Aktenzeichen 1 K 1550/17
AO § 174 Abs. 4
InvStG § 8 Abs. 1 S. 3
HGB § 253 Abs. 3 S. 5
Leitsatz
1. Der Begriff des “bestimmten Sachverhalts” ist nicht periodenbezogen einschränkend auszulegen. Als “bestimmter Sachverhalt” iSd § 174 IV AO ist daher auch das Halten einer Beteiligung und die damit einhergehende Erzielung von Einnahmen über mehrere Jahre anzusehen. Die “richtigen steuerlichen Folgerungen” sind dabei ohne Rücksicht auf die Steuerart, den Steuerpflichtigen oder den Besteuerungszeitraum zu ziehen. (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Änderungen zu Ungunsten des Steuerpflichtigen gem. § 174 IV AO können nur Anpassungen erfassen, die sich aus dem Sachverhalt, nicht aber aus den steuerlichen Folgen dieses Sachverhalts ergeben. Das setzt objektiv, eine unzutreffende rechtliche Würdigung des in Frage stehenden Tatsachenkomplexes durch die für den Erlass des inzwischen korrigierten Steuerbescheids zuständige Finanzbehörde voraus. (redaktioneller Leitsatz)
3. Nach dem Sinn und Zweck des § 174 IV AO ist das Finanzamt nicht nur dann zum Erlass eines Änderungsbescheids berechtigt, wenn ein Steuerbescheid aufgrund eines materiellen Rechtsfehlers von Anfang an rechtswidrig war, sondern auch dann, wenn er erst im Rechtsbehelfsverfahren aufgrund einer Wahlrechtsausübung rechtswidrig wurde. (redaktioneller Leitsatz)
4. § 43 XVIII KAGG idF des Korb II-Gesetzes vom 22.12.2003 entfaltet keine verfassungsrechtlich unzulässige Rückwirkung, soweit er die Anwendung des § 40a I 2 KAGG idF des Korb II-Gesetzes für den VZ 2003 anordnet, da der Veranlagungszeitraum 2003 im Zeitpunkt der Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt noch nicht abgelaufen war. (redaktioneller Leitsatz)
5. Für alle noch nicht bestandkräftigen Veranlagungen vor dem VZ 2003 entfaltet die Anwendungsregel des § 43 XVIII KAGG eine verfassungswidrige echte Rückwirkung, soweit die Vorschrift Festsetzungen für diese Veranlagungszeiträume umfasst, die noch nicht bestandskräftig sind (vgl. BVerfG 1 BvL 5/08 v 17.12.2013). (redaktioneller Leitsatz)
6. Eine Hinzurechnung gem. § 40a I 2 KAGG iVm § 8b II und III KStG im Jahr 2003 darf nicht vorgenommen werden, wenn die Gewinnminderung aufgrund eines niedrigeren Teilwertansatzes nicht auf die Wertentwicklung der Beteiligung des Spezialfonds an Kapitalgesellschaften zurückgeht, deren Leistungen beim Empfänger zu Einnahmen iSd § 20 I Nr. 1 EStG gehören. (redaktioneller Leitsatz)
7. Die Hinzurechnungen im Jahr 2004 gem. § 8b III 3 KStG sind materiell rechtswidrig erfolgt, weil das Finanzamt den negativen Anleger-Aktiengewinn berücksichtigt hat, ohne die auf die Jahre 2001 und 2002 entfallenden negativen Aktiengewinne durch einen entsprechenden Korrekturposten zu korrigieren (wird näher ausgeführt). (redaktioneller Leitsatz)
8. § 8 III 4 InvStG kann nicht dahingehend ausgelegt werden, dass die Berichtigung nicht nur hinsichtlich des vorangegangenen Wirtschaftsjahrs zu erfolgen hat, soweit sich der Aktiengewinn auf den Bilanzansatz ausgewirkt hat, sondern auch hinsichtlich der Jahre 2001 und 2002, in denen das KAGG noch keine Hinzurechnung vorsah. (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
1. Unter Abänderung des Körperschaftsteuerbescheids 2003 vom 14.09.2018 und des Körperschaftsteuerbescheids 2004, des Gewerbesteuermessbescheids 2004 sowie des Bescheids über die Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlusts auf den 31.12.2003, jeweils vom 08.05.2017 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 15.11.2017 wird die Körperschaftsteuer 2003 auf … €, die Körperschaftsteuer 2004 auf … €, der Gewerbesteuermessbetrag 2004 auf … € festgesetzt und der vortragsfähige Gewerbeverlust auf den 31.12.2003 auf … € festgestellt.
2. Die Kosten des Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.
3. Das Urteil ist wegen der zu erstattenden Aufwendungen der Klägerin vorläufig vollstreckbar. Das Finanzamt darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Aufwendungen der Klägerin die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
4. Die Revision wird zugelassen.
Gründe
Die Klage ist begründet. Das Finanzamt hat im Ergebnis zu Unrecht Hinzurechnungen im Jahr 2003 gem. § 8b Abs. 2 und 3 KStG in Höhe von 143.965 € und im Jahr 2004 gem. § 8 b Abs. 3 Satz 3 KStG in Höhe von 3.887.256 € vorgenommen.
1. Die Voraussetzungen für eine Änderung der Steuerbescheide gem. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO liegen in den Streitjahren vor. Das Finanzamt war zur Bilanzanpassung hinsichtlich Fonds I und Fonds II berechtigt.
1.1. Ein Steuerbescheid ist gem. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO zu erlassen, aufzuheben oder zu ändern, soweit ein Ereignis eintritt, das steuerliche Wirkung für die Vergangenheit hat (rückwirkendes Ereignis). In den Fällen des Satzes 1 Nr. 2 beginnt die Festsetzungsfrist mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem das Ereignis eintritt (§ 175 Abs. 1 Satz 2 AO).
Die Änderungsvorschrift setzt voraus, dass das Ereignis nachträglich eingetreten und (nachträglich) bekannt geworden ist.
