner die Minderung des Rohertrags nicht zu vertreten hat. Normaler Rohertrag ist gemäß § 33 Abs. 1 Satz 4 Nr. 2 GrStG bei bebauten Grundstücken die nach den Verhältnissen zu Beginn des Erlasszeitraums geschätzte übliche Jahresrohmiete. Gemäß § 34 Abs. 1 GrStG wird der Erlass jeweils nach Ablauf eines Kalenderjahres für die Grundsteuer ausgesprochen, die für das Kalenderjahr festgesetzt worden ist (Erlasszeitraum), wobei für die Entscheidung über den Erlass die Verhältnisse des Erlasszeitraums maßgeblich sind.
Ein Steuerpflichtiger hat eine Ertragsminderung zu vertreten, wenn er selbst durch ein ihm zurechenbares Verhalten die Ursache für die Ertragsminderung herbeigeführt oder es unterlassen hat, den Eintritt der Ertragsminderung durch solche geeigneten Maßnahmen zu verhindern, die von ihm erwartet werden konnten. Ist die Ertragsminderung durch einen Leerstand des Objekts bedingt, so hat der Steuerpflichtige die Ertragsminderung dann nicht zu vertreten, wenn er sich nachhaltig um eine Vermietung der Räumlichkeiten zu einem marktgerechten Mietzins bemüht hat. Ob der Steuerpflichtige nachhaltige Vermietungsbemühungen unternommen hat, ist jeweils unter den gegebenen Umständen zu prüfen, wobei es auf die Verhältnisse des Erlasszeitraumes ankommt. Im Einzelnen können etwa der Objektcharakter, der Objektwert, die angesprochene Marktstruktur bzw. das angesprochene Marktsegment sowie die Marktsituation vor Ort berücksichtigt werden. Der Steuerpflichtige ist nach § 90 Abs. 1 AO zur Mitwirkung bei der Ermittlung des Sachverhalts verpflichtet; er hat insbesondere die für die Besteuerung erheblichen Tatsachen vollständig und wahrheitsgemäß offenzulegen und die ihm bekannten Beweismittel anzugeben (BVerwG, Urteil vom 25.06.2008 – 9 C 8/07 Rn. 18; Beschluss vom 22.01.2014 – 9 B 56/13 Rn. 6; Beschluss vom 03.12.2014 – 9 B 73/14 Rn. 4).
Diese Mitwirkungspflicht hat die Klägerin nicht in ausreichendem Maße erfüllt.
Die im behördlichen Verfahren vorgelegte Auflistung vom 23.05.2014 über die im Laufe des Jahres 2013 unternommenen Vermietungsbemühungen ist hinsichtlich der Vororttermine mit Mietinteressenten wenig aussagekräftig. Sie beinhaltet im Wesentlichen nur Angaben zu Datum, Uhrzeit und dem Gesprächspartner bzw. der Firma, mit dem/der ein Termin stattfand. Von den aufgelisteten über 30 auf das Jahr 2013 verteilten Terminen fanden allein elf mit der R. AG statt, die ab 01.06.2013 ca. 1.200 m² Hallenfläche angemietet hat. Bei den vier Gesprächen nach diesem Vertragsschluss lässt sich nicht erkennen, ob ihnen ein Interesse der R. AG an der Anmietung weiterer Flächen zugrunde lag oder ob nur Modalitäten des bereits abgeschlossenen Mietverhältnisses Gegenstand waren. Auch die so bezeichneten „diversen Termine“ geben keinen konkreten Aufschluss über ernsthafte Vermietungsbemühungen.
Obwohl das Gericht in der Ladung und in einem Telefongespräch mit dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin darauf hingewiesen hat, dass es Wert darauf legt, den Verwalter/Geschäftsführer in der mündlichen Verhandlung zu Einzelheiten seiner Vermietungsbemühungen zu befragen, erschien für die Klägerin nur ein kurzfristig beauftragter Rechtsanwalt in Untervollmacht, der nicht über nähere Erkenntnisse verfügte. Abgesehen davon, dass dies auf ein geringes Interesses an einem Prozesserfolg schließen lässt, konnte das Gericht deshalb auch nicht weiter aufklären, wie der Geschäftsführer auf die Mietinteressenten aufmerksam geworden ist, woran Vermietungen gescheitet sind (z. B. Preis; nicht den Anforderungen entsprechendes Mietsobjekt), warum keine Inserate in den Printmedien veröffentlicht wurden, warum kein professioneller Makler beauftragt und das Objekt erst so spät und nur für wenige Wochen im Internet angeboten wurde. All diese Unklarheiten gehen zulasten der darlegungspflichtigen Klägerin. Das Gericht konnte aufgrund der Aktenlage und der mündlichen Verhandlung jedenfalls nicht die Überzeugung gewinnen, dass die Bemühungen des Geschäftsführers so umfassend und ausreichend waren, dass es entbehrlich war, darüber hinaus ein Maklerbüro einzuschalten oder regelmäßig Inserate in (Fach) Zeitungen aufzugeben, bzw. die leerstehenden Immobilien durchgängig in Internetsuchportalen anzubieten.
Soweit geltend gemacht wird, dass Teilflächen erst in einen vermietbaren Zustand gebracht werden mussten, rechtfertigt auch dies keinen Grundsteuererlass. Einem Objekt, das aufgrund seines mangelhaften Zustandes nicht vermietbar ist, kommt kein „normaler Rohertrag“ i. S. d. § 33 Abs. 1 Satz 1 GrStG zu. Es ist Sache des Eigentümers, ein Grundstück mit Baumängeln oder sanierungsbedürftigen Gebäuden in einen Zustand zu versetzen, mit dem ein Ertrag erwirtschaftet werden kann. Ansonsten hat er die Ertragsminderung zu vertreten.
Nach alledem ist davon auszugehen, dass die Klägerin die Ertragsminderung des Objekts von mehr als 50% im Erlasszeitraum 2013 mangels nachhaltiger Vermietungsbemühungen zu vertreten hat.
2. Die Klage ist daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO, wonach der unterliegende Teil die Kosten des Verfahrens trägt, abzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 11 ZPO.