Steuerrecht

Grundsteuererlass wegen Minderung des normalen Rohertrages

Aktenzeichen  B 4 K 15.845

Datum:
29.6.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Bayreuth
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GrStG GrStG § 33
AO AO § 90 Abs. 1

 

Leitsatz

1 Die Ermittlung der Minderung des normalen Rohertrags für den Grundsteuererlass erfordert in den Fällen des § 33 Abs. 1 S. 4 Nr. 2 GrStG die Gegenüberstellung des vom Antragsteller erzielten Ertrages und des üblichen Ertrages von Objekten vergleichbarer Beschaffenheit. Gibt es keine vergleichbaren Objekte, die einen Ertrag erbringen, ist davon auszugehen, dass für Objekte dieser Beschaffenheit eine Jahresrohmiete von 0,00 EUR üblich ist und deshalb keine Ertragsminderung im Sinne des § 33 GrStG vorliegt, wenn der Antragsteller auch keinen Rohertrag erzielt. (redaktioneller Leitsatz)
2 Ein Steuerpflichtiger hat die Ertragsminderung bei Leerstand eines Objektes zu vertreten, wenn er sich nicht nachhaltig um die Vermietung der Räumlichkeiten bemüht. Von mangelnden Vermietungsbemühungen ist auszugehen, wenn der Steuerpflichtige es trotz seiner Pflicht zur Mitwirkung bei der Ermittlung des Sachverhalts (§ 90 Abs. 1 AO) unterlässt, mit der Klage seine Vermietungsbemühungen substantiiert darzulegen. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