Ein rückwirkendes Ereignis liegt vor, wenn der nach dem Steuertatbestand rechtserhebliche Sachverhalt sich später anders gestaltet und sich steuerlich in der Weise in die Vergangenheit auswirkt, dass nunmehr der veränderte anstelle des zuvor verwirklichten Sachverhalts der Besteuerung zugrunde zu legen ist (Beschluss des Großen Senats des BFH vom 19.07.1993 GrS 2/92, BStBl II 1993, 897, unter C.II.1.b; BFH-Urteil vom 19.01.2017 III R 28/14, BStBl II 2017, 743, Rn. 29). Dagegen genügt eine andere rechtliche Beurteilung des unverändert bleibenden Sachverhalts insoweit nicht. Ob einer nachträglichen Änderung des Sachverhalts rückwirkende steuerliche Bedeutung zukommt, also bereits eingetretene steuerliche Rechtsfolgen mit Wirkung für die Vergangenheit sich ändern oder vollständig entfallen, ist den Normen des materiellen Steuerrechts zu entnehmen (BFH-Urteil vom 26.07.2012 III R 72/10, BStBl II 2013, 670, Rz 9, m.w.N.).
Unter einem Ereignis ist für den Anwendungsbereich dieser Korrekturvorschrift jeder tatsächliche Vorgang zu verstehen, der geeignet ist, Gegenstand einer Einzelfallregelung i.S. der §§ 118 Satz 1, 155, 157 AO zu sein. Damit ist der steuerlich relevante Sachverhalt zu verstehen, d.h. alles, was Merkmal oder Teilstück eines (steuer-)gesetzlichen Tatbestands sein kann (v. Groll in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, 255. Lieferung 10.2019, § 175 AO, Rn. 251).
1.2. Die zur Grundlage einer Steuerfestsetzung gewordene Korrektur des Wertansatzes für ein Wirtschaftsgut, das Teil des Betriebsvermögens am Schluss des Wirtschaftsjahres ist (§ 4 Abs. 1 Satz 1 EStG), stellt ein rückwirkendes Ereignis i.S. von § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO für die Steuerfestsetzung eines Folgejahres dar, bei der sich der Wertansatz gewinnerhöhend oder -mindernd auswirkt (BFH-Urteile vom 30.06.2005 IV R 11/04, BStBl II 2005, 809 und vom 19.08.1999 IV R 73/98, BStBl II 2000, 18).
Die Bilanzberichtigung, vorliegend der Ansatz des niedrigeren Werts für die Fonds I und II entsprechend dem Rücknahmepreis, führt mittelbar insofern zur Anwendung des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO, als das durch Bilanzberichtigung geänderte und der Steuerfestsetzung bisher nach § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG zu Grunde gelegte Betriebsvermögen am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahrs 2002 nach dem Grundsatz des Bilanzzusammenhangs bei der Steuerfestsetzungen der Folgejahre 2003 bzw. 2004 die Besteuerungsgrundlage Gewinn erhöht; das geänderte Betriebsvermögen (und damit mittelbar die Berichtigung oder Änderung der Bilanz) bildet ein Ereignis i.S.d. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO (vgl. von Wedelstädt in: Gosch, Abgabenordnung/Finanzgerichtsordnung, Stand 01.08.2016, § 175 Rz. 52). Das rückwirkende Ereignis liegt in dem Erlass des geänderten Körperschaftsteuerbescheids 2002 vom 19.05.2016.
1.3. Das Ereignis ist nachträglich eingetreten, da der Antrag der Kläger auf Ansatz des niedrigeren Werts der Fonds I und II vom 04.09.2015 erst in den Steuerbescheiden vom 19.05.2016 umgesetzt und damit durch die geänderte Steuerfestsetzung steuerlich relevant wurde. Diese Steuerfestsetzung bestand zum Zeitpunkt des Erlasses der nach der Außenprüfung ergangenen Bescheide vom 24.05.2007 bzw. auch dem Zeitpunkt der Teil-Einspruchsentscheidung vom 30.09.2015 noch nicht.
1.4. Zum Zeitpunkt des Erlasses der Körperschaftsteuerbescheide 2003 und 2004 am 08.05.2017 ist noch keine Festsetzungsverjährung eingetreten, da die vierjährige Festsetzungsfrist (§ 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO) gem. § 175 Abs. 1 Satz 2 AO mit Ablauf des Jahres, in dem das rückwirkende Ereignis eingetreten ist, hier der Erlass der Bescheide für 2002 am 19.05.2016, neu zu laufen begonnen hat.
1.5. Die Voraussetzungen für die Aufhebung oder Änderung eines Steuerbescheids zuungunsten des Steuerpflichtigen liegen – wie oben dargestellt – vor, so dass, soweit die Änderung reicht, zugunsten und zuungunsten des Steuerpflichtigen solche materiellen Fehler zu berichtigen sind, die nicht Anlass der Aufhebung oder Änderung sind (§ 177 Abs. 1 AO).
Bei der Prüfung des Änderungsrahmens sind beide Fonds I und II zusammen zu betrachten, da beide Änderungen aufgrund des herzustellenden Bilanzzusammenhangs zu Änderungen zu Lasten der Klägerin führen, so dass die Summe der Änderungen zu Lasten der Klägerin im Jahr 2003 in Höhe von 6.339.964,95 € (3.591.842,95 € – Fonds I – und 2.748.122,00 € – Fonds II -) den Änderungsrahmen gem. § 177 Abs. 1 AO festlegen. Innerhalb dieses Änderungsrahmens konnte die Unterschied zwischen dem bisherigen Steuerbilanzansatz und Rücknahmepreis zum 31.12.2003 in Höhe von 6.018.305,77 € (-3.126.218,95 € -Fonds I – und -2.892.086,82 € – Fonds II -) gewinnmindernd angesetzt werden.
Gleiches gilt für die Änderungen gem. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO im Jahr 2004 und die entsprechende Berichtigung gem. § 177 Abs. 1 AO.
