Steuerrecht

(Im Wesentlichen inhaltsgleich mit BFH-Urteil vom 11.12.2012 IX R 14/12 – Einkünfteerzielungsabsicht bei langjährigem Leerstand von Wohnungen)

Aktenzeichen  IX R 39/11

Datum:
11.12.2012
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
BFH
Dokumenttyp:
Urteil
Normen:
§ 9 Abs 1 S 1 EStG 2002
§ 9 Abs 1 S 2 EStG 2002
§ 21 Abs 1 S 1 Nr 1 EStG 2002
Spruchkörper:
9. Senat

Leitsatz

1. NV: Aufwendungen für eine Wohnung, die nach vorheriger (auf Dauer angelegter) Vermietung leersteht, können auch während der Zeit des Leerstands als Werbungskosten abgezogen werden, solange der Steuerpflichtige den ursprünglichen Entschluss zur Einkünfteerzielung im Zusammenhang mit dem Leerstand der Wohnung nicht endgültig aufgegeben hat.  
2. NV: Von einer endgültigen Aufgabe der Einkünfteerzielungsabsicht darf im Einzelfall ausgegangen werden, wenn sich der Steuerpflichtige nicht (mehr) ernsthaft und nachhaltig um eine Vermietung bemüht.

Verfahrensgang

vorgehend Finanzgericht Rheinland-Pfalz, 14. April 2011, Az: 3 K 2206/08, Urteil

Tatbestand

1
I. Der verheiratete Kläger und Revisionskläger (Kläger) wurde in den Streitjahren (2002 und 2006) getrennt von seiner Ehefrau zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger und seine Ehefrau sind je hälftig Eigentümer eines Zweifamilienhauses, in dem sich die von ihnen selbstgenutzte Wohnung mit einer Wohnfläche von 125 qm sowie eine Einliegerwohnung mit einer Wohnfläche von 68 qm befinden. Die Einliegerwohnung war seit 1981 bis zum Jahr 2001 –mit einigen zeitlichen Unterbrechungen, jedoch insgesamt über einen Zeitraum von rund 16 Jahren– an fremde Dritte vermietet. Zum 1. Juli 2001 kündigte die letzte Mieterin das Mietverhältnis aus beruflichen Gründen; seit diesem Zeitpunkt steht die Einliegerwohnung leer.
2
Der Kläger machte in seiner Einkommensteuererklärung für 2002 einen Werbungskostenüberschuss bei seinen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung betreffend die Einliegerwohnung in Höhe von 2.039 € geltend; für 2006 betrug der Werbungskostenüberschuss aus Vermietung und Verpachtung der Einliegerwohnung 1.610 €. Auch in den dazwischenliegenden Jahren 2003 bis 2005 machten der Kläger und seine Ehefrau Werbungskostenüberschüsse bezüglich dieses Objekts geltend.
3
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt –FA–) berücksichtigte zunächst den geltend gemachten Werbungskostenüberschuss für 2002 gemäß § 165 der Abgabenordnung vorläufig. Im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung für 2005 gaben der Kläger und seine Ehefrau auf Nachfrage des FA an, eine Vermietung der Einliegerwohnung sei nach wie vor beabsichtigt, jedoch sei es bisher nicht gelungen, einen geeigneten Mieter zu finden; im Falle der Anerkennung der erklärten Werbungskostenüberschüsse sei man bereit, „die Vermietungsabsicht für die Zukunft aufzugeben“. Mit geänderten Einkommensteuerbescheiden für 2002 und 2006 erkannte das FA daraufhin die Werbungskostenüberschüsse betreffend die Einliegerwohnung in den Streitjahren mangels Einkünfteerzielungsabsicht nicht mehr an. Die Einsprüche des Klägers hatten keinen Erfolg.
4
