Steuerrecht

(Steuerbefreiung nach § 6a GrEStG)

Aktenzeichen  II R 20/19 (II R 53/15), II R 20/19, II R 53/15

Datum:
21.8.2019
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
BFH
Dokumenttyp:
Urteil
ECLI:
ECLI:DE:BFH:2019:U.210819.IIR20.19.0
Normen:
§ 6a GrEStG 1997 vom 25.07.2014
§ 1 Abs 1 Nr 3 GrEStG 1997
§ 1 Abs 1 Nr 1 UmwG
§ 1 Abs 1 Nr 2 UmwG
§ 1 Abs 1 Nr 3 UmwG
Art 107 Abs 1 AEUV
Spruchkörper:
2. Senat

Leitsatz

1. § 6a GrEStG gilt für alle Rechtsträger i.S. des GrEStG, die wirtschaftlich tätig sind .
2. Die Vorschrift erfasst auch den Fall, dass eine abhängige Gesellschaft auf ein herrschendes Unternehmen verschmolzen wird .
3. Die in § 6a Satz 4 GrEStG genannten Fristen müssen nur insoweit eingehalten werden, als sie aufgrund eines begünstigten Umwandlungsvorgangs auch eingehalten werden können .
4. Bei der Verschmelzung einer abhängigen Gesellschaft auf ein herrschendes Unternehmen muss das herrschende Unternehmen innerhalb von fünf Jahren vor der Verschmelzung zu mindestens 95 % an der verschmolzenen abhängigen Gesellschaft ununterbrochen beteiligt gewesen sein (Vorbehaltensfrist). Die Frist von fünf Jahren nach dem Umwandlungsvorgang (Nachbehaltensfrist) muss in Bezug auf die verschmolzene abhängige Gesellschaft nicht eingehalten werden, weil sie aufgrund der Verschmelzung nicht eingehalten werden kann .

Verfahrensgang

vorgehend Finanzgericht Berlin-Brandenburg, 1. Oktober 2015, Az: 15 K 3015/15, Urteilvorgehend BFH, 18. Juli 2017, Az: II R 53/15, Beschluss

Tenor

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg vom 01.10.2015 – 15 K 3015/15 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.

Tatbestand

I.
1
Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) war seit 2004 alleinige Gesellschafterin der grundbesitzenden A-GmbH. Durch Verschmelzungsvertrag vom 29.08.2013 übertrug die A-GmbH ihr Vermögen als Ganzes mit allen Rechten und Pflichten auf ihre Alleingesellschafterin, die Klägerin, im Wege der Verschmelzung durch Aufnahme. Zum Vermögen der A-GmbH gehörten inländische Grundstücke.
2
Am 27.12.2013 erließ der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt –FA–) gegenüber der Klägerin unter dem Vorbehalt der Nachprüfung einen Bescheid über die gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für die Grunderwerbsteuer gemäß § 17 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG), ohne eine Steuerbegünstigung nach § 6a GrEStG zu berücksichtigen.
3
Die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage hatte Erfolg. Nach Auffassung des Finanzgerichts (FG) ist der Eigentumsübergang aufgrund der Verschmelzung zwar nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG steuerbar, jedoch gemäß § 6a GrEStG steuerfrei. Unerheblich sei, dass die Klägerin als Folge der Verschmelzung ohne abhängige Gesellschaften, also nicht mehr als herrschendes Unternehmen fortbestehe.
4
Die Entscheidung ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2016, 669 veröffentlicht.
5
Dagegen richtet sich die Revision des FA. Es rügt die Anwendung des § 6a GrEStG. Umwandlungsvorgänge wie der im Streitfall, bei dem der Konzernverbund endgültig beendet werde, seien vom Zweck der Norm nicht erfasst.
6
Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.
7
Die Klägerin beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
8
Das Bundesministerium der Finanzen ist dem Verfahren beigetreten. Es stellt keinen Antrag.
9
Der Senat hat das Verfahren mit Beschluss vom 18.07.2017 – II R 53/15 im Hinblick auf das Vorabentscheidungsersuchen vom 30.05.2017 – II R 62/14 (BFHE 257, 381, BStBl II 2017, 916) ausgesetzt. Das Verfahren wird nach Ergehen des Urteils des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) im Verfahren A-Brauerei vom 19.12.2018 – C-374/17 (EU:C:2018:1024) fortgeführt.

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