Im Ergebnis ergaben sich daraus Gewinnerhöhungen, mit Ausnahme des gewinnmindernden Bilanzansatzes beim Fonds II im Jahr 2003 in Höhe von -143.964 €.
2. Die Berechtigung des Finanzamts die Hinzurechnungen gem. § 8b Abs. 2 und 3 KStG im Jahr 2003 bzw. gem. § 8b Abs. 3 Satz 3 KStG im Jahr 2004 verfahrensrechtlich vorzunehmen, dürfte sich auch aus § 174 Abs. 4 AO ergeben.
2.1. Ist auf Grund irriger Beurteilung eines bestimmten Sachverhalts ein Steuerbescheid ergangen, der auf Grund eines Rechtsbehelfs oder sonst auf Antrag des Steuerpflichtigen durch die Finanzbehörde zu seinen Gunsten aufgehoben oder geändert wird, so können aus dem Sachverhalt nachträglich durch Erlass oder Änderung eines Steuerbescheids die richtigen steuerlichen Folgerungen gezogen werden (§ 174 Abs. 4 Satz 1 AO). Der Ablauf der Festsetzungsfrist ist gem. § 174 Abs. 4 Satz 3 AO unbeachtlich, wenn die steuerlichen Folgerungen innerhalb eines Jahres nach Aufhebung oder Änderung des fehlerhaften Steuerbescheids gezogen werden.
§ 174 Abs. 4 Satz 1 AO ist als eine gegenüber den Regelungen des § 174 Abs. 1 bis Abs. 3 AO eigenständige Änderungsnorm zu verstehen, die nicht auf die Fälle der alternativen Erfassung eines bestimmten Sachverhalts beschränkt ist. Als „bestimmter Sachverhalt“ i.S. des § 174 Abs. 4 AO sieht die höchstrichterliche Rechtsprechung (auch) das Halten einer Beteiligung und die damit einhergehende Erzielung von Einnahmen an. Der einheitliche Sachverhalt liegt damit im Halten der Beteiligung über mehrere Jahre. Der Begriff des „bestimmten Sachverhalts“ ist damit nicht periodenbezogen einschränkend auszulegen. Im Vordergrund der Regelung des § 174 Abs. 4 AO steht – anders als z.B. bei § 174 Abs. 3 AO – nicht der Verwaltungsakt, sondern der Sachverhalt. Es soll nicht ein unrichtiger Verwaltungsakt durch einen für den gleichen Besteuerungszeitraum, die gleiche Steuerart und den gleichen Steuerpflichtigen ergehenden fehlerfreien Verwaltungsakt ersetzt werden, sondern die richtige Besteuerung eines „bestimmten Sachverhalts“ hergestellt werden. Die „richtigen steuerlichen Folgerungen“ sind dabei ohne Rücksicht auf die Steuerart (BFH-Beschluss vom 03.08.1988 I R 115/84, BFH/NV 1989, 482), den Steuerpflichtigen (vgl. insoweit die Regelung des § 174 Abs. 5 AO) oder den Besteuerungszeitraum (Frotscher in Schwarz, AO, § 174 Rz 176 unter Hinweis auf den BFH-Beschluss vom 16.05.1990 X R 147/87, BStBl II 1990, 942) zu ziehen (vgl. BFH-Urteil vom 14.11.2012 I R 53/11, BFH/NV 2013, 690, Rn. 12). Im Gegensatz zu § 174 Abs. 1 bis Abs. 3 AO enthält § 174 Abs. 4 Satz 1 AO das Merkmal, dass ein bestimmter Sachverhalt sich nur einmal auswirken darf, nicht.
Die Änderungen zu Ungunsten des Steuerpflichtigen gem. § 174 Abs. 4 AO können nur Anpassungen erfassen, die sich aus dem Sachverhalt, nicht aber aus den steuerlichen Folgen dieses Sachverhalts ergeben. Die Regelung bezweckt damit lediglich den Ausgleich einer zu Gunsten des Steuerpflichtigen eingetretenen Änderung; wer erfolgreich für seine Rechtsansicht gestritten hat, muss auch die damit verbundenen Nachteile hinnehmen (BFH-Urteil vom 10.03.1999 XI R 28/98, BStBl II 1999, 475; BFH-Urteil vom 14.11.2012 I R 53/11, BFH/NV 2013, 690, Rn. 16).
Beurteilung eines Sachverhalts bedeutet, dass sich die Beurteilung eines bestimmten Sachverhalts nachträglich als unrichtig erweist (vgl. BFH-Beschluss vom 16.02.1996 I R 150/94, BStBl II 1996, 417). Das setzt zunächst, objektiv, eine unzutreffende rechtliche Würdigung des in Frage stehenden Tatsachenkomplexes durch die für den Erlass des inzwischen korrigierten Steuerbescheids zuständige Finanzbehörde voraus (v. Groll in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, 255. Lieferung 10.2019, § 174, Rz. 235). Entscheidend ist insoweit allein das objektive Ergebnis der Unrichtigkeit; auf die Erwägungen des Steuerpflichtigen oder der Finanzbehörde kommt es nicht an.
2.2. Vorliegend erscheint es jedoch zweifelhaft, ob das Finanzamt den Sachverhalt – Halten der Anteile an den Fonds I und II mit dem gesetzlich vorgeschriebenen Wertansatz – „irrig beurteilt“ hat, weil es – wie zunächst erklärt – die Steuerbescheide unter Ansatz der Fondsanteile mit den Anschaffungskosten erlassen hat.
§ 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 und 3 EStG i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG entsprechend enthält ein steuerliches Wahlrecht, Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens nicht mit den Anschaffungskosten, sondern mit dem niedrigerem Teilwert oder einem Zwischenwert anzusetzen. Handelsrechtlich ist die die Abschreibung auf den Teilwert für das abnutzbare und nicht abnutzbare Anlagevermögen bei voraussichtlicher dauernder Wertminderung zwingend (§ 253 Abs. 3 Satz 5 HGB).