Die hiergegen gerichtete Klage, mit der der Kläger die Berücksichtigung der geltend gemachten Werbungskostenüberschüsse bei seinen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung weiterverfolgte, wies das Finanzgericht (FG) als unbegründet ab. Im Streitfall lasse sich nicht feststellen, dass hinsichtlich der Einliegerwohnung eine Vermietungsabsicht bestanden habe. Die lange Dauer des Leerstands seit Juli 2001 lasse nach der Lebenserfahrung vielmehr vermuten, dass den Eheleuten nicht ernsthaft an einer Vermietung der Wohnung gelegen sei. Eine fortbestehende Einkünfteerzielungsabsicht folge insbesondere nicht aus der vorangegangenen Vermietung der Wohnung; die darüber hinaus gemachten Angaben des Klägers über seine Vermietungsbemühungen seien zu vage und unbestimmt, um als ernsthaft gelten zu können. Auch hätten die Eheleute ihre Bemühungen, die vorgeblich darin bestanden hätten, die Wohnung im Bekanntenkreis sowie bei Firmen und Institutionen zur Vermietung anzubieten, über den Leerstandszeitraum von immerhin mehr als fünf Jahren nicht gesteigert. Überdies hätten sie keine Beweisvorsorge dafür getroffen, ihre angeblichen Bemühungen glaubhaft zu machen. Die geltend gemachten krankheitsbedingten gesundheitlichen Einschränkungen der Eheleute führten im Übrigen nicht dazu, dass weitergehende Nachweise über das Bestehen der Einkünfteerzielungsabsicht nicht verlangt werden könnten.
5
Mit seiner Revision verfolgt der Kläger sein Ziel, die geltend gemachten Werbungskostenüberschüsse aus Vermietung und Verpachtung für die im eigenen Haus gelegene Einliegerwohnung anerkannt zu bekommen, weiter. Er vertritt die Auffassung, das FG habe zu Unrecht nicht geprüft, ob er seine mit Eintritt des Leerstands wegen der vorherigen, auf Dauer angelegten Vermietung grundsätzlich fortdauernde Einkünfteerzielungsabsicht endgültig aufgegeben hätte. Vielmehr sei das FG zu Unrecht davon ausgegangen, dass eine solche Einkünfteerzielungsabsicht über den Zeitpunkt des Beginns des Leerstands hinaus gar nicht fortbestehe. Tatsächlich hätten sie, die Eheleute, ihre Absicht, das Objekt weiter zu vermieten, zu keinem Zeitpunkt aufgegeben. Auch wenn sie ihre mündlichen Werbemaßnahmen bei Bekannten sowie bei Firmen und Institutionen nicht im Einzelnen nachweisen könnten, hätten sie doch jedenfalls in den Jahren 2007 und 2011 Annoncen im X-Anzeiger, in der Y-Zeitung sowie 2011 auch im Internet geschaltet, ohne dass hierauf eine irgendwie geartete Resonanz festzustellen gewesen wäre. Das mangelnde Interesse an dem angebotenen Objekt beruhe auf einem strukturellen Überangebot von vergleichbaren Immobilien in der Region, welches auch durch entsprechende, im finanzgerichtlichen Verfahren vorgelegte Statistiken belegt werde.
6
Der Kläger beantragt,das angefochtene Urteil des FG vom 14. April 2011 aufzuheben und die Einkommensteuerbescheide für 2002 vom 8. Juni 2007 und für 2006 vom 3. Januar 2008 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 30. Juli 2008 dahin zu ändern, dass ein Werbungskostenüberschuss aus der Vermietung der Einliegerwohnung in Höhe von 2.038 € (für 2002) und 1.610 € (für 2006) berücksichtigt wird,hilfsweise, die Sache an das FG zurückzuverweisen.
7
Das FA beantragt,die Revision zurückzuweisen.
8
Das FG sei zu Recht davon ausgegangen, dass der Kläger seine Einkünfteerzielungsabsicht hinsichtlich der Einliegerwohnung in den Streitjahren endgültig aufgegeben habe. Die Eheleute hätten keine geeigneten und ausreichenden Maßnahmen ergriffen, um das Objekt zu vermieten; ihre Untätigkeit spreche gegen das Bestehen einer Einkünfteerzielungsabsicht. Einer ausdrücklichen Aufgabeerklärung bedürfe es insoweit nicht. Ernsthafte und nachhaltige Vermietungsbemühungen müssten auch dann im Rahmen der Feststellungslast vom Steuerpflichtigen belegt werden, wenn bei Wohnungen –wie im Streitfall– ein Überangebot bestehe.

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