1. Die zulässige Klage ist nicht begründet. Die Verpflichtung der Beklagten, der Klägerin die Grundsteuer für das Jahr 2013 in Höhe von 50 Prozent zu erlassen, ist gemäß § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO nicht auszusprechen, weil die Ablehnung des Erlassantrages rechtmäßig und die Klägerin dadurch nicht in ihren Rechten verletzt ist.
Gemäß § 33 Abs. 1 Sätze 1 und 2 GrStG wird die Grundsteuer in Höhe von 25 Prozent erlassen, wenn bei bebauten Grundstücken der normale Rohertrag des Steuergegenstandes um mehr als 50 Prozent gemindert ist und der Steuerschuldner die Minderung des Rohertrags nicht zu vertreten hat; beträgt die Minderung des normalen Rohertrags 100 Prozent, ist die Grundsteuer in Höhe von 50 Prozent zu erlassen. Normaler Rohertrag ist gemäß § 33 Abs. 1 Satz 4 Nr. 2 GrStG bei bebauten Grundstücken die nach den Verhältnissen zu Beginn des Erlasszeitraums geschätzte übliche Jahresrohmiete. Gemäß § 34 Abs. 1 GrStG wird der Erlass jeweils nach Ablauf eines Kalenderjahres für die Grundsteuer ausgesprochen, die für das Kalenderjahr festgesetzt worden ist (Erlasszeitraum), wobei für die Entscheidung über den Erlass die Verhältnisse des Erlasszeitraums maßgeblich sind.
Für den streitgegenständlichen Erlasszeitraum 2013 fehlt es bereits an einer Ertragsminderung im Sinne des § 33 GrStG. Würde man eine solche unterstellen, wäre davon auszugehen, dass die Klägerin sie zu vertreten hat.
a) Zwar scheitert der beantragte Grundsteuererlass nicht daran, dass die Ertragslosigkeit des Objektes der Klägerin möglicherweise auf strukturellen Gegebenheiten beruht und nicht nur vorübergehender Natur ist. Insoweit hat sich das Bundesverwaltungsgericht in einer Grundsatzentscheidung vom 24.04.2007 der Auffassung des Bundesfinanzhofs angeschlossen, dass ein Grundsteuerlass gemäß § 33 Abs. 1 GrStG nicht nur bei atypischen und vorübergehenden Ertragsminderungen in Betracht kommt, sondern auch strukturell bedingte Ertragsminderungen von nicht nur vorübergehender Natur erfassen kann (BVerwG, Beschluss vom 24.04.2007 – GmS-OGB 1/07 ). Damit sind alle Differenzierungen nach typischen oder atypischen, nach strukturell bedingten oder nicht strukturell bedingten, nach vorübergehenden oder nicht vorübergehenden Ertragsminderungen und nach den verschiedenen Möglichkeiten, diese Merkmale zu kombinieren, hinfällig (BFH, Urteil vom 24.10.2007 – II R 5/05 Rn. 13).
Allein der Umstand, dass der Rohertrag des streitgegenständlichen Objekts im Erlasszeitraum 2013 0,00 EUR betrug, rechtfertigt aber noch nicht die Annahme einer Ertragsminderung um 100 Prozent. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts erfordert die Ermittlung der Minderung des normalen Rohertrags in den Fällen des § 33 Abs. 1 Satz 4 Nr. 2 GrStG die Gegenüberstellung des von der Klägerin erzielten Ertrages und des an Ertrag „Üblichen“ („nach den Verhältnissen zu Beginn des Erlasszeitraums geschätzte übliche Jahresrohmiete“), wobei § 33 GrStG mit dem „Üblichen“ auf das abhebt, was Objekte vergleichbarer Beschaffenheit an Ertrag bringen. Gefordert ist ein Vergleich mit „anderen“ (BVerwG, Urteil vom 25.06.2008 – 9 C 8/07 Rn. 15).
Die Klägerin hat in ihrer Klagebegründung zunächst eingeräumt, dass es angesichts der Größe und Beschaffenheit des streitgegenständlichen Objektes nichts Vergleichbares in der Region gibt. Soweit dann doch zwei Objekte benannt werden, fehlen Angaben zur Vergleichbarkeit, es liegt jedoch auf der Hand, dass das in einer völlig anderen Gegend Oberfrankens, der Gemeinde … südlich von …, gelegene Schloss … und die nicht in Verpachtung, sondern in Eigenregie betriebene …-mühle nicht vergleichbar sind. Fehl geht die Auffassung der Klägerin, in diesem Fall sei die zitierte Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht einschlägig, da keine Minderung zu ermitteln sei, sondern ein Ertragstotalausfall im Jahre 2013 vorliege. Vielmehr rechtfertigt der Umstand, dass es kein vergleichbares Objekt, das einen Ertrag bringt, gibt, die Schlussfolgerung, dass für Objekte dieser Beschaffenheit eine Jahresrohmiete von 0,00 EUR üblich ist und deshalb keine Ertragsminderung im Sinne des § 33 GrStG vorliegt, wenn auch die Klägerin nur einen Rohertrag von 0,00 EUR erzielt hat.
b) Davon abgesehen wäre – eine Minderung des Rohertrags im Sinne des § 33 GrStG unterstellt – davon auszugehen, dass die Klägerin diese zu vertreten hat.
Ein Steuerpflichtiger hat eine Ertragsminderung zu vertreten, wenn er selbst durch ein ihm zurechenbares Verhalten die Ursache für die Ertragsminderung herbeigeführt oder es unterlassen hat, den Eintritt der Ertragsminderung durch solche geeigneten Maßnahmen zu verhindern, die von ihm erwartet werden konnten. Ist die Ertragsminderung durch einen Leerstand des Objekts bedingt, so hat der Steuerpflichtige die Ertragsminderung dann nicht zu vertreten, wenn er sich nachhaltig um eine Vermietung der Räumlichkeiten zu einem marktgerechten Mietzins bemüht hat. Ob der Steuerpflichtige nachhaltige Vermietungsbemühungen unternommen hat, ist jeweils unter den gegebenen Umständen zu prüfen, wobei es auf die Verhältnisse des Erlasszeitraumes ankommt. Im Einzelnen können etwa der Objektcharakter, der Objektwert, die angesprochene Marktstruktur bzw. das angesprochene Marktsegment sowie die Marktsituation vor Ort berücksichtigt werden. Der Steuerpflichtige ist nach § 90 Abs. 1 AO zur Mitwirkung bei der Ermittlung des Sachverhalts verpflichtet; er hat insbesondere die für die Besteuerung erheblichen Tatsachen vollständig und wahrheitsgemäß offenzulegen und die ihm bekannten Beweismittel anzugeben (BVerwG, Urteil vom 25.06.2008 – 9 C 8/07 Rn. 18; Beschluss vom 22.01.2014 – 9 B 56/13 Rn. 6; Beschluss vom 03.12.2014 – 9 B 73/14 Rn. 4).
Diese Mitwirkungspflicht hat die Klägerin nicht erfüllt. Die Klagebegründung vom 15.06.2016 ist zwar auf den ersten Blick sehr umfangreich, bei genauerem Hinsehen zeigt sich aber, dass keine der aufgeführten Vermietungs-/Verpachtungsbemühungen, soweit sie überhaupt den Erlasszeitraum 2013 betreffen, substantiiert dargelegt wurde. Ganz überwiegend fehlen Angaben, wer wann konkret im Wege einer Kaltakquise oder auf Gesuche in der AGHZ von den beauftragten Maklerbüros bzw. von der Klägerin selbst kontaktiert wurde. Bezüglich der Pachtzusage eines Kochs aus … fehlen Angaben, wann und zu welchen Konditionen (marktgerechter Mietzins?) dieses Pachtverhältnis hätte zustande kommen sollen. Fortlaufende Zeitungsinserate, die im Jahr 2013 offensichtlich unterblieben sind, sind zumutbar und geboten, weil nicht auszuschließen ist, dass ein neuer Interessent die Annonce erstmals liest. Der Vortrag der Beklagten, im Internet sei das Objekt erst seit Dezember 2013 zur Miete, vorher nur zum Kauf angeboten worden, wird bestritten, es werden aber keine Internetausdrucke aus dem Jahr 2013 vorgelegt, die das Gegenteil beweisen. Soweit auch Verkaufsbemühungen erwähnt werden, sind diese nicht maßgeblich, weil sie die Rohertragsminderung nicht unmittelbar vermeiden können (VG München, Urteil vom 23.07.2009 – M 10 K 08.3415 Rn. 53). Die Einvernahme der zahlreichen benannten Zeugen zur Erforschung des von der Klägerin nur oberflächlich vorgetragenen Sachverhalts war nicht geboten, um dem Amtsermittlungsgrundsatz gemäß § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO zu genügen, weil die Klägerin ihrer vorrangig bestehenden Substantiierungspflicht nicht nachgekommen ist.
Nach alledem ist davon auszugehen, dass die Klägerin die Ertragslosigkeit des Objekts im Erlasszeitraum 2013 mangels nachhaltiger Vermietungsbemühungen zu vertreten hat.
2. Die Klage ist daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO, wonach der unterliegende Teil die Kosten des Verfahrens trägt, abzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 11 ZPO.

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