Das Gericht sieht es als zweifelhaft an, ob der Übernahme von Bilanzansätzen, hier der Ansatz der Spezialfonds mit den Anschaffungskosten eine irrige Beurteilung eines Sachverhalts darstellt, die objektiv rechtswidrig war. Der Bilanzansatz entsprach der Erklärung der Klägerin, nachdem ursprünglich gerade kein Wahlrecht gem. § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG ausgeübt worden war, so dass die Steuerbescheide zum Zeitpunkt ihres Erlasses noch nicht unrichtig waren. Nachdem die Klägerin aber im laufenden Rechtsbehelfsverfahren, mithin vor Eintritt der Bestandskraft, das Wahlrecht ausgeübt hatte, wurden diese objektiv rechtswidrig.
Nach dem Sinn und Zweck des § 174 Abs. 4 AO, wonach ein Steuerpflichtiger, auf dessen Antrag hin ein objektiv rechtswidriger – Steuerbescheid zu seinen Gunsten geändert wird, in einem späteren Veranlagungszeitraum die steuerlichen Konsequenzen seines Handels auch zu Ungunsten und bei Durchbrechung der Bestandskraft zu tragen hat, neigt das Gericht der Auffassung zu, dass das Finanzamt zum Erlass der Änderungsbescheide in den Streitjahren gem. § 174 Abs. 4 AO berechtigt war. Es kann keinen Unterschied machen, ob die Steuerbescheide aufgrund eines materielles Rechtsfehlers von Anfang an rechtswidrig waren oder ob sie erst aufgrund Wahlrechtsausübung im Rechtsbehelfsverfahren rechtswidrig wurden.
Letztendlich kann das Gericht jedoch offenlassen, ob die Voraussetzungen für eine Änderung gem. § 174 Abs. 4 AO gegeben waren, da das Finanzamt aus materiell-rechtlichen Gründen die Gewinnminderungen bzw. negativen Anleger-Aktiengewinne nicht außerhalb der Bilanz wieder gem. § 8b KStG hinzurechnen durfte.
3. Die Hinzurechnungen im Jahr 2003 sind zu Unrecht erfolgt, da die Gewinnminderungen nicht auf Beteiligungen des Wertpapier-Sondervermögens an Körperschaften, Personenvereinigungen oder Vermögensmassen entfallen, deren Leistungen beim Empfänger zu den Einnahmen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG gehören.
3.1. Nach § 40a KAGG in der Fassung des Artikels 6 des Gesetzes zur Umsetzung der Protokollerklärung der Bundesregierung zur Vermittlungsempfehlung zum Steuervergünstigungsabbaugesetz – sog. Korb II-Gesetzes – vom 22.12.2003 (im Folgenden § 40a KAGG n.F.) sind auf die Einnahmen aus der Rückgabe oder Veräußerung von Anteilscheinen an einem Wertpapier-Sondervermögen, die zu einem Betriebsvermögen gehören, § 3 Nr. 40 EStG und § 8b Abs. 2 KStG anzuwenden, soweit dort genannte, dem Anteilscheininhaber noch nicht zugeflossene oder als zugeflossen geltende Einnahmen enthalten oder auf Beteiligungen des Wertpapier-Sondervermögens an Körperschaften, Personenvereinigungen oder Vermögensmassen entfallen, deren Leistungen beim Empfänger zu den Einnahmen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG gehören. Auf Gewinnminderungen, die im Zusammenhang mit Anteilsscheinen an einem Wertpapier-Sondervermögen stehen, sind § 3c Abs. 2 EStG und § 8b Abs. 3 KStG anzuwenden, soweit die Gewinnminderungen auf Beteiligungen des Wertpapier-Sondervermögens an Körperschaften, Personenvereinigungen oder Vermögensmassen entfallen, deren Leistungen beim Empfänger zu den Einnahmen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes gehören. Nach § 8b Abs. 3 KStG in der im Streitjahr geltenden Fassung sind Gewinnminderungen, die im Zusammenhang mit dem in Absatz 2 genannten Anteil entstehen, bei der Gewinnermittlung nicht zu berücksichtigen.
Gem. § 43 Abs. 18 KAGG ist § 40a Abs. 1 Satz 2 KAGG in der Fassung des Art. 6 des Gesetzes vom 22.12.2003 (BGBl. I S. 2840) für alle Veranlagungszeiträume anzuwenden, soweit Festsetzungen noch nicht bestandskräftig sind.
3.2. § 43 Abs. 18 KAGG i.d.F. des Korb II-Gesetzes vom 22.12.2003 entfaltet keine verfassungsrechtlich unzulässige Rückwirkung, soweit er die Anwendung des § 40a Abs. 1 Satz 2 KAGG i.d.F. des Korb II-Gesetzes für den VZ 2003 anordnet.
Die tatbestandliche Rückanknüpfung („unechte Rückwirkung“) betrifft nicht den zeitlichen, sondern den sachlichen Anwendungsbereich der Norm. Der Veranlagungszeitraum 2003 war im Zeitpunkt der Veröffentlichung des Gesetzes im BGBl I 2003, 840 am 27.12.2003 und damit dem Zeitpunkt der rechtlichen Existenz der Norm noch nicht abgelaufen. Die Rechtsfolgen der Norm treten erst nach ihrer Verkündung ein (hier die Veröffentlichung im BGBl am 27.12.2003), deren Tatbestand erfasst aber Sachverhalte, die bereits vor Verkündung „ins Werk gesetzt“ worden sind. Der Steueranspruch entsteht bei der veranlagten Körperschaftsteuer mit Ablauf des Veranlagungsjahrs (§ 38 i.V.m. § 37 Abs. 1 AO i.V.m. § 30 Nr. 3 KStG). Somit finden die Regeln der tatbestandlichen Rückanknüpfung Anwendung, da im Streitfall am Tag der Verkündung des Gesetzes nicht schon der gesamte gesetzliche Steuertatbestand vor Inkrafttreten des Gesetzes verwirklicht worden ist.
Der Sachverhalt, der die vom Finanzamt vorgenommene Hinzurechnung auslöste, war letztendlich die im Jahre 2015 beantragte Teilwertabschreibung auf die Anteile am Spezialfonds Fonds II für die Jahre 2001 und 2002. Im Streitjahr 2003 führt der Ansatz des niedrigeren Teilwerts bei gleichzeitiger Herstellung des Bilanzzusammenhangs per Saldo zu einer weiteren Minderung des Bilanzansatzes beim Fonds II. Bei einer unveränderten Bilanzierung der Beteiligung am Spezialfonds mit den Anschaffungskosten wäre die Möglichkeit einer Hinzurechnung nie entstanden. Zum Zeitpunkt der steuerlichen Wahlrechtsausübung im Jahr 2015 konnte die Klägerin kein Vertrauen auf den Fortbestand des § 40a Abs. 1 KAGG i.d.F. vor dem Korb II-Gesetz haben. Vor Verabschiedung des Korb II-Gesetzes am 22.12.2003 und seiner Verkündung am 27.12.2003 hatte die Klägerin keine Disposition getroffen.
3.3. Das Finanzamt hat jedoch zu Unrecht die Hinzurechnung im Jahr 2003 gem. § 40a Abs. 1 Satz 2 KAGG i.V.m. § 8b Abs. 2 und 3 KStG vorgenommen, da die Gewinnminderung aufgrund eines niedrigeren Teilwertansatzes nicht auf die Wertentwicklung der Beteiligung des Spezialfonds an Kapitalgesellschaften zurückgeht, deren Leistungen beim Empfänger zu Einnahmen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG gehören.
§ 8b Absätze 2 und 3 KStG in der im Streitjahr 2003 geltenden Fassung kommen unmittelbar nicht zur Anwendung, da unter einem „Anteil“ an einer Körperschaft nicht der „Anteil“ an einem Investmentfonds zu subsumieren ist. Das Wertpapier-Sondervermögen bzw. auch der Spezialfonds gilt als Zweckvermögen im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 5 KStG und ist von der Körperschaftsteuer befreit (§ 38 Abs. 1 KAGG). Für das Sondervermögen und die Kapitalanlagegesellschaft werden ertragsteuerlich aus der Beteiligung an der Kapitalgesellschaft aufgrund der Steuerbefreiung des Sondervermögens keine Konsequenzen gezogen; das Sondervermögen wird als „transparent“ behandelt.
Die Besteuerung findet erst auf Ebene der Anteilscheininhaber und in Abhängigkeit von der Zugehörigkeit zum Privat- oder Betriebsvermögen und von der Rechtsnatur der Fondseinnahmen statt. Der Gedanke der Transparenz ist nicht durchgängig verwirklicht, sondern nur soweit er im KAGG als abschließende Spezialregelung kodifiziert ist.
Mit dem Korb II-Gesetz fügte der Gesetzgeber Satz 2 an § 40a Abs. 1 KAGG an. Damit erklärte der Gesetzgeber die Anwendbarkeit von § 8b Abs. 3 KStG auf „Gewinnminderungen“, die im Zusammenhang mit Anteilscheinen an einem Wertpapier-Sondervermögen stehen, für anwendbar, soweit die „Gewinnminderung“ auf Beteiligungen des Wertpapier-Sondervermögens u.a. an Körperschaften entfällt, deren Leistungen beim Empfänger zu den Einnahmen im Sinn des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG gehören.
Unter „Gewinnminderung“ in § 40a Abs. 1 Satz 2 KAGG ist jegliche die Substanz betreffende Gewinnminderung gemeint. Bei dem negativen Anleger-Aktiengewinn handelt es sich um eine die Substanz betreffende Gewinnminderung. Die nicht realisierten Kursgewinne und -verluste aus den Aktien im Wertpapier-Sondervermögen, die realisierten und thesaurierten Kursgewinne sowie die realisierten Kursverluste ab Geltung des Halbeinkünfteverfahrens aus Anteilen an einer inländischen Kapitalgesellschaft wirkten sich auf den Rücknahmepreis des Spezialfonds und somit auf den gewählten Teilwert aus.
Die vorliegende Gewinnminderung in Höhe von -143.965 € aufgrund des niedrigeren Teilwertansatzes in Höhe des Rücknahmepreises in 2003 (-2.892.087 € Unterschied zu den Anschaffungskosten) unter Berücksichtigung des Vorjahresunterschieds zum 31.12.2002 (+2.748.122 €) geht jedoch nicht auf die negative Wertentwicklung des Fonds-Aktiengewinns zwischen dem 31.12.2002 und 31.12.2003 zurück. Nach den von der Klägerin vorgelegten Zahlen, die zwischen den Beteiligten nicht streitbefangen sind und von der Fondsverwaltungsgesellschaft ermittelt wurden, hat sich der enthaltende Fonds-Aktiengewinn im Fonds II von -2.487.952,45 € zum 31.12.2002 auf – 2.123.503,63 € erhöht, d.h. er hat sich im Jahr 2003 positiv entwickelt.
Eine negative Wertentwicklung der im Fondsvermögen gehaltenen festverzinslichen Wertpapiere hat jedoch keine Hinzurechnungen zur Folge, da Leistungen aus festverzinslichen Wertpapieren keine Einnahmen gem. § 20 Abs. 1 Satz 1 EStG auslösen.
4. Die Hinzurechnungen im Jahr 2004 gem. § 8b Abs. 3 Satz 3 KStG sind materiell rechtswidrig erfolgt, weil das Finanzamt den negativen Anleger-Aktiengewinn berücksichtigt hat, ohne die auf die Jahre 2001 und 2002 entfallenden negativen Aktiengewinne durch einen entsprechenden Korrekturposten zu korrigieren.
4.1. Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 InvStG (im Folgenden jeweils in der für 2004 geltenden Fassung vom 09.12.2004) sind auf die Einnahmen aus der Rückgabe oder Veräußerung von Investmentanteilen im Betriebsvermögen § 8b KStG sowie § 4 Abs. 1 InvStG anzuwenden, soweit sie dort genannte, dem Anleger noch nicht zugeflossene oder als zugeflossen geltende Einnahmen enthalten oder auf bereits realisierte oder noch nicht realisierte Gewinne aus der Beteiligung des Investmentvermögens an Körperschaften, Personenvereinigungen oder Vermögensmassen entfallen, deren Leistungen beim Empfänger zu den Einnahmen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG gehören (positiver Aktiengewinn). Bei dem Ansatz des in § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 EStG bezeichneten Wertes sind die Sätze 1 und 2 entsprechend anzuwenden (§ 8 Abs. 1 Satz 3 InvStG 2004).
Auf Vermögensminderungen innerhalb des Investmentvermögens ist gem. § 8 Abs. 2 Satz 1 InvStG (i.d.F. vom 09.12.2004) beim Anleger § 8b KStG anzuwenden, soweit die Vermögensminderungen auf Beteiligungen des Investmentvermögens an Körperschaften, Personenvereinigungen oder Vermögensmassen entfallen, deren Leistungen beim Empfänger zu den Einnahmen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG gehören; Vermögensminderungen, die aus Wirtschaftsgütern herrühren, auf deren Erträge § 4 Abs. 1 anzuwenden ist, dürfen das Einkommen nicht mindern (negativer Aktiengewinn).
Der nach den Absätzen 1 und 2 zu berücksichtigende Teil der Einnahmen ist, vorbehaltlich einer Berichtigung nach Satz 4, der Unterschied zwischen dem Aktiengewinn auf den Rücknahmepreis zum Zeitpunkt der Veräußerung einerseits und dem Aktiengewinn auf den Rücknahmepreis zum Zeitpunkt der Anschaffung andererseits. Bei Ansatz eines niedrigeren Teilwerts ist der zu berücksichtigende Teil nach (…) § 8b KStG, vorbehaltlich einer Berichtigung nach Satz 4, der Unterschied zwischen dem Aktiengewinn auf den maßgebenden Rücknahmepreis zum Zeitpunkt der Bewertung einerseits und dem Aktiengewinn auf den Rücknahmepreis zum Zeitpunkt der Anschaffung andererseits, soweit dieser Unterschiedsbetrag sich auf den Bilanzansatz ausgewirkt hat. Entsprechendes gilt bei Gewinnen aus dem Ansatz des in § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 EStG bezeichneten Wertes für die Ermittlung des zu berücksichtigenden Teils nach § 3 Nr. 40 EStG oder § 8b KStG. Die nach den Sätzen 1, 2 und 3 zu berücksichtigenden Teile sind um einen nach den Sätzen 2 bzw. 3 ermittelten Aktiengewinn auf den maßgebenden Rücknahmepreis zum Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres zu berichtigen, soweit er sich auf den Bilanzansatz ausgewirkt hat (§ 8 Abs. 3 Sätze 2 bis 4 InvStG).
Nach § 5 Abs. 2 Satz 1 InvStG ist § 8 InvStG nur anzuwenden, wenn die Investmentgesellschaft bewertungstäglich den positiven oder negativen Vomhundertsatz des Wertes des Investmentanteils ermittelt, der auf die in den Einnahmen aus der Veräußerung enthaltenen Bestandteile im Sinne des § 8 InvStG entfällt (Aktiengewinn) und mit dem Rücknahmepreis veröffentlicht.
Das InvStG ist vorbehaltlich der Absätze 2 und 3 erstmals auf das Geschäftsjahr des Investmentvermögens anzuwenden, welches nach dem 31.12.2003 beginnt, sowie auf Erträge, die dem Investmentvermögen in diesem Geschäftsjahr zufließen. § 8 ist bei Anteilen an einem inländischen Investmentvermögen auf Einnahmen anzuwenden, die nach dem 31.12.2003 zufließen, sowie auf Gewinnminderungen, die nach dem 31.12.2003 entstehen (§ 18 Abs. 1 InvStG).
Im Streitjahr 2004 war somit erstmals der Aktiengewinn nach dem InvStG in einer Parallelrechnung zu ermitteln. Dabei handelt es sich vorliegend nicht um einen Vorgang der Rückgabe oder der Veräußerung des Anteils am Spezialfonds, sondern vielmehr um einen reinen Bewertungsfall. Zum 31.12.2004 erfolgen sowohl bei Fonds I als auch bei Fonds II Wertzuschreibungen gem. § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 EStG, so dass § 8 Abse. 1 und 2 InvStG entsprechend anzuwenden sind (§ 8 Abs. 1 Satz 3 InvStG). Dementsprechend ist der nach § 8 Abs. 1 und 2 InvStG zu berücksichtigende Teil der Einnahmen der Unterschied zwischen dem Aktiengewinn auf den maßgebenden Rücknahmepreis zum Zeitpunkt der Bewertung einerseits und dem Aktiengewinn auf den Rücknahmepreis zum Zeitpunkt der Anschaffung andererseits, soweit dieser Unterschiedsbetrag sich auf den Bilanzansatz ausgewirkt hat. Anschließend erfolgt eine Berichtigung um einen nach den Sätzen 2 bzw. 3 des § 8 Abs. 3 InvStG ermittelten Aktiengewinn auf den maßgebenden Rücknahmepreis zum Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres, soweit er sich auf den Bilanzansatz ausgewirkt hat.
Der Fondsaktiengewinn setzt sich nach dem eindeutigen Wortlaut des § 5 Abs. 2 Satz 1 InvStG 2004 nicht aus den Fondsaktiengewinnen zusammen, wie sie nach den Rechtslagen der jeweiligen Jahre zu ermitteln wären. Das InvStG definiert den Begriff des Aktiengewinns und seine Ermittlung neu. Er enthält danach sämtliche Bestandteile im Sinne von § 8 InvStG und somit auch die realisierten und unrealisierten Kursgewinne und Kursverluste mit in- und ausländischen Aktien in saldierter Form.
4.2. § 8 InvStG kommt im Jahr 2004 zur Anwendung, da die Einnahmen bei den Anteilen an einem inländischen Investmentvermögen nach dem 31.12.2003 zufließen. Damit ist im Streitjahr die Wertzuschreibung gem. § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 EStG gemeint, die wie „Einnahmen aus der Rückgabe von Investmentanteilen“ zu behandeln sind. Dies hat eine Ermittlung des Anleger-Aktiengewinns zur Folge (§ 18 Abs. 1 Satz 2 InvStG). Die Anwendungsnorm im InvStG besagt jedoch nicht, dass der Anleger-Aktiengewinn nur für eine Periode ermittelt wird, die nach dem 31.12.2003 beginnt. Nur der die Ermittlung auslösende Sachverhalt, wie die Wertaufholung zum 31.12.2004 muss nach dem 31.12.2003 liegen und einen Einnahmetatbestand auslösen.
4.3. Die von der Klägerin vorgelegten Ermittlungen der besitzzeitanteiligen Anleger-Aktiengewinne der Spezialfonds I und II durch die Y genügen den gesetzlichen Anforderungen. Die Aufstellungen haben sowohl für den Zeitpunkt der Bewertungsstichtage als auch für den Zeitpunkt des Erwerbs der Anteile Fondsaktiengewinne verwendet, die gemäß § 5 Abs. 2 Satz 1 InvStG sowohl die positiven und die negativen Bestandteile im Sinne des § 8 InvStG in saldierter Form enthalten. Das Zahlenwerk der Y ist zwischen den Beteiligten nicht streitbefangen.
4.4. Das Finanzamt hat jedoch zu Unrecht die steuerwirksamen Teilwertabschreibungen in den Jahren 2001 und 2002 nicht ausgeschieden, in dem es einen Korrekturposten beim Aktiengewinn im Jahr 2004 gebildet hat (vgl. dazu noch das bis 24.07.2016 geltende BMF-Schreiben vom 01.02.2011, BStBl I 2011, 201). Dies hat im Ergebnis die nachträgliche Hinzurechnung und damit Besteuerung der Gewinnminderungen in den Jahren 2001 und 2002 zur Folge. Hierin liegt eine Verletzung des rechtsstaatlichen Rückwirkungsverbots, weil der Teil des negativen Aktiengewinns zum 31.12.2004, der zeitraumbezogen auf die Jahre 2001 und 2002 entfällt, nicht ausgenommen worden ist.
4.5. Nach Auffassung des Gerichts kann § 8 Abs. 3 Satz 4 InvStG nicht dahin ausgelegt werden, dass die Berichtigung nicht nur hinsichtlich des vorangegangenen Wirtschaftsjahrs zu erfolgen hat, soweit sich der Aktiengewinn auf den Bilanzansatz ausgewirkt hat, sondern auch hinsichtlich der Jahre 2001 und 2002, in denen das KAGG noch keine Hinzurechnung vorsah. Der Wortlaut spricht eindeutig nur von dem vorangegangenen Jahr. Das könnte vorliegend nur das Jahr 2003 sein.
4.6. Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss vom 17.12.2013 1 BvL 5/08, BGBl I 2014, 2, die Anwendungsregel in § 43 Abs. 18 KAGG auf alle noch nicht bestandskräftigen Veranlagungen als verfassungswidrige echte Rückwirkung angesehen. Für die Veranlagungszeiträume 2001 und 2002 entfaltet § 43 Abs. 18 KAGG in formaler Hinsicht echte Rückwirkung, soweit die Vorschrift Festsetzungen für diese Veranlagungszeiträume umfasst, die noch nicht bestandskräftig sind. Es sah die gem. § 43 Abs. 18 KAGG rückwirkende Einfügung des § 40a Abs. 1 Satz 2 KAGG, der die Anwendung des § 8b Abs. 3 KStG a.F. anordnete, als konstitutiv und nicht lediglich klarstellend-deklaratorisch an. Der Gesetzgeber habe zwar beabsichtigt, mit der Gesetzesänderung ein Auslegungsproblem zu beseitigen. Bis zum damaligen Zeitpunkt war die Rechtslage unklar, da unterschiedliche Rechtsmeinungen vertreten wurden, ob § 8b Abs. 3 KStG auch ohne ausdrückliche Nennung anzuwenden sei. Diese Unklarheit habe der Gesetzgeber beseitigen wollen (vgl. BTDrucks 15/1518, S. 17).
Das BVerfG sah hingegen die rückwirkende „Klarstellung“ der Anwendbarkeit des § 8b Abs. 3 KStG a.F. in § 40a Abs. 1 Satz 2 KAGG als konstitutiv. Der Gesetzgeber hat bei der Anfügung des Satzes 2 an § 40a Abs. 1 Satz 1 KAGG zwar seine Absicht der Klarstellung zur Beseitigung des entstandenen Auslegungsproblems zum Ausdruck gebracht (vgl. BTDrucks 15/1518, S. 17). Das BVerfG legte in eigener Zuständigkeit das einfache Recht als Grundlage seine Entscheidung aus.
Die im Rechtsstaatsprinzip und den Grundrechten verankerten Prinzipien der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes stehen Gesetzen mit echter Rückwirkung grundsätzlich entgegen. Keine der in der Rechtsprechung anerkannten Ausnahmen von diesem Verbot liegt hier vor. Insbesondere lag keine Verworrenheit der Rechtslage vor. Die weiteren Fallgruppen der Systemwidrigkeit und Unbilligkeit griffen ebenfalls nicht ein. Auch ansonsten war für das BVerfG kein Grund für die Rechtfertigung der echten Rückwirkung erkennbar (vgl. Beschluss des BVerfG vom 17.12.2013 1 BvL 5/08, BGBl I 2014, 2, Rz. 61 ff.).
4.7. Das InvStG, das parallel zum Korb II-Gesetz vom 22.12.2003 am 15.12.2003 beschlossen wurde, beinhaltet gleichzeitig eine echte Rückwirkung, soweit im Ergebnis diese Gewinnminderung der Jahre 2001 und 2002 auf Fondsebene über die Ermittlung des Anleger-Aktiengewinns im Jahr 2004 wieder hinzugerechnet werden, nachdem es bilanziell im Jahr 2004 (nur) zu Wertzuschreibungen kam.
4.7.1. Es handelt sich um eine echte Rückwirkung, weil die negativen Anleger-Aktiengewinne den Jahren 2001 und 2002 zuzuordnen waren und sich hier gewinnmindernd, ohne die gesetzliche Möglichkeit einer Hinzurechnung, ausgewirkt haben.
4.7.2. Die Auffassung des Gerichts weicht nicht vom Urteil des Finanzgerichts Nürnberg vom 13.12.2016 1 K 1214/14, EFG 2017, 1606 (Rev I R 40/17) ab, da sich die Sachverhalte unterscheiden. Im Streitfall, wie auch dort, ist der Anlegeraktiengewinn grundsätzlich nach der in dem jeweiligen Streitjahr geltenden Fassung zu ermitteln. In dem dortigen Fall stellte die Rückgabe der Investmentanteile im Jahr 2005 den Besteuerungstatbestand dar, so dass in 2005 der Veräußerungsgewinn sowie der besitzanteilige Anleger-Aktiengewinn zu ermitteln und der Umfang und Inhalt des Fondsaktiengewinns zu bestimmen waren. In den Vorjahren hatte es keinen steuerwirksamen Abschreibungen gegeben, die einer Besteuerung zugrunde gelegt worden waren. Insofern sah das Finanzgericht Nürnberg in seinem Urteil vom 13.12.2016 auch keine unechte Rückwirkung, da es zu einer erstmaligen Besteuerung, dort durch die Rückgabe der Investmentanteile, kam.
Abweichend davon, wurden die Gewinnminderungen durch die Teilwertabschreibungen in den Jahren 2001 und 2002 endgültig steuerwirksam. Sie haben sich auf die Höhe der festzusetzenden Steuern in den Jahren 2001 und 2002 steuermindernd ausgewirkt.
In diese Besteuerung wird nachträglich eingegriffenen, weil laut der Bestimmung des zeitanteiligen Anleger-Aktiengewinns diese Zeiträume, in denen eine Steuerwirksamkeit vorlag, nicht ausgenommen werden. Vielmehr sieht das InvStG für den vorliegenden Fall eine nachträgliche Hinzurechnung im Jahr der Wertzuschreibung vor.
4.7.3. In diesem belastenden Gesetz sieht das Gericht eine verfassungswidrige echte Rückwirkung, die grundsätzlich verboten ist.
4.7.4. Rechtfertigende Ausnahmetatbestände liegen nicht vor. Insbesondere rechtfertigt der Gedanke des Vertrauensschutzes keine Ausnahme. Hierbei gelten die gleichen Grundsätze und Erwägungen die das BVerfG in seinem Beschluss vom 17.12.2013 1 BvL 5/08, BGBl I 2014, 2, ausgeführt hat. Wie oben dargelegt, befanden sich das KAGG vom 22.12.2003 und das InvStG vom 19.12.2003 quasi zeitgleich im Gesetzgebungsverfahren. Der Vertrauensschutz ist zum selben Zeitpunkt nicht anders zu beurteilen, je nachdem ob eine Hinzurechnung und damit Besteuerung im Jahr der Gewinnminderung oder in einem späteren Jahr erfolgen soll.
5. Der Klage ist daher vollständig stattzugeben.
Die Festsetzungen laut Urteil bei der Körperschaftsteuer und dem Gewerbesteuermessbetrag, jeweils 2003 und 2004, errechnen sich laut nachfolgender Tabelle.
KSt
2003
€
2004
€
Gesamtbetrag der Einkünfte lt. Finanzamt
keine Hinzurechnungen lt. Urteil
– 143.964
– 3.887.256
GdE lt. Urteil
Verlustvortrag
Freibetrag nach § 24 oder „25 KStG
zu versteuerndes Einkommen
Körperschaftsteuer (26,5% (03), 25%)
ausländische Steuer
festzusetzende Körperschaftsteuer laut Urteil
GewSt
2003
€
2004
€
Gewinn laut Urteil
Hinzurechnungen:
Gewinnanteile Kapitalgesellschaften
Anteile am Verlust v. Personengesellschaften
Ausländische Steuern
Kürzungen:
Einheitswert des Grundbesitzes
Anteile am Gewinn v. Personengesellschaften
Gewerbeertrag vor Verlustabzug
Verlustabzug/vortrag
Gewerbeertrag nach Verlustabzug
Gewerbeertrag abgerundet
Freibetrag
verbleibender Betrag
Gewerbesteuermessbetrag (5%) lt. Urteil
vortragsfähiger Gewerbeverlust lt. Urteil
0
6. Die mündliche Verhandlung war nicht gemäß § 93 Abs. 3 Satz 2 FGO wiederzueröffnen.
Aufgrund der Schriftsätze vom 09.10.2019 und 15.10.2019 hält es das Gericht nicht für geboten, die mündliche Verhandlung gem. § 93 Abs. 3 Satz 2 FGO wiederzueröffnen. Die Fragestellung, ob die Änderungsbescheide nach beantragter TWA ein rückwirkendes Ereignis darstellen, das die Änderung von Steuerbescheiden zur Herstellung des Bilanzzusammenhangs ermöglicht, war bereits in der mündlichen Verhandlung diskutiert worden.
Neue Gesichtspunkte oder Rechtsmeinungen sind in den nachgereichten Schriftsätzen nicht enthalten, so dass die darin enthaltenen rechtlichen Ausführungen bereits Gegenstand der Beratung im Anschluss an die mündliche Verhandlung waren.
7. Die Revision an den BFH war zuzulassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO hat, da der BFH – soweit ersichtlich – noch nicht über die Auswirkungen von gewinnmindernden Teilwertabschreibungen in 2001 und 2002 auf die Folgejahre entschieden hat.
8. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
9. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit wegen der Aufwendungen der Klägerin sowie die Abwendungsbefugnis, der von Amts wegen zu erfolgen hat, ergibt sich aus den §§ 151 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 FGO, 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung.